Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SB 2499/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 3275/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 29. Juni 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Der 1964 geborene Kläger stammt aus der ehemaligen DDR, ist verheiratet und lebt mit Ehefrau, Schwiegermutter, Schwägerin und Schwager in einem gemeinsamen Haus mit Garten. An den schweren Gartenarbeiten beteiligt er sich. Er ist durchschnittlich 8 bis 10 Stunden täglich als Schlosser und Schweißer im Wasserbau vollschichtig berufstätig. In der Freizeit beschäftigt er sich mit Computerarbeiten oder seinem Enkel, mit dem er Fußball spielt und Ausflüge unternimmt. Im Juni 2014 wurde bei seiner Frau die Diagnose Brustkrebs gestellt, sie wird nach Operation mit Chemotherapie behandelt.
Mit Bescheid vom 17. November 2008 hatte der Beklagte zuletzt, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. E., den Erstbescheid vom 27. Mai 1999 (Gesamt-GdB 20) wegen einer Verschlimmerung im Gesundheitszustand abgeändert und beim Kläger einen GdB von 30 wegen der Funktionsbehinderung funktionelle Reststörungen nach Verlust der Gallenblase, Schulter-Arm-Syndrom/Bandscheibenschaden, Knorpelschäden am rechten Knie/Funktions¬behinderung des Hüftgelenks/Funktionsstörung durch Fußfehlform und Gebrauchseinschränkung der rechten Hand anerkannt.
Am 5. November 2013 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB wegen einer hinzugetretenen Psoriasis arthritis sowie eines 2010 erlittenen Arbeitsunfalls (Distorsion des rechten Kniegelenks mit vorderer Kreuzbandruptur und nachfolgender Kreuzbandersatzplastik November 2011, keine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade).
Der Beklagte zog verschiedene ärztliche Unterlagen, u. a. den Entlassungsbericht der Reha-Klinik Usedom, wo sich der Kläger im Herbst 2013 zur stationären Behandlung befand, bei. Danach waren keine bleibenden Gelenkschwellungen festzustellen, es bestand eine chronische Instabilität des rechten Kniegelenks bei flüssigem Gangbild und problemloser Durchführung aller Geh- und Standpositionen. Der sich in einem guten Allgemeinzustand befindliche Kläger konnte als arbeitsfähig entlassen werden.
Nach Auswertung der ärztlichen Unterlagen durch Versorgungsarzt Dr. M., dass lediglich die Funktionseinschränkung seitens des rechten Kniegelenks mit einem höheren Teil-GdB zu berücksichtigen sei, hinsichtlich der Psoriasis (Schuppenflechte) aber nur eine Diagnose ohne Hautbefund gestellt worden sei, stellte der Beklagte mit Bescheid vom 15. Mai 2014 einen Gesamt-GdB von 40 ab dem Antragsdatum fest.
Auf seinen dagegen eingelegten Widerspruch holte der Beklagte noch einen weiteren orthopädischen Befundbericht des Orthopäden Dr. V. (beschwerdeadaptiert nach Reha 2013) ein, der nach versorgungsärztlicher Einschätzung von Dr. St. keine neuen Gesichtspunkte erbrachte, so dass der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2014 als unbegründet zurückwiesen wurde.
Mit seiner dagegen am 18. August 2014 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, neben der Psoriasis arthritis leide er an dem bekannten Bandscheibenvorfall, aufgrund dessen ihm die Arme einschliefen und er den Kopf nicht drehen könne. Die Schmerzen strahlten in die Hand aus, er habe auch ständig Schmerzen in den Fingern. Gerade im Hinblick auf seine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit müsse der GdB erhöht werden, zumal er zusätzlich dauerhaft an ständigem Kopfschmerz und der rheumatischen Grunderkrankung leide.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt und ihn anschließend orthopädisch-rheumatologisch von Amts wegen begutachten lassen.
Der Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut E., bei dem sich der Kläger wegen unklarer Parästhesien beider Unterarme und Hände dreimal vorgestellt hat, hat unter Beifügung eines radiologischen Befundberichtes des Zentrums Wiesloch (mäßige degenerative Bandscheibenveränderungen C5/6 und C4/5 bei freiem Spinalkanal sowie restlicher Neuroforamina) berichtet, dass es sich am ehesten um zervikogene Parästhesien handele, die keine relevanten Auswirkungen auf den GdB auf seinem Fachgebiet ergäben.
Internist und Rheumatologe Dr. D., bei dem sich der Kläger seit April 2013 in weitmaschiger Behandlung befindet, hat die Verdachtsdiagnose einer Psoriasis arthritis gestellt. Er behandle den Kläger immunsupressiv, was einen positiven Einfluss auf die Erkrankung habe. Seines Erachtens sei unter Berücksichtigung der degenerativen Veränderungen ein Gesamt-GdB von 50 angemessen.
Demgegenüber hat der Orthopäde Dr. V. aus orthopädischer Sicht die Funktionseinschränkungen als zutreffend bewertet erachtet und einen Gesamt-GdB von 40 als angemessen angesehen. Der Chefarzt Dr. V., bei dem der Kläger wegen des Arbeitsunfalls behandelt worden ist, hat angesichts des Bewegungsmaßes des Kniegelenks (Streckung/Beugung aktiv von 0-0-90 Grad) einen Einzel-GdB von 10 für ausreichend betrachtet.
Der gerichtliche Sachverständige Dr. R. hat berichtet, dass der Kläger 40 Minuten zur Untersuchung ohne Pause angereist sei und auch während der Befragung eineinhalb Stunden keine sichtbaren Probleme geäußert habe. Er bewege sich raumgreifend, sicher und gleichschrittig mit einem geringfügigen Hinken rechts ohne sichtbare Instabilität. Er habe an beiden Handgelenken sowie sämtlichen Finger- und Daumengelenken beider Hände keine entzündlichen Schwellungen und keine Druckschmerzen einzelner Gelenke, keine Deformitäten, keine Atrophien der Handmuskulatur und keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen gefunden. Auch die radiologische Auswertung habe keine sicheren Hinweise auf eine entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankung und insbesondere keine spezifischen Röntgenbefunde für die Diagnose einer Arthritis psoriatica ergeben, welches auch durch die Laboruntersuchungen bestätigt werde. Damit könne die Diagnose einer Arthritis psoriatica nicht bestätigt werden. Die leichte Funktionseinschränkung der rechten Hand könne durch eine leichte Polyarthrose der Fingergelenke, den Zustand nach Operationen von Ganglien und pseudo-radikuläre Schmerzausstrahlung erklärt werden. Dies begründe nur geringe Einschränkungen. Hinsichtlich des rechten Kniegelenks sei die Beugung ab 90 Grad schmerzhaft, es bestehe eine mäßige vordere Instabilität Grad II in Streckung und Grad II bis III in Beugung oder akutem Reizzustand ohne akute Meniskuszeichen bei radiologisch gesicherter medial-beginnender Arthrose. Die seitens der Halswirbelsäule (HWS) und beider Schultern geäußerten Schmerzen seien nicht zu objektivieren, der Kläger nehme bedarfsweise Ibuflam 800 mg, zuletzt vor drei Wochen wegen Bronchitis und aufgrund Gelenkbeschwerden vor vier bis sechs Wochen, ein. Die Brachialgien und leichten Finger-Polyarthrosen begründeten einen Teil-GdB von 20, ebenso die Cervicocephalgien bei mäßigen Verschleißerscheinungen der HWS ohne neurologische Defizite und ohne nachweisbaren Nervenwurzelreiz, gleichfalls die geringen Arthrosen der Kreuzbein-Darmbein-Gelenke und der Hüftgelenke, die leichte bis mäßige Gonarthrose beidseits sowie die Fußfehlform beidseits. Der Gesamt-GdB betrage 40, wobei die funktionelle Reststörung nach Verlust der Gallenblase mit einem Teil-GdB von 10 sich auf die Bildung des Gesamt-GdB nicht erhöhend auswirke. Eine erhebliche Abweichung bestehe zu der Beurteilung des Rheumatologen Dr. D., der den Kläger zwar mit einer milden Basis-Therapie behandele und darunter eine leichte Besserung beobachtet habe, ohne dass dieser selbst irgendwelche objektiven Befunde hätte feststellen können, so dass seine Aussage nicht hinreichend nachvollziehbar und nur als vage Verdachtsdiagnose bezeichnet werden könne, der er sich nicht anschließen könne.
Hierauf hat der Kläger mitteilen lassen, dass er derzeit an erheblichen Problemen im linken Knie wegen Arthrose leide und sich zusätzlich einen Bruch des rechten Handwurzelknochens bei einem Sturz zugezogen habe, wobei derzeit unklar sei, ob und inwieweit Spätfolgen verblieben.
Nach vorangegangener Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. Juni 2015, der klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 6. Juli 2014, abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der Verschlimmerung im Gesundheitszustand sei mit dem Gesamt-GdB von 40 ausreichend Rechnung getragen worden, dieser sei bereits sehr wohlwollend. Durch die Erkrankung der Knie und Füße werde nur eine geringe Einschränkung begründet, was angesichts der gezeigten Beweglichkeit, der vollschichtigen Arbeitstätigkeit in einem schweren Beruf und auch der Röntgenbefunde gut nachvollziehbar sei und nur einen Teil-GdB von 20 begründe, welches auch von Dr. V. und Dr. V. bestätigt werde. Die Bewegungseinschränkungen seitens des Schultergelenks seien nur mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten, lediglich unter Berücksichtigung der verminderten Handkraft führe dies insgesamt zu einem Teil-GdB von 20. Die Wirbelsäule sei nur in einem Abschnitt und dies auch nur mäßiggradig betroffen, so dass der vergebene Teil-GdB von 20 auch in Übereinstimmung mit den behandelnden Ärzten Dr. V. wie des Nervenarztes E. ausreichend seien. Die funktionellen Reststörungen nach Verlust der Gallenblase seien unstreitig und ausreichend mit einem Teil-GdB von 10 eingestellt. Der abweichenden Beurteilung des Rheumatologen Dr. D. könne sich auch das Gericht nicht anschließen, da keinerlei richtungsweisende Befunde von diesem erhoben worden seien, weswegen Dr. R. in seiner Bewertung zuzustimmen sei. Ob die schließlich vom Kläger geäußerten neuen Beschwerden dauerhafter Natur seien, könne nicht beurteilt werden, ggf. könne der Kläger auch einen Änderungsantrag beim Beklagten stellen.
Hiergegen hat der Kläger am 3. August Berufung eingelegt, zu deren Begründung er vorgetragen hat, dass sich die Einschätzung des Sachverständigen Dr. R. nicht mit der der Reha-Klinik Usedom deckten und sich auch das SG über die Bewertung des Dr. D. hinwegsetze.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 29. Juni 2015 sowie den Bescheid vom 15. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm unter Abänderung des Bescheides vom 17. November 2008 einen Grad der Behinderung von 70 ab dem 5. November 2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist darauf, dass die Begutachtung durch Dr. R. nicht nur die vorhandenen Aktenunterlagen berücksichtige, sondern sich auf eine persönliche Befragung und körperliche, radiologische sowie laborchemische Untersuchungen stütze.
Auf den Hinweis des Senats, dass eine Verschlechterung nicht substantiiert und insbesondere nicht durch weitere Befundberichte getragen werde, hat der Kläger am 9. Dezember 2015 Arztbriefe über seine Behandlungen vom 14. Februar 2013 bis 13. Oktober 2015 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsbarkeit (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und statthafte Berufung des Klägers (§§ 143, 144 SGG) ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die beanspruchte Feststellung des GdB mit mehr als 40 mit Wirkung ab 5. November 2013 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Eine wesentliche Änderung liegt vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, das sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt, wobei das Hinzutreten weiterer Funktionsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 allerdings regelmäßig ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB bleibt (vgl. VG, Teil A Nr. 7 a; BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R - SozR 4-1300 § 48 Nr. 26). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt (teilweise) aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 - SozR 1300 § 48 Nr. 29 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R - SozR 4-3100 § 35 Nr. 5 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4). Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34; vgl. auch BSG, Urteil vom 12. November 1996 - 9 RVs 5/95 - BSGE 79, 223 (225) zum selben Beurteilungszeitpunkt bei der isolierten Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung).
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Danach stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig ihrer Ursache, also final, bezogen ist (BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris). Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A Nr. 2 e).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R - SozR 3-3870 § 4 Nr. 24). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder es erstinstanzlichen Gerichts Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze und unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung haben die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers - im Vergleich zur Befundlage, wie sie dem Bescheid vom 17. November 2008 zu Grunde gelegen haben - ab 5. November 2013 lediglich einen Gesamt-GdB von 40 zur Folge. Der angefochtene Bescheid vom Bescheid vom 15. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2014 ist daher rechtmäßig.
Im Vordergrund der Funktionsbeeinträchtigungen stehen die Schäden seitens der Wirbelsäule und der unteren und oberen Gliedmaßen, die auch aus Sicht des Senats ausreichend mit jeweils einem Teil-GdB von 20 bewertet sind.
Nach den VG, Teil B Nr. 18.9 sind nur Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) mit einem GdB von 30 oder mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten.
Ausgehend hiervon lässt sich ein nur leichter Wirbelsäulenschaden in einem Wirbelsäulenabschnitt, nämlich der HWS, feststellen. Die MRT-Untersuchung 2013 hat bereits nur eine mäßige Bandscheibenvorwölbung im Segment HWK 5/6 und diskrete degenerative Bandscheibenveränderungen im Segment HWK 4/5, somit weder einen Bandscheibenprolaps noch einen eingeengten Spinalkanal bzw. einen Hinweis auf eine Neurokompression ergeben. Auch die fachärztlichen neurologischen Untersuchungen haben keine Nervenwurzelschädigungen bestätigt und konnten eine neurogene Läsion ausschließen, so dass neurologischerseits keine relevanten Auswirkungen auf den GdB vorliegen. Die Funktionseinschränkungen seitens der HWS sind damit so, dass sie nur zu den berichteten Hals-, Kopf- und Arm-Schmerzen ohne neurologische Defizite führen. Die Beweglichkeit war nach den von Dr. R. festgestellten Maßen nach der Neutral-Null-Methode nur gering bis mäßig eingeschränkt, wobei keinerlei Anzeichen für eine Schonung bestanden. Somit ist der angenommene Teil-GdB von 20 als eher großzügig anzusehen. Aus den neuen Befunden von Dr. V. vom 2. Oktober 2013 und 10. Februar 2014 ergibt sich insoweit nichts anderes. Im Oktober 2013 litt der Kläger an einem zwar behandlungsbedürftigen und akut die Beweglichkeit limitierenden HWS-Syndrom, das aber nur einen vorübergehenden und damit nicht GdB-erhöhenden Zustand dokumentiert, was nicht zuletzt durch den Bericht aus 2014 bestätigt wird. Die dort zusätzlich gestellte Diagnose von Bandscheibenprotrusionen der Brustwirbelsäule dokumentieren noch nicht, dass nunmehr auch in einem anderen Wirbelsäulenabschnitt eine Bewegungseinschränkung besteht. Der allein röntgenologische Befund war nämlich noch nicht einmal behandlungsbedürftig.
Die vom Kläger geäußerten Schmerzen führen nicht zu einer Erhöhung dieses Teil-GdB`s, denn sie sind bereits nach VG, Teil A Nr 2j, wonach die in der Tabelle angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen und auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände in die Bewertung mit einstellen, ausreichend mitberücksichtigt. Dies gilt vorliegend umso mehr, als der Kläger keinerlei richtungsführende Schmerzmedikation durchführt, vielmehr nur bedarfsweise Ibuflan einnimmt. Deswegen ist eine weitere Anhebung des GdB wegen Schmerzen nicht gerechtfertigt (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 21. April 2015 - L 6 SB 3121/14 - Juris).
Hinsichtlich der oberen Gliedmaßen liegt eine leichte Fingerpolyarthrose sowie leichte Arthrosen der Schultergelenke und Schultereckgelenke beidseits mit jeweils geringen bis mäßigen Funktionseinschränkungen vor. Das entnimmt der Senat den festgestellten Bewegungsmaßen und der röntgenologischen Untersuchung des Dr. R., die in Übereinstimmung mit der fachärztlichen Einschätzung und Bewertung von Dr. V. steht. Bei dem Kläger waren Nacken- und Schürzengriff aktiv beiderseits vollständig möglich, die Muskelprofile der Hals-, Schulter- und Oberarmmuskulatur waren seitengleich ausgeprägt ohne Schonungszeichen. Hinweise auf entzündliche Veränderungen bei den Schultergelenken bestanden nicht, ebenso wenig eine Rötung, Schwellung oder Überwärmung. Die Beweglichkeit der Schultergelenke war nur aktiv in Armvorführung und Armseitführung geringfügig eingeschränkt, passiv ließen sich keine Einschränkungen feststellen. Eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks begründet nach VG, Teil B, Nr. 18.13 nur bei einer Armhebung bis zu 90 Grad einen Teil-GdB von 20. Auch das Handgelenk war nur endgradig eingeschränkt ohne Schmerzangaben, wobei der Händedruck rechts um ca. ein Drittel gegenüber im Vergleich zu links gemindert war. Der große und kleine Faustschluss, der Schreib- und Schlüsselgriff waren vollständig, beiderseits kräftig und ohne Schmerzangaben durchführbar. An beiden Händen bestanden weder Deformitäten noch entzündliche Schwellungen oder einseitige Atrophien der Hand-, Daumen- und Kleinfingerballenmuskulatur. Nach VG, Teil B, Nr. 18.13 muss aber die Bewegungseinschränkung der Handgelenke stärkeren Grades sein, um einen Teil-GdB von 20 zu begründen. Lediglich unter Berücksichtigung der verminderten Handkraft rechts im Vergleich zu links sowie der angegebenen Schmerzen kann somit ein Teil-GdB von 20 für die oberen Extremitäten vergeben werden, worauf das SG zu Recht hingewiesen hat.
Aus dem am 7. Mai 2015 stattgehabten Ausriss der rechten Handwurzel (vgl. Bericht der Klinik Sinsheim vom 8. Mai 2015) ergibt sich nichts Richtungsweisendes. Die Hand konnte mit einem Verband (sog. Softcast) ruhiggestellt werden, der Kläger bekam niedrigdosiertes Schmerzmittel für 24 Stunden rezeptiert und die Röntgenaufnahmen im Oktober 2015 hat dann bereits eine feste knöcherne Durchbauung gezeigt, es imponierte lediglich noch ein leichter Druckschmerz über der Verletzungsstelle, so dass noch nicht einmal eine GdB-würdige dauerhafte Bewegungseinschränkung des Handgelenks (VG, Teil B, Nr. 18.3) verblieben ist, die in geringem Ausmaß ohnehin nur einen Teil-GdB von 10 begründen und damit den Gesamt-GdB nicht erhöhen würde.
Hinsichtlich der unteren Extremitäten leidet der Kläger an leichten bis mäßigen Arthrosen beider Kniegelenke, rechts mehr als links, wobei die Kreuzbandplastik nach dem Unfallereignis 2010 2013 wieder erneuert werden musste. Trotzdem waren alle Stand- und Gangproben möglich, der Kläger konnte sogar rechts und links sicher knien und sich jeweils ohne reflektorische Muskelinnervationsunterbrechung wieder aufrichten. Er geht zügig und flott, allerdings leicht rechts hinkend. Die Knie waren rechts mit 0-5-120 und links mit 0-0-130 Grad ausreichend beweglich, lediglich die Kniebeugung rechts bei 90 Grad schmerzhaft. Am rechten Kniegelenk besteht zudem eine mäßige vordere Bandinstabilität. Die Beweglichkeit der Hüfte war aktiv gering eingeschränkt, passiv nicht, das Strecken bzw. Beugen war passiv rechts 0-0-120 Grad und links 0-5-130 bzw. aktiv rechts 0-5-110 und links 0-5-120 Grad möglich. Deswegen ist auch für den Senat die Einschätzung von Dr. R. nachvollziehbar und schlüssig, dass einhergehend mit den VG, Teil B, Nr. 18.14 hinsichtlich der Erkrankung der Knie und Füße nur eine geringe Einschränkung besteht, der ausreichend mit einem weiteren Teil-GdB von 20 Rechnung getragen wird. Die neuen Befunde hinsichtlich der Knie rechtfertigen noch keine Höherstufung. Noch im Februar 2014 war es nach Einschätzung des Orthopäden Dr. V. ausreichend, die Entwicklung weiter abzuwarten, ggfs. eine Knierevision durchzuführen. Im Vordergrund der damaligen Behandlung stand vielmehr der Fußschmerz rechts, zu dessen Therapie aber die Rezeptur von Schuheinlagen ausreichend war, somit auch insoweit keine Verschlimmerung nach VG, Teil B, Nr. 18.14 belegt ist. Das aktuelle MRT des linken Kniegelenks vom 26. Juni 2015 hat zwar einen Innenmeniskushinterhorn-Riss ergeben, der Band- und Sehnenapparat ist aber ansonsten intakt, so dass insoweit nur ein möglicherweise operationsbedürftiger, aber ansonsten nicht dauerhaft die Beweglichkeit limitierender Befund vorliegt, zumal auch nach radiologischer Einschätzung die Chondropathie nach wie vor Grad I beträgt. Die Operation des Meniskus wird nach geltendem Standard gewebeschonend arthroskopisch durchgeführt und beschränkt sich auf die Teilentfernung des Meniskus im veränderten Bereich, so dass nur die Arbeitsfähigkeit für einige Tage beschränkt ist, aber nicht ein dauerhafte GdB begründet wird, was der Senat der unfallmedizinischen Standardliteratur entnimmt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 654).
Die Verdachtsdiagnose einer Arthritis psoriatica des Dr. D. hat sich bei der umfassenden körperlichen, röntgenologischen und Laboruntersuchung des auch insoweit fachkompetenten gerichtlichen Sachverständigen Dr. R. nicht bestätigen lassen, was auch in Übereinstimmung mit dem rheumatologischen Konsil 11/2013 des Prof. Dr. K. der Reha-Klinik steht. Auch dieser hat weder an Händen und Füßen bzw. am rechten Kniegelenk Hinweise auf eine Psoriasis-Arthritis gesehen. Vielmehr fehlen die dafür typischen Entzündungen der Gelenke bzw. der Gelenkskapsel, was selbst Dr. D. einräumen musste. Auch die Laborwerte belegen keine erhöhten Entzündungswerte. Die im MRT der rechten Hand Februar 2013 beschriebenen Veränderungen wurden denn fachärztlicherseits degenerativ und eben nicht rheumatologisch bewertet. Auch der Befund einer leichten Schwellung des rechten Kniegelenks kann angesichts der bekannten Knieverletzung mit Bandinstabilität und wiederkehrenden Reizzuständen nicht als stützendes Symptom einer rheumatischen Grunderkrankung gewertet werden, worauf Dr. R. zu Recht hingewiesen hat. Allein der Umstand, dass Dr. D. den Kläger aufgrund seiner Verdachtsdiagnose rheumatologisch behandelt, kann daher nicht dazu führen, dass insoweit von einer Funktionsbeeinträchtigung auszugehen ist, wie sie die VG, Teil B Nr. 18.3 voraussetzen. Das hat auch zuletzt Dr. V. in seinem Arztbrief vom 13. Oktober 2015 bekräftigt, wonach die Polyarthritis nicht endgültig bestätigt sei.
Für die funktionellen Reststörungen nach Verlust der Gallenblase (VG, Teil B Nr. 10.3.5) besteht unstreitig nur ein Teil-GdB von 10.
Weiterer Ermittlungsbedarf von Amts wegen besteht nicht.
Liegen, wie im Falle des Klägers, mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden (vgl. hierzu und zum Folgenden VG, Teil A Nr. 3 a bis d). Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsstörung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn paarige Gliedmaßen oder Organe betroffen sind. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss deren Auswirkungen aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R - Juris). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B - Juris).
Bei der Prüfung eines Gesamt-GdB von 50 verbietet es sich nicht einen Vergleich mit anderen schwerwiegenden Erkrankungsbildern vorzunehmen (BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris). Vielmehr sind bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, für die in der GdB-Tabelle der VG feste Grade angegeben sind (vgl. BSG, Urteil vom 30. September 2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 10). Gemessen an diesen Voraussetzungen sind die bei dem Kläger bestehenden Erkrankungen (Teil-GdB 20 für die Wirbelsäule und Teil-GdB 20 jeweils für die Schäden der unteren und oberen Gliedmaßen) insgesamt noch nicht mit Gesundheitsschäden zu vergleichen, deren Funktionsbeeinträchtigungen eine Schwerbehinderung mit einem Gesamt-GdB von 50 oder gar 70 begründen, sondern von 40 ab 5. November 2013.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Der 1964 geborene Kläger stammt aus der ehemaligen DDR, ist verheiratet und lebt mit Ehefrau, Schwiegermutter, Schwägerin und Schwager in einem gemeinsamen Haus mit Garten. An den schweren Gartenarbeiten beteiligt er sich. Er ist durchschnittlich 8 bis 10 Stunden täglich als Schlosser und Schweißer im Wasserbau vollschichtig berufstätig. In der Freizeit beschäftigt er sich mit Computerarbeiten oder seinem Enkel, mit dem er Fußball spielt und Ausflüge unternimmt. Im Juni 2014 wurde bei seiner Frau die Diagnose Brustkrebs gestellt, sie wird nach Operation mit Chemotherapie behandelt.
Mit Bescheid vom 17. November 2008 hatte der Beklagte zuletzt, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. E., den Erstbescheid vom 27. Mai 1999 (Gesamt-GdB 20) wegen einer Verschlimmerung im Gesundheitszustand abgeändert und beim Kläger einen GdB von 30 wegen der Funktionsbehinderung funktionelle Reststörungen nach Verlust der Gallenblase, Schulter-Arm-Syndrom/Bandscheibenschaden, Knorpelschäden am rechten Knie/Funktions¬behinderung des Hüftgelenks/Funktionsstörung durch Fußfehlform und Gebrauchseinschränkung der rechten Hand anerkannt.
Am 5. November 2013 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB wegen einer hinzugetretenen Psoriasis arthritis sowie eines 2010 erlittenen Arbeitsunfalls (Distorsion des rechten Kniegelenks mit vorderer Kreuzbandruptur und nachfolgender Kreuzbandersatzplastik November 2011, keine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade).
Der Beklagte zog verschiedene ärztliche Unterlagen, u. a. den Entlassungsbericht der Reha-Klinik Usedom, wo sich der Kläger im Herbst 2013 zur stationären Behandlung befand, bei. Danach waren keine bleibenden Gelenkschwellungen festzustellen, es bestand eine chronische Instabilität des rechten Kniegelenks bei flüssigem Gangbild und problemloser Durchführung aller Geh- und Standpositionen. Der sich in einem guten Allgemeinzustand befindliche Kläger konnte als arbeitsfähig entlassen werden.
Nach Auswertung der ärztlichen Unterlagen durch Versorgungsarzt Dr. M., dass lediglich die Funktionseinschränkung seitens des rechten Kniegelenks mit einem höheren Teil-GdB zu berücksichtigen sei, hinsichtlich der Psoriasis (Schuppenflechte) aber nur eine Diagnose ohne Hautbefund gestellt worden sei, stellte der Beklagte mit Bescheid vom 15. Mai 2014 einen Gesamt-GdB von 40 ab dem Antragsdatum fest.
Auf seinen dagegen eingelegten Widerspruch holte der Beklagte noch einen weiteren orthopädischen Befundbericht des Orthopäden Dr. V. (beschwerdeadaptiert nach Reha 2013) ein, der nach versorgungsärztlicher Einschätzung von Dr. St. keine neuen Gesichtspunkte erbrachte, so dass der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2014 als unbegründet zurückwiesen wurde.
Mit seiner dagegen am 18. August 2014 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, neben der Psoriasis arthritis leide er an dem bekannten Bandscheibenvorfall, aufgrund dessen ihm die Arme einschliefen und er den Kopf nicht drehen könne. Die Schmerzen strahlten in die Hand aus, er habe auch ständig Schmerzen in den Fingern. Gerade im Hinblick auf seine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit müsse der GdB erhöht werden, zumal er zusätzlich dauerhaft an ständigem Kopfschmerz und der rheumatischen Grunderkrankung leide.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt und ihn anschließend orthopädisch-rheumatologisch von Amts wegen begutachten lassen.
Der Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut E., bei dem sich der Kläger wegen unklarer Parästhesien beider Unterarme und Hände dreimal vorgestellt hat, hat unter Beifügung eines radiologischen Befundberichtes des Zentrums Wiesloch (mäßige degenerative Bandscheibenveränderungen C5/6 und C4/5 bei freiem Spinalkanal sowie restlicher Neuroforamina) berichtet, dass es sich am ehesten um zervikogene Parästhesien handele, die keine relevanten Auswirkungen auf den GdB auf seinem Fachgebiet ergäben.
Internist und Rheumatologe Dr. D., bei dem sich der Kläger seit April 2013 in weitmaschiger Behandlung befindet, hat die Verdachtsdiagnose einer Psoriasis arthritis gestellt. Er behandle den Kläger immunsupressiv, was einen positiven Einfluss auf die Erkrankung habe. Seines Erachtens sei unter Berücksichtigung der degenerativen Veränderungen ein Gesamt-GdB von 50 angemessen.
Demgegenüber hat der Orthopäde Dr. V. aus orthopädischer Sicht die Funktionseinschränkungen als zutreffend bewertet erachtet und einen Gesamt-GdB von 40 als angemessen angesehen. Der Chefarzt Dr. V., bei dem der Kläger wegen des Arbeitsunfalls behandelt worden ist, hat angesichts des Bewegungsmaßes des Kniegelenks (Streckung/Beugung aktiv von 0-0-90 Grad) einen Einzel-GdB von 10 für ausreichend betrachtet.
Der gerichtliche Sachverständige Dr. R. hat berichtet, dass der Kläger 40 Minuten zur Untersuchung ohne Pause angereist sei und auch während der Befragung eineinhalb Stunden keine sichtbaren Probleme geäußert habe. Er bewege sich raumgreifend, sicher und gleichschrittig mit einem geringfügigen Hinken rechts ohne sichtbare Instabilität. Er habe an beiden Handgelenken sowie sämtlichen Finger- und Daumengelenken beider Hände keine entzündlichen Schwellungen und keine Druckschmerzen einzelner Gelenke, keine Deformitäten, keine Atrophien der Handmuskulatur und keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen gefunden. Auch die radiologische Auswertung habe keine sicheren Hinweise auf eine entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankung und insbesondere keine spezifischen Röntgenbefunde für die Diagnose einer Arthritis psoriatica ergeben, welches auch durch die Laboruntersuchungen bestätigt werde. Damit könne die Diagnose einer Arthritis psoriatica nicht bestätigt werden. Die leichte Funktionseinschränkung der rechten Hand könne durch eine leichte Polyarthrose der Fingergelenke, den Zustand nach Operationen von Ganglien und pseudo-radikuläre Schmerzausstrahlung erklärt werden. Dies begründe nur geringe Einschränkungen. Hinsichtlich des rechten Kniegelenks sei die Beugung ab 90 Grad schmerzhaft, es bestehe eine mäßige vordere Instabilität Grad II in Streckung und Grad II bis III in Beugung oder akutem Reizzustand ohne akute Meniskuszeichen bei radiologisch gesicherter medial-beginnender Arthrose. Die seitens der Halswirbelsäule (HWS) und beider Schultern geäußerten Schmerzen seien nicht zu objektivieren, der Kläger nehme bedarfsweise Ibuflam 800 mg, zuletzt vor drei Wochen wegen Bronchitis und aufgrund Gelenkbeschwerden vor vier bis sechs Wochen, ein. Die Brachialgien und leichten Finger-Polyarthrosen begründeten einen Teil-GdB von 20, ebenso die Cervicocephalgien bei mäßigen Verschleißerscheinungen der HWS ohne neurologische Defizite und ohne nachweisbaren Nervenwurzelreiz, gleichfalls die geringen Arthrosen der Kreuzbein-Darmbein-Gelenke und der Hüftgelenke, die leichte bis mäßige Gonarthrose beidseits sowie die Fußfehlform beidseits. Der Gesamt-GdB betrage 40, wobei die funktionelle Reststörung nach Verlust der Gallenblase mit einem Teil-GdB von 10 sich auf die Bildung des Gesamt-GdB nicht erhöhend auswirke. Eine erhebliche Abweichung bestehe zu der Beurteilung des Rheumatologen Dr. D., der den Kläger zwar mit einer milden Basis-Therapie behandele und darunter eine leichte Besserung beobachtet habe, ohne dass dieser selbst irgendwelche objektiven Befunde hätte feststellen können, so dass seine Aussage nicht hinreichend nachvollziehbar und nur als vage Verdachtsdiagnose bezeichnet werden könne, der er sich nicht anschließen könne.
Hierauf hat der Kläger mitteilen lassen, dass er derzeit an erheblichen Problemen im linken Knie wegen Arthrose leide und sich zusätzlich einen Bruch des rechten Handwurzelknochens bei einem Sturz zugezogen habe, wobei derzeit unklar sei, ob und inwieweit Spätfolgen verblieben.
Nach vorangegangener Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. Juni 2015, der klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 6. Juli 2014, abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der Verschlimmerung im Gesundheitszustand sei mit dem Gesamt-GdB von 40 ausreichend Rechnung getragen worden, dieser sei bereits sehr wohlwollend. Durch die Erkrankung der Knie und Füße werde nur eine geringe Einschränkung begründet, was angesichts der gezeigten Beweglichkeit, der vollschichtigen Arbeitstätigkeit in einem schweren Beruf und auch der Röntgenbefunde gut nachvollziehbar sei und nur einen Teil-GdB von 20 begründe, welches auch von Dr. V. und Dr. V. bestätigt werde. Die Bewegungseinschränkungen seitens des Schultergelenks seien nur mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten, lediglich unter Berücksichtigung der verminderten Handkraft führe dies insgesamt zu einem Teil-GdB von 20. Die Wirbelsäule sei nur in einem Abschnitt und dies auch nur mäßiggradig betroffen, so dass der vergebene Teil-GdB von 20 auch in Übereinstimmung mit den behandelnden Ärzten Dr. V. wie des Nervenarztes E. ausreichend seien. Die funktionellen Reststörungen nach Verlust der Gallenblase seien unstreitig und ausreichend mit einem Teil-GdB von 10 eingestellt. Der abweichenden Beurteilung des Rheumatologen Dr. D. könne sich auch das Gericht nicht anschließen, da keinerlei richtungsweisende Befunde von diesem erhoben worden seien, weswegen Dr. R. in seiner Bewertung zuzustimmen sei. Ob die schließlich vom Kläger geäußerten neuen Beschwerden dauerhafter Natur seien, könne nicht beurteilt werden, ggf. könne der Kläger auch einen Änderungsantrag beim Beklagten stellen.
Hiergegen hat der Kläger am 3. August Berufung eingelegt, zu deren Begründung er vorgetragen hat, dass sich die Einschätzung des Sachverständigen Dr. R. nicht mit der der Reha-Klinik Usedom deckten und sich auch das SG über die Bewertung des Dr. D. hinwegsetze.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 29. Juni 2015 sowie den Bescheid vom 15. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm unter Abänderung des Bescheides vom 17. November 2008 einen Grad der Behinderung von 70 ab dem 5. November 2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist darauf, dass die Begutachtung durch Dr. R. nicht nur die vorhandenen Aktenunterlagen berücksichtige, sondern sich auf eine persönliche Befragung und körperliche, radiologische sowie laborchemische Untersuchungen stütze.
Auf den Hinweis des Senats, dass eine Verschlechterung nicht substantiiert und insbesondere nicht durch weitere Befundberichte getragen werde, hat der Kläger am 9. Dezember 2015 Arztbriefe über seine Behandlungen vom 14. Februar 2013 bis 13. Oktober 2015 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsbarkeit (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und statthafte Berufung des Klägers (§§ 143, 144 SGG) ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die beanspruchte Feststellung des GdB mit mehr als 40 mit Wirkung ab 5. November 2013 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Eine wesentliche Änderung liegt vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, das sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt, wobei das Hinzutreten weiterer Funktionsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 allerdings regelmäßig ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB bleibt (vgl. VG, Teil A Nr. 7 a; BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R - SozR 4-1300 § 48 Nr. 26). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt (teilweise) aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 - SozR 1300 § 48 Nr. 29 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R - SozR 4-3100 § 35 Nr. 5 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4). Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34; vgl. auch BSG, Urteil vom 12. November 1996 - 9 RVs 5/95 - BSGE 79, 223 (225) zum selben Beurteilungszeitpunkt bei der isolierten Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung).
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Danach stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig ihrer Ursache, also final, bezogen ist (BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris). Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A Nr. 2 e).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R - SozR 3-3870 § 4 Nr. 24). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder es erstinstanzlichen Gerichts Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze und unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung haben die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers - im Vergleich zur Befundlage, wie sie dem Bescheid vom 17. November 2008 zu Grunde gelegen haben - ab 5. November 2013 lediglich einen Gesamt-GdB von 40 zur Folge. Der angefochtene Bescheid vom Bescheid vom 15. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2014 ist daher rechtmäßig.
Im Vordergrund der Funktionsbeeinträchtigungen stehen die Schäden seitens der Wirbelsäule und der unteren und oberen Gliedmaßen, die auch aus Sicht des Senats ausreichend mit jeweils einem Teil-GdB von 20 bewertet sind.
Nach den VG, Teil B Nr. 18.9 sind nur Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) mit einem GdB von 30 oder mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten.
Ausgehend hiervon lässt sich ein nur leichter Wirbelsäulenschaden in einem Wirbelsäulenabschnitt, nämlich der HWS, feststellen. Die MRT-Untersuchung 2013 hat bereits nur eine mäßige Bandscheibenvorwölbung im Segment HWK 5/6 und diskrete degenerative Bandscheibenveränderungen im Segment HWK 4/5, somit weder einen Bandscheibenprolaps noch einen eingeengten Spinalkanal bzw. einen Hinweis auf eine Neurokompression ergeben. Auch die fachärztlichen neurologischen Untersuchungen haben keine Nervenwurzelschädigungen bestätigt und konnten eine neurogene Läsion ausschließen, so dass neurologischerseits keine relevanten Auswirkungen auf den GdB vorliegen. Die Funktionseinschränkungen seitens der HWS sind damit so, dass sie nur zu den berichteten Hals-, Kopf- und Arm-Schmerzen ohne neurologische Defizite führen. Die Beweglichkeit war nach den von Dr. R. festgestellten Maßen nach der Neutral-Null-Methode nur gering bis mäßig eingeschränkt, wobei keinerlei Anzeichen für eine Schonung bestanden. Somit ist der angenommene Teil-GdB von 20 als eher großzügig anzusehen. Aus den neuen Befunden von Dr. V. vom 2. Oktober 2013 und 10. Februar 2014 ergibt sich insoweit nichts anderes. Im Oktober 2013 litt der Kläger an einem zwar behandlungsbedürftigen und akut die Beweglichkeit limitierenden HWS-Syndrom, das aber nur einen vorübergehenden und damit nicht GdB-erhöhenden Zustand dokumentiert, was nicht zuletzt durch den Bericht aus 2014 bestätigt wird. Die dort zusätzlich gestellte Diagnose von Bandscheibenprotrusionen der Brustwirbelsäule dokumentieren noch nicht, dass nunmehr auch in einem anderen Wirbelsäulenabschnitt eine Bewegungseinschränkung besteht. Der allein röntgenologische Befund war nämlich noch nicht einmal behandlungsbedürftig.
Die vom Kläger geäußerten Schmerzen führen nicht zu einer Erhöhung dieses Teil-GdB`s, denn sie sind bereits nach VG, Teil A Nr 2j, wonach die in der Tabelle angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen und auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände in die Bewertung mit einstellen, ausreichend mitberücksichtigt. Dies gilt vorliegend umso mehr, als der Kläger keinerlei richtungsführende Schmerzmedikation durchführt, vielmehr nur bedarfsweise Ibuflan einnimmt. Deswegen ist eine weitere Anhebung des GdB wegen Schmerzen nicht gerechtfertigt (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 21. April 2015 - L 6 SB 3121/14 - Juris).
Hinsichtlich der oberen Gliedmaßen liegt eine leichte Fingerpolyarthrose sowie leichte Arthrosen der Schultergelenke und Schultereckgelenke beidseits mit jeweils geringen bis mäßigen Funktionseinschränkungen vor. Das entnimmt der Senat den festgestellten Bewegungsmaßen und der röntgenologischen Untersuchung des Dr. R., die in Übereinstimmung mit der fachärztlichen Einschätzung und Bewertung von Dr. V. steht. Bei dem Kläger waren Nacken- und Schürzengriff aktiv beiderseits vollständig möglich, die Muskelprofile der Hals-, Schulter- und Oberarmmuskulatur waren seitengleich ausgeprägt ohne Schonungszeichen. Hinweise auf entzündliche Veränderungen bei den Schultergelenken bestanden nicht, ebenso wenig eine Rötung, Schwellung oder Überwärmung. Die Beweglichkeit der Schultergelenke war nur aktiv in Armvorführung und Armseitführung geringfügig eingeschränkt, passiv ließen sich keine Einschränkungen feststellen. Eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks begründet nach VG, Teil B, Nr. 18.13 nur bei einer Armhebung bis zu 90 Grad einen Teil-GdB von 20. Auch das Handgelenk war nur endgradig eingeschränkt ohne Schmerzangaben, wobei der Händedruck rechts um ca. ein Drittel gegenüber im Vergleich zu links gemindert war. Der große und kleine Faustschluss, der Schreib- und Schlüsselgriff waren vollständig, beiderseits kräftig und ohne Schmerzangaben durchführbar. An beiden Händen bestanden weder Deformitäten noch entzündliche Schwellungen oder einseitige Atrophien der Hand-, Daumen- und Kleinfingerballenmuskulatur. Nach VG, Teil B, Nr. 18.13 muss aber die Bewegungseinschränkung der Handgelenke stärkeren Grades sein, um einen Teil-GdB von 20 zu begründen. Lediglich unter Berücksichtigung der verminderten Handkraft rechts im Vergleich zu links sowie der angegebenen Schmerzen kann somit ein Teil-GdB von 20 für die oberen Extremitäten vergeben werden, worauf das SG zu Recht hingewiesen hat.
Aus dem am 7. Mai 2015 stattgehabten Ausriss der rechten Handwurzel (vgl. Bericht der Klinik Sinsheim vom 8. Mai 2015) ergibt sich nichts Richtungsweisendes. Die Hand konnte mit einem Verband (sog. Softcast) ruhiggestellt werden, der Kläger bekam niedrigdosiertes Schmerzmittel für 24 Stunden rezeptiert und die Röntgenaufnahmen im Oktober 2015 hat dann bereits eine feste knöcherne Durchbauung gezeigt, es imponierte lediglich noch ein leichter Druckschmerz über der Verletzungsstelle, so dass noch nicht einmal eine GdB-würdige dauerhafte Bewegungseinschränkung des Handgelenks (VG, Teil B, Nr. 18.3) verblieben ist, die in geringem Ausmaß ohnehin nur einen Teil-GdB von 10 begründen und damit den Gesamt-GdB nicht erhöhen würde.
Hinsichtlich der unteren Extremitäten leidet der Kläger an leichten bis mäßigen Arthrosen beider Kniegelenke, rechts mehr als links, wobei die Kreuzbandplastik nach dem Unfallereignis 2010 2013 wieder erneuert werden musste. Trotzdem waren alle Stand- und Gangproben möglich, der Kläger konnte sogar rechts und links sicher knien und sich jeweils ohne reflektorische Muskelinnervationsunterbrechung wieder aufrichten. Er geht zügig und flott, allerdings leicht rechts hinkend. Die Knie waren rechts mit 0-5-120 und links mit 0-0-130 Grad ausreichend beweglich, lediglich die Kniebeugung rechts bei 90 Grad schmerzhaft. Am rechten Kniegelenk besteht zudem eine mäßige vordere Bandinstabilität. Die Beweglichkeit der Hüfte war aktiv gering eingeschränkt, passiv nicht, das Strecken bzw. Beugen war passiv rechts 0-0-120 Grad und links 0-5-130 bzw. aktiv rechts 0-5-110 und links 0-5-120 Grad möglich. Deswegen ist auch für den Senat die Einschätzung von Dr. R. nachvollziehbar und schlüssig, dass einhergehend mit den VG, Teil B, Nr. 18.14 hinsichtlich der Erkrankung der Knie und Füße nur eine geringe Einschränkung besteht, der ausreichend mit einem weiteren Teil-GdB von 20 Rechnung getragen wird. Die neuen Befunde hinsichtlich der Knie rechtfertigen noch keine Höherstufung. Noch im Februar 2014 war es nach Einschätzung des Orthopäden Dr. V. ausreichend, die Entwicklung weiter abzuwarten, ggfs. eine Knierevision durchzuführen. Im Vordergrund der damaligen Behandlung stand vielmehr der Fußschmerz rechts, zu dessen Therapie aber die Rezeptur von Schuheinlagen ausreichend war, somit auch insoweit keine Verschlimmerung nach VG, Teil B, Nr. 18.14 belegt ist. Das aktuelle MRT des linken Kniegelenks vom 26. Juni 2015 hat zwar einen Innenmeniskushinterhorn-Riss ergeben, der Band- und Sehnenapparat ist aber ansonsten intakt, so dass insoweit nur ein möglicherweise operationsbedürftiger, aber ansonsten nicht dauerhaft die Beweglichkeit limitierender Befund vorliegt, zumal auch nach radiologischer Einschätzung die Chondropathie nach wie vor Grad I beträgt. Die Operation des Meniskus wird nach geltendem Standard gewebeschonend arthroskopisch durchgeführt und beschränkt sich auf die Teilentfernung des Meniskus im veränderten Bereich, so dass nur die Arbeitsfähigkeit für einige Tage beschränkt ist, aber nicht ein dauerhafte GdB begründet wird, was der Senat der unfallmedizinischen Standardliteratur entnimmt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 654).
Die Verdachtsdiagnose einer Arthritis psoriatica des Dr. D. hat sich bei der umfassenden körperlichen, röntgenologischen und Laboruntersuchung des auch insoweit fachkompetenten gerichtlichen Sachverständigen Dr. R. nicht bestätigen lassen, was auch in Übereinstimmung mit dem rheumatologischen Konsil 11/2013 des Prof. Dr. K. der Reha-Klinik steht. Auch dieser hat weder an Händen und Füßen bzw. am rechten Kniegelenk Hinweise auf eine Psoriasis-Arthritis gesehen. Vielmehr fehlen die dafür typischen Entzündungen der Gelenke bzw. der Gelenkskapsel, was selbst Dr. D. einräumen musste. Auch die Laborwerte belegen keine erhöhten Entzündungswerte. Die im MRT der rechten Hand Februar 2013 beschriebenen Veränderungen wurden denn fachärztlicherseits degenerativ und eben nicht rheumatologisch bewertet. Auch der Befund einer leichten Schwellung des rechten Kniegelenks kann angesichts der bekannten Knieverletzung mit Bandinstabilität und wiederkehrenden Reizzuständen nicht als stützendes Symptom einer rheumatischen Grunderkrankung gewertet werden, worauf Dr. R. zu Recht hingewiesen hat. Allein der Umstand, dass Dr. D. den Kläger aufgrund seiner Verdachtsdiagnose rheumatologisch behandelt, kann daher nicht dazu führen, dass insoweit von einer Funktionsbeeinträchtigung auszugehen ist, wie sie die VG, Teil B Nr. 18.3 voraussetzen. Das hat auch zuletzt Dr. V. in seinem Arztbrief vom 13. Oktober 2015 bekräftigt, wonach die Polyarthritis nicht endgültig bestätigt sei.
Für die funktionellen Reststörungen nach Verlust der Gallenblase (VG, Teil B Nr. 10.3.5) besteht unstreitig nur ein Teil-GdB von 10.
Weiterer Ermittlungsbedarf von Amts wegen besteht nicht.
Liegen, wie im Falle des Klägers, mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden (vgl. hierzu und zum Folgenden VG, Teil A Nr. 3 a bis d). Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsstörung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn paarige Gliedmaßen oder Organe betroffen sind. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss deren Auswirkungen aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R - Juris). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B - Juris).
Bei der Prüfung eines Gesamt-GdB von 50 verbietet es sich nicht einen Vergleich mit anderen schwerwiegenden Erkrankungsbildern vorzunehmen (BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris). Vielmehr sind bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, für die in der GdB-Tabelle der VG feste Grade angegeben sind (vgl. BSG, Urteil vom 30. September 2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 10). Gemessen an diesen Voraussetzungen sind die bei dem Kläger bestehenden Erkrankungen (Teil-GdB 20 für die Wirbelsäule und Teil-GdB 20 jeweils für die Schäden der unteren und oberen Gliedmaßen) insgesamt noch nicht mit Gesundheitsschäden zu vergleichen, deren Funktionsbeeinträchtigungen eine Schwerbehinderung mit einem Gesamt-GdB von 50 oder gar 70 begründen, sondern von 40 ab 5. November 2013.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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