Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 973/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2083/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.04.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt war, den Grad der Behinderung (GdB) von 50 wegen einer wesentlichen Änderung (Eintritt von Heilungsbewährung) zu entziehen.
Der 1965 geborenen Kläger, deutscher Staatsangehöriger, arbeitet bei D. AG im Werk G ... Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Bei ihm trat ein Harnblasentumor vom Malignitätsgrad G1 (gut differenziert) im Tumorstadium pT a (TNM 2010) und Resektionsstatus R0 (vgl. Bericht Städtisches Klinikum Karlsruhe, Blatt 1 der Beklagtenakte) auf, weshalb das Landratsamt R. (LRA) mit Bescheid vom 13.08.2010 (Blatt 23/24 der Beklagtenakte) wegen einer "Harnblasenerkrankung (in Heilungsbewährung)" einen GdB von 50 seit 25.03.2010 feststellte (zum Antrag vgl. Blatt 1/5 der Beklagtenakte; zur versorgungsärztlichen Stellungnahme Dr. Schwab vgl. Blatt 12/13 der Beklagtenakte). Der Tumor wurde am 16.02.2010 transuretal operativ entfernt.
In der vom LRA angeforderten Auskunft gab der Kläger unter dem Datum des 26.03.2012 an (Blatt 26/27 der Beklagtenakte), das Gesundheitsbild sei "wie vorab". Das LRA zog Befundunterlagen der behandelnden Urologen Dres. B./Z. bei (zu diesen Unterlagen vgl. Blatt 30/39 der Beklagtenakte) und hörte den Kläger, nachdem die Versorgungsärzte Dres. Z./K., O. (vgl. Stellungnahme vom 28.05.2012) eine Heilungsbewährung festgestellt hatten, den Kläger zur Aufhebung des GdB an (Blatt 43 der Beklagtenakte); ein GdB von mindestens 20 könne nicht mehr festgestellt werden.
Der Kläger führte u.a. aus (Schreiben vom 24.06.2012 (Blatt 44 der Beklagtenakte), es sei üblich, den GdB erst nach 5 Jahren zu reduzieren. Er müsse sich vierteljährlich wegen des Tumorleidens von Kopf bis Fuß untersuchen lassen. Durch das Krankheitsbild und die Ungewissheit wie es weitergehe sei er seelisch sehr angespannt und merke dies auch an seiner psychischen Verfassung. Dies mache sich auch bei seinen Arbeitsaufgaben bemerkbar; er sei wegen des Leidens seit ca. 18 Monaten beim Psychologen K. vom Sozialdienst in Behandlung. Der Kläger legte ein Attest der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. vor, woraus sich ergibt, dass diese eine Weiterbildung in psychosomatischer Grundversorgung hat, eine Betreuung durch einen Facharzt für Psychiatrie/Neurologie sei in die Wege geleitet worden.
Das LRA befragte daraufhin den vom Kläger als behandelnd angegebenen Facharzt für Psychiatrie J ... Dieser gab an (Blatt 59/60 der Beklagtenakte), es bestehe eine somatoforme Störung bei Zustand nach Harnblasen-Karzinom und Anpassungsstörungen.
Auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Z.-C. vom 21.11.2012 (Blatt 61/62 der Beklagtenakte), die vorschlug, den GdB mit 10 zu bewerten (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB) 10; Seelische Störung (Einzel-GdB 10)), hob das LRA den Bescheid vom 13.08.2010 auf und stellte fest, dass ein GdB von mindestens 20 ab 06.12.2012 nicht mehr vorliege (Bescheid vom 04.12.2012).
Zu seinem am 27.12.2012 erhobenen Widerspruch (Blatt 64 der Beklagtenakte) legte der Kläger ein Attest der Urologen Dres. B./Z. vom 03.01.2013 (Blatt 66 der Beklagtenakte) vor, worin diese angeben, dass auch wenn es sich um einen Tumor mit geringer Rezidiv- und Progressionsrate handele, eine bösartige Erkrankung bestehe, welche eine Heilungsbewährung von 5 Jahren erfordere.
Nachdem der Versorgungsarzt Dr. G. (Stellungnahme vom 16.01.2013, Blatt 68 der Beklagtenakte) darauf hingewiesen hatte, dass nach B 12.2.3 VG die Dauer der Heilungsbewährung bei Harnblasenkarzinomen im Stadium pTa G1 zwei Jahre betrage, wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 21.02.2013, Blatt 70/71 der Beklagtenakte) zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 14.03.2013 beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe Klage erhoben, woraufhin das SG Beweis erhoben hat durch schriftliche Befragung des den Kläger behandelnden Urologen als sachverständigen Zeugen. Der Facharzt für Urologie Z. hat angegeben (Schreiben vom 05.06.2013; Blatt 20/24 der SG-Akte), es habe sich kein Hinweis auf ein Rezidivgeschehen ergeben. Die Heilungsbewährung von zwei Jahren könne er nicht nachvollziehen. Aufgrund des jungen Alters des Klägers halte er eine Heilungsbewährung von fünf Jahren für angezeigt.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 15.04.2014 die Klage abgewiesen. Beim Kläger habe ein maligner Blasentumor im Frühstadium (pTa, G1) vorgelegen, weshalb zurecht ein GdB von 50 festgestellt worden sei. Nach rückfallfreiem Ablauf der Zeit der Heilungsbewährung trete eine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 SGB X ein. Eine Verlängerung des Heilungsbewährungszeitraumes von zwei Jahren auf fünf Jahre könne im Fall des Klägers nicht erfolgen. Die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule rechtfertige einen Einzel-GdB von 10. Die seelischen Störungen seien mit einem weiteren Einzel-GdB von 10 zu bewerten. Der Psychiater J. habe keine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mitteilen können.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 16.04.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.05.2104 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Er sehe nach wie vor seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf urologischen, orthopädischen und nervenärztlichen Bereich nicht hinreichend gewürdigt. Der Urologe Zilles habe darauf hingewiesen, dass aufgrund der Besonderheiten eine länger Heilbewährung von fünf Jahren beizubehalten sei. Tatsächlich bestünden weiterhin Schmerzen im Blasenbereich, die eine tatsächliche Funktionsbeeinträchtigung darstellten. Auf orthopädischen Bereich leide er an gesundheitlichen Beeinträchtigungen an seiner Wirbelsäule, die zur Beeinträchtigung seiner Beweglichkeit und zu Kreuzschmerzen mit Ausstrahlung ins rechte Bein führten. Darüber hinaus seien auch die Beeinträchtigungen auf nervenärztlichen Gebiet nicht hinreichend berücksichtigt. Es liege eine somatoforme Störung und eine Anpassungsstörung vor, die sich u.a. in Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Ängsten äußere. Diesbezüglich sei er weiterhin in ärztlicher Behandlung. Ein GdB von mindestens 20 sei insoweit angemessen. Zusammen mit den Beeinträchtigungen auf urologischem Bereich, die gleichfalls mit meinem Einzel-GdB von mindestens 20 anzusetzen seien, sei nach wie vor ein GdB von mindestens 30 gegeben.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.04.2014 aufzuheben und den Bescheid des Landratsamt Rastatt vom 04.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2013 insoweit aufzuheben, als damit der GdB ab 06.12.2012 auf weniger als 30 herabgesetzt wurde.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Wie der Auskunft des behandelnden Urologen Z. zu entnehmen sei, habe sich bei den jeweiligen Untersuchungen kein Hinweis auf ein Rezidiv gefunden. Entgegen der Auffassung des Urologen sei die Heilungsbewährungsfrist von zwei Jahren nicht zu beanstanden. Auch die übrigen Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers seien leichtgradig und erreichten keinen Einzel-GdB von wenigstens 20. Ein Wirbelsäulenschaden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen sei nicht belegt. Darüber hinaus sei auch auf psychiatrischem Fachgebiet keine wesentliche Beeinträchtigung beschrieben. Der psychische Befund des Klägers werde vom Psychiater Herrn J. als unauffällig bezeichnet.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 11.12.2014 (zur Niederschrift vgl. Blatt 26/36 der Senatsakte), in dem der Kläger angegeben hat, bei einem Bekannten Krankengymnastik zu machen, beim werksärztlichen psychologischen Dienst gewesen zu sein und eine Vorstufe eines Bandscheibenvorfalles gehabt zu haben, hat der Senat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt. Der Orthopäde und Chirurg Dr. S. hat in seiner Antwort vom 13.01.2015 (Blatt 45 der Senatsakte) mitgeteilt, der Kläger sei von 2004 bis 2007 bei seinem Praxisvorgänger in Behandlung gewesen (letzte Behandlung im Januar 2007 wegen Wirbelsäulenbeschwerden), den aktuellen Zustand könne er nicht beurteilen. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. hat dem Senat am 08.06.2015 Unterlagen (Blatt 61/79 der Senatsakte) und am 10.06.2015 (Blatt 81 der Senatsakte) eine ärztliche Bescheinigung vom 19.03.2015 gefaxt. Darin hat sie u.a. angegeben, der Kläger sei seit September 2012 in Behandlung wegen eines Zustandes nach Urothelkarzinom und zum damaligen Zeitpunkt Verdacht auf Anpassungsstörungen mit emotionaler Krise und Verdacht auf somatoforme autonome Störung des Urogenitalsystems. Er habe über ausgeprägte Ängste wieder an Krebs zu erkranken geklagt, er fühle sich wenig belastbar, bei körperlicher und psychischer Belastung träten starke Schmerzen im Bereich der Blase und des Rückens auf. Es bestehe ein degeneratives LWS Syndrom mit Muskelverspannungen.
Der Beklagte hat hierzu ausgeführt, aus dem im Erörterungstermin vorgelegten ärztlichen Entlassungsbericht der S.-Klinik D. vom 03.12.2014 ergebe sich dass die letzte Tumornachsorge am 17.10.2014 keine Pathologika gezeigt habe und bestätige, dass Heilungsbewährung eingetreten sei. Zudem sei der Kläger als in allen Qualitäten orientiert, ohne Anhalt für formale oder inhaltliche Denkstörungen und in Stimmung und Affekt unauffällig beschrieben worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 94, 95 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben dem zugestimmt und der Senat hält eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 04.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2013 ist nicht rechtswidrig, der Kläger wird auch nicht in seinen Rechten verletzt. Der Beklagte hat zu Recht ab dem 06.12.2012 dem Kläger den mit Bescheid vom 13.08.2010 zuerkannten GdB von 50 entzogen und keinen anderen GdB festgesetzt.
Rechtsgrundlage dieser Entziehung des GdB ab dem 06.12.20912 ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Einzel-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zu-nächst im Allgemeinen nach Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) getrennt, später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Da-nach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt GdB durch alle Funktions-beeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die Funktions-behinderungen, die im Allgemeinen in den einzelnen Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) bewertet werden, in ihrer Gesamtschau beim Kläger ab dem Wirksamwerden des Bescheids vom 04.12.2012, der am selben Tag zur Post gegeben und mit einfachem Brief bekannt gegeben worden war (Blatt 63 RS der Beklagtenakte) am 06.12.2012 keinen GdB von mindestens 20 mehr rechtfertigen.
Eine wesentliche Änderung i.S. einer rechtlichen Änderung ist eingetreten, als nach Ablauf der Heilungsbewährung nach A 7 Buchst. b) VG auch bei gleichbleibenden Symptomen eine Neubewertung des GdB zulässig ist, weil der Ablauf der Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse darstellt. Vorliegend ist Heilungsbewährung eingetreten. Denn der 2010 diagnostizierte Blasentumor war am 16.02.2010 operativ entfernt worden und bis heute kein Rezidiv aufgetreten. Die Heilungsbewährung ist vorliegend auch abgelaufen. Beim Kläger lag ein Tumor im Stadium pTa G1 vor, der am 16.02.2010 vollständig entfernt wurde. Bei diesen Tumoren beträgt die gesetzlich vorgesehene Heilungsbewährung nach B Nr. 12.2.3 VG zwei Jahre. Diese war zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Entscheidung des LRA am 06.12.20102 nicht nur abgelaufen sondern bereits um annähernd 10 Monate überschritten. Einen Tumor der Stadien Tis oder T1 (Grading ab G2), (T2 bis T3a) N0 M0 oder höherer Stadien konnte beim Kläger nicht festgestellt werden, weshalb eine fünfjährige Heilungsbewährung auch vorliegend nicht in Ansatz gebracht werden kann. Soweit der Urologe Zilles annimmt, wegen des jungen Alters des Klägers und der auftretenden Blasenschmerzen sei ein Absehen von der gesetzlichen – weil durch Verordnung bestimmten – Regelung erforderlich, so liegen solche Gründe nicht vor. Die Möglichkeit der Abweichung von der Dauer der in den VG vorgegebenen Zeiten der Heilungsbewährung ist nicht normiert (vgl. B Nr. 1 Buchst. c) der VG), was im Gestaltungsspielraum des VO-Gebers liegt und nicht gegen die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage oder höherrangiges Recht verstößt Dass Personen in jüngerem Alter an Blasentumoren erkranken, diese auch eine langjährige Nachsorge in Anspruch nehmen müssen, Angst vor einer Wiedererkrankung besteht, und ggf. Schmerzen auftreten können, sind keine ungewöhnlichen und alleine dem Fall des Klägers geschuldeten Umstände und vom Verordnungsgeber bereits bei der Festlegung der Dauer der Heilungsbewährung berücksichtigt. Eine unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige sachwidrige Regelungslücke liegt nicht vor. Darüber hinaus begründet alleine der Wunsch des Klägers sich die Vorteile einer Schwerbehinderteneigenschaft im Berufs- und Privatleben zu erhalten, keinen Anspruch auf längere Heilungsbewährung.
Auch wird der Kläger durch den Wegfall der Heilungsbewährung nicht unverhältnismäßig oder unzumutbar benachteiligt, weil er nach Ablauf der Heilungsbewährung noch immer Anspruch hat, seine tatsächlich vorliegenden Funktionsbehinderungen nach den jeweils vorgesehenen pauschalierten Bewertungskriterien festgestellt zu bekommen. Solche Funktionsstörungen konnte der Senat jedoch nicht feststellen.
Im Funktionssystem der Harnorgane liegen beim Kläger keine funktionellen Beeinträchtigungen vor, die einen Einzel-GdB begründen. Denn der Blasentumor ist ohne dass später Rezidive oder Metastasen aufgetreten wären entfernt worden. Sonstige Erkrankungen der Harnorgane liegen nicht vor, wie auch der Urologe Zilles berichten konnte. Dasselbe ergibt sich auch aus den vorliegenden Reha-Berichten. Das junge Alter des Klägers bei Auftreten des Tumors im Jahr 2010 begründet als solches aber gerade keinen Einzel-GdB. Auch die angegebenen Blasenschmerzen begründen keinen GdB im Funktionssystem der Harnorgane. Denn Dr. S. hat angegeben, die Beschwerden träten bei körperlicher bzw. psychischer Belastung auf. Sie dürften daher psychisch überlagert sein und gerade nicht ihre Ursache in Erkrankungen der Harnorgane haben. Aber selbst wenn es sich um eine funktionelle Behinderung der Harnorgane handelte, so wäre der GdB insoweit nicht mit mehr als 10 anzusetzen ...
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat auch die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, liegen – bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerspruchsbescheids - keine wesentlichen Funktionsbehinderungen vor. Dr. S., Praxisnachfolger des vom Kläger als ihn zum maßgeblichen Zeitpunkt als behandelnden Arzt angegebenen Dr. A. konnte dem Senat lediglich mitteilen, der Kläger sei letztmals im Jahr 2007 in der Behandlung bei Dr. A. gewesen. Dr. S., die behandelnde Allgemeinärztin, konnte lediglich von einem degenerativen LWS-Syndrom mit Muskelverspannungen berichten; der Kläger selbst hat angegeben, bei einem Bekannten Krankengymnastik zu machen, wie sich aufgrund der Angaben von Dr. S. und den Angaben des Klägers im Erörterungstermin schließen lässt, wohl ohne ärztliche Verordnung. Auch aus den von Dr. S. vorgelegten Reha-Berichten vom 24.10.2011 (Blatt 61/66der Senatsakte) und vom 03.12.2014 (Blatt 70/77 der Senatsakte) lässt sich lediglich ein rezidivierendes Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen und muskulär statischem Ungleichgewicht ableiten. Wesentliche Funktionsbehinderungen, die sich nicht ausschließlich auf die berufliche Leistungsfähigkeit beziehen ("leichte bis mittelschwere Wechseltätigkeiten vollschichtig, wobei aufgrund der degenerativen LWS-Veränderungen folgende Einschränkungen bestehen: Keine regelmäßigen WS-Zwangshaltungen, vor allem nicht vom übergebeugt und verdrehter Oberkörper. Kein häufiges Bücken, kein ständiges Heben und Tragen von Lasten über 10-15 kg" vgl. Blatt 77 der Senatsakte), bestehen nicht. Auch der Reha-Bericht aus dem Jahr 2011 hat hinsichtlich des zur Wirbelsäule mitgeteilten Befundes ("Von dorsal annähernd lotgerecht aufgebaut, seitlich physiologisch gekrümmt, aktuell diskreter Druckschmerz II. paravertebral mittleres LWS-Drittel, ISG bds. frei. Bewegungsausmaß BWS/LWS; Re.-/Li.-Seitneigung 30/0/30°, Re.-/Li.-Rotation 50/0/50«, Reklination 30°, Finger-Boden-Abstand 10 cm. Orientierend neurologisch: Lasègue und Bragard bds. negativ, Fersen- und Zehenspitzengang sowie Einbeinstand bds. unauffällig. Aktuell keine sensiblen oder motorischen Störungen peripher nachweisbar.", Blatt 65 der Senatsakte) zeigt keine wesentlichen funktionellen Behinderungen des Klägers, sodass eine Bewertung des Einzel-GdB mit 10 als Wirbelsäulenschaden mit geringen funktionellen Auswirkungen i.S.v. B Nr. 18.9 VG jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers zu niedrig ist.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (A Nr. 2 Buchst. e) VG) bestehen beim Kläger eine somatoforme Störung (bei Z. n. Harnblasen- Karzinom) und Anpassungsstörungen. Diese sind mit einem Einzel-GdB von allenfalls 10 zu bewerten. Denn nach B 3.7 VG gilt folgendes: Leichtere psychovegetative oder psychische Störungen GdB 0-20 Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) GdB 30-40 Schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten GdB 50-70 mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten GdB 80-100 Soweit der Facharzt für Psychiatrie J. im Widerspruchsverfahren eine somatoforme Störung (bei Z. n. Harnblasen- Karzinom) und Anpassungsstörungen angegeben hatte,, hat er hierzu chronische Schmerzen im Blasenbereich und wiederkehrende Ängste davor, dass der Krebs wieder ausbricht, was dem Kläger Schlafstörungen bereitet, sowie Stimmungsschwankungen beschrieben. Dabei hat er den Kläger als bewusstseinsklar, in allen Qualitäten orientiert, im Kontakt freundlich zugewandt, hilfesuchend, in der Auffassung nicht gestört, in Aufmerksamkeit und Kurzzeitgedächtnis bei Belastung nicht beeinträchtigt und affektiv schwankend, leicht depressiv mit Angst aber ohne reduzierter affektiver Schwingungsfähigkeit und Auslenkung, im Verhalten geordnet bei ausreichendem Antrieb und Psychomotorik, ohne Anhalt für formale und inhaltliche Denkstörungen, bei nicht gestörter Wahrnehmung, vermehrtem Schwitzen und chronischen Schmerzen im Blasenbereich bei Belastung beschrieben. Dr. Schemel konnte keine weitergehenden Beeinträchtigungen darstellen. Die Ärzte der Rehabilitationsklinik MediClin Staufenburg Klinik haben in ihrem Bericht vom 03.12.2014 (Blatt 75 der Senatsakte) ausgeführt, der Kläger sei in allen Qualitäten orientiert, es bestehe kein Anhalt für formale oder inhaltliche Denkstörungen und er sei in Stimmung und Affekt unauffällig. Der Kläger selbst hatte damals angegeben (vgl. Blatt 74 der Senatsakte), die Tumorerkrankung soweit recht gut verarbeitet zu haben, über seine Tumorerkrankung sei er gut informiert. Er fühle sich seelisch nicht mehr wesentlich belastet. Daraus zieht der Senat, wie auch die Ärzte der Reha-Klinik, bei dem voll berufstätigen, verheirateten Kläger (mit drei Kindern) den Schluss, dass keine wesentliche Beeinträchtigung der alltagsrelevanten Aktivitäten und keine wesentliche Beeinträchtigung der Teilhabe am sozialen Leben besteht. Auch aus dem Reha-Bericht 2011 ergeben sich keine weitergehenden funktionellen Einschränkungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche. Damit liegt allenfalls eine leichtere psychovegetative oder psychische Störung vor, die im Falle des Klägers vom Senat mit einem Einzel-GdB von allenfalls 10 bewertet werden kann.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden – bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt - weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Nach Überzeugung des Senats ist auf der Grundlage der Einzel-GdB-Werte von - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns ein-schließlich der Psyche und - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Rumpfes ein Gesamt-GdB von 20 nicht zu bilden. Denn Einzel-GdB-Werte von 10 wirken regemäßig nicht erhöhend. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass lediglich Einzel-GdB von 10 berücksichtigungsfähig festgestellt werden konnten. Zwar liegen nur geringe Überschneidungen vor, jedoch liegt auch kein Fall vor, in dem die Einzel-GdB-Werte zu addieren wären. Damit war ein GdB von wenigstens 20 ab 06.12.2012 nicht mehr festzustellen, weshalb auch nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX eine GdB-Feststellung insgesamt nicht mehr in Betracht kommt.
Mit dem vom Senat festgestellten GdB hat der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung eines GdB ab 06.12.2012, weshalb die Berufung zurückzuweisen war.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt war, den Grad der Behinderung (GdB) von 50 wegen einer wesentlichen Änderung (Eintritt von Heilungsbewährung) zu entziehen.
Der 1965 geborenen Kläger, deutscher Staatsangehöriger, arbeitet bei D. AG im Werk G ... Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Bei ihm trat ein Harnblasentumor vom Malignitätsgrad G1 (gut differenziert) im Tumorstadium pT a (TNM 2010) und Resektionsstatus R0 (vgl. Bericht Städtisches Klinikum Karlsruhe, Blatt 1 der Beklagtenakte) auf, weshalb das Landratsamt R. (LRA) mit Bescheid vom 13.08.2010 (Blatt 23/24 der Beklagtenakte) wegen einer "Harnblasenerkrankung (in Heilungsbewährung)" einen GdB von 50 seit 25.03.2010 feststellte (zum Antrag vgl. Blatt 1/5 der Beklagtenakte; zur versorgungsärztlichen Stellungnahme Dr. Schwab vgl. Blatt 12/13 der Beklagtenakte). Der Tumor wurde am 16.02.2010 transuretal operativ entfernt.
In der vom LRA angeforderten Auskunft gab der Kläger unter dem Datum des 26.03.2012 an (Blatt 26/27 der Beklagtenakte), das Gesundheitsbild sei "wie vorab". Das LRA zog Befundunterlagen der behandelnden Urologen Dres. B./Z. bei (zu diesen Unterlagen vgl. Blatt 30/39 der Beklagtenakte) und hörte den Kläger, nachdem die Versorgungsärzte Dres. Z./K., O. (vgl. Stellungnahme vom 28.05.2012) eine Heilungsbewährung festgestellt hatten, den Kläger zur Aufhebung des GdB an (Blatt 43 der Beklagtenakte); ein GdB von mindestens 20 könne nicht mehr festgestellt werden.
Der Kläger führte u.a. aus (Schreiben vom 24.06.2012 (Blatt 44 der Beklagtenakte), es sei üblich, den GdB erst nach 5 Jahren zu reduzieren. Er müsse sich vierteljährlich wegen des Tumorleidens von Kopf bis Fuß untersuchen lassen. Durch das Krankheitsbild und die Ungewissheit wie es weitergehe sei er seelisch sehr angespannt und merke dies auch an seiner psychischen Verfassung. Dies mache sich auch bei seinen Arbeitsaufgaben bemerkbar; er sei wegen des Leidens seit ca. 18 Monaten beim Psychologen K. vom Sozialdienst in Behandlung. Der Kläger legte ein Attest der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. vor, woraus sich ergibt, dass diese eine Weiterbildung in psychosomatischer Grundversorgung hat, eine Betreuung durch einen Facharzt für Psychiatrie/Neurologie sei in die Wege geleitet worden.
Das LRA befragte daraufhin den vom Kläger als behandelnd angegebenen Facharzt für Psychiatrie J ... Dieser gab an (Blatt 59/60 der Beklagtenakte), es bestehe eine somatoforme Störung bei Zustand nach Harnblasen-Karzinom und Anpassungsstörungen.
Auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Z.-C. vom 21.11.2012 (Blatt 61/62 der Beklagtenakte), die vorschlug, den GdB mit 10 zu bewerten (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB) 10; Seelische Störung (Einzel-GdB 10)), hob das LRA den Bescheid vom 13.08.2010 auf und stellte fest, dass ein GdB von mindestens 20 ab 06.12.2012 nicht mehr vorliege (Bescheid vom 04.12.2012).
Zu seinem am 27.12.2012 erhobenen Widerspruch (Blatt 64 der Beklagtenakte) legte der Kläger ein Attest der Urologen Dres. B./Z. vom 03.01.2013 (Blatt 66 der Beklagtenakte) vor, worin diese angeben, dass auch wenn es sich um einen Tumor mit geringer Rezidiv- und Progressionsrate handele, eine bösartige Erkrankung bestehe, welche eine Heilungsbewährung von 5 Jahren erfordere.
Nachdem der Versorgungsarzt Dr. G. (Stellungnahme vom 16.01.2013, Blatt 68 der Beklagtenakte) darauf hingewiesen hatte, dass nach B 12.2.3 VG die Dauer der Heilungsbewährung bei Harnblasenkarzinomen im Stadium pTa G1 zwei Jahre betrage, wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 21.02.2013, Blatt 70/71 der Beklagtenakte) zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 14.03.2013 beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe Klage erhoben, woraufhin das SG Beweis erhoben hat durch schriftliche Befragung des den Kläger behandelnden Urologen als sachverständigen Zeugen. Der Facharzt für Urologie Z. hat angegeben (Schreiben vom 05.06.2013; Blatt 20/24 der SG-Akte), es habe sich kein Hinweis auf ein Rezidivgeschehen ergeben. Die Heilungsbewährung von zwei Jahren könne er nicht nachvollziehen. Aufgrund des jungen Alters des Klägers halte er eine Heilungsbewährung von fünf Jahren für angezeigt.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 15.04.2014 die Klage abgewiesen. Beim Kläger habe ein maligner Blasentumor im Frühstadium (pTa, G1) vorgelegen, weshalb zurecht ein GdB von 50 festgestellt worden sei. Nach rückfallfreiem Ablauf der Zeit der Heilungsbewährung trete eine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 SGB X ein. Eine Verlängerung des Heilungsbewährungszeitraumes von zwei Jahren auf fünf Jahre könne im Fall des Klägers nicht erfolgen. Die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule rechtfertige einen Einzel-GdB von 10. Die seelischen Störungen seien mit einem weiteren Einzel-GdB von 10 zu bewerten. Der Psychiater J. habe keine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mitteilen können.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 16.04.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.05.2104 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Er sehe nach wie vor seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf urologischen, orthopädischen und nervenärztlichen Bereich nicht hinreichend gewürdigt. Der Urologe Zilles habe darauf hingewiesen, dass aufgrund der Besonderheiten eine länger Heilbewährung von fünf Jahren beizubehalten sei. Tatsächlich bestünden weiterhin Schmerzen im Blasenbereich, die eine tatsächliche Funktionsbeeinträchtigung darstellten. Auf orthopädischen Bereich leide er an gesundheitlichen Beeinträchtigungen an seiner Wirbelsäule, die zur Beeinträchtigung seiner Beweglichkeit und zu Kreuzschmerzen mit Ausstrahlung ins rechte Bein führten. Darüber hinaus seien auch die Beeinträchtigungen auf nervenärztlichen Gebiet nicht hinreichend berücksichtigt. Es liege eine somatoforme Störung und eine Anpassungsstörung vor, die sich u.a. in Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Ängsten äußere. Diesbezüglich sei er weiterhin in ärztlicher Behandlung. Ein GdB von mindestens 20 sei insoweit angemessen. Zusammen mit den Beeinträchtigungen auf urologischem Bereich, die gleichfalls mit meinem Einzel-GdB von mindestens 20 anzusetzen seien, sei nach wie vor ein GdB von mindestens 30 gegeben.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.04.2014 aufzuheben und den Bescheid des Landratsamt Rastatt vom 04.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2013 insoweit aufzuheben, als damit der GdB ab 06.12.2012 auf weniger als 30 herabgesetzt wurde.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Wie der Auskunft des behandelnden Urologen Z. zu entnehmen sei, habe sich bei den jeweiligen Untersuchungen kein Hinweis auf ein Rezidiv gefunden. Entgegen der Auffassung des Urologen sei die Heilungsbewährungsfrist von zwei Jahren nicht zu beanstanden. Auch die übrigen Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers seien leichtgradig und erreichten keinen Einzel-GdB von wenigstens 20. Ein Wirbelsäulenschaden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen sei nicht belegt. Darüber hinaus sei auch auf psychiatrischem Fachgebiet keine wesentliche Beeinträchtigung beschrieben. Der psychische Befund des Klägers werde vom Psychiater Herrn J. als unauffällig bezeichnet.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 11.12.2014 (zur Niederschrift vgl. Blatt 26/36 der Senatsakte), in dem der Kläger angegeben hat, bei einem Bekannten Krankengymnastik zu machen, beim werksärztlichen psychologischen Dienst gewesen zu sein und eine Vorstufe eines Bandscheibenvorfalles gehabt zu haben, hat der Senat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt. Der Orthopäde und Chirurg Dr. S. hat in seiner Antwort vom 13.01.2015 (Blatt 45 der Senatsakte) mitgeteilt, der Kläger sei von 2004 bis 2007 bei seinem Praxisvorgänger in Behandlung gewesen (letzte Behandlung im Januar 2007 wegen Wirbelsäulenbeschwerden), den aktuellen Zustand könne er nicht beurteilen. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. hat dem Senat am 08.06.2015 Unterlagen (Blatt 61/79 der Senatsakte) und am 10.06.2015 (Blatt 81 der Senatsakte) eine ärztliche Bescheinigung vom 19.03.2015 gefaxt. Darin hat sie u.a. angegeben, der Kläger sei seit September 2012 in Behandlung wegen eines Zustandes nach Urothelkarzinom und zum damaligen Zeitpunkt Verdacht auf Anpassungsstörungen mit emotionaler Krise und Verdacht auf somatoforme autonome Störung des Urogenitalsystems. Er habe über ausgeprägte Ängste wieder an Krebs zu erkranken geklagt, er fühle sich wenig belastbar, bei körperlicher und psychischer Belastung träten starke Schmerzen im Bereich der Blase und des Rückens auf. Es bestehe ein degeneratives LWS Syndrom mit Muskelverspannungen.
Der Beklagte hat hierzu ausgeführt, aus dem im Erörterungstermin vorgelegten ärztlichen Entlassungsbericht der S.-Klinik D. vom 03.12.2014 ergebe sich dass die letzte Tumornachsorge am 17.10.2014 keine Pathologika gezeigt habe und bestätige, dass Heilungsbewährung eingetreten sei. Zudem sei der Kläger als in allen Qualitäten orientiert, ohne Anhalt für formale oder inhaltliche Denkstörungen und in Stimmung und Affekt unauffällig beschrieben worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 94, 95 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben dem zugestimmt und der Senat hält eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 04.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2013 ist nicht rechtswidrig, der Kläger wird auch nicht in seinen Rechten verletzt. Der Beklagte hat zu Recht ab dem 06.12.2012 dem Kläger den mit Bescheid vom 13.08.2010 zuerkannten GdB von 50 entzogen und keinen anderen GdB festgesetzt.
Rechtsgrundlage dieser Entziehung des GdB ab dem 06.12.20912 ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Einzel-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zu-nächst im Allgemeinen nach Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) getrennt, später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Da-nach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt GdB durch alle Funktions-beeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die Funktions-behinderungen, die im Allgemeinen in den einzelnen Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) bewertet werden, in ihrer Gesamtschau beim Kläger ab dem Wirksamwerden des Bescheids vom 04.12.2012, der am selben Tag zur Post gegeben und mit einfachem Brief bekannt gegeben worden war (Blatt 63 RS der Beklagtenakte) am 06.12.2012 keinen GdB von mindestens 20 mehr rechtfertigen.
Eine wesentliche Änderung i.S. einer rechtlichen Änderung ist eingetreten, als nach Ablauf der Heilungsbewährung nach A 7 Buchst. b) VG auch bei gleichbleibenden Symptomen eine Neubewertung des GdB zulässig ist, weil der Ablauf der Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse darstellt. Vorliegend ist Heilungsbewährung eingetreten. Denn der 2010 diagnostizierte Blasentumor war am 16.02.2010 operativ entfernt worden und bis heute kein Rezidiv aufgetreten. Die Heilungsbewährung ist vorliegend auch abgelaufen. Beim Kläger lag ein Tumor im Stadium pTa G1 vor, der am 16.02.2010 vollständig entfernt wurde. Bei diesen Tumoren beträgt die gesetzlich vorgesehene Heilungsbewährung nach B Nr. 12.2.3 VG zwei Jahre. Diese war zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Entscheidung des LRA am 06.12.20102 nicht nur abgelaufen sondern bereits um annähernd 10 Monate überschritten. Einen Tumor der Stadien Tis oder T1 (Grading ab G2), (T2 bis T3a) N0 M0 oder höherer Stadien konnte beim Kläger nicht festgestellt werden, weshalb eine fünfjährige Heilungsbewährung auch vorliegend nicht in Ansatz gebracht werden kann. Soweit der Urologe Zilles annimmt, wegen des jungen Alters des Klägers und der auftretenden Blasenschmerzen sei ein Absehen von der gesetzlichen – weil durch Verordnung bestimmten – Regelung erforderlich, so liegen solche Gründe nicht vor. Die Möglichkeit der Abweichung von der Dauer der in den VG vorgegebenen Zeiten der Heilungsbewährung ist nicht normiert (vgl. B Nr. 1 Buchst. c) der VG), was im Gestaltungsspielraum des VO-Gebers liegt und nicht gegen die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage oder höherrangiges Recht verstößt Dass Personen in jüngerem Alter an Blasentumoren erkranken, diese auch eine langjährige Nachsorge in Anspruch nehmen müssen, Angst vor einer Wiedererkrankung besteht, und ggf. Schmerzen auftreten können, sind keine ungewöhnlichen und alleine dem Fall des Klägers geschuldeten Umstände und vom Verordnungsgeber bereits bei der Festlegung der Dauer der Heilungsbewährung berücksichtigt. Eine unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige sachwidrige Regelungslücke liegt nicht vor. Darüber hinaus begründet alleine der Wunsch des Klägers sich die Vorteile einer Schwerbehinderteneigenschaft im Berufs- und Privatleben zu erhalten, keinen Anspruch auf längere Heilungsbewährung.
Auch wird der Kläger durch den Wegfall der Heilungsbewährung nicht unverhältnismäßig oder unzumutbar benachteiligt, weil er nach Ablauf der Heilungsbewährung noch immer Anspruch hat, seine tatsächlich vorliegenden Funktionsbehinderungen nach den jeweils vorgesehenen pauschalierten Bewertungskriterien festgestellt zu bekommen. Solche Funktionsstörungen konnte der Senat jedoch nicht feststellen.
Im Funktionssystem der Harnorgane liegen beim Kläger keine funktionellen Beeinträchtigungen vor, die einen Einzel-GdB begründen. Denn der Blasentumor ist ohne dass später Rezidive oder Metastasen aufgetreten wären entfernt worden. Sonstige Erkrankungen der Harnorgane liegen nicht vor, wie auch der Urologe Zilles berichten konnte. Dasselbe ergibt sich auch aus den vorliegenden Reha-Berichten. Das junge Alter des Klägers bei Auftreten des Tumors im Jahr 2010 begründet als solches aber gerade keinen Einzel-GdB. Auch die angegebenen Blasenschmerzen begründen keinen GdB im Funktionssystem der Harnorgane. Denn Dr. S. hat angegeben, die Beschwerden träten bei körperlicher bzw. psychischer Belastung auf. Sie dürften daher psychisch überlagert sein und gerade nicht ihre Ursache in Erkrankungen der Harnorgane haben. Aber selbst wenn es sich um eine funktionelle Behinderung der Harnorgane handelte, so wäre der GdB insoweit nicht mit mehr als 10 anzusetzen ...
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat auch die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, liegen – bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerspruchsbescheids - keine wesentlichen Funktionsbehinderungen vor. Dr. S., Praxisnachfolger des vom Kläger als ihn zum maßgeblichen Zeitpunkt als behandelnden Arzt angegebenen Dr. A. konnte dem Senat lediglich mitteilen, der Kläger sei letztmals im Jahr 2007 in der Behandlung bei Dr. A. gewesen. Dr. S., die behandelnde Allgemeinärztin, konnte lediglich von einem degenerativen LWS-Syndrom mit Muskelverspannungen berichten; der Kläger selbst hat angegeben, bei einem Bekannten Krankengymnastik zu machen, wie sich aufgrund der Angaben von Dr. S. und den Angaben des Klägers im Erörterungstermin schließen lässt, wohl ohne ärztliche Verordnung. Auch aus den von Dr. S. vorgelegten Reha-Berichten vom 24.10.2011 (Blatt 61/66der Senatsakte) und vom 03.12.2014 (Blatt 70/77 der Senatsakte) lässt sich lediglich ein rezidivierendes Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen und muskulär statischem Ungleichgewicht ableiten. Wesentliche Funktionsbehinderungen, die sich nicht ausschließlich auf die berufliche Leistungsfähigkeit beziehen ("leichte bis mittelschwere Wechseltätigkeiten vollschichtig, wobei aufgrund der degenerativen LWS-Veränderungen folgende Einschränkungen bestehen: Keine regelmäßigen WS-Zwangshaltungen, vor allem nicht vom übergebeugt und verdrehter Oberkörper. Kein häufiges Bücken, kein ständiges Heben und Tragen von Lasten über 10-15 kg" vgl. Blatt 77 der Senatsakte), bestehen nicht. Auch der Reha-Bericht aus dem Jahr 2011 hat hinsichtlich des zur Wirbelsäule mitgeteilten Befundes ("Von dorsal annähernd lotgerecht aufgebaut, seitlich physiologisch gekrümmt, aktuell diskreter Druckschmerz II. paravertebral mittleres LWS-Drittel, ISG bds. frei. Bewegungsausmaß BWS/LWS; Re.-/Li.-Seitneigung 30/0/30°, Re.-/Li.-Rotation 50/0/50«, Reklination 30°, Finger-Boden-Abstand 10 cm. Orientierend neurologisch: Lasègue und Bragard bds. negativ, Fersen- und Zehenspitzengang sowie Einbeinstand bds. unauffällig. Aktuell keine sensiblen oder motorischen Störungen peripher nachweisbar.", Blatt 65 der Senatsakte) zeigt keine wesentlichen funktionellen Behinderungen des Klägers, sodass eine Bewertung des Einzel-GdB mit 10 als Wirbelsäulenschaden mit geringen funktionellen Auswirkungen i.S.v. B Nr. 18.9 VG jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers zu niedrig ist.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (A Nr. 2 Buchst. e) VG) bestehen beim Kläger eine somatoforme Störung (bei Z. n. Harnblasen- Karzinom) und Anpassungsstörungen. Diese sind mit einem Einzel-GdB von allenfalls 10 zu bewerten. Denn nach B 3.7 VG gilt folgendes: Leichtere psychovegetative oder psychische Störungen GdB 0-20 Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) GdB 30-40 Schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten GdB 50-70 mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten GdB 80-100 Soweit der Facharzt für Psychiatrie J. im Widerspruchsverfahren eine somatoforme Störung (bei Z. n. Harnblasen- Karzinom) und Anpassungsstörungen angegeben hatte,, hat er hierzu chronische Schmerzen im Blasenbereich und wiederkehrende Ängste davor, dass der Krebs wieder ausbricht, was dem Kläger Schlafstörungen bereitet, sowie Stimmungsschwankungen beschrieben. Dabei hat er den Kläger als bewusstseinsklar, in allen Qualitäten orientiert, im Kontakt freundlich zugewandt, hilfesuchend, in der Auffassung nicht gestört, in Aufmerksamkeit und Kurzzeitgedächtnis bei Belastung nicht beeinträchtigt und affektiv schwankend, leicht depressiv mit Angst aber ohne reduzierter affektiver Schwingungsfähigkeit und Auslenkung, im Verhalten geordnet bei ausreichendem Antrieb und Psychomotorik, ohne Anhalt für formale und inhaltliche Denkstörungen, bei nicht gestörter Wahrnehmung, vermehrtem Schwitzen und chronischen Schmerzen im Blasenbereich bei Belastung beschrieben. Dr. Schemel konnte keine weitergehenden Beeinträchtigungen darstellen. Die Ärzte der Rehabilitationsklinik MediClin Staufenburg Klinik haben in ihrem Bericht vom 03.12.2014 (Blatt 75 der Senatsakte) ausgeführt, der Kläger sei in allen Qualitäten orientiert, es bestehe kein Anhalt für formale oder inhaltliche Denkstörungen und er sei in Stimmung und Affekt unauffällig. Der Kläger selbst hatte damals angegeben (vgl. Blatt 74 der Senatsakte), die Tumorerkrankung soweit recht gut verarbeitet zu haben, über seine Tumorerkrankung sei er gut informiert. Er fühle sich seelisch nicht mehr wesentlich belastet. Daraus zieht der Senat, wie auch die Ärzte der Reha-Klinik, bei dem voll berufstätigen, verheirateten Kläger (mit drei Kindern) den Schluss, dass keine wesentliche Beeinträchtigung der alltagsrelevanten Aktivitäten und keine wesentliche Beeinträchtigung der Teilhabe am sozialen Leben besteht. Auch aus dem Reha-Bericht 2011 ergeben sich keine weitergehenden funktionellen Einschränkungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche. Damit liegt allenfalls eine leichtere psychovegetative oder psychische Störung vor, die im Falle des Klägers vom Senat mit einem Einzel-GdB von allenfalls 10 bewertet werden kann.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden – bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt - weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Nach Überzeugung des Senats ist auf der Grundlage der Einzel-GdB-Werte von - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns ein-schließlich der Psyche und - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Rumpfes ein Gesamt-GdB von 20 nicht zu bilden. Denn Einzel-GdB-Werte von 10 wirken regemäßig nicht erhöhend. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass lediglich Einzel-GdB von 10 berücksichtigungsfähig festgestellt werden konnten. Zwar liegen nur geringe Überschneidungen vor, jedoch liegt auch kein Fall vor, in dem die Einzel-GdB-Werte zu addieren wären. Damit war ein GdB von wenigstens 20 ab 06.12.2012 nicht mehr festzustellen, weshalb auch nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX eine GdB-Feststellung insgesamt nicht mehr in Betracht kommt.
Mit dem vom Senat festgestellten GdB hat der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung eines GdB ab 06.12.2012, weshalb die Berufung zurückzuweisen war.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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