Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3130/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 630/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 13.01.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 08.11.1963 geborene Kläger absolvierte keine Berufsausbildung und war in verschiedenen Helfertätigkeiten beschäftigt. Zuletzt arbeitete er von 2000 bis 2003 selbstständig im Gartenbau. Seither ist er fast durchgehend arbeitslos. Er bezieht Leistungen nach dem SGB II.
Der Kläger beantragte am 08.02.2013 Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten ab 01.01.2013. Diese ließ ihn vom Internisten Dr. B. am 29.04.2013 untersuchen. Der Gutachter diagnostizierte folgende Gesundheitsstörungen: &61485; Alkoholismus, äthyltoxische Fettleber, Verwahrlosung &61485; Epigastralgie bei V.a. Gastritis, Z.n. Ulcera ventriculi &61485; Residualbeschwerden bei Z.n. Unterarmschnittverletzung rechts ohne Funktionseinschränkungen
Der psychische, neurologische und orthopädische Untersuchungsbefund war unauffällig. Aus dem Laborbefund ergab sich ein chronischer Alkoholabusus. Der klinische internistische Befund war ebenfalls nahezu unauffällig. Dr. B. hielt den Kläger für vollschichtig leistungsfähig für mittelschwere Tätigkeiten bei Beachtung von qualitativen Einschränkungen.
Mit Bescheid vom 15.05.2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2013 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 12.09.2013 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Das Gericht hat den Hausarzt S. befragt und den Internisten B. mit der Erstellung eines Gutachtens gem § 106 SGG beauftragt. Der Hausarzt hat mitgeteilt, dass sich insbesondere aus der Alkoholerkrankung derzeit keine Beeinträchtigungen ergeben würden und er dem Ergebnis des Gutachtens von Dr. B. zustimme. Neu hinzugekommen sei eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) mit Atemnot (Dyspnoe) bei Belastungen.
Der Sachverständige B. hat den Kläger am 24.09.2014 untersucht und folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
&61485; Anpassungsstörung &61485; Laborchemisch Hinweise auf erhöhten Alkoholkonsum &61485; Belastungsschmerzen linke Schulter. Restbeschwerden nach Schnittverletzung rechter Unterarm. Zustand nach Mittelfingerendgliedamputation rechts. Belastungsschmerzen im rechten Sprunggelenk &61485; Chronische Raucherbronchitis/beginnende COPD &61485; Chronische Gastritis mit gatroösophagealer Refluxerkrankung
Der objektive Untersuchungsbefund ist nahezu unauffällig gewesen. Der Gutachter hat ausgeführt, dass sich aus dem Alkoholkonsum nur Einschränkungen im Hinblick auf Tätigkeiten mit Gefährdung durch Alkohol ableiten ließen. Im Ergebnis seien leichte bis mittelschwere Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig zumutbar.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.01.2015 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass unter Zugrundelegung der Einschätzungen von Dr. B., Herrn S. und Herrn B. der Kläger noch weiterhin in der Lage sei, im Umfang von 6 Stunden täglich einer Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Dabei seien lediglich qualitative Einschränkungen zu beachten. Vermieden werden müssten schwere körperliche Arbeiten, ebenso Tätigkeiten unter ständigem Zeitdruck oder sonstiger überdurchschnittlicher Stressbelastung, regelmäßige Überkopfarbeiten, Tätigkeiten mit regelmäßigem Einwirken von widrigen Klimaeinflüssen, Lungenreizstoffen oder Alkoholgefährdung. Gesundheitsstörungen mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen lägen nicht vor.
Gegen den der Klägerbevollmächtigten am 21.01.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 23.02.2015 (Montag) Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Mit Beschluss vom 25.06.2015 hat der Senat einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt.
Der Kläger verfolgt den Anspruch mit Verweis auf eine zwischenzeitliche psychiatrische Behandlung weiter. Er ist der Ansicht, dass er insbesondere aufgrund starker Schmerzen wegen einer im Jahr 2008 erlittenen Unterarmverletzung und der Einnahme von starken Schmerzmitteln nicht in der Lage sei, eine Erwerbstätigkeit auszuführen. Zudem hätten sich im Gutachten der ersten Instanz laborchemisch Hinweise auf erhöhten Alkoholkonsum ergeben. Der Gutachter habe jedoch keine Stellungnahme dazu abgegeben, ob ein Alkoholabusus vorliege und sich dieser auf eine Erwerbsfähigkeit auswirke.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 13.01.2015 sowie den Bescheid vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26.08.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.01.2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die Anfrage des Berichterstatters, bei welchem Arzt sich der Kläger seit wann und wie häufig in fachpsychiatrischer Behandlung befinde, hat die Klägerbevollmächtigte trotz Erinnerung nicht geantwortet.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Gegenstand der Berufung ist der Bescheid der Beklagten vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2013, mit dem der Antrag des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt worden ist.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung und auch nicht auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Versicherte haben gemäß §§ 43 Abs 1, Abs 2 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweise Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
§ 240 SGB VI dehnt aus Gründen des Vertrauensschutzes den Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf vor dem 02.01.1961 geborene und berufsunfähig gewordene Versicherte aus, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 43 SGB VI erfüllt sind. Da der Kläger 1963 geboren ist, findet § 240 SGB VI auf ihn keine Anwendung.
Die Voraussetzungen des §§ 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI liegen beim Kläger nicht vor.
Nach sämtlichen Gutachten im Verwaltungs- und Klageverfahren, die schlüssig und nachvollziehbar sind, kann der Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Tätigkeiten unter ständigem Zeitdruck oder sonstiger überdurchschnittlicher Stressbelastung, ohne regelmäßige Überkopfarbeiten, ohne Einwirken von widrigen Klimaeinflüssen oder Lungenreizstoffen und ohne Gefährdung durch Alkohol vollschichtig verrichten.
Anhaltspunkte für ein zeitlich unter sechsstündiges Leistungsvermögen ergeben die von den Gutachtern erhobenen Befunde nicht. Sowohl Dr. B. wie auch Herr B. haben im Wesentlichen unauffällige internistische, orthopädische, neurologische und psychiatrische Befunde erhoben. Gleiches gilt für den vom Hausarzt übersandten Befundbericht der Lungenfachärztin Dr. P.-L. vom 01.02.2014. Die Lungenfunktion war weitestgehend im Normbereich. Die Ärzte stellte fest, dass sich aus der COPD keine gravierende Funktionseinschränkung ergebe. Im Übrigen teilte auch der Hausarzt des Klägers, Herr S., die Leistungseinschätzung von Dr. B ...
Die Alkoholerkrankung ergab sich ausschließlich aus dem laborchemischen Befund. Folgeerkrankungen, wie zB Sensibilitätsstörungen oder Hirnleistungsstörungen, waren nicht erkennbar. Die Tagesstruktur des Klägers war ebenfalls erhalten. Deshalb folgen aus der Alkoholerkrankung ausschließlich qualitative Einschränkungen. Der Gutachter B. hat entgegen den Ausführungen der Klägerbevollmächtigten die laborchemischen Hinweise berücksichtigt und bei der Beantwortung der Beweisfragen auch gewürdigt.
Eine schwere depressive Erkrankung mit gravierender Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit lässt sich den Befunden in den Gutachten nicht entnehmen. Die medikamentöse Behandlung erfolgt mit einer niedrigen Dosis eines atypischen Neuroleptikums und nicht mit einem typischen Antidepressivum. Eine Psychotherapie wird nicht durchgeführt. Auch der vom Hausarzt übersandte Befundbericht des Zentralinstituts für seelische Gesundheit vom 04.11.2013 beschreibt einem psychopathologisch unauffälligen Befund. Mit Ausnahme einer Abhängigkeit von Tabak ohne Motivation für eine Entwöhnung werden keine relevanten Störungen festgestellt. Bei dieser Befundlage lässt sich keine zeitliche Leistungseinschränkung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt begründen. Eine Verschlechterung seit der Untersuchung durch Herrn B. ist nicht nachgewiesen. Insbesondere bleibt der Vortrag im Berufungsschriftsatz, dass der Kläger sich wegen einer Verschlechterung seiner Depressionen nun in fachärztlicher und sprachtherapeutischer Behandlung befinde, nur eine Behauptung. Angaben zu den konkreten Ärzten und der Behandlungsdauer wurden trotz Anfrage und Erinnerung durch das Gericht nicht gemacht. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung, diesbezüglich weiter zu ermitteln.
Die Beschwerden am Bewegungsapparat führen nur zum Ausschluss von schweren Tätigkeiten und Beachtung von qualitativen Einschränkungen, da wesentliche Funktionsbehinderungen nicht vorliegen. Gleiches gilt für die Raucherbronchitis und die Refluxerkrankung.
Zuletzt lässt sich eine zeitliche Begrenzung der Leistungsfähigkeit auch nicht aus den vorgebrachten Schmerzen ableiten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (zB Urteile vom 14.12.2010, L 11 R 3243/09, vom 20.07.2010, L 11 R 5140/09 und vom 24.09.2009, L 11 R 742/09) wird der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen. Es ist jedoch zu beachten, dass die Tagesstrukturierung mit jedem Gutachten dürftiger ausfallen kann. Außerdem ist zu berücksichtigen, ob und in welcher Form der Betroffene versucht, einem sich aus der Schmerzstörung ergebenden Leidensdruck durch angemessene therapeutische Bemühungen entgegenzuwirken. Wie oben ausgeführt, ist weder die Tagesstruktur auffällig, noch sind die Therapieoptionen auch nur ansatzweise ausgeschöpft.
Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. B. und Herrn B. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 08.11.1963 geborene Kläger absolvierte keine Berufsausbildung und war in verschiedenen Helfertätigkeiten beschäftigt. Zuletzt arbeitete er von 2000 bis 2003 selbstständig im Gartenbau. Seither ist er fast durchgehend arbeitslos. Er bezieht Leistungen nach dem SGB II.
Der Kläger beantragte am 08.02.2013 Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten ab 01.01.2013. Diese ließ ihn vom Internisten Dr. B. am 29.04.2013 untersuchen. Der Gutachter diagnostizierte folgende Gesundheitsstörungen: &61485; Alkoholismus, äthyltoxische Fettleber, Verwahrlosung &61485; Epigastralgie bei V.a. Gastritis, Z.n. Ulcera ventriculi &61485; Residualbeschwerden bei Z.n. Unterarmschnittverletzung rechts ohne Funktionseinschränkungen
Der psychische, neurologische und orthopädische Untersuchungsbefund war unauffällig. Aus dem Laborbefund ergab sich ein chronischer Alkoholabusus. Der klinische internistische Befund war ebenfalls nahezu unauffällig. Dr. B. hielt den Kläger für vollschichtig leistungsfähig für mittelschwere Tätigkeiten bei Beachtung von qualitativen Einschränkungen.
Mit Bescheid vom 15.05.2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2013 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 12.09.2013 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Das Gericht hat den Hausarzt S. befragt und den Internisten B. mit der Erstellung eines Gutachtens gem § 106 SGG beauftragt. Der Hausarzt hat mitgeteilt, dass sich insbesondere aus der Alkoholerkrankung derzeit keine Beeinträchtigungen ergeben würden und er dem Ergebnis des Gutachtens von Dr. B. zustimme. Neu hinzugekommen sei eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) mit Atemnot (Dyspnoe) bei Belastungen.
Der Sachverständige B. hat den Kläger am 24.09.2014 untersucht und folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
&61485; Anpassungsstörung &61485; Laborchemisch Hinweise auf erhöhten Alkoholkonsum &61485; Belastungsschmerzen linke Schulter. Restbeschwerden nach Schnittverletzung rechter Unterarm. Zustand nach Mittelfingerendgliedamputation rechts. Belastungsschmerzen im rechten Sprunggelenk &61485; Chronische Raucherbronchitis/beginnende COPD &61485; Chronische Gastritis mit gatroösophagealer Refluxerkrankung
Der objektive Untersuchungsbefund ist nahezu unauffällig gewesen. Der Gutachter hat ausgeführt, dass sich aus dem Alkoholkonsum nur Einschränkungen im Hinblick auf Tätigkeiten mit Gefährdung durch Alkohol ableiten ließen. Im Ergebnis seien leichte bis mittelschwere Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig zumutbar.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.01.2015 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass unter Zugrundelegung der Einschätzungen von Dr. B., Herrn S. und Herrn B. der Kläger noch weiterhin in der Lage sei, im Umfang von 6 Stunden täglich einer Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Dabei seien lediglich qualitative Einschränkungen zu beachten. Vermieden werden müssten schwere körperliche Arbeiten, ebenso Tätigkeiten unter ständigem Zeitdruck oder sonstiger überdurchschnittlicher Stressbelastung, regelmäßige Überkopfarbeiten, Tätigkeiten mit regelmäßigem Einwirken von widrigen Klimaeinflüssen, Lungenreizstoffen oder Alkoholgefährdung. Gesundheitsstörungen mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen lägen nicht vor.
Gegen den der Klägerbevollmächtigten am 21.01.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 23.02.2015 (Montag) Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Mit Beschluss vom 25.06.2015 hat der Senat einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt.
Der Kläger verfolgt den Anspruch mit Verweis auf eine zwischenzeitliche psychiatrische Behandlung weiter. Er ist der Ansicht, dass er insbesondere aufgrund starker Schmerzen wegen einer im Jahr 2008 erlittenen Unterarmverletzung und der Einnahme von starken Schmerzmitteln nicht in der Lage sei, eine Erwerbstätigkeit auszuführen. Zudem hätten sich im Gutachten der ersten Instanz laborchemisch Hinweise auf erhöhten Alkoholkonsum ergeben. Der Gutachter habe jedoch keine Stellungnahme dazu abgegeben, ob ein Alkoholabusus vorliege und sich dieser auf eine Erwerbsfähigkeit auswirke.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 13.01.2015 sowie den Bescheid vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26.08.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.01.2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die Anfrage des Berichterstatters, bei welchem Arzt sich der Kläger seit wann und wie häufig in fachpsychiatrischer Behandlung befinde, hat die Klägerbevollmächtigte trotz Erinnerung nicht geantwortet.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Gegenstand der Berufung ist der Bescheid der Beklagten vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2013, mit dem der Antrag des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt worden ist.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung und auch nicht auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Versicherte haben gemäß §§ 43 Abs 1, Abs 2 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweise Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
§ 240 SGB VI dehnt aus Gründen des Vertrauensschutzes den Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf vor dem 02.01.1961 geborene und berufsunfähig gewordene Versicherte aus, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 43 SGB VI erfüllt sind. Da der Kläger 1963 geboren ist, findet § 240 SGB VI auf ihn keine Anwendung.
Die Voraussetzungen des §§ 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI liegen beim Kläger nicht vor.
Nach sämtlichen Gutachten im Verwaltungs- und Klageverfahren, die schlüssig und nachvollziehbar sind, kann der Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Tätigkeiten unter ständigem Zeitdruck oder sonstiger überdurchschnittlicher Stressbelastung, ohne regelmäßige Überkopfarbeiten, ohne Einwirken von widrigen Klimaeinflüssen oder Lungenreizstoffen und ohne Gefährdung durch Alkohol vollschichtig verrichten.
Anhaltspunkte für ein zeitlich unter sechsstündiges Leistungsvermögen ergeben die von den Gutachtern erhobenen Befunde nicht. Sowohl Dr. B. wie auch Herr B. haben im Wesentlichen unauffällige internistische, orthopädische, neurologische und psychiatrische Befunde erhoben. Gleiches gilt für den vom Hausarzt übersandten Befundbericht der Lungenfachärztin Dr. P.-L. vom 01.02.2014. Die Lungenfunktion war weitestgehend im Normbereich. Die Ärzte stellte fest, dass sich aus der COPD keine gravierende Funktionseinschränkung ergebe. Im Übrigen teilte auch der Hausarzt des Klägers, Herr S., die Leistungseinschätzung von Dr. B ...
Die Alkoholerkrankung ergab sich ausschließlich aus dem laborchemischen Befund. Folgeerkrankungen, wie zB Sensibilitätsstörungen oder Hirnleistungsstörungen, waren nicht erkennbar. Die Tagesstruktur des Klägers war ebenfalls erhalten. Deshalb folgen aus der Alkoholerkrankung ausschließlich qualitative Einschränkungen. Der Gutachter B. hat entgegen den Ausführungen der Klägerbevollmächtigten die laborchemischen Hinweise berücksichtigt und bei der Beantwortung der Beweisfragen auch gewürdigt.
Eine schwere depressive Erkrankung mit gravierender Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit lässt sich den Befunden in den Gutachten nicht entnehmen. Die medikamentöse Behandlung erfolgt mit einer niedrigen Dosis eines atypischen Neuroleptikums und nicht mit einem typischen Antidepressivum. Eine Psychotherapie wird nicht durchgeführt. Auch der vom Hausarzt übersandte Befundbericht des Zentralinstituts für seelische Gesundheit vom 04.11.2013 beschreibt einem psychopathologisch unauffälligen Befund. Mit Ausnahme einer Abhängigkeit von Tabak ohne Motivation für eine Entwöhnung werden keine relevanten Störungen festgestellt. Bei dieser Befundlage lässt sich keine zeitliche Leistungseinschränkung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt begründen. Eine Verschlechterung seit der Untersuchung durch Herrn B. ist nicht nachgewiesen. Insbesondere bleibt der Vortrag im Berufungsschriftsatz, dass der Kläger sich wegen einer Verschlechterung seiner Depressionen nun in fachärztlicher und sprachtherapeutischer Behandlung befinde, nur eine Behauptung. Angaben zu den konkreten Ärzten und der Behandlungsdauer wurden trotz Anfrage und Erinnerung durch das Gericht nicht gemacht. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung, diesbezüglich weiter zu ermitteln.
Die Beschwerden am Bewegungsapparat führen nur zum Ausschluss von schweren Tätigkeiten und Beachtung von qualitativen Einschränkungen, da wesentliche Funktionsbehinderungen nicht vorliegen. Gleiches gilt für die Raucherbronchitis und die Refluxerkrankung.
Zuletzt lässt sich eine zeitliche Begrenzung der Leistungsfähigkeit auch nicht aus den vorgebrachten Schmerzen ableiten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (zB Urteile vom 14.12.2010, L 11 R 3243/09, vom 20.07.2010, L 11 R 5140/09 und vom 24.09.2009, L 11 R 742/09) wird der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen. Es ist jedoch zu beachten, dass die Tagesstrukturierung mit jedem Gutachten dürftiger ausfallen kann. Außerdem ist zu berücksichtigen, ob und in welcher Form der Betroffene versucht, einem sich aus der Schmerzstörung ergebenden Leidensdruck durch angemessene therapeutische Bemühungen entgegenzuwirken. Wie oben ausgeführt, ist weder die Tagesstruktur auffällig, noch sind die Therapieoptionen auch nur ansatzweise ausgeschöpft.
Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. B. und Herrn B. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
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