S 81 KR 3690/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
81
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 3690/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.412,27 EUR zu zahlen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Krankenhausbehandlungskosten.

Das 1996 geborene Kind S. S. wurde auf Verordnung der Ärztin für Kinderheilkunde W. in die D-Kliniken, die in Trägerschaft der Klägerin stehen, eingewiesen. Auf dem Verordnungsformular gab die Vertragsärztin W. als Krankenkasse der Versicherten die AOK Berlin an.

S. war tatsächlich jedoch im Rahmen einer Familienversicherung über ihren Vater bei der beklagten Krankenkasse versichert. Es erfolgte eine Krankenhausbehandlung in der Zeit vom 29. Juli 1996 bis zum 6. August 1996. Die Klägerin übersandte der AOK Berlin eine Rechnung vom 20. Januar 1997 über 4.718,00 DM (2.412,27 EUR).

Nachdem die AOK Berlin eine Zahlung entsprechend dieser Rechnung mit der Begründung abgelehnt hatte, dass das Kind S. nicht bei ihr versichert sei, erwirkte die Klägerin einen Titel gegen die Mutter des Kindes S.

Im Rahmen eines Vollstreckungsversuchs ergab sich, dass die Mutter des Kindes S. nicht fürsorge- und erziehungsberechtigt für das Kind ist und entsprechend nicht Schuldnerin der Klägerin für die hier streitige Forderung ist.

Im Zusammenhang mit der Vollstreckungsmaßnahme erfuhr die Klägerin im Dezember 2001, dass S. bei der Beklagten versichert ist.

Die Beklagte lehnte eine Zahlung unter Erhebung der Verjährungseinrede ab.

Mit der am 15. Dezember 2001 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin die Zahlung der Behandlungskosten weiter.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.412,27 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass auf der Grundlage des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. Juni 1999, B 3 KR 6/99 R, zwar von einer vierjährigen Verjährungsfrist gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) auszugehen sei. Sie ist der Auffassung, dass dann nach § 41 SGB I und der Bundespflegesatzverordnung die Verjährung für jeden Pflegesatz mit dem Tag beginne, der auf dem Behandlungstag folgt.

Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte - S 81 KR 3690/01 - sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit dem am 1. Januar 1994 in Kraft getretenen Vertrag über die Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung (Kranken- hausbehandlungsvertrag, KBV). Die Beteiligten sind jeweils Mitglied der an diesem Vertrag beteiligten Verbände, sodass der Vertrag gemäß § 112 Abs. 2 Satz 2 SGB V für die Beteiligten verbindlich ist.

Der Zahlungsanspruch ist auch nicht verjährt. Soweit das BSG in dem Urteil vom 17. Juni 1999 dargelegt hat, dass nach § 61 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch nicht ergänzend auf das Bürgerliche Gesetzbuch, sondern vorrangig auf das SGB I abzustellen war, findet diese Rechtsprechung seit dem 1. Januar 2000 keine Anwendung mehr auf die Beziehungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen.

§ 69 SGB V findet hier in der durch das Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I 2626) geänderten Fassung Anwendung (Artikel 22 Abs. 5 des Gesundheitsreformgesetzes 2000). Nach § 69 Satz 2 SGB V werden die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend im Vierten Kapitel SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sowie den hierzu erlassenen Rechtsverordnungen geregelt.

Eine gesetzliche Regelung zur Verjährung von Forderungen eines Krankenhauses gegenüber einer Krankenkasse findet sich in §§ 63, 64 und im Vierten Kapitel SGB V nicht. Die Bundespflegesatzverordnung - BPflV - (auf der Grundlage des KHG ergangene Rechtsverordnung vom 26. September 1994, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Oktober 2001, BGBl. I S. 2702) enthält hier gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 8 BPflV keine Regelung, weil die Beteiligten Vertragsparteien des KBV sind.

Auch der KBV selbst enthält keine Regelung der Verjährungsfrage.

Für Rechtsbeziehungen nach § 69 Satz 2 SGB V gelten, soweit sich aus den in § 69 Satz 2 SGB V in Bezug genommenen Vorschriften keine eindeutige Regelung entnehmen lässt, nach § 69 Satz 3 SGB V im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem Vierten Kapitel SGB V vereinbar sind.

§ 196 Abs. 1 Nr. 11 BGB in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung (Artikel 229 § 6 Einführungsgesetz zum BGB) sieht eine zweijährige Verjährung von Ansprüchen der öffentlichen Anstalten, welche der Heilung dienen, sowie der Inhaber von Privatanstalten solcher Art für Gewährung von Verpflegung oder Heilung und für die damit zusammenhängenden Aufwendungen vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Anwendung dieser Vorschrift dem Gedanken von § 70 SGB V oder den Vorgaben des Vierten Kapitels SGB V widerspricht.

Das BSG hat in der Entscheidung vom 17. Juni 1999 offen gelassen, welcher Zeitpunkt für den Verjährungsbeginn gemäß § 45 SGB V maßgeblich war. Die Verjährung beginnt nach Auffassung der Kammer hier gemäß § 198 Satz 1 in Verbindung mit § 201 BGB mit Ablauf des Jahres der Entstehung des Anspruchs.

Nach Auffassung der Kammer entsteht der Anspruch des Krankenhauses auf Zahlung der Behandlungskosten im Sinne von § 198 Satz 1 BGB mit der Fälligkeit der Zahlung nach dem KBV, weil erst dann ein Anspruch geltend gemacht werden kann (im Ergebnis so auch allgemein zum Verjährungsbeginn Grothe in Münchener Kommentar - BGB - 4. Auflage, § 198 Rdnr. 1). Vorliegend konnte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine Begleichung des Rechnungsbetrages ohne Übersendung der Rechnung nach § 12 Abs. 4 KBV nicht verlangen. Zu einem anderen Ergebnis führt hier auch nicht die Regelung in § 12 Abs. 1 KBV, nach welcher die Rechnung in der Regel innerhalb von 30 Tagen nach Beendigung der Krankenhausbehandlung zu übersenden ist. Grundsätzlich kommt es für die Verjährung im Hinblick auf eine Abrechnung - wenn die Fälligkeit daran geknüpft ist - nicht darauf an, wann diese hätte erteilt werden müssen (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. Dezember 1990, BGHZ 113, 188 [195]).

Im Hinblick auf die im Jahr 2001 bei der Beklagten eingegangene Rechnung und die ebenfalls im Jahr 2001 erhobene Klage ist die mit der Klage geltend gemachte Forderung nicht verjährt.

Die Kammer sieht auch keine Anhaltspunkte für eine Verwirkung des Anspruchs durch die Klägerin. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dass ein Anspruch auch in Zukunft nicht geltend gemacht wird (vgl. Heinrichs in Palandt, 60. Auflage, § 242 Rdnr. 87). Neben dem Zeitablauf ist insoweit eine Untätigkeit des Berechtigten erforderlich. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin seit 1997 versucht hat, eine Zahlung der AOK Berlin und später der Mutter des Kindes S. durchzusetzen, ist eine solche Untätigkeit hier nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved