Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 2191/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2879/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.05.2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Vormerkung einer Anschlussersatzzeit wegen Arbeitslosigkeit vom 22.06.1984 bis 10.03.1985.
Der 1952 in U. geborene Kläger, Diplommathematiker/Universität B. (Bescheid des B. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus über die Genehmigung zur Führung akademischer Grade ausländischer Hochschulen vom 07.12.1984) und Inhaber eines unter dem 08.11.1985 ausgestellten Vertriebenenausweises A, ist am 21.06.1984 mit seiner Familie (Ehefrau und zwei Kindern) nach Deutschland ausgesiedelt. Vom 29.06.1984 bis 13.08.1984 bezog der Kläger Sozialhilfe von der Stadt N. und - nach Arbeitslosmeldung beim zuständigen Arbeitsamt am 14.08.1984 - vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 Arbeitslosengeld. Zum 11.03.1985 nahm der Kläger eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Mathematiker auf.
Mit Bescheid vom 01.10.1986 stellte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Rechtsvorgängerin der Beklagten) den Versicherungsverlauf des Klägers fest. Neben rentenrechtlichen Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) ist der 21.06.1984 als Ersatzzeit (Zeit der Vertreibung bzw. Flucht) vorgemerkt. In dem Bescheid ist (u.a.) ausgeführt, die Zeit vom 21.06.1984 bis 30.06.1984 könne nicht als Beitragszeit nach § 15 FRG anerkannt werden, weil der Kläger das Herkunftsgebiet bereits am 21.06.1984 verlassen habe.
Mit Schreiben vom 12.12.2004 erhob der Kläger Einwendungen gegen einen ihm übersandten Versicherungsverlauf vom 01.11.2004. Er trug (u.a.) vor, die Zeit von Juli 1984 bis Februar 1985 sei die Aussiedlungs- und Einbürgerungszeit nach Deutschland gewesen. Vom 29.06.1984 bis 13.08.1984 habe er Sozialhilfe und vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 Arbeitslosengeld bezogen. Die Beklagte führte daraufhin weitere Ermittlungen durch.
Mit Vormerkungsbescheiden vom 16.03.2006 und vom 02.03.2011 stellte die Beklagte den Versicherungsverlauf des Klägers gemäß § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) VI fest. Im Vormerkungsbescheid vom 16.03.2006 ist (u.a.) ausgeführt, die Zeit vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 sei keine Anrechnungszeit, weil eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen worden sei. Im Vormerkungsbescheid vom 02.03.2011 ist (u.a.) ausgeführt, die Zeit vom 29.06.1984 bis 13.08.1984 könne nicht als Anrechnungszeit vorgemerkt werden, weil sie nicht nachgewiesen sei.
Mit Schreiben vom 07.12.2012 beantragte der Kläger die rentenrechtliche Überprüfung der Zeit des Arbeitslosengeldbezugs ab 14.08.1984. Unter dem 07.01.2013 teilte die Beklagte dem Kläger hierzu mit, gemäß § 252 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI würden Zeiten, für die die Bundesagentur für Arbeit im Zeitraum vom 01.01.1983 bis 31.12.1997 wegen Bezugs von Sozialleistungen Pflichtbeiträge oder Beiträge für Anrechnungszeiten gezahlt habe, als Anrechnungszeiten angerechnet. Die Vormerkung der Beiträge als Pflichtbeitragszeit komme für den angegebenen Zeitraum vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 nicht in Betracht, weil der Kläger an der Beitragszahlung nicht beteiligt gewesen sei.
Am 05.03.2013 beantragte der Kläger die Vormerkung der Zeit vom 22.06.1984 bis 13.08.1984 bzw. vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 als Anschlussersatzzeit (unter entsprechender Teilrücknahme des Vormerkungsbescheids vom 02.03.2011 nach Maßgabe des § 44 SGB X).
Mit Schreiben vom 15.03.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Zeit vom 29.06.1984 bis 10.03.1985 könne als Anschlussersatzzeit nur vorgemerkt werden, wenn für die Zeit des Sozialhilfebezugs vom 29.06.1984 bis 13.08.1984 ein Nachweis des Arbeitsamts vorgelegt werde, dass der Kläger während dieser Zeit arbeitssuchend gemeldet gewesen sei. Der Nachweis könne mit einer Arbeitslosenmeldekarte oder einer entsprechenden Bescheinigung des Arbeitsamts oder einer anderen amtlichen Bescheinigung geführt werden. Eine Bescheinigung über den Sozialhilfebezug genüge nicht.
Unter dem 27.03.2013 trug der Kläger vor, er verstehe nicht, weshalb er zwischen dem 29.06.1984 und dem 13.08.1984 als Arbeitssuchender gemeldet gewesen sein müsse, um die Zeit bis 10.03.1985 als rentenrechtliche Zeit vorgemerkt zu erhalten. Vom 13.08.1984 bis 10.03.1985 habe er als Inhaber eines Vertriebenenausweises A keine Sozialhilfe, sondern Arbeitslosengeld bezogen. Vom 29.06.1984 bis 13.08.1984 sei er zwar "nur" Sozialhilfeempfänger gewesen (Anführungszeichen im Schreiben des Klägers). Man müsse ihm aber eine gewisse Übergangszeit zugestehen. Er sei mit seiner Familie aus U. gekommen (von der anderen Seite des "eisernen Vorhangs") und habe dafür doch ziemlich schnell die Wege der deutschen Bürokratie erkannt und verfolgt.
Mit Bescheid vom 11.04.2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf (teilweise) Rücknahme des Vormerkungsbescheids vom 02.03.2011 und Vormerkung der Zeit vom 21.06.1984 (gemeint wohl: 22.06.1984) bis 10.03.1985 als Anschlussersatzzeit ab. Zur Begründung führte sie aus, die Zeit der Arbeitslosigkeit vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 habe nicht im Folgemonat der Primärersatzzeit begonnen. Der Kläger habe Arbeitslosigkeit während des Sozialhilfebezugs im Zeitraum vom 21.06.1984 (gemeint wohl: 29.06.1984) bis 13.08.1984 nicht nachgewiesen. Der Vormerkungsbescheid vom 02.03.2011 sei daher (insgesamt) rechtmäßig.
Am 10.05.2013 legte der Kläger Widerspruch ein. Er trug vor, nach der Aussiedlung von U. nach Deutschland am 21.06.1984 habe er zunächst Sozialhilfe und sodann als Inhaber eines Vertriebenenausweises A ab 14.08.1984 Arbeitslosengeld bezogen; die Arbeitsverwaltung habe dem Sozialhilfeträger die Sozialhilfezahlungen später rückwirkend erstattet. Die Annahme, er hätte mit dem Tag der Aussiedlung von U. nach Deutschland - ohne Wohnung, Besitz oder Kontakte ins Bundesgebiet - sogleich eine Arbeitsstelle finden können und diese zum 13.08.1984 auch wieder verloren, widerspreche der Lebenserfahrung. Er sei vom Tag der Aussiedlung an arbeitslos gewesen. Das habe seinerzeit für alle Aussiedler aus U. gegolten; bei ihm habe daher der Regelfall vorgelegen. Die ersten 1 ½ Monate in Deutschland habe er gebraucht, um sich zurechtzufinden und sich mit den sozialen Sicherungssystemen in Deutschland vertraut zu machen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit seien Anschlussersatzzeiten, wenn sie sich an die Primärersatzzeit (hier: Ersatzzeit wegen Flucht bzw. Vertreibung am 21.06.1984 (Tag der Aussiedlung nach Deutschland)) anschlössen. Arbeitslosigkeit i. S. § 250 SGB VI setze voraus, dass der Versicherte ohne Arbeit, arbeitswillig und imstande sei, eine seinem Leistungsvermögen entsprechende Arbeit zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Zwischen der Zeit unverschuldeter Arbeitslosigkeit und der Primärersatzzeit müsse ein zeitlicher Zusammenhang bestehen. Das sei der Fall, wenn die Arbeitslosigkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats beginne, der auf den Kalendermonat der Beendigung der Primärersatzzeit (bspw. einer Zeit der Kriegsgefangenschaft) folge. Dann werde unterstellt, dass der Versicherte seit dem auf das Ende der Primärersatzzeit folgenden Tag arbeitslos gewesen sei, es sei denn, Arbeitslosigkeit habe offensichtlich nicht vorgelegen. Die sich an die Primärersatzzeit anschließende unverschuldete Arbeitslosigkeit müsse aber nachgewiesen werden, und zwar regelmäßig durch Arbeitslosenmeldekarte oder eine Bescheinigung des Arbeitsamts bzw. einer anderen Behörde; das gelte jedenfalls dann, wenn der Versicherte bei einem Arbeitsamt als Arbeitssuchender gemeldet gewesen sei. Der Kläger habe nicht angegeben, er sei seinerzeit während des Sozialhilfebezugs auch arbeitslos gemeldet gewesen. Unterlagen hinsichtlich der Arbeitslosigkeit lägen erst für die Zeit ab 14.08.1984 vor. Daher fehle der zeitliche Zusammenhang zwischen der Primärersatzzeit (21.06.1984) und der Zeit der Arbeitslosigkeit. Da der Kläger Sozialhilfe sogleich nach der Übersiedlung nach Deutschland ab 29.06.1984 bezogen habe, hätte er sich auch zumindest noch im Juli 1984 arbeitssuchend melden können. Da er dies unterlassen habe, könnten die Zeiten vom 22.06.1984 bis 13.08.1984 und vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 nicht als Anschlussersatzzeiten vorgemerkt werden.
Am 29.08.2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Zur Begründung verwies er auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren und trug ergänzend vor, während der Zeit des Arbeitslosengeldbezugs (ab 14.08.1984) seien Rentenversicherungsbeiträge abgeführt worden.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids bzw. unter Hinweis auf den Vormerkungsbescheid vom 16.03.2006 entgegen; die Zeit vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 (Arbeitslosengeldbezug) könne mangels Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht als Anrechnungszeit vorgemerkt werden.
Am 28.05.2014 fand die mündliche Verhandlung des SG statt, in der der Kläger angehört wurde. De Kläger gab an, vor der Aussiedlung nach Deutschland habe er nichts vorab klären können. Hierfür habe es keine Informationen gegeben. Er sei mit seiner Familie zunächst nach St. bzw. nach L. zu Verwandten gezogen. Dann habe man ihm gesagt, er solle zur zentralen Aufnahmestelle nach N. gehen. Dort habe er mit seiner Familie in einer Obdachloseunterkunft eine Wohnung bekommen und es sei ihm gesagt worden, er solle sich beim Arbeitsamt anmelden. Zunächst habe er sich bei der Stadt N. wegen Sozialhilfe gemeldet gehabt. Die Anerkennung als Heimatvertriebener (Spätaussiedler) sei später erfolgt. Deshalb sei das Arbeitslosengeld rückwirkend gezahlt worden. Zwischen Juli und Mitte August 1984 habe er die Wohnung eingerichtet und eine Schule bzw. einen Kindergarten für seine Kinder gesucht. Arbeit habe er sich noch nicht suchen dürfen, weil sein Status noch ungeklärt gewesen sei; die Anerkennung als Heimatvertriebener habe noch ausgestanden. Das sei auch im März 1985 noch so gewesen. Das Arbeitsamt habe aber (für die Aufnahme einer Beschäftigung) eine Ausnahme gemacht, weil es seinerzeit für Diplommathematiker viele freie Stellen und kaum Bewerber gegeben habe. Als das Arbeitslosengeld rückwirkend gewährt worden sei, sei sein Status immer noch nicht geklärt gewesen. Die Anerkennung als Heimatvertriebener habe er wohl im November 1985 erhalten. Dann habe das Arbeitsamt nachträglich gezahlt und er habe die Differenz (zu den dem Sozialamt erstatteten Sozialhilfezahlungen) bekommen. Er habe seinerzeit sogleich nach der Aussiedlung arbeiten wollen; deshalb sei er ja nach Deutschland ausgesiedelt. Sein (u.) Diplom als Mathematiker habe noch anerkannt werden müssen. Man habe ihm - seiner Erinnerung nach beim Arbeitsamt - gesagt, er sei nur geduldet und dürfe nicht arbeiten. Es habe dann auch noch Probleme mit der Beschäftigung (ab 11.03.1985) gegeben, weil man sich seinerzeit als Aussiedler mindestens ein Jahr, sogar zwei Jahre, in Deutschland habe aufhalten müssen, bevor man eine Arbeit habe aufnehmen dürfen. Er sei als Akademiker auf dem Arbeitsmarkt aber gebraucht worden, so dass dann alles so geklärt worden sei, dass er habe arbeiten können. Er habe zunächst auch bei Verwandten, die ein Bauunternehmen in St. betrieben hätten, fachfremd arbeiten wollen; er meine, man habe ihm aber gesagt, er dürfe das nicht. Er sei ohne Geld nach Deutschland ausgesiedelt. Man habe damals maximal DM 1.900,00 einlösen dürfen. Davon hätte er mit seiner Familie nicht lange leben können.
Die Beklagte gab an, streitig sei eine Ersatzzeit nach § 250 Nr. 6 SGB VI. Da es auch um den Zeitraum ab 14.08.1984 gehe, ergäben sich entsprechend erhebliche Auswirkungen für die Höhe der Rente des Klägers. Außerdem könne die streitige Zeit für das Erreichen einer Wartezeit von 45 Jahren noch eine Rolle spielen.
Mit Urteil vom 28.05.2014 verurteilte das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 11.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.08.2013, den (Vormerkungs-)Bescheid vom 02.03.2011 abzuändern und die Zeit vom 22.06.1984 bis 10.03.1985 als Anschlussersatzzeit vorzumerken. Zur Begründung führte es aus, gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI seien Ersatzzeiten Zeiten vor dem 01.01.1992 in denen Versicherungspflicht nicht bestanden habe und Versicherte nach vollendetem 14. Lebensjahr vertrieben, umgesiedelt oder ausgesiedelt worden oder auf der Flucht oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen seien, mindestens aber die Zeit vom 01.01.1945 bis zum 31.12.1946, wenn sie zum Personenkreis der §§ 1 bis 4 Bundesvertriebenengesetz (BVG) gehörten. Diese Voraussetzungen seien beim Kläger für die Zeit vom 22.06.1984 bis 10.03.1985 erfüllt. Streitig sei insoweit allein das Vorliegen von Arbeitslosigkeit. Arbeitslos sei gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI, wer unfreiwillig ohne Arbeit, arbeitswillig und arbeitsfähig sei. Die Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt sei nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer Anschlussersatzzeit. Der Versicherte müsse jedoch in der Lage und bereit gewesen sein, jede zumutbare Tätigkeit zum nächstmöglichen Termin aufzunehmen. Der Kläger sei schon während der Zeit ab 22.06.1984 bereit und in der Lage gewesen, eine Arbeitstätigkeit aufzunehmen. Das gehe aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 überzeugend hervor. Danach sei der Kläger mit dem Ziel der Aufnahme einer Berufstätigkeit nach Deutschland ausgesiedelt. Er habe nur deshalb erst ab 11.03.1985 eine Beschäftigung aufgenommen, weil er zunächst angenommen habe, er dürfe (noch) nicht berufstätig sein. Der Kläger habe schlüssig dargelegt, dass man seinerzeit Diplommathematiker auf dem Arbeitsmarkt gesucht habe und dass ihm deshalb die Aufnahme einer entsprechenden Beschäftigung zum 11.03.1985 genehmigt worden sei. Er habe nach seinen glaubhaften Angaben zunächst auch berufsfremd im Baubereich arbeiten wollen, wozu es wegen einer behördlichen Auskunft, wonach er nicht arbeiten dürfe, aber nicht gekommen sei. Da der Kläger mit seiner Familie zur Arbeitsaufnahme nach Deutschland ausgesiedelt sei, keine Kenntnisse des deutschen Sozialsystems gehabt und deshalb angenommen habe, seinen Lebensunterhalt ausschließlich durch Arbeit bestreiten zu können, seien die Angaben des Klägers zur unmittelbar nach der Aussiedlung bestehenden Arbeitswilligkeit und Arbeitsbereitschaft ebenfalls glaubhaft. Der Kläger habe sich nur deshalb erst am 14.08.1984 beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet, weil er erst nach der Aussiedlung erfahren habe, dass die Arbeitslosmeldung sinnvoll sei. Die (späte) Arbeitslosmeldung stelle daher hinsichtlich des Tatbestands der Arbeitslosigkeit keine entscheidende Zäsur dar, bestätige vielmehr lediglich das (durchgehende) Vorliegen von Arbeitslosigkeit i.S.d. § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI. Da die Voraussetzungen einer Anschlussersatzzeit somit bereits ab 22.06.1984 erfüllt gewesen seien, komme es nicht darauf an, ob hinsichtlich der Zeit ab Arbeitslosmeldung am 14.08.1984 ein Anschluss im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI angenommen werden könne.
Gegen das ihr am 10.06.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 09.07.2014 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, man habe den 21.06.1984 als Ersatzzeit aufgrund Vertreibung bzw. Flucht vorgemerkt. Während der Zeit des Sozialhilfebezugs vom 29.06.1984 bis 13.08.1984 sei der Kläger weder bei einem Arbeitsamt arbeitssuchend gemeldet gewesen noch habe er Nachweise darüber vorgelegt, dass er zu dieser Zeit bereit und in der Lage gewesen sei, jede zumutbare Tätigkeit zum nächstmöglichen Termin aufzunehmen. Die Zeit vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 könne (wie im Vormerkungsbescheid vom 16.03.2006 festgestellt) nicht als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden, da dadurch eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht unterbrochen worden sei (§ 58 Abs. 2 SGB VI). Die Auslegung des Begriffs "arbeitslos" i.S.d. § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI richte sich nach dem im Zeitpunkt der Beschäftigungslosigkeit geltenden Recht, hier also nach den §§ 101 bis 103 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Danach liege Arbeitslosigkeit vor, wenn der Versicherte sowohl objektiv als auch subjektiv arbeitslos sei. Objektiv arbeitslos seien Versicherte, die vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stünden und auch nicht im Betrieb eines Angehörigen mithelfen würden oder als Selbstständige tätig seien. Subjektiv arbeitslos sei, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine mehr als nur kurzzeitige Beschäftigung (bis 31.12.1985 mindestens 20 Stunden wöchentlich) ausüben könne und dürfe und bereit sei, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben könne. Für die Anerkennung einer entsprechenden Anschlussersatzzeit müsse die (sich an die Primärersatzzeit anschließende) unverschuldete Arbeitslosigkeit nachgewiesen sein. Allerdings sei die Meldung als Arbeitssuchender beim Arbeitsamt nicht unbedingt erforderlich. Es genüge, wenn der Versicherte tatsächlich arbeitslos gewesen sei. Hierfür müsse er geeignete Nachweise, wie Antwortschreiben auf Bewerbungen, einreichen. Die subjektive Arbeitslosigkeit des Klägers während der Zeit vom 22.06.1984 bis 13.08.1984 sei danach nicht ausreichend belegt. Der Kläger habe konkrete Daten über Bewerbungen oder Stellenangebote nicht angegeben. Nach seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung des SG habe er während der streitigen Zeit offenbar keine Arbeit gesucht, vielmehr Sozialhilfe bezogen, eine Wohnung eingerichtet und sich um eine Schule bzw. einen Kindergarten für seine Kinder gekümmert. Von konkreter Arbeitssuche sei nicht die Rede gewesen. In seinem Schreiben vom 27.03.2012 habe der Kläger außerdem angegeben, er sei nur Sozialhilfeempfänger gewesen und man müsse ihm eine gewisse Übergangszeit zugestehen. Auch das zeige, dass er nicht auf Arbeitssuche gewesen sei. Außerdem erscheine es unwahrscheinlich, dass man den Kläger in der zentralen Aufnahmestelle in N. seinerzeit nur auf die Beantragung von Sozialhilfe und nicht auch auf die Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt hingewiesen habe. Für das Vorliegen von Arbeitslosigkeit trage der Kläger die objektive Beweislast. Fehle die Arbeitslosmeldung, müssten ernsthafte und ständige Bemühungen um eine den Kenntnissen und Fähigkeiten des Versicherten entsprechende Arbeitsstelle nachgewiesen werden. Neben den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung komme es auch auf die Eigenbemühungen des Versicherten an. Ernsthafte und fortlaufende Bemühungen um eine Arbeitsstelle, etwa durch Bewerbungsschreiben oder Reaktionen auf Bewerbungen, habe der Kläger nicht nachgewiesen. Angaben des Versicherten in einer mündlichen Verhandlung des SG könnten als Beweismittel für sich allein nicht genügen. Für die Beweisführung gälten strenge Maßstäbe. Das sei gerechtfertigt, weil ein Tatbestand des sozialen Ausgleichs in Rede stehe, nämlich die Zubilligung von Ersatzzeiten, und der Kläger letztlich seit der Übersiedlung nach Deutschland am 21.06.1984 keine berufliche Tätigkeit ausgeübt habe. Der Arbeitswille müsse nach außen dokumentiert sein (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 05.04.2013, - L 14 R 415/10 -, nicht veröffentlicht).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.05.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und verweist auf seine Angaben in der mündlichen Verhandlung des SG. Er habe seinerzeit unmittelbar nach dem Grenzübertritt zunächst im Bauunternehmen von Verwandten als Bauhilfsarbeiter arbeiten wollen, bis er eine Arbeitsstelle als Mathematiker erhalten könne. Insgesamt ergebe sich aus seinem Vorbringen, auch zu den ihm damals erteilten Auskünften hinsichtlich der Möglichkeit bzw. der Berechtigung zur Arbeitsaufnahme, dass er von Anfang an habe arbeiten wollen und nach Arbeit gesucht habe. Die Aufnahme einer Beschäftigung im Bauunternehmen seiner Verwandten sei ihm von den Behörden untersagt worden, weil er (vorerst) nur geduldet gewesen sei. In N. habe er später entgegen ausdrücklicher Anweisungen des Arbeitsamts eine Arbeitsstelle gesucht und mit seinem potentiellen Arbeitgeber sodann beim Arbeitsamt massiv interveniert, bis man ihm eine Ausnahmegenehmigung für die Arbeitsaufnahme erteilt habe. Die Auskünfte des Sozial- und des Arbeitsamts, wonach er mit dem Aufenthaltsstaus der Duldung vor Ablauf eines Jahres nicht arbeiten dürfe, müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Dass er sich beim Arbeitsamt arbeitssuchend melden könne und auch müsse, habe man ihm damals nicht gesagt. Insgesamt sei er nicht richtig beraten worden. Hätte man ihm bei der zentralen Aufnahmestelle in N. gesagt, er müsse nicht nur zum Sozialamt, sondern auch zum Arbeitsamt gehen, hätte er das selbstverständlich getan.
Der Kläger hat auf Anfrage des Berichterstatters ergänzend vorgetragen, er sei seinerzeit unmittelbar nach dem Grenzübertritt zu den Verwandten, die U. bereits nach dem Zweiten Weltkrieg verlassen hätten, nach St. gereist und habe sich dort mit seiner Familie fünf Tage lang aufgehalten. Seine Verwandten seien darüber allerdings nicht erfreut gewesen und hätten ihm nahe gelegt, wieder nach U. zurückzukehren. Einer der Verwandten, G. R., habe ein (im Jahr 2009 aufgelöstes) kleines Bauunternehmen mit fünf Mitarbeitern, spezialisiert auf Wandputzarbeiten, betrieben. G. R. habe nicht gewollt, dass er in seinem Betrieb arbeite und ihm ebenfalls die Rückkehr nach U. angeraten. Er habe hierfür rechtliche Probleme, wie eine fehlende Arbeitserlaubnis, vorgeschoben. Auf seine dringliche Bitte nach mehr Informationen zu Arbeitsmöglichkeiten sei G. R. mit ihm und seiner Familie am Folgetag nach der Ankunft in Deutschland zu einer Behörde in St. gefahren. Dort habe man ihm geraten, sofort nach B. zu fahren; dort wäre er "besser dran". So sei er mit seiner Familie nach fünf Tagen in St. nach N. gekommen. Nach diesen Ereignissen habe er zu den St. Verwandten über Jahre keinerlei Kontakt mehr gehabt; G. R. sei vor ca. 15 Jahren verstorben. In N. habe er sich mit seiner Familie auf dem Sozialamt gemeldet und zunächst eine Duldung in B. bekommen. Im Übergangswohnheim habe er zufällig von anderen Heimbewohnern erfahren, dass er sich zusätzlich auch beim Arbeitsamt melden solle. Darüber habe man ihn auf dem Sozialamt nicht informiert; entsprechende Merkblätter habe er nicht bekommen. Er habe sich sodann am 23.08.1984 auf dem Arbeitsamt in N. gemeldet. Dort habe man ihm gesagt, mit einer Duldung, seinem damaligen Aufenthaltsstatus, dürfe er sich erst nach zwei Jahren Aufenthalt Arbeit suchen. Als Mathematiker sei er zur für Akademiker zuständigen Abteilung des Arbeitsamts N. überstellt worden. Diese habe für 100 freie Arbeitsstellen für Mathematiker nur zwei Bewerber gehabt und ihm deshalb ausnahmsweise erlaubt, auf Stellensuche gehen und sich bewerben zu dürfen. Das Arbeitsamt habe ihm auch bei der Zusammenstellung der Bewerbungsunterlagen geholfen. Er habe sich sodann auf mehrere Zeitungsinserate beworben und bei der Firma K. H. GmbH in F. angefangen, wo er 13 Jahre in der EDV-Abteilung als Mathematiker beschäftigt gewesen sei. Er habe bei diesem Unternehmen am 11.03.1985 angefangen. Im Oktober 1984 seien die Vertriebenenausweise für ihn und seine Familie ausgestellt worden und man habe die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen können. Das Thema "Duldung" bzw. "Arbeitserlaubnis" sei damit erledigt gewesen. Er sei bis 01.11.2014 berufstätig gewesen und sodann erkrankt; seitdem sei er arbeitslos.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Streitgegenstand des Klage- und des Berufungsverfahrens ist die Vormerkung einer Anschlussersatzzeit - anschließend an die anerkannte primäre Ersatzzeit wegen Vertreibung bzw. Flucht am 21.06.1984 - vom 22.06.1984 bis 10.03.1985 unter entsprechender Abänderung (Teilrücknahme) des Vormerkungsbescheids vom 02.03.2011 nach Maßgabe des § 44 SGB X. Die Beklagte hat dies mit Bescheid vom 11.04.2013 (Widerspruchsbescheid vom 22.08.2013) zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X sind nicht erfüllt. Der genannte Vormerkungsbescheid ist - soweit er Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist - rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vormerkung der Zeit vom 22.06.1984 bis 10.03.1985 als Anschlussersatzzeit.
Gem. 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI sind Ersatzzeiten Zeiten vor dem 1. Januar 1992, in denen Versicherungspflicht nicht bestanden hat und Versicherte nach vollendetem 14. Lebensjahr vertrieben, umgesiedelt oder ausgesiedelt worden oder auf der Flucht oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, mindestens aber die Zeit vom 1. Januar 1945 bis zum 31. Dezember 1946, wenn sie zum Personenkreis der §§ 1 bis 4 des BVG gehören. Mit der Zuerkennung von (beitragsfreien - § 54 Abs. 4 SGB VI) Ersatzzeiten und Anschlussersatzzeiten soll dem Versicherten aus sozialen Gründen Ersatz für solche Zeiten gewährt werden, in denen es ihm aufgrund einer Opferlage oder wegen eines Eingriffs "von hoher Hand" regelmäßig nicht möglich war, Beiträge - insbesondere Pflichtbeiträge - zu leisten (Bundessozialgericht (BSG), Urt. v. 08.11.1995, - 13 RJ 33/94 -, in juris).
Gem. § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI ist Ersatzzeit neben der primären Ersatzzeit (der Vertreibung, Umsiedlung oder Aussiedlung) auch die (so genannte) Anschlussersatzzeit. Anschlussersatzzeit ist die sich an die primäre Ersatzzeit anschließende Zeit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit oder unverschuldeter Arbeitslosigkeit. Zwischen der primären Ersatzzeit und der Anschlussersatzzeit muss ein zeitlicher Zusammenhang bestehen. Ein völlig nahtloser Anschluss der Anschlussersatzzeit an die primäre Ersatzzeit ist aber nicht erforderlich. Feste Regeln für die Annahme des zeitlichen Zusammenhangs zwischen primärer Ersatzzeit und Anschlussersatzzeit gibt es nicht. Maßgeblich sind die Besonderheiten des Einzelfalls (BSG, Urt. v. 04.05.1976, - 1 RA 49/75 -, in juris).
Der Begriff der Arbeitslosigkeit i. S. d. § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI ist unter Berücksichtigung der besonderen Erfordernisse der Rentenversicherung dem Recht der Arbeitslosenversicherung zu entnehmen, das zur Zeit der Arbeitslosigkeit galt (KassKomm/Gürtner, SGB VI § 250 Rdnr. 56, BSG, Urt. v. 10.09.1997, - 5 RJ 10/96 -, in juris), hier also den §§ 101 bis 103 AFG. Danach ist arbeitslos, wer unfreiwillig ohne Arbeit, arbeitswillig und arbeitsfähig ist. Die Meldung beim Arbeitsamt ist nicht erforderlich (BSG, Urt. v. 30.01.1969, - 5 RKn 133/65 -, in juris). Der Versicherte muss objektiv in der Lage und subjektiv ernstlich bereit gewesen sein, jede zumutbare Tätigkeit zum nächstmöglichen Termin aufzunehmen. Arbeitslosigkeit in diesem Sinne liegt nicht immer schon dann vor, wenn der Versicherte im Anschluss an die primäre Ersatzzeit unverschuldet ohne Arbeit war. Hinzukommen muss, dass er zumutbar alles getan hat, um die Zeit der Erwerbslosigkeit ehestmöglich durch Aufnahme einer rentenversicherungspflichtigen, wieder Rentenanwartschaften begründenden Beschäftigung oder Tätigkeit zu beseitigen und so den Tatbestand wieder entfallen zu lassen, für den die Versichertengemeinschaft durch Zubilligung einer - beitragsfreien - Ersatzzeit einzutreten genötigt wäre (BSG, Urt. v. 29.08.1984, - 1 RA 73/83 -, in juris).
Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Ersatzzeit oder einer Anschlussersatzzeit sind nachzuweisen. Es gilt das Beweismaß des Vollbeweises. Glaubhaftmachung genügt nicht. Die objektive Beweislast trägt der Versicherte. Der Nachweis von Arbeitslosigkeit i. S. d. § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI kann durch alle zulässigen und geeigneten Beweismittel geführt werden (vgl. BSG, Urt. v. 29.11.1978, - 5 RKn 24/77 -, in juris).
Davon ausgehend hat die Beklagte die Vormerkung einer Anschlussersatzzeit wegen Arbeitslosigkeit vom 22.06.1984 bis 10.03.1985 (unter entsprechender Abänderung bzw. Rücknahme des Vormerkungsbescheids vom 02.03.2011) zu Recht abgelehnt. Als primäre Ersatzzeit (wegen Vertreibung bzw. Flucht) ist zutreffend der 21.06.1984 anerkannt bzw. vorgemerkt. Hierüber streiten die Beteiligten nicht. Unstreitig ist auch, dass der Kläger ab 14.08.1984 bis zur erstmaligen Aufnahme einer Beschäftigung im Bundesgebiet zum 11.03.1985 (im Rechtssinne) arbeitslos gewesen ist; er hatte sich am 14.08.1984 beim Arbeitsamt N. arbeitssuchend gemeldet und ab diesem Tag Arbeitslosengeld bezogen. Dass der Kläger auch in der Zwischenzeit - vom 22.06.1984 bis 13.08.1984 - im vorstehend beschriebenen Sinne arbeitslos gewesen ist, er sich während dieser Zeit namentlich um die Aufnahme einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung hinreichend bemüht, also eine Arbeitsstelle gesucht hat, ist zur Überzeugung des Senats indessen nicht nachgewiesen; das geht zu Lasten des hierfür die objektive Beweislast tragenden Klägers. Es fehlt daher am zeitlichen Zusammenhang zwischen der primären Ersatzzeit und der als Anschlussersatzzeit geltend gemachten Zeit der Arbeitslosigkeit, weshalb sowohl die Zeit ab 14.08.1984 als auch die davor liegende Zeit (zurück) bis zum 22.06.1984 als Anschlussersatzzeit nicht anerkannt werden kann. Der Senat hat alle hierfür maßgeblichen Umstände gewürdigt und den Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2015 ergänzend angehört. Weitere Ermittlungen drängen sich dem Senat nicht auf und sind auch nicht beantragt worden.
Der Senat verkennt nicht, dass es nach der Aussiedlung regelmäßig einer gewissen Übergangszeit bedarf, während der sich der (Spät-)Aussiedler mit den Verhältnissen in Deutschland, insbesondere was den Arbeitsmarkt und die Aufnahme einer Beschäftigung angeht, vertraut machen muss, und dass sich eine etwaige Anschlussersatzzeit nicht nahtlos an die primäre Ersatzzeit anzuschließen hat. Hier liegt zwischen der primären Ersatzzeit - dem 21.06.1984 - und der Zeit der (unstreitig feststehenden) Arbeitslosigkeit ab 14.08.1984 aber ein Zeitraum von knapp 2 Monaten (53 Tage), was den erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen primärer Ersatzzeit und Anschlussersatzzeit nach Auffassung des Senats auch unter Würdigung der Einzelfallumstände unterbricht.
Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats nicht dartun können, dass er sich nach der Aussiedlung nach Deutschland am 21.06.1984 schon vor der Meldung als Arbeitssuchender am 14.08.1984 hinreichend um die Aufnahme einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung bemüht hat. Er hat erst mit der Arbeitslosmeldung am 14.08.1984 und damit knapp 2 Monate nach der Aussiedlung die Suche nach einer Arbeitsstelle nach außen kundgetan. Zuvor hat er Sozialhilfe bezogen. Tatsachen, die während der Zeit des Sozialhilfebezugs (zwischen dem 29.06.1984 und dem 13.08.1984) das Bemühen um die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung hinreichend sicher hervortreten lassen, sind nicht festgestellt. Der Kläger ist nach seinem Vorbringen bis zur Meldung als Arbeitsuchender Mitte August 1984 während der ersten knapp 2 Monate seines Aufenthalts in Deutschland damit beschäftigt gewesen, eine Wohnung für sich und seine Familie einzurichten und sich um Schule und Kindergarten für seine Kinder zu kümmern. Irgendwelche Belege für eine gleichzeitig betriebene Arbeitsuche, wie Bewerbungsschreiben oder darauf erfolgte Absagen potentieller Arbeitgeber, hat der Kläger nicht vorgelegt. Er hat vielmehr im Gegenteil vorgetragen, seinerzeit gerade noch nicht auf Arbeitsuche gewesen zu sein, weil er der Auffassung gewesen sei, dass er sich eine Arbeitsstelle wegen seines noch ungeklärten Aufenthaltsstatus nicht suchen dürfe. Das trifft so jedoch nicht zu. Dass das Verwaltungsverfahren zur Anerkennung als Vertriebener naturgemäß eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, steht der Aufnahme zeitnaher Bemühungen um Arbeit - für die Zeit spätestens nach Anerkennung als Heimatvertriebener - im Anschluss an die Aussiedlung nicht entgegen. Dass man dem Kläger dies durch entsprechende behördliche Auskünfte untersagt und ihn von der Arbeitssuche dadurch abgehalten hätte, ist zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen. Der Kläger hat sich auch während des nur 5 Tage dauernden Aufenthalts bei Verwandten in St. nicht ernsthaft um eine Arbeitsstelle bei seinem Verwandten G. R., einem Bauunternehmer, bemüht, nachdem ihn dieser offensichtlich nicht hatte beschäftigen wollen und ihm die Rückkehr nach U. nahe gelegt hatte. Außerdem ist dieser Sachverhalt erst in der mündlichen Verhandlung des SG am 28.05.2014, nicht jedoch, was nahe gelegen hätte, schon zuvor im Verwaltungsverfahren, etwa zur Begründung des am 10.05.2013 eingelegten Widerspruchs, und auch noch nicht zur Begründung der am 29.08.2013 erhobenen Klage geltend gemacht worden. Der Kläger ist ersichtlich selbst davon ausgegangen, dass der kurzzeitige Kontakt zu seinem Verwandten G. R. während des nur wenige Tage dauernden Aufenthalts in Stuttgart nicht als Arbeitssuche im eigentlichen Sinn eingestuft werden kann.
Da der Nachweis der für die Vormerkung einer Anschlussersatzzeit vom 22.06.1984 bis 10.03.1985 notwendigen Tatsachen bzw. der entsprechenden Unrichtigkeit des Vormerkungsbescheids vom 02.03.2011 nicht geführt ist, muss es insoweit bei den Feststellungen des genannten Vormerkungsbescheids bleiben. Das angefochtene Urteil kann im Berufungsverfahren nicht Bestand behalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Vormerkung einer Anschlussersatzzeit wegen Arbeitslosigkeit vom 22.06.1984 bis 10.03.1985.
Der 1952 in U. geborene Kläger, Diplommathematiker/Universität B. (Bescheid des B. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus über die Genehmigung zur Führung akademischer Grade ausländischer Hochschulen vom 07.12.1984) und Inhaber eines unter dem 08.11.1985 ausgestellten Vertriebenenausweises A, ist am 21.06.1984 mit seiner Familie (Ehefrau und zwei Kindern) nach Deutschland ausgesiedelt. Vom 29.06.1984 bis 13.08.1984 bezog der Kläger Sozialhilfe von der Stadt N. und - nach Arbeitslosmeldung beim zuständigen Arbeitsamt am 14.08.1984 - vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 Arbeitslosengeld. Zum 11.03.1985 nahm der Kläger eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Mathematiker auf.
Mit Bescheid vom 01.10.1986 stellte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Rechtsvorgängerin der Beklagten) den Versicherungsverlauf des Klägers fest. Neben rentenrechtlichen Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) ist der 21.06.1984 als Ersatzzeit (Zeit der Vertreibung bzw. Flucht) vorgemerkt. In dem Bescheid ist (u.a.) ausgeführt, die Zeit vom 21.06.1984 bis 30.06.1984 könne nicht als Beitragszeit nach § 15 FRG anerkannt werden, weil der Kläger das Herkunftsgebiet bereits am 21.06.1984 verlassen habe.
Mit Schreiben vom 12.12.2004 erhob der Kläger Einwendungen gegen einen ihm übersandten Versicherungsverlauf vom 01.11.2004. Er trug (u.a.) vor, die Zeit von Juli 1984 bis Februar 1985 sei die Aussiedlungs- und Einbürgerungszeit nach Deutschland gewesen. Vom 29.06.1984 bis 13.08.1984 habe er Sozialhilfe und vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 Arbeitslosengeld bezogen. Die Beklagte führte daraufhin weitere Ermittlungen durch.
Mit Vormerkungsbescheiden vom 16.03.2006 und vom 02.03.2011 stellte die Beklagte den Versicherungsverlauf des Klägers gemäß § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) VI fest. Im Vormerkungsbescheid vom 16.03.2006 ist (u.a.) ausgeführt, die Zeit vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 sei keine Anrechnungszeit, weil eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen worden sei. Im Vormerkungsbescheid vom 02.03.2011 ist (u.a.) ausgeführt, die Zeit vom 29.06.1984 bis 13.08.1984 könne nicht als Anrechnungszeit vorgemerkt werden, weil sie nicht nachgewiesen sei.
Mit Schreiben vom 07.12.2012 beantragte der Kläger die rentenrechtliche Überprüfung der Zeit des Arbeitslosengeldbezugs ab 14.08.1984. Unter dem 07.01.2013 teilte die Beklagte dem Kläger hierzu mit, gemäß § 252 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI würden Zeiten, für die die Bundesagentur für Arbeit im Zeitraum vom 01.01.1983 bis 31.12.1997 wegen Bezugs von Sozialleistungen Pflichtbeiträge oder Beiträge für Anrechnungszeiten gezahlt habe, als Anrechnungszeiten angerechnet. Die Vormerkung der Beiträge als Pflichtbeitragszeit komme für den angegebenen Zeitraum vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 nicht in Betracht, weil der Kläger an der Beitragszahlung nicht beteiligt gewesen sei.
Am 05.03.2013 beantragte der Kläger die Vormerkung der Zeit vom 22.06.1984 bis 13.08.1984 bzw. vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 als Anschlussersatzzeit (unter entsprechender Teilrücknahme des Vormerkungsbescheids vom 02.03.2011 nach Maßgabe des § 44 SGB X).
Mit Schreiben vom 15.03.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Zeit vom 29.06.1984 bis 10.03.1985 könne als Anschlussersatzzeit nur vorgemerkt werden, wenn für die Zeit des Sozialhilfebezugs vom 29.06.1984 bis 13.08.1984 ein Nachweis des Arbeitsamts vorgelegt werde, dass der Kläger während dieser Zeit arbeitssuchend gemeldet gewesen sei. Der Nachweis könne mit einer Arbeitslosenmeldekarte oder einer entsprechenden Bescheinigung des Arbeitsamts oder einer anderen amtlichen Bescheinigung geführt werden. Eine Bescheinigung über den Sozialhilfebezug genüge nicht.
Unter dem 27.03.2013 trug der Kläger vor, er verstehe nicht, weshalb er zwischen dem 29.06.1984 und dem 13.08.1984 als Arbeitssuchender gemeldet gewesen sein müsse, um die Zeit bis 10.03.1985 als rentenrechtliche Zeit vorgemerkt zu erhalten. Vom 13.08.1984 bis 10.03.1985 habe er als Inhaber eines Vertriebenenausweises A keine Sozialhilfe, sondern Arbeitslosengeld bezogen. Vom 29.06.1984 bis 13.08.1984 sei er zwar "nur" Sozialhilfeempfänger gewesen (Anführungszeichen im Schreiben des Klägers). Man müsse ihm aber eine gewisse Übergangszeit zugestehen. Er sei mit seiner Familie aus U. gekommen (von der anderen Seite des "eisernen Vorhangs") und habe dafür doch ziemlich schnell die Wege der deutschen Bürokratie erkannt und verfolgt.
Mit Bescheid vom 11.04.2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf (teilweise) Rücknahme des Vormerkungsbescheids vom 02.03.2011 und Vormerkung der Zeit vom 21.06.1984 (gemeint wohl: 22.06.1984) bis 10.03.1985 als Anschlussersatzzeit ab. Zur Begründung führte sie aus, die Zeit der Arbeitslosigkeit vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 habe nicht im Folgemonat der Primärersatzzeit begonnen. Der Kläger habe Arbeitslosigkeit während des Sozialhilfebezugs im Zeitraum vom 21.06.1984 (gemeint wohl: 29.06.1984) bis 13.08.1984 nicht nachgewiesen. Der Vormerkungsbescheid vom 02.03.2011 sei daher (insgesamt) rechtmäßig.
Am 10.05.2013 legte der Kläger Widerspruch ein. Er trug vor, nach der Aussiedlung von U. nach Deutschland am 21.06.1984 habe er zunächst Sozialhilfe und sodann als Inhaber eines Vertriebenenausweises A ab 14.08.1984 Arbeitslosengeld bezogen; die Arbeitsverwaltung habe dem Sozialhilfeträger die Sozialhilfezahlungen später rückwirkend erstattet. Die Annahme, er hätte mit dem Tag der Aussiedlung von U. nach Deutschland - ohne Wohnung, Besitz oder Kontakte ins Bundesgebiet - sogleich eine Arbeitsstelle finden können und diese zum 13.08.1984 auch wieder verloren, widerspreche der Lebenserfahrung. Er sei vom Tag der Aussiedlung an arbeitslos gewesen. Das habe seinerzeit für alle Aussiedler aus U. gegolten; bei ihm habe daher der Regelfall vorgelegen. Die ersten 1 ½ Monate in Deutschland habe er gebraucht, um sich zurechtzufinden und sich mit den sozialen Sicherungssystemen in Deutschland vertraut zu machen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit seien Anschlussersatzzeiten, wenn sie sich an die Primärersatzzeit (hier: Ersatzzeit wegen Flucht bzw. Vertreibung am 21.06.1984 (Tag der Aussiedlung nach Deutschland)) anschlössen. Arbeitslosigkeit i. S. § 250 SGB VI setze voraus, dass der Versicherte ohne Arbeit, arbeitswillig und imstande sei, eine seinem Leistungsvermögen entsprechende Arbeit zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Zwischen der Zeit unverschuldeter Arbeitslosigkeit und der Primärersatzzeit müsse ein zeitlicher Zusammenhang bestehen. Das sei der Fall, wenn die Arbeitslosigkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats beginne, der auf den Kalendermonat der Beendigung der Primärersatzzeit (bspw. einer Zeit der Kriegsgefangenschaft) folge. Dann werde unterstellt, dass der Versicherte seit dem auf das Ende der Primärersatzzeit folgenden Tag arbeitslos gewesen sei, es sei denn, Arbeitslosigkeit habe offensichtlich nicht vorgelegen. Die sich an die Primärersatzzeit anschließende unverschuldete Arbeitslosigkeit müsse aber nachgewiesen werden, und zwar regelmäßig durch Arbeitslosenmeldekarte oder eine Bescheinigung des Arbeitsamts bzw. einer anderen Behörde; das gelte jedenfalls dann, wenn der Versicherte bei einem Arbeitsamt als Arbeitssuchender gemeldet gewesen sei. Der Kläger habe nicht angegeben, er sei seinerzeit während des Sozialhilfebezugs auch arbeitslos gemeldet gewesen. Unterlagen hinsichtlich der Arbeitslosigkeit lägen erst für die Zeit ab 14.08.1984 vor. Daher fehle der zeitliche Zusammenhang zwischen der Primärersatzzeit (21.06.1984) und der Zeit der Arbeitslosigkeit. Da der Kläger Sozialhilfe sogleich nach der Übersiedlung nach Deutschland ab 29.06.1984 bezogen habe, hätte er sich auch zumindest noch im Juli 1984 arbeitssuchend melden können. Da er dies unterlassen habe, könnten die Zeiten vom 22.06.1984 bis 13.08.1984 und vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 nicht als Anschlussersatzzeiten vorgemerkt werden.
Am 29.08.2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Zur Begründung verwies er auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren und trug ergänzend vor, während der Zeit des Arbeitslosengeldbezugs (ab 14.08.1984) seien Rentenversicherungsbeiträge abgeführt worden.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids bzw. unter Hinweis auf den Vormerkungsbescheid vom 16.03.2006 entgegen; die Zeit vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 (Arbeitslosengeldbezug) könne mangels Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht als Anrechnungszeit vorgemerkt werden.
Am 28.05.2014 fand die mündliche Verhandlung des SG statt, in der der Kläger angehört wurde. De Kläger gab an, vor der Aussiedlung nach Deutschland habe er nichts vorab klären können. Hierfür habe es keine Informationen gegeben. Er sei mit seiner Familie zunächst nach St. bzw. nach L. zu Verwandten gezogen. Dann habe man ihm gesagt, er solle zur zentralen Aufnahmestelle nach N. gehen. Dort habe er mit seiner Familie in einer Obdachloseunterkunft eine Wohnung bekommen und es sei ihm gesagt worden, er solle sich beim Arbeitsamt anmelden. Zunächst habe er sich bei der Stadt N. wegen Sozialhilfe gemeldet gehabt. Die Anerkennung als Heimatvertriebener (Spätaussiedler) sei später erfolgt. Deshalb sei das Arbeitslosengeld rückwirkend gezahlt worden. Zwischen Juli und Mitte August 1984 habe er die Wohnung eingerichtet und eine Schule bzw. einen Kindergarten für seine Kinder gesucht. Arbeit habe er sich noch nicht suchen dürfen, weil sein Status noch ungeklärt gewesen sei; die Anerkennung als Heimatvertriebener habe noch ausgestanden. Das sei auch im März 1985 noch so gewesen. Das Arbeitsamt habe aber (für die Aufnahme einer Beschäftigung) eine Ausnahme gemacht, weil es seinerzeit für Diplommathematiker viele freie Stellen und kaum Bewerber gegeben habe. Als das Arbeitslosengeld rückwirkend gewährt worden sei, sei sein Status immer noch nicht geklärt gewesen. Die Anerkennung als Heimatvertriebener habe er wohl im November 1985 erhalten. Dann habe das Arbeitsamt nachträglich gezahlt und er habe die Differenz (zu den dem Sozialamt erstatteten Sozialhilfezahlungen) bekommen. Er habe seinerzeit sogleich nach der Aussiedlung arbeiten wollen; deshalb sei er ja nach Deutschland ausgesiedelt. Sein (u.) Diplom als Mathematiker habe noch anerkannt werden müssen. Man habe ihm - seiner Erinnerung nach beim Arbeitsamt - gesagt, er sei nur geduldet und dürfe nicht arbeiten. Es habe dann auch noch Probleme mit der Beschäftigung (ab 11.03.1985) gegeben, weil man sich seinerzeit als Aussiedler mindestens ein Jahr, sogar zwei Jahre, in Deutschland habe aufhalten müssen, bevor man eine Arbeit habe aufnehmen dürfen. Er sei als Akademiker auf dem Arbeitsmarkt aber gebraucht worden, so dass dann alles so geklärt worden sei, dass er habe arbeiten können. Er habe zunächst auch bei Verwandten, die ein Bauunternehmen in St. betrieben hätten, fachfremd arbeiten wollen; er meine, man habe ihm aber gesagt, er dürfe das nicht. Er sei ohne Geld nach Deutschland ausgesiedelt. Man habe damals maximal DM 1.900,00 einlösen dürfen. Davon hätte er mit seiner Familie nicht lange leben können.
Die Beklagte gab an, streitig sei eine Ersatzzeit nach § 250 Nr. 6 SGB VI. Da es auch um den Zeitraum ab 14.08.1984 gehe, ergäben sich entsprechend erhebliche Auswirkungen für die Höhe der Rente des Klägers. Außerdem könne die streitige Zeit für das Erreichen einer Wartezeit von 45 Jahren noch eine Rolle spielen.
Mit Urteil vom 28.05.2014 verurteilte das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 11.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.08.2013, den (Vormerkungs-)Bescheid vom 02.03.2011 abzuändern und die Zeit vom 22.06.1984 bis 10.03.1985 als Anschlussersatzzeit vorzumerken. Zur Begründung führte es aus, gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI seien Ersatzzeiten Zeiten vor dem 01.01.1992 in denen Versicherungspflicht nicht bestanden habe und Versicherte nach vollendetem 14. Lebensjahr vertrieben, umgesiedelt oder ausgesiedelt worden oder auf der Flucht oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen seien, mindestens aber die Zeit vom 01.01.1945 bis zum 31.12.1946, wenn sie zum Personenkreis der §§ 1 bis 4 Bundesvertriebenengesetz (BVG) gehörten. Diese Voraussetzungen seien beim Kläger für die Zeit vom 22.06.1984 bis 10.03.1985 erfüllt. Streitig sei insoweit allein das Vorliegen von Arbeitslosigkeit. Arbeitslos sei gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI, wer unfreiwillig ohne Arbeit, arbeitswillig und arbeitsfähig sei. Die Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt sei nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer Anschlussersatzzeit. Der Versicherte müsse jedoch in der Lage und bereit gewesen sein, jede zumutbare Tätigkeit zum nächstmöglichen Termin aufzunehmen. Der Kläger sei schon während der Zeit ab 22.06.1984 bereit und in der Lage gewesen, eine Arbeitstätigkeit aufzunehmen. Das gehe aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 überzeugend hervor. Danach sei der Kläger mit dem Ziel der Aufnahme einer Berufstätigkeit nach Deutschland ausgesiedelt. Er habe nur deshalb erst ab 11.03.1985 eine Beschäftigung aufgenommen, weil er zunächst angenommen habe, er dürfe (noch) nicht berufstätig sein. Der Kläger habe schlüssig dargelegt, dass man seinerzeit Diplommathematiker auf dem Arbeitsmarkt gesucht habe und dass ihm deshalb die Aufnahme einer entsprechenden Beschäftigung zum 11.03.1985 genehmigt worden sei. Er habe nach seinen glaubhaften Angaben zunächst auch berufsfremd im Baubereich arbeiten wollen, wozu es wegen einer behördlichen Auskunft, wonach er nicht arbeiten dürfe, aber nicht gekommen sei. Da der Kläger mit seiner Familie zur Arbeitsaufnahme nach Deutschland ausgesiedelt sei, keine Kenntnisse des deutschen Sozialsystems gehabt und deshalb angenommen habe, seinen Lebensunterhalt ausschließlich durch Arbeit bestreiten zu können, seien die Angaben des Klägers zur unmittelbar nach der Aussiedlung bestehenden Arbeitswilligkeit und Arbeitsbereitschaft ebenfalls glaubhaft. Der Kläger habe sich nur deshalb erst am 14.08.1984 beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet, weil er erst nach der Aussiedlung erfahren habe, dass die Arbeitslosmeldung sinnvoll sei. Die (späte) Arbeitslosmeldung stelle daher hinsichtlich des Tatbestands der Arbeitslosigkeit keine entscheidende Zäsur dar, bestätige vielmehr lediglich das (durchgehende) Vorliegen von Arbeitslosigkeit i.S.d. § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI. Da die Voraussetzungen einer Anschlussersatzzeit somit bereits ab 22.06.1984 erfüllt gewesen seien, komme es nicht darauf an, ob hinsichtlich der Zeit ab Arbeitslosmeldung am 14.08.1984 ein Anschluss im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI angenommen werden könne.
Gegen das ihr am 10.06.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 09.07.2014 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, man habe den 21.06.1984 als Ersatzzeit aufgrund Vertreibung bzw. Flucht vorgemerkt. Während der Zeit des Sozialhilfebezugs vom 29.06.1984 bis 13.08.1984 sei der Kläger weder bei einem Arbeitsamt arbeitssuchend gemeldet gewesen noch habe er Nachweise darüber vorgelegt, dass er zu dieser Zeit bereit und in der Lage gewesen sei, jede zumutbare Tätigkeit zum nächstmöglichen Termin aufzunehmen. Die Zeit vom 14.08.1984 bis 10.03.1985 könne (wie im Vormerkungsbescheid vom 16.03.2006 festgestellt) nicht als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden, da dadurch eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht unterbrochen worden sei (§ 58 Abs. 2 SGB VI). Die Auslegung des Begriffs "arbeitslos" i.S.d. § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI richte sich nach dem im Zeitpunkt der Beschäftigungslosigkeit geltenden Recht, hier also nach den §§ 101 bis 103 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Danach liege Arbeitslosigkeit vor, wenn der Versicherte sowohl objektiv als auch subjektiv arbeitslos sei. Objektiv arbeitslos seien Versicherte, die vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stünden und auch nicht im Betrieb eines Angehörigen mithelfen würden oder als Selbstständige tätig seien. Subjektiv arbeitslos sei, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine mehr als nur kurzzeitige Beschäftigung (bis 31.12.1985 mindestens 20 Stunden wöchentlich) ausüben könne und dürfe und bereit sei, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben könne. Für die Anerkennung einer entsprechenden Anschlussersatzzeit müsse die (sich an die Primärersatzzeit anschließende) unverschuldete Arbeitslosigkeit nachgewiesen sein. Allerdings sei die Meldung als Arbeitssuchender beim Arbeitsamt nicht unbedingt erforderlich. Es genüge, wenn der Versicherte tatsächlich arbeitslos gewesen sei. Hierfür müsse er geeignete Nachweise, wie Antwortschreiben auf Bewerbungen, einreichen. Die subjektive Arbeitslosigkeit des Klägers während der Zeit vom 22.06.1984 bis 13.08.1984 sei danach nicht ausreichend belegt. Der Kläger habe konkrete Daten über Bewerbungen oder Stellenangebote nicht angegeben. Nach seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung des SG habe er während der streitigen Zeit offenbar keine Arbeit gesucht, vielmehr Sozialhilfe bezogen, eine Wohnung eingerichtet und sich um eine Schule bzw. einen Kindergarten für seine Kinder gekümmert. Von konkreter Arbeitssuche sei nicht die Rede gewesen. In seinem Schreiben vom 27.03.2012 habe der Kläger außerdem angegeben, er sei nur Sozialhilfeempfänger gewesen und man müsse ihm eine gewisse Übergangszeit zugestehen. Auch das zeige, dass er nicht auf Arbeitssuche gewesen sei. Außerdem erscheine es unwahrscheinlich, dass man den Kläger in der zentralen Aufnahmestelle in N. seinerzeit nur auf die Beantragung von Sozialhilfe und nicht auch auf die Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt hingewiesen habe. Für das Vorliegen von Arbeitslosigkeit trage der Kläger die objektive Beweislast. Fehle die Arbeitslosmeldung, müssten ernsthafte und ständige Bemühungen um eine den Kenntnissen und Fähigkeiten des Versicherten entsprechende Arbeitsstelle nachgewiesen werden. Neben den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung komme es auch auf die Eigenbemühungen des Versicherten an. Ernsthafte und fortlaufende Bemühungen um eine Arbeitsstelle, etwa durch Bewerbungsschreiben oder Reaktionen auf Bewerbungen, habe der Kläger nicht nachgewiesen. Angaben des Versicherten in einer mündlichen Verhandlung des SG könnten als Beweismittel für sich allein nicht genügen. Für die Beweisführung gälten strenge Maßstäbe. Das sei gerechtfertigt, weil ein Tatbestand des sozialen Ausgleichs in Rede stehe, nämlich die Zubilligung von Ersatzzeiten, und der Kläger letztlich seit der Übersiedlung nach Deutschland am 21.06.1984 keine berufliche Tätigkeit ausgeübt habe. Der Arbeitswille müsse nach außen dokumentiert sein (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 05.04.2013, - L 14 R 415/10 -, nicht veröffentlicht).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.05.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und verweist auf seine Angaben in der mündlichen Verhandlung des SG. Er habe seinerzeit unmittelbar nach dem Grenzübertritt zunächst im Bauunternehmen von Verwandten als Bauhilfsarbeiter arbeiten wollen, bis er eine Arbeitsstelle als Mathematiker erhalten könne. Insgesamt ergebe sich aus seinem Vorbringen, auch zu den ihm damals erteilten Auskünften hinsichtlich der Möglichkeit bzw. der Berechtigung zur Arbeitsaufnahme, dass er von Anfang an habe arbeiten wollen und nach Arbeit gesucht habe. Die Aufnahme einer Beschäftigung im Bauunternehmen seiner Verwandten sei ihm von den Behörden untersagt worden, weil er (vorerst) nur geduldet gewesen sei. In N. habe er später entgegen ausdrücklicher Anweisungen des Arbeitsamts eine Arbeitsstelle gesucht und mit seinem potentiellen Arbeitgeber sodann beim Arbeitsamt massiv interveniert, bis man ihm eine Ausnahmegenehmigung für die Arbeitsaufnahme erteilt habe. Die Auskünfte des Sozial- und des Arbeitsamts, wonach er mit dem Aufenthaltsstaus der Duldung vor Ablauf eines Jahres nicht arbeiten dürfe, müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Dass er sich beim Arbeitsamt arbeitssuchend melden könne und auch müsse, habe man ihm damals nicht gesagt. Insgesamt sei er nicht richtig beraten worden. Hätte man ihm bei der zentralen Aufnahmestelle in N. gesagt, er müsse nicht nur zum Sozialamt, sondern auch zum Arbeitsamt gehen, hätte er das selbstverständlich getan.
Der Kläger hat auf Anfrage des Berichterstatters ergänzend vorgetragen, er sei seinerzeit unmittelbar nach dem Grenzübertritt zu den Verwandten, die U. bereits nach dem Zweiten Weltkrieg verlassen hätten, nach St. gereist und habe sich dort mit seiner Familie fünf Tage lang aufgehalten. Seine Verwandten seien darüber allerdings nicht erfreut gewesen und hätten ihm nahe gelegt, wieder nach U. zurückzukehren. Einer der Verwandten, G. R., habe ein (im Jahr 2009 aufgelöstes) kleines Bauunternehmen mit fünf Mitarbeitern, spezialisiert auf Wandputzarbeiten, betrieben. G. R. habe nicht gewollt, dass er in seinem Betrieb arbeite und ihm ebenfalls die Rückkehr nach U. angeraten. Er habe hierfür rechtliche Probleme, wie eine fehlende Arbeitserlaubnis, vorgeschoben. Auf seine dringliche Bitte nach mehr Informationen zu Arbeitsmöglichkeiten sei G. R. mit ihm und seiner Familie am Folgetag nach der Ankunft in Deutschland zu einer Behörde in St. gefahren. Dort habe man ihm geraten, sofort nach B. zu fahren; dort wäre er "besser dran". So sei er mit seiner Familie nach fünf Tagen in St. nach N. gekommen. Nach diesen Ereignissen habe er zu den St. Verwandten über Jahre keinerlei Kontakt mehr gehabt; G. R. sei vor ca. 15 Jahren verstorben. In N. habe er sich mit seiner Familie auf dem Sozialamt gemeldet und zunächst eine Duldung in B. bekommen. Im Übergangswohnheim habe er zufällig von anderen Heimbewohnern erfahren, dass er sich zusätzlich auch beim Arbeitsamt melden solle. Darüber habe man ihn auf dem Sozialamt nicht informiert; entsprechende Merkblätter habe er nicht bekommen. Er habe sich sodann am 23.08.1984 auf dem Arbeitsamt in N. gemeldet. Dort habe man ihm gesagt, mit einer Duldung, seinem damaligen Aufenthaltsstatus, dürfe er sich erst nach zwei Jahren Aufenthalt Arbeit suchen. Als Mathematiker sei er zur für Akademiker zuständigen Abteilung des Arbeitsamts N. überstellt worden. Diese habe für 100 freie Arbeitsstellen für Mathematiker nur zwei Bewerber gehabt und ihm deshalb ausnahmsweise erlaubt, auf Stellensuche gehen und sich bewerben zu dürfen. Das Arbeitsamt habe ihm auch bei der Zusammenstellung der Bewerbungsunterlagen geholfen. Er habe sich sodann auf mehrere Zeitungsinserate beworben und bei der Firma K. H. GmbH in F. angefangen, wo er 13 Jahre in der EDV-Abteilung als Mathematiker beschäftigt gewesen sei. Er habe bei diesem Unternehmen am 11.03.1985 angefangen. Im Oktober 1984 seien die Vertriebenenausweise für ihn und seine Familie ausgestellt worden und man habe die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen können. Das Thema "Duldung" bzw. "Arbeitserlaubnis" sei damit erledigt gewesen. Er sei bis 01.11.2014 berufstätig gewesen und sodann erkrankt; seitdem sei er arbeitslos.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Streitgegenstand des Klage- und des Berufungsverfahrens ist die Vormerkung einer Anschlussersatzzeit - anschließend an die anerkannte primäre Ersatzzeit wegen Vertreibung bzw. Flucht am 21.06.1984 - vom 22.06.1984 bis 10.03.1985 unter entsprechender Abänderung (Teilrücknahme) des Vormerkungsbescheids vom 02.03.2011 nach Maßgabe des § 44 SGB X. Die Beklagte hat dies mit Bescheid vom 11.04.2013 (Widerspruchsbescheid vom 22.08.2013) zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X sind nicht erfüllt. Der genannte Vormerkungsbescheid ist - soweit er Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist - rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vormerkung der Zeit vom 22.06.1984 bis 10.03.1985 als Anschlussersatzzeit.
Gem. 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI sind Ersatzzeiten Zeiten vor dem 1. Januar 1992, in denen Versicherungspflicht nicht bestanden hat und Versicherte nach vollendetem 14. Lebensjahr vertrieben, umgesiedelt oder ausgesiedelt worden oder auf der Flucht oder im Anschluss an solche Zeiten wegen Krankheit arbeitsunfähig oder unverschuldet arbeitslos gewesen sind, mindestens aber die Zeit vom 1. Januar 1945 bis zum 31. Dezember 1946, wenn sie zum Personenkreis der §§ 1 bis 4 des BVG gehören. Mit der Zuerkennung von (beitragsfreien - § 54 Abs. 4 SGB VI) Ersatzzeiten und Anschlussersatzzeiten soll dem Versicherten aus sozialen Gründen Ersatz für solche Zeiten gewährt werden, in denen es ihm aufgrund einer Opferlage oder wegen eines Eingriffs "von hoher Hand" regelmäßig nicht möglich war, Beiträge - insbesondere Pflichtbeiträge - zu leisten (Bundessozialgericht (BSG), Urt. v. 08.11.1995, - 13 RJ 33/94 -, in juris).
Gem. § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI ist Ersatzzeit neben der primären Ersatzzeit (der Vertreibung, Umsiedlung oder Aussiedlung) auch die (so genannte) Anschlussersatzzeit. Anschlussersatzzeit ist die sich an die primäre Ersatzzeit anschließende Zeit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit oder unverschuldeter Arbeitslosigkeit. Zwischen der primären Ersatzzeit und der Anschlussersatzzeit muss ein zeitlicher Zusammenhang bestehen. Ein völlig nahtloser Anschluss der Anschlussersatzzeit an die primäre Ersatzzeit ist aber nicht erforderlich. Feste Regeln für die Annahme des zeitlichen Zusammenhangs zwischen primärer Ersatzzeit und Anschlussersatzzeit gibt es nicht. Maßgeblich sind die Besonderheiten des Einzelfalls (BSG, Urt. v. 04.05.1976, - 1 RA 49/75 -, in juris).
Der Begriff der Arbeitslosigkeit i. S. d. § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI ist unter Berücksichtigung der besonderen Erfordernisse der Rentenversicherung dem Recht der Arbeitslosenversicherung zu entnehmen, das zur Zeit der Arbeitslosigkeit galt (KassKomm/Gürtner, SGB VI § 250 Rdnr. 56, BSG, Urt. v. 10.09.1997, - 5 RJ 10/96 -, in juris), hier also den §§ 101 bis 103 AFG. Danach ist arbeitslos, wer unfreiwillig ohne Arbeit, arbeitswillig und arbeitsfähig ist. Die Meldung beim Arbeitsamt ist nicht erforderlich (BSG, Urt. v. 30.01.1969, - 5 RKn 133/65 -, in juris). Der Versicherte muss objektiv in der Lage und subjektiv ernstlich bereit gewesen sein, jede zumutbare Tätigkeit zum nächstmöglichen Termin aufzunehmen. Arbeitslosigkeit in diesem Sinne liegt nicht immer schon dann vor, wenn der Versicherte im Anschluss an die primäre Ersatzzeit unverschuldet ohne Arbeit war. Hinzukommen muss, dass er zumutbar alles getan hat, um die Zeit der Erwerbslosigkeit ehestmöglich durch Aufnahme einer rentenversicherungspflichtigen, wieder Rentenanwartschaften begründenden Beschäftigung oder Tätigkeit zu beseitigen und so den Tatbestand wieder entfallen zu lassen, für den die Versichertengemeinschaft durch Zubilligung einer - beitragsfreien - Ersatzzeit einzutreten genötigt wäre (BSG, Urt. v. 29.08.1984, - 1 RA 73/83 -, in juris).
Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Ersatzzeit oder einer Anschlussersatzzeit sind nachzuweisen. Es gilt das Beweismaß des Vollbeweises. Glaubhaftmachung genügt nicht. Die objektive Beweislast trägt der Versicherte. Der Nachweis von Arbeitslosigkeit i. S. d. § 250 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI kann durch alle zulässigen und geeigneten Beweismittel geführt werden (vgl. BSG, Urt. v. 29.11.1978, - 5 RKn 24/77 -, in juris).
Davon ausgehend hat die Beklagte die Vormerkung einer Anschlussersatzzeit wegen Arbeitslosigkeit vom 22.06.1984 bis 10.03.1985 (unter entsprechender Abänderung bzw. Rücknahme des Vormerkungsbescheids vom 02.03.2011) zu Recht abgelehnt. Als primäre Ersatzzeit (wegen Vertreibung bzw. Flucht) ist zutreffend der 21.06.1984 anerkannt bzw. vorgemerkt. Hierüber streiten die Beteiligten nicht. Unstreitig ist auch, dass der Kläger ab 14.08.1984 bis zur erstmaligen Aufnahme einer Beschäftigung im Bundesgebiet zum 11.03.1985 (im Rechtssinne) arbeitslos gewesen ist; er hatte sich am 14.08.1984 beim Arbeitsamt N. arbeitssuchend gemeldet und ab diesem Tag Arbeitslosengeld bezogen. Dass der Kläger auch in der Zwischenzeit - vom 22.06.1984 bis 13.08.1984 - im vorstehend beschriebenen Sinne arbeitslos gewesen ist, er sich während dieser Zeit namentlich um die Aufnahme einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung hinreichend bemüht, also eine Arbeitsstelle gesucht hat, ist zur Überzeugung des Senats indessen nicht nachgewiesen; das geht zu Lasten des hierfür die objektive Beweislast tragenden Klägers. Es fehlt daher am zeitlichen Zusammenhang zwischen der primären Ersatzzeit und der als Anschlussersatzzeit geltend gemachten Zeit der Arbeitslosigkeit, weshalb sowohl die Zeit ab 14.08.1984 als auch die davor liegende Zeit (zurück) bis zum 22.06.1984 als Anschlussersatzzeit nicht anerkannt werden kann. Der Senat hat alle hierfür maßgeblichen Umstände gewürdigt und den Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2015 ergänzend angehört. Weitere Ermittlungen drängen sich dem Senat nicht auf und sind auch nicht beantragt worden.
Der Senat verkennt nicht, dass es nach der Aussiedlung regelmäßig einer gewissen Übergangszeit bedarf, während der sich der (Spät-)Aussiedler mit den Verhältnissen in Deutschland, insbesondere was den Arbeitsmarkt und die Aufnahme einer Beschäftigung angeht, vertraut machen muss, und dass sich eine etwaige Anschlussersatzzeit nicht nahtlos an die primäre Ersatzzeit anzuschließen hat. Hier liegt zwischen der primären Ersatzzeit - dem 21.06.1984 - und der Zeit der (unstreitig feststehenden) Arbeitslosigkeit ab 14.08.1984 aber ein Zeitraum von knapp 2 Monaten (53 Tage), was den erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen primärer Ersatzzeit und Anschlussersatzzeit nach Auffassung des Senats auch unter Würdigung der Einzelfallumstände unterbricht.
Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats nicht dartun können, dass er sich nach der Aussiedlung nach Deutschland am 21.06.1984 schon vor der Meldung als Arbeitssuchender am 14.08.1984 hinreichend um die Aufnahme einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung bemüht hat. Er hat erst mit der Arbeitslosmeldung am 14.08.1984 und damit knapp 2 Monate nach der Aussiedlung die Suche nach einer Arbeitsstelle nach außen kundgetan. Zuvor hat er Sozialhilfe bezogen. Tatsachen, die während der Zeit des Sozialhilfebezugs (zwischen dem 29.06.1984 und dem 13.08.1984) das Bemühen um die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung hinreichend sicher hervortreten lassen, sind nicht festgestellt. Der Kläger ist nach seinem Vorbringen bis zur Meldung als Arbeitsuchender Mitte August 1984 während der ersten knapp 2 Monate seines Aufenthalts in Deutschland damit beschäftigt gewesen, eine Wohnung für sich und seine Familie einzurichten und sich um Schule und Kindergarten für seine Kinder zu kümmern. Irgendwelche Belege für eine gleichzeitig betriebene Arbeitsuche, wie Bewerbungsschreiben oder darauf erfolgte Absagen potentieller Arbeitgeber, hat der Kläger nicht vorgelegt. Er hat vielmehr im Gegenteil vorgetragen, seinerzeit gerade noch nicht auf Arbeitsuche gewesen zu sein, weil er der Auffassung gewesen sei, dass er sich eine Arbeitsstelle wegen seines noch ungeklärten Aufenthaltsstatus nicht suchen dürfe. Das trifft so jedoch nicht zu. Dass das Verwaltungsverfahren zur Anerkennung als Vertriebener naturgemäß eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, steht der Aufnahme zeitnaher Bemühungen um Arbeit - für die Zeit spätestens nach Anerkennung als Heimatvertriebener - im Anschluss an die Aussiedlung nicht entgegen. Dass man dem Kläger dies durch entsprechende behördliche Auskünfte untersagt und ihn von der Arbeitssuche dadurch abgehalten hätte, ist zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen. Der Kläger hat sich auch während des nur 5 Tage dauernden Aufenthalts bei Verwandten in St. nicht ernsthaft um eine Arbeitsstelle bei seinem Verwandten G. R., einem Bauunternehmer, bemüht, nachdem ihn dieser offensichtlich nicht hatte beschäftigen wollen und ihm die Rückkehr nach U. nahe gelegt hatte. Außerdem ist dieser Sachverhalt erst in der mündlichen Verhandlung des SG am 28.05.2014, nicht jedoch, was nahe gelegen hätte, schon zuvor im Verwaltungsverfahren, etwa zur Begründung des am 10.05.2013 eingelegten Widerspruchs, und auch noch nicht zur Begründung der am 29.08.2013 erhobenen Klage geltend gemacht worden. Der Kläger ist ersichtlich selbst davon ausgegangen, dass der kurzzeitige Kontakt zu seinem Verwandten G. R. während des nur wenige Tage dauernden Aufenthalts in Stuttgart nicht als Arbeitssuche im eigentlichen Sinn eingestuft werden kann.
Da der Nachweis der für die Vormerkung einer Anschlussersatzzeit vom 22.06.1984 bis 10.03.1985 notwendigen Tatsachen bzw. der entsprechenden Unrichtigkeit des Vormerkungsbescheids vom 02.03.2011 nicht geführt ist, muss es insoweit bei den Feststellungen des genannten Vormerkungsbescheids bleiben. Das angefochtene Urteil kann im Berufungsverfahren nicht Bestand behalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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