L 4 KR 19/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 7 KR 63/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 KR 19/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 8. Mai 2001 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat den Klägerinnen auch die entstandenen außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Versorgung ihrer Versicherten mit Heilmitteln (Krankengymnastik und Massagen) vor Leistungserbringung und nach erfolgter ärztlicher Verordnung von einer vorherigen Genehmigung abhängig machen darf.

Die Klägerin zu 1) ist als Physiotherapeutin seit 01. April 1991 selbständig tätig. Sie ist für die Erbringung von Leistungen der Physikalischen Therapie gemäß § 124 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V – zugelassen und dem Vertrag nach § 125 Abs. 2 SGB V über physiotherapeutische Leistungen zwischen dem VdB-Physiotherapeutenverband e. V. u. a. und dem AOK Bundesverband/Bonn u. a. vom 03. September 1990 und Nachfolgeverträgen beigetreten.

Die Klägerin zu 2) ist Mitglied der Beklagten. Sie ist an multipler Sklerose erkrankt. Ihr wurde von dem Nervenarzt Dr. med. E. B. mit ärztlicher Verordnung vom 04. April 2000 6 x Krankengymnastik nach Bobath in häuslicher Anwendung verordnet.

Im März 2000 wandte die Beklagte sich mit einem Faltblatt "Massagen und Krankengymnastik Neuregelung ab 01. April 2000" an ihre Mitglieder und führte u. a. aus, dass ab 01. April 2000 Verordnungen von Krankengymnastik und Massagen vor der Leistungserbringung von ihr zu genehmigen seien. Das Faltblatt hatte u. a. folgenden Wortlaut:

"Ab 01. April 2000 sind Verordnungen von Krankengymnastik und Massagen vor Beginn der Behandlung von Ihrer AOK zu genehmigen. Diese Zustimmung dient Ihrer Sicherheit: So können Sie sich darauf verlassen, dass die AOK als gesetzliche Krankenkasse die Kosten übernehmen darf und der Physiotherapeut seine Leistungen mit uns abrechnen kann"

Die Beklagte informierte im März 2000 auch die Klägerin zu 1) über die beabsichtigte Neuregelung und führte u. a. aus:

"Damit Sie sichergehen, dass wir verordnete Leistungen übernehmen, werden Sie bitte bei Verordnungen ab Ausstellungsdatum 01. April 2000 nicht ohne Genehmigung tätig."

Mit der am 26. April 2000 vor dem Sozialgericht Potsdam zusammen mit dem Deutschen Verband für Physiotherapie - Zentralverband der Physiotherapeuten/Krankengymnasten (ZVK) e. V., Landesverband Brandenburg im ZVK e. V. erhobenen Klage, haben sich die Klägerinnen gegen die Einführung einer Genehmigungspflicht von ärztlich verordneten Leistungen gewandt.

Zur Begründung haben sie geltend gemacht, dass die eingeführte Genehmigungspflicht von Verordnungen im Bereich der Physiotherapie zum 01. April 2000 gegen geltendes Recht verstoße. Jede medizinisch indizierte ärztliche Verordnung physiotherapeutischer Leistungen begründe gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V den Anspruch des Patienten auf eine die Versorgung mit Heilmitteln umfassende Krankenbehandlung. Dieser Anspruch werde beeinträchtigt, wenn sich die Beklagte selbst ermächtige, über ihre Leistungspflicht autonom zu entscheiden. Die Kompetenz zur Konkretisierung des subjektiv-öffentlichen Rechts auf Krankenbehandlung der kassenärztlichen Versorgung sei auf den Bundesausschuss Ärzte/Krankenkassen übertragen worden. Einzig dieser Ausschuss sei legitimiert, durch Richtlinien zur Sicherung der kassenärztlichen Versorgung im Rahmen des Möglichen abstrakt-generelle Maßstäbe aufzustellen, fortzuschreiben und jederzeit zu korrigieren, nach denen das im Einzelfall medizinisch Notwendige sowie dessen Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Erforderlichkeit zu beurteilen sei.

Die Feststellung des medizinisch Notwendigen unterliege weder einem Bestimmungsrecht des Versicherten noch der Wahl oder hoheitlichen Entscheidung der Krankenkasse. Ausschlaggebend sei vielmehr, dass ein an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmender und dadurch mit der erforderlichen Rechtsmacht beliehener Arzt als Kassenarzt das Vorliegen einer Krankheit feststelle und eine medizinisch nach Zweck und Art bestimmte Dienst- oder Sachleistung zu ihrer Behandlung verordne. Die Beklagte müsse sich die kompetenzgemäße kassenärztliche Tätigkeit zurechnen lassen. Durch die eigenmächtige Einführung der Genehmigungspflicht werde zudem in das gesetzlich verbriefte Recht der Heilmittelverbände auf Verfahrensteilhabe eingegriffen. Gemäß § 125 SGB V sei die Beklagte verpflichtet, die Einzelheiten der Versorgung mit Heilmitteln, die Preise und das Abrechnungsverfahren durch Verträge zu vereinbaren. Die Mitwirkung der Beklagten bei der Leistungserbringung in Form einer vorherigen Bewilligungsentscheidung sei angesichts der großen Zahl von Behandlungsfällen auch nicht praktikabel und deshalb in den die vertragsärztliche Versorgung regelnden Vorschriften nur ausnahmsweise für die Fälle der Schönheitsoperationen und des stationären Krankenhausaufenthaltes vorgesehen.

Das streitige Genehmigungsverfahren sei auch nicht zweckmäßig. Es behindere die Klägerin zu 1) in ihrem freien Zugang zum Patienten und stelle daher einen unzulässigen Eingriff in ihre Berufsausübungsfreiheit dar.

Der Klägerin zu 2) sei es nicht zuzumuten, ein Service-Center der Beklagten persönlich aufzusuchen. Die eingeführte Genehmigungspflicht führe zu einer zeitlichen Verzögerung des Behandlungsbeginns, der Therapieerfolg könne dadurch erheblich eingeschränkt werden. Sachbearbeiter der Beklagten seien mangels medizinischer Ausbildung nicht fähig, die medizinische Notwendigkeit einer Heilbehandlung verbindlich festzustellen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Entscheidung des Sachbearbeiters, ob ein Heilmittel genehmigt werde oder nicht, nicht unter medizinischen, sondern unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten getroffen werde. Bei Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen –MDK- würden mehrere Wochen vergehen.

Die Beklagte könne sich nicht auf § 19 Satz 1 SGB IV berufen. Dieses ergebe sich aus den Heilmittelrichtlinien gemäß § 92 SGB V, und § 125 Abs. 2 SGB V. Es bleibe der Krankenkasse unbenommen, Genehmigungsregelungen in die Rahmenverträge zwischen den Krankenkassen und den Berufsverbänden einzubringen und vertraglich abzuschließen. Dieses sei im Rahmenvertrag im Land Berlin zwischen der AOK, der BKK, der IKK und dem ZVK und weiteren Berufsverbänden explizit vereinbart. Im Land Niedersachsen sei eine entsprechende Regelung getroffen worden. Die Genehmigungspflicht bei Hilfsmitteln sei nicht in jedem Fall auf die Versorgung mit Heilmitteln übertragbar. Die rechtliche Grundlage für einen Genehmigungsvorbehalt bei Hilfsmitteln sei daraus herzuleiten, dass für die Versorgung mit einem Hilfsmittel eine ärztliche Verordnung nicht Voraussetzung sei. Der Arztvorbehalt des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V greife insoweit nicht.

Die Klägerinnen haben ein Schreiben und ein Faltblatt der Beklagten vom März 2000, einen Auszug aus den Heilmittelrichtlinien Stand 10. Juni 1998 und eine Verordnung über Krankengymnastik vom 04. April 2000 des Dr. B., eine Kopie des Gesamtvertrages zwischen der AOK Berlin u. a. und dem Deutschen Verband für Physiotherapie Zentralverband der Krankengymnasten (ZVK) e. V. Landesverband Berlin e. V., eine Vereinbarung über die Abgabe physikalischer Leistungen für die gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen vom 21. März 1986 und einen Auszug aus den Heilmittelrichtlinien, Beschluss Bundesausschuss vom 06. Februar 2001 und ein Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg vom 08. Mai 2000 zur Gerichtsakte gereicht.

Nachdem im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08. Mai 2001 der Deutsche Verband für Physiotherapie-Landesverband Brandenburg im ZVK e. V. die Klage zurückgenommen hat, haben die Klägerinnen beantragt,

der Beklagten zu untersagen, die Ausführung von ärztlichen Verordnungen für physiotherapeutische Leistungen (hier: Krankengymnastik und Massagen) durch gemäß §§ 124, 125 SGB V zugelassene Praxen für Physiotherapie von einer vorherigen Genehmigung abhängig zu machen,

hilfsweise festzustellen, dass die Einführung einer vorherigen Genehmigungspflicht für ärztlich verordnete physiotherapeutische Leistungen (Krankengymnastik und Massagen) rechtswidrig ist.

Die Beklagte hat vor dem Sozialgericht beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Klage der Klägerin zu 1) unzulässig sei, da ihr ein Rechtsschutzbedürfnis fehle. Sie sei nicht in ihrer Berufsausübung eingeschränkt und habe lediglich darauf zu achten, dass im Falle der Versorgung eines Versicherten der Beklagten mit der ärztlichen Verordnung eine Genehmigung der Beklagten vorgelegt werde.

Grundlage für die Einführung der Genehmigungspflicht sei § 19 Satz 1 SGB IV. Der darin normierte Antragsgrundsatz gelte auch im Rahmen des SGB V. § 19 Satz 1 SGB IV gehe von einem Bestimmungsrecht des Versicherungsträgers über die zu erbringenden Leistungen aus. Die Anträge seien von den Versicherten gegenüber den Versicherungsträgern zu stellen, über die diese allein und ausschließlich zu entscheiden hätten. Abweichende Regelungen würden sich weder aus dem SGB V, noch aus den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien, noch aus dem Vertrag mit den Verbänden der Physiotherapeuten gemäß § 125 SGB V ergeben.

Der Vertragsarzt handele bei der Ausstellung der Verordnung kraft der ihm durch das Kassenarztrecht verliehenen Kompetenz als Vertreter der Krankenkasse und konkretisiere den dem Grunde nach bestehenden Anspruch des Versicherten auf Krankenbehandlung durch die Verordnung bestimmter Leistungen. Dieses gelte aber nur solange sich die Beklagte durch die Vertragsärzte vertreten lasse. Im Rahmen des § 30 Abs. 8 BMVÄ sei den Vertragsärzten bis zum 31. März 2000 die Entscheidungsbefugnis über die Versorgung mit Heilmitteln übertragen worden. Mit der Wiedereinführung der Genehmigungspflicht sei das Vertretungsverhältnis von der Beklagten derart geregelt worden, dass der Vertragsarzt hinsichtlich der bindenden Verpflichtung zur Leistungserbringung nunmehr als Vertreter ohne Vertretungsmacht handele. Damit sei die Beklagte nicht mehr zwingend an die Verordnung des Kassenarztes gebunden.

Mit der Genehmigungspflicht solle nicht die kompetenzgemäße kassenärztliche Tätigkeit ausgehebelt werden, sondern Verordnungen, die den Rahmen der kassenärztlichen Kompetenzen überschreiten, rechtzeitig vor Erbringung der Leistungen entgegengetreten werden. Damit werde auch nicht in die Kompetenz des Bundesausschusses Ärzte/Krankenkasse eingegriffen, da die Genehmigungspflicht nur die für den Versicherten und den konkreten Versicherungsfall verordnete Leistung zum Gegenstand habe und nicht abstrakt-generelle Maßstäbe aufgestellt würden.

Ein Recht auf Verfahrensbeteiligung bei der Einführung der Genehmigungspflicht folge nicht aus § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V. Diese Vorschrift würde das Beteiligungsrecht der Organisationen der Leistungserbringer bei der Aufstellung der generellen Richtlinien sichern. Bei der Genehmigungspflicht gehe es jedoch um die Einzelfallprüfung der verordneten Leistung. Ebenso wenig erfordere die Einführung der Genehmigungspflicht eine vertragliche Vereinbarung mit den Leistungserbringern. Auch die von der Klägerin vorgelegten Gesamtverträge aus Berlin und Niedersachsen zeigten, dass die Beteiligten dort von einer grundsätzlich bestehenden Genehmigungspflicht ausgingen.

Mit Urteil vom 08. Mai 2001 hat das Sozialgericht Potsdam unter Klageabweisung im Übrigen festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, in Form des Informationsblattes von Mitte 2000 die Kostenübernahme für von einem Vertragsarzt verordnete Krankengymnastik und Massage von einer vor Inanspruchnahme zu erteilenden Zustimmung der Beklagten abhängig zu machen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klagen als vorbeugende Feststellungsklagen zulässig seien.

Der von der Beklagten gewählte Weg zur Einführung einer Genehmigungspflicht für Heilmittel sei jedoch unzulässig. Die Beklagte sei nicht berechtigt, die von ihr ab 01. April 2000 beabsichtigte Genehmigungspflicht für ärztlich verordnete Krankengymnastik und Massagen lediglich in Form von Schreiben an die Bundesverbände der Physiotherapeuten und durch Faltblätter gegenüber den Versicherten einzuführen. Hinsichtlich der Faktoren Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit, Erforderlichkeit der zu erbringenden Leistungen und der Art und Weise der Leistungserbringung obliege der Beklagten die Entscheidung. Dieses könne, wie von der Beklagten beabsichtigt, über eine vorherige Genehmigungspflicht geregelt und geprüft werden. Wie sich jedoch aus §§ 92, 125 SGB V ergebe, seien die Einzelheiten über die Versorgung mit Heilmitteln, so auch über die Zweckmäßigkeit, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit in Rahmenempfehlungen, Richtlinien bzw. in Versorgungstexten mit den einzelnen Leistungserbringern bzw. ihren Berufsverbänden zu regeln. Die beabsichtigte Einführung einer vorherigen Genehmigungspflicht für Heilmittel stelle einen tiefgreifenden Eingriff sowohl in die Rechte der Klägerin zu 1) als auch in die Rechte der Klägerin zu 2) dar und könne nur auf der Grundlage einer Änderung des bestehenden Versorgungsvertrages bezogen auf das Land Brandenburg bzw. über eine Änderung der Heil- und Hilfsmittelrichtlinien eingeführt werden. Der von der Beklagten und der Klägerin zu 1) geschlossene Vertrag regele keinen Verzicht auf ein Genehmigungsrecht für Heilmittel. Dennoch lasse der vorliegende Versorgungsvertrag die Einführung einer Genehmigungspflicht nicht zu. Die Beklagte müsse sich zurechnen lassen, dass sie jahrelang auf eine vorherige Genehmigungspflicht verzichtet habe. Leistungserbringer und Versicherte würden Vertrauensschutz genießen.

Gegen das ihr am 23. Mai 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. Juni 2001 eingelegte Berufung der Beklagten. Die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften ließen auch eine Genehmigungspflicht für Heilmittel zu. Sinn und Zweck eines Antrages im verfahrensrechtlichen Sinne bestehe nach dem Verständnis der Beklagten darin, das Verwaltungsverfahren einzuleiten, im Rahmen dessen die Anspruchsvoraussetzungen der beantragten Leistungen zu prüfen und - wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen - die Leistung gegebenenfalls auch zu versagen. Der Einfluss des BMV-Ä auf das Versicherungsverhältnis zwischen dem Versicherten und der Beklagten könne dahinstehen, da sich die Genehmigungspflicht für Heilmittel aus § 19 SGB IV ergebe. Zwar sei für die Inanspruchnahme ärztlicher und zahnärztlicher Leistungen keine vorherige Antragstellung vorgesehen. Dieses beziehe aber weitergehende, vom Arzt veranlasste Leistungen nicht mit ein.

Mit den Feststellungen in den Heilmittelrichtlinien würden gesetzliche bzw. normativ wirkende vertragliche Regelungen konkretisiert, dadurch solle eine Gleichbehandlung der Versicherten und eine einheitliche Entscheidungspraxis gewährleistet werden. Die Regelungen der neuen Heilmittelrichtlinien seien als Indiz für die Auffassung der Beklagten zu werten, da der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkasse die Durchführung eines vom Gesetz nicht vorgesehenen Verwaltungsverfahrens nicht einführen könnte. Ein Ausschluss eines Verwaltungsverfahrens sei dort nicht geregelt. Eine Einführung eines Genehmigungsverfahrens mit den Heilmittelrichtlinien sei deshalb nicht erfolgt, weil dieses dann für alle Krankenkassen gegolten hätte, der Umgang mit Heilmittelverordnungen aber jeder Krankenkasse überlassen werden sollte. Dieses ginge weiter über die Ermächtigung in § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, Abs. 2 und Abs. 6 SGB V hinaus. Ausdrücklich werde in den Heilmittelrichtlinien festgestellt, dass die Entscheidung über einen Verzicht auf die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens durch die Krankenkasse getroffen werden könne und dieses der kassenärztlichen Vereinigung schriftlich mitzuteilen sei. Auch unterscheide der Bundesmanteltarifvertrag Ärzte in § 30 Abs. 8 zwischen Heil- und Hilfsmitteln. Für beide Arten von Leistungen komme danach eine Genehmigungspflicht in Betracht.

Auch das weiter gewählte Verfahren zur Überprüfung der Verordnungen durch Sachbearbeiter spräche nicht gegen das Verfahren. Die Entscheidungen über die Leistungsanträge würden in allen anderen Leistungsbereichen der Krankenkasse durch Servicemitarbeiter der Beklagten, gegebenenfalls unter Einbeziehung beratender Ärzte, getroffen. Wenn ein Verwaltungsverfahren als solches im Bereich der Heilmittel damit angegriffen werde, dass kein fachliches Personal die Verordnungen prüfe, würden auch die in anderen Bereichen anerkannten Genehmigungsverfahren in Frage gestellt. Außerdem würden die Leistungsentscheidungen der Beklagten unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Aspekte ergehen, da dieses vom Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 SGB V verlangt werde.

Weiterhin würden in dem Genehmigungsverfahren auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen geprüft, so das Mitgliedschaftsverhältnis zum Zeitpunkt der Leistungserbringung. Eine zeitnahe Überprüfung durch die Krankenkasse sei notwendig, da die Vorlage der Krankenversicherungskarte beim Arzt üblicherweise nur am Beginn des Abrechnungsquartals erfolge. Durch die Möglichkeit des Kassenwechsels und Problemen bei der Rückforderung von Karten bestünde ein erhebliches Prüfungsinteresse. Auf die Regelungen in den Verträgen zu den Leistungserbringern könne es nicht ankommen. Da die Beklagte eine eigene Rechtspersönlichkeit darstelle, könne zu Verträgen anderer Krankenkassen nichts gesagt werden. Sofern das Sozialgericht Potsdam zugunsten der Leistungserbringer und der Versicherten einen Vertrauensschutz dahingehend annehme, dass sich die Beklagte ihren jahrelangen Verzicht auf die Genehmigungspflicht zurechnen lassen müsse, würde dieses dazu führen, dass es der Beklagten unmöglich sei, eine Genehmigungspflicht für weitere Heilmittel einzuführen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 08. Mai 2001 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Die Klägerinnen haben schriftsätzlich beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das Urteil für zutreffend. Das SGB V habe die Konkretisierung des subjektiv-öffentlichen Rechts auf Krankenbehandlung der kassenärztlichen Versorgung wegen der medizinisch-wissenschaftlichen Komplexität der Regelungsmaterie allein auf den Bundesausschuss Ärzte/Krankenkasse übertragen. Die nunmehr gültigen Heilmittelrichtlinien - HMR - einschließlich des Heilmittelkataloges, die am 01. Juli 2001 in Kraft getreten seien, würden dieses bestätigen. Kerngedanke bei der Erstellung des Heilmittelkataloges sei gewesen, dass die Frage, ob eine und gegebenenfalls welche Krankheit bestehe und was zu ihrer Behandlung medizinisch notwendig sei, im Kern weder einem Bestimmungsrecht des Versicherten noch der Wahl oder hoheitlichen Entscheidung der Krankenkasse unterliegen dürfe. Die Heilmittelrichtlinien würden konkrete und eindeutige Maßgaben vorhalten, so dass die Einführung einer generellen Genehmigungspflicht rechtswidrig sei. Der Ausnahmecharakter der Ziffer 11.5 HMR für begründungspflichtige Verordnungen zeige, dass gerade für den Regelfall eine solche generelle Genehmigungspflicht nicht bestehe. Fehler bei der Verordnung rechtfertigten eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V und keine vorherige Einwirkung der Krankenkassen.

Weiter stelle sich die Frage, auf welcher Grundlage ein Sachbearbeiter vor Ort über die Leistungspflicht der Krankenkasse entscheide, da dieser über keine medizinische Ausbildung verfüge und daher nicht befähigt oder befugt sei, die medizinische Notwendigkeit einer Heilbehandlung verbindlich festzustellen. Ein Kontrollmechanismus sei durch den Vertragsarzt gewährleistet.

Die Klägerinnen haben die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Verordnung - HMR - mit Katalog eingereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten hinsichtlich des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die mit dem Urteil des Sozialgerichts Potsdam getroffene Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, in Form eines Informationsblattes von Mitte März 2000 die Kostenübernahme für von einem Vertragsarzt verordnete Krankengymnastik und Massage von einer vor Inanspruchnahme zu erteilenden Zustimmung der Beklagten abhängig zu machen.

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig. Sie ist unbegründet.

Die Klägerinnen haben im Wege der subjektiven Klagehäufung in zulässiger Weise gemäß § 74 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i. V. m. § 60 Zivilprozessordnung - ZPO - die Klagen gemeinsam gegen die Beklagte erhoben. Die geltend gemachten Ansprüche sind gleichartig und beruhen im Wesentlichen auf einem gleichartigen tatsächlichen Grund (§ 60 ZPO).

Die vor dem Sozialgericht mit dem Hauptantrag erhobenen allgemeinen Leistungsklagen auf Unterlassung verfolgen die Klägerinnen im Berufungsverfahren nicht weiter, Anschlussberufungen gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam sind nicht eingelegt worden.

Die Feststellungsklagen sind zulässig. Die Klägerin zu 1) begehrt die Feststellung des Nichtbestehens von weiteren Rechten der Beklagten aus dem zwischen ihr und der Beklagten bestehenden Vertrag. Dieses Begehren kann sie mit der Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - verfolgen. Mit dieser Klageart kann auch die Feststellung des Bestehens einzelner Rechte oder Pflichten aus einem bestehenden Rechtsverhältnis beansprucht werden (Meyer-Ladewig, 7. Auflage, § 55 SGG, Anm. 6). Das insoweit erforderliche berechtigte Interesse folgt aus dem Vortrag, dass das von der Beklagten eingeführte Verfahren Auswirkungen auf das Vergütungsverfahren und die Leistungserbringung habe.

Auch die Klägerin zu 2) begehrt die Feststellung des Nichtbestehens von weiteren Rechten der Beklagten aus ihrem Sozialversicherungsrechtsverhältnis. Dieses Begehren kann auch sie mit der Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG verfolgen. Das insoweit erforderliche berechtigte Interesse folgt aus dem Vortrag, die geforderte vorherige Genehmigung von krankengymnastischen Behandlungen würde sie belasten.

Die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber Gestaltungs- und Leistungsklagen steht der Zulässigkeit der Klagen nicht entgegen, da der Subsidiaritätsgrundsatz grundsätzlich nicht bei Feststellungsklagen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts greift (Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 9 b, BSG, Urteil vom 26. Januar 2000, Aktenzeichen B 6 KA 47/98 R, SozR 3-2500 § 311 Nr. 6). Eine Gestaltungsklage (Anfechtungsklage) wäre auch mangels einer anfechtbaren Regelung nicht zulässig.

Das Faltblatt, gerichtet an alle Mitglieder der Beklagten und nicht individuell konkretisiert an die Klägerin zu 2) sowie die entsprechende Mitteilung an die Klägerin zu 1), stellt keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - dar. Ein solcher wäre in Bezug auf die Klägerin zu 1) ohnehin kaum zulässig, denn auf Leistungserbringerebene handelt die Beklagte nicht durch Verwaltungsakt oder sonst im Rahmen eines hoheitlichen Über-/Unterordnungsverhältnisses, sondern durch Verträge. Eine Allgemeinverfügung gemäß § 31 Satz 2 SGB X liegt mit dem Faltblatt ebenfalls nicht vor. Allgemeinverfügungen sind Verwaltungsakte, die sich nicht an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richten oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betreffen. Bei einer Allgemeinverfügung wird eine konkret generelle Regelung getroffen.

Die Ausführungen in dem Faltblatt enthalten mit der Aufforderung, Verordnungen von Krankengymnastik und Massagen ab 01. April 2000 vor Leistungserbringung genehmigen zu lassen, keinen Regelungsgehalt gem. § 31 SGB X, da damit keine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt wird, die ohne weiteren Umsetzungsakt Rechte begründet, ändert, aufhebt oder verbindlich feststellt (Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 4. Auflage, § 31, Anm. 24). Die Beklagte hat Hinweise zu einem neuen Verfahren erteilt und keine Rechte materiell-rechtlicher Art geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt, weshalb die Klägerin zu 2) keine zulässige Anfechtungsklage erheben konnte. Dieses gilt auch für das an sie gerichtete Schreiben der Beklagten, mit dem das Genehmigungsverfahren erläutert worden ist. Auch hierbei handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Dieses gilt auch für das an die Klägerin zu 1) gerichtete Schreiben aus März 2000.

Die mit den Feststellungsanträgen erhobenen Klagen sind begründet. Die Beklagte ist nicht berechtigt, im Rahmen der Versorgung ihrer Mitglieder die Verordnungen von krankengymnastischen Leistungen und Massagen eines Kassenarztes vor der Leistungserbringung in dem von ihr beabsichtigten gesonderten Verwaltungsverfahren zu prüfen und zu genehmigen. Dies gilt auch im Verhältnis zu den insoweit in Anspruch genommenen Leistungserbringern. Das Sozialgericht hat zu Recht die tenorierte Feststellung getroffen.

Die Beklagte hat sich des grundsätzlich bestehenden Rechts, im Rahmen eines Antragsverfahrens ärztlich verordnete Heilmittel in Form von krankengymnastischen Leistungen und Massagen vor Leistungserbringung zu prüfen durch andere Verfahrensweisen in der Leistungserbringung begeben. Soweit sie nunmehr das Recht für sich in Anspruch nimmt, durch das Faltblatt aus März 2000 ein Genehmigungsverfahren für ärztlich verordnete Leistungen der Krankengymnastik und Massagen zum 01. April 2000 gegenüber ihren Versicherten und der Klägerin zu 2), aber auch gegenüber der Klägerin zu 1) einzuführen und diese Absicht im sozialgerichtlichen Verfahren bekräftigt hat, ist sie in der gegenwärtigen Situation hierzu nicht berechtigt. Sie darf zwar grundsätzlich auch über die Bewilligung von Heilmitteln im Rahmen eines Antrags- bzw. Genehmigungsverfahrens entscheiden, eine derartige Entscheidung liegt jedoch auch ohne die von ihr jetzt beabsichtigte Neuregelung vor.

Die grundsätzliche Berechtigung der Beklagten zur Prüfung von Leistungsansprüchen im Rahmen der Leistungserbringung folgt aus dem Recht der sozialen Krankenversicherung nach dem SGB V als Leistungsrecht und den Vorschriften über das Sozialverwaltungsverfahren nach dem SGB X.

Gemäß § 2 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die im dritten Kapitel des SGB V genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs. 1 SGB V). Dabei erhalten die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit nichts anderes geregelt ist. Zur Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen Verträge mit Leistungserbringern. Diese dann auf der Grundlage des vierten Kapitels des SGB V geschlossenen Verträge ändern nichts daran, dass Schuldner der dem Versicherten zu erbringenden Leistungen die Krankenkassen bleiben. Die Ansprüche nach dem SGB V auf bestimmte Leistungen bestehen gegenüber der Sozialverwaltung, den Krankenkassen, die bei der Erbringung der Leistungen die im SGB V normierten Grundsätze zur Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit ( §§ 2, 12 SGB V) zu beachten haben. Im Rahmen der Leistungsverwaltung ist ein Verwaltungsverfahren zur Erbringung und Prüfung der gesetzlichen Leistungen üblich.

Nach § 11 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Verhütung von Krankheiten und deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbrüchen, zur Früherkennung von Krankheiten und zur Behandlung einer Krankheit. Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind (§ 11 Abs. 4 SGB V). Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte keinen Anspruch auf Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, diese dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Diesen Regelungen zu den grundsätzlich zu beanspruchenden Leistungen ist immanent, dass eine Überprüfung der Anspruchsberechtigung - notwendigerweise im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens - erfolgt. Ein Verwaltungsverfahren ist auch für die Erbringung von krankengymnastischen Leistungen und Massagen nicht ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat das Verfahren zur Leistungserbringung für alle Leistungsbereiche einheitlich in den gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung, Sozialgesetzbuch Viertes Buch – SGB IV – und zwar in § 19 SGB IV – Antragsverfahren - geregelt. Nur wenn in den besonderen Vorschriften der Sozialversicherung ein Antragsverfahren generell für alle oder einzelne Leistungen nicht vorgesehen bzw. ausgeschlossen ist, kommt es auf ein solches nicht an. Im übrigen ist mit dem SGB X das Sozialverwaltungsverfahren für alle Sozialleistungsbereiche einheitlich geregelt worden.

Das Verwaltungsverfahren ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörde, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist; es schließt den Erlass des Verwaltungsaktes oder den Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages ein (§ 8 SGB X). Von dieser gesetzlichen Definition werden daher auch die Besonderheiten solcher Leistungsbereiche erfasst, bei denen die Erbringung von Leistungen auf der Grundlage von Verträgen erfolgt wie im Rahmen des SGB V nach § 72 ff. SGB V. Das durchzuführende Verwaltungsverfahren ist, soweit nicht anders geregelt, nicht an bestimmte Formen gebunden, es ist einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen (§ 9 SGB X). Über die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens entscheidet gem. § 18 SGB X die zuständige Behörde, im Rahmen des SGB V die Beklagte, sofern sie nicht von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden muss.

Diese Regelungen sind Grundlage für das Handeln der Beklagten als durch das SGB V zur Leistung gegenüber den Mitgliedern verpflichtete Stelle (Behörde). Dieses schließt Prüfungs- und Genehmigungsverfahren generell ein.

Zutreffend verweisen die Klägerinnen darauf, dass ein Antragsverfahren nach § 19 SGB IV im Sinne eines bei der Krankenkasse zu stellenden Antrages im Rahmen der Krankenbehandlung - jedenfalls auf den ersten Blick - nicht erkennbar ist. Gem. § 15 Abs. 2 SGB V kann der Versicherte durch Vorlage seiner Krankenversicherungskarte ärztliche und zahnärztliche Behandlungen in Anspruch nehmen, ohne dass er hierfür zuvor die Krankenkasse einschalten müsste. Eines an die Krankenkasse gerichteten Leistungsantrages bedarf es nicht (Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, SGB V § 15 Anm. 4). Durch das SGB V ist ein "normales" Verwaltungsverfahren - Beginn mit dem anspruchsauslösenden Antrag bei dem Krankenversicherungsträger, Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen, Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen, d.h. eine streng verfahrensrechtlich Überprüfung des Vorliegens eines Anspruchs - nicht vorgesehen (BSG, Urt. v. 16. 12. 1993, Az.: 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 281). Das BSG (a.a.O.) geht aber nicht davon aus, dass überhaupt ein Verwaltungsverfahren ausgeschlossen ist, wenn es ausführt: " Das SGB V schließt ( ...) durch ein ( ...) Rechtskonkretisierungskonzept (die streng verfahrensrechtliche Überprüfung) derart aus, dass das normale Verwaltungsverfahren nur noch dann und nur insoweit stattfinden darf, als das gesetzliche Spezialkonzept einen Rückgriff hierauf zulässt oder objektiv versagt".

Ein Antragsverfahren und damit die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens ist daher auch bei Leistungen nach dem SGB V nicht ausgeschlossen. Das Verfahren ist vielmehr lediglich für den Beginn der Krankenbehandlung nicht über einen unmittelbar bei dem Sozialversicherungsträger zu stellenden Antrag geregelt. Den Antrag i. S des § 19 SGB IV stellt der Versicherte vielmehr mit der Vorlage der Krankenversicherungskarte und dem Willen zur Entgegennahme von Leistungen durch den als Vertragsarzt zugelassenen Leistungserbringer. Ein Antrag ist nämlich jede Erklärung durch die jemand Sozialleistungen begehrt (v. Wulffen a.a.O., § 18 Anm. 5). Mit dem Antrag wird der erkennbare Wille zum Ausdruck gebracht, von einem Initiativrecht, gesetzliche Leistungen von der Beklagten zu beanspruchen, Gebrauch zu machen. Der Versicherte gibt gegenüber dem zur Leistungserbringung zugelassenen Vertragsarzt eine empfangsbedürftige Willenserklärung ab, indem er erklärt, dass er die ihm nach den Vorschriften des SGB V zustehende Sachleistung von der Beklagten beanspruchen möchte (Krauskopf, a.a.O.). Der zugelassene Vertragsarzt nimmt den Antrag als Vertreter der Krankenkasse entgegen. Gibt nämlich der Vertragsarzt im Rahmen der Verordnung einer Leistung nach dem SGB V schon mit Wirkung für die Krankenkasse eine Willenserklärung ab (BSG, Urt. v. 17.01.1996, 3 RK 26/94, SozR 3-2500 § 129), so nimmt er erst recht eine Erklärung des Versicherten als Vertreter der Krankenkasse entgegen, diese verordnete Leistung als Sachleistung der Beklagten erhalten zu wollen. In der Verordnung des Heilmittels liegt dann die Leistungsbewilligung, die auch die Beklagte im Rahmen der bisherigen Handhabung bindet. Die gem. § 92 Abs.1 Nr.6 SGB V erlassene Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Heilmittel-Richtlinie/HMR in der Fassung vom 06. Februar 2001 (Bundesanzeiger Beilage Nr. 118 a) in Kraft ab 01. Juli 2001 – HMR – und die bisherige Praxis der Beklagten, die Vertragsärzte über die Verabreichung von Heilmitteln in Form von Krankengymnastik und Massagen entscheiden zu lassen, lassen keinen Raum für die Aufnahme eines weiteren Genehmigungsverfahrens gegenüber den Versicherten oder Leistungserbringern nach erfolgter ärztlicher Verordnung von krankengymnastischen Leistungen und Massagen.

Dem nach § 95 SGB V zugelassenen Vertragsarzt obliegt es, den konkreten Inhalt der ärztlichen Leistung und damit auch der erforderlichen Versorgung mit Heilmitteln zu bestimmen (BSG, Urt. v. 18. 05 1989, Az.: 6 RKa 10/88, BSGE 65, 94 - 100; Urt. v. 16.12.1993, Az.: 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 280; Urt. v. 16.09.1997, Az.: 1 RK 28/95, BSGE 81, 54, 61; BSG, Urt. v. 09. Juni 1998, Az.: B 1 KR 18/96 R, BSGE 82, 158, 161). Grundsätzlich hat das Gesetz die Konkretisierung und Erfüllung des subjektiven öffentlichen Rechts auf Gewährung einer Leistung der kassenärztlichen Versorgung übertragen, der Arzt ist damit die "Schlüsselfigur" im Leistungsrecht nach dem SGB V (BSG, Urt. v. 16. 12.1993, Az.: 4 RK 5/92, a.a.O.). Der Arzt stellt damit die Konkretisierung des Leistungsanspruchs gemäß § 27 SGB V auf Krankenbehandlung fest und damit, dass sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten und Krankenbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst dabei auch die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V). Damit ist die Leistung von krankengymnastischen Behandlungen und Massagen als Heilmittel Teil der Krankenbehandlung gemäß § 27 SGB V.

Der zu beanspruchende Umfang und der Inhalt der Krankenbehandlung folgt nicht allein aus § 27 SGB V und auch nicht aus § 32 SGB V, wonach Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln haben, soweit sie nicht nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Die vertragsärztliche Versorgung umfasst auch die Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen (§ 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V). Innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens ist der Vertragsarzt zudem bei der Verordnung von Krankenbehandlung und Heil- und Hilfsmitteln an die Richtlinien der Bundesausschüsse gem. § 92 SGB V und durch Verträge der Kassenärztlichen Vereinigung mit den Verbänden der Beklagten gebunden (§ 72 Abs. 2 SGB V) und hat damit zu gewährleisten, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse auch über seine Verordnung gewährleistet ist.

Die Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Hilfsmittel-Richtlinie - in der Fassung vom 17. Juni 1992, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 06. Februar 2001 (Bundesanzeiger 2001, Nr. 102 S. 11037) zum 01. Juli 2001 und die Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Heilmittel-Richtlinie/HMR in der Fassung vom 06. Februar 2001 (Bundesanzeiger Beilage Nr. 118 a) in Kraft ab 01. Juli 2001 regeln u.a. die Art und den Umfang der zu verordnenden Leistung bei der Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln. Dieses wird schon im Richtlinientext der HMR unter I. allgemeine Grundsätze deutlich, wenn dort ausgeführt ist, dass die vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 beschlossenen Richtlinien der Sicherung einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln dienen sollen. Der Bundesmanteltarifvertrag Ärzte vom 19. 12. 1994 (DÄBl. 1995 Heft 9 S. 455) in der Fassung der Änderungen durch Beschlüsse mit Wirkung vom 01. 07. 2000 (DÄBl. 2000 Heft 28/29 S. A-1996), mWz. 01. 07. 2001 (DÄBl. 2001 Heft 26 S. A. 1776 –BMV-Ä - regelt den Umfang der vertragsärztlichen Versorgung, zu der auch die Verabreichung der Verordnung von Heilmitteln gehört. Auch hier sind Grundsätze der vertragsärztlichen Versorgung festgelegt. Hierbei entscheidet der Kassenarzt über das Recht des Versicherten gegenüber der Krankenkasse in medizinischer Hinsicht verbindlich, soweit er sich im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung, d.h. die für ihn durch Richtlinien oder Vertrag geltende Grundsätze der Versorgung bewegt (BSG, Urt. v. 16. 12. 1993, Az.:4 RK 5/92, a.a.O.).

Dabei ändert aber weder die grundsätzliche Bestimmung des Behandlungsinhalts und damit des Anspruches des Versicherten seitens des Arztes noch der Umstand, dass in vielen Bereichen bisher kein Genehmigungsverfahren erfolgt ist, etwas an der generellen Berechtigung der Beklagten, über das Vorliegen von Anspruchsvoraussetzungen selbst zu entscheiden (BSG, Urt. v. 18. 05.1989, Az.: 6 RKa 10/88, a.a.O., S. 98 abw.v. BSG, Urt. v. 31. Juli 1963, 3 RK 92/59 = BSGE 19, 270).

Aus dem Umstand, dass für einige im Rahmen der Krankenbehandlung nach §§ 27, 73 Abs. 2 SGB V verordnete Leistungen, so für die Versorgung mit Zahnersatz, Hilfsmitteln und häuslicher Krankenpflege im Gesetz, in Richtlinien oder im BMV-Ä ein Genehmigungsverfahren vorgesehen ist (§ 30 Abs.4 SGB V, § 27 Abs. 3 BMV-Ä, § 30 Abs.8 Satz 1 BMV-Ä) folgt ebenfalls nicht, dass generell für andere Leistungsbereiche mit ärztlichen Verordnungen ein Genehmigungsverfahren ausgeschlossen ist. Sofern im Gesetz oder in Verträgen ein spezielles Genehmigungsverfahren vorgesehen ist, werden von der Leistungsverwaltung nur Rechte wahrgenommen, die ihr grundsätzlich zustehen (BSG, Urt. v. 18. 05.1989, Az.:6 RKa 10/98, a.a.O.). Demgegenüber zeigt der Umstand, dass für den Bereich der Arzneimittelversorgung aufgrund vertragsärztlicher Verordnung gem. § 29 BMV-Ä ein Genehmigungsverfahren oder Überprüfungsverfahren nach erfolgter ärztlicher Verordnung ausgeschlossen worden ist, dass den zur Ausgestaltung der Leistungsansprüche berufenen Ausschüsse und Vertragsparteien die Möglichkeit eines Genehmigungsausschlusses bekannt ist und dieses auch genutzt wird.

Aus dem BMV-Ä folgt explizit kein Ausschluss eines Genehmigungsverfahrens durch die Beklagte bei der Erbringung von Heilmitteln. Nach § 30 Abs. 8 Satz 1 BMV-Ä ist nur die Abgabe von Hilfsmitteln aufgrund der Verordnung eines Vertragsarztes von einer Genehmigung durch die Krankenkasse abhängig, soweit nichts anderes geregelt ist. Grundsätzlich bedarf die Abgabe von Heilmitteln keiner Genehmigung, soweit die Bestimmungen der Krankenkasse nichts anderes vorsehen (§ 30 Abs. 8 SGB V).

Für die Erbringung von Heilmitteln aufgrund von Verordnungen eines Vertragsarztes ist ein solcher Ausschluss eines Genehmigungsverfahrens also explizit auch nicht geregelt. In den nunmehr ab 01. Juli 2001 geltenden HMR findet sich ebenfalls kein ausdrücklicher Ausschluss eines Genehmigungsverfahrens, worauf die Beklagte zu recht hinweist. Die Regelung, dass der Therapeut an die ärztliche Verordnung gebunden ist, beinhaltet jedenfalls nicht, dass keine anderen, zusätzlichen Voraussetzungen für die Leistungserbringung geschaffen werden können.

Auch aus dem Vertrag der Klägerin zu1) mit der Beklagten folgt weder ein Ausschluss noch der Verzicht auf die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens. Der Vertrag regelt, dass die Klägerin zu 1) als Beigetretene berechtigt und verpflichtet ist, die verordneten Leistungen aufgrund und in dem Umfang der Verordnung des Kassenarztes zu erbringen. Diese Leistungen werden dann auch vergütet.

Sofern die Beklagte, wie dieses mit dem Faltblatt gegenüber den Versicherten zum Ausdruck gebracht worden ist, die ärztliche Verordnung überprüfen und genehmigen möchte, wird der Versicherte gegenüber der Klägerin zu 1) auch weiter eine ärztliche Verordnung vorlegen, die ausgeführt werden kann. Ein Genehmigungs- oder Sichtvermerk der Krankenkasse wird an dem Umstand, dass eine Verordnung für die Erbringung eines Heilmittels vorliegen muss, nichts ändern, so dass der Vertrag auch weiter durchgeführt werden kann. Auch wird nicht etwa die freie Wahl des Leistungserbringers durch den Versicherten von einem Genehmigungsverfahren berührt. Die ärztliche Verordnung berechtigt den Versicherten nach Genehmigung auch weiterhin, die Leistung von einem von ihm unter den zugelassenen Leistungsanbietern ausgewählten Physiotherapeuten in Anspruch zu nehmen.

Nach alledem ist die Beklagte grundsätzlich befugt, im Rahmen des dargestellten Antragsverfahrens über ärztlich verordnete Heilmittel zu entscheiden und dabei die erwähnten Gesichtspunkte der Notwendigkeit, des Ausreichens und der Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Die Befugnis besteht allerdings nur dort, wo eine derartige Prüfung erforderlich ist, die gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen in bezug auf den einzelnen Anspruch des jeweiligen Versicherten festzustellen und die Krankenkasse ihre Entscheidungsbefugnis nicht - an den Kassenarzt - abgegeben hat. Den einzelnen Versicherten darf die Beklagte nur dann im Rahmen einer derartigen Prüfung in Anspruch nehmen, wenn sich nur auf diese Weise – also durch eigene Prüfung seitens der Beklagten - klären lässt, ob gerade er die Voraussetzungen für die Krankenbehandlung und damit für das verordnete Heilmittel erfüllt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Dabei rechtfertigt der von der Beklagten dargelegte Bedarf an einer Überprüfung des Mitgliedschaftsverhältnisses nicht ein Genehmigungsverfahren im weiteren Leistungserbringungsverfahren. Ein solche Prüfung nur bei den Leistungen, für die nunmehr die Einführung der Genehmigungspraxis beabsichtigt ist, dürfte nicht zweckmäßig sein. Diese Prüfung kann einfacher und für die Versicherten weniger belastend bei der Verordnung durch den Vertragsarzt erfolgen; die Einführung einer Genehmigungspflicht aus diesem Grunde wäre nicht verhältnismäßig. Sofern die Beklagte geltend macht, dass die Versichertenkarten dem Vertragsarzt üblicherweise nur zu Beginn des Abrechnungsquartals vorgelegt würden, mag sie über ihre Vertragsärzte diesbezüglich eine andere Praxis durchsetzen.

Maßgeblich für die hier zu beurteilende physikalische Therapie ist, ob sie den genannten Kriterien entspricht, also ob sie für den einzelnen Versicherten zweckmäßig, ausreichend und wirtschaftlich ist. Dabei ist die Zweckmäßigkeit regelmäßig anzunehmen, denn bei den in Betracht kommenden Diagnosen dürfte physikalische Therapie regelmäßig zur Krankheitsbeeinflussung geeignet sein. Dementsprechend stützt sich die Beklagte auch im wesentlichen auf das Erfordernis einer Wirtschaftlichkeitsprüfung. Eine derartige Prüfung ist jedoch bereits im Rahmen des dargestellten Verfahrens bei der Verordnung des Heilmittels durch den Vertragsarzt erfolgt. Nach Auffassung des Senats steht bei der beabsichtigten -erneuten und durch die Beklagte vorzunehmende - Wirtschaftlichkeitsprüfung die Prüfung der vertragsärztlichen Verordnung und damit nicht das Verhältnis zum Versicherten im Vordergrund, weshalb die Beklagte auch nicht berechtigt ist, vom Versicherten die geforderte Vorlage der Verordnung vor Beginn der Behandlung zu verlangen.

Die Beklagte hat nicht dargetan, wie sie im Einzelfall innerhalb des Versicherungsverhältnisses die Wirtschaftlichkeit verordneter Heilmittel, insbesondere der hier streitigen physikalischen Therapie abweichend von dem durch sie mit der Durchführung des "Verwaltungsverfahrens" beauftragten Vertragsarzt prüfen will. Wie ausgeführt hat der Versicherte den Antrag auf die Leistung durch Aufsuchen des Vertragsarztes und Vorlage seiner Versicherungskarte, verbunden mit einem Behandlungswunsch gestellt. Diesen Antrag hat der Vertragsarzt durch Aufnahme der Behandlung als Vertreter der Beklagten Krankenkasse angenommen. Im weiteren Verlauf treffen den Versicherten dann lediglich Mitwirkungspflichten (§§ 60 ff SGB I). Letztere verpflichten ihn aber nur dann, wenn sich der Versicherungsträger die erforderlichen Kenntnisse nicht einfacher auf andere Weise verschaffen kann (§ 65 Abs.1 Nr.3 SGB I).

Den Versicherten treffen auch in Bezug auf die vertragsärztlich verordnete physikalische Therapie lediglich Mitwirkungspflichten. Dies folgt daraus, dass der Vertragsarzt im Hinblick auf diese Leistung ermächtigt ist, den Antrag entgegenzunehmen und darüber zu entscheiden. Auch hinsichtlich der verordneten Heilmittel entscheidet der Vertragsarzt also ebenso wie bei den von ihm selbst erbrachten ärztlichen Leistungen zu Lasten der Krankenkasse über die dabei maßgeblichen Faktoren wie Zweckmäßigkeit, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit.

Die Beklagte strebt eine grundlegende Änderung nicht in Bezug auf die Versicherten oder die Klägerin, sondern im Verhältnis zu ihren Vertragsärzten an. Auch bisher ist bereits regelmäßig über die von der Beklagten genannten maßgeblichen Faktoren wie Zweckmäßigkeit, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit entschieden worden, nämlich in dem beschriebenen untypischen Verwaltungsverfahren unter Beteiligung der Vertragsärzte. Andernfalls hätte die Beklagte bisher ihre Pflichten aus dem SGB V und dem SGB X, die sie jetzt für sich in Anspruch nimmt, nicht wahrgenommen. Davon kann jedoch keine Rede sein, denn bisher hat die Beklagte, wie andere Krankenversicherungsträger auch, die maßgeblichen Faktoren von den Vertragsärzten prüfen und entscheiden lassen, die Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis somit auf die Vertragsärzte verlagert. Die Beklagte hat zur Begründung ihres Anliegens auch ausgeführt, dass sie nunmehr diese Faktoren nicht mehr in die "alleinige" Entscheidung der Vertragsärzte geben will.

In Änderung der bisher gehandhabten Praxis soll die Prüfung aus der Hand der Vertragsärzte und wieder unmittelbar zu ihr zurückgeführt werden. Diese Verlagerung ist aber nicht über das Verhältnis der Krankenkasse zum jeweiligen Versicherten oder zu Physiotherapeuten zu regeln, sondern - da es sich um eine Veränderung im Verhältnis zu den Vertragsärzten handelt - im Verhältnis zum verordnenden Vertragsarzt.

Mit den HMR in der Fassung vom 06. Februar 2001 (BAnz. Beil. Nr. 118a) des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, in dem die Beklagte auch über ihren Bundesverband vertreten ist, wurden auch mit Wirkung für die Beklagte detaillierte Regelungen zur einheitlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln beschlossen. Dabei wurden erstmals in einem Katalog Heilmittel konkreten Indikationen zugeordnet. Dabei sind auch die Verordnungsmengen für die Heilmittelversorgung für den Regelfall festgelegt worden. Andere als die in dem Katalog aufgeführten Regelverordnungen sind begründungspflichtige Verordnungen, die der Beklagten vorzulegen sind (II 11.5 HMR). Die Richtlinien sollen " einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln" dienen (I 1. HMR). Die Richtlinien sind für die Vertragsärzte verbindlich. Mit dieser Richtlinie ist folglich auch die Annahme des Vorliegens von Zweckmäßigkeit, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit verordneter Physiotherapie abweichend von bisherigen Gepflogenheiten geregelt und zwar dergestalt, dass nur eine bestimmte Anzahl von Behandlungen verordnungsfähig und damit bezogen auf den jeweiligen Krankheitsfall als wirtschaftlich anzunehmen ist. Nur in bestimmten Fällen soll dabei eine zusätzliche Überprüfung durch die Krankenkassen möglich sein. Dies belegt, dass es grundsätzlich bei der Zuständigkeit der Vertragsärzte für die Leistungsbewilligung unter Beachtung auch der Wirtschaftlichkeitskriterien verbleiben soll. Auch der BMV-Ä setzt konsequent voraus, dass ein gesondert durchzuführendes Verwaltungsverfahren über die Beklagte bei der Heilmittelversorgung im Rahmen von Regelverordnungen nicht vorgesehen ist. Aus der detaillierten Leistungsbeschreibung der zu verordnenden Leistungen bei bestimmten Indikationen und der weiteren detaillierten Konzeption der HMR folgt, dass eine Vereinheitlichung der Leistungserbringung ohne weitere Genehmigungsschritte erreicht werden sollte. Die Nichtaufnahme eines Genehmigungsvorbehaltes mag daneben auch einen Grund darin gehabt haben, dass dieses Verfahren auch nicht einheitlich gewollt war.

Die für alle Vertragsärzte verbindliche Vordruckvereinbarung gem. Anlage 2 zum BMV-Ä jedenfalls sieht im für die Heilmittelversorgung vorgesehenen Muster 13 nur eine Genehmigung der Krankenkasse bei Verordnung außerhalb des Regelfalles vor. Die Vertragsparteien des BMV-Ä sind dabei offenbar davon ausgegangen, dass keine andere Bestimmung der Krankenkassen i.S. des § 30 Abs.8 S.2 BMV-Ä ergangen ist.

Wenn die Beklagte jetzt entgegen der gerade neu abgeschlossenen Vereinbarung die Wirtschaftlichkeitsprüfung in eigene Hände nehmen will, ist dies "venire contra factum proprium", also widersprüchlich. Die Beklagte nimmt damit ein Recht für sich in Anspruch, welches sie in den Verhandlungen mit der Vertragsärztlichen Bundesvereinigung offensichtlich nicht hat durchsetzen wollen oder können oder welches für sie dort keine Rolle gespielt hat.

Ein Prüfungsrecht, dessen sie sich in den Verhandlungen begeben hat, welches aber in bezug auf die abgeschlossene Vereinbarung nicht nur von marginaler Bedeutung ist, kann jedenfalls nicht im Verhältnis zu den Versicherten mit den Mitteln hoheitlichen Verwaltungshandelns und damit auch nicht mit Wirkung gegenüber der Klägerin zu 2) aufgenommen werden. Es geht nämlich bei der beabsichtigten Prüfung offensichtlich darum, nach der Verordnung durch den Vertragsarzt festzustellen, ob der Vertragsarzt seinen durch die Richtlinien übernommenen Verpflichtungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise nachgekommen ist. Hierfür stellt das SGB V aber andere Mittel zur Verfügung, nämlich die Prüfung beim Vertragsarzt gem. § 106 SGB V. Zuzugeben ist der Beklagten dabei zwar, dass die von ihr angestrebte Prüfung regelmäßig nur vor der Verabreichung der Physiotherapie vorgenommen werden kann, weil insbesondere der Zustand des Patienten nur vor der Behandlung unverändert ist. Dies ist allerdings keine neue Erkenntnis, sondern war schon vor dem Abschluss der neu vereinbarten Richtlinien bekannt, wie auch das vorliegende Verfahren zeigt, welches aus der Zeit vor Abschluss der Vereinbarung datiert. Eine Änderung der Handhabung des bisherigen "Verwaltungsverfahrens" zur Verordnung und damit Bewilligung von Heilmitteln ist trotz offensichtlicher Bedeutung gerade dieses Gesichtspunktes nicht erfolgt. Deshalb ist eine jetzt einseitige Veränderung durch die Beklagte im Verhältnis zu ihren Versicherten und zur Klägerin zu 1), die damit zugleich auch in die Rechte der Vertragsärzte eingreift, nicht zulässig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Der Senat misst der entschiedenen Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, bei ärztlich verordneten Leistungen der Physiotherapie und Massage vor Leistungserbringung gegenüber den Versicherten eine Genehmigung durch sie zu verlangen, grundsätzliche Bedeutung zu. Die Revision war zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr.1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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