Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 KR 11/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 KR 24/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. Juni 2000 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine penisverlängernde Operation als Sachleistung zu erbringen bzw. die entsprechenden Kosten zu übernehmen.
Bei dem am ... 1961 geborenen Kläger besteht der Verdacht auf eine Neurose mit Selbstwertstörung im Zusammenhang damit, dass er seinen Penis als zu klein empfindet. Sein behandelnder Urologe (Dr. S.) fand bei einer Untersuchung am 15. Juni 1996 keine körperlichen Auffälligkeiten, auch anamnestisch seien keine Besonderheiten erwähnenswert. Allerdings sei der Penis etwa um ein Drittel kleiner als durchschnittlich.
Mit Bescheid vom 15. Juni 1998 lehnte die Beklagte die seitens des Klägers am 30. April 1998 beantragte Übernahme der Kosten für eine Penisverlängerung ab. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 10. Juli 1998 Widerspruch ein und vertrat die Ansicht, die Operation sei erforderlich, um seinen seelischen Zustand zu verbessern. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 1999 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung habe die Übernahme der Kosten nicht befürwortet. Es bestehe keine Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung, worunter ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand zu verstehen sei, der ärztlicher Behandlung bedürfe. Regelwidrig sei ein Körper- oder Geisteszustand, der von der durch das Leitbild des gesunden Menschen geprägten Norm abweiche. In zahlreichen Entscheidungen habe das Bundessozialgericht mit überzeugenden Argumenten festgestellt, dass eine Kostenübernahme von den gesetzlichen Krankenkassen nicht verlangt werden könne, wenn Versicherte operative Eingriffe vornehmen ließen, um einen Körperzustand zu verändern, nur weil sie psychisch auf die gewünschte Änderung fixiert seien.
Die am 29. Januar 1999 zum Sozialgericht Neuruppin erhobene Klage hat dieses Gericht durch Gerichtsbescheid vom 16. Juni 2000 abgewiesen. Es ist der Begründung des angefochtenen Widerspruchbescheides gefolgt und hat insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Gegen den ihm am 22. Juni 2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21. Juli 2000 bei dem Sozialgericht Neuruppin Berufung eingelegt. Er trägt vor, eine psychiatrische Behandlung könne nur die psychischen Schäden zu heilen versuchen, um jedoch die Ursache zu verändern, benötige er die Hilfe von Chirurgen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. Juni 2000 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine ambulante penisverlängernde Operation als Sachleistung zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers Dr. H. G., Dr. M. G., Dr. S. und Dr. Sch. eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen, den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt, somit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Dem Kläger steht die begehrte Operation auf Kosten der Beklagten nicht zu.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dem Kläger eine körperliche Krankheit besteht. Nach der Befundmitteilung des behandelnden Urologen Dr. S. vom 27. April 1998 fanden sich bei dessen Untersuchung am 15. Juni 1996 körperlich keine Auffälligkeiten. Bei dem Kläger besteht zwar möglicherweise eine psychische Erkrankung, weshalb er auch entsprechende ärztliche Behandlung in Anspruch genommen hat. Eine derartige Erkrankung führt jedoch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich selbst dann nicht zur Leistungspflicht der Krankenkasse für einen operativen Eingriff, wenn wegen der krankheitsbedingten Ablehnung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung keine andere Möglichkeit der ärztlichen Hilfe besteht (BSG, Urteil vom 12. Februar 1993 - 1 RK 14/92 - USK 9324).
Der um etwa ein Drittel des Durchschnittswertes kleinere Penis des Klägers ist keine Krankheit im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB V. Insoweit mag zwar eine Normabweichung vorliegen, diese hat jedoch, solange eine Funktionsbeeinträchtigung nicht gegeben ist, für sich allein keine Behandlungsbedürftigkeit zur Folge. Gerade die Behandlungsbedürftigkeit einer körperlichen Funktionsbeeinträchtigung ist aber Ansatz für eine chirurgische Behandlung. Dabei schuldet die Beklagte grundsätzlich nur solche Behandlungsmaßnahmen, die unmittelbar an der eigentlichen Krankheit ansetzen (BSG 1 KR 18/96 R vom 09. Juni 1998). Im Falle des Klägers ist aber weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass der begehrte Eingriff überhaupt (positive) Auswirkungen auf die dem Penis zukommenden Körperfunktionen haben würde. Auch vom Kläger wird insoweit lediglich die Vergrößerung als Ziel angegeben und nicht eine eigentliche Veränderung der Funktion.
Da medizinisch Funktionsdefizite weder in den Befund- und Behandlungsberichten der behandelnden Ärzte des Klägers, noch von diesem selbst mitgeteilt worden sind, besteht auch keine Veranlassung, hierzu Beweis zu erheben. Der Senat unterstellt die mitgeteilte Penislänge von etwa 10 cm in erigiertem Zustand, die der Kläger gegenüber seinem behandelnden Urologen durch Auto-Fotografie belegt hat. Von daher ist nicht ersichtlich, welchem Ziel eine vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angesprochene ärztliche Begutachtung dienen sollte.
Bei einem - wenn auch kleinen und von seinem behandelnden Arzt als "Mikropenis" bezeichneten - funktionsfähigen Penis würde die angestrebte Operation nicht der Behandlung einer körperlichen Erkrankung dienen. Ziel wäre - so sieht es auch der Kläger - eine Verbesserung seines Selbstwertgefühls und damit eine Veränderung seiner Psyche. Wie bereits erwähnt, muss aber die von der Beklagten zu erbringende Krankenbehandlung unmittelbar an der Krankheit ansetzen. Da hier keine körperliche Erkrankung, sondern eine psychische Beeinträchtigung vorliegt, schuldet die Beklagte dementsprechend die Behandlung mit den Mitteln der Psychologie bzw. Psychiatrie. Die Bereitschaft der Beklagten, letztere zu erbringen, steht außer Streit. Zu diesen Mitteln gehört jedenfalls nicht die chirurgische Veränderung eines Körperzustandes, auch wenn dieser vom Betroffenen als störend und Ursache seiner seelischen Beeinträchtigungen gesehen wird.
Da der geltend gemachte Anspruch schon aus den genannten Gründen nicht besteht, bedarf es keines Eingehens darauf, ob der vom Kläger gewünschte Eingriff tatsächlich in der Lage wäre, als "sichtbarer Erfolg" eine wesentliche Verbesserung seines Selbstwertgefühls herbeizuführen, ob dieser von ihm als solcher empfundene "Mangel" also tatsächlich Auslöser bzw. Ursache seiner Befindlichkeitsstörung ist.
Die Berufung konnte keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine penisverlängernde Operation als Sachleistung zu erbringen bzw. die entsprechenden Kosten zu übernehmen.
Bei dem am ... 1961 geborenen Kläger besteht der Verdacht auf eine Neurose mit Selbstwertstörung im Zusammenhang damit, dass er seinen Penis als zu klein empfindet. Sein behandelnder Urologe (Dr. S.) fand bei einer Untersuchung am 15. Juni 1996 keine körperlichen Auffälligkeiten, auch anamnestisch seien keine Besonderheiten erwähnenswert. Allerdings sei der Penis etwa um ein Drittel kleiner als durchschnittlich.
Mit Bescheid vom 15. Juni 1998 lehnte die Beklagte die seitens des Klägers am 30. April 1998 beantragte Übernahme der Kosten für eine Penisverlängerung ab. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 10. Juli 1998 Widerspruch ein und vertrat die Ansicht, die Operation sei erforderlich, um seinen seelischen Zustand zu verbessern. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 1999 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung habe die Übernahme der Kosten nicht befürwortet. Es bestehe keine Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung, worunter ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand zu verstehen sei, der ärztlicher Behandlung bedürfe. Regelwidrig sei ein Körper- oder Geisteszustand, der von der durch das Leitbild des gesunden Menschen geprägten Norm abweiche. In zahlreichen Entscheidungen habe das Bundessozialgericht mit überzeugenden Argumenten festgestellt, dass eine Kostenübernahme von den gesetzlichen Krankenkassen nicht verlangt werden könne, wenn Versicherte operative Eingriffe vornehmen ließen, um einen Körperzustand zu verändern, nur weil sie psychisch auf die gewünschte Änderung fixiert seien.
Die am 29. Januar 1999 zum Sozialgericht Neuruppin erhobene Klage hat dieses Gericht durch Gerichtsbescheid vom 16. Juni 2000 abgewiesen. Es ist der Begründung des angefochtenen Widerspruchbescheides gefolgt und hat insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Gegen den ihm am 22. Juni 2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21. Juli 2000 bei dem Sozialgericht Neuruppin Berufung eingelegt. Er trägt vor, eine psychiatrische Behandlung könne nur die psychischen Schäden zu heilen versuchen, um jedoch die Ursache zu verändern, benötige er die Hilfe von Chirurgen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. Juni 2000 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine ambulante penisverlängernde Operation als Sachleistung zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers Dr. H. G., Dr. M. G., Dr. S. und Dr. Sch. eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen, den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt, somit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Dem Kläger steht die begehrte Operation auf Kosten der Beklagten nicht zu.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dem Kläger eine körperliche Krankheit besteht. Nach der Befundmitteilung des behandelnden Urologen Dr. S. vom 27. April 1998 fanden sich bei dessen Untersuchung am 15. Juni 1996 körperlich keine Auffälligkeiten. Bei dem Kläger besteht zwar möglicherweise eine psychische Erkrankung, weshalb er auch entsprechende ärztliche Behandlung in Anspruch genommen hat. Eine derartige Erkrankung führt jedoch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich selbst dann nicht zur Leistungspflicht der Krankenkasse für einen operativen Eingriff, wenn wegen der krankheitsbedingten Ablehnung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung keine andere Möglichkeit der ärztlichen Hilfe besteht (BSG, Urteil vom 12. Februar 1993 - 1 RK 14/92 - USK 9324).
Der um etwa ein Drittel des Durchschnittswertes kleinere Penis des Klägers ist keine Krankheit im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB V. Insoweit mag zwar eine Normabweichung vorliegen, diese hat jedoch, solange eine Funktionsbeeinträchtigung nicht gegeben ist, für sich allein keine Behandlungsbedürftigkeit zur Folge. Gerade die Behandlungsbedürftigkeit einer körperlichen Funktionsbeeinträchtigung ist aber Ansatz für eine chirurgische Behandlung. Dabei schuldet die Beklagte grundsätzlich nur solche Behandlungsmaßnahmen, die unmittelbar an der eigentlichen Krankheit ansetzen (BSG 1 KR 18/96 R vom 09. Juni 1998). Im Falle des Klägers ist aber weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass der begehrte Eingriff überhaupt (positive) Auswirkungen auf die dem Penis zukommenden Körperfunktionen haben würde. Auch vom Kläger wird insoweit lediglich die Vergrößerung als Ziel angegeben und nicht eine eigentliche Veränderung der Funktion.
Da medizinisch Funktionsdefizite weder in den Befund- und Behandlungsberichten der behandelnden Ärzte des Klägers, noch von diesem selbst mitgeteilt worden sind, besteht auch keine Veranlassung, hierzu Beweis zu erheben. Der Senat unterstellt die mitgeteilte Penislänge von etwa 10 cm in erigiertem Zustand, die der Kläger gegenüber seinem behandelnden Urologen durch Auto-Fotografie belegt hat. Von daher ist nicht ersichtlich, welchem Ziel eine vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angesprochene ärztliche Begutachtung dienen sollte.
Bei einem - wenn auch kleinen und von seinem behandelnden Arzt als "Mikropenis" bezeichneten - funktionsfähigen Penis würde die angestrebte Operation nicht der Behandlung einer körperlichen Erkrankung dienen. Ziel wäre - so sieht es auch der Kläger - eine Verbesserung seines Selbstwertgefühls und damit eine Veränderung seiner Psyche. Wie bereits erwähnt, muss aber die von der Beklagten zu erbringende Krankenbehandlung unmittelbar an der Krankheit ansetzen. Da hier keine körperliche Erkrankung, sondern eine psychische Beeinträchtigung vorliegt, schuldet die Beklagte dementsprechend die Behandlung mit den Mitteln der Psychologie bzw. Psychiatrie. Die Bereitschaft der Beklagten, letztere zu erbringen, steht außer Streit. Zu diesen Mitteln gehört jedenfalls nicht die chirurgische Veränderung eines Körperzustandes, auch wenn dieser vom Betroffenen als störend und Ursache seiner seelischen Beeinträchtigungen gesehen wird.
Da der geltend gemachte Anspruch schon aus den genannten Gründen nicht besteht, bedarf es keines Eingehens darauf, ob der vom Kläger gewünschte Eingriff tatsächlich in der Lage wäre, als "sichtbarer Erfolg" eine wesentliche Verbesserung seines Selbstwertgefühls herbeizuführen, ob dieser von ihm als solcher empfundene "Mangel" also tatsächlich Auslöser bzw. Ursache seiner Befindlichkeitsstörung ist.
Die Berufung konnte keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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