Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 12 AS 946/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 3 AS 668/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners werden der Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 12.11.2015 aufgehoben und der Antrag abgelehnt.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt mit seinem am 12.10.2015 zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Mainz gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab dem 1.10.2015.
Der Antragsteller ist spanischer Staatsangehöriger und lebt mit seiner aus seiner Ehefrau und zwei Kindern bestehenden Familie seit Juni 2014 in Deutschland. Sie bewohnen gemeinsam eine 68,72 qm große Wohnung, für die sie monatlich eine Nettokaltmiete von EUR 417,10, eine Betriebskostenvorauszahlung von EUR 100 und Heizkosten von EUR 60 aufwenden. Für die beiden Kinder erhalten sie EUR 368 Kindergeld monatlich. Vom 1.8.2014 bis zum 31.3.2015 übte der Antragsteller eine Vollzeitbeschäftigung aus, die durch Kündigung des Arbeitgebers beendet wurde. Seit dem 21.10.2015 geht er einer geringfügigen Beschäftigung nach, aus der ihm im November (netto) EUR 90,83 zugeflossen sind und seit Dezember EUR 460 zufließen.
Der Antragsgegner gewährte dem Antragsteller und seiner Familie vom 1.4.2015 bis zum 30.9.2015 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Ab dem 1.10.2015 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 8.10.2015 eine Weiterzahlung der Leistungen ab, da der Antragsteller und seine Familie ab diesem Zeitpunkt nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen seien. Über den hiergegen erhobenen Widerspruch wurde bislang nicht entschieden. Mit Bescheid vom 14.12.2015 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller und seiner Familie im Hinblick auf die erneute Arbeitsaufnahme des Antragstellers wieder Leistungen nach dem SGB II ab dem 21.10.2015 in Höhe von EUR 430,66 für Oktober 2015, EUR 1.430,12 für November 2015, EUR 1.142,13 für Dezember 2015 und jeweils EUR 1.144,11 für Januar bis März 2016. Er berücksichtigte hierbei die tatsächliche Miete und das zugeflossene Einkommen abzüglich der jeweils maßgeblichen Freibeträge.
Durch Beschluss vom 12.11.2015 (dem Antragsgegner zugestellt am 25.11.2015) hat das Sozialgericht Mainz den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Arbeitslosengeld II in Höhe von EUR 937,10 monatlich für den Zeitraum vom 1.10.2015 bis zum 31.12.2015 und in Höhe von EUR 941,10 monatlich für den Zeitraum vom 1.1.2016 bis zum 31.3.2016 zu zahlen: Der Antrag betreffe nur den Antragsteller selbst, wie sich aus dem Protokoll der Geschäftsstelle des Sozialgerichts ergebe. Der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Abgesehen von dem fraglichen Vorliegen eines Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II lägen die Anspruchsvoraussetzungen – insbesondere der Aufenthalt im Bundesgebiet und die Hilfebedürftigkeit – vor. Der Antragsteller sei aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand sei es möglich, dass der Antragsteller bereits tatbestandlich nicht unter die Ausschlussregelung falle, weil er nicht mehr über ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche verfügen könnte. Selbst wenn dies der Fall wäre, dürfte die Ausschlussregelung wegen Verstoßes gegen Art. 4 iVm Art. 70 der Verordnung (EG) 883/2004 europarechtswidrig sein. Darüber hinaus sei der Leistungsausschluss nach der Rechtsauffassung der Kammer verfassungswidrig. Wegen der weiteren Begründung des Sozialgerichts wird auf dessen Beschluss vom 12.11.2015 verwiesen.
Hiergegen richtet sich die am 18.12.2015 bei Gericht eingegangene Beschwerde mit der der Antragsgegner vorträgt, nach seiner Auffassung widerspreche der Leistungsausschluss nicht dem Grundgesetz. Nach dem Urteil des EuGH vom 15.9.2015 (C-67/14) sei er auch mit europäischem Recht vereinbar.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 12.11.2015 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
Er wäre mit der Entscheidung des Sozialgerichts einverstanden, wenn alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft mit einbezogen worden wären. Er sei davon ausgegangen, dass dieses Verfahren allen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft gelte. Dies sei bei der persönlichen Vorsprache zum Verfahren S 11 AS 1047/15 ER am 19.11.2015 bereits erklärt worden. Wegen der mangelnden Deutsch-Kenntnisse sei es zu Verständigungsproblemen gekommen. Es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass der Übersetzer seinen Vortrag in der Ich-Form weitergegeben habe. Er arbeite bei der Firma G auf Stundenbasis und besuche zur Zeit mit seiner Frau einen Integrationskurs. Er suche jedoch einen Vollzeitjob um seine Familie ernähren zu können.
Einen am 19.11.2015 (im Namen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft) gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Sozialgericht Mainz durch Beschluss vom 30.12.2015 (S 11 AS 1047/15 ER) abgelehnt, da der Antragsteller und seine Familie ab dem 21.10.2015 wieder Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe erhielten und der Eilantrag im Übrigen (d. h. in Bezug auf vergangene Zeiträume) unzulässig sei.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Sozialgerichts Mainz zum Verfahren S 11 AS 1047/15 ER sowie die bei Gericht eingereichte Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner zu Unrecht zur einstweiligen Leistungserbringung nach dem SGB II an den Antragsteller ab dem 1.10.2015 verpflichtet. Denn dem Antragsteller stand ein entsprechender Anordnungsanspruch im Zeitraum vom 1.10.2015 bis zum 20.10.2015 nicht zu. Seit dem 21.10.2015 erhalten der Antragsteller und seine Familie im Hinblick auf die neuerliche Arbeitsaufnahme des Antragstellers zu diesem Zeitpunkt wieder Leistungen nach dem SGB II in korrekter Höhe. Der Antragsgegner hat den Bedarf des Antragstellers und seiner Familie zutreffend und insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung berechnet und hiervon die tatsächlich zugeflossenen Einkünfte abzüglich der einschlägigen Freibeträge abgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid des Antragsgegners vom 14.12.2015 verwiesen. Gegen die Leistungshöhe ab dem 21.10.2015 hat der Antragsteller auch keine Einwendungen erhoben.
1. Ab dem 1.10.2015 war ein Anordnungsanspruch hingegen – entgegen der Ansicht des Sozialgerichts – nicht glaubhaft gemacht, da der Antragsteller (und damit auch seine Familienangehörigen) im Zeitraum vom 1.10.2015 bis zum 20.10.2015 nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen waren.
a) Denn das Aufenthaltsrecht des Antragstellers ergab sich in diesem Zeitraum allein aus dem Zweck der Arbeitsuche. Das Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU galt nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU nur für sechs Monate nach (unfreiwilliger) Beendigung der weniger als ein Jahr dauernden Beschäftigung weiter, d. h. bis zum 30.9.2015. Welche Bemühungen der Antragsteller zur Beendigung seiner Arbeitslosigkeit während dieses Zeitraums und anschließend unternommen hat und ob im Hinblick darauf bereits von einer Anbindung an den inländischen Arbeitsmarkt ausgegangen werden kann, ist hierfür nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU unerheblich.
b) Der Senat hat bereits entschieden (Beschluss v. 5.11.2015 – L 3 AS 479/15 B ER, juris RdNr. 14 ff.), dass der Leistungssauschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auch für den Fall gilt, dass das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr.1a FreizügG/EU in Folge eines über sechs Monate dauernden Aufenthalts und nicht erbrachter Nachweise über eine Erfolg versprechende Arbeitsuche weggefallen ist, sich der Antragsteller also bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde nach § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU über das Nichtbestehen eines Freizügigkeitsrechts noch in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten darf und erst nach einer entsprechenden Feststellung der Ausländerbehörde (§ 7 Abs.1 Satz 1 FreizügG/EU) ausreisepflichtig wäre. Die Anwendbarkeit dieses Leistungsausschlusses auf die genannten Sachverhalte wurde inzwischen auch durch das BSG bestätigt (Urteil vom 3.12.2015 – B 4 AS 44/15 R, juris RdNr. 16). Ob dies aus einer unmittelbaren Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II oder einer analogen Anwendung der Vorschrift im Sinne eines "Erst-Recht-Schlusses" folgt, kann für das vorliegende Verfahren letztendlich offen bleiben.
2. Der Leistungsausschluss verstößt – wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat (Beschluss vom 5.11.2015, aaO RdNr. 20 ff.) – weder gegen europäisches Unionsrecht (EuGH, Urteil vom 15.9.2015 – C-67/14), noch gegen das Grundgesetz.
a) Entgegen der Ansicht des SG gebietet das Grundgesetz nicht die Gewährung bedarfsunabhängiger, voraussetzungsloser Sozialleistungen (BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010 – 1 BvR 2556/09, juris Rz. 13). Vielmehr liegt es in der politischen Verantwortung des parlamentarischen Gesetzgebers im Rahmen des ihm zustehen-den Gestaltungsspielraums zu bestimmen, welche Leistungen in welcher Höhe zur Existenzsicherung gewährt werden und die hierbei erforderlichen Wertungen vorzunehmen. Die bestehenden Regelungen zur Gewährung von Leistungen zur Existenzsicherung sind mit dem Grundrecht des Antragstellers auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar. Er kann darauf verwiesen werden, Leistungen seines Heimatlandes zur Sicherung seines Lebensunterhaltes in Anspruch zu nehmen oder von seinem Freizügigkeitsrecht innerhalb des Hoheitsgebiets der EU Gebrauch zu machen. Mit dem Leistungsausschluss für EU-Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, hat der Gesetzgeber den Nachrang des Deutschen Sozialleistungssystems gegenüber dem des Herkunftslandes normiert. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (so auch LSG Bayern, Beschluss vom 13.10.2015 – L 16 AS 612/15 ER und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.06.2015 – L 1 AS 2338/15 ER-B). Auch der aus dem gesetzlichen Leistungsausschluss resultierende faktische Zwang ins Herkunftsland zurückkehren oder in einen anderen Mitgliedstaat reisen zu müssen, weil es ihm nicht möglich ist, seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland sicherzustellen, stellt keine Verletzung des Grund-rechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dar. Die Situation ist vergleichbar mit der von Auszubildenden und Studenten, die ihre Arbeitskraft für ihren Lebensunterhalt einsetzen müssen (so zu Recht und überzeugend LSG Bayern, a.a.O., unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des BVerfG zu den Leistungsausschlüssen für Studenten und Auszubildende gemäß § 7 Abs. 5 SGB II vom 3.9.2014 – 1 BvR 1768/11 und vom 8.10.2014 – 1 BvR 886/11).
b) Der dem Grundgesetz verpflichtete Gesetzgeber hat auch keine aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG resultierende verfassungsrechtliche Pflicht über die bereits getroffenen Regelungen hinaus jedem Menschen, der sich – aus welchen Gründen auch immer, also legal oder illegal – in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, voraussetzungslose Sozialleistungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010 – 1 BvR 2556/09, juris Rz. 13) zu gewähren und die drei heutigen Existenzsicherungssysteme, deren verfassungsrechtlicher Kern das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG ist, um eine weitere Regelung zu ergänzen (vgl. zur Handlungspflicht des Gesetzgebers BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.10.1995 – 1 BvR 1348/95). Wie bereits ausgeführt, liegt es in der politischen Verantwortung des parlamentarischen Gesetzgebers im Rahmen seiner insoweit grundsätzlich freien Entscheidung zu bestimmen, welche Sozialleistungen in welcher Höhe gewährt werden und die hierbei erforderlichen Wertungen vorzunehmen.
c) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des SG auch nicht aus den Grundsätzen, die das BVerfG in seiner Entscheidung vom 18.7.2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 für die nach dem AsylbLG zu gewährenden Leistungen aufgestellt hat. Insbesondere ist hieraus nicht der Schluss zu ziehen, das BVerfG habe hier grundlegend entschieden, dass jeder Mensch, der – aus welchen Gründen auch immer – in die Bundesrepublik Deutschland einreist und sich hier aufhält, generell und voraussetzungslos über die bereits bestehenden Existenzsicherungssysteme Anspruch auf (dauerhafte) staatliche Leistungen zur Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums unmittelbar aus der Verfassung hat. Abgesehen davon, dass ausdrücklich nur über § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und § 3 Abs. 2 Satz 3 iVm Abs. 1 Satz 4 AsylbLG sowie § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 und § 3 Abs. 2 Satz 3 iVm Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 des AsylbLG (jeweils in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.8.1997 (BGB l. I S. 2022) entschieden wurde, ergibt sich insbesondere aus der Begründung, dass diese Erwägungen nicht all-gemein zu verstehen sind, sondern mit Blick auf die konkrete Fragestellung, nämlich, ob die nach dem AsylblG für diesen Personenkreis zu gewährenden Leistungen unter Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art 20 Abs. 1 GG ausreichen, die entsprechenden Regeln also verfassungsgemäß sind (vgl. hierzu Rz. 68, 95).
3. Ein Anordnungsanspruch ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Da folglich eine Leistungspflicht des Trägers der Sozialhilfe nicht ernsthaft in Betracht kommt, war dieser im vorliegenden Verfahren auch nicht nach § 75 Abs. 2 SGG beizuladen.
a) Es kann hierbei letztendlich offen bleiben, ob der Antragsteller bereits deswegen nach § 21 Satz 1 SGB XII von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen ist, weil er als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger vom Grundsatz her alle Voraussetzungen des Leistungsanspruchs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllt und daher "nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige(r) ( ) dem Grunde nach leistungsberechtigt" ist (vgl. zum Meinungsstand LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.5.2014 – L 8 SO 129/14 B, juris RdNr. 13 ff.). Hierfür sprechen neben dem Wortlaut der Vorschrift vor allem Sinn und Zweck sowie der Wille des Gesetzgebers, wie er in der Begründung des Entwurfs der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 5.9.2003 klar zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 15/1514, S. 57):
"Die Regelung setzt nicht voraus, dass jemand tatsächlich Leistungen des anderen Sozialleistungsträgers erhält oder voll erhält, sondern knüpft an die Eigenschaft als Erwerbsfähige oder deren im Zweiten Buch näher bezeichnete Angehörige an".
Denn jedenfalls bestünde auch bei einer Anwendung der Vorschriften des SGB XII für den Antragsteller kein Leistungsanspruch. Hierfür käme allenfalls die Auffangvorschrift nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in Betracht, deren Voraussetzungen im vorliegenden Fall aber nicht erfüllt sind.
aa) Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII kann "im Übrigen" (d. h. wenn ein Leistungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht besteht) Sozialhilfe geleistet wer-den, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Es handelt sich hierbei folglich um eine Ermessensleistung die voraussetzt, dass eine Leistungserbringung im konkreten Einzelfall auch in Ansehung von Sinn und Zweck eines bestimmten, grundsätzlich eingreifenden Leistungsausschlusses gerechtfertigt ist (vgl. hierzu bereits BVerwG, Urteil vom 10.12.1987 – 5 C 32/85, BVerwGE 78, 314, juris RdNr. 18 f. zu § 120 BSHG). Im vorliegenden Fall sind indes keine Anhaltspunkte glaubhaft gemacht oder sonst ersichtlich, nach denen im vorliegenden konkreten Einzelfall eine Gewährung von Sozialhilfe trotz des gesetzlich ausdrücklich geregelten Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bzw. gleichlautend für das SGB XII in § 23 Abs. 3 Satz 1 ausnahmsweise gerechtfertigt sein könnte.
bb) Angesichts des gesetzlich ausdrücklich geregelten Leistungsausschlusses für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, Sinn und Zweck dieser Regelung, einer "Einwanderung in die Sozialsysteme" unter Ausnutzung der Möglichkeiten, die die Freizügigkeit für EU-Bürger innerhalb des EU-Binnenmarktes bietet, entgegenzuwirken (vgl. hierzu bereits den Beschluss des Senats vom 5.11.2015 – L 3 AS 479/15 B ER, juris RdNr. 18, sowie LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4.2.2015 – L 2 AS 14/15 B ER und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.6.2015 – L 1 AS 2338/15 ER-B) und der sich aus den Gesetzesmaterialien klar ergebenden Intention des Gesetzgebers, einen solchen Leistungsausschluss sicherzustellen (vgl. hierzu zu § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II BR-Drucks. 617/06, S. 15:
"Die Einfügung normiert einen der Regelung im Zweiten Buch Sozialgesetz-buch entsprechenden Leistungsausschluss für Ausländer und stellt damit zugleich sicher, dass Ausländer, die nach § 7 Absatz 1 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch haben, auch aus dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch keine Ansprüche herleiten können."),
kann den Ermessensleistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in diesem Zusammenhang allenfalls ein Ausnahmecharakter beigemessen werden, so dass es hierfür besonderer Umstände bedarf, um von dem grundsätzlich geltenden Leistungsausschluss abzuweichen. Solche Umstände sind im vorliegenden Verfahren aber weder glaubhaft gemacht, noch sonst ersichtlich.
b) Der entgegenstehenden Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3.12.2015 – B 4 AS 44/15 R, juris RdNr. 36 ff.) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Eine vom BSG als Begründung für eine Ermessensreduktion auf Null herangezogene – nach der Entscheidung des BSG nach sechs Monaten regelmäßig eintretende – Verfestigung des Aufenthaltsrechts (aaO RdNr. 53) kann nach Auffassung des Senats in Bezug auf einen Anspruch auf Sozialhilfe nicht Grundlage einer Ausnahmeentscheidung nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII sein. Denn abgesehen davon, dass sich für eine regelmäßige "Verfestigung des Aufenthaltsrechts" nach sechs Monaten aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen keinerlei Anhaltspunkte ableiten lassen (im Gegenteil dürfte sich das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a und Satz 2 FreizügG/EU für arbeitslose und arbeitsuchende Unionsbürger nach sechs Monaten eher lockern) und aus einem solchen Aufenthaltsrecht im Hinblick auf die gerade für diese Fälle geltenden Leistungsausschlüssen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II und § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII jedenfalls für einen Anspruch auf Sozialhilfe keine Rückschlüsse ziehen lassen, handelt es sich hierbei um eine abstrakt-generelle Erwägung, die eine Ausnahme in einem konkreten Einzelfall angesichts des auch für diesen Fall gesetzlich grundsätzlich angeordneten Leistungsausschlusses nicht rechtfertigen kann. Denn dadurch würde die gesetzliche Regelung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII mit abstrakt-generellen Erwägungen – jedenfalls was Unionsbürger betrifft, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten – in ihr Gegenteil verkehrt und damit eine (abstrakt-generelle) Regelung zur Anwendung gebracht, für die es so in den gesetzgebenden Körperschaften keine politische Mehrheit gegeben hat.
4. Im vorliegenden Verfahren kann daher letztendlich dahingestellt bleiben, ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom Antragsteller ausschließlich im eigenen Namen, oder zugleich auch in Vertretung seiner Ehefrau und seiner Kinder gestellt wurde.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
6. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt mit seinem am 12.10.2015 zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Mainz gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab dem 1.10.2015.
Der Antragsteller ist spanischer Staatsangehöriger und lebt mit seiner aus seiner Ehefrau und zwei Kindern bestehenden Familie seit Juni 2014 in Deutschland. Sie bewohnen gemeinsam eine 68,72 qm große Wohnung, für die sie monatlich eine Nettokaltmiete von EUR 417,10, eine Betriebskostenvorauszahlung von EUR 100 und Heizkosten von EUR 60 aufwenden. Für die beiden Kinder erhalten sie EUR 368 Kindergeld monatlich. Vom 1.8.2014 bis zum 31.3.2015 übte der Antragsteller eine Vollzeitbeschäftigung aus, die durch Kündigung des Arbeitgebers beendet wurde. Seit dem 21.10.2015 geht er einer geringfügigen Beschäftigung nach, aus der ihm im November (netto) EUR 90,83 zugeflossen sind und seit Dezember EUR 460 zufließen.
Der Antragsgegner gewährte dem Antragsteller und seiner Familie vom 1.4.2015 bis zum 30.9.2015 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Ab dem 1.10.2015 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 8.10.2015 eine Weiterzahlung der Leistungen ab, da der Antragsteller und seine Familie ab diesem Zeitpunkt nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen seien. Über den hiergegen erhobenen Widerspruch wurde bislang nicht entschieden. Mit Bescheid vom 14.12.2015 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller und seiner Familie im Hinblick auf die erneute Arbeitsaufnahme des Antragstellers wieder Leistungen nach dem SGB II ab dem 21.10.2015 in Höhe von EUR 430,66 für Oktober 2015, EUR 1.430,12 für November 2015, EUR 1.142,13 für Dezember 2015 und jeweils EUR 1.144,11 für Januar bis März 2016. Er berücksichtigte hierbei die tatsächliche Miete und das zugeflossene Einkommen abzüglich der jeweils maßgeblichen Freibeträge.
Durch Beschluss vom 12.11.2015 (dem Antragsgegner zugestellt am 25.11.2015) hat das Sozialgericht Mainz den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Arbeitslosengeld II in Höhe von EUR 937,10 monatlich für den Zeitraum vom 1.10.2015 bis zum 31.12.2015 und in Höhe von EUR 941,10 monatlich für den Zeitraum vom 1.1.2016 bis zum 31.3.2016 zu zahlen: Der Antrag betreffe nur den Antragsteller selbst, wie sich aus dem Protokoll der Geschäftsstelle des Sozialgerichts ergebe. Der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Abgesehen von dem fraglichen Vorliegen eines Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II lägen die Anspruchsvoraussetzungen – insbesondere der Aufenthalt im Bundesgebiet und die Hilfebedürftigkeit – vor. Der Antragsteller sei aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand sei es möglich, dass der Antragsteller bereits tatbestandlich nicht unter die Ausschlussregelung falle, weil er nicht mehr über ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche verfügen könnte. Selbst wenn dies der Fall wäre, dürfte die Ausschlussregelung wegen Verstoßes gegen Art. 4 iVm Art. 70 der Verordnung (EG) 883/2004 europarechtswidrig sein. Darüber hinaus sei der Leistungsausschluss nach der Rechtsauffassung der Kammer verfassungswidrig. Wegen der weiteren Begründung des Sozialgerichts wird auf dessen Beschluss vom 12.11.2015 verwiesen.
Hiergegen richtet sich die am 18.12.2015 bei Gericht eingegangene Beschwerde mit der der Antragsgegner vorträgt, nach seiner Auffassung widerspreche der Leistungsausschluss nicht dem Grundgesetz. Nach dem Urteil des EuGH vom 15.9.2015 (C-67/14) sei er auch mit europäischem Recht vereinbar.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 12.11.2015 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
Er wäre mit der Entscheidung des Sozialgerichts einverstanden, wenn alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft mit einbezogen worden wären. Er sei davon ausgegangen, dass dieses Verfahren allen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft gelte. Dies sei bei der persönlichen Vorsprache zum Verfahren S 11 AS 1047/15 ER am 19.11.2015 bereits erklärt worden. Wegen der mangelnden Deutsch-Kenntnisse sei es zu Verständigungsproblemen gekommen. Es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass der Übersetzer seinen Vortrag in der Ich-Form weitergegeben habe. Er arbeite bei der Firma G auf Stundenbasis und besuche zur Zeit mit seiner Frau einen Integrationskurs. Er suche jedoch einen Vollzeitjob um seine Familie ernähren zu können.
Einen am 19.11.2015 (im Namen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft) gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Sozialgericht Mainz durch Beschluss vom 30.12.2015 (S 11 AS 1047/15 ER) abgelehnt, da der Antragsteller und seine Familie ab dem 21.10.2015 wieder Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe erhielten und der Eilantrag im Übrigen (d. h. in Bezug auf vergangene Zeiträume) unzulässig sei.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Sozialgerichts Mainz zum Verfahren S 11 AS 1047/15 ER sowie die bei Gericht eingereichte Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner zu Unrecht zur einstweiligen Leistungserbringung nach dem SGB II an den Antragsteller ab dem 1.10.2015 verpflichtet. Denn dem Antragsteller stand ein entsprechender Anordnungsanspruch im Zeitraum vom 1.10.2015 bis zum 20.10.2015 nicht zu. Seit dem 21.10.2015 erhalten der Antragsteller und seine Familie im Hinblick auf die neuerliche Arbeitsaufnahme des Antragstellers zu diesem Zeitpunkt wieder Leistungen nach dem SGB II in korrekter Höhe. Der Antragsgegner hat den Bedarf des Antragstellers und seiner Familie zutreffend und insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung berechnet und hiervon die tatsächlich zugeflossenen Einkünfte abzüglich der einschlägigen Freibeträge abgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid des Antragsgegners vom 14.12.2015 verwiesen. Gegen die Leistungshöhe ab dem 21.10.2015 hat der Antragsteller auch keine Einwendungen erhoben.
1. Ab dem 1.10.2015 war ein Anordnungsanspruch hingegen – entgegen der Ansicht des Sozialgerichts – nicht glaubhaft gemacht, da der Antragsteller (und damit auch seine Familienangehörigen) im Zeitraum vom 1.10.2015 bis zum 20.10.2015 nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen waren.
a) Denn das Aufenthaltsrecht des Antragstellers ergab sich in diesem Zeitraum allein aus dem Zweck der Arbeitsuche. Das Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU galt nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU nur für sechs Monate nach (unfreiwilliger) Beendigung der weniger als ein Jahr dauernden Beschäftigung weiter, d. h. bis zum 30.9.2015. Welche Bemühungen der Antragsteller zur Beendigung seiner Arbeitslosigkeit während dieses Zeitraums und anschließend unternommen hat und ob im Hinblick darauf bereits von einer Anbindung an den inländischen Arbeitsmarkt ausgegangen werden kann, ist hierfür nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU unerheblich.
b) Der Senat hat bereits entschieden (Beschluss v. 5.11.2015 – L 3 AS 479/15 B ER, juris RdNr. 14 ff.), dass der Leistungssauschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auch für den Fall gilt, dass das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr.1a FreizügG/EU in Folge eines über sechs Monate dauernden Aufenthalts und nicht erbrachter Nachweise über eine Erfolg versprechende Arbeitsuche weggefallen ist, sich der Antragsteller also bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde nach § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU über das Nichtbestehen eines Freizügigkeitsrechts noch in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten darf und erst nach einer entsprechenden Feststellung der Ausländerbehörde (§ 7 Abs.1 Satz 1 FreizügG/EU) ausreisepflichtig wäre. Die Anwendbarkeit dieses Leistungsausschlusses auf die genannten Sachverhalte wurde inzwischen auch durch das BSG bestätigt (Urteil vom 3.12.2015 – B 4 AS 44/15 R, juris RdNr. 16). Ob dies aus einer unmittelbaren Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II oder einer analogen Anwendung der Vorschrift im Sinne eines "Erst-Recht-Schlusses" folgt, kann für das vorliegende Verfahren letztendlich offen bleiben.
2. Der Leistungsausschluss verstößt – wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat (Beschluss vom 5.11.2015, aaO RdNr. 20 ff.) – weder gegen europäisches Unionsrecht (EuGH, Urteil vom 15.9.2015 – C-67/14), noch gegen das Grundgesetz.
a) Entgegen der Ansicht des SG gebietet das Grundgesetz nicht die Gewährung bedarfsunabhängiger, voraussetzungsloser Sozialleistungen (BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010 – 1 BvR 2556/09, juris Rz. 13). Vielmehr liegt es in der politischen Verantwortung des parlamentarischen Gesetzgebers im Rahmen des ihm zustehen-den Gestaltungsspielraums zu bestimmen, welche Leistungen in welcher Höhe zur Existenzsicherung gewährt werden und die hierbei erforderlichen Wertungen vorzunehmen. Die bestehenden Regelungen zur Gewährung von Leistungen zur Existenzsicherung sind mit dem Grundrecht des Antragstellers auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar. Er kann darauf verwiesen werden, Leistungen seines Heimatlandes zur Sicherung seines Lebensunterhaltes in Anspruch zu nehmen oder von seinem Freizügigkeitsrecht innerhalb des Hoheitsgebiets der EU Gebrauch zu machen. Mit dem Leistungsausschluss für EU-Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, hat der Gesetzgeber den Nachrang des Deutschen Sozialleistungssystems gegenüber dem des Herkunftslandes normiert. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (so auch LSG Bayern, Beschluss vom 13.10.2015 – L 16 AS 612/15 ER und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.06.2015 – L 1 AS 2338/15 ER-B). Auch der aus dem gesetzlichen Leistungsausschluss resultierende faktische Zwang ins Herkunftsland zurückkehren oder in einen anderen Mitgliedstaat reisen zu müssen, weil es ihm nicht möglich ist, seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland sicherzustellen, stellt keine Verletzung des Grund-rechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dar. Die Situation ist vergleichbar mit der von Auszubildenden und Studenten, die ihre Arbeitskraft für ihren Lebensunterhalt einsetzen müssen (so zu Recht und überzeugend LSG Bayern, a.a.O., unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des BVerfG zu den Leistungsausschlüssen für Studenten und Auszubildende gemäß § 7 Abs. 5 SGB II vom 3.9.2014 – 1 BvR 1768/11 und vom 8.10.2014 – 1 BvR 886/11).
b) Der dem Grundgesetz verpflichtete Gesetzgeber hat auch keine aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG resultierende verfassungsrechtliche Pflicht über die bereits getroffenen Regelungen hinaus jedem Menschen, der sich – aus welchen Gründen auch immer, also legal oder illegal – in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, voraussetzungslose Sozialleistungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010 – 1 BvR 2556/09, juris Rz. 13) zu gewähren und die drei heutigen Existenzsicherungssysteme, deren verfassungsrechtlicher Kern das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG ist, um eine weitere Regelung zu ergänzen (vgl. zur Handlungspflicht des Gesetzgebers BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.10.1995 – 1 BvR 1348/95). Wie bereits ausgeführt, liegt es in der politischen Verantwortung des parlamentarischen Gesetzgebers im Rahmen seiner insoweit grundsätzlich freien Entscheidung zu bestimmen, welche Sozialleistungen in welcher Höhe gewährt werden und die hierbei erforderlichen Wertungen vorzunehmen.
c) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des SG auch nicht aus den Grundsätzen, die das BVerfG in seiner Entscheidung vom 18.7.2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 für die nach dem AsylbLG zu gewährenden Leistungen aufgestellt hat. Insbesondere ist hieraus nicht der Schluss zu ziehen, das BVerfG habe hier grundlegend entschieden, dass jeder Mensch, der – aus welchen Gründen auch immer – in die Bundesrepublik Deutschland einreist und sich hier aufhält, generell und voraussetzungslos über die bereits bestehenden Existenzsicherungssysteme Anspruch auf (dauerhafte) staatliche Leistungen zur Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums unmittelbar aus der Verfassung hat. Abgesehen davon, dass ausdrücklich nur über § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und § 3 Abs. 2 Satz 3 iVm Abs. 1 Satz 4 AsylbLG sowie § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 und § 3 Abs. 2 Satz 3 iVm Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 des AsylbLG (jeweils in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.8.1997 (BGB l. I S. 2022) entschieden wurde, ergibt sich insbesondere aus der Begründung, dass diese Erwägungen nicht all-gemein zu verstehen sind, sondern mit Blick auf die konkrete Fragestellung, nämlich, ob die nach dem AsylblG für diesen Personenkreis zu gewährenden Leistungen unter Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art 20 Abs. 1 GG ausreichen, die entsprechenden Regeln also verfassungsgemäß sind (vgl. hierzu Rz. 68, 95).
3. Ein Anordnungsanspruch ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Da folglich eine Leistungspflicht des Trägers der Sozialhilfe nicht ernsthaft in Betracht kommt, war dieser im vorliegenden Verfahren auch nicht nach § 75 Abs. 2 SGG beizuladen.
a) Es kann hierbei letztendlich offen bleiben, ob der Antragsteller bereits deswegen nach § 21 Satz 1 SGB XII von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen ist, weil er als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger vom Grundsatz her alle Voraussetzungen des Leistungsanspruchs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllt und daher "nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige(r) ( ) dem Grunde nach leistungsberechtigt" ist (vgl. zum Meinungsstand LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.5.2014 – L 8 SO 129/14 B, juris RdNr. 13 ff.). Hierfür sprechen neben dem Wortlaut der Vorschrift vor allem Sinn und Zweck sowie der Wille des Gesetzgebers, wie er in der Begründung des Entwurfs der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 5.9.2003 klar zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 15/1514, S. 57):
"Die Regelung setzt nicht voraus, dass jemand tatsächlich Leistungen des anderen Sozialleistungsträgers erhält oder voll erhält, sondern knüpft an die Eigenschaft als Erwerbsfähige oder deren im Zweiten Buch näher bezeichnete Angehörige an".
Denn jedenfalls bestünde auch bei einer Anwendung der Vorschriften des SGB XII für den Antragsteller kein Leistungsanspruch. Hierfür käme allenfalls die Auffangvorschrift nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in Betracht, deren Voraussetzungen im vorliegenden Fall aber nicht erfüllt sind.
aa) Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII kann "im Übrigen" (d. h. wenn ein Leistungsanspruch nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht besteht) Sozialhilfe geleistet wer-den, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Es handelt sich hierbei folglich um eine Ermessensleistung die voraussetzt, dass eine Leistungserbringung im konkreten Einzelfall auch in Ansehung von Sinn und Zweck eines bestimmten, grundsätzlich eingreifenden Leistungsausschlusses gerechtfertigt ist (vgl. hierzu bereits BVerwG, Urteil vom 10.12.1987 – 5 C 32/85, BVerwGE 78, 314, juris RdNr. 18 f. zu § 120 BSHG). Im vorliegenden Fall sind indes keine Anhaltspunkte glaubhaft gemacht oder sonst ersichtlich, nach denen im vorliegenden konkreten Einzelfall eine Gewährung von Sozialhilfe trotz des gesetzlich ausdrücklich geregelten Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bzw. gleichlautend für das SGB XII in § 23 Abs. 3 Satz 1 ausnahmsweise gerechtfertigt sein könnte.
bb) Angesichts des gesetzlich ausdrücklich geregelten Leistungsausschlusses für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, Sinn und Zweck dieser Regelung, einer "Einwanderung in die Sozialsysteme" unter Ausnutzung der Möglichkeiten, die die Freizügigkeit für EU-Bürger innerhalb des EU-Binnenmarktes bietet, entgegenzuwirken (vgl. hierzu bereits den Beschluss des Senats vom 5.11.2015 – L 3 AS 479/15 B ER, juris RdNr. 18, sowie LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4.2.2015 – L 2 AS 14/15 B ER und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.6.2015 – L 1 AS 2338/15 ER-B) und der sich aus den Gesetzesmaterialien klar ergebenden Intention des Gesetzgebers, einen solchen Leistungsausschluss sicherzustellen (vgl. hierzu zu § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II BR-Drucks. 617/06, S. 15:
"Die Einfügung normiert einen der Regelung im Zweiten Buch Sozialgesetz-buch entsprechenden Leistungsausschluss für Ausländer und stellt damit zugleich sicher, dass Ausländer, die nach § 7 Absatz 1 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch haben, auch aus dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch keine Ansprüche herleiten können."),
kann den Ermessensleistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in diesem Zusammenhang allenfalls ein Ausnahmecharakter beigemessen werden, so dass es hierfür besonderer Umstände bedarf, um von dem grundsätzlich geltenden Leistungsausschluss abzuweichen. Solche Umstände sind im vorliegenden Verfahren aber weder glaubhaft gemacht, noch sonst ersichtlich.
b) Der entgegenstehenden Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3.12.2015 – B 4 AS 44/15 R, juris RdNr. 36 ff.) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Eine vom BSG als Begründung für eine Ermessensreduktion auf Null herangezogene – nach der Entscheidung des BSG nach sechs Monaten regelmäßig eintretende – Verfestigung des Aufenthaltsrechts (aaO RdNr. 53) kann nach Auffassung des Senats in Bezug auf einen Anspruch auf Sozialhilfe nicht Grundlage einer Ausnahmeentscheidung nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII sein. Denn abgesehen davon, dass sich für eine regelmäßige "Verfestigung des Aufenthaltsrechts" nach sechs Monaten aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen keinerlei Anhaltspunkte ableiten lassen (im Gegenteil dürfte sich das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a und Satz 2 FreizügG/EU für arbeitslose und arbeitsuchende Unionsbürger nach sechs Monaten eher lockern) und aus einem solchen Aufenthaltsrecht im Hinblick auf die gerade für diese Fälle geltenden Leistungsausschlüssen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II und § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII jedenfalls für einen Anspruch auf Sozialhilfe keine Rückschlüsse ziehen lassen, handelt es sich hierbei um eine abstrakt-generelle Erwägung, die eine Ausnahme in einem konkreten Einzelfall angesichts des auch für diesen Fall gesetzlich grundsätzlich angeordneten Leistungsausschlusses nicht rechtfertigen kann. Denn dadurch würde die gesetzliche Regelung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII mit abstrakt-generellen Erwägungen – jedenfalls was Unionsbürger betrifft, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten – in ihr Gegenteil verkehrt und damit eine (abstrakt-generelle) Regelung zur Anwendung gebracht, für die es so in den gesetzgebenden Körperschaften keine politische Mehrheit gegeben hat.
4. Im vorliegenden Verfahren kann daher letztendlich dahingestellt bleiben, ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom Antragsteller ausschließlich im eigenen Namen, oder zugleich auch in Vertretung seiner Ehefrau und seiner Kinder gestellt wurde.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
6. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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