L 5 KR 5194/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 334/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5194/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25.09.2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird endgültig auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Zulassung der Klägerin zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen an die Versicherten der Beklagten streitig.

Die 1980 geborene Klägerin ist ausgebildete Physiotherapeutin. Die Erlaubnis zur Führung der entsprechenden Berufsbezeichnung wurde ihr am 15.10.2004 durch das Regierungspräsidium T. erteilt.

Am 27.04.2011 wandte sich die Klägerin erstmals an die Beklagte mit der Bitte um Stellungnahme, inwieweit eine Zulassung zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen in den Praxisräumen im K. in D. durch die Beklagte erfolgen könne. Sie beabsichtige, dort eine selbstständige Tätigkeit als Physiotherapeutin auszuüben. Insoweit legte sie das Schreiben des Architekten F. vom 04.05.2011 vor, wonach die erforderliche lichte Höhe von über 2,50 m vorliegend mit 2,35 m unterschritten werde. Aus seiner Sicht sei jedoch eine Ausnahmegenehmigung möglich, nachdem die Belichtung und Belüftung durch große Fenster auf zwei Seiten des Raumes weit über das geforderte Maß (10 % der Grundfläche) erfüllt sei. Mit Bescheid vom 06.05.2011 lehnte die Beklagte die Erteilung einer Zulassung für die aufgezeigten Räumlichkeiten ab. Die Räumlichkeiten entsprächen nicht den Voraussetzungen des Rahmenvertrags nach § 125 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V. Dieser sehe eine Raumhöhe der Mindestnutzfläche von durchgehend mindestens 2,50 m vor. Die vorgegebene Mindesthöhe werde somit unterschritten.

Am 25.05.2015 stellte die Klägerin einen förmlichen Antrag auf Zulassung. Insoweit wies sie ergänzend darauf hin, dass in den betreffenden Räumen bereits seit 1993 physiotherapeutische Praxen mit Kassenzulassungen betrieben worden seien.

Mit Bescheid vom 06.06.2011 lehnte die Beklagte nach erneuter Prüfung den Antrag wiederum ab. In den Zulassungsbedingungen sei unter anderem geregelt, dass für eine Kassenzulassung einer Physiotherapiepraxis eine lichte Raumhöhe der Mindestnutzfläche von durchgehend mindestens 2,50 m erforderlich sei. Nach den vorliegenden Unterlagen betrage die Raumhöhe der betreffenden Räumlichkeiten 2,35 m, weshalb die geforderte Mindestraumhöhe unterschritten werde. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sei nicht möglich.

Hiergegen legte die Klägerin am 27.06.2011 Widerspruch ein. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2011 zurück. Gemäß III. 2.2.5. der Zulassungsempfehlungen für Physiotherapeuten/Krankengymnasten des GKV Spitzenverbandes müsse die Raumhöhe der Mindestnutzfläche durchgehend mindestens 2,50 m - lichte Höhe - betragen. Alle Räume müssten ausreichend be- und entlüftbar sowie angemessen beheizbar und beleuchtet sein. Nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg (Urteil vom 15.07.2005, - L 4 KR 4824/03 -, in juris) könne bei der Prüfung einer Zulassung von der erforderlichen Raumhöhe von 2,50 m geringfügig abgewichen werden. Die Raumhöhe in der streitgegenständlichen Praxis liege mit 2,35 m jedoch außerhalb einer vom LSG definierten Toleranzgrenze von 2 cm bis maximal 5 cm. Etwas anderes könne sich auch nicht daraus ergeben, dass in den genannten Räumen seit 1993 eine Praxis für Physiotherapie zugelassen war und 2002 eine Zulassung für einen weiteren Leistungserbringer ausgesprochen wurde. Grund für die damalige Erteilung sei eine Begehung der Räumlichkeiten gewesen. Hierbei sei als Raumhöhe 2,53 m angegeben worden. Aufgrund der damaligen Angaben sei sodann die Zulassung erfolgt. Mit Bezug auf die in der Vergangenheit erteilten Zulassungen, die teilweise auf einer falschen Angabe beruhten, könne die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf erneute Zulassung herleiten.

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 30.12.2011 mittels Empfangsbekenntnis bekannt gegeben.

Hiergegen richtete sich die am 28.01.2012 zum Sozialgericht (SG) Ulm erhobene Klage. Zur Begründung wies die Klägerin darauf hin, dass die Beklagte bereits bei früheren Zulassungen Kenntnis vom Unterschreiten der Mindestraumhöhe gehabt und das Baurechtsamt der Stadt R. ausreichend hohe Räume attestiert habe, in denen eine gute Be- und Entlüftung stattfinde. Veränderungen zu früheren Genehmigungen seien vorliegend nicht eingetreten. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass das Unterschreiten der Mindestraumhöhe von 6 % keine ordnungsgemäße Belüftung gewährleiste. Mit einer Rechtsanalogie aus § 23 Abs. 2 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) vom 20.03.1975 könne nicht mehr argumentiert werden, weil dies Arbeitsstättenverordnung bereits seit 2004 aufgehoben sei und die Folgeverordnung vom 12.08.2004 keine entsprechende Regelung über die lichte Höhe von Arbeitsräumen mehr enthalte. Die Einrichtungsrichtlinien würden der Beklagten auch durchaus ein Ermessen einräumen. Auch bei der vorhandenen Raumhöhe von 2,35 m sei die ordnungsgemäße Ausübung sämtlicher der von einem Physiotherapeuten zu erbringenden Tätigkeiten möglich und gewährleistet. Die Klägerin legte ergänzend ein Schreiben des Staatlichen Gesundheitsamtes B. vom 15.01.1993 hinsichtlich der Nutzungsänderung in eine Ergotherapie-Praxis vor. Hierin wurde bescheinigt, dass die Räume ausreichend hoch seien, da eine gute Be- und Entlüftung vorhanden sei.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Heilmittelzulassung, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 SGB V nicht vollständig erfüllt seien. Zuzulassen sei, wer u.a. über eine Praxisausstattung verfüge, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleiste. Das Erfordernis der "Zweckmäßigkeit" beinhalte das Erfordernis einer Raummindesthöhe. Dies ergebe sich aus den Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes, die auf der Basis des § 124 Abs. 4 SGB V ergangen seien. Die dort genannte Mindestraumhöhe von 2,50 m werde unterschritten. Auch das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 27.03.1996 - 3 RK 25/95 -, in juris) habe in einer Rechtsanalogie aus § 23 Abs. 2 ArbStättV vom 20.03.1975 das Erfordernis einer Mindestraumhöhe von 2,50 m für Räume der Heilmittelverabreichung statuiert. Auch wenn die ArbStättV seit dem 25.08.2004 aufgehoben und durch die neu strukturierte Verordnung über Arbeitsstätten vom 12.08.2004 ersetzt worden sei, ergebe sich nichts anderes. Schließlich sei nach den Einrichtungsregelungen Anlage 2 zum Rahmenvertrag vom 01.12.2002 und den Zulassungsempfehlungen für die Durchführung der Bewegungstherapie eine Sprossenwand, Übungsgeräte (wie z. B. Gymnastikbänder, Gymnastikbälle, Keulen und Stäbe), Therapiematten, ein Gymnastikhocker und ein Spiegel als Grundausstattung notwendig. Für die Nutzung dieser Geräte sei ebenfalls grundsätzlich eine Mindestraumhöhe von 2,50 m erforderlich. Insbesondere die ordnungsgemäße Nutzung einer Sprossenwand bei einer Raumhöhe von 2,35 m sei nicht gewährleistet, da zu bedenken sei, dass jeder Patient mit ausgestreckten Armen frei hängen können müsse. Das Erfordernis der Mindestraumhöhe betreffe auch nicht den Bereich der Berufszulassung eines Physiotherapeuten, vielmehr betreffe es allein die Berufsausübung. Dieses Erfordernis sei durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert und treffe den Berufstätigen nicht übermäßig und unzumutbar (BSG, Urteil vom 27.03.1996 - 3 RK 25/95 -, in juris). Der Ablehnung des Antrags stehe auch nicht entgegen, dass in der Vergangenheit für die in Rede stehenden Räumlichkeiten bereits Zulassungen zur Erbringung von Heilmittelleistungen ausgesprochen worden seien. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht sei nicht vorgesehen. Bei der Mindestraumhöhe handele es sich nicht um eine Sollvorschrift.

Mit Urteil vom 25.09.2013 wies das SG die Klage ab. Zur möglichst einheitlichen Handhabung der Zulassungsvoraussetzungen nach § 124 Abs. 2 SGB V habe der GKV Spitzenverband Empfehlungen auf der Grundlage des § 124 Abs. 4 Satz 1 SGB V erlassen. Diese Empfehlungen seien zwar für die Gerichte nicht bindend. Im Interesse einer einheitlichen Zulassungspraxis sei allerdings von den Empfehlungen auch nicht ohne vernünftigen Grund abzuweichen. Die maßgeblichen Zulassungsempfehlungen würden eine Mindestraumhöhe von 2,50 m vorsehen. Diese würden vorliegend nicht nur geringfügig unterschritten. Ein rechtswidriger Verstoß gegen das Übermaßverbot sei vor diesem Hintergrund mit Blick auf die Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) nicht festzustellen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass in den Räumen bis 2007 mit - ggf. auch rechtswidriger - Zulassung der Beklagten physiotherapeutische Leistungen erbracht worden seien. Die Klägerin sei nicht Adressatin der vorherigen Zulassungen gewesen. Die Nutzung der Behandlungsräume sei im Übrigen ab 2007 auch unterbrochen gewesen. Eine Gleichbehandlung im Unrecht sehe Art. 3 GG im Übrigen nicht vor.

Das Urteil wurde der Klägerin am 22.10.2013 mittels Empfangsbekenntnis bekannt gegeben.

Hiergegen richtet sich die am 22.11.2013 beim SG eingelegte Berufung, welche dem LSG am 02.12.2013 zur Entscheidung vorgelegt wurde. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, dass die Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes weder für die Leistungserbringer noch für die Krankenkassen bzw. deren Verbände verbindlich seien. Auch bei einer Raumhöhe von 2,35 m sei das Berufsbild der Physiotherapeutin vollumfänglich verwirklichbar. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte bei der Zulassung anderer Praxen sehr wohl Ermessensspielraum sehe. In Anbetracht des bestehenden Bedarfs in D. sei daher die beantragte Zulassung zu erteilen. Dem stehe auch nicht die in § 124 Abs. 2 Nr. 3 SGB V genannte Verpflichtung entgegen. Zwar müsse sie, die Klägerin, hiernach die geltenden Vereinbarungen zur Versorgung der Versicherten anerkennen. Soweit die entsprechende Vereinbarung eine Raumhöhe von 2,50 m vorsehen würden, könne jedoch über die Regelung des § 124 Abs. 2 Nr. 3 SGB V keine zusätzlichen Zulassungsvoraussetzungen statuiert werden. Ansonsten stehe den Leistungserbringern quasi Rechtssetzungskompetenz zu. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit. Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR) hätten nicht die Zielrichtung, die Ausführung bestimmter Arbeiten in bestimmten Räumen zu reglementieren, sondern dienten dem Arbeitsschutz der Beschäftigten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25.09.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen an ihre Versicherte in den Praxisräumen im K. in D. zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Erfordernis der "Zweckmäßigkeit" in § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V beinhalte das Erfordernis einer Mindestraumhöhe von 2,50 m. Diese ergebe sich zum einen aus den Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes, die gem. § 124 Abs. 4 SGB V zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs. 2 SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als Dienstleistung an Versicherte abgegeben würden, ergangen seien. Zum anderen fänden sich entsprechende Regelungen auch in dem auf der Grundlage des § 125 SGB V abgeschlossenen Rahmenvertrag zwischen dem Deutschen Verband für Physiotherapie - Zentralverband der Krankengymnasten/Physiotherapeuten (ZVK) e.V., Landesverband Baden-Württemberg e.V., St. und den Landesverbänden der Krankenkassen. Auch das BSG sei der Auffassung, dass zur Praxisausstattung, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleisten müsse, eine Raumhöhe von 2,50 m gehöre. Soweit die ArbStättV von 1975 aufgehoben worden sei, ergebe sich die erforderliche Raumhöhe zumindest seit dem in Kraft treten der ASR am 05.09.2013 aus denselben. Neben der Be- und Entlüftung sei eine Raumhöhe von 2,50 m aber auch zur Durchführung von zahlreichen Übungen einer Bewegungstherapie notwendig, die zum Leistungskatalog von Physiotherapeuten und Krankengymnasten gehöre. § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB V setze im Übrigen die Bereitschaft zur Anerkennung eines Rahmenvertrags nach § 125 Abs. 2 SGB V voraus. Dieser sehe vorliegend eine Raumhöhe von 2,50 m vor. Da es sich bei der Regelung des § 124 Abs. 2 SGB V um eine Berufsausübungsregelung handele, liege auch kein Verstoß gegen Art. 12 GG vor. Art. 3 GG gewähre im Übrigen keine Gleichbehandlung im Unrecht, weshalb die Klägerin aus den früher erteilten Zulassungen keinen weitergehenden Anspruch herleiten könne. Schließlich bestehe in D. aktuell im Hinblick auf die im Umkreis vorhandenen physiotherapeutischen Praxen aber auch kein entsprechender Bedarf.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Akten der ersten und zweiten Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung, und ist auch sonst zulässig.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Zulassung zur Erbringung physiotherapeutischer Leistungen in den Praxisräumen K. in D ...

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 06.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2011. Zwar hat es die Beklagte bereits zuvor unter dem 06.05.2011 abgelehnt, der Klägerin die Zulassung zu erteilen. Auch insoweit handelt es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 31 SGB X. Der Bescheid vom 06.05.2011 ist aber nicht mehr wirksam, weil er auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 SGB X). Denn mit dem Bescheid vom 06.06.2011 hat die Beklagte auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen erneut die Erteilung der Zulassung abgelehnt und damit eine neue sachliche Entscheidung im Sinne eines sogenannten Zweitbescheids erteilt, der den Klageweg (neu) eröffnet (BSG, Urteil vom 23.02.1999, -B 2 U 8/98 R -, in juris).

Nach § 124 Abs. 1 SGB V dürfen Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie, der Sprachtherapie oder der Beschäftigungstherapie, an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Gem. § 124 Abs. 2 SGB V ist zuzulassen, wer

1. die für die Leistungserbringer erforderliche Ausbildung sowie eine entsprechende zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigende Erlaubnis besitzt, 2. über eine Praxisausstattung verfügt, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistet und 3. die für die Versorgung von Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennt.

Wie aus dem Wortlaut des § 124 Abs. 2 SGB V zu entnehmen ist, ist diese Regelung abschließend.

Weitergehende Anforderungen an die Erteilung einer Zulassung dürfen weder in den Verträgen nach § 125 SGB V noch in den nach § 124 Abs. 4 SGB V erlassenen gemeinsamen Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes gestellt werden.

Dabei verkennt der Senat keineswegs, dass die Empfehlungen des GKV-Spitzenverbändes gemäß § 124 Abs. 4 SGB V zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs. 2 SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als Dienstleistung an Versicherte abgegeben werden (Zulassungsempfehlungen) in der derzeit gültigen Fassung vom 01.03.2012 eine einheitliche Anwendung der Zulassungsbedingungen für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als Dienstleistungen an Versicherte abgegeben werden, sicherstellen sollen und diese eine Raumhöhe von mindestens 2,50 m vorsehen. Diese Regelung wurde auch in den Rahmenvertrag nach § 125 Abs. 2 SGB V der Berufs- und Landesverbände (II.5 der Anlage 2 zum Rahmenvertrag vom 01.02.2012; ebenso bereits I.2 der Anlage 2 zum Rahmenvertrag vom 02.04.1992) übernommen. Soweit der Rahmenvertrag nach § 125 SGB V jedoch eine Raummindesthöhe von 2,50 m als Zulassungsvoraussetzung regelt, ist dies aber unwirksam, weil die in § 125 SGB V geregelte Vertragskompetenz die Abwicklung der Leistung und nicht die in § 124 SGB V geregelte Zulassung betrifft. Die Anerkennung der Raumhöhe ist daher vorliegend auch nicht gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 SGB V Zulassungsvoraussetzung. Die Empfehlungen binden nur die Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen. Es handelt sich um "Verwaltungsbinnenrecht", das keine Bindung für die Leistungserbringer und die Gerichte entfaltet (BSG, Urteil vom 27.03.1996, - 3 RK 25/95, in juris).

Auch wenn die Klägerin damit im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 SGB V erfüllt, weil sie auch die erforderliche Ausbildung sowie eine entsprechende zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigte Erlaubnis besitzt und die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen bezüglich der in die Vertragskompetenz fallenden Abwicklung der Leistung anerkennt, so scheitert der begehrte Zulassungsanspruch vorliegend an § 124 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Die Praxisräume im K. in D. gewährleisten keine zweckmäßige Leistungserbringung.

Zur Praxisausstattung, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleisten muss, gehört auch die Raumhöhe. Es liegt auf der Hand, dass bei einer extrem niedrigen Raumhöhe Heilmittel nicht "zweckmäßig" erbracht werden können. Das Erfordernis "Zweckmäßigkeit" beinhaltet damit das Erfordernis einer Raummindesthöhe. Das Erfordernis der Zweckmäßigkeit umfasst die erforderliche "Mindest-Funktionstüchtigkeit" der Praxisräume und geht über diese hinaus. Die in § 124 SGB V geforderte Mindesthöhe wird durch den unbestimmten Rechtsbegriff der Zweckmäßigkeit ausreichend umschrieben (BSG, Urteil vom 27.03.1996, - 3 RK 25/95, in juris).

Die Auffassung der Beklagten, dass die Praxisräume einer Physiotherapeutin eine Mindestraumhöhe von 2,50 m haben müssen, ist hierbei - wie vom BSG bereits am 27.03.1996 entschieden - nicht zu beanstanden. Diesen Wert hat das BSG im Wege eine Rechtsanalogie § 23 Abs. 2 ArbStättV 1975 entnommen (BSG, Urteil vom 27.03.1996, - 3 RK 25/95, in juris) und darauf hingewiesen, dass für die ArbStättV 1975 die Raummindesthöhe von der Bundesregierung ausdrücklich mit der Notwendigkeit der Raumbelüftung begründet worden sei. Mit dem Mindestwert von 2,50 m wollte der Verordnungsgeber 1975 die im Baurecht ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit ausschöpfen, für Arbeitsräume entsprechend dem damaligen arbeitsmedizinischen Erkenntnisstand größere lichte Höhen zu verlangen (vgl. BR-Drucks. 684/74). Behandlungsräume einer Krankengymnastin erfordern nicht anders als Arbeitsstätten eine ordnungsgemäße Be- und Entlüftung, da für Patienten, die dort physiotherapeutisch behandelt werden, sonst gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Beeinträchtigungen im Wohlbefinden zu bewirken sind. Der erwähnte Wert spiegelt nach Überzeugung des Senats die allgemeine Einschätzung fachkundiger Kreise wider, dass nur mit einer Raumhöhe von mindestens 2,50 m eine ordnungsgemäße Be- und Entlüftung gewährleistet werden kann (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.07.2005 - L 4 KR 4824/03 -, in juris).

Zu berücksichtigen ist freilich vorliegend, dass die ArbStättV 1975 seit 25.08.2004 aufgehoben und durch die ArbStättV vom 12.08.2004 (BGBl I S. 2179, Arbeitsstättenverordnung 2004) ersetzt wurde, die eine Mindestraumhöhe nicht mehr vorsieht. Die mit dieser Änderung verbundenen Konkretisierungsprobleme im Hinblick auf die Raumhöhe wurden aber über die ASR gelöst. Die ASR ist am 05.09.2013 in Kraft getreten und konkretisiert die Anforderungen der ArbStättV von 2004. Danach muss die lichte Höhe von Arbeitsräumen bei einer Größe von bis zu 50 m2 mindestens 2,50 m betragen (ASR A1.2 Ziff. 6). Grundsätzlich handelt es sich bei den Arbeitsschutzrichtlinien zwar nicht um rechtsverbindliche Normen, ihr Inhalt bringt gleichwohl sachverständige Erfahrung zum Ausdruck; er enthält sogenannte antizipierte Sachverständigengutachten im Sinne der vom Bundesverwaltungsgericht zur "technischen Anleitung Luft" aufgestellten Grundsätze (vgl. hierzu auch Landmann/Romer, GEWO, § 3 Arbeitsstättenverordnung, Rdnr. 33). Insoweit ist auch weiterhin davon auszugehen, dass die vom BSG gezogene Rechtsanalogie greift. Unerheblich ist dabei, dass die ASR am 05.09.2013 und damit während des laufenden Klageverfahrens erlassen wurde, da maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem LSG ist.

Zur Überzeugung des Senats ist aber darüber hinaus eine Raumhöhe von 2,50 m nicht nur zur Be- und Entlüftung, sondern auch zur Leistungserbringung selbst notwendig. So hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Heilmittelversorgung am Fußgelenk laut V. Akademie, Fort- und Weiterbildungs GmbH fordert, dass der Patient auf einer hoch eingestellten Bank stabil in einer leichten Schrittstellung steht. Des Weiteren kommt beispielsweise für Koordinationsübungen der unteren Extremitäten ein Minitrampolin (Aufstellhöhe 30 cm) zur Anwendung. Bereits bei einer Köpergröße von 1,70 m ist diese Art der Behandlung bei einer Raumhöhe von 2,35 m ausgeschlossen. Zur Behandlung der Schulter wird darüber hinaus ein Stab (z. B. Flexibar) eingesetzt. Selbst ausgehend von einer durchschnittlichen Körpergröße, bei einem auf Schulterhöhe ausgestreckten Arm und einer üblichen Stablänge von 1,50 m kann die Übung bei einer Deckenhöhe von 2,35 m kaum noch ausgeführt werden. Auch die Nutzung einer Sprossenwand mit einer Mindestlänge von 2,30 m stellt sich aus Sicht des Senats bei einer Raumhöhe von 2,35 m zutreffend als problematisch dar. Zwar kann eine entsprechende Sprossenwand in den Raum eingebracht werden. Eine ordnungsgemäße Benutzung ist aber bei einer Raumhöhe von 2,35 m nicht gewährleistet, da zu bedenken ist, dass jeder Patient mit ausgestreckten Armen frei hängen können muss.

Damit aber hat die Beklagte verschiedene Übungen benannt, die durch die vorliegende Raumhöhe problematisch erscheinen. Diese Einschätzung wird auch durch die - wie ausgeführt nicht verbindlichen - Empfehlungen der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs. 2 SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln sowie den Rahmenvertrag zwischen dem ZVK und den Landesverbänden gestützt. Auch diese gehen von einer Mindestraumhöhe von 2,50 m zur ordnungsgemäßen Leistungserbringung aus. Da eine Leistungserbringung in den Praxisräumen K. in D. daher nicht vollumfänglich gewährleistet ist, ist aus der Sicht des Senats die Voraussetzung des § 124 Abs. 2 Nr. 2 SGB V nicht erfüllt.

Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des Erfordernisses der genannten Mindestraumhöhe bestehen hierbei nicht. Insbesondere zum Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG hat das BSG (Urteil vom 27.03.1996 - 3 RK 25/95 -, in juris) zutreffend ausgeführt, dass das Berufsgrundrecht durch diese Gesetzesregelung, -auslegung und -anwendung nicht verletzt wird. Bei der begehrten Zulassung wird eine Regelung der Berufsausübung getroffen, also hinsichtlich der Art und Weise, wie und unter welchen Voraussetzungen die Klägerin in ihrem Beruf in Bezug auf die Versicherten der Beklagten in Zukunft möglicherweise ausüben kann. Derartige Regelungen werden nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bereits durch solche "vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls" legitimiert, die den Berufstätigen nicht übermäßig und nicht unzumutbar treffen. Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit dürfen in den Vordergrund gestellt werden und bei der Festlegungszahl politischer Ziele besteht ein weiter Spielraum (BVerfG, Urteil vom 11.06.1958, 1 BvR 596/56 -; BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985, - 1 BvR 449/82 - u.a.; BVerfG, Beschluss vom 15.12.1987, 1 BvR 563/85 - u.a.; BVerfG, Urteil vom 23.01.1990, - 1 BvL 44/86 - u.a., alle in juris). Bei der Normierung der Voraussetzungen für eine Kassenzulassung in § 124 SGB V hat der Gesetzgeber mit der Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit der Versicherten ein nicht nur vernünftiges, sondern wichtiges sozialpolitisches Ziel im Auge gehabt. Das Verlangen einer für die Leistungserbringung von Heilmitteln zweckmäßigen Praxisausstattung ist ebenfalls sinnvoll. Es bewegt sich im Rahmen des Zweckmäßigen, des Vernünftigen und Zumutbaren.

Dabei braucht der Senat im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, inwieweit bei einer nur geringfügigen Unterschreitung der Mindestgrenze bei einem Ausgleich der genannten Hindernisse, z.B. durch eine ausreichende Belüftung, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Ausnahmegenehmigung in Betracht kommt (vgl. hierzu: LSG, Urteil vom 15.07.2005 -L 4 KR 4824/03 -, in juris). Zwar hat die Klägerin vorgetragen, dass durch die Fenster eine ausreichende Belüftung gegeben ist. Architekt F. hat dies auch in seinem Schreiben vom 04.05.2011 bestätigt. Das Erfordernis der Zweckmäßigkeit umfasst jedoch die erforderliche "Mindest-Funktionstüchtigkeit" der Praxisräume und geht über diese hinaus (BSG, Urteil vom 27.03.1996, - 3 RK 25/95 -, in juris). Mit 15 cm liegt im vorliegenden Fall eine deutliche Unterschreitung vor, die sich vorliegend nicht nur auf die Be- und Entlüftung, sondern auch auf den Umfang der möglichen Leistungserbringung selbst auswirkt. Damit kommt auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes keine Ausnahme von der Mindestraumhöhe in Betracht.

Die Klägerin kann sich vorliegend auch nicht auf Art. 3 GG oder Vertrauensschutz berufen. Art. 3 GG gebietet keine Gleichbehandlung im Unrecht. Im Übrigen war die Klägerin nicht Adressatin der früheren Zulassungen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i.V.m § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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