L 3 BK 8/13

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 22 BK 68/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 BK 8/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein abstrakter Anspruch auf Kindergeld (hier nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes) genügt nicht für einen Anspruch auf Kinderzuschlag. Nach dem Sinn und Zweck von § 6a BKGG und dem Regelungszusammenhang ist der konkrete Anspruch auf Kindergeld maßgebend.
2. Auch bei einer temporären Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II kommt die Gewährung eines Kinderzuschlags grundsätzlich dann in Betracht, wenn ein Kind annähernd gleichwertig in mehreren Haushalten aufgenommen ist. Jedoch ist ein gemeinsamer Leistungsbezug von Kinderzuschlag durch mehrere Personen nicht möglich.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. April 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) für seinen am 2000 geborenen Sohn M für die Zeit ab April 2011.

Der erwerbstätige, unbeschränkt steuerpflichtige Kläger und die Mutter seines Kindes M leben getrennt. Das Kind hält sich zeitweise beim Kläger auf und wohnt im Übrigen im Haushalt der Mutter. Die Auszahlung des Kindergeldes nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) erfolgt an diese.

Am 14. April 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung eines Kinderzuschlags für sein Kind. Zur Begründung gab er an, dass das Kind zeitweise bei ihm lebe. Während der Dauer seiner Arbeitsschicht von sechs Tagen halte es sich bei der Mutter auf, danach lebe es für die Dauer von vier Tagen bei ihm.

Mit Bescheid vom 20. Juli 2011 lehnte die Beklagte die Bewilligung eines Kinderzuschlags für die Zeit ab April 2001 ab, da für das Kind kein Anspruch auf Kindergeld bestehe. Hiergegen legte der Kläger am 18. August 2011 Widerspruch ein und verwies darauf, dass er überobligatorisch Betreuungsleistungen erbringe. Es bestehe eine temporäre Bedarfsgemeinschaft. Der Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2012 zurück, da das Kind überwiegend im Haushalt der Mutter wohne und diese den vorrangigen Anspruch auf Kindergeld habe.

Hiergegen hat der Kläger am 9. Januar 2012 Klage erhoben und sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Umstand, dass die Kindesmutter das Kindergeld bezogen habe; stehe seinem Anspruch nicht entgegen. Abzustellen sei allein auf den Anspruch auf Kindergeld und nicht den tatsächlichen Bezug.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 12. April 2013 abgewiesen. Der Kläger haben keinen Anspruch auf Kinderzuschlag nach § 6a BKGG, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben seien. Zwar könnte der Kläger als Elternteil grundsätzlich Kindergeld nach § 62 EStG beanspruchen. Dieses werde gemäß § 64 EStG aber nur einem Berechtigten, hier der Kindesmutter, ausgezahlt. Mit dieser Vorschrift korrespondiere § 3 Abs. 1 BKGG, wonach Kindergeld, Kinderzuschlag und Leistungen für Bildung und Teilhabe nach dem Bundeskindergeldgesetz nur einer Person gewährt werden. Es sei Sache des Klägers, hinsichtlich des Kindergeldes eine Abänderung der Bezugsberechtigung herbeizuführen. Ein Auseinanderfallen der Ansprüche oder eine Aufteilung im Sinne einer temporären Bedarfsgemeinschaft nach dem Vorbild der Regelungen des Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) scheide nach dem Wortlaut der oben genannten Vorschriften aus.

Gegen das ihm am 19. April 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Mai 2013 (Dienstag nach Pfingsten) Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, dass es allein auf den Anspruch auf Kindergeld und nicht den Bezug ankomme. Eine temporäre Bedarfsgemeinschaft müsse auch beim Kinderzuschlag Berücksichtigung finden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. April 2013 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger beginnend mit dem Monat April 2011 Kinderzuschlag nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verbleibt bei ihrer erstinstanzlich vertretenen Auffassung, wonach der Kläger keinen Anspruch auf Kinderzuschlag habe, da er nicht auch das Kindergeld beziehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte nebst der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. April 2013 ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft, da Leistungen von mehr als 750,00 EUR betroffen sind (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Der Kläger begehrt die Gewährung eines Kinderzuschlags für die Zeit ab April 2011. Maßgebend ist § 6a BKGG in der vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2013 geltenden Fassung (vgl. Artikel 9 Nr. 2 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2592]). Nach § 6a Abs. 2 Satz 1 BKGG a. F. betrug der Kinderzuschlag für jedes zu berücksichtigende Kind jeweils bis zu 140,00 EUR monatlich. Es soll nach § 6a Abs. 2 Satz 2 BKGG jeweils für sechs Monate bewilligt werden. Allein für einen sechsmonatigen Regelbewilligungszeitraum ab April 2011 ergibt dies eine Gesamtforderung von 840,00 EUR. Damit wird der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG für die Berufung erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes damit unproblematisch überschritten.

2. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung eines Kinderzuschlages gemäß § 6a BKGG a. F. für sein Kind für die Zeit ab April 2011, da er die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt (a). Die Regelung in § 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG a. F. begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (b).

a) Nach § 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG a. F. erhielten Personen für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hatten, einen Kinderzuschlag, wenn sie für diese Kinder nach diesem Gesetz oder nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes Anspruch auf Kindergeld oder Anspruch auf andere Leistungen im Sinne von § 4 BKGG hatten.

Der Kläger erfüllt die vorgenannten Voraussetzungen für die Gewährung eines Kinderzuschlags nicht. Denn er hat, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, keinen Anspruch auf andere Leistungen im Sinne von § 4 BKGG, das heißt auf Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, auf Leistungen für Kinder, die außerhalb Deutschlands gewährt werden und dem Kindergeld oder einer der unter Nummer 1 genannten Leistungen vergleichbar sind, oder auf Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind. Er hat auch keinen Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz, weil er im maßgebenden Zeitraum im Sinne von § 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig war. Er hat aber auch, was hier streitig ist, keinen Anspruch auf Kindergeld nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes.

Ein abstrakter Anspruch auf Kindergeld, hier nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes, genügt nicht für einen Anspruch auf Kinderzuschlag. Zwar ist nach dem Wortlaut von § 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG a. F. allein Voraussetzung für einen Anspruch auf Kinderzuschlag, dass für Kinder unter anderem nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes ein Anspruch auf Kindergeld bestand. Als im Inland ansässiger Vater des Kindes (vgl. § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG) konnte der Kläger auch grundsätzlich nach § 62 EStG Kindergeld beanspruchen. Nach dem Sinn und Zweck von § 6a BKGG und dem Regelungszusammenhang ist jedoch der konkrete Anspruch auf Kindergeld maßgebend.

Ziel des Gesetzgebers ist es unter anderem zu vermeiden, dass Eltern nur wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in Anspruch nehmen müssen. Dies kann erreicht werden, wenn Eltern neben dem Kinderzuschlag auch Kindergeld oder eine vergleichbare Leistung erhalten. Der Kinderzuschlag deckt zusammen mit dem Kindergeld und den gegebenenfalls auf das Kind entfallenden Wohngeldanteil den durchschnittlichen Bedarf an Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld eines Kindes ab (vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 83 [zu § 6a Abs. 1 BKGG]).

Für die Frage, wer Kindergeld erhält oder – anders formuliert – konkret einen Anspruch auf Kindergeld hat, sind vorliegend neben der Regelung in § 62 EStG über die Anspruchsberechtigung (im Kindergeldrecht: § 1 BKGG) die Regelungen über das Zusammentreffen mehrerer Ansprüche in § 64 EStG (im Kindergeldrecht: § 3 BKGG) zu beachten. Nach § 64 Abs. 1 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Dem entspricht § 3 Abs. 1 BKGG, wonach für jedes Kind nur einer Person Kindergeld, Kinderzuschlag und Leistungen für Bildung und Teilhabe gewährt werden. § 64 Abs. 2 EStG und § 3 Abs. 2 BKGG enthalten Regelungen für den Fall, dass für ein Kind mehrere Personen die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, es mithin mehrere Berechtigte gibt. Regelungen für den Fall, dass das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen ist, finden sich in § 64 Abs. 3 EStG und § 3 Abs. 3 BKGG.

Mit den Regelungen in § 64 EStG, ebenso wie denen in § 3 BKGG, bezweckt der Gesetzgeber, dass der Kinderzuschlag sowie das Kindergeld für dasselbe Kind nicht mehrfach gewährt und auch nicht unter mehreren Berechtigten aufgeteilt wird (Grundsatz der Einmalgewährung). Beide Vorschriften stellen zunächst klar, dass das Kindergeld nur an einen (von mehreren) Berechtigten gezahlt werden kann (vgl. Finke, Die Bestimmung des Kindergeldberechtigten – Voraussetzungen und Zuständigkeiten, FPR 2012, 155 [156]). Maßgebend ist das Obhutsprinzip, wonach das Kindergeld demjenigen zustehen soll, der das Kind betreut, erzieht und versorgt (vgl. BT-Drs. 13/1558, S. 165 [zu § 3 Abs. 2 BKGG]; vgl. zu § 64 Abs. 1 EStG: BFH, Urteil vom 14. Mai 2002 – VIII R 64/00 – juris Rdnr. 13; BFH, Beschluss vom 12. Mai 2011 – III B 31/10 – juris Rdnr. 14; Felix, in: Kirchhof, Einkommensteuergesetz [14. Aufl., 2015], § 64 EStG Rdnr. 1; Selder, in: Blümich, Einkommensteuergesetz [130. Aufl., 2015], § 64 Rdnr. 11).

Wenn, wie hier, mehrere Personen die Voraussetzungen für den Anspruch auf Kindergeld erfüllen, wird nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (im Kindergeldrecht: § 3 Abs. 2 Satz 1 BKGG). Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten (vgl. § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG; im Kindergeldrecht: § 3 Abs. 2 Satz 2 BKGG). Wenn eine Bestimmung nicht getroffen wird, bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten (vgl. § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG; im Kindergeldrecht: § 3 Abs. 2 Satz 3 BKGG). Antragsberechtigt ist, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat (vgl. § 64 Abs. 2 Satz 4 EStG; im Kindergeldrecht: § 3 Abs. 2 Satz 4 BKGG).

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes gelten die Regelungen in § 64 Abs. 2 Satz 2 bis 4 EStG analog, wenn das Kind, wie zum Beispiel nach Trennung der Eltern, in zwei Haushalten nahezu gleichwertig aufgenommen worden ist (vgl. BFH, Urteil vom 23. März 2005 – III R 91/03BFHE 209, 338 = NJW 2005, 2175 = juris Rdnr. 13; BFH, Urteil vom 18. April 2013 – V R 41/11BFHE 241, 264 = BStBl. II 2014, 34 = juris Rdnr. 15; BFH, Beschluss vom 15. Januar 2014 – V B 31/13 – juris Rdnr. 4; Finke, a. a. O, FPR 2012, 155 [157]; Felix, a. a. O, § 64 EStG Rdnr. 2).

Auch bei einer temporären Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. Januar 2006 – B 7b AS 14/06 RBSGE 97, 242 ff. = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1 = juris, jeweils Rdnr. 27 ff.) kommt die Gewährung eines Kinderzuschlags grundsätzlich dann in Betracht, wenn ein Kind annähernd gleichwertig in mehreren Haushalten aufgenommen ist (vgl. auch Bay. LSG, Urteil vom 21. Januar 2013 – L 7 BK 5/12NZS 2013, 432 f. = juris Rdnr. 22, 27; Kühl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [4. Aufl., 2015], § 6a BKGG Rdnr. 32). Da nach den vorstehenden Ausführungen aber nur die Person Kinderzuschlag erhält, der Kindergeld gezahlt wird (vgl. § 62 Abs. 1 i. V. m. § 64 Abs. 1 und 2 Satz 1 EStG) oder die Kindergeld erhält (vgl. § 1 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 BKGG), ist ein gemeinsamer Leistungsbezug von Kinderzuschlag durch mehrere Personen nicht möglich (im Ergebnis ebenso LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11. Juni 2014 – L 13 BK 18/12 – juris Rdnr. 23; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 9. Juli 2014 – L 13 BK 20/09 – ZFSH/SGB 2014, 554 = juris Rdnr. 26). Deshalb hat der Kläger, der kein Kindergeld bezieht, keinen Anspruch auf Kinderzuschlag. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, ist es Sache des Klägers, hinsichtlich der bestehenden Bestimmung, wer Kindergeld beziehen soll, eine Abänderung entweder durch eine einvernehmliche Übereinkunft mit der Kindesmutter oder eine Entscheidung des Familiengerichts herbeizuführen. Solange er dies nicht erreicht, kommt auch bei Bestehen einer temporären Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II die Gewährung eines Kinderzuschlages nach § 6a BKGG nicht in Betracht.

Da der Kläger aus den genannten Gründen keinen Anspruch auf Kinderzuschlag hat, kann dahingestellt bleiben, ob das Kind des Klägers bei einem Verhältnis der Zeitanteile seiner Betreuung und Versorgung des Kindes bei den jeweiligen Elternteilen von 60 % zu 40 % annähernd gleichwertig im Haushalt des Klägers aufgenommen war (bejahend für den Bezug von Kindergeld nach dem EStG: BFH, Urteil vom 18. April 2013, a. a. O, juris Rdnr. 19). Ferner war nicht zu prüfen, ob der Kläger die weiteren Anspruchsvoraussetzungen aus § 6a Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BKGG a. F. erfüllt.

b) Verfassungsrechtliche Bedenken in Bezug auf diese Auslegung von § 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG a. F. bestehen nicht.

Hinsichtlich der Regelungen in § 64 Abs. 1 und 2 Satz 1 EStG, wonach das Kindergeld an nur einen Berechtigten zu zahlen ist und nicht aufgeteilt werden darf, und die für die Auslegung und Anwendung von § 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG a. F. von Bedeutung sind, hat der Bundesfinanzhof im Urteil vom 19. August 2003 keinen Verstoß gegen Artikel 6 Abs. 1 und 2 GG, gegen die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern und gegen Artikel 48 des EG-Vertrages festzustellen vermocht (vgl. BFH, Urteil vom 19. August 2003 – VIII R 60/99 – juris Rdnr. 8 ff.). Im Beschluss vom 14. Dezember 2004 hat der Bundesfinanzhof darüber hinaus eingehend dargestellt, dass weder gegen Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) noch gegen Artikel 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsgebot des Artikels 20 Abs. 1 GG, gegen Art. 8 Abs. 1 und Artikel 14 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder gegen Artikel 7, 20, 23 Abs. 1 und Artikel 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstoßen worden (vgl. BFH, Beschluss vom 14. Dezember 2004 – VIII R 106/03FamRZ 2005, 618 ff. = juris Rdnr. 25 ff.). Diese Rechtsprechung hat er in einer Reihe weiterer Entscheidungen bestätigt (vgl. z. B. BFH, Beschluss vom 12. Mai 2011 – III B 31/10 – juris Rdnr. 9; BFH, Beschluss vom 15. Februar 2012 – XI S 25/11 [PKH] – juris Rdnr. 13 [auch unter Berücksichtigung des Erlasses des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011]).

Gegen die oben dargestellte Auslegung von § 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG a. F. ist verfassungsrechtlich ebenfalls nichts einzuwenden. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Sozialstaatsprinzips aus Artikel 20 Abs. 1 GG und der Ausgestaltung von Sozialleistungen ein Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. die umfangreichen Nachweise bei Sächs. LSG, Urteil vom 24. Mai 2012 – L 3 AS 208/11 – juris Rdnr. 40 und Sächs. LSG, Urteil vom 15. Januar 2015 – L 3 AL 30/13 – juris Rdnr. 35). Es ist deshalb dem Gesetzgeber vorbehalten zu entscheiden, in welcher Weise er dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Abs. 1 GG Rechnung tragen will. Ein Anspruch darauf, dass das Recht des Kinderzuschlags zu auszugestalten ist, dass ein hilfebedürftiger Elternteil nicht unter den Geltungsbereich des SGB II fällt, besteht von Verfassungs wegen nicht.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

III. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe dafür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

Dr. Scheer Höhl Krewer
Rechtskraft
Aus
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