Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 4767/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1532/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26.02.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger, der (bereits) Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bezieht, begehrt (nunmehr) Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1958 geborene (geschiedene) Kläger (GdB 20), gelernter Elektroanlageninstallateur, war zuletzt bis November 2009 als Sicherheitstechniker (Installation von Alarmanlagen und Videosystemen) versicherungspflichtig beschäftigt.
Im April und im November 2009 wurde der Kläger wegen Durchblutungsstörungen in den Beinen operiert; es wurden Venenbypässe links und rechts angelegt. Am 09.02.2010 beantragte der Kläger (auf Aufforderung seiner Krankenkasse) bei der Beklagten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Vom 22.03.2010 bis 14.04.2010 absolvierte er eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Rehaklinik H.-K., H ... Im Entlassungsbericht vom 12.04.2010 sind folgende Diagnosen festgehalten: Z.n. popliteo-poplitealem Venenbypass rechts 11/09 nach Aneurysma der Arteria poplitea rechts bei ausgeprägter dilatativer; Z. n. proximaler und distaler Ligatur sowie Venenbypass links 04/2009 nach Aneurysma der linken Arteria poplitea; persistierender Nikotinabusus, reduziert; Z. n. Sigmadivertikulitis 10/2008; Adipositas. Als Sicherheitstechniker könne der Kläger nur unter 3 Stunden täglich arbeiten, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen) aber 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Nach Umdeutung des Antrags auf Gewährung von Rehabilitationsleistungen in einen Rentenantrag bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16.11.2010 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer ab 01.05.2010 (monatlicher Zahlbetrag ab 01.01.2011: 340,80 EUR); Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe nicht.
Am 15.03.2012 beantragte der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er halte sich wegen seines Aneurysma-Leidens seit November 2009 für voll erwerbsgemindert.
Die Beklagte erhob das Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin, Anästhesiologie, Chirotherapie und Sozialmedizin Dr. Z. vom 21.05.2012. Dieser diagnostizierte (bei von einer Verdeutlichungstendenz getragener Exploration) eine sensormotorische, axonal-demyelinisierende Polyneuropathie mit anhaltenden Dysästhesien, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit mit infrarenalem Bauchaortenaneurysma und Aneurysma bd. A. iliaca communis und Z. n. popliteopoplitealem Bypass nach Resektion von Aneurysmata der A. poplitea links im April 2009 und rechts im November 2009 mit Claudicatio intermittens, maximale Gehstrecke ca. 500 Meter, ein Impingement-Syndrom linkes Schultergelenk mit Schmerzen bei Abduktion ab 90° und bei endgradiger Elevation bei 150°, arterielle Hypertonie, unbehandelt, Adipositas I (BMI 30,3) sowie eine bekannte Nephrolithiasis und ein leichtes Schlafapnoe-Syndrom. Der Kläger, der über einen PKW verfüge und diesen auch selbst fahre, könne als Sicherheitstechniker nur unter 3 Stunden täglich arbeiten, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen) aber weiterhin 6 Stunden täglich und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 25.05.2012 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Dagegen erhob der Kläger am 19.06.2012 Widerspruch. Er trug unter Vorlage eines Ärztlichen Attestes der Internistin Dr. F.-O. vom 10.05.2012) vor, er leide unter ganz erheblichen Schmerzen und schmerzhaften Bewegungseinschränkungen der unteren Extremitäten. Begünstigt werde die Gehbeeinträchtigung durch die Polyneuropathie mit anhaltenden Dysästhesien sowie durch die periphere arterielle Verschlusskrankheit. Er habe ständig Schmerzen in beiden Beinen, weshalb eine Behandlung mit Lyrica notwendig sei. Er könne nur noch wenige 100 Meter am Stück unter größten Schmerzen gehen, wobei er bereits nach 100 Meter eine lange Ruhepause einlegen müsse. Er sei daher nicht mehr wegefähig. Außerdem habe er Beschwerden an der linken Schulter mit deutlichen Bewegungseinschränkungen.
Nach Einholung der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. Z. vom 25.07.2012 (Leistungseinschätzung unverändert) wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2012 zurück.
Am 26.09.2012 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung wiederholte er sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG befragte behandelnde Ärzte. Der Internist und Schmerztherapeut Dr. B. (Konsultation einmalig am 06.09.2012) gab eine Leistungseinschätzung nicht ab. Nach Angaben des Klägers finde weder eine Schmerzbehandlung noch eine psychiatrische Behandlung oder eine Physiotherapie statt; der Kläger nehme lediglich das Arzneimittel ASS 100 (1-0-0) ein (Bericht vom 21.11.2012). Die Neurologin Dr. G. (Konsultation einmalig am 13.04.2012) gab eine Leistungseinschätzung ebenfalls nicht ab (Bericht vom 19.11.2012: Seiltänzergang unsicher, sonst Gangprüfung unauffällig). Die Internistin Dr. F.-O. teilte im Bericht vom 12.12.2012 unter Beifügung von Arztbriefen aus den Jahren 2008 bis 2012 mit, sie behandele den Kläger seit dem 22.07.1992. Der Kläger berichte bereits nach geringer Belastung über limitierende Schmerzen in beiden Beinen. Auch eine Erwerbstätigkeit von nur 3 Stunden täglich erscheine ihm nicht bewältigbar. Das Schmerzsyndrom sei leistungsmindernd. Der Kläger dürfe wegen der gefäßchirurgischen Operationen nicht, auch nicht kurzzeitig, in die Hocke gehen oder knien. Er dürfe auch nicht schwer heben oder pressen. Der Neurochirurg Dr. Sch. (einmalige Konsultation am 22.03.2013) gab eine Leistungseinschätzung nicht ab (Bericht vom 18.11.2013).
Das SG beauftragte sodann den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. L. und den Facharzt für Chirurgie (Viszeral- und Gefäßchirurgie) Prof. Dr. M. mit der sozialmedizinischen Begutachtung des Klägers. Prof. Dr. L. wurde zum Hauptgutachter, Prof. Dr. M. wurde zum Ergänzungsgutachter bestellt.
Prof. Dr. L. untersuchte den Kläger am 20.02.2014 (unter Anwendung apparativer Diagnostik) und führte in seinem Gutachten (ebenfalls) vom 20.02.2014 aus, der Kläger habe als Hauptproblem die eingeschränkte Gehleistung angegeben; er könne derzeit 300 bis 400 Meter gehen und müsse sich dann wegen brennender Schmerzen im Bereich des linken Beins, ausgeprägter als rechts, 20 Minuten lang hinsetzen und die Beine hochlagern. Der Schlaf sei durch Schmerzen häufig beeinträchtigt. Der psychische Zustand sei aber stabil; unter Depressionen leide er nicht. Psychiatrische oder psychologische Behandlungen fänden nicht statt und hätten auch in der Vergangenheit nicht stattgefunden. Der Kläger nehme nach der Medikamentenanamnese derzeit Clopidogrel (1 - 0 - 0) und Pantozol 40 (1 - 0 - 0), bei Bedarf Neuralgin und Diclofenac ein. Prof. Dr. L. fand (ohne Hinweise auf aggravatorische Tendenzen, abgesehen von Wechselinnervation bei der Prüfung der Fußhebung links) keine Hinweise auf eine relevante depressive Verstimmung. Zum körperlichen Befund führte der Gutachter aus, der Kläger, in gutem Allgemein- und leicht adipösem Ernährungszustand, verfüge über eine kräftig ausgeprägte Muskulatur an der oberen und unteren Extremität. Die Fußpulse seien beidseits sicher tastbar. Zeichen für trophische Störungen an der oberen und unteren Extremität gebe es nicht. An der unteren Extremität fänden sich im Seitenvergleich keine Umfangsdifferenzen und es bestehe eine gut ausgeprägte Muskulatur. Dominierende Entwicklung im Krankheitsverlauf sei seit 2008 eine eingeschränkte Gehleistung. Der Kläger berichte, er könne etwa 400 Meter am Stück gehen. Danach benötige er eine Pause von mehreren Minuten, bis die brennenden Schmerzen sich wieder zurückgebildet hätten. Als weiterhin aktuelles Gefäßproblem bestehe ein Aortenaneurysma, das bis in die Arteria iliaca reiche und schweres Heben ausschließe. Aus neurologischer Sicht sei jedoch die adäquate Durchblutung der Beine im Zeitpunkt der Begutachtung gewährleistet; auch die Fußpulse seien sicher tastbar gewesen. Zusätzlich sei von einer lediglich beginnenden, gering ausgeprägten und klinisch nicht relevanten Polyneuropathie mit diskreter strumpfförmiger Hyposensibilität im Bereich der linken unteren Extremität auszugehen. Kernspintomographisch seien degenerative LWS-Veränderungen mit möglichem Wurzelkontakt S1 rechts und L5 links dokumentiert. Bei der klinischen Untersuchung hätten sich aber keine entsprechenden Ausfallsyndrome und keine typischen Sensibilitätsstörungen gezeigt. Die Veränderungen sprächen nicht für eine Claudicatio spinalis. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht könne der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter qualitativen Einschränkungen (keine Arbeit auf Leitern und Gerüsten) mindestens 6 Stunden täglich verrichten. Betriebsunübliche Pausen seien nicht notwendig. Für die berichtete Gehstrecke von maximal 400 Meter gebe es aus neurologischer Sicht kein Korrelat. Einschränkungen für die Nutzung eines Kraftfahrzeugs oder von öffentlichen Verkehrsmitteln bestünden nicht. Relevante Verschlechterungen des Gesundheitszustands seien in absehbarer Zeit nicht zu erwarten.
Prof. Dr. M. untersuchte den Kläger am 15.07.2014 (ohne Absprache mit dem SG) in dessen häuslicher Umgebung (dabei Messung u.a. des arteriellen Dopplerdrucks bestimmter Arterien und des Knöchel-Arm-Index) und führte einen Gehtest auf der Straße vor dem Haus des Klägers durch. In seinem Gutachten vom 08.07.2014 (richtig wohl: 08.08.2014) führte Prof. Dr. M. aus, der Kläger sei konzentriert und kooperativ gewesen. Die geschilderten Beschwerden erschienen, auch in Übereinstimmung mit den Beobachtungen beim Gehtest, glaubhaft. Eine Simulation und/oder Aggravation scheine nicht vorzuliegen. Die Beschwerden (nach ca. 100 Meter Schmerzen an der Fußsohle, zusätzlich Spannung und Schraubstockgefühl im linken Bein mit Notwendigkeit des Stehenbleibens für 20 bis 30 Minuten nach ca. 300 Meter, besserer und schnellerer Rückgang der Beschwerden beim Sitzen mit hochgelagerten Beinen; gleichartige Beschwerden und Missempfindungen beim Autofahren nach ca. 30 Minuten) seien indessen nicht typisch für das Vorliegen einer arteriellen peripheren Verschlusskrankheit, zumal bereits im Ruhezustand auftretende Schmerzen einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium (Stadium III nach Fontaine) gleichkommen würden. Da in beiden Beinen und Füßen gleichartige Beschwerden, wenn auch rechts mit geringerer Intensität als links geklagt würden, wäre zu folgern, dass beidseits auch ein gleichartig fortgeschrittenes Stadium der Erkrankung vorliege. In derartigen Fällen signalisierten die klinischen Zeichen (wie Kälte, Blässe, ggf. trophische Läsionen der Haut, Dopplerdrucke unter 60 mm Hg bzw. ein Knöchel-Arm-Index unter 0,3) eine kritische Durchblutungsstörung, mithin eine Bedrohung des betroffenen Beines. Die Beobachtung, dass sich die im Gehen auftretenden Schmerzen unter Hochlagern der Beine besserten, widerspreche der klinischen Erfahrung, wonach sich ischämiebedingte Schmerzen bei einer solchen Lagerung eher verschlimmerten; die Patienten erreichten Schmerzlinderung dadurch, dass sie die Beine herabhängen ließen. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden seien durch die erhobenen klinischen Befunde nicht objektivierbar. So fänden sich keinerlei Anzeichen einer verminderten Hautdurchblutung bzw. trophischer Läsionen. Die Pulsation zweier Unterschenkelarterien sei am rechten, einer Unterschenkelarterie am linken Bein kräftig zu tasten, die Dopplerdrucke lägen beidseits im Bereich des in der Armarterie gemessenen Okklusionsdrucks und damit weit über dem kritischen Druck von 60 mm Hg, der Knöchel-Arm-Index liege beidseits im normalen Bereich. Auch der Ratschow-Test spreche für eine ausreichende periphere Durchblutung. Dass linksseitig die Arteria dorsalis pedis nicht tastbar sei, beruhe wahrscheinlich auf einem peripheren embolischen Verschluss der Arteria tibialis anterior, der dann aber über den arcus plantaris so gut kompensiert sei, dass immerhin ein Verschlussdruck von 150 mm Hg in der Arteria dorsalis pedis gemessen werden könne. Die im Rahmen des Gehtests nach ca. 100 Meter auftretenden Schmerzen im linken Ober- und Unterschenkel seien ebenfalls eher nicht als vasculär bedingt einzustufen. Sie würden zu einer höher gelegenen, etwa im Bereich des Beckens lokalisierten Gefäßstenose passen, wofür es weder aufgrund des gut tastbaren Leistenpulses noch der seinerzeit präoperativen Digitalen Subtraktionsangiographie und später vorgenommener sonografischer Untersuchungen Anhaltspunkte gebe. Insgesamt ergäben sich bei der gutachterlichen Untersuchung keine Hinweise auf eine relevante Durchblutungsstörung der Beine, so dass die geklagten Beschwerden hierauf nicht zurückgeführt werden könnten. Hinsichtlich des Bauchaortenaneurysmas bestehe ein nicht unerhebliches Rupturrisiko (25 % innerhalb von 5 Jahren), weshalb eine kurzfristige operative Behandlung anzuSt.en sei. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen) unter 3 Stunden täglich verrichten. Das Maß der (zeitlichen) Leistungseinschränkung werde mit den bereits in Ruhe bestehenden und bei Belastung rasch zunehmenden Beschwerden in Füßen und Beinen begründet. Hinzu kämen Gangunsicherheiten schon nach kurzen Gehstrecken, die eine erhöhte Gefahr, z.B. für Stolpern oder Stürze, mit sich brächten, was unter Einfluss des eingenommenen Medikaments Clopidogrel wiederum mit einem erhöhten Risiko für Blutungen und Blutergüsse einhergehe. Je nach Tätigkeit seien betriebsunübliche Pausen in kürzeren Abständen von mindestens 30 Minuten Dauer zu gewähren. Das Zurücklegen einer Gehstrecke von täglich 4 mal 500 Meter unter zumutbarem Zeitaufwand zum Erreichen einer Arbeitsstelle sei unter Berücksichtigung der zu der zeitlichen Leistungseinschränkung angeführten Gesichtspunkte nicht möglich. Der Kläger könne öffentliche Verkehrsmittel zweimal täglich zur Hauptverkehrszeit nutzen, sofern zum Erreichen der Haltestelle eine Gehhilfe (Stock) verwendet werde. Dem Kläger stehe ein Kraftfahrzeug zur Verfügung. Dessen Nutzung zur Fahrt zu einer Arbeitsstelle sei vertretbar, wenn die Fahrzeit nicht über 30 Minuten liege. Die therapeutischen Möglichkeiten hinsichtlich der Schmerzen an Beinen und Füßen seien nicht ausgeschöpft; in Betracht komme etwa die weitere stationäre Abklärung und Behandlung in einer Klinik für spezielle Schmerztherapie bzw. in einem regionalen Schmerzzentrum. Die Abweichung zur Einschätzung des Dr. Z. beruhe (u.a.) auf der persönlichen Inaugenscheinnahme des Gehvermögens des Klägers anlässlich des bei der Untersuchung vorgenommenen Gehtests.
Prof. Dr. L. führte in seiner abschließenden gutachterlichen Stellungnahme vom 26.09.2014 unter Berücksichtigung des Gutachtens des Prof. Dr. M. aus, Prof. Dr. M. habe eine zeitliche Leistungseinschränkung wegen der vom Kläger angegebenen Beschwerden in Beinen und Füßen angenommen, obwohl er keine Hinweise auf eine relevante Durchblutungsstörung der Beine habe finden können. Die angegebenen Missempfindungen und subjektiven Einschränkungen der Gehleistung seien (wie im neurologischen Gutachten dargelegt) auch durch neurologische Störungen nicht erklärbar. Eine Polyneuropathie sei elektrophysiologisch eher gering ausgeprägt, eine Claudicatio spinalis sei ausgeschlossen. Prof. Dr. M. habe ebenfalls ausgeschlossen, dass die Beinschmerzen durch Durchblutungsstörungen der Beine ausgelöst würden. Für die geklagten Beinbeschwerden finde sich daher kein objektivierbares organisches Korrelat. In der Zusammenschau der Befunde ergäben sich daher keine Erkenntnisse, die eine vom Hauptgutachten abweichende Leistungseinschätzung rechtfertigen könnten. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen, insbesondere kein Heben von Lasten über 10 kg) mindestens 6 Stunden täglich verrichten.
Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme der Dr. W.-H. (Fachärztin für Urologie) vom 22.01.2015 vor. Darin ist ausgeführt, Prof. Dr. M. habe objektivierbare Ursachen der geklagten Beschwerden nicht gefunden; subjektiv angegebene Missempfindungen könnten aus sozialmedizinischer Sicht aber von Aggravation nicht abgegrenzt werden. Prof. Dr. M. habe Durchblutungsstörungen der Beine als Ursache der angegebenen Beinschmerzen ausgeschlossen. Zu den angegebenen Gehstörungen gebe es auch aus neurologischer Sicht kein passendes Korrelat. Die seitengleich kräftig ausgeprägte Muskulatur des Klägers auch der unteren Extremitäten sei bei einer über Jahre auf maximal 300 bis 400 Meter begrenzten Gehstrecke nicht plausibel zu erklären. Hier wäre ein sichtbarer Muskelschwund zu erwarten. Widersprüchlich sei auch, dass tagsüber nach einer Gehstrecke von 300 bis 400 Meter das Hochlegen der Beine schmerzlindernd wirke, gleichzeitig aber Missempfindungen der Beine aufträten, wenn der Kläger abends im Bett liege und er deswegen gelegentlich wegen der Schmerzen aufstehen müsse. Es bleibe bei einem sechs und mehrstündigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Am 26.02.2015 fand die mündliche Verhandlung des SG statt. Der Kläger gab an, er habe (neben einem nach wenigen Stunden wieder abgebrochenen Arbeitsversuch als Lagerarbeiter bei der Firma St. im November 2009) einen (weiteren) Arbeitsversuch in einem Sanitätshaus unternommen, diesen aber nach kurzer Zeit wieder abbrechen müssen, weil schwere Rollstühle hätten angehoben werden müssen. Er nehme jetzt vermehrt Schmerzmittel (unter Magenschutz). Wegen einer Nierenzyste werde er fachärztlich behandelt. Er gehe (bei gemeinsamen Einkäufen mit seiner Lebensgefährtin) nur eine Wegstrecke von 150 bis 250 Meter vom Parkhaus zu einem Café und bleibe dann dort. Er schlafe sehr schlecht, 2 bis 3 Stunden am Stück, wolle aber Schlafmittel nicht einnehmen. Wenn es besonders schlimm sei, nutze er einen Stock als Gehhilfe. Die Operation des Aneurysmas der Bauchaorta könne noch aufgeschoben werden.
Mit Urteil vom 26.02.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dem Kläger stehe Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zu. Es sei nicht nachgewiesen, dass er wegen eines auf unter 3 Stunden täglich abgesunkenen Leistungsvermögens voll erwerbsgemindert sei (§ 43 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI). Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts vielmehr 6 Stunden täglich verrichten, weshalb Erwerbsminderung nicht vorliege (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Auf neurologischem Fachgebiet habe Prof. Dr. L. nur geringgradige Befunde erhoben, die eine Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter 6 Stunden täglich nicht begründen könnten. Die (schwerwiegenderen) Erkrankungen des Klägers auf angiologischem Fachgebiet begründeten zwar qualitative Leistungseinschränkungen (keine Arbeit im Hocken oder Knien, kein schweres Heben und Tragen), jedoch keine quantitativen (zeitlichen) Leistungseinschränkungen. Das Gutachten des Prof. Dr. M. weise zu viele Unzulänglichkeiten und Widersprüche auf, weshalb die Leistungseinschätzung des Gutachters (Leistungsvermögen unter 3 Stunden täglich und Einschränkung der Wegefähigkeit) nicht überzeugen könne; die Leistungseinschätzung sei insgesamt nicht nachvollziehbar begründet. Prof. Dr. M. habe sich für die Annahme einer gravierenden Einschränkung der Gehfähigkeit ausschließlich auf die Beschwerdeangaben des Klägers bei dem durchgeführten Gehtest gestützt. Eine verdeckte Beobachtung des Gehens habe nicht stattgefunden. Da die subjektiven Beschwerdeangaben des Klägers in Widerspruch zu den objektiven (angiologischen) Befunden (keine klinische Auffälligkeit, insbesondere normale Beindurchblutung, kontraindizierte Schonhaltung) stünden, wäre eine weitere Verifizierung bzw. Validierung jedoch dringend notwendig gewesen. Prof. Dr. M. habe relevante Durchblutungsstörungen als Ursache der angegebenen Beschwerden sogar ausgeschlossen, aber gleichwohl eine massive Einschränkung des Gehvermögens und ein auf unter 3 Stunden täglich abgesunkenes zeitliches Leistungsvermögen angenommen. Das sei so nicht nachvollziehbar. Insgesamt sei, wofür der Kläger die objektive Beweislast trage, das Vorliegen von Erwerbsminderung (Leistungsfähigkeit unter 6 Stunden täglich) nicht nachgewiesen.
Gegen das ihm am 20.03.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.04.2015 Berufung eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, das SG hätte ein weiteres Gutachten erheben müssen und sich nicht mit dem neurologischen Gutachten des Prof. Dr. L. begnügen dürfen. Es hätte klären müssen, welche Tätigkeiten er wegen der Leistungseinschränkungen aufgrund des Bauchaortenaneurysmas noch verrichten könne. Hinsichtlich der Geh-fähigkeit hätten die Frage des fehlenden medizinischen Korrelats (zu den angegebenen Beschwerden) und die von ihm bewältigbare Gehstrecke durch weitere Begutachtungen geklärt werden müssen. Die Einnahme von Schmerzmitteln nach Bedarf sei nicht hinreichend gewürdigt worden. Das SG hätte klären müssen, ob dadurch die Ergebnisse der Begutachtung (durch Prof. Dr. L.) hätten beeinflusst werden können. Er sei nicht wegefähig, könne also einen Arbeitsplatz zumutbar nicht erreichen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26.02.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2012 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.03.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
In der mündlichen Verhandlung des Senats vom 16.12.2015 hat der Kläger die Bescheinigung des Dr. R. (Chirurgische Klinik - Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie - des O. Klinikum, A.-O.) vom 08.12.2015 vorgelegt. Darin ist über einen kräftig tastbaren Puls im Bereich der Leiste und über der Arteria tibialis posterior berichtet. Weiter heißt es (u.a.), der Bypass sei duplexsonografisch hämodynamisch unauffällig und es habe sich auch eine unauffällige proximale und distale Anastomose mit gutem Fluss gezeigt. Der Fuß sei warm. Von gefäßchirurgischer Seite her müsste der Kläger ohne Beschwerden laufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.
Streitgegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist allein die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung. Der Kläger bezieht auf Grund des Bescheids vom 16.11.2010 bereits Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI); hierüber ist nicht zu befinden.
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit (länger als 6 Monate - vgl. KassKomm/Gürtner, SGB VI § 43 Rdnr. 25 unter Hinweis auf § 101 Abs. 1 SGB VI) außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Das SG hat diese Rechtsvorschriften rechtsfehlerfrei angewendet und in seinem Urteil zutreffend dargelegt, weshalb dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:
Der Senat teilt die Beweiswürdigung des SG. Auch er ist der Auffassung, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann. Es liegt daher Erwerbsminderung, erst Recht volle Erwerbsminderung nicht vor. Dem Kläger ist der Arbeitsmarkt auch nicht verschlossen. Dass er außerstande wäre, einen Arbeitsplatz aufzusuchen, ist nicht festgestellt (dazu: BSG, Urteil vom 12.12.2011, - B 13 R 79/11 R -, in juris).
Auf psychiatrischem Fachgebiet liegt eine Erkrankung, die das rentenrechtlich beachtliche Leistungsvermögen des Klägers einschränken würde, unstreitig nicht vor. Der Kläger leidet, wie er bei der Begutachtung durch Prof. Dr. L. angegeben hat, insbesondere nicht unter einer Depressionserkrankung. Bei der Befunderhebung hat Prof Dr. L. Hinweise auf eine relevante depressive Verstimmung nicht finden können; psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlungen finden demzufolge nicht statt und haben auch in der Vergangenheit nicht stattgefunden.
Auf neurologischem Fachgebiet liegen Erkrankungen mit rentenberechtigenden, insbesondere quantitativen (zeitlichen) Leistungseinschränkungen ebenfalls nicht vor. Prof. Dr. L. hat insoweit im Wesentlichen nur eine beginnende, gering ausgeprägte Polyneuropathie mit diskreter strumpfförmiger Hyposensibilität im Bereich der linken unteren Extremität diagnostiziert, die er als klinisch und auch als sozialmedizinisch (von qualitativen Leistungseinschränkungen (keine Arbeit auf Leitern und Gerüsten) abgesehen) irrelevant eingestuft hat. Die kernspintomographisch dokumentierten degenerativen LWS-Veränderungen haben ebenfalls keine klinische Bedeutung, da entsprechende Ausfallsyndrome oder typische Sensibilitätsstörungen nicht festzustellen gewesen sind. Sie sind damit auch für das sozialmedizinisch (rentenrechtlich) beachtliche Leistungsvermögen des Klägers nicht von Belang. Eine Claudicatio spinalis hat Prof Dr. L. ausgeschlossen. Er hat demzufolge überzeugend ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen.
Der Schwerpunkt der Erkrankungen des Klägers liegt unstreitig auf angiologischem Fachgebiet. Der Kläger leidet vor allem unter einem Bauchaortenaneurysma mit Rupturrisiko. Deswegen ist sein Leistungsvermögen auch qualitativ eingeschränkt; er darf insbesondere schwere Lasten nicht heben oder tragen. Das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts wird davon aber nicht berührt. Das gilt nach Überzeugung des Senats auch hinsichtlich der vom Kläger angegebenen Gehbeschwerden, die letztendlich auf den in der Vergangenheit operativ durch Anlegung von Venenbypässen behandelten Durchblutungsstörungen der Beine beruhen sollen und auf die Prof. Dr. M. seine Leistungseinschätzung - Leistungsfähigkeit unter 3 Stunden täglich - gestützt hat. Das Gutachten des Prof. Dr. M. überzeugt den Senat nicht. Es ist in sich nicht schlüssig und gibt weder für die postulierte zeitliche Leistungseinschränkung noch für die postulierte Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen bzw. das Fehlen der Wegefähigkeit eine nachvollziehbare Begründung.
Prof. Dr. M. hat schon im Ansatz nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb bestehende und bei Belastung rasch zunehmende Beschwerden in Beinen und Füßen sowie Gangunsicherheiten mit Sturzgefahr über qualitative Leistungseinschränkungen hinaus (etwa: keine Arbeit mit vermehrtem Gehen oder Stehen, also überwiegend im Sitzen) das quantitative (zeitliche) Leistungsvermögen des Klägers einschränken oder gar aufheben (auf unter drei Stunden täglich absenken) sollen. Der Gutachter hat die seiner Leistungseinschätzung zugrunde gelegten Gehbeschwerden und Gangunsicherheiten im Kern außerdem auf die entsprechenden subjektiven Angaben des Klägers und dessen Verhalten bei dem auf der Straße durchgeführten Gehtest gestützt. Mit den Beschwerdeangaben und dem demonstrierten Beschwerdeverhalten des Versicherten allein ist eine sozialmedizinische Leistungsbeurteilung aber nicht tragfähig zu begründen. Die Angaben und das Verhalten des Versicherten müssen vielmehr auf ihre Konsistenz und vor allem auf ihre Vereinbarkeit mit den erhobenen objektiven Befunden überprüft und ggf. kritisch gewürdigt werden, das erst recht, wenn eine klare Diskrepanz zwischen den objektiven Befunden und dem subjektiven Beschwerdevorbringen bzw. -verhalten besteht und außerdem Anhaltspunkte für nicht authentisches Verhalten in der Begutachtungssituation vorliegen. Diesen Anforderungen an eine sozialmedizinisch fundierte und überzeugende Leistungsbeurteilung wird das Gutachten des Prof. Dr. M. (bei Weitem) nicht gerecht.
Prof. Dr. M. hat bei der Erhebung des angiologischen Befunds an den unteren Extremitäten des Klägers eine angiologische Ursache (Durchblutungsstörungen) für die u.a. bei dem durchgeführten Gehtest angegebenen Gehbeschwerden ausgeschlossen. Zuvor hatte bereits Prof. Dr. L. eine neurologische Ursache (Claudicatio spinalis) hierfür ebenfalls nicht finden können. Prof. Dr. M. hat namentlich Hinweise auf eine relevante Durchblutungsstörung der Beine nicht festgestellt. Die Pulsation der Unterschenkelarterien ist tastbar gewesen, die gemessenen Dopplerdrucke sind beidseits im Bereich des in der Armarterie gemessenen Okklusionsdrucks und damit weit über dem kritischen Druck von 60 mm Hg, der Knöchel-Arm-Index ist beidseits im Normbereich gelegen und auch der Ratschow-Test hat für eine ausreichende periphere Durchblutung gesprochen. Damit hat Prof. Dr. M. aber eine klare Diskrepanz zwischen subjektiven Beschwerdeangaben und objektiven Befunden festgestellt. Diese Diskrepanz wird weiter vertieft durch den von Prof. Dr. L. erhobenen Befund einer kräftig ausgeprägten Muskulatur (auch) an der unteren Extremität ohne Umfangsdifferenzen und ohne den bei jahrelangem Vorliegen der angegebenen Gehbeschwerden zu erwartenden Muskelabbau; darauf hat Dr. W.-H. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 22.01.2015 zutreffend hingewiesen. Prof. Dr. M. hat außerdem dargelegt, dass die Beschwerdeangaben des Klägers untypisch sind und, sollten sie zutreffen, dem fortgeschrittenen Stadium einer - von Prof. Dr. M. aber ausgeschlossenen - peripheren arteriellen Verschlusskrankheit zuzuordnen wären, in dem das betroffene Bein bereits gefährdet wäre und das sich in - beim Kläger nicht vorliegenden - klinischen Zeichen, wie Kälte, Blässe, ggf. trophische Läsionen der Haut, Dopplerdrucke unter 60 mm Hg oder einem Knöchel-Arm-Index unter 0,3, äußern würde. Zudem widerspricht es der klinischen Erfahrung, Schmerzlinderung, wie vom Kläger angegeben, durch Hochlagern der Beine zu erreichen; dies führt bei relevanten Beschwerden durch Durchblutungsstörungen der Beine sogar eher zur Schmerzverstärkung. Schließlich hat eine leitliniengerechte und nach Ansicht des Prof. Dr. M. auch indizierte Schmerztherapie trotz der Angabe erheblicher Schmerzbeschwerden offensichtlich nicht stattgefunden. Der Kläger hat das gegenüber Dr. B. (Bericht vom 21.11.2012) bestätigt und auch bei der Begutachtung durch Prof. Dr. L. und Prof. Dr. M. über eine entsprechende Schmerzbehandlung (von der Bedarfseinnahme von Medikamenten abgesehen) nichts berichtet. Aus alledem folgt zusätzlich die unbedingte Notwendigkeit, das subjektive Beschwerdevorbringen des Klägers einer kritischen Konsistenz- und Authentizitätsprüfung zu unterziehen, zumal bereits Dr. Z. in seinem Gutachten vom 21.05.2012 Verdeutlichungstendenzen bei der Exploration des Klägers festgestellt hatte. Es genügt daher (bei Weitem) nicht, die Beschwerdeschilderung des Klägers als scheinbar glaubhaft einzustufen und im Gutachten auszuführen, Simulation und/oder Aggravation scheine nicht vorzuliegen, und es kann daher insgesamt nicht angehen, ohne eingehende Erörterung und Begründung, gleichsam thesenartig, eine zeitliche Leistungseinschränkung bzw. ein aufgehobenes Leistungsvermögen zu postulieren. Eine überzeugende sozialmedizinische Leistungseinschätzung stellt das nicht dar. Das gilt in gleicher Weise für das (zumal tätigkeitsabhängige) Postulat betriebsunüblicher Pausen von mindestens 30 Minuten in kürzeren Abständen und von fehlender Wegefähigkeit, nachdem sich Prof. Dr. M. hierfür auf die zur zeitlichen Leistungseinschränkung angeführten Gesichtspunkte beruft. Angesichts dessen hat sich Prof. Dr. L. in der abschließenden gutachterlichen Stellungnahme vom 26.09.2014 der Leistungseinschätzung des Prof. Dr. M. nicht angeschlossen und den Kläger zu Recht nach wie vor für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Das Leistungsvermögen des Klägers hat sich seit dem Abschluss der operativen Behandlung der Durchblutungsstörungen in den Beinen (November 2009) und seit der Entlassung aus der Reha-Klinik H.-K. (dazu Entlassungsbericht vom 12.04.2010: sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) und seit der Begutachtung durch Dr. Z. (Gutachten vom 21.05.2012: ebenfalls sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) nicht in rentenrechtlich beachtlicher Weise verschlechtert. Rente wegen voller Erwerbsminderung steht ihm nicht zu.
Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass fehlende Wegefähigkeit des Klägers infolge der angegebenen Gehbeschwerden nicht festgestellt ist. Daher kann dahin stehen, ob der Kläger (noch) über einen PKW verfügt, mit dem er zumutbar einen Arbeitsplatz erreichen könnte (dazu jurisPK-SGB VI/Freudenberg, § 43 Rdnr. 210 m. N. zur Rspr. des BSG); Prof. Dr. L. (Gutachten vom 20.02.2014) hat in Übereinstimmung mit Dr. Z. (Gutachten vom 21.05.2012) Einschränkungen für die Nutzung eines Kraftfahrzeugs nicht festgestellt. Die in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 16.12.2015 vorgelegte Bescheinigung des Dr. R. (Chirurgische Klinik - Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie - des O. Klinikum, A.-O.) vom 08.12.2015 rechtfertigt keine andere Beurteilung, stützt vielmehr die Auffassung (insbesondere) des Prof. Dr. L. zusätzlich. In der Bescheinigung ist nämlich ein kräftig tastbarer Puls im Bereich der Leiste und über der Arteria tibialis posterior angegeben. Duplexsonografisch wurde der Bypass für hämodynamisch unauffällig befunden und es hat sich auch eine unauffällige proximale und distale Anastomose mit gutem Fluss gezeigt; der Fuß ist warm gewesen. Gestützt darauf hat Dr. R. die Auffassung vertreten, dass der Kläger von gefäßchirurgischer Seite ohne Beschwerden laufen müsste. Das spricht für und nicht gegen das Vorliegen von Wegefähigkeit.
Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, etwa weitere Begutachtungen, nicht auf. Dazu geben weder die vorstehend erwähnte Bescheinigung des O. Klinikum noch der Bericht der Dr. F.-O. vom 12.12.2012 Anlass. Dr. F.-O. führt im Wesentlichen nur aus, dass der Kläger (selbst) eine Erwerbstätigkeit von 3 Stunden täglich für nicht bewältigbar hält. Eine aus Befunden nachvollziehbar begründete (eigene) sozialmedizinische Leistungseinschätzung enthält der Bericht (von nicht rentenberechtigenden qualitativen Leistungseinschränkungen abgesehen) nicht. Dass wegen des Bauchaortenaneurysmas qualitative Leistungseinschränkungen (etwa: Ausschluss schweren Hebens und Tragens) bestehen, ist unstreitig und für die Gewährung der begehrten Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht von Belang, weshalb weitere gutachterliche Feststellungen hierzu entbehrlich sind. Das gilt auch für die Frage der Wegefähigkeit.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger, der (bereits) Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bezieht, begehrt (nunmehr) Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1958 geborene (geschiedene) Kläger (GdB 20), gelernter Elektroanlageninstallateur, war zuletzt bis November 2009 als Sicherheitstechniker (Installation von Alarmanlagen und Videosystemen) versicherungspflichtig beschäftigt.
Im April und im November 2009 wurde der Kläger wegen Durchblutungsstörungen in den Beinen operiert; es wurden Venenbypässe links und rechts angelegt. Am 09.02.2010 beantragte der Kläger (auf Aufforderung seiner Krankenkasse) bei der Beklagten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Vom 22.03.2010 bis 14.04.2010 absolvierte er eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Rehaklinik H.-K., H ... Im Entlassungsbericht vom 12.04.2010 sind folgende Diagnosen festgehalten: Z.n. popliteo-poplitealem Venenbypass rechts 11/09 nach Aneurysma der Arteria poplitea rechts bei ausgeprägter dilatativer; Z. n. proximaler und distaler Ligatur sowie Venenbypass links 04/2009 nach Aneurysma der linken Arteria poplitea; persistierender Nikotinabusus, reduziert; Z. n. Sigmadivertikulitis 10/2008; Adipositas. Als Sicherheitstechniker könne der Kläger nur unter 3 Stunden täglich arbeiten, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen) aber 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Nach Umdeutung des Antrags auf Gewährung von Rehabilitationsleistungen in einen Rentenantrag bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16.11.2010 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer ab 01.05.2010 (monatlicher Zahlbetrag ab 01.01.2011: 340,80 EUR); Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe nicht.
Am 15.03.2012 beantragte der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er halte sich wegen seines Aneurysma-Leidens seit November 2009 für voll erwerbsgemindert.
Die Beklagte erhob das Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin, Anästhesiologie, Chirotherapie und Sozialmedizin Dr. Z. vom 21.05.2012. Dieser diagnostizierte (bei von einer Verdeutlichungstendenz getragener Exploration) eine sensormotorische, axonal-demyelinisierende Polyneuropathie mit anhaltenden Dysästhesien, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit mit infrarenalem Bauchaortenaneurysma und Aneurysma bd. A. iliaca communis und Z. n. popliteopoplitealem Bypass nach Resektion von Aneurysmata der A. poplitea links im April 2009 und rechts im November 2009 mit Claudicatio intermittens, maximale Gehstrecke ca. 500 Meter, ein Impingement-Syndrom linkes Schultergelenk mit Schmerzen bei Abduktion ab 90° und bei endgradiger Elevation bei 150°, arterielle Hypertonie, unbehandelt, Adipositas I (BMI 30,3) sowie eine bekannte Nephrolithiasis und ein leichtes Schlafapnoe-Syndrom. Der Kläger, der über einen PKW verfüge und diesen auch selbst fahre, könne als Sicherheitstechniker nur unter 3 Stunden täglich arbeiten, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen) aber weiterhin 6 Stunden täglich und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 25.05.2012 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Dagegen erhob der Kläger am 19.06.2012 Widerspruch. Er trug unter Vorlage eines Ärztlichen Attestes der Internistin Dr. F.-O. vom 10.05.2012) vor, er leide unter ganz erheblichen Schmerzen und schmerzhaften Bewegungseinschränkungen der unteren Extremitäten. Begünstigt werde die Gehbeeinträchtigung durch die Polyneuropathie mit anhaltenden Dysästhesien sowie durch die periphere arterielle Verschlusskrankheit. Er habe ständig Schmerzen in beiden Beinen, weshalb eine Behandlung mit Lyrica notwendig sei. Er könne nur noch wenige 100 Meter am Stück unter größten Schmerzen gehen, wobei er bereits nach 100 Meter eine lange Ruhepause einlegen müsse. Er sei daher nicht mehr wegefähig. Außerdem habe er Beschwerden an der linken Schulter mit deutlichen Bewegungseinschränkungen.
Nach Einholung der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. Z. vom 25.07.2012 (Leistungseinschätzung unverändert) wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2012 zurück.
Am 26.09.2012 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung wiederholte er sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG befragte behandelnde Ärzte. Der Internist und Schmerztherapeut Dr. B. (Konsultation einmalig am 06.09.2012) gab eine Leistungseinschätzung nicht ab. Nach Angaben des Klägers finde weder eine Schmerzbehandlung noch eine psychiatrische Behandlung oder eine Physiotherapie statt; der Kläger nehme lediglich das Arzneimittel ASS 100 (1-0-0) ein (Bericht vom 21.11.2012). Die Neurologin Dr. G. (Konsultation einmalig am 13.04.2012) gab eine Leistungseinschätzung ebenfalls nicht ab (Bericht vom 19.11.2012: Seiltänzergang unsicher, sonst Gangprüfung unauffällig). Die Internistin Dr. F.-O. teilte im Bericht vom 12.12.2012 unter Beifügung von Arztbriefen aus den Jahren 2008 bis 2012 mit, sie behandele den Kläger seit dem 22.07.1992. Der Kläger berichte bereits nach geringer Belastung über limitierende Schmerzen in beiden Beinen. Auch eine Erwerbstätigkeit von nur 3 Stunden täglich erscheine ihm nicht bewältigbar. Das Schmerzsyndrom sei leistungsmindernd. Der Kläger dürfe wegen der gefäßchirurgischen Operationen nicht, auch nicht kurzzeitig, in die Hocke gehen oder knien. Er dürfe auch nicht schwer heben oder pressen. Der Neurochirurg Dr. Sch. (einmalige Konsultation am 22.03.2013) gab eine Leistungseinschätzung nicht ab (Bericht vom 18.11.2013).
Das SG beauftragte sodann den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. L. und den Facharzt für Chirurgie (Viszeral- und Gefäßchirurgie) Prof. Dr. M. mit der sozialmedizinischen Begutachtung des Klägers. Prof. Dr. L. wurde zum Hauptgutachter, Prof. Dr. M. wurde zum Ergänzungsgutachter bestellt.
Prof. Dr. L. untersuchte den Kläger am 20.02.2014 (unter Anwendung apparativer Diagnostik) und führte in seinem Gutachten (ebenfalls) vom 20.02.2014 aus, der Kläger habe als Hauptproblem die eingeschränkte Gehleistung angegeben; er könne derzeit 300 bis 400 Meter gehen und müsse sich dann wegen brennender Schmerzen im Bereich des linken Beins, ausgeprägter als rechts, 20 Minuten lang hinsetzen und die Beine hochlagern. Der Schlaf sei durch Schmerzen häufig beeinträchtigt. Der psychische Zustand sei aber stabil; unter Depressionen leide er nicht. Psychiatrische oder psychologische Behandlungen fänden nicht statt und hätten auch in der Vergangenheit nicht stattgefunden. Der Kläger nehme nach der Medikamentenanamnese derzeit Clopidogrel (1 - 0 - 0) und Pantozol 40 (1 - 0 - 0), bei Bedarf Neuralgin und Diclofenac ein. Prof. Dr. L. fand (ohne Hinweise auf aggravatorische Tendenzen, abgesehen von Wechselinnervation bei der Prüfung der Fußhebung links) keine Hinweise auf eine relevante depressive Verstimmung. Zum körperlichen Befund führte der Gutachter aus, der Kläger, in gutem Allgemein- und leicht adipösem Ernährungszustand, verfüge über eine kräftig ausgeprägte Muskulatur an der oberen und unteren Extremität. Die Fußpulse seien beidseits sicher tastbar. Zeichen für trophische Störungen an der oberen und unteren Extremität gebe es nicht. An der unteren Extremität fänden sich im Seitenvergleich keine Umfangsdifferenzen und es bestehe eine gut ausgeprägte Muskulatur. Dominierende Entwicklung im Krankheitsverlauf sei seit 2008 eine eingeschränkte Gehleistung. Der Kläger berichte, er könne etwa 400 Meter am Stück gehen. Danach benötige er eine Pause von mehreren Minuten, bis die brennenden Schmerzen sich wieder zurückgebildet hätten. Als weiterhin aktuelles Gefäßproblem bestehe ein Aortenaneurysma, das bis in die Arteria iliaca reiche und schweres Heben ausschließe. Aus neurologischer Sicht sei jedoch die adäquate Durchblutung der Beine im Zeitpunkt der Begutachtung gewährleistet; auch die Fußpulse seien sicher tastbar gewesen. Zusätzlich sei von einer lediglich beginnenden, gering ausgeprägten und klinisch nicht relevanten Polyneuropathie mit diskreter strumpfförmiger Hyposensibilität im Bereich der linken unteren Extremität auszugehen. Kernspintomographisch seien degenerative LWS-Veränderungen mit möglichem Wurzelkontakt S1 rechts und L5 links dokumentiert. Bei der klinischen Untersuchung hätten sich aber keine entsprechenden Ausfallsyndrome und keine typischen Sensibilitätsstörungen gezeigt. Die Veränderungen sprächen nicht für eine Claudicatio spinalis. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht könne der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter qualitativen Einschränkungen (keine Arbeit auf Leitern und Gerüsten) mindestens 6 Stunden täglich verrichten. Betriebsunübliche Pausen seien nicht notwendig. Für die berichtete Gehstrecke von maximal 400 Meter gebe es aus neurologischer Sicht kein Korrelat. Einschränkungen für die Nutzung eines Kraftfahrzeugs oder von öffentlichen Verkehrsmitteln bestünden nicht. Relevante Verschlechterungen des Gesundheitszustands seien in absehbarer Zeit nicht zu erwarten.
Prof. Dr. M. untersuchte den Kläger am 15.07.2014 (ohne Absprache mit dem SG) in dessen häuslicher Umgebung (dabei Messung u.a. des arteriellen Dopplerdrucks bestimmter Arterien und des Knöchel-Arm-Index) und führte einen Gehtest auf der Straße vor dem Haus des Klägers durch. In seinem Gutachten vom 08.07.2014 (richtig wohl: 08.08.2014) führte Prof. Dr. M. aus, der Kläger sei konzentriert und kooperativ gewesen. Die geschilderten Beschwerden erschienen, auch in Übereinstimmung mit den Beobachtungen beim Gehtest, glaubhaft. Eine Simulation und/oder Aggravation scheine nicht vorzuliegen. Die Beschwerden (nach ca. 100 Meter Schmerzen an der Fußsohle, zusätzlich Spannung und Schraubstockgefühl im linken Bein mit Notwendigkeit des Stehenbleibens für 20 bis 30 Minuten nach ca. 300 Meter, besserer und schnellerer Rückgang der Beschwerden beim Sitzen mit hochgelagerten Beinen; gleichartige Beschwerden und Missempfindungen beim Autofahren nach ca. 30 Minuten) seien indessen nicht typisch für das Vorliegen einer arteriellen peripheren Verschlusskrankheit, zumal bereits im Ruhezustand auftretende Schmerzen einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium (Stadium III nach Fontaine) gleichkommen würden. Da in beiden Beinen und Füßen gleichartige Beschwerden, wenn auch rechts mit geringerer Intensität als links geklagt würden, wäre zu folgern, dass beidseits auch ein gleichartig fortgeschrittenes Stadium der Erkrankung vorliege. In derartigen Fällen signalisierten die klinischen Zeichen (wie Kälte, Blässe, ggf. trophische Läsionen der Haut, Dopplerdrucke unter 60 mm Hg bzw. ein Knöchel-Arm-Index unter 0,3) eine kritische Durchblutungsstörung, mithin eine Bedrohung des betroffenen Beines. Die Beobachtung, dass sich die im Gehen auftretenden Schmerzen unter Hochlagern der Beine besserten, widerspreche der klinischen Erfahrung, wonach sich ischämiebedingte Schmerzen bei einer solchen Lagerung eher verschlimmerten; die Patienten erreichten Schmerzlinderung dadurch, dass sie die Beine herabhängen ließen. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden seien durch die erhobenen klinischen Befunde nicht objektivierbar. So fänden sich keinerlei Anzeichen einer verminderten Hautdurchblutung bzw. trophischer Läsionen. Die Pulsation zweier Unterschenkelarterien sei am rechten, einer Unterschenkelarterie am linken Bein kräftig zu tasten, die Dopplerdrucke lägen beidseits im Bereich des in der Armarterie gemessenen Okklusionsdrucks und damit weit über dem kritischen Druck von 60 mm Hg, der Knöchel-Arm-Index liege beidseits im normalen Bereich. Auch der Ratschow-Test spreche für eine ausreichende periphere Durchblutung. Dass linksseitig die Arteria dorsalis pedis nicht tastbar sei, beruhe wahrscheinlich auf einem peripheren embolischen Verschluss der Arteria tibialis anterior, der dann aber über den arcus plantaris so gut kompensiert sei, dass immerhin ein Verschlussdruck von 150 mm Hg in der Arteria dorsalis pedis gemessen werden könne. Die im Rahmen des Gehtests nach ca. 100 Meter auftretenden Schmerzen im linken Ober- und Unterschenkel seien ebenfalls eher nicht als vasculär bedingt einzustufen. Sie würden zu einer höher gelegenen, etwa im Bereich des Beckens lokalisierten Gefäßstenose passen, wofür es weder aufgrund des gut tastbaren Leistenpulses noch der seinerzeit präoperativen Digitalen Subtraktionsangiographie und später vorgenommener sonografischer Untersuchungen Anhaltspunkte gebe. Insgesamt ergäben sich bei der gutachterlichen Untersuchung keine Hinweise auf eine relevante Durchblutungsstörung der Beine, so dass die geklagten Beschwerden hierauf nicht zurückgeführt werden könnten. Hinsichtlich des Bauchaortenaneurysmas bestehe ein nicht unerhebliches Rupturrisiko (25 % innerhalb von 5 Jahren), weshalb eine kurzfristige operative Behandlung anzuSt.en sei. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen) unter 3 Stunden täglich verrichten. Das Maß der (zeitlichen) Leistungseinschränkung werde mit den bereits in Ruhe bestehenden und bei Belastung rasch zunehmenden Beschwerden in Füßen und Beinen begründet. Hinzu kämen Gangunsicherheiten schon nach kurzen Gehstrecken, die eine erhöhte Gefahr, z.B. für Stolpern oder Stürze, mit sich brächten, was unter Einfluss des eingenommenen Medikaments Clopidogrel wiederum mit einem erhöhten Risiko für Blutungen und Blutergüsse einhergehe. Je nach Tätigkeit seien betriebsunübliche Pausen in kürzeren Abständen von mindestens 30 Minuten Dauer zu gewähren. Das Zurücklegen einer Gehstrecke von täglich 4 mal 500 Meter unter zumutbarem Zeitaufwand zum Erreichen einer Arbeitsstelle sei unter Berücksichtigung der zu der zeitlichen Leistungseinschränkung angeführten Gesichtspunkte nicht möglich. Der Kläger könne öffentliche Verkehrsmittel zweimal täglich zur Hauptverkehrszeit nutzen, sofern zum Erreichen der Haltestelle eine Gehhilfe (Stock) verwendet werde. Dem Kläger stehe ein Kraftfahrzeug zur Verfügung. Dessen Nutzung zur Fahrt zu einer Arbeitsstelle sei vertretbar, wenn die Fahrzeit nicht über 30 Minuten liege. Die therapeutischen Möglichkeiten hinsichtlich der Schmerzen an Beinen und Füßen seien nicht ausgeschöpft; in Betracht komme etwa die weitere stationäre Abklärung und Behandlung in einer Klinik für spezielle Schmerztherapie bzw. in einem regionalen Schmerzzentrum. Die Abweichung zur Einschätzung des Dr. Z. beruhe (u.a.) auf der persönlichen Inaugenscheinnahme des Gehvermögens des Klägers anlässlich des bei der Untersuchung vorgenommenen Gehtests.
Prof. Dr. L. führte in seiner abschließenden gutachterlichen Stellungnahme vom 26.09.2014 unter Berücksichtigung des Gutachtens des Prof. Dr. M. aus, Prof. Dr. M. habe eine zeitliche Leistungseinschränkung wegen der vom Kläger angegebenen Beschwerden in Beinen und Füßen angenommen, obwohl er keine Hinweise auf eine relevante Durchblutungsstörung der Beine habe finden können. Die angegebenen Missempfindungen und subjektiven Einschränkungen der Gehleistung seien (wie im neurologischen Gutachten dargelegt) auch durch neurologische Störungen nicht erklärbar. Eine Polyneuropathie sei elektrophysiologisch eher gering ausgeprägt, eine Claudicatio spinalis sei ausgeschlossen. Prof. Dr. M. habe ebenfalls ausgeschlossen, dass die Beinschmerzen durch Durchblutungsstörungen der Beine ausgelöst würden. Für die geklagten Beinbeschwerden finde sich daher kein objektivierbares organisches Korrelat. In der Zusammenschau der Befunde ergäben sich daher keine Erkenntnisse, die eine vom Hauptgutachten abweichende Leistungseinschätzung rechtfertigen könnten. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen, insbesondere kein Heben von Lasten über 10 kg) mindestens 6 Stunden täglich verrichten.
Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme der Dr. W.-H. (Fachärztin für Urologie) vom 22.01.2015 vor. Darin ist ausgeführt, Prof. Dr. M. habe objektivierbare Ursachen der geklagten Beschwerden nicht gefunden; subjektiv angegebene Missempfindungen könnten aus sozialmedizinischer Sicht aber von Aggravation nicht abgegrenzt werden. Prof. Dr. M. habe Durchblutungsstörungen der Beine als Ursache der angegebenen Beinschmerzen ausgeschlossen. Zu den angegebenen Gehstörungen gebe es auch aus neurologischer Sicht kein passendes Korrelat. Die seitengleich kräftig ausgeprägte Muskulatur des Klägers auch der unteren Extremitäten sei bei einer über Jahre auf maximal 300 bis 400 Meter begrenzten Gehstrecke nicht plausibel zu erklären. Hier wäre ein sichtbarer Muskelschwund zu erwarten. Widersprüchlich sei auch, dass tagsüber nach einer Gehstrecke von 300 bis 400 Meter das Hochlegen der Beine schmerzlindernd wirke, gleichzeitig aber Missempfindungen der Beine aufträten, wenn der Kläger abends im Bett liege und er deswegen gelegentlich wegen der Schmerzen aufstehen müsse. Es bleibe bei einem sechs und mehrstündigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Am 26.02.2015 fand die mündliche Verhandlung des SG statt. Der Kläger gab an, er habe (neben einem nach wenigen Stunden wieder abgebrochenen Arbeitsversuch als Lagerarbeiter bei der Firma St. im November 2009) einen (weiteren) Arbeitsversuch in einem Sanitätshaus unternommen, diesen aber nach kurzer Zeit wieder abbrechen müssen, weil schwere Rollstühle hätten angehoben werden müssen. Er nehme jetzt vermehrt Schmerzmittel (unter Magenschutz). Wegen einer Nierenzyste werde er fachärztlich behandelt. Er gehe (bei gemeinsamen Einkäufen mit seiner Lebensgefährtin) nur eine Wegstrecke von 150 bis 250 Meter vom Parkhaus zu einem Café und bleibe dann dort. Er schlafe sehr schlecht, 2 bis 3 Stunden am Stück, wolle aber Schlafmittel nicht einnehmen. Wenn es besonders schlimm sei, nutze er einen Stock als Gehhilfe. Die Operation des Aneurysmas der Bauchaorta könne noch aufgeschoben werden.
Mit Urteil vom 26.02.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dem Kläger stehe Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zu. Es sei nicht nachgewiesen, dass er wegen eines auf unter 3 Stunden täglich abgesunkenen Leistungsvermögens voll erwerbsgemindert sei (§ 43 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI). Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts vielmehr 6 Stunden täglich verrichten, weshalb Erwerbsminderung nicht vorliege (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Auf neurologischem Fachgebiet habe Prof. Dr. L. nur geringgradige Befunde erhoben, die eine Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter 6 Stunden täglich nicht begründen könnten. Die (schwerwiegenderen) Erkrankungen des Klägers auf angiologischem Fachgebiet begründeten zwar qualitative Leistungseinschränkungen (keine Arbeit im Hocken oder Knien, kein schweres Heben und Tragen), jedoch keine quantitativen (zeitlichen) Leistungseinschränkungen. Das Gutachten des Prof. Dr. M. weise zu viele Unzulänglichkeiten und Widersprüche auf, weshalb die Leistungseinschätzung des Gutachters (Leistungsvermögen unter 3 Stunden täglich und Einschränkung der Wegefähigkeit) nicht überzeugen könne; die Leistungseinschätzung sei insgesamt nicht nachvollziehbar begründet. Prof. Dr. M. habe sich für die Annahme einer gravierenden Einschränkung der Gehfähigkeit ausschließlich auf die Beschwerdeangaben des Klägers bei dem durchgeführten Gehtest gestützt. Eine verdeckte Beobachtung des Gehens habe nicht stattgefunden. Da die subjektiven Beschwerdeangaben des Klägers in Widerspruch zu den objektiven (angiologischen) Befunden (keine klinische Auffälligkeit, insbesondere normale Beindurchblutung, kontraindizierte Schonhaltung) stünden, wäre eine weitere Verifizierung bzw. Validierung jedoch dringend notwendig gewesen. Prof. Dr. M. habe relevante Durchblutungsstörungen als Ursache der angegebenen Beschwerden sogar ausgeschlossen, aber gleichwohl eine massive Einschränkung des Gehvermögens und ein auf unter 3 Stunden täglich abgesunkenes zeitliches Leistungsvermögen angenommen. Das sei so nicht nachvollziehbar. Insgesamt sei, wofür der Kläger die objektive Beweislast trage, das Vorliegen von Erwerbsminderung (Leistungsfähigkeit unter 6 Stunden täglich) nicht nachgewiesen.
Gegen das ihm am 20.03.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.04.2015 Berufung eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, das SG hätte ein weiteres Gutachten erheben müssen und sich nicht mit dem neurologischen Gutachten des Prof. Dr. L. begnügen dürfen. Es hätte klären müssen, welche Tätigkeiten er wegen der Leistungseinschränkungen aufgrund des Bauchaortenaneurysmas noch verrichten könne. Hinsichtlich der Geh-fähigkeit hätten die Frage des fehlenden medizinischen Korrelats (zu den angegebenen Beschwerden) und die von ihm bewältigbare Gehstrecke durch weitere Begutachtungen geklärt werden müssen. Die Einnahme von Schmerzmitteln nach Bedarf sei nicht hinreichend gewürdigt worden. Das SG hätte klären müssen, ob dadurch die Ergebnisse der Begutachtung (durch Prof. Dr. L.) hätten beeinflusst werden können. Er sei nicht wegefähig, könne also einen Arbeitsplatz zumutbar nicht erreichen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26.02.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2012 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.03.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
In der mündlichen Verhandlung des Senats vom 16.12.2015 hat der Kläger die Bescheinigung des Dr. R. (Chirurgische Klinik - Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie - des O. Klinikum, A.-O.) vom 08.12.2015 vorgelegt. Darin ist über einen kräftig tastbaren Puls im Bereich der Leiste und über der Arteria tibialis posterior berichtet. Weiter heißt es (u.a.), der Bypass sei duplexsonografisch hämodynamisch unauffällig und es habe sich auch eine unauffällige proximale und distale Anastomose mit gutem Fluss gezeigt. Der Fuß sei warm. Von gefäßchirurgischer Seite her müsste der Kläger ohne Beschwerden laufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.
Streitgegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist allein die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung. Der Kläger bezieht auf Grund des Bescheids vom 16.11.2010 bereits Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI); hierüber ist nicht zu befinden.
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit (länger als 6 Monate - vgl. KassKomm/Gürtner, SGB VI § 43 Rdnr. 25 unter Hinweis auf § 101 Abs. 1 SGB VI) außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Das SG hat diese Rechtsvorschriften rechtsfehlerfrei angewendet und in seinem Urteil zutreffend dargelegt, weshalb dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:
Der Senat teilt die Beweiswürdigung des SG. Auch er ist der Auffassung, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann. Es liegt daher Erwerbsminderung, erst Recht volle Erwerbsminderung nicht vor. Dem Kläger ist der Arbeitsmarkt auch nicht verschlossen. Dass er außerstande wäre, einen Arbeitsplatz aufzusuchen, ist nicht festgestellt (dazu: BSG, Urteil vom 12.12.2011, - B 13 R 79/11 R -, in juris).
Auf psychiatrischem Fachgebiet liegt eine Erkrankung, die das rentenrechtlich beachtliche Leistungsvermögen des Klägers einschränken würde, unstreitig nicht vor. Der Kläger leidet, wie er bei der Begutachtung durch Prof. Dr. L. angegeben hat, insbesondere nicht unter einer Depressionserkrankung. Bei der Befunderhebung hat Prof Dr. L. Hinweise auf eine relevante depressive Verstimmung nicht finden können; psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlungen finden demzufolge nicht statt und haben auch in der Vergangenheit nicht stattgefunden.
Auf neurologischem Fachgebiet liegen Erkrankungen mit rentenberechtigenden, insbesondere quantitativen (zeitlichen) Leistungseinschränkungen ebenfalls nicht vor. Prof. Dr. L. hat insoweit im Wesentlichen nur eine beginnende, gering ausgeprägte Polyneuropathie mit diskreter strumpfförmiger Hyposensibilität im Bereich der linken unteren Extremität diagnostiziert, die er als klinisch und auch als sozialmedizinisch (von qualitativen Leistungseinschränkungen (keine Arbeit auf Leitern und Gerüsten) abgesehen) irrelevant eingestuft hat. Die kernspintomographisch dokumentierten degenerativen LWS-Veränderungen haben ebenfalls keine klinische Bedeutung, da entsprechende Ausfallsyndrome oder typische Sensibilitätsstörungen nicht festzustellen gewesen sind. Sie sind damit auch für das sozialmedizinisch (rentenrechtlich) beachtliche Leistungsvermögen des Klägers nicht von Belang. Eine Claudicatio spinalis hat Prof Dr. L. ausgeschlossen. Er hat demzufolge überzeugend ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen.
Der Schwerpunkt der Erkrankungen des Klägers liegt unstreitig auf angiologischem Fachgebiet. Der Kläger leidet vor allem unter einem Bauchaortenaneurysma mit Rupturrisiko. Deswegen ist sein Leistungsvermögen auch qualitativ eingeschränkt; er darf insbesondere schwere Lasten nicht heben oder tragen. Das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts wird davon aber nicht berührt. Das gilt nach Überzeugung des Senats auch hinsichtlich der vom Kläger angegebenen Gehbeschwerden, die letztendlich auf den in der Vergangenheit operativ durch Anlegung von Venenbypässen behandelten Durchblutungsstörungen der Beine beruhen sollen und auf die Prof. Dr. M. seine Leistungseinschätzung - Leistungsfähigkeit unter 3 Stunden täglich - gestützt hat. Das Gutachten des Prof. Dr. M. überzeugt den Senat nicht. Es ist in sich nicht schlüssig und gibt weder für die postulierte zeitliche Leistungseinschränkung noch für die postulierte Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen bzw. das Fehlen der Wegefähigkeit eine nachvollziehbare Begründung.
Prof. Dr. M. hat schon im Ansatz nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb bestehende und bei Belastung rasch zunehmende Beschwerden in Beinen und Füßen sowie Gangunsicherheiten mit Sturzgefahr über qualitative Leistungseinschränkungen hinaus (etwa: keine Arbeit mit vermehrtem Gehen oder Stehen, also überwiegend im Sitzen) das quantitative (zeitliche) Leistungsvermögen des Klägers einschränken oder gar aufheben (auf unter drei Stunden täglich absenken) sollen. Der Gutachter hat die seiner Leistungseinschätzung zugrunde gelegten Gehbeschwerden und Gangunsicherheiten im Kern außerdem auf die entsprechenden subjektiven Angaben des Klägers und dessen Verhalten bei dem auf der Straße durchgeführten Gehtest gestützt. Mit den Beschwerdeangaben und dem demonstrierten Beschwerdeverhalten des Versicherten allein ist eine sozialmedizinische Leistungsbeurteilung aber nicht tragfähig zu begründen. Die Angaben und das Verhalten des Versicherten müssen vielmehr auf ihre Konsistenz und vor allem auf ihre Vereinbarkeit mit den erhobenen objektiven Befunden überprüft und ggf. kritisch gewürdigt werden, das erst recht, wenn eine klare Diskrepanz zwischen den objektiven Befunden und dem subjektiven Beschwerdevorbringen bzw. -verhalten besteht und außerdem Anhaltspunkte für nicht authentisches Verhalten in der Begutachtungssituation vorliegen. Diesen Anforderungen an eine sozialmedizinisch fundierte und überzeugende Leistungsbeurteilung wird das Gutachten des Prof. Dr. M. (bei Weitem) nicht gerecht.
Prof. Dr. M. hat bei der Erhebung des angiologischen Befunds an den unteren Extremitäten des Klägers eine angiologische Ursache (Durchblutungsstörungen) für die u.a. bei dem durchgeführten Gehtest angegebenen Gehbeschwerden ausgeschlossen. Zuvor hatte bereits Prof. Dr. L. eine neurologische Ursache (Claudicatio spinalis) hierfür ebenfalls nicht finden können. Prof. Dr. M. hat namentlich Hinweise auf eine relevante Durchblutungsstörung der Beine nicht festgestellt. Die Pulsation der Unterschenkelarterien ist tastbar gewesen, die gemessenen Dopplerdrucke sind beidseits im Bereich des in der Armarterie gemessenen Okklusionsdrucks und damit weit über dem kritischen Druck von 60 mm Hg, der Knöchel-Arm-Index ist beidseits im Normbereich gelegen und auch der Ratschow-Test hat für eine ausreichende periphere Durchblutung gesprochen. Damit hat Prof. Dr. M. aber eine klare Diskrepanz zwischen subjektiven Beschwerdeangaben und objektiven Befunden festgestellt. Diese Diskrepanz wird weiter vertieft durch den von Prof. Dr. L. erhobenen Befund einer kräftig ausgeprägten Muskulatur (auch) an der unteren Extremität ohne Umfangsdifferenzen und ohne den bei jahrelangem Vorliegen der angegebenen Gehbeschwerden zu erwartenden Muskelabbau; darauf hat Dr. W.-H. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 22.01.2015 zutreffend hingewiesen. Prof. Dr. M. hat außerdem dargelegt, dass die Beschwerdeangaben des Klägers untypisch sind und, sollten sie zutreffen, dem fortgeschrittenen Stadium einer - von Prof. Dr. M. aber ausgeschlossenen - peripheren arteriellen Verschlusskrankheit zuzuordnen wären, in dem das betroffene Bein bereits gefährdet wäre und das sich in - beim Kläger nicht vorliegenden - klinischen Zeichen, wie Kälte, Blässe, ggf. trophische Läsionen der Haut, Dopplerdrucke unter 60 mm Hg oder einem Knöchel-Arm-Index unter 0,3, äußern würde. Zudem widerspricht es der klinischen Erfahrung, Schmerzlinderung, wie vom Kläger angegeben, durch Hochlagern der Beine zu erreichen; dies führt bei relevanten Beschwerden durch Durchblutungsstörungen der Beine sogar eher zur Schmerzverstärkung. Schließlich hat eine leitliniengerechte und nach Ansicht des Prof. Dr. M. auch indizierte Schmerztherapie trotz der Angabe erheblicher Schmerzbeschwerden offensichtlich nicht stattgefunden. Der Kläger hat das gegenüber Dr. B. (Bericht vom 21.11.2012) bestätigt und auch bei der Begutachtung durch Prof. Dr. L. und Prof. Dr. M. über eine entsprechende Schmerzbehandlung (von der Bedarfseinnahme von Medikamenten abgesehen) nichts berichtet. Aus alledem folgt zusätzlich die unbedingte Notwendigkeit, das subjektive Beschwerdevorbringen des Klägers einer kritischen Konsistenz- und Authentizitätsprüfung zu unterziehen, zumal bereits Dr. Z. in seinem Gutachten vom 21.05.2012 Verdeutlichungstendenzen bei der Exploration des Klägers festgestellt hatte. Es genügt daher (bei Weitem) nicht, die Beschwerdeschilderung des Klägers als scheinbar glaubhaft einzustufen und im Gutachten auszuführen, Simulation und/oder Aggravation scheine nicht vorzuliegen, und es kann daher insgesamt nicht angehen, ohne eingehende Erörterung und Begründung, gleichsam thesenartig, eine zeitliche Leistungseinschränkung bzw. ein aufgehobenes Leistungsvermögen zu postulieren. Eine überzeugende sozialmedizinische Leistungseinschätzung stellt das nicht dar. Das gilt in gleicher Weise für das (zumal tätigkeitsabhängige) Postulat betriebsunüblicher Pausen von mindestens 30 Minuten in kürzeren Abständen und von fehlender Wegefähigkeit, nachdem sich Prof. Dr. M. hierfür auf die zur zeitlichen Leistungseinschränkung angeführten Gesichtspunkte beruft. Angesichts dessen hat sich Prof. Dr. L. in der abschließenden gutachterlichen Stellungnahme vom 26.09.2014 der Leistungseinschätzung des Prof. Dr. M. nicht angeschlossen und den Kläger zu Recht nach wie vor für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Das Leistungsvermögen des Klägers hat sich seit dem Abschluss der operativen Behandlung der Durchblutungsstörungen in den Beinen (November 2009) und seit der Entlassung aus der Reha-Klinik H.-K. (dazu Entlassungsbericht vom 12.04.2010: sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) und seit der Begutachtung durch Dr. Z. (Gutachten vom 21.05.2012: ebenfalls sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) nicht in rentenrechtlich beachtlicher Weise verschlechtert. Rente wegen voller Erwerbsminderung steht ihm nicht zu.
Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass fehlende Wegefähigkeit des Klägers infolge der angegebenen Gehbeschwerden nicht festgestellt ist. Daher kann dahin stehen, ob der Kläger (noch) über einen PKW verfügt, mit dem er zumutbar einen Arbeitsplatz erreichen könnte (dazu jurisPK-SGB VI/Freudenberg, § 43 Rdnr. 210 m. N. zur Rspr. des BSG); Prof. Dr. L. (Gutachten vom 20.02.2014) hat in Übereinstimmung mit Dr. Z. (Gutachten vom 21.05.2012) Einschränkungen für die Nutzung eines Kraftfahrzeugs nicht festgestellt. Die in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 16.12.2015 vorgelegte Bescheinigung des Dr. R. (Chirurgische Klinik - Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie - des O. Klinikum, A.-O.) vom 08.12.2015 rechtfertigt keine andere Beurteilung, stützt vielmehr die Auffassung (insbesondere) des Prof. Dr. L. zusätzlich. In der Bescheinigung ist nämlich ein kräftig tastbarer Puls im Bereich der Leiste und über der Arteria tibialis posterior angegeben. Duplexsonografisch wurde der Bypass für hämodynamisch unauffällig befunden und es hat sich auch eine unauffällige proximale und distale Anastomose mit gutem Fluss gezeigt; der Fuß ist warm gewesen. Gestützt darauf hat Dr. R. die Auffassung vertreten, dass der Kläger von gefäßchirurgischer Seite ohne Beschwerden laufen müsste. Das spricht für und nicht gegen das Vorliegen von Wegefähigkeit.
Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, etwa weitere Begutachtungen, nicht auf. Dazu geben weder die vorstehend erwähnte Bescheinigung des O. Klinikum noch der Bericht der Dr. F.-O. vom 12.12.2012 Anlass. Dr. F.-O. führt im Wesentlichen nur aus, dass der Kläger (selbst) eine Erwerbstätigkeit von 3 Stunden täglich für nicht bewältigbar hält. Eine aus Befunden nachvollziehbar begründete (eigene) sozialmedizinische Leistungseinschätzung enthält der Bericht (von nicht rentenberechtigenden qualitativen Leistungseinschränkungen abgesehen) nicht. Dass wegen des Bauchaortenaneurysmas qualitative Leistungseinschränkungen (etwa: Ausschluss schweren Hebens und Tragens) bestehen, ist unstreitig und für die Gewährung der begehrten Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht von Belang, weshalb weitere gutachterliche Feststellungen hierzu entbehrlich sind. Das gilt auch für die Frage der Wegefähigkeit.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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