L 5 R 36/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 142/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 36/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 22.11.2013 aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2011 verurteilt unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls im Februar 2015, beginnend ab dem 01.09.2015 bis einschließlich 31.01.2017 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet dem Kläger die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Der im Jahr 1959 geborene Kläger hat den Beruf des Bauschlossers erlernt. Nach seiner Ausbildung in den Jahren 1975 bis 1978 hat er bis 1998 als Betriebsschlosser gearbeitet. Im Zeitraum von 1998 bis 2007 war der Kläger mit einem Fitness-Center selbstständig tätig. Ab 01.11.2007 nahm er sodann eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als Außendienstmitarbeiter an. Ab dem 30.04.2010 war der Kläger arbeitsunfähig und bezog nach Beendigung der Lohnfortzahlung vom 11.06.2010 bis 31.05.2011 Krankengeld. Zum 30.06.2011 erfolgte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Krankheit. Seit 01.07.2011 ist der Kläger mit Ausnahme der Zeit vom 01.02.2013 bis 07.05.2013, in der er als Außendienstmitarbeiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.

Im Versicherungsverlauf des Klägers sind Pflichtbeitragszeiten durchgehend vom 01.08.1975 bis 28.02.1998 gespeichert. Zwischen März 1998 und Oktober 2007 sind keine Pflichtbeitragszeiten oder sonstige Zeiten gespeichert. Im Anschluss sind erneut sämtliche Monate zwischen November 2007 bis 31.12.2014 mit Pflichtbeitragszeiten belegt (Versicherungsverlauf der Beklagten vom 16.09.2015).

Zwischen dem 01.09. und 29.09.2010 führte der Kläger auf seinen Antrag vom 18.05.2010 eine Maßnahme der Rehabilitation in der Reha-Klinik K. in N. durch. Dort wurden folgende Diagnosen gestellt:

1. Persistierendes, massives HWS-Syndrom mit chronifizierter Schmerzsymptomatik und erheblichen Bewegungseinschränkungen bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen. 2. Schlafapnoe-Syndrom, CPAP-Therapie. 3. Leichte Übergewichtigkeit BMI 30 kg/qm mit Hyperlipidämie.

Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig. Auch leichte Tätigkeiten seien nur noch unter drei Stunden täglich möglich (Entlassungsbericht vom 30.09.2010).

Der Kläger beantragte daraufhin am 21.02.2011 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Im Antrag gab er an, sich seit dem April 2000 aufgrund von Problemen im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule für erwerbsgemindert zu halten.

Mit Bescheid vom 15.03.2011 lehnte die Beklagte die Gewährung der beantragten Rente ohne weitere medizinische Ermittlungen ab. Zwar sei der Kläger seit dem 18.05.2010 dauerhaft voll erwerbsgemindert. Zu diesem Zeitpunkt lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jedoch nicht vor. Innerhalb eines hier maßgeblichen Zeitraums vom 18.05.2005 bis zum 17.05.2010 seien nicht die notwendigen 36 Monate, sondern nur 31 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt.

Hiergegen richtet sich der am 29.03.2011 erhobene Widerspruch des Klägers. Ihm sei zum 30.06.2011 gekündigt worden, obwohl er in der Lage gewesen sei, seine Tätigkeit weiterhin auszuüben. In der Zeit vom 01.07.2011 bis zum 18.09.2011 habe er Arbeitslosengeld bezogen. Die fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit sei erst ab dem 19.09.2011 wieder eingetreten. Es könne nicht von einem Leistungsfall am 18.05.2010 ausgegangen werden, da er 2011 noch arbeitsfähig gewesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2011 wies die Beklagte den Widerspruch ohne weitere Ermittlungen zurück. Es sei von einem Leistungsfall am 18.05.2010 auszugehen. Zu diesem Zeitpunkt hätten die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen.

Hiergegen richtete sich die am 12.01.2012 zum Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage. Zur Begründung wiederholte und vertiefte der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Der Leistungsfall sei keineswegs am 18.05.2010 eingetreten.

Während des laufenden Klageverfahrens absolvierte der Kläger vom 14.02.2012 bis zum 06.03.2012 eine weitere stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der H.-Klinik Bad E ... Laut Entlassbericht vom 14.03.2012 lagen folgende wesentliche Gesundheitsstörungen vor:

1. Cervicobrachialgien beidseits bei degenerativen Veränderungen, Bandscheibenvorfall C3/4 und C4/5 mit foraminaler Enge li. ) rechts sowie bilateraler Enge C7/Th 1 2. Restless-Legs-Syndrom beidseits 3. Erschöpfung 4. Schlafapnoe-Syndrom, geräteversorgt.

Seine letzte Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter könne der Kläger nur noch unter drei Stunden wahrnehmen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei er vollschichtig leistungsfähig. In qualitativer Hinsicht bestünden Einschränkungen bezüglich des Bewegungs- und Haltungsapparates. Regelmäßiges Heben, Tragen und Bewegen von schweren und mittelschweren Lasten sowie regelmäßige Arbeiten über Kopf seien nicht zumutbar.

Das SG zog zunächst das von Dr. R., Ärztin der Agentur für Arbeit, auf der Grundlage des Entlassberichts der H.-Klinik erstattete Gutachten nach Aktenlage vom 27.04.2012 bei, wonach der Kläger leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten könne.

Unter Berücksichtigung dieser Unterlagen trat die Beklagte der Klage unter Vorlage der Stellungnahme von OMR F. vom 12.09.2012 mit der Begründung entgegen, dass der Kläger seit dem 14.02.2012 im Hinblick auf den allgemeinen Arbeitsmarkt auch quantitativ nicht mehr eingeschränkt sei. Der Gesundheitszustand habe sich bezüglich der Rückenbeschwerden massiv verbessert. Hinweise auf den Eintritt der vorher vorhandenen quantitativen Einschränken nach dem 18.05.2010 gebe es nicht.

Das Gericht befragte sodann die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Der Chirurg Dr. B. hielt in seiner sachverständigen Zeugenaussage unter dem 03.12.2012 den Kläger für vollschichtig leistungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Seit der Entlassung aus der letzten Reha habe sich der Zustand des Klägers nicht verschlechtert. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. H. wollte in seiner Stellungnahme vom 23.01.2013 keine Aussage über den Kläger treffen, da er ihn am 03.08.2011 letztmalig gesehen habe. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. sah sich in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 26.02.2013 ebenfalls nicht in der Lage, eine Leistungseinschätzung abzugeben, da er den Kläger nur vom 20.06.2011 bis zum 16.03.2012 behandelt habe, ihn also seit einem Jahr nicht mehr untersucht habe. Im u.a. beigefügten Arztbrief vom 21.06.2011 führte er aus, dass der Kläger seit Jahren drei bis vier Tabletten Ibuprofen täglich einnehme. Orthopäde Dr. R., St. Sch. G., Wirbelsäulenzentrum, übermittelte unter dem 08.03.2013 den Arztbrief über die einmalige Vorstellung des Klägers am 13.07.2010.

Darüber hinaus wurde der letzte Arbeitgeber des Klägers bezüglich des Tätigkeitsbildes der ausgeübten Beschäftigung befragt. Dieser erklärte mit Schreiben vom 12.07.2013, dass der Kläger als Mitarbeiter im Außendienst hauptsächlich Kunden besucht habe. Dafür sei er viel mit dem PKW gefahren. Er habe Lasten im Rahmen von 10 bis 15 Kilogramm heben und tragen müssen. Die Berufsausbildung des Klägers sei dem Arbeitgeber nicht bekannt und die Tätigkeit tariflich nicht erfasst gewesen. Er habe keine Vorgesetztenfunktion innegehabt. Die Anlernzeit der Tätigkeit habe zwischen drei und zwölf Monaten betragen.

Mit Schreiben vom 18.11.2013 gab Dr. B. auf Anforderung des Klägers eine weitere Stellungnahme ab und erklärte, dass sich die Beschwerden des Klägers nicht gebessert hätten. Daher und wegen der Therapieresistenz der Beschwerden sei die Leistungseinschätzung zu revidieren. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten.

Mit Urteil vom 22.11.2013 wies das SG die Klage ab. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien frühestens bei einem Leistungsfall im Oktober 2010 erfüllt, weshalb ein vorher eingetretener Leistungsfall nicht zu einer Rente führen könne. Ab dem Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sei ein Leistungsfall nicht erkennbar. Der Kläger sei seit Oktober 2010 ununterbrochen in der Lage gewesen, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden am Tag zu verrichten. Die Kammer stütze sich insoweit auf den Entlassbericht der H.-Klinik und die ursprüngliche Aussage von Dr. B ... Demnach stünden beim Kläger die orthopädischen Beschwerden im Vordergrund. Die Diagnosen seien weit davon entfernt, eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens zu bedingen. Soweit im Bericht der H.-Klinik konkrete qualitative Leistungseinschränkungen beschrieben würden, seien diese bereits vom Begriff der "leichten Tätigkeiten" umfasst, sodass der Kläger noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kläger sei als einfach angelernter Arbeiter tätig gewesen und damit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar.

Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten des Klägers mittels Empfangsbekenntnis am 03.12.2013 zugestellt.

Am 03.01.2014 hat der Kläger gegen das Urteil des SG Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass das SG den medizinischen Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt habe. Das SG wäre gehalten gewesen, eine fachorthopädische Begutachtung des Klägers zu veranlassen. Im von der früheren Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermin hat der Kläger am 20.11.2014 einen Arztbrief des Orthopäden R., Sp.-R. vom 17.11.2014 vorgelegt (Befund u.a.: an der HWS Beweglichkeit von 5-0-5°, deutliche Schmerzhaftigkeit, Seitneigung 5-0-5°).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 22.11.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2011 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit in gesetzlicher Höhe ab 01.02.2012 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihren Vortrag im Klageverfahren und die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Der Senat hat den Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie sowie spezielle Unfallchirurgie Dr. D. von Amts wegen mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 02.06.2014 (mit ergänzender Stellungnahme vom 28.07.2014) hat Dr. D. nach einer Untersuchung am 16.04.2014 eine etwa 40 %- ige Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule bei kernspintomographisch objektivierten vermehrten Verschleißerscheinungen in den körpernahen zwei Dritteln, ein sensibles Nervenwurzelreizsyndrom (im Sinne eines Taubheitsgefühls) entsprechend Dermatom C8 beidseits und partiell vom Dermatom C7 rechts sowie eine allenfalls ganz endgradig eingeschränkte Rückneigbeweglichkeit der Brustwirbelsäule, eine 20 %-ige Entfaltbarkeitshemmung der Lendenwirbelsäule bei kernspintomographisch dokumentierten mittelgradig vermehrten Verschleißerscheinungen im Sinne einer Chondrose, Spondylose und Spondylarthrose im Bewegungssegment L5/S1 ohne Nachweis sensibler oder motorischer Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Lendenwirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven, eine endgradig eingeschränkte nach speichenwärts geführte Beweglichkeit im rechten Handgelenk sowie eine um 2/3 reduzierte Beweglichkeit der Kleinzehen auf Grund einer Hammerzehenbildung diagnostiziert. Der Kläger könne daher schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, Überkopfarbeiten und Arbeiten mit häufigem Bücken oder Arbeiten in gebückter Zwangshaltung nicht verrichten. Leichte Tätigkeiten des Arbeitsmarktes seien aus orthopädischer Sicht jedoch sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche möglich. Unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sei auch eine Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter im Umfang von sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche zu verrichten.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ferner ein orthopädisches Gutachten beim Facharzt für Orthopädie/Unfallchirurgie, spezielle orthopädische Chirurgie, Chirotherapie und Sportmedizin Dr. B. eingeholt. Der Sachverständige beschreibt in seinem Gutachten vom 10.02.2015 nach einer Untersuchung am selben Tag, dass dem Kläger das Aus- und Ankleiden mit etwas Mühe selbstständig gelinge, auch schon hierbei seien Einschränkungen in der HWS und LWS erkennbar. Zur Medikamenteneinnahme habe der Kläger angegeben, dass er drei bis vier Ibuprofen 800 am Tag einnehme. Dr. B. benennt folgende Diagnosen: Chronisches fortgeschrittenes HWS-Syndrom, Cervicobrachialgien beidseits, ausgeprägte bandscheibenbedingte degenerative Veränderungen, relative Spinalkanalstenose ohne Myelomalazie, ausgeprägte und schmerzhafte weitgehend konzentrische Bewegungseinschränkung, schmerzhaft aufgehobene Reklinationsfähigkeit, muskulärer Hartspann, sensible Wurzelreizsyndrome, ohne Paresen, Indikation zur Versteifungsoperation und Dekompressionsoperation HWK 4/7, degenerative Veränderungen der BWS mit geringen Bewegungseinschränkungen, chronisches LWS-Syndrom, pseudoradikuläre Schmerzausstrahlungen in die Beine, degenerative Veränderungen vor allem im letzten präsakralen Segment, Muskelhartspann und statomyalgische Insuffizienz, deutliche und schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, ohne neurologische Ausfälle, Restless-Legs-Syndrom (unbehandelt, schlafraubend), Schlafapnoe-Syndrom unter CPAP gut kompensiert und anhaltende mittelgradig depressive Episode, soziale Ängste. Generell wären nur noch leichteste körperliche Tätigkeiten ohne jegliches Heben und Tragen sowie ohne die Einnahme von jeglichen Zwangshaltungen für den Rumpf und die Wirbelsäule möglich. Überkopf-Tätigkeiten seien wegen schmerzhafter Aufhebung der Reklinationsfähigkeit der HWS generell unzumutbar. Es müsste ein freier Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen eingehalten werden. Auch Klettern und Steigen und Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten und/oder Absturzgefahr seien nicht mehr zumutbar. Auch Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, Nacht-, oder Wechselschicht, Arbeiten an laufenden Maschinen, taktgebundene Arbeiten und Akkordarbeiten seien nicht leistbar. Auszuscheiden hätten auch Arbeiten unter ungünstigen Witterungsverhältnissen mit Einfluss von großen Temperaturschwankungen, Zugluft, Kälte und/oder Nässe und Arbeiten mit besonderer Anforderung an die nervliche Belastbarkeit und an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit. Da die Funktion der HWS allerdings hoch schmerzhaft praktisch vollständig aufgehoben sei, ergebe sich die Indikation zur cervicalen Dekompressions- und Versteifungsoperation HWK 4/7. Das Leistungsvermögen des Klägers sei in zeitlicher Hinsicht daher auch für leichteste Tätigkeiten unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen auf unter drei Stunden limitiert.

In seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 16.03.2015 hat Obermedizinalrat F. Einwände gegen die Leistungseinschätzung von Dr. B. erhoben. Insbesondere finde sich bei der Begutachtung keine Beschreibung der Beweglichkeit im Bereich der Halswirbelsäule bei Beobachtung außerhalb gezielter Untersuchungssituationen. Der Kläger fahre auch weiterhin einen PKW, was eine ausreichende Mindestbeweglichkeit der Halswirbelsäule voraussetze. Auch wenn die GdB-Bewertung für den vorliegenden Fall unerheblich sei, müsse doch berücksichtigt werden, dass der GdB von 30 gegen eine massiv eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule spreche, wie sie Dr. B. sehe. Schließlich spreche auch der von dem Gutachter beschriebene Tagesablauf gegen eine derart massive Leistungseinschränkung.

Der Kläger hat darüber hinaus den Arztbrief des Facharztes für Neurologie Dr. G. vom 30.09.2015 vorgelegt. Hierin werden auf nervenärztlichem Fachgebiet eine blande Polyneuropathie und ein Restless-Legs-Syndrom beschrieben sowie hinsichtlich letzterem Behandlungsoptionen benannt. Internist Dr. B. hat in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 03.11.2015 diesbzgl. ausgeführt, dass sich aus den Befunden und Diagnosen keine höhergradigen funktionellen Beeinträchtigungen entnehmen lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf deren Schriftsätze sowie der Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 15.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2011 ist rechtswidrig (geworden) und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat aufgrund eines im Februar 2015 eingetretenen Leistungsfalles Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.01.2017. Ein Rentenanspruch bereits ab Rentenantragstellung besteht dagegen nicht; insoweit ist die Berufung des Klägers unbegründet.

Zu entscheiden ist allein, ob der (rechtskundig vertretene) Kläger ab 01.02.2012 Anspruch auf befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI hat, nicht aber, ob er Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung oder Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI hat. Auch eine unbefristete Rente ist nicht im Streit. Denn der Kläger hat im Berufungsverfahren nur befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 01.02.2012 begehrt.

Gemäß § 34 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente, wenn die für die jeweilige Rente erforderliche Mindestversicherungszeit (Wartezeit) erfüllt ist und die besonderen versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen vorliegen.

Die persönlichen Voraussetzungen der Gewährung von voller Erwerbsminderungsrente sind im § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI geregelt. Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn das Leistungsvermögen krankheits- oder behinderungsbedingt auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzung der Gewährung von voller Erwerbsminderungsrente sind (i. W.) in § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI geregelt. Danach ist neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) erforderlich, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat. Gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 5 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat (§ 122 Abs. 1 SGB VI) vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Beitragszeiten bzw. mit Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist. Gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI ist eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (z.B. Arbeitsunfall, Wehr- oder Zivildienstbeschädigung; § 53 SGB VI).

1) Davon ausgehend kann der Senat offen lassen, ob der Kläger die persönlichen Voraussetzungen der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente zwischen April 2000 und September 2010 erfüllt hat, da es jedenfalls an der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzung fehlt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Gewährung von Erwerbsminderungsrente wären - worüber die Beteiligten nicht streiten - nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsminderung bis März 2000 bzw. nach dem 30.09.2010 eingetreten wäre; nur dann wären, was erforderlich wäre, da vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht jeder Monat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist, im davorliegenden Zeitraum mindestens 36 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Die Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist auch nicht nach § 43 Abs. 5 SGB VI entbehrlich. Die Voraussetzungen für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung liegen nach dem Vorbringen des Klägers nicht vor; hierfür gibt es auch keine Anhaltspunkte. Aus diesem Grund lässt der Senat lässt auch dahinstehen, ob im Zeitpunkt der Rehabilitation im September 2010 in N. bzw. bei Antragstellung im Mai 2010 die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erfüllt wären.

Zur Überzeugung des Senats war der Kläger auch bis einschließlich März 2000 in der Lage eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Zwar hat der Kläger in seinem Rentenantrag angegeben, dass er auf Grund seiner Beschwerden in der Halswirbelsäule sich in seiner Leistungsfähigkeit seit 2000 eingeschränkt fühlt. Eine entsprechende quantitative Leistungseinschränkung zu diesem Zeitpunkt hat jedoch keiner der befragten Ärzte angegeben und lässt sich den Unterlagen auch nicht entnehmen. Auch spricht die Tätigkeit des Klägers als Selbstständiger in einem Fitness-Studio bis zum Jahr 2007 und die anschließende vollschichtige Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter gegen einen Leistungsfall im Jahre 2000. Im Übrigen hat der Kläger im Widerspruchs- und Klageverfahren auch klargestellt, dass er von einer dauerhaften quantitativen Leistungseinschränkung erst im Jahr 2011 ausgeht.

2) Auch ein Leistungsfall, d.h. ein Absinken des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden pro Arbeitstag für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, nach Oktober 2010 bis zum Januar 2015 liegt zur Überzeugung des Senats nicht vor. Der Senat stützt sich dabei insbesondere auf das im Berufungsverfahren eingeholte fachorthopädische Fachgutachten von Dr. D ... Danach lag zwar eine end- bis mittelgradig eingeschränkte Beweglichkeit in sämtlichen Bewegungs-Richtungen der Halswirbelsäule vor, weshalb die Gesamtbeweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule etwa 40 % betrug. Außerdem führten Sensibilitätsstörungen in den Dermatomen C8 beidseits sowie partiell im Dermatom C7 rechts zu einem Taubheitsgefühl, das mit den im Kernspintomogramm objektivierten knöchernen Einengungen der entsprechenden Nervenaustrittstellungen durch die vermehrten Verschleißerscheinungen korreliert. Motorische Nervenwurzelreizerscheinungen der Spinalnerven C5, C6, C7 und C8 lagen bei regelrechter Kraftentfaltung bei Kraftprüfung der Kennmuskulatur aber nicht vor. Auch die Brustwirbelsäule war nur endgradig in der Rück-Neig-Beweglichkeit bei ansonsten freier Beweglichkeit eingeschränkt. Im Bereich der Lendenwirbelsäule war eine 20 %-ige Entfaltbarkeitshemmung bei anteilmäßig endgradiger eingeschränkter Rückneigbeweglichkeit und beidseits freier Dreh- und Seit-Neig-Beweglichkeit gegeben. Die Gesamtbeweglichkeitseinschränkung der Lendenwirbelsäule betrug damit etwa 5 %. Nachvollziehbar und schlüssig leitet der Gutachter aus diesen Befunden ab, dass der Kläger schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, d. h. regelmäßiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über sechs Kilogramm auf Grund der Einschränkung der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule nicht mehr verrichten kann. Auf Grund der Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule sind auch Überkopfarbeiten auszuschließen. Arbeiten mit häufigem Bücken oder Arbeiten in gebückter Zwangshaltung sind auf Grund der Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule ausgeschlossen. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sind in Übereinstimmung mit dem Gutachter jedoch noch sechs Stunden und mehr vollschichtig leistbar.

Diese Einschätzung wird auch durch den Reha-Entlassungsbericht der H.-Klinik vom 14.03.2012 gestützt. Auch diese hat in ihrem Reha-Entlassungsbericht bei vergleichbaren Befunden und Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig für möglich gehalten und lediglich qualitative Leistungseinschränkungen gesehen. Dem entspricht auch die Stellungnahme von Dr. B. vom 03.12.2012, der keine quantitative Leistungseinschränkung sah.

Auch die ärztliche Stellungnahme von Dr. B. vom 18.11.2013 vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Dieser teilt in seinem Schreiben weder Befunde noch Diagnosen mit, die einen Schluss auf eine Leistungseinschätzung zulassen. Im Übrigen geht Dr. B. selbst davon aus, dass während des laufenden SG-Verfahrens keine Gesundheitsänderung eingetreten ist. Seine geänderte Leistungseinschätzung lässt sich vor diesem Hintergrund nicht erklären.

Auch der Arztbrief des Orthopäden R. vom 17.11.2014 auf der Grundlage einer einmaligen Vorstellung des Klägers führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar zeigte sich bei dieser Untersuchung eine nahezu vollständige Bewegungseinschränkung seitens der HWS (Beweglichkeit - auch für Seitneigung - 5-0-5°) und der Kläger gab eine deutliche Schmerzhaftigkeit an. Der Orthopädie nennt trotz des geschilderten massiven Befundes von Seiten der Beweglichkeitseinschränkung jedoch keine Therapie und führt keine Behandlung durch, weshalb der Senat auf diese knappe Schilderung des Befundes (noch) keine quantitative Leistungseinschränkung zu stützen vermag.

Zur Überzeugung des Senats lässt sich eine quantitative Leistungseinschränkung auch nicht aus gesundheitlichen Beschwerden auf psychiatrischem Fachbereich herleiten. Im Reha-Entlassungsbericht der H.-Klinik Bad E. wird lediglich von einer Erschöpfung berichtet. Soweit von Dr. B. in seinem Gutachten vom 10.02.2015 eine mittelgradige depressive Episode angenommen hat, liegt dies nach dem hier zu diskutierenden Zeitraum. Im Übrigen hat Obermedizinalrat F. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 06.07.2015 darauf hingewiesen, dass diese Diagnose nicht nachvollziehbar ist und im Übrigen auch eine fachfremde Diagnose darstellt. Der Kläger war im Rahmen der Begutachtung bewusstseinsklar und in allen Qualitäten orientiert. Es bestand keine Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Konzentrationsstörung. Das formale und inhaltliche Denken war unauffällig. Es bestanden keine Wahnphänomene, keine Sinnestäuschung und Ich-Störungen. Affektiv war der Kläger modulationsfähig und ausgeglichen. Es bestanden keine zirkadianen Besonderheiten. Lediglich eine depressiv gefärbte Stimmungslage, die jedoch auflockerbar war, imponierte. Vor diesem Hintergrund lässt sich eine qualitative Leistungseinschränkung auf psychologisch-psychiatrischem Gebiet nicht begründen. Dementsprechend findet sich auch der Kläger nicht in entsprechender nervenärztlicher Behandlung.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht hinsichtlich der beim Kläger auf neurologischem Fachgebiet diagnostizierten (blanden) Polyneuropathie und des Restless-Legs-Syndroms. Dem Befundbericht des Dr. G. vom 30.09.2015 ist keine Leistungseinschränkung zu entnehmen. Hierauf weist auch Dr. B. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 03.11.2015 hin. Der Kläger gibt vielmehr selbst an, dass auch die Schlafprobleme nicht vornehmlich durch das Restless-Legs-Syndrom hervorgerufen werden. Dementsprechend hat aber auch der Reha-Entlassbericht der H.-Klinik hinsichtlich der schon damals bestehenden Erkrankung eine Leistungseinschränkung nicht gesehen.

Eine qualitative Leistungseinschätzung ergibt sich zur Überzeugung des Senats bis Januar 2015 schließlich auch nicht aus einer Gesamtschau der beim Kläger vorliegenden Erkrankungen. In Übereinstimmung mit den vorliegenden medizinischen Unterlagen und dem Vorbringen des Klägers stehen bei diesem ganz maßgeblich die Leiden auf orthopädischem Fachgebiet im Vordergrund. Durch die Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen ist diesen Leiden jedoch ausreichend Rechnung getragen. In Übereinstimmung mit dem Reha-Entlassungsbericht der H.-Klinik aus dem Jahr 2012 bedingen die nervenärztlichen Erkrankungen keine weitergehenden qualitativen Leistungseinschränkungen. Es ist daher auch in einer Gesamtschau sämtlicher Leiden ein vollschichtiges Leistungsvermögen bei qualitativen Leistungseinschränkungen anzunehmen.

Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend beim Kläger eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht, den qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand Rechnung getragen, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (BSG, Urteil vom 30.11.1983, - 5a RKn 28/82 -; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats (GS) vom 19.12.1996, - GS 2/95 -; siehe auch BSG, Urteil vom 05.10.2005, - B 5 RJ 6/05 R -, alle in juris). Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Wegefähigkeit vor.

Es war im Übrigen bis Januar 2015 im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die gewöhnliche Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI).

3) Zur Überzeugung des Senats ist jedoch ein Leistungsfall im Februar 2015 gegeben. Der Senat stützt diese Einschätzung auf das fachorthopädische Gutachten von Dr. B. vom 10.02.2015 aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers vom selben Tag. Dieser hat auf orthopädischem Fachgebiet ein chronisches fortgeschrittenes HWS-Syndrom, Cervicobrachialgien beidseits, ausgeprägte bandscheibenbedingte degenerative Veränderungen, relative Spinalkanalstenose ohne Myelomalazie, ausgeprägte und schmerzhafte weitgehend konzentrische Bewegungseinschränkung, schmerzhaft aufgehobene Reklinationsfähigkeit, muskulärer Hartspann, sensible Wurzelreizsyndrome, ohne Paresen, Indikation zur Versteifungsoperation und Dekompressionsoperation HWK 4/7, degenerative Veränderungen der BWS mit geringen Bewegungseinschränkungen, chronisches LWS-Syndrom, pseudoradikuläre Schmerzausstrahlungen in die Beine, degenerative Veränderungen vor allem im letzten präsakralen Segment, Muskelhartspann und statomyalgische Insuffizienz, deutliche und schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, ohne neurologische Ausfälle diagnostiziert. Die von Dr. B. genannten Diagnosen lassen sich schlüssig und widerspruchsfrei aus den von ihm erhobenen Befunden ableiten. Ganz im Vordergrund steht dabei die Erkrankung der HWS. Die Funktion derselben ist hoch schmerzhaft und praktisch vollständig aufgehoben. Dem entsprechen auch die vom Sachverständigen erhobenen Bewegungsmaße und die Schmerzmedikation. Insoweit hat der Beklagtenvertreter nach Rücksprache mit dem medizinischen Dienst in der Sitzung des Senats von einer Maximal- bzw. Überdosierung gesprochen. In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen ist damit im Februar 2015 eine massive gesundheitliche Verschlechterung dokumentiert, die das das Leistungsvermögen des Klägers nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ auf unter 3 Stunden limitiert.

Soweit Obermedizinalrat F. Einwände gegen das Gutachten erhoben hat, vermögen diese nicht durchzugreifen. Der Sachverständige hat es nicht unterlassen, die Beweglichkeit der Halswirbelsäule auch in unbeobachteten Momenten zu beschreiben. So hat der Gutachter insbesondere im Zusammenhang mit dem Aus- und Ankleiden bereits entsprechende Einschränkungen umschrieben. Auch die Befragung zum Tagesablauf lässt eine kritische Würdigung erkennen. Hinsichtlich der Nutzung des PKW hat der Kläger im Übrigen in der Sitzung vor dem Senat glaubhaft angegeben, dass er gerade wegen der Beschwerden der HWS allenfalls noch kurze Strecken mit dem Auto fährt und ansonsten weitgehend auf dieses verzichtet. Die Feststellung des GdB ist im Übrigen für die Frage der Erwerbsminderung nicht entscheidend. Darüber hinaus hat der Kläger aber in der mündlichen Verhandlung nochmals betont, dass er im Hinblick auf die eingetretene Verschlechterung einen Höherfeststellungsantrag gestellt hat. Eine Verschlechterung legt im Übrigen auch der der Arztbrief des Orthopäden R. vom 17.11.2014 nahe, wenn dort ebenfalls von einer massiven Einschränkung der Funktionsfähigkeit am Tag der Untersuchung berichtet ist. Auch wenn der Befundbericht nicht zur Feststellung eines Leistungsfalls (aus den oben genannten Gründen) genügt, so belegt er doch die von Dr. B. nach dem Gutachten von Dr. D. angenommene Verschlechterung die zur Aufhebung der Funktionsfähigkeit der HWS führte, die durch die Begutachtung durch Dr. B. im Februar 2015 dokumentiert ist.

Der Senat geht in Übereinstimmung dem Sachverständigen Dr. B. davon aus, dass der Leistungsfall der Erwerbsminderung zum Zeitpunkt der Begutachtung des Klägers im Februar 2015 eingetreten bzw. nachgewiesen ist. Ein Leistungsfall bereits im Januar 2015 lässt sich dem Gutachten nicht entnehmen, auch wenn der Sachverständige das aufgehobene Leistungsvermögen ab "Anfang 2015" annimmt. So geht der Sachverständige selbst von einer kontinuierlichen Verschlechterung aus. Ohne konkrete Befunde und Diagnosen für Januar 2015 kann in diesem Fall nicht von einem entsprechenden Leistungsfall ausgegangen werden. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung aufgrund eines im Februar 2015 eingetretenen Leistungsfalls liegen vor. Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 SGB VI) ist erfüllt. Im Zeitraum vom 09.02.2015 bis 10.02.2010 hat der Kläger mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinn des § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI.

Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn. Sie kann verlängert werden; dabei verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn. Verlängerungen erfolgen für längstens drei Jahre nach dem Ablauf der vorherigen Frist. Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann (§ 102 Abs. 2 SGB VI).

Im vorliegenden Fall schließt sich der Senat der Einschätzung von Dr. B. auch hinsichtlich der gesundheitlichen Prognose an. Danach ist nicht unwahrscheinlich, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Neben der von Dr. B. explizit genannten cervikalen Dekompressions- und Versteifungsoperation HWK 4-7 ist insbesondere auch die nochmalige Durchführung einer stationäre Rehabilitationsmaßnahme zu nennen, nachdem diese im Jahr 2012 zu einer maßgeblichen Besserung geführt hat. Folglich hat der Kläger - wie beantragt - nur einen Anspruch auf eine befristete Rente. Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet (§ 101 Abs. 1 SGB VI). Renten dürfen nur auf das Ende eines Kalendermonats befristet werden (§ 102 Abs. 1 Satz 3 SGB VI). Aus den genannten Bestimmungen folgt, dass bei einem Leistungsfall im Februar 2015 die Rente am 01.09.2015 beginnt. Entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen sollte in zwei Jahren nach der erfolgten Begutachtung ein Nachuntersuchung erfolgen, weshalb die Rente entsprechend zu befristen war. Demnach endet sie mit Ablauf des 31.01.2017.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat erachtet es als sachgerecht, dass die Beklagte von den außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren die Hälfte trägt.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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