L 4 KR 29/98

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 7 KR 85/97
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 KR 29/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. August 1998 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 1997, in der Fassung des Anerkenntnisses vom 29. Juni 1999 insoweit aufgehoben, als mit ihm von dem Kläger ab 15. Juni 1995 ein monatlicher Beitrag zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung von mehr als 93,52 Euro (182,92 DM) gefordert wird. Der Bescheid vom 21. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 1997, in der Fassung des Anerkenntnisses vom 29. Juni 1999 wird insoweit aufgehoben, als mit ihm von dem Kläger für den Zeitraum vom 15. Juni 1995 bis 31. Oktober 1995 ein 420,88 Euro (823,18 DM) übersteigender Betrag für Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gefordert wird. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten und eine Betragsforderung für die Zeit vom 15. Juni 1995 bis 31. Oktober 1995 streitig.

Der am ... 1960 geborene Kläger beantragte am 22. Juli 1993 bei der Landesversicherungsanstalt Brandenburg - LVA - die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Rente wegen Invalidität nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets. Der Rentenantrag des Klägers wurde mit Bescheid vom 17. November 1994 abgelehnt, ein hiergegen erhobener Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 1995 zurückgewiesen. Ein anschließendes Klageverfahren hiergegen vor dem Sozialgericht Potsdam, Az.: S 4 R 238/95 endete am 24.11.1995 durch Klagerücknahme.

Eine Meldung des Klägers zur Krankenversicherung der Rentner - KVdR – ging bei der Beklagten am 28. Juli 1993 ein.

Mit Bescheid vom 15. Juli 1994 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Mitgliedschaft als Rentenantragsteller ab 21. April 1994 bestünde und er einen monatlichen Beitrag in Höhe von 161,25 DM zu leisten habe.

Vom 06. März 1995 bis zu seiner Entlassung am 01. November 1995 befand sich der Kläger in Strafhaft in der JVA Brandenburg und während der gesamten Haftzeit in stationärer Behandlung in der Bettenabteilung der JVA.

In der Zeit vom 16. Juni 1994 bis 13. April 1995 bezog der Kläger Arbeitslosengeld von der Beigeladenen zu 2).Die Beigeladene zu 2) stellte die Zahlung zum 14. April 1995 ein und hao die Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 21. April 1995 ab 06. März 1995 auf. Ein Neuantrag des Klägers ab Leistungseinstellung wurde von der Beigeladenen zu 2) abgelehnt.

Mit Bescheid vom 13. Juli 1995 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er ab 14. April 1995 als Rentenantragsteller Mitglied bei ihr sei, ein Beitrag in Höhe von DM 187,65 zu leisten habe und eine Beitragsforderung für die Zeit vom 14. April 1995 bis 30. Juni 1995 in Höhe von 481, 64 DM auszugleichen sei.

Die Beklagte machte mit Schrieben vom 12. September 1995 unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 13. Juli 1995 einen Beitragsrückstand für den Zeitraum vom 14. April 1995 bis 31. August 1995 für zu leistende Beiträge für die Krankenversicherung von monatlich 174,15 DM und für die Pflegeversicherung in Höhe von 13,50 DM gegenüber dem Kläger geltend. Nachdem die damalige Lebensgefährtin des Klägers der Beklagten den Haftaufenthalt des Klägers mitgeteilt hatte, bat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 21. November 1995 nach Entlassung aus der JVA sich mit ihr in Verbindung zu setzen und machte einen Beitragsrückstand in Höhe von insgesamt 1419,89 DM für Beiträge für den Zeitraum vom 14. April 1995 bis 30. November 1995 mit einer Zahlungsfrist bis zum 30. November 1995 geltend. Mit Schreiben vom 05. Dezember 1999 sandte die Beklagte eine Tilgungsvereinbarung an den Kläger, die dieser unterzeichnet zurücksandte. Mit dieser erkannte der Kläger die Forderung der Beklagten aus der Versicherung als Rentenantragsteller für die Zeit vom 14. April 1995 bis 30. November 1995 in Höhe von 1419,89 DM an.

Mit einem bei der Beklagten am 27. Dezember 1995 eingegangenen, als "Widerspruch" bezeichneten Schreiben vom 22. Dezember 1995 machte der Kläger geltend, dass er sich gezwungen sehe, die geforderte Summe nicht zu zahlen. Da er der Zeit vom 14. April 1995 bis 30. November 1995 kein Einkommen gehabt habe und in der JVA versichert gewesen sei, müsse er nicht zahlen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 1997 wies die Beklagte einen Widerspruch des Klägers vom 22. Dezember 1995 zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass Rentenantragsteller gem. § 189 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V – als Mitglieder gelten würden. Aufgrund des gestellten Rentenantrages vom 22. Juli 1993 sei der Kläger beitragspflichtiger Rentenantragssteller. Die Beitragsbemessung ergebe sich aus der Satzung und § 239 Satz 1 SGB V. Dies Voraussetzungen für eine Beitragsfreiheit nach § 225 SGB V lägen nicht vor. Eine Inhaftierung oder nicht vorhandenes Einkommen würden keinen Tatbestand der beitragsfreien Mitgliedschaft erfüllen. Mit dem Widerspruchsbescheid wurde eine Beitragsforderung von insgesamt 1232,24 DM geltend gemacht.

Am 03. November 1997 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 1997 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben. Er habe kein Einkommen gehabt und sei auch in der JVA Brandenburg versichert gewesen. Er habe bis zum 14. April 1995 vom Arbeitsamt Leistungen nach § 105 AFG bezogen, diese seien ohne Aufhebungsbescheid eingestellt worden. Aus diesem Grunde laufe eine Klage. Er sei am 01. November 1995 vorzeitig aus der Haft entlassen worden.

Der Kläger, der nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war, hat im sozialgerichtlichen Verfahren seinen Entlassungsschein der JVA Brandenburg vom 01. Dezember 1995 eingereicht und Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26. August 1998 beantragt,

den Bescheid vom 13. Juli 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 1997 aufzuheben.

Die Beklagte hat vor dem Sozialgericht beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Ausführungen mit dem Widerspruchsbescheid verwiesen. Die Beitragserhebung rechtfertige sich aus dem Umstand, dass der Kläger am 22. Juli 1993 einen Rentenantrag gestellt habe und die Haftstrafe keine Entbindung von der Beitragserhebung bewirke. § 16 SGB V bestimme nur ein Ruhen der Leistungen bei Aufenthalt in einer JVA.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 26. August 1998 den Bescheid vom 13. Juli 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 1997 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, dass der Beitragsanspruch ruhe. Dieses ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 4 SGB V. Der Kläger, der in der streitigen Zeit unzweifelhaft Rentenantragsteller gewesen und nach § 189 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch mit dem Tag der Stellung des Rentenantrages Mitglied der Beklagten geworden sei, wäre nach § 239 Satz 1 SGB V, 223 Abs. 1 SGB V zur Zahlung von Beiträgen auch verpflichtet, wenn er in diesem Zeitraum nicht eine Straftat hätte verbüßen müssen. Ein Ruhen des Anspruchs auf Erhebung der Beiträge sei auch gesetzlich nicht bestimmt. Diese planwidrige Gesetzeslücke sei durch eine entsprechende Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 4 SGB V zu schließen, da andernfalls das Prinzip der Leistung und Gegenleistung nicht eingehalten werden könne.

Gegen das ihr am 09. Oktober 1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Oktober 1998 Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 27. November 1998 ist die AOK für das Land Brandenburg (Pflegekasse) und die Bundesanstalt für Arbeit zum Rechtsstreit beigeladen worden.

Nachdem sich die Beigeladene zu 2) im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs am 29. März 1999 in einem Rechtsstreit vor dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg (Az. L 7 AL 6/98) des Klägers gegen sie die Beigeladene zu 2) verpflichtete hatte, dem Kläger ab 06. März 1995 für 87 Tage Arbeitslosengeld zu gewähren und dem Kläger für den Zeitraum vom 06. März 1995 bis 14. Juni 1995 Arbeitslosengeld und Beiträge zur Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Rentenversicherung nachgezahlt worden sind, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 29. Juni 1999 ausgeführt, dass sie eine Beitragsforderung gegenüber dem Kläger nur noch für die Zeit vom 15. Juni 1995 bis 31. Oktober 1995 in Höhe von 850,68 DM geltend mache und durch die Nachzahlung der Beigeladenen zu 2) eine Vorrangversicherung bis zum 14. Juni 1995 eingetreten sei.

Sie trägt vor, dass die Verbüßung einer Strafhaft mit der Folge des § 16 Abs. 1 Nr. 4 SGB V nicht das Ruhen des Beitragsanspruches bewirke. Beiträge und Versicherungsleistungen stünden nicht in einer Äquivalenz zueinander, sondern die Beitragszahlungspflicht des Klägers entstehe kraft Gesetzes im Sinne der §§ 239 Satz 1, 223 Abs.1 SGB V. Es bestünde auch keine planwidrige Gesetzeslücke. Eine Beitragsermäßigung oder eine Beitragsfreiheit für Zeiten, in denen der Anspruch auf Leistungen wegen § 16 Abs. 1 SGB V ruhe, sei nicht vorgesehen und auch nicht beabsichtigt. Das Ruhen von Ansprüchen nach § 16 Abs. 1 SGB V betreffe nicht den Bestand als solches. Mit § 16 Abs. 1 Nr. 4 SGB V sollten die Systembezüge der gesetzlichen Krankenversicherung und die des Strafvollzuges aufeinander abgestimmt werden mit dem Ziel, durch die Ruhenswirkung Doppelleistungen zu vermeiden und den jeweils vorrangigen Leistungsbereich festzulegen.

Es sei zwar zutreffend, dass der Kläger dem Grunde nach im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 4 SGB V das Recht gehabt habe, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Ein Antrag sei in der Frist von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht nicht erfolgt. Mangels anderslautenden Antrages des Klägers habe sie davon ausgehen müssen, dass das maßgebliche Interesse des Klägers darin bestanden habe, den Krankenversicherungsschutz weiter aufrecht zu erhalten. Aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Versicherten habe die Beklagte nicht unterstellen können, dass die Wahrnehmung des Rechts des Klägers auf Beantragung der Befreiung von der Versicherungspflicht offensichtlich so zweckmäßig gewesen sei, dass er dieses Recht mutmaßlich nutzen wollte, um sozialrechtliche Nachteile im Hinblick auf die Entstehung der Beitragszahlungspflicht für den Rentenantragsstellungszeitraum für die Zeit vom 15. Juni 1995 bis 31. Oktober 1995 zu vermeiden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. August 1998 abzuändern und

die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28. August 2002 erklärt, dass er das Teilanerkenntnis der Beklagten mit Schriftsatz vom 29. Juni 1999 annimmt. Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor, dass für ihn nach § 8 Abs. 1 Ziffer 4 SGB V die Möglichkeit bestanden habe, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Die Beklagte habe ihn nicht auf diese Befreiungsmöglichkeit hingewiesen. Es bestünde ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch.

Die Beigeladene zu 1) hat sich nicht zum Rechtsstreit geäußert, die Beigeladene zu 2) hat sich den Ausführungen der Beklagten angeschlossen.

Die Beklagte hat eine Satzung vom 08. Oktober 1991 in der Fassung des 10. Nachtrages vom 09. März 1995 und die Beigeladene zu 1) eine Satzung vom 08. Dezember 1994 in der Fassung des 3. Nachtrages vom 18. Dezember 1996 zur Gerichtsakte gereicht.

Der Senat hat eine Auskunft der Justizvollzugsanstalt Brandenburg vom 18. Februar 1999eingeholt und die Verwaltungsakte der Beklagten und der Landesversicherungsanstalt Brandenburg (3 Bände) mit ärztlichem Aktenteil beigezogen. Zum Verfahren waren zeitweise die Streitakten aus dem Rechtsstreit vor dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg L 7 AL 6/98 mit der Leistungsakte der Beigeladenen zu 2) und die Akte aus dem Rechtsstreit S 4 R 238/95 beigezogen.

Wegen des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheiden und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung geworden sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil vom 26. August 1998, ihr zugestellt am 09. Oktober 1998, ist statthaft und zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. August 1998, mit dem der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 1997 aufgehoben worden ist und nach dem Klagebegehren des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren die Mitgliedschaft bei der Beklagten und die Beitragspflicht, soweit der Rechtsstreit nicht durch das angenommene Teilanerkenntnis vom 29. Juni 1999 erledigt ist. Damit ist nach dem Vorbringen des Klägers im Vorverfahren, Klageverfahren und Berufungsverfahren auch die mit Bescheid vom 21. November 1995 von der Beklagten geltend gemachte Beitragsforderung streitig, soweit sich der Rechtsstreit nicht durch das angenommene Teilanerkenntnis erledigt hat.

Der Kläger hat im sozialgerichtlichen Verfahren mit Klageerhebung geltend gemacht, dass er sich gegen die Beitragsforderung der Beklagten wehre. Er hat mit der Klageschrift nicht geltend gemacht, dass er die Feststellung der Beklagten zur Mitgliedschaft ab 14. April 1995 mit Bescheid vom 13. Juli 1995 anfechten wolle. Erst im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26. August 1998 hat er mit dem Antrag, den die Mitgliedschaft ab 14. April 1995 feststellenden Bescheid vom 13. Juli 1995 aufzuheben auch das Mitgliedschaftsverhältnis in Frage gestellt. Dabei hat er sein Klagebegehren im Übrigen aber nicht beschränkt. Zuvor, nämlich mit dem bei der Beklagten am 22. Dezember 1995 eingegangenen Schreiben hat der Kläger sich gegen die Tilgungsvereinbarung vom 05. Dezember 1995 gewandt und ausgeführt, dass er nicht bereit sei, die geforderte Summe zu zahlen. Damit hat der Kläger auch mit seinem als Widerspruch bezeichneten Schreiben gegen die Beitragsforderung der Beklagten, die diese mit Bescheid vom 21. November 1995 für den Zeitraum vom 14. April 1995 bis 30. November 1995 in Höhe von insgesamt 1419,89 DM geltend gemacht hat, erhoben. Bei diesem Schreiben handelte es sich auch, anders als bei dem mit dem Widerspruchsschreiben genannten Schreiben vom 05. Dezember 1995 um einen Verwaltungsakt gemäß § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - da die Beklagte hiermit eine Regelung des Einzelfalles, nämlich zur Beitragspflicht des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab 14. April 1995 gegenüber dem Kläger getroffen hat.

Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 1997 einen Widerspruch gegen die ab 14. April 1995 eingetretene Beitragspflicht zurückgewiesen, und die Forderung auf DM 1232,24 und damit in Abänderung des Bescheides vom 21. November 1995 reduziert und damit auch über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. November 1995 entschieden.

Das Sozialgericht hat mit seinem Urteil in den Entscheidungsgründen, die bei der Frage der Urteilswirkung ergänzend heranzuziehen sind, wenn die Formel zur Bestimmung der Tragweite des Urteils nicht ausreichend ist (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, § 141 Anm. 8), sowohl über die Mitgliedschaft des Klägers als auch über die Beitragspflicht in der Zeit ab 14. April 1995 entschieden. In den Entscheidungsgründen wird nämlich ausgeführt, dass unzweifelhaft feststeht, dass der Kläger als Rentenantragsteller Mitglied bei der Beklagten war. Weiter wird ausgeführt, dass für die Zeit der Haft und damit für den Zeitraum, für den mit dem Bescheid vom 21. November 1995 Beiträge erhoben worden sind, keine Beitragspflicht bestanden hat. In den Entscheidungsgründen bezieht sich das Sozialgericht damit auch auf die von der Beklagten mit dem Bescheid vom 21. November 1995 getroffenen Feststellungen. Da das Sozialgericht lediglich im Tenor den Bescheid vom 21. November 1995 übergangen hat, konnte darüber auch im Berufungsverfahren entschieden werden (Bernsdorf in: Hennig, SGG, § 157 Anm. 11, Meyer-Ladewig, § 157 Anm. 25).

Der Rechtsstreit bezüglich der mit Bescheid vom 13. Juli 1995 getroffenen Feststellung der Mitgliedschaft ab 14. April 1995 bis 14. Juni 1995 und der Feststellung der Beitragspflicht für diesen Zeitraum und der mit Bescheid vom 21. November 1995 geforderten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ist durch das angenommene Anerkenntnis der Beklagten vom 29. Juni 1999 erledigt worden (§ 101 Abs. 2 SGG). Die Beklagte hat mit dem Anerkenntnis Feststellungen der angefochtenen Bescheide für diesen Zeitraum zurück genommen.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgericht Potsdam ist nur teilweise begründet.

Das Sozialgericht hat auf die Klage des Klägers zu Unrecht den Bescheid vom 13. Juli 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 1997 gänzlich aufgehoben.

Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 1995 ist als Anfechtungsklage gem. § 54 SGG zulässig. Ein gem. § 78 SGG erforderliches Vorverfahren ist durchgeführt und mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 1997 beendet worden.

Der Kläger hat sich mit seinem Schreiben vom 22. Dezember 1995 zwar ausdrücklich gegen die Tilgungsvereinbarung vom 05. Dezember 1995 gewehrt. Er hat aber auch zum Ausdruch gebracht, dass er davon ausgeht, dass er nicht Mitglied der Beklagten während seiner Haftzeit war, da er kein Einkommen gehabt habe. Er hat damit auch Einwände gegen die die Zahlungspflicht begründende Mitgliedschaft vorgebracht. Diese ist für den maßgeblichen Zeitraum mit Bescheid vom 13. Juli 1995 festgestellt worden. Da der Bescheid nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, war die Frist zu Erhebung des Widerspruchs am 22. Dezember 1995 noch nicht verstrichen (§ 66 Abs.2 SGG), der Bescheid mithin nicht bestandkräftig. Die Beklagten hat mit dem Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 1997 auch mit den Ausführungen zur bestehenden Mitgliedschaft über den erhobenen Widerspruch entschieden. Das der Bescheid dabei nicht ausdrücklich genannt worden ist, ist unschädlich.

Die Klage gegen den Bescheid vom 13. Juli 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 1997 in der Gestalt des Anerkenntnisses vom 29. Juni 1999 ist jedenfalls teilweise begründet, der Bescheid ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Mit dem Bescheid stellt die Beklagte zu Recht die Mitgliedschaft des Klägers als Rentenantragsteller zunächst ab 14. April 1995, nunmehr ab 15. Juni 1995 und eine Beitragspflicht dem Grunde nach fest. Der Kläger war ab 22. Juli 1993 bis zum 14. November 1995 (Klagerücknahme im Rechtsstreit gegen die LVA) Rentenantragsteller. Als solcher galt er als Mitglied der Beklagten. Gemäß § 189 Abs. 1 SGB V gelten Rentenantragsteller als Mitglieder der Beklagten, wenn sie die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 und 12 und Abs. 2, jedoch nicht die Voraussetzungen für den Bezug der Rente erfüllen. Dieses gilt nicht, wenn diese Personen nach anderen Vorschriften versicherungspflichtig, eine sogenannte Vorrangversicherung besteht oder gemäß § 6 Abs. 1 versicherungsfrei sind (§ 189 Abs.1 S.2 SGB V).

Der Kläger war in der Zeit vom 15. Juni 1995 bis 31. Oktober 1995 nicht nach anderen Vorschriften versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine nach § 5 § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V aufgrund Arbeitslosengeldbezuges bestehende Mitgliedschaft endete durch die von der Beigeladenen zu 2) vorgenommene Nachzahlung des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum bis 14. Juni 1995 am 15. Juni 1995.

Der Kläger gehörte in dem noch strittigen Zeitraum nicht zu dem Kreis der versicherungsfreien Personen gemäß § 6 SGB V. Die sonstigen vorversicherungsrechtlichen Voraussetzungen, Vorversicherungszeiten, sind von der Beklagten bestätigt worden.

Eine Befreiung von der Mitgliedschaft ist nicht eingetreten, da der Kläger diese Befreiung nicht gem. § 8 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 SGB V beantragt hat. Ein solcher Antrag ist innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse zu stellen. Die Befreiung kann nicht widerrufen werden.

Der Kläger ist auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches so zu stellen, als habe er den Antrag fristgerecht gestellt und die Mitgliedschaft ab 14. Juni 1995 zu beenden.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann zwar die Verletzung von Nebenpflichten, die dem Versicherungsträger aus dem Versicherungsverhältnis obliegen, für die Versicherten einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen. Zu Nebenpflichten gehören vor allem die Pflichten zu speziellen Dienstleistungen des Versicherungsträgers wie Auskunft, Belehrung und "verständnisvolle Förderung" des Versicherten. Diese Pflichten sind verletzt, wenn sie, obwohl ein konkreter Anlass zu den genannten Dienstleistungen bestanden hat, nicht oder nur unzureichend erfüllt sind (BSG, Urteil vom 27. September 1983, Aktenzeichen 12 RK 44/82 SozR 1200 § 14 Nr. 15, Urteil vom 16. Dezember 1993, Aktenzeichen 13 RJ 19/92 SozR 3-1200 § 14 Nr. 12). Ein Anlass zur Beratung des Klägers hinsichtlich der Befreiung von der eingetretenen Mitgliedschaft bestand nicht. Ein konkreter Anlass zur Beratung besteht dann, wenn der Versicherte sich mit der Bitte um Beratung an die Versicherungsträger wendet, wie § 14 SGB I klarstellt. Der Kläger ist, trotz Hinweis der Beklagten mit Bescheid vom 13. Juli 1995 auf weitere Beratungsmöglichkeiten, nicht mit einer Frage an die Beklagte herangetreten.

Ein Anlass zur Beratung auf für den Versicherten bestehende Gestaltungsmöglichkeiten ohne konkrete Anfrage besteht, wenn diese Gestaltungsmöglichkeiten klar zu Tage liegen und deren Wahrnehmung offensichtlich so zweckmäßig ist, dass jeder verständige Versicherte sie mutmaßlich nutzen wird (BSG, Urteil vom 10. Juni 1980, Aktenzeichen 11 RK 11/79, USK 25/1980 zum Antrag auf Befreiung nach § 4 KVLG). Hier fehlt es bereits an einer klar zu Tage liegenden und für jeden Betroffenen offensichtlich zweckmäßigen Gestaltungsmöglichkeit. Der Kläger war nach Kenntnis der Beklagten zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides und zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht mehr über einen Leistungsbezug von der Beigeladene zu 2) in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Von einer Haftzeit ab März 1995 hatte die Beklagte bis zur Mitteilung des Umstandes durch die Lebensgefährtin am 18. September 1995 keine Kenntnis. Des Weiteren verweist die Beklagte zu Recht darauf, dass es selbst bei Kenntnis dieses Umstandes für sie nicht erkennbar gewesen wäre, dass der Kläger sich auf Dauer von der eingetretenen Mitgliedschaft bei ihr lösen wollte. Diese Mitgliedschaft als Rentenantragsteller war aus der Sicht der Beklagten für den Kläger von Vorteil, da damit seine Ansprüche in der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auf umfassenden Schutz gesichert waren.

Auch hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 13. Juli 1995 zu Recht ein Beitragszahlung ab 14. April 1995 und nunmehr ab 15. Juni 1995 von dem Kläger gefordert.

Rentenantragsteller sind dem Grunde nach, wie andere Mitglieder beitragspflichtig, § 189 SGB V i.V. mit 223 SGB V. Die Mitglieder nach § 189 SGB V tragen die Beiträge allein, § 250 Abs.2 SGB V.

Der Kläger war nicht von der Beitragspflicht befreit. Gemäß § 225 SGB V ist ein Rentenantragsteller bis zum Beginn der Rente von der Beitragspflicht befreit, wenn er 1. als hinterbliebener Ehegatte bereits eine Rente bezogen hat oder Hinterbliebenenrente beantragt hat, Waise ist oder ohne die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 oder 12 nach § 10 SGB V oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert wäre. Keinen dieser Tatbestände erfüllte der Kläger für den strittigen Zeitraum ab 14. April 1995 bis 30. Oktober 1995. Insbesondere war er auch nicht über eine Mitgliedschaft der jetzigen Ehefrau gem. § 10 SGB V familienversichert. Eine Eheschließung erfolgte erst im August 1996.

Eine Beitragsfreiheit bei Anspruch auf Krankengeld gemäß § 324 SGB V wegen des stationären Krankenhausaufenthaltes während der Haftzeit bestand nicht.

Gem. § 44 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus behandelt werden. Der Kläger war vor der stationären Behandlung arbeitslos und bezog Leistungen von der Beigeladenen zu 2) Ein Arbeitsloser hat dann Anspruch auf Krankengeld, wenn er allein wegen der Krankheit nicht in eine Arbeit vermittelt werden kann (GKV- Widekamp, § 44 Anm.4; Hauck/Haines, § 44 SGB V Anm. 65). Wegen seiner Inhaftierung stand der Kläger aber ab dem 06. März 1995 der Beigeladenen nicht mehr der Vermittlung zur Verfügung, so dass aus diesem Grund schon eine Vermittelbarkeit, unabhängig von der Krankheit, nicht gegeben war.

Auch aufgrund des stationären Krankenhausaufenthaltes in der Bettenabteilung der JVA bestand kein Anspruch auf Krankengeld. Der stationäre Aufenthalt erfolgte im Rahmen der Gesundheitsfürsorge gem. § 56 Strafvollzugsgesetz – StVollzG – i.V. mit § 58, 60 StVollzG und nicht auf Kosten der Krankenkasse, da der Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten ruhte (§ 16 Abs.1 Nr.4 SGB V).

Eine Beitragsfreiheit bei Ruhen eines Leistungsanspruchs ergibt sich darüber hinaus nicht aus dem Gesetz. Dabei hat der Gesetzgeber in § 16 SGB V mehrere Ruhenstatbestände aufgeführt. Danach ruht der Anspruch auf Leistungen, solange gegen Versicherte eine Freiheitsstrafe vollzogen wird, soweit die Versicherten als Gefangene Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz haben oder sonstige Gesundheitsfürsorge erhalten, § 16 Abs.1 Nr. 4 SGB V. Eine Beitragsfreiheit ist hier ebenso wenig geregelt wie für die anderen Ruhenstatbestände des § 16 SGB V. Eine Beitragsfreiheit ist nur in den §§ 224, 225 SGB V geregelt. Darüber hinaus sieht § 243 Abs. 1 SGB V eine Ermäßigung des Beitragssatzes vor, wenn dem Grunde nach kein Anspruch auf Krankengeld besteht bzw. wenn die Krankenkasse auf Grund von Vorschriften des SGB V für einige Mitgliedergruppen den Umfang der Leistungen beschränkt.

Für den Tatbestand des § 16 Abs.1 Nr.4 SGB V sind diese Vorschriften nicht entsprechend anwendbar. Die Voraussetzungen für eine Analogie, die die Vorschriften über die Beitragsfreiheit auf die Betroffenen des § 16 Abs.1 Nr.4 SGB V ermöglichen würden, sind nicht gegeben.

Sie liegen nur dann vor, wenn eine Gesetzeslücke besteht, der nicht geregelte Tatbestand dem gesetzlich festgelegten ähnlich ist und beide Tatbestände wegen ihrer Ähnlichkeit gleich zu bewerten sind. Vorliegend fehlt es bereits an einer Gesetzeslücke. Eine derartige Lücke ist nicht bereits dann gegeben, wenn eine erwünschte Ausnahmeregelung fehlt. Es muss sich vielmehr um eine planwidrige, eine dem erkennbaren Plan des Gesetzgebers widersprechende Lücke handeln (BSG, Urt. v. 16. Dezember 1997, Az.: 4 RA 67/97, SozR 3-2600 § 58 Nr.13).

Dem SGB V ist nicht der gesetzgeberische Plan zu entnehmen, dass einer Beitragspflicht eine kontinuierliche Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen gegenüberstehen soll. Ein Äquivalenzprinzip ist in der gesetzlichen Krankenversicherung nur ansatzweise ausgestaltet (BSG, Urt. V. 31. August 1994, Az.: 4 RK 2/93, Die Beiträge 1995, 247). Der gesetzlichen Krankenversicherung als dauerhafte Solidargemeinschaft (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994, Aktenzeichen 12 RK 25/94, SozR 3-2500 § 243 Nr. 3) ist nicht systemfremd, dass der Beitragspflicht nicht immer der volle Leistungsanspruch gegenüber steht. Dieses zeigen z.B. die Ruhenstatbestände des § 49 Abs.1 Nr. 1bis 3, 4 bis 6 SGB V für den Anspruch auf Krankengeld bei Bestand der Beitragspflicht

Die Ruhenstatbestände des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB V zeigen, dass der Gesetzgeber das Ruhen des Leistungsanspruchs nicht mit einer Beitragsfreiheit verknüpfen wollte. Der Fall des § 16 Abs.1 Nr.1 SGB V, Ruhen bei Auslandsaufenthalt, dürfte häufig vorkommen, ebenfalls die Fallgruppe des § 16 Abs.1 Nr.3 SGB V. Die Beitragsfreiheitstatbestände des § 225 SGB V berücksichtigen dem gegenüber zum Einen, dass aus einem anderen Versicherungsverhältnis, aus dem Beiträge gezahlt worden sind, abgeleitete Rentenansprüche zur Mitgliedschaft führen (§ 225 Nr. 1 und 2 SGB V) und zum Anderen, dass im Rahmen einer Familienversicherung mit Beitragszahlung durch ein andres Mitglied Beiträge gezahlt werden ( § 225 Nr. 3 SGB V). § 224 SGB berücksichtigt, dass während der Zeit einer potentiellen Beitragspflicht der Versicherte Ansprüche gegen die Krankenkasse auf Geldleistungen (Lohnersatzleistungen) hat.

Keine dieser Ausnahmeregelungen zur bestehenden Beitragspflicht knüpft an das Nichtbestehen eines Leistungsanspruchs an. Dass der Gesetzgeber jedoch auch diese Möglichkeit der Regelungen der Beitragspflicht gekannt hat, zeigt § 243 Abs.1 SGB V. Danach ist der Beitragsatz entsprechend zu ermäßigen, wenn kein Anspruch auf Krankengeld besteht oder die Krankenkasse aufgrund von Vorschriften des SGB V für Mitgliedergruppen den Umfang der Leistungen einschränkt. Ein solche gesetzliche Vorschrift zur Leistungseinschränkung bei Rentenantragstellern gibt es nicht. Dass der Gesetzgeber an anderer Stelle, bei den Fallgruppen des § 16 Abs.1 SGB V keine Beitragsfreiheit oder -ermäßigung geschaffen hat, stellt sich danach nicht als planwidrig dar.

Der bestehenden Beitragspflicht steht im Übrigen auch im Rahmen des § 16 Abs. 1 Nr.4 SGB V ein verbleibender Leistungsanspruch gegenüber, so dass eine unverhältnismäßige Abweichung vom Prinzip der Ausgewogenheit nicht erkennbar ist und eine Planwidrigkeit auch aus diesem Grund nicht erkennbar ist.

Gem. § 16 Abs.1 Nr. 4 SGB V ruht nämlich der Leistungsanspruch bei gleichzeitiger Beitragspflicht nur soweit der Gefangene Anspruch auf Gesundheitsfürsorge in der haftanstalt hat. Da die Gesundheitsfürsorge nicht alle Ansprüche nach dem SGB V gewährt und auch nur in der Haftanstalt gewährt wird, verbleibt dem Mitglied dem Grunde nach ein Leistungsanspruch nach dem SGB V. Gemäß § 56 Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581 und 1977 I S. 436) in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG) vom 20. Dezember 1988, BGBl. I 2477) - StVollzG - ist im Strafvollzug für die körperliche und geistige Gesundheit des Gefangenen zu sorgen.

Für die Art der Gesundheitsuntersuchungen und medizinischen Vorsorgeleistungen sowie für den Umfang dieser Leistungen der Krankenbehandlung gelten die entsprechenden Vorschriften des SGB V und die aufgrund des StVollzG geschaffenen Vorschriften (§ 61 StVollzG). Die Krankenbehandlung umfasst dabei nicht den Umfang der Ansprüche nach dem SGB V. So ist der Zuschuss zu Zahnersatz und Zahnkronen abhängig von Regelungen der Landesjustizverwaltung (§ 62 StVollzG) und umfasst damit nicht in jedem Fall die Leistungen nach dem SGB V (§§ 28 Abs. 2, 29 SGB V). Aus § 60 StVollzG , der den Leistungsanspruch der Gesundheitsfürsorge bei Urlaub und Ausgang auf Behandlungen in der für den Gefangenen zuständigen Vollzugsanstalt beschränkt, zeigt, dass daneben, während eines Hafturlaubes oder Ausgangs ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB V außerhalb der Vollzuganstalt besteht. Auch ruht ein Anspruch aus der Familienversicherung gem. § 10 SGB V für Mitversicherte nicht, ebenfalls nicht der Anspruch auf Krankengeld gem. § 44 SGB V (Käsling in: Krauskopf, § 16 Anm.13).

Nicht zu beanstanden ist weiter, dass die Beklagte mit dem Bescheid vom 13. Juli 1995 auch die Beiträge für die Beigeladene zu 1) geltend macht. Gem. § 9 Abs.3 der Satzung der Beigeladenen zu 1) sind die Beiträge zur Pflegeversicherung an die Beklagte zu zahlen.

Der Kläger war als Rentenantragsteller gem. § 49 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – SGB XI -Mitglied der Beigeladenen zu 1). Den Beitrag zur Pflegeversicherung hatte er allein zu tragen (§§ 59 Abs.4, 49 Abs.2 SGB XI). Hinsichtlich der Beitragsbemessung gelten die Satzungsregelungen zur Beitragsbemessung in der Krankenversicherung entsprechend (§ 49 Abs.2 S.1 SGB XI). Der Beitragssatz in der Pflegeversicherung betrug 1995 1 v.H. (§ 55 Abs.1 SGB XI).

Soweit mit dem Bescheid vom 13. Juli 1995 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 187, 65 DM (95, 94 EUR) gefordert werden, ist der Bescheid hinsichtlich der Höhe teilweise rechtswidrig.

Gemäß § 239 Satz 1 wird bei Rentenantragstellern die Beitragsbemessung für die Zeit der Rentenantragstellung bis zum Beginn der Rente durch die Satzung geregelt.

Gem. § 21 Abs.2 der Satzung der Beklagten war für 1995 der Beitragsbemessung 40 v.H. der monatlichen Bezugsgröße zugrunde zu legen. Die monatliche Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV betrug im Jahr 1995 im Beitrittsgebiet monatlich 3290 DM. Damit waren 1316 DM der Beitragsbemessung zugrunde zu legen. Dieses gilt auch für die geforderten Beiträge zur Pflegeversicherung.

Die Beklagte war auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28. August 2002 nicht in der Lage, die mit dem Widerspruchsbescheid angenommene Beitragsbemessung für den Kläger und den Senat zu erläutern. Sofern vorgetragen worden ist, dass sich eine höhere Beitragsbemessungsgrundlage als 40 v.H. der monatlichen Bezugsgröße (1316 DM monatlich) aus § 21 Abs.3 der Satzung ergeben würde, konnte dem der Senat nicht folgen. § 21 Abs.2 der Satzung schreibt als Mindestbemessung für die Beitragsklasse des Klägers 40 v.H. der Bezugsgröße vor. Gem. § 21 Abs.3 der Satzung soll die Mindesteinstufung ausgehend von Einnahme- Spannen von vollen 100 DM" ein Drittel der monatlichen Bezugsgröße betragen. Die Bestimmung des § 21 Abs.3 der Satzung kann nur dahin verstanden erden, dass abweichend von der in § 21 Abs.2 der Satzung bestimmten Mindestbemessung bei Einnahmen des Rentenantragstellers eine andere Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist. Unabhängig davon, dass der Senat auch die Berechnung der Beklagten auf der Grundlage der Mindestbemessung nach § 21 Abs.3 der Satzung nicht nachvollziehen kann, da sich auch bei einer Mindestbemessung nach 1/3 der monatlichen Bezugsgröße kein monatlicher Beitrag von 187, 65 DM ergibt, hatte der Kläger in dem strittigen Zeitraum kein Einkommen, das ein Abweichen von der Mindestbemessung gem. § 21 Abs.2 der Satzung rechtfertigen würde.

Soweit die Beklagte einen Beitragsatz von 13,1 v.H. angenommen hat, ist dieses rechtswidrig. Die Beklagte führt mit dem Widerspruchsbescheid aus, dass der Beitragssatz für Mitglieder ohne Krankengeldanspruch zu wählen ist. Dieses ist nicht zu beanstanden und von dem Kläger auch nicht angefochten worden. Zwar unterscheidet sich die Formalmitgliedschaft gem. § 189 SGB V leistungsrechtlich nicht von der Krankenversicherung der Rentner nach § 5 Abs.1 Nr. 11, 12 SGB V. Auch Rentenantragsteller nach § 5 Abs.1 Nr. 11, 12 SGB V haben aber nur unter den Voraussetzungen des § 47 SGB V Anspruch auf Krankengeld, d.h. bei Einkommensverlust. Bei Mitglieder nach § 189 SGB V, die Einkommen erzielen, würde aber bei einem Einkommen eine Vorrangversicherung bestehen (vergl. Höfler in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB V Anm. 4), so dass daraus und nicht aus der Mitgliedschaft nach § 189 SGB V ein Krankengeldanspruch bestehen könnte.

Nach der von der Beklagten vorgelegten Satzung galt für Mitglieder ohne Krankengeldanspruch ein Beitragsatz von 12,9 v.H.( § 20 Abs.4 der Satzung).

Der monatliche Beitrag für die Krankenversicherung betrug danach ausgehend von der monatlichen Bemessungsgrundlage von 1316 DM 169,76 DM (86,79 EUR) monatlich und täglich 5,65 DM (2,88 EUR). Für die Pflegeversicherung betrug der Beitrag monatlich 13,16 DM (6,72 EUR) und täglich 0,43 DM (0,22 EUR).

Der Beitrag für die Kranken- und Pflegeversicherung betrug monatlich 182,92 DM (93,52 EUR).

Das Urteil des Sozialgerichts und der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 1995 waren daher abzuändern

Die Klage gegen den Bescheid vom 21. November 1995 ist zulässig. Ein gem. § 78 SGG erforderliches Vorverfahren ist durchgeführt und mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 1997 beendet worden, da der Kläger mit seinem Schreiben vom 22. Dezember 1995 Widerspruch gegen die mit Bescheid vom 21. November 1995 festgestellte Beitragsforderung erhoben hat und die Beklagte mit der Entscheidung im Widerspruchsverfahren durch Becshied vom 20. Oktober 1997 auch über den Widerspruch gegen die von ihr festgestellte Beitragsforderung entschieden hat.

Die Klage ist auch teilweise begründet. Die von der Beklagten nach dem Teilanerkenntnis vom 29. Juni 1999 mit dem Bescheid vom 21. November 1995 für die Zeit vom 15. Juni 1995 bis 31. Oktober 1995 noch geltend gemachte Forderung von DM 850, 86 (435, 03 EUR) ist rechtswidrig. Wie bereits ausgeführt hat der Kläger für den strittigen Zeitraum vom 15. Juni 1995 bis 31. Oktober 1995 einen monatlichen Beitrag für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 93,52 EUR und täglich 3,12 EUR zu leisten. Beiträge sind für jeden Kalendertag zuleisten (§ 223 Abs.1 SGB V), ein Monat ist mit 30 Tagen bei der Beitragberechnung anzusetzen (§ 223 Abs.2 SGB V).

Daraus ergibt sich folgende Beitragsforderung:

für den Monat Juni 1995 (15 Tage) beträgt die Forderung: 91,50 DM ( 44,78 EUR)

Juli 1995 – Oktober 1995 -) 4 x 182, 92 DM (93,52 EUR) = 731,68 DM (374,10 EUR)

insgesamt: 823,18 DM (420,88 EUR)

Hinsichtlich der Differenz von 27,68 DM (14,15 EUR) zu Lasten des Klägers ist der Bescheid rechtswidrig. Der Bescheid war daher abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz. Dabei hat der Senat berücksichtigt, das die Beklagte mit dem Anerkenntnis vom 29. Juni 1999 dem Klagebegehren bereits zum Teil für den Zeitraum vom 14. April 1995 bis 14. Juni 1995 entsprochen hat. Die Beklagte hat weiter durch die rechtswidrige Festsetzung der Beitragshöhe Veranlassung zur Klage gegeben.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 160 SGG liegen nicht vor. Der Senat misst der entschiedenen Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung bei, er weicht nicht von Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ab.
Rechtskraft
Aus
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