Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 23 U 134/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 U 200/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Erkrankung i.S. der BK-Nr. 2112 BKV ist dadurch gekennzeichnet, dass diese grundsätzlich beiderseits auftritt. Nur in Ausnahmefällen kommt eine einseitige Kniegelenkserkrankung in Betracht.
Für den Fall, dass eine einheitliche berufliche Belastung (Exposition), die sich gleichermaßen auf mehrere Zielorgane auswirkt, zu einem Erkrankungsbeginn an einem Zielorgan vor dem Stichtag geführt hat, ist die Annahme eines "Versicherungsfalls" i.S.v. § 6 BKV nach dem genannten Stichtag ausgeschlossen.
Eine Gonarthrose rechts im Sinne der BK 2112 vor dem Stichtag gem. § 6 BKV ist für beide Kniegelenke beachtlich, selbst wenn die Erkrankung am linken Knie erst nach dem Srtichtag klinisch auffällig wird, ohne dass eine zusätzliche Exposition vorliegt.
Für den Fall, dass eine einheitliche berufliche Belastung (Exposition), die sich gleichermaßen auf mehrere Zielorgane auswirkt, zu einem Erkrankungsbeginn an einem Zielorgan vor dem Stichtag geführt hat, ist die Annahme eines "Versicherungsfalls" i.S.v. § 6 BKV nach dem genannten Stichtag ausgeschlossen.
Eine Gonarthrose rechts im Sinne der BK 2112 vor dem Stichtag gem. § 6 BKV ist für beide Kniegelenke beachtlich, selbst wenn die Erkrankung am linken Knie erst nach dem Srtichtag klinisch auffällig wird, ohne dass eine zusätzliche Exposition vorliegt.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 27.08.2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BK-Nr. 2112 BKV) bezogen auf das linke Kniegelenk des Klägers.
Der am 1947 geborene Kläger beantragte mit Schreiben vom 10.02.2010 bei der Beklagten die Feststellung einer Berufskrankheit und wies auf ein bereits 2002/2003 durchgeführtes Verfahren (BK-Nr. 2102 BKV) hin. Im Jahr 2003 habe er eine Kniegelenkprothese rechts bekommen. Nun müsse auch das linke Knie operiert werden, da er auf beiden Seiten eine schwere medial betonte Gonarthrose habe. Zur Akte reichte der Kläger einen Befundbericht der Fachärztin für Orthopädie Dr. H aus dem Jahr 2004, einen MRT-Befund bezogen auf das linke Kniegelenk vom 20.10.2005 (Beurteilung: Meniskusläsion medial, wobei hier bereits eine Grad III-Läsion imponiert; Verdacht auf vordere Kreuzbandläsion mit konsekutivem Knochenödem auf Seiten des Femur, jedoch ohne komplett knöchernen Ausriss; Knorpelläsion im Kniegelenkspalt IIIa sowie retropatellar Grad IV; freier Gelenkkörper im dorsomedialen Kniegelenkspalt; mäßige Ergussbildung) und Röntgenbefunde für beide Kniegelenke vom 20.09.2002 bzw. 10.02.2004.
Die Beklagte zog Unterlagen aus dem Verwaltungsverfahren zur BK-Nr. 2102 bei, u. a. eine ärztliche BK-Anzeige von Dr. H vom 06.06.2003 unter Hinweis auf seit September 2002 wegen starker Knieschmerzen durchgeführter Behandlung sowie eine Epikrise des Universitätsklinikums L , Orthopädische Klinik und Poliklinik, vom 06.12.2002 (Diagnose: Gonarthrose rechts; Anamnese: Seit mehreren Monaten bestehen Beschwerden sowie eine erheblich eingeschränkte Beweglichkeit im rechten Kniegelenk).
Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte zur BK-Nr. 2102 waren auch Unterlagen des Gesundheitsamtes L , u. a. mit folgenden Angaben: Arthrosis beider Kniegelenke nach Untersuchung vom 17.05.1983; Hinweis auf einen Sportunfall (Fußball) mit einem geringen arthrotischen Krepitieren der Kniegelenke am 17.06.1976; Feststellung von Reibegeräuschen in beiden Kniegelenken, zurzeit keine Beschwerden am 16.07.1980; Dokumentation gelegentlicher Beschwerden in beiden Kniegelenken ab 1981.
Im Fragebogen vom 14.03.2010 gab der Kläger gegenüber der Beklagten an, schon länger Kniebeschwerden gehabt zu haben, im Zeitraum 2000/2001 seien sie so aufgetreten, dass er sich Einreibungen und Tabletten habe verschreiben lassen, seiner Arbeit sei er weiter nachgegangen. Seit 17.09.2002 seien die Schmerzen verstärkt vorhanden, was dann zur Operation des rechten Kniegelenks geführt habe, vor der Operation habe er Physiotherapie zur Stärkung der rechts und links fehlenden Muskulatur bekommen. Seit 18.09.2002 habe er nur mit Unterarmstützen laufen können.
Am 24.03.2010 erstattete Dr. H eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit, der Kläger befinde sich seit September 2002 wegen schwerer Gonarthrose beiderseits in ihrer Behandlung. Im September 2002 sei das rechte Kniegelenk wegen plötzlicher akuter Knieschmerzen mit Einschränkung der Beweglichkeit untersucht und behandelt worden, das linke Kniegelenk sei klinisch nicht untersucht worden, da akute Schmerzen zu diesem Zeitpunkt rechts bestanden hätten. Röntgenologisch wurde für den 20.09.2002 befundet: Schwere medial betonte Gonarthrose rechts stärker als links, erhebliche retropatellare degenerative Veränderungen rechts stärker als links, Verdacht auf multiple freie Körper im rechten Kniegelenk. Der ärztlichen Anzeige von Dr. H waren weitere Behandlungsunterlagen der Folgejahre beigefügt.
Am 28.06.2010 nahm Dr. C beratungsärztlich für die Beklagte dahingehend Stellung, dass eine primäre Meniskuserkrankung nicht nachgewiesen sei, die Implantation einer Knie-TEP rechts am 05.06.2003 sei wegen einer fortgeschrittenen Varusgonarthrose erfolgt. Das Schadensbild sei von seiner Lokalisation nicht belastungstypisch im Sinne einer BK-Nr. 2102 BKV. Es liege eine primäre Gonarthrose rechts vor. Ob am Kniegelenk links eine primäre oder sekundäre Gonarthrose vorliege, lasse sich dem Akteninhalt folgend nicht beurteilen, bei vorderer Kreuzbandläsion links könne es sich auch um eine sekundäre Gonarthrose handeln, insofern seien weitere Ermittlungen erforderlich.
Am 02.09.2010 nahm die Abteilung Prävention der Beklagten zur Arbeitsplatzexposition hinsichtlich der BK-Nr. 2112 BKV Stellung. Bis zum 09.09.2002 habe die Kniebelastung 14.814 Stunden betragen, eine kumulative Kniebelastungsdauer von 13.000 Stunden sei im Jahr 1998 erreicht worden.
Für die Beklagte erstatteten am 22.10.2010 MR Doz. Dr. M und Dr. C ein fachchirurgisches Gutachten. Im Ergebnis der Begutachtung bescheinigten sie das Vorliegen einer Gonarthrose im Bereich beider Kniegelenke. Am Kniegelenk links sei eine Gonarthrose Grad III mit Beuge- und Streckdefizit gesichert, am Kniegelenk rechts sei eine Knieendoprothese wegen Gonarthrose rechts bereits im Jahr 2003 implantiert worden. Im Bereich des linken Kniegelenks liege eine Gonarthrose Grad III nach Kellgren vor. Es bestehe aber keine plausible zeitliche Korrelation zwischen den beruflichen Belastungen und der Krankheitsentwicklung, nachweislich lägen bei dem Kläger starke arthrotische Reibegeräusche an beiden Kniegelenken seit 1979 vor, der Kläger sei Fußballer gewesen und habe bezüglich seiner Sporttauglichkeit untersucht werden müssen. Das Unterlassen der Tätigkeit seit 2002 habe nicht zu einer Besserung der subjektiven Beschwerden an beiden Kniegelenken geführt. Eine beruflich verursachte Gonarthrose sei nicht wahrscheinlich.
Gewerbeärztlich nahm Dr. G am 12.11.2010 dahingehend Stellung, dass zwar die expositionellen Voraussetzungen gegeben seien, jedoch sei der Kläger seit dem 19.09.2002 arbeitsunfähig bei schwerer Gonarthrose rechts mehr als links. Nach der sogenannten Rückwirkungsklausel/Stichtagsregelung zum 30.09.2002 sei eine Anerkennung nicht möglich.
Mit Bescheid vom 11.01.2011 lehnte die Beklagte Leistungen nach § 9 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. der Berufskrankheitenverordnung (BKV) ab. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BKV sei eine Gonarthrose der Kniegelenke nur dann als BK anzuerkennen, wenn bestimmte medizinische und arbeitstechnische Voraussetzungen gegeben seien und wenn der Versicherungsfall nach dem 30.09.2002 eingetreten sei. Die Ablehnung der Kniebeschwerden als BK-Nr. 2112 BKV erfolge deswegen, weil die ersten Beschwerden an den Kniegelenken bereits seit 1971 nachgewiesen seien, seit 1979 seien arthrotische Reibegeräusche dokumentiert. Bei fehlender plausibler zeitlicher Korrelation zwischen beruflicher Belastung und Beginn der Krankheitsentwicklung an den Kniegelenken, fehlender Besserung der subjektiven Beschwerden nach Unterlassung der kniebelastenden Tätigkeit und unter Berücksichtigung der Kniebelastung als Fußballer habe der Nachweis einer beruflich verursachten Gonarthrose nicht erbracht werden können.
Diesen Bescheid griff der Kläger mit seinem Widerspruch vom 27.01.2011 an. Der Kläger sei seit 1964 im Baukombinat L beschäftigt gewesen, erstmals seien Kniebeschwerden sechseinhalb Jahre nach Aufnahme der kniebelastenden Tätigkeit erwähnt worden, daher bestehe ein plausibler zeitlicher Zusammenhang. Zudem sei zu beachten, dass die endgültige Diagnose der Gonarthrose erst im Jahr 2002 erfolgt sei. Dem Gutachten von Dr. C sei nicht zu folgen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung hielt die Beklagte an ihrer bisherigen Auffassung fest und führte zudem aus, dass bereits aufgrund der Stichtagsregelung die Gonarthrose nicht als BK-Nr. 2112 BKV anerkannt werden könne.
Hiergegen hat der Kläger am 01.09.2011 Klage zum Sozialgericht Leipzig (SG) eingelegt und ausgeführt, dass die von der Beklagten vorgenommenen Wertungen auf der Grundlage des durch Dr. C erstellten Gutachtens unzutreffend seien.
Im Klageverfahren hat die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme von Prof. Dr. K vom 18.12.2011 vorgelegt. Am 20.09.2002 habe röntgenologisch und klinisch eine ausgeprägte Gonarthrose an beiden Kniegelenken, starkgradiger am rechten Kniegelenk, objektiv nachgewiesen werden können, also vor dem Stichtag 30.09.2002. Vor dem 20.09.2002 habe eine primäre Gonarthrose im Sinne einer BK-Nr. 2112 BKV beider Kniegelenke vorgelegen. Empfohlen wurde die Beiziehung der Behandlungsunterlagen für die Behandlungen in den Jahren 2000 und 2001.
Das SG hat einen Befundbericht von Dipl.-Med. P , Orthopädie, eingeholt, die eine Behandlung im Jahr 2000 wegen Beschwerden in der Lendenwirbelsäule mitteilte.
Auf Veranlassung des SG hat am 18.06.2012 Dr. W ein orthopädisches Sachverständigengutachten erstattet. Im Ergebnis seiner Begutachtung diagnostiziert er bezogen auf das linke Kniegelenk eine Retropatellararthrose Grad III bis IV und Gonarthrose Grad II bis III nach Kellgren - Nachweis ab 20.09.2002, Implantation einer Knie-TEP links am 28.02.2011 und bezogen auf das rechte Kniegelenk eine Retropatellararthrose Grad III bis IV und lateral betonte Gonarthrose Grad III nach Kellgren rechtes Kniegelenk – Nachweis ab 20.09.2002. Zwar würden die Indizien eher für einen Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der beiderseitigen Gonarthrose sprechen, wesentliche konkurrierende Ursachen seien nicht ermittelbar gewesen und die Arthrose sei altersvoranschreitend beiderseits gewesen. Jedoch sei die Erkrankung vor dem Stichtag 30.09.2002 eingetreten. Die Erkrankung sei zehn Tage zuvor mit den Röntgenbildern vom 20.09.2002 im Vollbeweis gesichert worden. Bei Eingreifen der Stichtagsregelung könne die Arthrose beiderseits beim Versicherten trotz sonst erfüllter Umstände nicht als BK anerkannt werden.
Der Kläger hat hierzu ausgeführt, dass die Behandlungsunterlagen aus dem Jahr 2002 keine Beschwerden des linken Kniegelenks dokumentieren würden, dieses sei zu diesem Zeitpunkt innerhalb des Normbereichs beweglich gewesen. Erst seit Beginn des Jahres 2004 und damit deutlich nach dem Stichtag 30.09.2002 seien chronische Kniegelenksbeschwerden und Funktionsstörungen des linken Kniegelenks als Voraussetzung für die Anerkennung der Gonarthrose als BK belegt, die Gonarthrose des linken Kniegelenks sei als BK anzuerkennen.
Dr. W hat am 08.04.2013 ergänzend zu seinem Gutachten Stellung genommen und ausgeführt, dass für das rechte Kniegelenk im September 2002 die klinischen Krankheitszeichen voll erfüllt gewesen seien, so dass bezogen auf dieses Kniegelenk eine klinische Erkrankung vor dem Stichtag zu bekräftigen sei. Bezogen auf das linke Kniegelenk seien bei röntgenologisch nachgewiesener Retropatellararthrose Grad III bis IV und Gonarthrose Grad II bis III nach Kellgren rezidivierende Reizzustände und eine retropatellare Krepitation überaus wahrscheinlich. Wegen der Einzelheiten dieser Stellungnahme wird auf Bl. 83 bis 88 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Urteil vom 27.08.2013 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 11.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.08.2011 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seit dem 30.01.2004 an einer BK nach Nr. 2112 BKV am linken Kniegelenk leidet. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: "BKen sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach Nr. 2112 der Anlage zur BKV gehört zu den BKen auch eine Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht. Wie bei jeder BK müssen für die Bejahung der tatbestandlichen Voraussetzungen zum einen in der Person des Versicherten die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen im Vollbeweis dargetan sein, d.h. es muss erwiesen sein, dass der Versicherte im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK ausgesetzt gewesen ist, die nach Ausmaß und Intensität geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Zum anderen muss die umschriebene Listenkrankheit, d.h. vorliegend eine Gonarthrose, nachgewiesen sein. Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen den versicherten schädigenden Einwirkungen und der Listenerkrankung gilt die auch sonst im Unfallversicherungsrecht geltende Lehre von der wesentlichen Bedingung (vgl. etwa BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86, BSGE 61, 127, 129), wonach grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs ausreicht. Nach § 6 Absatz 1 Satz 1 BKV ist eine BK 2112, an der Versicherte am 1. Juli 2009 leiden, nur dann als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. September 2002 eingetreten ist.
Der Kläger war nach den Feststellungen der Präventionsabteilung der Beklagten in hinreichendem Umfang exponiert im Sinne der BK 2112.
Er leidet auch an einer Gonarthrose. Die Diagnose einer solchen hat folgende Voraussetzungen (vgl. ärztliches Merkblatt, Bekanntmachung des BMAS vom 30. Dezember 2009, GMBl. 2010, 98): Chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörung bei der orthopädischen Untersuchung in Form einer eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk und röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend Grad II bis IV der Klassifikation von Kellgren. Ergänzend hierzu hat der Ärztlichen Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales in seiner Wissenschaftlichen Stellungnahme zur BK 2112 (Bekanntmachung des BMAS vom 24. Oktober 2011, GMBl 49/2011, S. 983) festgestellt, dass neben der eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk auch bei folgenden Funktionsstörungen eine Gonarthrose mit dem erforderlichen Schweregrad im Sinne der Berufskrankheit Nr. 2112 vorliegt: • Kniegelenkserguss, • Kapselentzündung mit Verdickung oder Verplumpung der Gelenkkontur, • Krepitation bei der Gelenkbewegung, • hinkendes Gangbild oder • Atrophie der Oberschenkelmuskulatur.
Im Falle des Klägers sind aufgrund der (gebotenen) Beschränkung des Antrags nur die Verhältnisse am linken Kniegelenk in den Blick zu nehmen. Insoweit liegen die Voraussetzungen für die Feststellung einer Gonarthrose in röntgenologischer Hinsicht im Vollbeweis am 20. September 2002 vor. In den damals gefertigten Röntgenaufnahmen wurde - nunmehr nochmals bestätigt durch den Sachverständigen Dr. W – eine Gonarthrose Grad 2-3 nach Kellgren festgestellt. Von chronischen Kniebeschwerden linksseitig kann man jedenfalls ab Januar 2004 (Befundbericht Dr. K vom 30. Januar 2004 an den Rentenversicherungsträger) ausgehen. Möglicherweise muss jedoch das klinische Merkmal der chronischen Kniebeschwerden schon bereits vor diesem Zeitpunkt angenommen werden, da Beschwerden (wenngleich mit eher skizzenhaften klinischen Befunden) seit den siebziger Jahren beschrieben wurden. Jedenfalls aber lässt sich eine relevante Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes erstmalig mit dem genannten Befundbericht von Dr. K vom 30. Januar 2004 auf 0/0/120° unter Beschreibung ständiger Knieschmerzen beidseits annehmen. Das Gericht geht daher in Übereinstimmung mit dem zuletzt gestellten Antrag des Klägers davon aus, dass ab diesem Zeitpunkt das Vollbild einer Gonarthrose im Sinne der BK 2112 vorlag. Damit liegt der Versicherungsfall der BK 2112 nach dem Stichtag des § 6 Abs. 1 Satz 1 BKV.
Ein vor diesem Stichtag liegender Krankheitsbeginn lässt sich nicht im Vollbeweis sichern, da es jedenfalls an den erforderlichen Bewegungseinschränkungen fehlt. Solche sind in den Behandlungsunterlagen aus den siebziger und achtziger Jahren nicht dokumentiert. Auch bei der Erstuntersuchung bei Dr. K am 20. September 2002 fand ausweislich des Berichts vom 24. März 2010 (Blatt 79/1 der Verwaltungsakte) eine klinische Untersuchung des linken Kniegelenks nicht statt. Das Gericht geht daher davon aus, dass sich die unter Nr. 8 des genannten Berichts mitgeteilten Bewegungsmaße für das linke Kniegelenk nur auf den Zeitpunkt der Abfassung des Berichts im März 2010 beziehen können. Dafür spricht auch, dass in dem von Dr. H ausgefüllten Vordruck für den erhobenen klinischen Befund ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Erstuntersuchung abgestellt wird, hinsichtlich der erhobenen Bewegungsmaße eine derartige zeitliche Eingrenzung jedoch nicht gefordert wird. Im Übrigen steht hiermit in Übereinstimmung, dass sich noch im Dezember 2002 bei der Erstuntersuchung im Uniklinikum L ein Bewegungsmaß links von 0/0/130 (und damit innerhalb eines physiologischen Normalbereichs) ergab. Auch ein halbes Jahr später vor der prothetischen Versorgung des rechten Kniegelenks wurde linksseitig bei der Aufnahme im Uniklinikum L eine Beweglichkeit von 0/0/130 festgestellt, die sich während der anschließenden Rehabilitation sogar auf 0/0/140° besserte. Eine relevante Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks lässt sich daher nicht vor dem Stichtag 30. September 2002 feststellen.
Auch die in der Stellungnahme des Ärztlichen Sachverständigenbeirates von 24. Oktober 2010 aufgeführten Ersatzkriterien, die an die Stelle einer eingeschränkten Streckung oder Beugung des Kniegelenkes treten können, liegen nicht vor. An keiner Stelle ist ein Kniegelenkserguss, eine Kapselentzündung mit Verdickung oder Verklumpung der Gelenkkontur, ein hinkendes Gangbild oder eine Atrophie der Oberschenkelmuskulatur dokumentiert. Soweit der Sachverständige Dr. W darauf abgestellt hat, dass angesichts des Ausprägungsgrades der Retropatellararthrose und der Arthrose rezidivierende Reizzustände und eine retropatellare Krepitation überaus wahrscheinlich gewesen seien, reicht das nicht aus, um derartige klinische Befunde und damit eine Erkrankung vor dem 30. September 2002 im Vollbeweis zu sichern. Soweit in den Behandlungsunterlagen aus den siebziger und achtziger Jahren teilweise (wenngleich mit nicht immer eindeutiger Seitenzuordnung) von Reibegeräuschen berichtet wurde, muss darauf hingewiesen werden, dass hier in zeitlicher Hinsicht keine Korrelation zu einer röntgenologisch gesicherten Gonarthrose vorliegt. Es reicht nach Auffassung der Kammer nicht aus, wenn mehr als 20 Jahre vor der röntgenologischen Sicherung einer Gonarthrose im Vollbeweis vereinzelt Reibegeräusche in den Kniegelenken dokumentiert worden sind. Hieraus lässt sich das Gesamtbild der zu fordernden Erkrankung, das sich aus dem gleichzeitigen Auftreten röntgenanatomischer Veränderungen und eines klinischen Befundes zusammensetzt, nicht sicher feststellen.
Auch die Überlegungen des Sachverständigen in seiner ergänzenden Stellungnahme zum zeitverzögerten Auftreten eines Krankheitsausbruchs vermochten das Gericht nicht zu überzeugen. Die diesbezüglichen Überlegungen sind sicherlich zutreffend für die Frage, inwieweit eine erst nach dem Ende der beruflichen Belastung auftretende Erkrankung noch der beruflichen Exposition zugeordnet werden kann. Dies ist allerdings eine Frage des Ursachenzusammenhangs, bei dem eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist. Für die Festlegung des Versicherungsfalls indes müssen röntgenanatomische Veränderungen und klinischer Befund im Vollbeweis gesichert sein. Dies ist nach Überzeugung der Kammer erstmalig am 30. Januar 2004 der Fall gewesen."
Gegen das der Beklagten am 04.09.2013 zugestellte Urteil richtet sich deren am 11.09.2013 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegte Berufung, die damit begründet wird, dass gemäß § 6 Abs. 1 BKV die Erkrankung des Versicherten als BK-Nr. 2112 BKV anzuerkennen ist, wenn der Versicherte am 01.07.2009 an einer Erkrankung nach BK-Nr. 2112 BKV leidet und wenn dieser Versicherungsfall nach dem 30.09.2002 eingetreten ist. Nach dem Röntgenbefund aus dem September 2002 sei eindeutig eine schwere Gonarthrose beidseitig nachgewiesen. Der Kläger habe selbst angegeben, seit dem 18.09.2002 nur mit Unterarmstützen laufen zu können. Insgesamt sei der Versicherungsfall eindeutig vor dem gesetzlich festgelegten Stichtag eingetreten.
Der Senat hat Behandlungsunterlagen von Dipl.-Med. P und Dr. H beigezogen und die Beteiligten mit Schreiben vom 10.06.2015 darauf hingewiesen, dass bezogen auf das rechte Kniegelenk eine Arthrose im Sinne der BK-Nr. 2112 BKV als vor dem 01.10.2002 nachgewiesen anzunehmen sein dürfte.
Die Beklagte hat eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme, erstellt durch Dr. B am 08.07.2015, zur Akte gereicht. Bezogen auf das linke Kniegelenk hat Dr. B ausgeführt, dass bereits vor dem Stichtag 30.09.2002 röntgenanatomisch eine entsprechende Arthrose nachgewiesen sei, außerdem seien lange vor dem Stichtag rezidivierende Beschwerden sowie arthrotische Reibegeräusche dokumentiert. Die bei der Gonarthrose links aufgetretenen rezidivierenden Episoden von Kniegelenksbeschwerden würden für das Vorhandensein rezidivierender Reizzustände mit mehr oder weniger ausgeprägten Ergussbildungen als Ursache dieser Beschwerden sprechen, auch wenn eine Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks bereits vor dem Stichtag in den Akten nicht dokumentiert sei. Bei identischer Exposition des rechten und linken Kniegelenks und dem Bestehen einer Gonarthrose im Sinne der BK-Nr. 2112 BKV im rechten Kniegelenk vor dem Stichtag sei davon auszugehen, dass die rezidivierenden Beschwerden und funktionellen Störungen im Sinne der BK-Nr. 2112 BKV bereits vor dem Stichtag beidseits vorgelegen haben. Die Stichtagsregelung greife hinsichtlich beider Kniegelenke.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 27.08.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat ausgeführt, dass der radiologische Befund im September 2002 für beide Kniegelenke nahezu identisch gewesen sei, jedenfalls sei kein Abweichen von mehr als einem Kellgren-Grad im Seitenvergleich feststellbar. Nicht zu fordern sei ein Auftreten von chronischen Kniegelenksbeschwerden und Funktionsstörungen an beiden Kniegelenken zum absolut identischen Zeitpunkt. Unstreitig habe sich die Gonarthrose des Klägers am rechten Kniegelenk früher bemerkbar gemacht und sich schneller entwickelt als am linken Kniegelenk. Nicht ersichtlich sei, weshalb das Vorliegen einer Arthrose im Sinne der BK-Nr. 2112 BKV in einem Kniegelenk kurz vor dem Stichtag die Anerkennung dieser BK für das andere Kniegelenk ausschließen sollte. Es handele sich nicht um den Fall einer lediglich einseitigen Gonarthrose, sondern um die beidseitige Gonarthrose, die sich lediglich im Hinblick auf das zeitliche Auftreten von Beschwerden und Funktionsstörungen leicht unterschiedlich entwickelt habe. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb eine nach dem Stichtag aufgetretene BK in einem Kniegelenk nur deshalb nicht anerkannt werden soll, weil am anderen Kniegelenk kurz vor dem Stichtag die Gonarthrose im Sinne der BK festgestellt worden sei. Es sei eine einseitige Anwendung der Stichtagsregelung ausschließlich zu Lasten der Versicherten.
Dem Senat liegen die Gerichtsakte beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die form- sowie fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 11.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.08.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das entgegenstehende Urteil des SG war aufzuheben.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG - vgl. Urteile vom 07.09.2004, Az.: B 2 U 35/03 R und B 2 U 45/03 R - juris) ist das klägerische, auf Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit gerichtete Begehren als Feststellungsklage i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - auszulegen. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an dieser Feststellung besteht, weil es die Vorfrage für die Entscheidung der Beklagten über die zu gewährenden Leistungen darstellt. Eine Entscheidung hierüber war dem Senat verwehrt, weil die Beklagte über einzelne in Betracht kommende Leistungen noch keine Entscheidung getroffen hat (BSG, a.a.O.).
Gemäß der Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil findet sich die rechtliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch in § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach Berufskrankheiten Krankheiten sind, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Rechtsverordnung ist die Berufskrankheitenverordnung (BKV); nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV (in der Fassung vom 22.12.2014) ist eine BK-Nr. 2112, an der Versicherte am 1. Juli 2009 leiden, nur dann als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. September 2002 eingetreten ist.
Diese sogenannte Stichtagsregelung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV (in der Fassung vom 22.12.2014) stellt damit auf den Eintritt des Versicherungsfalls ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Begriff des Versicherungsfalls nicht in seiner gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII gesetzlichen Bedeutung, sondern untechnisch und gleichbedeutend mit "Erkrankung" zu verwenden ist, weil der Versicherungsfall einer BK erst dann eintreten kann, wenn die BK durch ihre in Kraft gesetzte Aufnahme in die Anlage zur BKV überhaupt rechtlich existent ist. Unter dem "Versicherungsfall" i. S. des § 6 Abs. 2 BKV n. F. ist also der "Erkrankungsfall" zu verstehen (BSG, Urteil vom 17.05.2011, Az. B 2 U 19/10 R – juris). Für den Senat ist eine Erkrankung i.S. der BK-Nr. 2112 BKV dadurch gekennzeichnet, dass diese grundsätzlich beiderseits auftritt. Dies ergibt sich daraus, dass bei beidseitigem Knien mit seitengleicher bzw. seitenähnlicher Kniebelastung die Gonarthose in der Regel beidseitig auftritt (vgl. Merkblatt zur BK-Nr. 2112, Bekanntmachung des BMAS vom 30.12.2009, GMBl. 2010, 98, abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, BKV, M 2112, S. 6, ferner Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., Anmerkung Nr. 5, S. 15 f.; Schiltenwolf u.a., Berufskrankheit Gonarthrose, S. 205). Nur in Ausnahmefällen kommt eine einseitige Kniegelenkserkrankung in Betracht (vgl. SG Dortmund, Urteil vom 22.05.2015, Az. S 18 U 113/10 – juris). Sind die als BK geltend gemachten gleichartigen Gesundheitsschäden an verschiedenen Organen auf dieselbe gefährdende Tätigkeit zurückzuführen, so handelt es sich um eine einheitliche Berufskrankheit (vgl. BSG, Urteil vom 24.08.1978, Az. 5 RKnU 6/77 – juris). Jedenfalls für den Fall, dass eine einheitliche berufliche Belastung (Exposition), die sich gleichermaßen auf mehrere Zielorgane auswirkt, zu einem Erkrankungsbeginn an einem Zielorgan vor dem Stichtag geführt hat, ist die Annahme eines "Versicherungsfalls" i.S.v. § 6 BKV nach dem genannten Stichtag ausgeschlossen. Für diese Auffassung spricht auch, dass bei Anerkennung einer BK-Nr. 2112 BKV aufgrund zunächst einseitig bestehender klinischer und röntgenologischer Symptomatik und späterem Hinzutreten einer klinischen und röntgenologischen Symptomatik im anderen Kniegelenk auch keine weitere BK anzuerkennen (und in deren Folge ggf. eine weitere Verletztenrente zu gewähren) sein würde, lediglich bezogen auf den bereits anerkannten Versicherungsfall der BK wäre im Sinne einer wesentlichen Änderung nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eine weitere Folge des Versicherungsfalls aufzunehmen (und ggf. die gewährte Verletztenrente zu erhöhen). Auch bei der BK-Nr. 2103 BKV (Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen) ist nicht jede Gelenkveränderung in den Zielgelenken einzeln als BK festzustellen, sondern alle durch die beruflichen Einwirkungen verursachten Veränderungen sind als Folgen dieser BK zu sehen. Die entgegenstehende Ansicht des SG München (Urteil vom 23.09.2015, Az. S 33 U 572/12 – juris) trägt nicht, da gerade wegen der komplexen Zusammenhänge zwischen beruflicher (identischer) Exposition und Krankheit sowie der Notwendigkeit, die Erkrankungen an beiden Gelenken zu vergleichen (vgl. Schiltenwolf, a.a.O.), für die vor dem Stichtag liegenden Erkrankungsfälle im Hinblick auf die Aufklärung des Sachverhalts und die Ursachenfeststellung eine praktikable Anwendung fraglich ist und daher die Anwendung der Stichtagsregelung gerade auch auf Fälle der vorliegenden Art gerechtfertigt ist.
Nur im Ausnahmefall bei entsprechender Begründung anhand der (weiteren) Exposition ist das Vorliegen einer weiteren (gleichen) BK zu rechtfertigen (BSG, a.a.O.), etwa wenn nach dem Eintritt der Erkrankung an einem Zielorgan noch zusätzliche berufliche Einwirkungen im Sinne der entsprechenden BK erfolgten und im weiteren Verlauf an einem anderen Zielorgan eine entsprechende Erkrankung aufgetreten wäre (weitere Erkrankung nach weiterer versicherter Exposition, die [zufällig] der gleichen BK-Nummer unterfällt).
Vorliegend ist der Erkrankungsfall der BK-Nr. 2112 BKV vor dem 01.10.2002 eingetreten und nicht als BK anzuerkennen. Der Kläger war hinsichtlich seiner Kniegelenke im Sinne der BK-Nr. 2112 BKV bis Anfang September 2002 entsprechenden beruflichen Einwirkungen ausgesetzt, wie sich aus den Ausführungen der Abteilung Prävention der Beklagten vom 02.09.2010 ergibt. Eine spätere Exposition hinsichtlich der Kniegelenke erfolgte nicht mehr. Die von der BK-Nr. 2112 BKV erfasste Gonarthrose trat bereits bis zum 30.09.2002 auf. Dies ergibt sich aus den Gutachten von Dr. C /MR Doz. Dr. M und Dr. W. Übereinstimmend wird bezogen auf das rechte Kniegelenk sowohl in röntgenologischer Hinsicht als auch in klinischer Hinsicht das Bestehen dieser BK bejaht, der Senat hat keine Zweifel an diesen Bewertungen, auch die Beteiligten gehen übereinstimmend von einem entsprechenden Erkrankungsbeginn im Sinne der BK-Nr. 2112 BKV bis zum 30.09.2002 aus.
Dieser Erkrankungsbeginn wirkt auch auf das linke Knie. Eine Differenzierung zwischen linkem und rechtem Kniegelenk ist nach Auffassung des Senats nicht sachgerecht, da die Beurteilung der BK-Nr. 2112 BKV grundsätzlich für beide Kniegelenke zu erfolgen hat und Ansatzpunkte für eine gesonderte Beurteilung (insbesondere eine seitendifferente Belastung) sich weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus den Expositionsbewertungen der Beklagten ergeben. Die Kniegelenkserkrankung links führt der Kläger ebenso wie die Erkrankung des rechten Kniegelenks auf die bis September 2002 erfolgte Exposition zurück.
Zwar geht der Senat – wie das SG im angefochtenen Urteil – davon aus, dass bezogen auf das linke Kniegelenk eine klinische Symptomatik entsprechend der Voraussetzungen der BK-Nr. 2112 BKV nicht vor dem 01.10.2002 nachzuweisen ist, da nach den beigezogenen ärztlichen Dokumenten zeitnah zum röntgenologischen Nachweis einer entsprechenden Arthrose im September 2002 keine funktionellen Beeinträchtigungen in Form von chronischen Kniegelenksbeschwerden oder Funktionsstörungen aktenkundig sind. Darauf kommt es aber wegen des vorherigen Auftretens von klinischer Symptomatik und radiologischem Arthrosenachweis im rechten Kniegelenk nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Petschel Strahn Guericke
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BK-Nr. 2112 BKV) bezogen auf das linke Kniegelenk des Klägers.
Der am 1947 geborene Kläger beantragte mit Schreiben vom 10.02.2010 bei der Beklagten die Feststellung einer Berufskrankheit und wies auf ein bereits 2002/2003 durchgeführtes Verfahren (BK-Nr. 2102 BKV) hin. Im Jahr 2003 habe er eine Kniegelenkprothese rechts bekommen. Nun müsse auch das linke Knie operiert werden, da er auf beiden Seiten eine schwere medial betonte Gonarthrose habe. Zur Akte reichte der Kläger einen Befundbericht der Fachärztin für Orthopädie Dr. H aus dem Jahr 2004, einen MRT-Befund bezogen auf das linke Kniegelenk vom 20.10.2005 (Beurteilung: Meniskusläsion medial, wobei hier bereits eine Grad III-Läsion imponiert; Verdacht auf vordere Kreuzbandläsion mit konsekutivem Knochenödem auf Seiten des Femur, jedoch ohne komplett knöchernen Ausriss; Knorpelläsion im Kniegelenkspalt IIIa sowie retropatellar Grad IV; freier Gelenkkörper im dorsomedialen Kniegelenkspalt; mäßige Ergussbildung) und Röntgenbefunde für beide Kniegelenke vom 20.09.2002 bzw. 10.02.2004.
Die Beklagte zog Unterlagen aus dem Verwaltungsverfahren zur BK-Nr. 2102 bei, u. a. eine ärztliche BK-Anzeige von Dr. H vom 06.06.2003 unter Hinweis auf seit September 2002 wegen starker Knieschmerzen durchgeführter Behandlung sowie eine Epikrise des Universitätsklinikums L , Orthopädische Klinik und Poliklinik, vom 06.12.2002 (Diagnose: Gonarthrose rechts; Anamnese: Seit mehreren Monaten bestehen Beschwerden sowie eine erheblich eingeschränkte Beweglichkeit im rechten Kniegelenk).
Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte zur BK-Nr. 2102 waren auch Unterlagen des Gesundheitsamtes L , u. a. mit folgenden Angaben: Arthrosis beider Kniegelenke nach Untersuchung vom 17.05.1983; Hinweis auf einen Sportunfall (Fußball) mit einem geringen arthrotischen Krepitieren der Kniegelenke am 17.06.1976; Feststellung von Reibegeräuschen in beiden Kniegelenken, zurzeit keine Beschwerden am 16.07.1980; Dokumentation gelegentlicher Beschwerden in beiden Kniegelenken ab 1981.
Im Fragebogen vom 14.03.2010 gab der Kläger gegenüber der Beklagten an, schon länger Kniebeschwerden gehabt zu haben, im Zeitraum 2000/2001 seien sie so aufgetreten, dass er sich Einreibungen und Tabletten habe verschreiben lassen, seiner Arbeit sei er weiter nachgegangen. Seit 17.09.2002 seien die Schmerzen verstärkt vorhanden, was dann zur Operation des rechten Kniegelenks geführt habe, vor der Operation habe er Physiotherapie zur Stärkung der rechts und links fehlenden Muskulatur bekommen. Seit 18.09.2002 habe er nur mit Unterarmstützen laufen können.
Am 24.03.2010 erstattete Dr. H eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit, der Kläger befinde sich seit September 2002 wegen schwerer Gonarthrose beiderseits in ihrer Behandlung. Im September 2002 sei das rechte Kniegelenk wegen plötzlicher akuter Knieschmerzen mit Einschränkung der Beweglichkeit untersucht und behandelt worden, das linke Kniegelenk sei klinisch nicht untersucht worden, da akute Schmerzen zu diesem Zeitpunkt rechts bestanden hätten. Röntgenologisch wurde für den 20.09.2002 befundet: Schwere medial betonte Gonarthrose rechts stärker als links, erhebliche retropatellare degenerative Veränderungen rechts stärker als links, Verdacht auf multiple freie Körper im rechten Kniegelenk. Der ärztlichen Anzeige von Dr. H waren weitere Behandlungsunterlagen der Folgejahre beigefügt.
Am 28.06.2010 nahm Dr. C beratungsärztlich für die Beklagte dahingehend Stellung, dass eine primäre Meniskuserkrankung nicht nachgewiesen sei, die Implantation einer Knie-TEP rechts am 05.06.2003 sei wegen einer fortgeschrittenen Varusgonarthrose erfolgt. Das Schadensbild sei von seiner Lokalisation nicht belastungstypisch im Sinne einer BK-Nr. 2102 BKV. Es liege eine primäre Gonarthrose rechts vor. Ob am Kniegelenk links eine primäre oder sekundäre Gonarthrose vorliege, lasse sich dem Akteninhalt folgend nicht beurteilen, bei vorderer Kreuzbandläsion links könne es sich auch um eine sekundäre Gonarthrose handeln, insofern seien weitere Ermittlungen erforderlich.
Am 02.09.2010 nahm die Abteilung Prävention der Beklagten zur Arbeitsplatzexposition hinsichtlich der BK-Nr. 2112 BKV Stellung. Bis zum 09.09.2002 habe die Kniebelastung 14.814 Stunden betragen, eine kumulative Kniebelastungsdauer von 13.000 Stunden sei im Jahr 1998 erreicht worden.
Für die Beklagte erstatteten am 22.10.2010 MR Doz. Dr. M und Dr. C ein fachchirurgisches Gutachten. Im Ergebnis der Begutachtung bescheinigten sie das Vorliegen einer Gonarthrose im Bereich beider Kniegelenke. Am Kniegelenk links sei eine Gonarthrose Grad III mit Beuge- und Streckdefizit gesichert, am Kniegelenk rechts sei eine Knieendoprothese wegen Gonarthrose rechts bereits im Jahr 2003 implantiert worden. Im Bereich des linken Kniegelenks liege eine Gonarthrose Grad III nach Kellgren vor. Es bestehe aber keine plausible zeitliche Korrelation zwischen den beruflichen Belastungen und der Krankheitsentwicklung, nachweislich lägen bei dem Kläger starke arthrotische Reibegeräusche an beiden Kniegelenken seit 1979 vor, der Kläger sei Fußballer gewesen und habe bezüglich seiner Sporttauglichkeit untersucht werden müssen. Das Unterlassen der Tätigkeit seit 2002 habe nicht zu einer Besserung der subjektiven Beschwerden an beiden Kniegelenken geführt. Eine beruflich verursachte Gonarthrose sei nicht wahrscheinlich.
Gewerbeärztlich nahm Dr. G am 12.11.2010 dahingehend Stellung, dass zwar die expositionellen Voraussetzungen gegeben seien, jedoch sei der Kläger seit dem 19.09.2002 arbeitsunfähig bei schwerer Gonarthrose rechts mehr als links. Nach der sogenannten Rückwirkungsklausel/Stichtagsregelung zum 30.09.2002 sei eine Anerkennung nicht möglich.
Mit Bescheid vom 11.01.2011 lehnte die Beklagte Leistungen nach § 9 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. der Berufskrankheitenverordnung (BKV) ab. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BKV sei eine Gonarthrose der Kniegelenke nur dann als BK anzuerkennen, wenn bestimmte medizinische und arbeitstechnische Voraussetzungen gegeben seien und wenn der Versicherungsfall nach dem 30.09.2002 eingetreten sei. Die Ablehnung der Kniebeschwerden als BK-Nr. 2112 BKV erfolge deswegen, weil die ersten Beschwerden an den Kniegelenken bereits seit 1971 nachgewiesen seien, seit 1979 seien arthrotische Reibegeräusche dokumentiert. Bei fehlender plausibler zeitlicher Korrelation zwischen beruflicher Belastung und Beginn der Krankheitsentwicklung an den Kniegelenken, fehlender Besserung der subjektiven Beschwerden nach Unterlassung der kniebelastenden Tätigkeit und unter Berücksichtigung der Kniebelastung als Fußballer habe der Nachweis einer beruflich verursachten Gonarthrose nicht erbracht werden können.
Diesen Bescheid griff der Kläger mit seinem Widerspruch vom 27.01.2011 an. Der Kläger sei seit 1964 im Baukombinat L beschäftigt gewesen, erstmals seien Kniebeschwerden sechseinhalb Jahre nach Aufnahme der kniebelastenden Tätigkeit erwähnt worden, daher bestehe ein plausibler zeitlicher Zusammenhang. Zudem sei zu beachten, dass die endgültige Diagnose der Gonarthrose erst im Jahr 2002 erfolgt sei. Dem Gutachten von Dr. C sei nicht zu folgen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung hielt die Beklagte an ihrer bisherigen Auffassung fest und führte zudem aus, dass bereits aufgrund der Stichtagsregelung die Gonarthrose nicht als BK-Nr. 2112 BKV anerkannt werden könne.
Hiergegen hat der Kläger am 01.09.2011 Klage zum Sozialgericht Leipzig (SG) eingelegt und ausgeführt, dass die von der Beklagten vorgenommenen Wertungen auf der Grundlage des durch Dr. C erstellten Gutachtens unzutreffend seien.
Im Klageverfahren hat die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme von Prof. Dr. K vom 18.12.2011 vorgelegt. Am 20.09.2002 habe röntgenologisch und klinisch eine ausgeprägte Gonarthrose an beiden Kniegelenken, starkgradiger am rechten Kniegelenk, objektiv nachgewiesen werden können, also vor dem Stichtag 30.09.2002. Vor dem 20.09.2002 habe eine primäre Gonarthrose im Sinne einer BK-Nr. 2112 BKV beider Kniegelenke vorgelegen. Empfohlen wurde die Beiziehung der Behandlungsunterlagen für die Behandlungen in den Jahren 2000 und 2001.
Das SG hat einen Befundbericht von Dipl.-Med. P , Orthopädie, eingeholt, die eine Behandlung im Jahr 2000 wegen Beschwerden in der Lendenwirbelsäule mitteilte.
Auf Veranlassung des SG hat am 18.06.2012 Dr. W ein orthopädisches Sachverständigengutachten erstattet. Im Ergebnis seiner Begutachtung diagnostiziert er bezogen auf das linke Kniegelenk eine Retropatellararthrose Grad III bis IV und Gonarthrose Grad II bis III nach Kellgren - Nachweis ab 20.09.2002, Implantation einer Knie-TEP links am 28.02.2011 und bezogen auf das rechte Kniegelenk eine Retropatellararthrose Grad III bis IV und lateral betonte Gonarthrose Grad III nach Kellgren rechtes Kniegelenk – Nachweis ab 20.09.2002. Zwar würden die Indizien eher für einen Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der beiderseitigen Gonarthrose sprechen, wesentliche konkurrierende Ursachen seien nicht ermittelbar gewesen und die Arthrose sei altersvoranschreitend beiderseits gewesen. Jedoch sei die Erkrankung vor dem Stichtag 30.09.2002 eingetreten. Die Erkrankung sei zehn Tage zuvor mit den Röntgenbildern vom 20.09.2002 im Vollbeweis gesichert worden. Bei Eingreifen der Stichtagsregelung könne die Arthrose beiderseits beim Versicherten trotz sonst erfüllter Umstände nicht als BK anerkannt werden.
Der Kläger hat hierzu ausgeführt, dass die Behandlungsunterlagen aus dem Jahr 2002 keine Beschwerden des linken Kniegelenks dokumentieren würden, dieses sei zu diesem Zeitpunkt innerhalb des Normbereichs beweglich gewesen. Erst seit Beginn des Jahres 2004 und damit deutlich nach dem Stichtag 30.09.2002 seien chronische Kniegelenksbeschwerden und Funktionsstörungen des linken Kniegelenks als Voraussetzung für die Anerkennung der Gonarthrose als BK belegt, die Gonarthrose des linken Kniegelenks sei als BK anzuerkennen.
Dr. W hat am 08.04.2013 ergänzend zu seinem Gutachten Stellung genommen und ausgeführt, dass für das rechte Kniegelenk im September 2002 die klinischen Krankheitszeichen voll erfüllt gewesen seien, so dass bezogen auf dieses Kniegelenk eine klinische Erkrankung vor dem Stichtag zu bekräftigen sei. Bezogen auf das linke Kniegelenk seien bei röntgenologisch nachgewiesener Retropatellararthrose Grad III bis IV und Gonarthrose Grad II bis III nach Kellgren rezidivierende Reizzustände und eine retropatellare Krepitation überaus wahrscheinlich. Wegen der Einzelheiten dieser Stellungnahme wird auf Bl. 83 bis 88 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Urteil vom 27.08.2013 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 11.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.08.2011 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seit dem 30.01.2004 an einer BK nach Nr. 2112 BKV am linken Kniegelenk leidet. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: "BKen sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach Nr. 2112 der Anlage zur BKV gehört zu den BKen auch eine Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht. Wie bei jeder BK müssen für die Bejahung der tatbestandlichen Voraussetzungen zum einen in der Person des Versicherten die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen im Vollbeweis dargetan sein, d.h. es muss erwiesen sein, dass der Versicherte im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK ausgesetzt gewesen ist, die nach Ausmaß und Intensität geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Zum anderen muss die umschriebene Listenkrankheit, d.h. vorliegend eine Gonarthrose, nachgewiesen sein. Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen den versicherten schädigenden Einwirkungen und der Listenerkrankung gilt die auch sonst im Unfallversicherungsrecht geltende Lehre von der wesentlichen Bedingung (vgl. etwa BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86, BSGE 61, 127, 129), wonach grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs ausreicht. Nach § 6 Absatz 1 Satz 1 BKV ist eine BK 2112, an der Versicherte am 1. Juli 2009 leiden, nur dann als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. September 2002 eingetreten ist.
Der Kläger war nach den Feststellungen der Präventionsabteilung der Beklagten in hinreichendem Umfang exponiert im Sinne der BK 2112.
Er leidet auch an einer Gonarthrose. Die Diagnose einer solchen hat folgende Voraussetzungen (vgl. ärztliches Merkblatt, Bekanntmachung des BMAS vom 30. Dezember 2009, GMBl. 2010, 98): Chronische Kniegelenksbeschwerden, Funktionsstörung bei der orthopädischen Untersuchung in Form einer eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk und röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend Grad II bis IV der Klassifikation von Kellgren. Ergänzend hierzu hat der Ärztlichen Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales in seiner Wissenschaftlichen Stellungnahme zur BK 2112 (Bekanntmachung des BMAS vom 24. Oktober 2011, GMBl 49/2011, S. 983) festgestellt, dass neben der eingeschränkten Streckung oder Beugung im Kniegelenk auch bei folgenden Funktionsstörungen eine Gonarthrose mit dem erforderlichen Schweregrad im Sinne der Berufskrankheit Nr. 2112 vorliegt: • Kniegelenkserguss, • Kapselentzündung mit Verdickung oder Verplumpung der Gelenkkontur, • Krepitation bei der Gelenkbewegung, • hinkendes Gangbild oder • Atrophie der Oberschenkelmuskulatur.
Im Falle des Klägers sind aufgrund der (gebotenen) Beschränkung des Antrags nur die Verhältnisse am linken Kniegelenk in den Blick zu nehmen. Insoweit liegen die Voraussetzungen für die Feststellung einer Gonarthrose in röntgenologischer Hinsicht im Vollbeweis am 20. September 2002 vor. In den damals gefertigten Röntgenaufnahmen wurde - nunmehr nochmals bestätigt durch den Sachverständigen Dr. W – eine Gonarthrose Grad 2-3 nach Kellgren festgestellt. Von chronischen Kniebeschwerden linksseitig kann man jedenfalls ab Januar 2004 (Befundbericht Dr. K vom 30. Januar 2004 an den Rentenversicherungsträger) ausgehen. Möglicherweise muss jedoch das klinische Merkmal der chronischen Kniebeschwerden schon bereits vor diesem Zeitpunkt angenommen werden, da Beschwerden (wenngleich mit eher skizzenhaften klinischen Befunden) seit den siebziger Jahren beschrieben wurden. Jedenfalls aber lässt sich eine relevante Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes erstmalig mit dem genannten Befundbericht von Dr. K vom 30. Januar 2004 auf 0/0/120° unter Beschreibung ständiger Knieschmerzen beidseits annehmen. Das Gericht geht daher in Übereinstimmung mit dem zuletzt gestellten Antrag des Klägers davon aus, dass ab diesem Zeitpunkt das Vollbild einer Gonarthrose im Sinne der BK 2112 vorlag. Damit liegt der Versicherungsfall der BK 2112 nach dem Stichtag des § 6 Abs. 1 Satz 1 BKV.
Ein vor diesem Stichtag liegender Krankheitsbeginn lässt sich nicht im Vollbeweis sichern, da es jedenfalls an den erforderlichen Bewegungseinschränkungen fehlt. Solche sind in den Behandlungsunterlagen aus den siebziger und achtziger Jahren nicht dokumentiert. Auch bei der Erstuntersuchung bei Dr. K am 20. September 2002 fand ausweislich des Berichts vom 24. März 2010 (Blatt 79/1 der Verwaltungsakte) eine klinische Untersuchung des linken Kniegelenks nicht statt. Das Gericht geht daher davon aus, dass sich die unter Nr. 8 des genannten Berichts mitgeteilten Bewegungsmaße für das linke Kniegelenk nur auf den Zeitpunkt der Abfassung des Berichts im März 2010 beziehen können. Dafür spricht auch, dass in dem von Dr. H ausgefüllten Vordruck für den erhobenen klinischen Befund ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Erstuntersuchung abgestellt wird, hinsichtlich der erhobenen Bewegungsmaße eine derartige zeitliche Eingrenzung jedoch nicht gefordert wird. Im Übrigen steht hiermit in Übereinstimmung, dass sich noch im Dezember 2002 bei der Erstuntersuchung im Uniklinikum L ein Bewegungsmaß links von 0/0/130 (und damit innerhalb eines physiologischen Normalbereichs) ergab. Auch ein halbes Jahr später vor der prothetischen Versorgung des rechten Kniegelenks wurde linksseitig bei der Aufnahme im Uniklinikum L eine Beweglichkeit von 0/0/130 festgestellt, die sich während der anschließenden Rehabilitation sogar auf 0/0/140° besserte. Eine relevante Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks lässt sich daher nicht vor dem Stichtag 30. September 2002 feststellen.
Auch die in der Stellungnahme des Ärztlichen Sachverständigenbeirates von 24. Oktober 2010 aufgeführten Ersatzkriterien, die an die Stelle einer eingeschränkten Streckung oder Beugung des Kniegelenkes treten können, liegen nicht vor. An keiner Stelle ist ein Kniegelenkserguss, eine Kapselentzündung mit Verdickung oder Verklumpung der Gelenkkontur, ein hinkendes Gangbild oder eine Atrophie der Oberschenkelmuskulatur dokumentiert. Soweit der Sachverständige Dr. W darauf abgestellt hat, dass angesichts des Ausprägungsgrades der Retropatellararthrose und der Arthrose rezidivierende Reizzustände und eine retropatellare Krepitation überaus wahrscheinlich gewesen seien, reicht das nicht aus, um derartige klinische Befunde und damit eine Erkrankung vor dem 30. September 2002 im Vollbeweis zu sichern. Soweit in den Behandlungsunterlagen aus den siebziger und achtziger Jahren teilweise (wenngleich mit nicht immer eindeutiger Seitenzuordnung) von Reibegeräuschen berichtet wurde, muss darauf hingewiesen werden, dass hier in zeitlicher Hinsicht keine Korrelation zu einer röntgenologisch gesicherten Gonarthrose vorliegt. Es reicht nach Auffassung der Kammer nicht aus, wenn mehr als 20 Jahre vor der röntgenologischen Sicherung einer Gonarthrose im Vollbeweis vereinzelt Reibegeräusche in den Kniegelenken dokumentiert worden sind. Hieraus lässt sich das Gesamtbild der zu fordernden Erkrankung, das sich aus dem gleichzeitigen Auftreten röntgenanatomischer Veränderungen und eines klinischen Befundes zusammensetzt, nicht sicher feststellen.
Auch die Überlegungen des Sachverständigen in seiner ergänzenden Stellungnahme zum zeitverzögerten Auftreten eines Krankheitsausbruchs vermochten das Gericht nicht zu überzeugen. Die diesbezüglichen Überlegungen sind sicherlich zutreffend für die Frage, inwieweit eine erst nach dem Ende der beruflichen Belastung auftretende Erkrankung noch der beruflichen Exposition zugeordnet werden kann. Dies ist allerdings eine Frage des Ursachenzusammenhangs, bei dem eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist. Für die Festlegung des Versicherungsfalls indes müssen röntgenanatomische Veränderungen und klinischer Befund im Vollbeweis gesichert sein. Dies ist nach Überzeugung der Kammer erstmalig am 30. Januar 2004 der Fall gewesen."
Gegen das der Beklagten am 04.09.2013 zugestellte Urteil richtet sich deren am 11.09.2013 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegte Berufung, die damit begründet wird, dass gemäß § 6 Abs. 1 BKV die Erkrankung des Versicherten als BK-Nr. 2112 BKV anzuerkennen ist, wenn der Versicherte am 01.07.2009 an einer Erkrankung nach BK-Nr. 2112 BKV leidet und wenn dieser Versicherungsfall nach dem 30.09.2002 eingetreten ist. Nach dem Röntgenbefund aus dem September 2002 sei eindeutig eine schwere Gonarthrose beidseitig nachgewiesen. Der Kläger habe selbst angegeben, seit dem 18.09.2002 nur mit Unterarmstützen laufen zu können. Insgesamt sei der Versicherungsfall eindeutig vor dem gesetzlich festgelegten Stichtag eingetreten.
Der Senat hat Behandlungsunterlagen von Dipl.-Med. P und Dr. H beigezogen und die Beteiligten mit Schreiben vom 10.06.2015 darauf hingewiesen, dass bezogen auf das rechte Kniegelenk eine Arthrose im Sinne der BK-Nr. 2112 BKV als vor dem 01.10.2002 nachgewiesen anzunehmen sein dürfte.
Die Beklagte hat eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme, erstellt durch Dr. B am 08.07.2015, zur Akte gereicht. Bezogen auf das linke Kniegelenk hat Dr. B ausgeführt, dass bereits vor dem Stichtag 30.09.2002 röntgenanatomisch eine entsprechende Arthrose nachgewiesen sei, außerdem seien lange vor dem Stichtag rezidivierende Beschwerden sowie arthrotische Reibegeräusche dokumentiert. Die bei der Gonarthrose links aufgetretenen rezidivierenden Episoden von Kniegelenksbeschwerden würden für das Vorhandensein rezidivierender Reizzustände mit mehr oder weniger ausgeprägten Ergussbildungen als Ursache dieser Beschwerden sprechen, auch wenn eine Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks bereits vor dem Stichtag in den Akten nicht dokumentiert sei. Bei identischer Exposition des rechten und linken Kniegelenks und dem Bestehen einer Gonarthrose im Sinne der BK-Nr. 2112 BKV im rechten Kniegelenk vor dem Stichtag sei davon auszugehen, dass die rezidivierenden Beschwerden und funktionellen Störungen im Sinne der BK-Nr. 2112 BKV bereits vor dem Stichtag beidseits vorgelegen haben. Die Stichtagsregelung greife hinsichtlich beider Kniegelenke.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 27.08.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat ausgeführt, dass der radiologische Befund im September 2002 für beide Kniegelenke nahezu identisch gewesen sei, jedenfalls sei kein Abweichen von mehr als einem Kellgren-Grad im Seitenvergleich feststellbar. Nicht zu fordern sei ein Auftreten von chronischen Kniegelenksbeschwerden und Funktionsstörungen an beiden Kniegelenken zum absolut identischen Zeitpunkt. Unstreitig habe sich die Gonarthrose des Klägers am rechten Kniegelenk früher bemerkbar gemacht und sich schneller entwickelt als am linken Kniegelenk. Nicht ersichtlich sei, weshalb das Vorliegen einer Arthrose im Sinne der BK-Nr. 2112 BKV in einem Kniegelenk kurz vor dem Stichtag die Anerkennung dieser BK für das andere Kniegelenk ausschließen sollte. Es handele sich nicht um den Fall einer lediglich einseitigen Gonarthrose, sondern um die beidseitige Gonarthrose, die sich lediglich im Hinblick auf das zeitliche Auftreten von Beschwerden und Funktionsstörungen leicht unterschiedlich entwickelt habe. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb eine nach dem Stichtag aufgetretene BK in einem Kniegelenk nur deshalb nicht anerkannt werden soll, weil am anderen Kniegelenk kurz vor dem Stichtag die Gonarthrose im Sinne der BK festgestellt worden sei. Es sei eine einseitige Anwendung der Stichtagsregelung ausschließlich zu Lasten der Versicherten.
Dem Senat liegen die Gerichtsakte beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die form- sowie fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 11.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.08.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das entgegenstehende Urteil des SG war aufzuheben.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG - vgl. Urteile vom 07.09.2004, Az.: B 2 U 35/03 R und B 2 U 45/03 R - juris) ist das klägerische, auf Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit gerichtete Begehren als Feststellungsklage i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - auszulegen. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an dieser Feststellung besteht, weil es die Vorfrage für die Entscheidung der Beklagten über die zu gewährenden Leistungen darstellt. Eine Entscheidung hierüber war dem Senat verwehrt, weil die Beklagte über einzelne in Betracht kommende Leistungen noch keine Entscheidung getroffen hat (BSG, a.a.O.).
Gemäß der Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil findet sich die rechtliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch in § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach Berufskrankheiten Krankheiten sind, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Rechtsverordnung ist die Berufskrankheitenverordnung (BKV); nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV (in der Fassung vom 22.12.2014) ist eine BK-Nr. 2112, an der Versicherte am 1. Juli 2009 leiden, nur dann als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30. September 2002 eingetreten ist.
Diese sogenannte Stichtagsregelung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV (in der Fassung vom 22.12.2014) stellt damit auf den Eintritt des Versicherungsfalls ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Begriff des Versicherungsfalls nicht in seiner gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII gesetzlichen Bedeutung, sondern untechnisch und gleichbedeutend mit "Erkrankung" zu verwenden ist, weil der Versicherungsfall einer BK erst dann eintreten kann, wenn die BK durch ihre in Kraft gesetzte Aufnahme in die Anlage zur BKV überhaupt rechtlich existent ist. Unter dem "Versicherungsfall" i. S. des § 6 Abs. 2 BKV n. F. ist also der "Erkrankungsfall" zu verstehen (BSG, Urteil vom 17.05.2011, Az. B 2 U 19/10 R – juris). Für den Senat ist eine Erkrankung i.S. der BK-Nr. 2112 BKV dadurch gekennzeichnet, dass diese grundsätzlich beiderseits auftritt. Dies ergibt sich daraus, dass bei beidseitigem Knien mit seitengleicher bzw. seitenähnlicher Kniebelastung die Gonarthose in der Regel beidseitig auftritt (vgl. Merkblatt zur BK-Nr. 2112, Bekanntmachung des BMAS vom 30.12.2009, GMBl. 2010, 98, abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, BKV, M 2112, S. 6, ferner Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., Anmerkung Nr. 5, S. 15 f.; Schiltenwolf u.a., Berufskrankheit Gonarthrose, S. 205). Nur in Ausnahmefällen kommt eine einseitige Kniegelenkserkrankung in Betracht (vgl. SG Dortmund, Urteil vom 22.05.2015, Az. S 18 U 113/10 – juris). Sind die als BK geltend gemachten gleichartigen Gesundheitsschäden an verschiedenen Organen auf dieselbe gefährdende Tätigkeit zurückzuführen, so handelt es sich um eine einheitliche Berufskrankheit (vgl. BSG, Urteil vom 24.08.1978, Az. 5 RKnU 6/77 – juris). Jedenfalls für den Fall, dass eine einheitliche berufliche Belastung (Exposition), die sich gleichermaßen auf mehrere Zielorgane auswirkt, zu einem Erkrankungsbeginn an einem Zielorgan vor dem Stichtag geführt hat, ist die Annahme eines "Versicherungsfalls" i.S.v. § 6 BKV nach dem genannten Stichtag ausgeschlossen. Für diese Auffassung spricht auch, dass bei Anerkennung einer BK-Nr. 2112 BKV aufgrund zunächst einseitig bestehender klinischer und röntgenologischer Symptomatik und späterem Hinzutreten einer klinischen und röntgenologischen Symptomatik im anderen Kniegelenk auch keine weitere BK anzuerkennen (und in deren Folge ggf. eine weitere Verletztenrente zu gewähren) sein würde, lediglich bezogen auf den bereits anerkannten Versicherungsfall der BK wäre im Sinne einer wesentlichen Änderung nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eine weitere Folge des Versicherungsfalls aufzunehmen (und ggf. die gewährte Verletztenrente zu erhöhen). Auch bei der BK-Nr. 2103 BKV (Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen) ist nicht jede Gelenkveränderung in den Zielgelenken einzeln als BK festzustellen, sondern alle durch die beruflichen Einwirkungen verursachten Veränderungen sind als Folgen dieser BK zu sehen. Die entgegenstehende Ansicht des SG München (Urteil vom 23.09.2015, Az. S 33 U 572/12 – juris) trägt nicht, da gerade wegen der komplexen Zusammenhänge zwischen beruflicher (identischer) Exposition und Krankheit sowie der Notwendigkeit, die Erkrankungen an beiden Gelenken zu vergleichen (vgl. Schiltenwolf, a.a.O.), für die vor dem Stichtag liegenden Erkrankungsfälle im Hinblick auf die Aufklärung des Sachverhalts und die Ursachenfeststellung eine praktikable Anwendung fraglich ist und daher die Anwendung der Stichtagsregelung gerade auch auf Fälle der vorliegenden Art gerechtfertigt ist.
Nur im Ausnahmefall bei entsprechender Begründung anhand der (weiteren) Exposition ist das Vorliegen einer weiteren (gleichen) BK zu rechtfertigen (BSG, a.a.O.), etwa wenn nach dem Eintritt der Erkrankung an einem Zielorgan noch zusätzliche berufliche Einwirkungen im Sinne der entsprechenden BK erfolgten und im weiteren Verlauf an einem anderen Zielorgan eine entsprechende Erkrankung aufgetreten wäre (weitere Erkrankung nach weiterer versicherter Exposition, die [zufällig] der gleichen BK-Nummer unterfällt).
Vorliegend ist der Erkrankungsfall der BK-Nr. 2112 BKV vor dem 01.10.2002 eingetreten und nicht als BK anzuerkennen. Der Kläger war hinsichtlich seiner Kniegelenke im Sinne der BK-Nr. 2112 BKV bis Anfang September 2002 entsprechenden beruflichen Einwirkungen ausgesetzt, wie sich aus den Ausführungen der Abteilung Prävention der Beklagten vom 02.09.2010 ergibt. Eine spätere Exposition hinsichtlich der Kniegelenke erfolgte nicht mehr. Die von der BK-Nr. 2112 BKV erfasste Gonarthrose trat bereits bis zum 30.09.2002 auf. Dies ergibt sich aus den Gutachten von Dr. C /MR Doz. Dr. M und Dr. W. Übereinstimmend wird bezogen auf das rechte Kniegelenk sowohl in röntgenologischer Hinsicht als auch in klinischer Hinsicht das Bestehen dieser BK bejaht, der Senat hat keine Zweifel an diesen Bewertungen, auch die Beteiligten gehen übereinstimmend von einem entsprechenden Erkrankungsbeginn im Sinne der BK-Nr. 2112 BKV bis zum 30.09.2002 aus.
Dieser Erkrankungsbeginn wirkt auch auf das linke Knie. Eine Differenzierung zwischen linkem und rechtem Kniegelenk ist nach Auffassung des Senats nicht sachgerecht, da die Beurteilung der BK-Nr. 2112 BKV grundsätzlich für beide Kniegelenke zu erfolgen hat und Ansatzpunkte für eine gesonderte Beurteilung (insbesondere eine seitendifferente Belastung) sich weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus den Expositionsbewertungen der Beklagten ergeben. Die Kniegelenkserkrankung links führt der Kläger ebenso wie die Erkrankung des rechten Kniegelenks auf die bis September 2002 erfolgte Exposition zurück.
Zwar geht der Senat – wie das SG im angefochtenen Urteil – davon aus, dass bezogen auf das linke Kniegelenk eine klinische Symptomatik entsprechend der Voraussetzungen der BK-Nr. 2112 BKV nicht vor dem 01.10.2002 nachzuweisen ist, da nach den beigezogenen ärztlichen Dokumenten zeitnah zum röntgenologischen Nachweis einer entsprechenden Arthrose im September 2002 keine funktionellen Beeinträchtigungen in Form von chronischen Kniegelenksbeschwerden oder Funktionsstörungen aktenkundig sind. Darauf kommt es aber wegen des vorherigen Auftretens von klinischer Symptomatik und radiologischem Arthrosenachweis im rechten Kniegelenk nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Petschel Strahn Guericke
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