Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 4102/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4780/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 02.10.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der 1967 geborene Kläger war nach seinem Zuzug aus der T. in das Bundesgebiet im September 1990 mit Unterbrechungen bis Juli 2008 versicherungspflichtig beschäftigt und ist seither arbeitslos bzw. arbeitsunfähig.
Einen ersten Rentenantrag des Klägers vom Dezember 2008 lehnte die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens bei Sozialmediziner Dr. Dr. S. , der zu einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkes gelangte, mit Bescheid vom 24.04.2009 und Widerspruchsbescheid vom 02.07.2009 ab. Das hiergegen angestrengte Klageverfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn (S 3 R 2653/09) blieb erfolglos (Gerichtsbescheid vom 15.11.2010).
Am 11.04.2011 beantragte der Kläger neuerlich die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, woraufhin die Beklagte eine Begutachtung durch die Ärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. B. veranlasste. Diese gelangte auf Grund ambulanter Untersuchung im Juli 2011 zu den Diagnosen von rezidivierenden depressiven Episoden, gegenwärtig remittiert, einer Fußheberparese rechts nach NPP LW5/SW1 sowie eines chronischen LWS-Syndroms. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr ausüben, wobei Tätigkeiten in Zwangshaltung, mit Absturzgefahr, mit besonderer Anforderung an die Gang- und Standsicherheit, mit Zeitdruck, mit permanentem Publikumsverkehr und mit Nachtdiensten zu vermeiden seien. Mit Bescheid vom 27.07.2011 und Widerspruchsbescheid vom 28.10.2011 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, da dieser nicht erwerbsgemindert sei.
Hiergegen hat der Kläger am 16.11.2011 Klage zum Sozialgericht Heilbronn erhoben und sein Begehren weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der Chirurg Dr. B. hat über Behandlungen seit 2008 berichtet und beim Kläger ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Vermeidung von häufigem Heben und Tragen schwerer Lasten sowie von Bücken bejaht. Dies hat später der nachfolgend behandelnde Orthopäde Dr. F. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft bestätigt. Dr. S. , Nervenarzt, bei dem der Kläger seit 2006 alle zwei bis drei Monate in Behandlung ist, hat auf Grund des "momentanen psychopathologischen Befundes" ein Restleistungsvermögen von maximal drei Stunden angenommen. Der HNO-Arzt Dr. K. hat auf Grund der beim Kläger bestehenden Neuropathia vestibularis rechts Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Gleichgewicht für ungeeignet erachtet. Bei der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers spiele seiner Ansicht nach der psychische Zustand eine große Rolle, weshalb er sich nicht im Stande sehe, eine Leistungsbeurteilung abzugeben.
Das Sozialgericht hat weiterhin von Amts wegen den Nervenarzt Dr. H. mit der Erstellung eines Gutachtens von Amts wegen beauftragt. Dr. H. hat auf Grund der ambulanten Untersuchung im Mai 2012 eine fragliche leichte Fußheberschwäche rechts ohne funktionelle Leistungseinschränkung und eine depressive Erkrankung, aktuell leichte depressive Episode im Grenzbereich zu mittelgradig, diagnostiziert und leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich für zumutbar erachtet. Zu vermeiden seien auf Grund der vorliegenden Depression eine Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, Arbeiten mit besonders hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration sowie Arbeiten mit einer besonders hohen Verantwortung und einer hohen geistigen Beanspruchung. In einer ergänzenden Stellungnahme vom Mai 2013 hat Dr. H. seine Einschätzung bestätigt. In einem Befundbericht auf Anforderung des Sozialgerichts Heilbronn vom Juli 2013 hat Dr. S. von einem psychopathologisch im Wesentlichen unveränderten Befund beim Kläger berichtet und ein chronifiziertes Schmerzsyndrom bei NPP L4/L5 und eine rezidivierende depressive Störung diagnostiziert.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2013 hat das Sozialgericht Heilbronn die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. H. gestützt.
Gegen den dem Kläger am 08.10.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 07.11.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten sich bei ihm weiter verschlechtert. So habe die depressive Erkrankung zugenommen und würde es ihm keinesfalls gestatten, dass er noch eine berufliche Tätigkeit in nennenswertem Umfang ausführen könne. Er gehe vielmehr von einer schwergradigen depressiven Störung aus.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 02.10.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 27.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.04.2011 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die aus ihrer Sicht sachgerechten Entscheidungsgründe in der angefochtenen Entscheidung sowie eine im Laufe des Berufungsverfahren vorgelegte Stellungnahme des Dr. N. , Facharzt unter anderem für Psychiatrie und Psychotherapie, vom Dezember 2014.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Prof. Dr. E. , Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat beim Kläger auf Grund ambulanter Untersuchung im Oktober 2014 eine depressive Episode mit somatischem Syndrom diagnostiziert. Auch ein Parkinson-Syndrom könne aber die Symptomatik auslösen. Der Kläger könne nur noch einfache körperliche Tätigkeiten ausüben, dies sei ihm aktuell nur vier Stunden täglich möglich. Möglicherweise, so der Sachverständige, handele es sich um eine Momentaufnahme. Es sei mit einer Verbesserung zu rechnen, so dass die genannten Einschränkungen voraussichtlich ganz oder zum Teil entfallen werden, da vieles für einen fluktuierenden Verlauf mit spontaner Besserung spreche und die Therapiemöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien. Dr. N. hat hierzu für die Beklagte im Dezember 2014 Stellung genommen und dargelegt, weshalb die Beklagte dem Gutachten nicht folgen könne.
Der Senat hat weiterhin von Amts wegen eine Begutachtung durch Prof. Dr. S. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, veranlasst. Dieser hat beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradige depressive Episode, diagnostiziert. Des Weiteren liege beim Kläger ein vordiagnostiziertes chronisches Schmerzsyndrom bei Bandscheibenvorfall L4/L5 sowie eine Neuropathia vestibularis rechts vor. Auf Grund einer Minderung der Stressbelastbarkeit kämen Erwerbstätigkeiten, die mit erhöhter psychovegetativer Belastung einhergingen, für den Kläger nicht in Frage, ebenso wenig Tätigkeiten, die anhaltend hohe Anforderungen an die Aufmerksamkeitsleistung abverlangten und Tätigkeiten, die die zielgerichtete Gestaltung interpersoneller Kontakte umfassten. Auf Grund des chronischen Schmerzsyndroms seien körperlich schwere und anhaltende mittelschwere Arbeiten sowie Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen auszuschließen. Letztlich seien auf Grund der Neuropathia vestibularis und der angegebenen Schwindelneigung Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten und sonstige Tätigkeiten, die erhöhte Standsicherheit verlangen würden, auszuschließen. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen könne der Kläger weiterhin vollschichtig, d.h. bis zu acht Stunden an fünf Tagen pro Woche leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben. Der Kläger sei weiterhin schon nach eigenen Angaben in der Lage, regelmäßig 20 bis 30 Minuten zu ebener Erde zu gehen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und selbstständig einen PKW zu führen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 27.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht festzustellen, dass der Kläger auf Grund der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen in seinem beruflichen Leistungsvermögen in einem rentenrelevanten Ausmaß eingeschränkt ist und eine Erwerbsminderung vorliegt. Der geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung besteht nicht.
Das Sozialgericht hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs (§ 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI sowie § 240 SGB VI) im Einzelnen dargelegt, darauf hingewiesen, dass ein Anspruch nach § 240 SGB VI schon auf Grund des Geburtsdatums des Klägers ausscheidet und zutreffend ausgeführt, weshalb beim Kläger auf nervenärztlichem Gebiet keine quantitative Leistungseinschränkung vorliegt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Auch die Ermittlungen im Berufungsverfahren rechtfertigen keine andere Beurteilung. Vielmehr haben diese bestätigt, dass beim Kläger Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet ganz im Vordergrund stehen, er ungeachtet dieser aber noch im Stande ist, wenigstens leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen auszuüben. Danach dürfen dem Kläger keine Tätigkeiten mit erhöhter psychovegetativer Belastung (beispielsweise durch erhöhten Zeitdruck oder Nachtarbeit), mit anhaltend hohen Anforderungen an die Aufmerksamkeitsleistung (etwa an gefährlichen Maschinen), Tätigkeiten, die mit zielgerichteter Gestaltung interpersoneller Kontakte einhergehen (beispielsweise Publikumsverkehr), Tätigkeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen und auf Leitern oder Gerüsten bzw. sonstige Tätigkeiten, die eine erhöhte Standsicherheit erfordern, abverlangt werden.
Dies entnimmt der Senat vor allem dem Gutachten des Prof. Dr. S. , welches ganz überwiegend in Übereinstimmung mit demjenigen von Dr. B. im Verwaltungsverfahren und von Dr. H. im erstinstanzlichen Verfahren steht. Danach liegt beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig leichtgradiger depressiver Episode vor, so Prof. Dr. S ... Auch Dr. H. hat eine leichte depressive Episode im Grenzbereich zu mittelgradiger Ausprägung festgestellt; bei Begutachtung durch Dr. B. war die depressive Gesundheitsstörung sogar remittiert. Die Beurteilung der Sachverständigen wird vom psychopathologischen Befund bestätigt. Zwar ist die Stimmungslage und die emotionale Schwingungsfähigkeit jeweils reduziert gewesen. Über diese Befundebene hinaus haben sich indes keine weiteren auffälligen Befunde gezeigt. So ist das formale Denken ungestört gewesen, kognitive Funktionsdefizite in Bezug auf das Durchhalte-, Auffassungs- und Konzentrationsvermögen bzw. die mnestischen Funktionen haben sich nicht feststellen lassen, ebenso nicht motorische oder kognitive Zeichen pathologisch verstärkter Ermüdbarkeit oder eine erhebliche Antriebsminderung. Vielmehr hat Prof. Dr. S. im Rahmen seiner Begutachtung eine Antriebshemmung überhaupt nicht feststellen können. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang sicherlich auch, dass der Kläger bei Prof. Dr. S. berichtet hat, vor knapp zwei bis drei Jahren, d.h. also bei laufendem Rentenverfahren, ein Dreifamilienhaus gekauft zu haben, in welchem er wohne und die übrigen Wohnungen vermieten wolle. Das gesamte klinische Erscheinungsbild rechtfertigt demnach insgesamt, so Prof. Dr. S. , die Feststellung eines leichtgradigen depressiven Syndroms, wobei sich insgesamt das Bild einer langjährig wiederkehrend auftretenden, zwischendurch sogar remittierten depressiven Symptomatik ergibt. Eine schwerergradige depressive Störung, etwa eine mittelgradige oder gar schwergradige depressive Episode, so Prof. Dr. S. , lässt sich anhand der Querschnittspsychopathologie nicht diagnostizieren. Vor diesem Hintergrund schlüssig und nachvollziehbar kommen sowohl Dr. H. wie auch Prof. Dr. S. (und ebenso Dr. B. ) übereinstimmend zum Ergebnis, dass über die genannten qualitativen Leistungseinschränkungen hinaus eine quantitative Leistungsminderung auf Grund der psychischen Erkrankung beim Kläger nicht vorliegt. Es sind eben gerade keine Gesundheitsstörungen festzustellen, die etwa durch krankheitswertige Beeinträchtigungen des Willens, des Antriebs oder der Handlungssteuerung eine Wiederaufnahme eines beruflichen Engagements im Rahmen einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von wenigstens sechs Stunden unzumutbar machen würden (Prof. Dr. S. ).
Soweit demgegenüber Prof. Dr. E. beim Kläger von einem verbliebenen Leistungsvermögen von aktuell nur noch vier Stunden täglich für einfache körperliche Tätigkeiten ausgegangen ist, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Zutreffend hat bereits Dr. N. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass der von Prof. Dr. E. mitgeteilte psychopathologische Befund allenfalls einer leichten depressiven Episode zuzuordnen ist. Es werden überwiegend keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen festgestellt. Die vorgelegten Befunde und Schlussfolgerungen sind auch in sich nicht schlüssig. Soweit er im Rahmen der sozialmedizinischen Einschätzung eine Antriebshemmung mit vorschneller Erschöpfbarkeit beim Kläger berücksichtigt wissen will, hat demgegenüber Prof. Dr. S. solche Befunde gerade nicht festgestellt. Weder hat Prof. Dr. S. eine solche Antriebshemmung beschrieben, noch haben sich im Rahmen der Untersuchung Zeichen für eine vorschnelle Erschöpfbarkeit gezeigt. Auch bleibt unklar, ob Prof. Dr. E. von einer einfachen Episode einer depressiven Erkrankung oder einem rezidivierenden Verlauf ausgeht. Bei der von ihm gestellten Diagnose einer "depressiven Episode mit somatischem Syndrom" verzichtet er auf die Verwendung der ICD-10-Codierung, die für die Kennzeichnung des Schweregrades von Bedeutung wäre. Obwohl Prof. Dr. E. selbst das Ausmaß noch möglicher sozialer und beruflicher Aktivitäten im Alltag bei der Beurteilung des Schweregrades einer Episode als hilfreich beurteilt, fehlt es nahezu vollständig an der Erhebung solcher Alltagsaktivitäten. Es findet sich - so zutreffend Dr. N. - keine Darstellung der Krankheitsvorgeschichte, keine Arbeits- und Sozialanamnese, keine Exploration der sozialen Integration am Arbeitsplatz, keine wesentliche Selbsteinschätzung des Klägers, keine Benennung der familiären oder sonstigen sozialen Integration, keine Untersuchung der lebenspraktischen Fertigkeiten hinsichtlich einer selbstständigen Lebensführung und keine insoweit verwertbare Schilderung des üblichen Tagesablaufs. Angesichts des gegenüber den übrigen Sachverständigen diskrepanten psychopathologischen Befundes wie auch der diskrepanten diagnostischen Zuordnung des Krankheitsbildes - soweit nachvollziehbar - führt das Fehlen einer solchen nachvollziehbaren Konsistenzprüfung zu erheblichen Zweifeln insbesondere auch an der sozialmedizinischen Leistungseinschätzung und kann sich der Senat - gerade auch vor dem Hintergrund der von Prof. Dr. S. eben nicht festgestellten Antriebshemmung und vorschnellen Erschöpfbarkeit - vom Vorliegen der dort geäußerten quantitativen Leis¬tungs¬einschränkungen nicht überzeugen. Soweit Prof. Dr. E. den Verdacht (bzw. die Möglichkeit eines) Parkinsonsyndroms anspricht, verweist Prof. Dr. S. zutreffend darauf, dass jener selbst nur über diskrete neurologische Auffälligkeiten berichtet und insbesondere Feststellungen über weitere Phänomene, die zu einer Parkinson-Symptomatik gehören, vermissen lässt. Prof. Dr. S. wiederum hat seinerseits keine entsprechenden neurologischen Auffälligkeiten beim Kläger festgestellt. Entsprechende Feststellungen finden sich auch nicht in den Gutachten von Dr. H. und Dr. B. , eben so wenig wie in der Stellungnahme des langjährigen Behandlers auf nervenärztlichem Gebiet, Dr. S ... Damit kann vom Vorliegen eines Parkinsonsyndroms nicht ausgegangen werden; hieraus resultierende Funktionsbeeinträchtigungen über die bereits gewürdigte depressive Erkrankung hinaus hat Prof. Dr. E. auch nicht angeführt. Letztendlich relativiert Prof. Dr. E. selbst seine Leistungseinschätzung, soweit er darauf hinweist, es handele sich möglicherweise um eine "Momentaufnahme", so zutreffend Dr. N ... Darüber hinaus geht Prof. Dr. E. - ohne dass es nach dem Vorherigen darauf noch ankäme - davon aus, dass beim Kläger angesichts des fluktuierenden Verlauf mit spontaner Besserung mit einer Verbesserung in der Zukunft unter vollständigem oder doch wenigstens teilweisem Wegfall der genannten Einschränkungen zu rechnen sei. Die durch eine psychische Störung bedingte Einschränkung der Leistungsfähigkeit muss indes voraussichtlich auf längere Zeit vorliegen, um eine Erwerbsminderung zu rechtfertigen. Denn seelisch bedingte Störungen scheiden für die Begründung einer Erwerbsminderung aus, die der Betroffene bei der ihm zuzumutenden Willensanspannung aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe sogleich oder innerhalb eines halben Jahres überwinden kann, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist (BSG, Urteil vom 01.07.1964, 11/1 RA 158/61 in SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO).
Beim Kläger liegt weiterhin ein chronisches Schmerzsyndrom bei Bandscheibenvorfall L4/L5 vor, auf Grund dessen der Kläger bereits langjährig unter nicht unwesentlichen wirbelsäulenbedingten Schmerzen leidet, wobei indes seit 2009, wie der Stellungnahme des langjährig ambulant behandelnden Nervenarztes Dr. S. vom November 2009 entnommen werden kann, die psychiatrischen Probleme im Vordergrund standen. Diesem chronischen Schmerzsyndrom kann durch die Vermeidung körperlich mittelschwerer und schwerer Arbeiten sowie insbesondere von Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen ausreichend begegnet werden, so Prof. Dr. S. und zuvor bereits Dr. B ... Zur gleichen Beurteilung sind die beiden behandelnden Ärzte auf orthopädischem bzw. chirurgischem Gebiet, Dr. B. und Dr. F., gelangt. Eine quantitative Leistungseinschränkung resultiert hieraus gleichermaßen nicht. Gleiches gilt für die Neuropathia vestibularis und die in diesem Zusammenhang angegebene Schwindelneigung. Auch diese schließt lediglich Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten und sonstige Tätigkeiten mit Anforderungen an eine erhöhte Standsicherheit aus, ohne aber ein Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkte unter Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkung in quantitativer Hinsicht in Frage zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der 1967 geborene Kläger war nach seinem Zuzug aus der T. in das Bundesgebiet im September 1990 mit Unterbrechungen bis Juli 2008 versicherungspflichtig beschäftigt und ist seither arbeitslos bzw. arbeitsunfähig.
Einen ersten Rentenantrag des Klägers vom Dezember 2008 lehnte die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens bei Sozialmediziner Dr. Dr. S. , der zu einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkes gelangte, mit Bescheid vom 24.04.2009 und Widerspruchsbescheid vom 02.07.2009 ab. Das hiergegen angestrengte Klageverfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn (S 3 R 2653/09) blieb erfolglos (Gerichtsbescheid vom 15.11.2010).
Am 11.04.2011 beantragte der Kläger neuerlich die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, woraufhin die Beklagte eine Begutachtung durch die Ärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. B. veranlasste. Diese gelangte auf Grund ambulanter Untersuchung im Juli 2011 zu den Diagnosen von rezidivierenden depressiven Episoden, gegenwärtig remittiert, einer Fußheberparese rechts nach NPP LW5/SW1 sowie eines chronischen LWS-Syndroms. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr ausüben, wobei Tätigkeiten in Zwangshaltung, mit Absturzgefahr, mit besonderer Anforderung an die Gang- und Standsicherheit, mit Zeitdruck, mit permanentem Publikumsverkehr und mit Nachtdiensten zu vermeiden seien. Mit Bescheid vom 27.07.2011 und Widerspruchsbescheid vom 28.10.2011 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, da dieser nicht erwerbsgemindert sei.
Hiergegen hat der Kläger am 16.11.2011 Klage zum Sozialgericht Heilbronn erhoben und sein Begehren weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der Chirurg Dr. B. hat über Behandlungen seit 2008 berichtet und beim Kläger ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Vermeidung von häufigem Heben und Tragen schwerer Lasten sowie von Bücken bejaht. Dies hat später der nachfolgend behandelnde Orthopäde Dr. F. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft bestätigt. Dr. S. , Nervenarzt, bei dem der Kläger seit 2006 alle zwei bis drei Monate in Behandlung ist, hat auf Grund des "momentanen psychopathologischen Befundes" ein Restleistungsvermögen von maximal drei Stunden angenommen. Der HNO-Arzt Dr. K. hat auf Grund der beim Kläger bestehenden Neuropathia vestibularis rechts Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Gleichgewicht für ungeeignet erachtet. Bei der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers spiele seiner Ansicht nach der psychische Zustand eine große Rolle, weshalb er sich nicht im Stande sehe, eine Leistungsbeurteilung abzugeben.
Das Sozialgericht hat weiterhin von Amts wegen den Nervenarzt Dr. H. mit der Erstellung eines Gutachtens von Amts wegen beauftragt. Dr. H. hat auf Grund der ambulanten Untersuchung im Mai 2012 eine fragliche leichte Fußheberschwäche rechts ohne funktionelle Leistungseinschränkung und eine depressive Erkrankung, aktuell leichte depressive Episode im Grenzbereich zu mittelgradig, diagnostiziert und leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich für zumutbar erachtet. Zu vermeiden seien auf Grund der vorliegenden Depression eine Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, Arbeiten mit besonders hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration sowie Arbeiten mit einer besonders hohen Verantwortung und einer hohen geistigen Beanspruchung. In einer ergänzenden Stellungnahme vom Mai 2013 hat Dr. H. seine Einschätzung bestätigt. In einem Befundbericht auf Anforderung des Sozialgerichts Heilbronn vom Juli 2013 hat Dr. S. von einem psychopathologisch im Wesentlichen unveränderten Befund beim Kläger berichtet und ein chronifiziertes Schmerzsyndrom bei NPP L4/L5 und eine rezidivierende depressive Störung diagnostiziert.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2013 hat das Sozialgericht Heilbronn die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. H. gestützt.
Gegen den dem Kläger am 08.10.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 07.11.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten sich bei ihm weiter verschlechtert. So habe die depressive Erkrankung zugenommen und würde es ihm keinesfalls gestatten, dass er noch eine berufliche Tätigkeit in nennenswertem Umfang ausführen könne. Er gehe vielmehr von einer schwergradigen depressiven Störung aus.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 02.10.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 27.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.04.2011 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die aus ihrer Sicht sachgerechten Entscheidungsgründe in der angefochtenen Entscheidung sowie eine im Laufe des Berufungsverfahren vorgelegte Stellungnahme des Dr. N. , Facharzt unter anderem für Psychiatrie und Psychotherapie, vom Dezember 2014.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Prof. Dr. E. , Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat beim Kläger auf Grund ambulanter Untersuchung im Oktober 2014 eine depressive Episode mit somatischem Syndrom diagnostiziert. Auch ein Parkinson-Syndrom könne aber die Symptomatik auslösen. Der Kläger könne nur noch einfache körperliche Tätigkeiten ausüben, dies sei ihm aktuell nur vier Stunden täglich möglich. Möglicherweise, so der Sachverständige, handele es sich um eine Momentaufnahme. Es sei mit einer Verbesserung zu rechnen, so dass die genannten Einschränkungen voraussichtlich ganz oder zum Teil entfallen werden, da vieles für einen fluktuierenden Verlauf mit spontaner Besserung spreche und die Therapiemöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien. Dr. N. hat hierzu für die Beklagte im Dezember 2014 Stellung genommen und dargelegt, weshalb die Beklagte dem Gutachten nicht folgen könne.
Der Senat hat weiterhin von Amts wegen eine Begutachtung durch Prof. Dr. S. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, veranlasst. Dieser hat beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradige depressive Episode, diagnostiziert. Des Weiteren liege beim Kläger ein vordiagnostiziertes chronisches Schmerzsyndrom bei Bandscheibenvorfall L4/L5 sowie eine Neuropathia vestibularis rechts vor. Auf Grund einer Minderung der Stressbelastbarkeit kämen Erwerbstätigkeiten, die mit erhöhter psychovegetativer Belastung einhergingen, für den Kläger nicht in Frage, ebenso wenig Tätigkeiten, die anhaltend hohe Anforderungen an die Aufmerksamkeitsleistung abverlangten und Tätigkeiten, die die zielgerichtete Gestaltung interpersoneller Kontakte umfassten. Auf Grund des chronischen Schmerzsyndroms seien körperlich schwere und anhaltende mittelschwere Arbeiten sowie Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen auszuschließen. Letztlich seien auf Grund der Neuropathia vestibularis und der angegebenen Schwindelneigung Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten und sonstige Tätigkeiten, die erhöhte Standsicherheit verlangen würden, auszuschließen. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen könne der Kläger weiterhin vollschichtig, d.h. bis zu acht Stunden an fünf Tagen pro Woche leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben. Der Kläger sei weiterhin schon nach eigenen Angaben in der Lage, regelmäßig 20 bis 30 Minuten zu ebener Erde zu gehen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und selbstständig einen PKW zu führen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 27.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht festzustellen, dass der Kläger auf Grund der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen in seinem beruflichen Leistungsvermögen in einem rentenrelevanten Ausmaß eingeschränkt ist und eine Erwerbsminderung vorliegt. Der geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung besteht nicht.
Das Sozialgericht hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs (§ 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI sowie § 240 SGB VI) im Einzelnen dargelegt, darauf hingewiesen, dass ein Anspruch nach § 240 SGB VI schon auf Grund des Geburtsdatums des Klägers ausscheidet und zutreffend ausgeführt, weshalb beim Kläger auf nervenärztlichem Gebiet keine quantitative Leistungseinschränkung vorliegt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Auch die Ermittlungen im Berufungsverfahren rechtfertigen keine andere Beurteilung. Vielmehr haben diese bestätigt, dass beim Kläger Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet ganz im Vordergrund stehen, er ungeachtet dieser aber noch im Stande ist, wenigstens leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen auszuüben. Danach dürfen dem Kläger keine Tätigkeiten mit erhöhter psychovegetativer Belastung (beispielsweise durch erhöhten Zeitdruck oder Nachtarbeit), mit anhaltend hohen Anforderungen an die Aufmerksamkeitsleistung (etwa an gefährlichen Maschinen), Tätigkeiten, die mit zielgerichteter Gestaltung interpersoneller Kontakte einhergehen (beispielsweise Publikumsverkehr), Tätigkeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen und auf Leitern oder Gerüsten bzw. sonstige Tätigkeiten, die eine erhöhte Standsicherheit erfordern, abverlangt werden.
Dies entnimmt der Senat vor allem dem Gutachten des Prof. Dr. S. , welches ganz überwiegend in Übereinstimmung mit demjenigen von Dr. B. im Verwaltungsverfahren und von Dr. H. im erstinstanzlichen Verfahren steht. Danach liegt beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig leichtgradiger depressiver Episode vor, so Prof. Dr. S ... Auch Dr. H. hat eine leichte depressive Episode im Grenzbereich zu mittelgradiger Ausprägung festgestellt; bei Begutachtung durch Dr. B. war die depressive Gesundheitsstörung sogar remittiert. Die Beurteilung der Sachverständigen wird vom psychopathologischen Befund bestätigt. Zwar ist die Stimmungslage und die emotionale Schwingungsfähigkeit jeweils reduziert gewesen. Über diese Befundebene hinaus haben sich indes keine weiteren auffälligen Befunde gezeigt. So ist das formale Denken ungestört gewesen, kognitive Funktionsdefizite in Bezug auf das Durchhalte-, Auffassungs- und Konzentrationsvermögen bzw. die mnestischen Funktionen haben sich nicht feststellen lassen, ebenso nicht motorische oder kognitive Zeichen pathologisch verstärkter Ermüdbarkeit oder eine erhebliche Antriebsminderung. Vielmehr hat Prof. Dr. S. im Rahmen seiner Begutachtung eine Antriebshemmung überhaupt nicht feststellen können. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang sicherlich auch, dass der Kläger bei Prof. Dr. S. berichtet hat, vor knapp zwei bis drei Jahren, d.h. also bei laufendem Rentenverfahren, ein Dreifamilienhaus gekauft zu haben, in welchem er wohne und die übrigen Wohnungen vermieten wolle. Das gesamte klinische Erscheinungsbild rechtfertigt demnach insgesamt, so Prof. Dr. S. , die Feststellung eines leichtgradigen depressiven Syndroms, wobei sich insgesamt das Bild einer langjährig wiederkehrend auftretenden, zwischendurch sogar remittierten depressiven Symptomatik ergibt. Eine schwerergradige depressive Störung, etwa eine mittelgradige oder gar schwergradige depressive Episode, so Prof. Dr. S. , lässt sich anhand der Querschnittspsychopathologie nicht diagnostizieren. Vor diesem Hintergrund schlüssig und nachvollziehbar kommen sowohl Dr. H. wie auch Prof. Dr. S. (und ebenso Dr. B. ) übereinstimmend zum Ergebnis, dass über die genannten qualitativen Leistungseinschränkungen hinaus eine quantitative Leistungsminderung auf Grund der psychischen Erkrankung beim Kläger nicht vorliegt. Es sind eben gerade keine Gesundheitsstörungen festzustellen, die etwa durch krankheitswertige Beeinträchtigungen des Willens, des Antriebs oder der Handlungssteuerung eine Wiederaufnahme eines beruflichen Engagements im Rahmen einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von wenigstens sechs Stunden unzumutbar machen würden (Prof. Dr. S. ).
Soweit demgegenüber Prof. Dr. E. beim Kläger von einem verbliebenen Leistungsvermögen von aktuell nur noch vier Stunden täglich für einfache körperliche Tätigkeiten ausgegangen ist, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Zutreffend hat bereits Dr. N. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass der von Prof. Dr. E. mitgeteilte psychopathologische Befund allenfalls einer leichten depressiven Episode zuzuordnen ist. Es werden überwiegend keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen festgestellt. Die vorgelegten Befunde und Schlussfolgerungen sind auch in sich nicht schlüssig. Soweit er im Rahmen der sozialmedizinischen Einschätzung eine Antriebshemmung mit vorschneller Erschöpfbarkeit beim Kläger berücksichtigt wissen will, hat demgegenüber Prof. Dr. S. solche Befunde gerade nicht festgestellt. Weder hat Prof. Dr. S. eine solche Antriebshemmung beschrieben, noch haben sich im Rahmen der Untersuchung Zeichen für eine vorschnelle Erschöpfbarkeit gezeigt. Auch bleibt unklar, ob Prof. Dr. E. von einer einfachen Episode einer depressiven Erkrankung oder einem rezidivierenden Verlauf ausgeht. Bei der von ihm gestellten Diagnose einer "depressiven Episode mit somatischem Syndrom" verzichtet er auf die Verwendung der ICD-10-Codierung, die für die Kennzeichnung des Schweregrades von Bedeutung wäre. Obwohl Prof. Dr. E. selbst das Ausmaß noch möglicher sozialer und beruflicher Aktivitäten im Alltag bei der Beurteilung des Schweregrades einer Episode als hilfreich beurteilt, fehlt es nahezu vollständig an der Erhebung solcher Alltagsaktivitäten. Es findet sich - so zutreffend Dr. N. - keine Darstellung der Krankheitsvorgeschichte, keine Arbeits- und Sozialanamnese, keine Exploration der sozialen Integration am Arbeitsplatz, keine wesentliche Selbsteinschätzung des Klägers, keine Benennung der familiären oder sonstigen sozialen Integration, keine Untersuchung der lebenspraktischen Fertigkeiten hinsichtlich einer selbstständigen Lebensführung und keine insoweit verwertbare Schilderung des üblichen Tagesablaufs. Angesichts des gegenüber den übrigen Sachverständigen diskrepanten psychopathologischen Befundes wie auch der diskrepanten diagnostischen Zuordnung des Krankheitsbildes - soweit nachvollziehbar - führt das Fehlen einer solchen nachvollziehbaren Konsistenzprüfung zu erheblichen Zweifeln insbesondere auch an der sozialmedizinischen Leistungseinschätzung und kann sich der Senat - gerade auch vor dem Hintergrund der von Prof. Dr. S. eben nicht festgestellten Antriebshemmung und vorschnellen Erschöpfbarkeit - vom Vorliegen der dort geäußerten quantitativen Leis¬tungs¬einschränkungen nicht überzeugen. Soweit Prof. Dr. E. den Verdacht (bzw. die Möglichkeit eines) Parkinsonsyndroms anspricht, verweist Prof. Dr. S. zutreffend darauf, dass jener selbst nur über diskrete neurologische Auffälligkeiten berichtet und insbesondere Feststellungen über weitere Phänomene, die zu einer Parkinson-Symptomatik gehören, vermissen lässt. Prof. Dr. S. wiederum hat seinerseits keine entsprechenden neurologischen Auffälligkeiten beim Kläger festgestellt. Entsprechende Feststellungen finden sich auch nicht in den Gutachten von Dr. H. und Dr. B. , eben so wenig wie in der Stellungnahme des langjährigen Behandlers auf nervenärztlichem Gebiet, Dr. S ... Damit kann vom Vorliegen eines Parkinsonsyndroms nicht ausgegangen werden; hieraus resultierende Funktionsbeeinträchtigungen über die bereits gewürdigte depressive Erkrankung hinaus hat Prof. Dr. E. auch nicht angeführt. Letztendlich relativiert Prof. Dr. E. selbst seine Leistungseinschätzung, soweit er darauf hinweist, es handele sich möglicherweise um eine "Momentaufnahme", so zutreffend Dr. N ... Darüber hinaus geht Prof. Dr. E. - ohne dass es nach dem Vorherigen darauf noch ankäme - davon aus, dass beim Kläger angesichts des fluktuierenden Verlauf mit spontaner Besserung mit einer Verbesserung in der Zukunft unter vollständigem oder doch wenigstens teilweisem Wegfall der genannten Einschränkungen zu rechnen sei. Die durch eine psychische Störung bedingte Einschränkung der Leistungsfähigkeit muss indes voraussichtlich auf längere Zeit vorliegen, um eine Erwerbsminderung zu rechtfertigen. Denn seelisch bedingte Störungen scheiden für die Begründung einer Erwerbsminderung aus, die der Betroffene bei der ihm zuzumutenden Willensanspannung aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe sogleich oder innerhalb eines halben Jahres überwinden kann, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist (BSG, Urteil vom 01.07.1964, 11/1 RA 158/61 in SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO).
Beim Kläger liegt weiterhin ein chronisches Schmerzsyndrom bei Bandscheibenvorfall L4/L5 vor, auf Grund dessen der Kläger bereits langjährig unter nicht unwesentlichen wirbelsäulenbedingten Schmerzen leidet, wobei indes seit 2009, wie der Stellungnahme des langjährig ambulant behandelnden Nervenarztes Dr. S. vom November 2009 entnommen werden kann, die psychiatrischen Probleme im Vordergrund standen. Diesem chronischen Schmerzsyndrom kann durch die Vermeidung körperlich mittelschwerer und schwerer Arbeiten sowie insbesondere von Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen ausreichend begegnet werden, so Prof. Dr. S. und zuvor bereits Dr. B ... Zur gleichen Beurteilung sind die beiden behandelnden Ärzte auf orthopädischem bzw. chirurgischem Gebiet, Dr. B. und Dr. F., gelangt. Eine quantitative Leistungseinschränkung resultiert hieraus gleichermaßen nicht. Gleiches gilt für die Neuropathia vestibularis und die in diesem Zusammenhang angegebene Schwindelneigung. Auch diese schließt lediglich Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten und sonstige Tätigkeiten mit Anforderungen an eine erhöhte Standsicherheit aus, ohne aber ein Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkte unter Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkung in quantitativer Hinsicht in Frage zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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