L 5 KR 1498/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 KR 3040/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1498/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 04.02.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten in Höhe von insgesamt 13.712,80 EUR für die Behandlung des verstorbenen Vaters des Klägers mit dem Medikament Revlimid im Rahmen des Off-Label-Use.

Der 1931 geborene Vater des Klägers (im Folgenden der Versicherte) war bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er verstarb 2010. Nach dem Erbschein vom 15.10.2010 waren seine Ehefrau (die Mutter des Klägers) und der Kläger jeweils zur Hälfte die Erben. Nachdem die Ehefrau das Erbe ausgeschlagen hatte, war der Kläger Alleinerbe des Versicherten. Die Ehefrau führte das im Zeitpunkt des Todes des Versicherten bereits anhängige Klageverfahren als Sonderrechtsnachfolgerin fort. Nachdem sie 2015 verstorben war, erklärte der Kläger, das Verfahren als alleiniger Erbe des Versicherten und als alleiniger Erbe seiner verstorbenen Mutter fortzuführen.

Der Versicherte erkrankte im Januar 2010 an einem myelodysplastischen Syndrom (MDS), einer Erkrankung des Knochenmarks, die aufgrund einer Veränderung der pluripotenten Stammzellen zu einer Verminderung und qualitativen Veränderung der Blutbildung führt.

Der Versicherte beantragte am 25.02.2010 mittels Vorlage eines Schreibens des Universitätsspitals B. vom 18.02.2010 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Behandlung mit dem Medikament Revlimid. In dem Schreiben wird ausgeführt, das bei dem Versicherten im Januar 2010 diagnostizierte myelodysplastische Syndrom (MDS) sei aufgrund des hohen Risiko Score als "high-risk" zu klassifizieren. Es liege eine zytogenetische Anomalie 5q- vor. Vor diesem Hintergrund baten die behandelnden Ärzte um die Übernahme der Kosten für eine Behandlung mit dem Medikament Revlimid für einen Zeitraum von zunächst drei Monaten. Revlimid sei beim multiplen Myelom als Zweitlinienbehandlung zugelassen. Es sei auch bei einem MDS, insbesondere beim Vorliegen einer zytogenetischen Anomalie 5q- wirksam. Als oral durchführbare Therapie sei im Gegensatz zu parenteral verabreichten Medikamenten infolge der einfacheren Verabreichung ein ökonomischer Benefit zu erwarten.

Der Versicherte wurde im März und April 2010 mit Revlimid und anschließend mit Vidaza behandelt.

Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr. B. kam in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 08.03.2010 zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Verordnung des Medikaments Revlimid (Wirkstoff Lenalidomid) bei der beim Versicherten festgestellten Diagnose MDS um eine Verordnung außerhalb der in Deutschland zugelassenen Indikation handele (sog. "Off-Label-Use"). Die Zulassung von Lenalidomid zur Behandlung der Anämie bei MDS sei am 30.05.2008 von der zentralen europäischen Arzneimittelzulassungsbehörde (EMEA) abgelehnt worden. Für die Behandlung des high-risk MDS habe die EMEA am 17.12.2008 jedoch Azacidine (Vidaza®) zugelassen. Da nicht ersichtlich sei, dass dieses Medikament nicht zur Behandlung im Falle des Versicherten geeignet sei, seien die medizinischen Voraussetzungen für die beantragte Leistung nicht erfüllt.

Mit Schreiben vom 08.03.2010 teilte die Beklagte unter Verweis auf die Stellungnahme des MDK dem Versicherten mit, dass die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme für eine Versorgung mit dem Medikament Revlimid nicht gegeben seien. Der Versicherte legte einen weiteren Bericht des Universitätsspitals B. vom 24.03.2010 vor, worin über eine Knochenmarkszytologie am 12.01.2010 berichtet wird, die eine komplexe Zytogenetik (komplexer Karyotyp - 42 XY inkl. 5q-) ergeben habe. Es bestehe ein hoher Transfusionsbedarf mit 2-4 Erythrozytenkonzentraten im Monat, der Beginn einer Therapie mit Lenalidomid sei geplant. Die Beklagte wandte sich erneut an den MDK. Dr. B. verblieb in seiner Stellungnahme vom 29.03.2010 bei seiner Einschätzung, da die Standardtherapie weiterhin nicht ausgeschöpft sei.

Mit Bescheid vom 30.03.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kosten für das Medikament Revlimid unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen des MDK vom 08.03.2010 und vom 29.03.2010 ab.

Hiergegen erhob der Versicherte am 07.04.2010 Widerspruch. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, MDS stelle eine schwerwiegende, lebensbedrohliche Erkrankung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dar. Es werde eine mittlere Überlebenszeit von vier bis zwölf Monaten angegeben. Vidaza stelle aus seiner Sicht keine Behandlungsalternative dar, weil dieses Medikament nicht die spezielle Ursache seiner Erkrankung, eine zytogenetische Veränderung am 5. Chromosom (5q-), berücksichtige. Das Medikament Revlimid sei hingegen in den USA für die Behandlung von MDS mit zytogenetischer Veränderung 5q- bereits zugelassen. Deshalb bestehe die begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg. Die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use seien damit erfüllt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Versicherten zurück.

Am 11.06.2010 erhob der Versicherte Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Ergänzend zu seinen Ausführungen im Verwaltungsverfahren machte er geltend, es bestehe eine akute und kurzfristige Lebensbedrohung. Er könne seine an Alzheimer erkrankte Ehefrau nicht mehr pflegen. Bei MDS 5q- könne nicht erst das eine Mittel und bei mangelndem Erfolg das nächste Mittel erprobt werden. Vidaza sei keine geeignete Alternative zu Revlimid, da es symptomorientiert sei und den Verlauf der Krankheit lediglich etwas verlangsamen könne, wohingegen Revlimid spezifische Wirkung entfalte und die 5q-haltigen Stammzellen eliminiere, so dass gesunde Stammzellen nachwachsen könnten, womit eine begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg bestehe.

Der Versicherte verstarb 2010. Seine Ehefrau führte den Rechtsstreit fort. In einem vor dem SG am 11.08.2011 durchgeführten Erörterungstermin stellten die Beteiligten unstreitig, dass es sich bei dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch um einen Anspruch auf laufende Geldleistung i.S.v. § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) I handelt und die Ehefrau des Klägers den Rechtstreit als Sonderrechtsnachfolgerin fortführt. Vorgelegt wurden die privatärztlichen Verordnungen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. A. vom 11.03. und 06.04.2010 und Rechnungen vom 12.03.2010 und vom 09.04.2010 über jeweils 6.856,40 EUR für Revlimid 10 mg Hartkapseln 21 ST, die der Versicherte beglichen hatte.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie machte geltend, ein Anspruch auf Kostenerstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung könne nur dann bestehen, wenn eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Therapie nicht zur Verfügung stehe. Die beim Versicherten diagnostizierte MDS-Erkrankung mit hochgradiger IPSS-Risikokonstellation sei gemäß der Fachinformation des Herstellers von Vidaza als Bestandteil der zugelassenen Anwendungsgebiete ("myelodysplastische Syndrome (MDS) mit intermediärem Risiko 2 oder hohem Risiko nach International Prognostic Scoring System (IPSS)") aufzufassen. Das spezifische Risikomerkmal der 5q-Deletion sei als eines von drei Risikomerkmalen in die Prognosebeurteilung eingeflossen. Da somit eine Standardtherapie im Falle des verstorbenen Versicherten existiert habe, komme eine Kostenerstattung für die Behandlung mit dem Medikament Revlimid nicht in Betracht.

Das SG holte von Amts wegen ein Sachverständigengutachten bei Prof. Dr. M., Uniklinik F., ein. Dieser führte in seinem Gutachten vom 22.11.2011 aus, der Versicherte habe an einem Hoch-Risiko MDS mit bereits bei der initialen Knochenmarks-Diagnostik festgestelltem komplexen Karyotyp mit multiplen Monosomien (angegeben: 42 XY, 5q-, +6, -13, -18, -21, -22) gelitten. Damit handele es sich nicht um ein klassisches 5q-Syndrom mit isolierter Beteiligung des Chromosoms 5. Das mittlere Überleben ohne Behandlung in diesem Stadium liege bei ca. 5 Monaten. Ein MDS mit isolierter 5q- Deletion hätte sogar ohne spezifische Behandlung eine deutlich bessere Überlebensprognose von über 4 Jahren. Da aufgrund des Alters des Patienten von 78 Jahren eine Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation nicht durchführbar gewesen sei, sei bereits bei Erstdiagnose nur eine palliative Behandlungsstrategie mit dem Ziel der Symptomlinderung, Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität und eventuell Lebensverlängerung möglich gewesen. In der beim Versicherten aufgetretenen Ausprägung der Erkrankung Hoch-Risiko MDS sei in Deutschland nur das - subkutan gespritzte - Medikament Vidaza zugelassen, für das in einer Studie bei Patienten mit Verdacht auf "Höher-Risiko" MDS habe nachgewiesen werden können, dass das Medikament zu einer deutlichen Verlängerung des mittleren Überlebens führe. Dies habe letztlich zur Zulassung des Medikaments in Deutschland geführt. Für Revlimid habe beim Höher- und Hoch-Risiko MDS mit 5q- Deletion ein nur moderater Benefit nachgewiesen werden können. Revlimid könne in allen MDS Risikogruppen sowohl mit als auch ohne 5q- Deletion zu einer Verminderung und sogar Unabhängigkeit von Erythrozytentransfusionen führen, wodurch der Patient weniger belastet sei und klinisch profitiere. Die Ansprechwahrscheinlichkeit sei allerdings bei Patienten mit mehreren weiteren chromosomalen Aberrationen neben der 5q- Deletion sowie bei Blastenvermehrung eher gering. Sowohl Vidaza als auch Revlimid könnten die Symptome der Krankheit (Anämie und dadurch Erythrozytentransfusionen) mildern bzw. vermeiden, ein Überlebensvorteil sei allerdings nur für Vidaza belegt. Ein Off-Label-Use von Revlimid könne bei Patienten mit Niedrig-Risiko MDS, isolierter 5q- Deletion und Transfusionsabhängigkeit diskutiert werden. Für diese Patienten sei ein Benefit in Bezug auf Progression in eine akute myeloische Leukämie und für die Lebensqualität durch Reduktion der Transfusionen eindeutig belegt. Darüber hinaus könnten Hoch-Risiko MDS Patienten, denen eine Therapie mit Vidaza nicht zugänglich sei oder bei denen die Therapie mit Vidaza versage, ebenfalls von einem Therapieversuch mit Revlimid profitieren, wobei die Ansprechwahrscheinlichkeit bei Patienten mit isolierter 5q- Deletion oder 5q- Deletion und einer weiteren chromosomalen Aberration höher sei als ohne diese Veränderung. Abschließend sei festzustellen, dass bei Patienten, bei denen wie im Falle des Versicherten neben der 5q- Deletion weitere multiple chromosomale Aberrationen vorliegen würden, ein starkes Ansprechen auf Revlimid Monotherapie als eher unwahrscheinlich einzuschätzen sei.

Die Ehefrau des Versicherten ließ gegen das Gutachten einwenden, dieses lasse unberücksichtigt, dass der maßgebliche Unterschied zwischen Vidaza und Revlimid in der Funktionsweise liege. Vidaza wirke allein symptomorientiert, während Revlimid spezifisch antineoplastisch immunmodulierend wirke. Auf diesen entscheidenden Aspekt gehe der Gutachter nicht ein. Selbstverständlich sei die Ansprechwahrscheinlichkeit eines Medikaments umso schlechter, je mehr Komplikationen vorlägen. Die unterschiedliche Ansprechwahrscheinlichkeit je nach Komplikation gelte jedoch sowohl für Vidaza als auch für Revlimid. Revlimid komme daher keine nachgeordnete Bedeutung hinsichtlich der Wirksamkeit zu. Der Gutachter hätte sich im Übrigen nicht allein auf Untersuchungen von Revlimid in Deutschland beschränken dürfen, sondern die durchaus vorhandenen Untersuchungen von Revlimid weltweit heranziehen müssen. Wenn der Gutachter eine Anwendung von Revlimid erst nach dem Versagen einer Therapie mit Vidaza empfehle, verkenne er die notstandsähnliche Situation, in welcher sich der Versicherte befunden habe. In einer solchen Situation sei in jedem Fall die von den Ärzten des Universitätsspitals B. vorgeschlagene Therapie gerechtfertigt.

In einem Ergänzungsgutachten von Prof. Dr. F. (Nachfolger von Prof. Dr. M. an der Uniklinik F.) vom 12.03.2012 nahm dieser zu den Einwendungen der Ehefrau des Versicherten ausführlich Stellung und verwies insbesondere auf eine internationale Studie zur Ansprechwahrscheinlichkeit von Revlimid, in der sich gezeigt habe, dass diese Wahrscheinlichkeit bei Patienten mit Hoch-Risiko MDS mit 5q- Deletion und zusätzlichen weiteren Deletionen (wie bei dem Versicherten) sehr gering sei. Während bei 67 % der Hoch-Risiko Patienten mit isolierter 5q- Deletion eine komplette Remission und bei einem Patienten mit isolierter 5q- Deletion und einer zusätzlichen Aberration ebenfalls eine komplette Remission eingetreten sei, habe keiner der Patienten mit 5q- Deletion und mehr als einer Zusatzaberration eine komplette Remissionen erreicht. Von den 27 Patienten der letzten Gruppe hätten nur zwei Patienten eine Transfusionsunabhängigkeit erreicht. Die Hervorhebung, dass im Fall des Versicherten eine Hoch-Risiko MDS mit 5q- Deletion und multiplen weiteren Aberrationen (sog. "komplexer Karyotyp mit multiplen Monosomien") vorliege, sei daher von entscheidender Bedeutung zur Beurteilung der Ansprechwahrscheinlichkeit auf Revlimid. Die Wirksamkeit und der Stellenwert von Revlimid liege aktuell in der Behandlung des Niedrig- und Intermediär I-Risiko MDS mit isolierter 5q- Deletion und unter bestimmten Voraussetzungen (ausreichend hohe Thrombozyten-und Granulozytenzahlen) auch für Patienten mit Niedrig- und Intermediär I-Risiko MDS ohne isolierte 5q- Deletion. Basierend auf dem aktuellen Wissensstand sei im Falle des Versicherten ein Ansprechen auf eine Revlimid Monotherapie nicht ausgeschlossen, aber als sehr viel weniger wahrscheinlich einzuschätzen. Auch habe für Patienten dieser Risikogruppe bisher keine Lebensverlängerung durch Revlimid gezeigt werden können. An der Gesamteinschätzung habe sich daher nichts geändert.

Die Ehefrau des Versicherten ließ hierzu erneut Stellung nehmen und wies noch auf eine Phase 2 Studie mit 29 Patienten mit high risc MDS und 5q- hin, in der sich bei 42 % der Patienten ein gutes Ansprechen auf die Revlimid-Anwendung gezeigt habe (21 % komplette Remissionen, 7 % Knochenmarks-Remissionen, 14 % Verbesserung der Erythroproese). Damit sei eine Erfolgsquote erzielt worden, die die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geforderte, nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98) bei weitem übertreffe.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 04.02.2013 ab. Die Ehefrau des Versicherten sei gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I Sonderrechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten, denn sie habe zum Zeitpunkt seines Todes mit diesem in einem Haushalt gelebt. Sie habe jedoch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Behandlung ihres verstorbenen Ehemannes mit dem Medikament Revlimid. Bei dem vorliegend verabreichten Medikament Revlimid handele es sich um eine Anwendung außerhalb der in Deutschland geltenden Zulassung. Ausnahmsweise könne auch bei einer Anwendung außerhalb des Zulassungsbereichs (sog. "Off-Label-Use") eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung gegeben sein. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 06.12.2005 -1 BvR 347/98 -, in juris) sei es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Seit dem 01.01.2012 sei dieser Anspruch auch in das SGB V aufgenommen worden, § 2 Abs. la SGB V (eingeführt durch Art. 1 Nr. 1 des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes v. 22.12.2011 BGBl I 2983). Diese Voraussetzungen lägen hier jedoch nicht vor. Im Falle des Versicherten existiere eine allgemein anerkannte, dem medizinischem Standard entsprechende Behandlung. Dies ergebe sich aus den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. M., wonach eine Behandlung des Versicherten mit dem in Deutschland hierfür zugelassenen Medikament Vidaza möglich und aus Sicht des Sachverständigen auch erfolgsversprechender gewesen sei. Zwar trage die Ehefrau des Versicherten vor, dass durch eine Behandlung mit Revlimid die Aussicht auf einen Heilungserfolg bestanden habe, der Sachverständige komme jedoch in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass bereits bei Stellung der Erstdiagnose nur eine palliative Behandlungsstrategie möglich gewesen sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei die einzig gesicherte, heilende Behandlung eine Knochenmark- oder Blutstammzellentransplantation gewesen. Sowohl Vidaza als auch Revlimid könnten zwar die Symptome der Krankheit mildern bzw. vermeiden, ein Überlebensvorteil sei allerdings nur für Vidaza belegt. Das von Prof. Dr. M. erstellte Sachverständigengutachten sei schlüssig und überzeugend, insbesondere gehe der Sachverständige auf die durch das Universitätsspital B. gestellten Diagnosen ein. Die vom Prozessbevollmächtigten der Ehefrau des Versicherten vorgetragenen Einwendungen seien dem Sachverständigen zur ergänzenden Stellungnahme vorgelegt worden. Die beiden weiteren an der Erstellung des Sachverständigengutachtens beteiligten Ärzte hätten sich ausführlich mit diesen auseinander gesetzt und seien bei ihrer Einschätzung verblieben. Den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen stehe auch nicht der durch den Prozessbevollmächtigten der Ehefrau des Versicherten in der mündlichen Verhandlung überreichte Artikel entgegen, da sich dieser auf einen in derselben Zeitschrift veröffentlichten Bericht beziehe, der nach dem von dem Sachverständigen angegebenen Literaturverzeichnis bei Erstellung des Gutachtens mitberücksichtigt worden sei. Weitere Ermittlungen von Amts wegen seien daher nicht veranlasst gewesen. Ein Anspruch auf Kostenerstattung ergebe sich auch nicht nach den vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Grundsätzen. Danach komme ein Anspruch auf Übernahme der Kosten durch die gesetzliche Krankenversicherung nur dann in Betracht, wenn eine Anwendung der üblichen Standardbehandlung aus medizinischen Gründen ausscheide und andere Behandlungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stünden (BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R; BSG, Urteil vom 26.09.2006 - B 1 KR 1/06 R -, in juris). Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens sei eine Behandlung des verstorbenen Versicherten mit dem Medikament Vidaza möglich gewesen, so dass die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen nicht in Betracht kämen. Zudem habe das BSG in neuerer Rechtsprechung für eine Anwendung während und außerhalb eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung gefordert, dass wissenschaftliche Erkenntnisse über Nutzen und Risiken des Mittels aufgrund von Phase III-Studien vorliegen müssten, die eine erweiternde Zulassung ermöglichten (BSG, Urteil vom 08.11.2011 - B l KR 19/10 R -, in juris). Dies sei in Bezug auf Revlimid zum Zeitpunkt der Behandlung nicht der Fall gewesen.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Ehefrau des Versicherten am 05.03.2013 zugestellte Urteil hat diese am 04.04.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, gemäß §§ 2, 27 SGB V habe der Versicherte aufgrund einer lebensbedrohlichen bzw. regelmäßig tödlichen Erkrankung Anspruch auf Behandlung mit Revlimid gehabt, weil eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung sonst nicht verfügbar gewesen sei. Die Verweigerung dieser Leistung sei mit Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und mit Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG nicht vereinbar (so BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 -; so auch neuerdings § 2 Abs. 1a SGB V). Die vom BVerfG hierfür aufgestellten Voraussetzungen seien erfüllt. Die lebensbedrohliche Erkrankung sei unstreitig. Entgegen der lapidaren Feststellung des SG stehe eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Die Behauptung des SG, dass laut Sachverständigengutachten die Anwendung von Vidaza erfolgreicher sei, sei unzutreffend. Die Gutachter hätten Vidaza und Revlimid als mögliche Alternativen dargestellt und lediglich die Auffassung vertreten, dass allerdings nur für Vidaza der Überlebensvorteil belegt sei. Das sei falsch. Der Überlebensvorteil von Revlimid sei mehrfach belegt. Revlimid sei alternativlos. Vidaza sei keine Alternative. Es sei ein symptomorientiertes Arzneimittel, das lediglich das Wachstum der Tumorzellen hemme. Demgegenüber greife Revlimid spezifisch ein. Es reduziere die 5q-haltigen Stammzellen. Diesen entscheidenden Unterschied zwischen Vidaza und Revlimid habe das SG in seiner engen Anlehnung an das Gutachten noch nicht einmal für erwähnenswert gehalten. Stattdessen unterstreiche es die durch die Erstdiagnose des Universitätsspitals B. vom 24.03.2010 keinesfalls gedeckte Annahme, es sei nur noch eine palliative Behandlungsstrategie möglich gewesen, für die das in Deutschland zugelassene Vidaza ausreichen müsse. Das SG habe seiner Pflicht zur Sachaufklärung nicht genügt. Der Prozessbevollmächtigte verwies im Übrigen auf die Ausführungen in seinen Schriftsätzen im erstinstanzlichen Verfahren. Rein vorsorglich rügte er, dass das angefochtene Urteil nicht durch den gesetzlichen Richter erfolgt sei. In der nichtöffentlichen Sitzung des erstinstanzlichen Gerichts am 11.08.2011 habe die Richterin Dr. P. den Vorsitz gehabt, in der mündlichen Verhandlung am 04.02.2013 die Richterin W ... Mit Nichtwissen müsse bestritten werden, dass diese Veränderung der gültigen Geschäftsverteilung entspreche.

2015 verstarb die Ehefrau des Versicherten. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte mit, dieser führe das Verfahren fort. Er sei alleiniger Erbe des Versicherten und nunmehr auch alleiniger Erbe seiner Mutter.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 04.02.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 30.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für das Medikament Revlimid in Höhe von 13.712,80 EUR zu erstatten,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Eine Leistungsverpflichtung zur Kostenerstattung bei der erfolgten Anwendung von Revlimid außerhalb des Zulassungsbereichs (Off-Label-Use) bestehe nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze und die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Beteiligten verhandeln und entscheiden. Die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertretene Beklagte ist darauf in der ordnungsgemäß zugegangenen Ladung zur mündlichen Verhandlung hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG); dass die Beklagte die Ladung erhalten hat, ergibt sich aus der Zustellungsurkunde (Anhang Bl. 27 der Senatsakte).

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem geltend gemachten Erstattungsbetrag von 13.712,80 EUR überschritten. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch sonst zulässig (§ 151 SGG).

I.

Der Kläger ist prozessführungsbefugt. Er ist als alleiniger Erbe und Rechtsnachfolger des verstorbenen Versicherten berechtigt, den Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V geltend zu machen. Anders als ein Anspruch auf Dienst- oder Sachleistungen war der Kostenerstattungsanspruch nicht mit dem Tod des Versicherten erloschen. Gemäß § 59 Satz 2 SGB I erlöschen Ansprüche auf Geldleistungen nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist. Zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten war bereits das Klageverfahren vor dem SG anhängig, so dass das Verwaltungsverfahren noch nicht mit bestandskräftigem Verwaltungsakt abgeschlossen und damit anhängig war. Allerdings war der Anspruch des Versicherten zunächst auf seine Ehefrau im Wege der Sonderrechtsnachfolge gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I übergegangen. Dies entspricht auch dem Urteil des BSG vom 08.09.2015. Demnach unterfallen Ansprüche nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V nach Sinn und Zweck des § 56 SGB I dessen Anwendungsbereich. Sie sind im Rechtssinne auf "laufende" Geldleistungen gerichtet. Sie knüpfen daran an, dass der Berechtigte regelmäßig zu einer Vorfinanzierung für mehrere Zeitabschnitte gezwungen ist, und verlieren ihren Charakter nicht dadurch, dass sie verspätet oder als zusammenfassende Zahlung für mehrere Zeitabschnitte geleistet werden (B 1 KR 14/14 R, in juris RdNr. 24). Hierüber haben die Beteiligten im Erörterungstermin vor dem SG vom 11.08.2011 auch eine Einigung herbeigeführt. Nach dem Tod der Ehefrau des Versicherten, der Mutter des Klägers, ist der Kostenerstattungsanspruch sodann auf den Kläger im Wege der Erbfolge übergegangen. Gemäß § 58 SGB I werden fällige Ansprüche auf Geldleistungen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vererbt, soweit sie nicht nach den §§ 56 und 57 SGB I einem Sonderrechtsnachfolger zustehen. Der Kläger ist der alleinige Erbe des Versicherten, da seine Mutter das Erbe mit Erklärung vom 15.12.2010/Beschluss des Amtsgerichts Lörrach vom 29.12.2010 ausgeschlagen hat. Da der Kläger die Voraussetzungen für die Sonderrechtsnachfolge nach § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB I nicht erfüllt, weil er zum Zeitpunkt des Versterbens des Versicherten mit diesem weder in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat noch von ihm wesentlich unterhalten worden ist, ist der Kostenerstattungsanspruch auf ihn nicht im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergegangen, sondern ihm nach dem Tod seiner Mutter als einziger Sonderrechtsnachfolgerin nach § 58 SGB I im Wege der Erbfolge nach dem Versicherten zugefallen. Auf eine Abgrenzung der für den Fall des Versterbens des Sonderrechtsnachfolgers zum Übergang auf den Nächstberechtigten entwickelten Auffassungen (Erbfolgetheorie, Zuwachsungstheorie, Sonderrechtsnachfolgetheorie, vgl. BSG, Urteil vom 11.05.2000 - B 13 RJ 85/98 R - in juris) kommt es damit im vorliegenden Fall nicht an.

II.

Die vom Kläger fortgeführte Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1.) Soweit der Kläger bereits die nicht ordnungsgemäße Besetzung des SG bei Erlass des Urteils rügt, fehlt es an einem substantiierten Vorbringen, so dass die Besetzungsrüge nicht greift. Der Kläger hat seine vorsorglich erhobene Rüge, das Urteil des SG sei nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen, allein darauf gestützt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung am 04.02.2013 eine andere Richterin tätig geworden ist als im Erörterungstermin am 11.08.2011, und eine Übereinstimmung dieser geänderten Besetzung des Vorsitzes der 14. Kammer des SG mit dem Geschäftsverteilungsplan mit Nichtwissen bestritten. Diese ohne nähere Nachprüfung und Einsichtnahme in die jeweiligen Geschäftsverteilungspläne des SG erhobene Rüge stellt eine ins Blaue hinein erhobene Verfahrensrüge dar, die nicht dazu ausreicht, den Verfahrensfehler einer nicht ordnungsgemäßen Besetzung des SG durch den gesetzlichen Richter mit Erfolg geltend zu machen.

2.) Die Berufung hat auch in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V für das Medikament Revlimid liegen nicht vor. Der Bescheid der Beklagten vom 30.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.05.2010 ist rechtmäßig. Der Versicherte hatte keinen (Sachleistungs-)Anspruch auf Versorgung mit dem Medikament Revlimid und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der dafür aufgewandten Kosten.

Nachdem der Versicherte nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V Kostenerstattung gewählt hatte, kommt allein § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V als Anspruchsgrundlage in Betracht. Er enthält folgende Regelung: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 07.05.2013 - B 1 KR 8/12 R - in juris).

a.) Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung unterliegt nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).

Der (krankenversicherungsrechtliche) Arzneimittelbegriff in §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 31 SGB V knüpft an den (verwaltungsrechtlichen) Arzneimittelbegriff des Arzneimittelgesetzes (AMG) an. Dieser ist in der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG festgelegt. Arzneimittel im Sinne des AMG sind insbesondere die Fertigarzneimittel (§ 4 Abs. 1 AMG), also Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden. Sie bedürfen nach § 21 Abs. 1 AMG grundsätzlich der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung bzw. in der seit 23.07.2009 geltenden Fassung des Gesetzes vom 17.07.2009 alternativ der europarechtlichen Genehmigung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V. Das nicht zugelassene Fertigarzneimittel gehört von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BSG, Urteile vom 02.09.2014 - B 1 KR 11/13 R -, 03.07.2012 - B 1 KR 25/11 R - und 27.03.2007 - B 1 KR 30/06 R - alle in juris). Eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland ändert daran nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG) und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt dies nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 30.08.2006 - L 5 KR 281/06 - in juris, m.w.N.; BSG, Urteil vom 03.07.2012 - B 1 KR 25/11 R - und 27.03.2007 - B 1 KR 30/06 R - in juris).

Das Arzneimittel Revlimid mit dem Wirkstoff Lenalidomid ist - wie Dr. B. vom MDK in seinem Gutachten vom 08.03.2010 dargelegt hat - in Deutschland nicht zugelassen. Die Zulassung von Revlimid zur Behandlung von Anämie bei MDS ist nach seinen Darlegungen am 30.05.2008 von der Europäischen Arzneimittelbehörde vielmehr abgelehnt worden. Über die fehlende Zulassung von Revlimid streiten die Beteiligten auch nicht.

b.) Der Kläger beruft sich stattdessen darauf, dass die Voraussetzungen des Off-Label-Use für die Anwendung von Revlimid beim Versicherten vorgelegen hätten. Dies ist nach den Feststellungen des Senats indes nicht der Fall.

Der Off-Label-Use von Arzneimitteln ist in Abschnitt K der Arzneimittel-Richtlinien (in der Fassung des Beschlusses vom 14.04.2011, BAnz. Nr. 86 S. 2052) auf der Grundlage der § 35b und 35c SGB V näher geregelt worden (richtlinienrechtlicher Off-Label-Use). Daneben gelten die in der Rechtsprechung entwickelten Maßgaben für den Off-Label-Use fort (richterrechtlicher Off-Label-Use; vgl. nur etwa BSG, Urt. v. 03.07.2012, - B 1 KR 25/11 R -, und Urteil des erkennenden Senats vom 18.03.2015 - L 5 KR 3861/12 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

aa.) Im Hinblick auf den richtlinienrechtlichen Off-Label-Use hat der Gemeinsame Bundesausschuss die Arzneimittel-Richtlinien durch den Abschnitt K (Verordnungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten) um den § 30 bzw. den Abschnitt L (Verordnungsfähigkeit der zulassungsüberschreitenden Anwendung von Arzneimitteln in klinischen Studien gem. § 35c SGB V) um die §§ 31-39 ergänzt. Gem. § 30 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Arzneimittel-Richtlinien setzt die Verordnung zugelassener Arzneimittel in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten voraus, dass die Expertengruppen nach § 35b Abs. 3 Satz 1 SGB V - mit Zustimmung des pharmazeutischen Unternehmers - eine positive Bewertung zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis über die Anwendung dieser Arzneimittel in den nicht zugelassenen Indikationen oder Indikationsbereichen als Empfehlung abgegeben haben, die der Gemeinsame Bundesausschuss in die Arzneimittel-Richtlinien übernommen hat. Die entsprechende Positivliste findet sich in Anlage 6 Teil A der Arzneimittel-Richtlinien. Arzneimittel zur Anwendung in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten, die nach Bewertung der Expertengruppen nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entsprechen oder die medizinisch nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, werden ebenfalls indikationsbezogen aufgeführt. Die entsprechende Negativliste findet sich in Anlage 6 Teil B der Arzneimittel-Richtlinien (§ 30 Abs. 5 der Arzneimittel-Richtlinien).

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat das Arzneimittel Revlimid nicht in die Positivliste nach Anlage 6 Teil A der Arzneimittel-Richtlinien aufgenommen, so dass der Leistungsanspruch des Versicherten auf den richtlinienrechtlichen Off-Label-Use nicht gestützt werden kann.

bb.) Nach Maßgabe des weiterhin geltenden richterrechtlichen Off-Label-Use (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.06.2008, - 1 BvR 1665/07 -; BSG, Urt. v. 03.07.2012, - B 1 KR 25/11 R -, jeweils in juris) kommt die Verordnung eines Arzneimittels in einem anderen von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet in Betracht, wenn (1.) es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, (2.) keine andere Therapie verfügbar ist und wenn (3.) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. Die Anforderungen an das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung bleiben zwar hinter den Anforderungen des Krankheitskriteriums bei der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs zurück, sind aber gleichwohl erheblich. Nicht jede Art von Erkrankung kann den Anspruch auf eine Behandlung mit dazu nicht zugelassenen Arzneimitteln begründen, sondern nur eine solche, die sich durch ihre Schwere oder Seltenheit vom Durchschnitt der Erkrankungen abhebt (BSG, Urt. v. 26.09.2006, - B 1 KR 14/06 R - in juris). Für die Erfüllung der unter (3.) genannten Voraussetzung müssen Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Davon kann ausgegangen werden, wenn die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt worden ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht worden sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder wenn außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht (BSG, Urt. v. 03.07.2012, - B 1 KR 25/11 R -; Urt. v. 19.03.2002, - B 1 KR 37/00 R -, Urt. v. 26.09.2006, - B 1 KR 1/06 R - und - B 1 KR 14/06 R -; Urt. v. 28.02.2008, - B 1 KR 15/07 R -). In beiden Fällen (innerhalb und außerhalb eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens) ist das Schutzniveau aber gleich; Maßstab sind jeweils die qualitativen Anforderungen an Phase-III-Studien (insoweit klarstellend: BSG, Urt. v. 08.11.2011, - B 1 KR 19/10 R -). Leitlinien und Empfehlungen medizinischer Fachgesellschaften genügen für sich allein grundsätzlich nicht (BSG, a. a. O.).

Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die beim Versicherten diagnostizierte MDS-Erkrankung die Voraussetzung einer schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Erkrankung erfüllt. Ungeachtet dessen konnte der Versicherte aber die Behandlung mit Revlimid nicht beanspruchen, da die zweite Voraussetzung des richterrechtlichen Off-Label-Use, das Fehlen einer anderen geeigneten Therapie, nicht erfüllt war. Vielmehr lag mit dem in Deutschland zugelassenen Medikament Vidaza, mit dem der Versicherte zumindest ab Mai 2010 auch behandelt wurde, eine Behandlungsalternative in Form einer Standardtherapie vor. Der Senat folgt insoweit dem vom SG eingeholten Gutachten von Prof. Dr. M., der die Auffassung von Dr. B., der Versicherte habe die Standardtherapie nicht ausgeschöpft, bestätigt hat. Prof. Dr. M. hat in seinem Gutachten für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass bei der Ausprägung der MDS-Erkrankung des Versicherten, einem Hoch-Risiko MDS mit komplexem Karyotyp mit multiplen Monosomien (angegeben: 42 XY, 5q-, +6, -13, -18, -21, -22), die Ansprechwahrscheinlichkeit von Revlimid als eher unwahrscheinlich einzuschätzen sei, während für Vidaza bei Patienten mit Verdacht auf "Höher-Risiko" MDS habe nachgewiesen werden können, dass das Medikament zu einer deutlichen Verlängerung des mittleren Überlebens führe. Zwar könnten sowohl Revlimid als auch Vidaza die Symptome der Krankheit (Anämie mit Transfusionsanhängigkeit) mildern, ein Überlebensvorteil sei allerdings nur für Vidaza belegt. Dies habe letztlich auch zur Zulassung von Vidaza am 17.12.2008 geführt. Prof. Dr. M. bestätigt damit die Ausführungen von Dr. B., der bereits in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 08.03.2010 auf die Standardtherapie mit dem zugelassenen Arzneimittel Vidaza verwiesen und die Kostenübernahme für Revlimid im Rahmen des Off-Label-Use abgelehnt hat.

Die Ausführungen der Klägerseite vermögen diese gutachterlichen Feststellungen nicht in Zweifel zu ziehen. Beanstandet wird vor allem, dass die Unterschiede in der Wirkungsweise von Vidaza und Revlimid nicht berücksichtigt worden seien. Revlimid wirke im Gegensatz zu Vidaza nicht nur symptomorientiert, sondern zerstöre die Tumorzellen, so dass gesunde Stammzellen nachwachsen könnten. Dem hat jedoch Prof. Dr. F. (als Nachfolger von Prof. Dr. M.) in dem ergänzenden Gutachten vom 12.03.2012 entgegen gehalten, dass nach dem Ergebnis einer internationalen Studie die Ansprechwahrscheinlichkeit von Revlimid bei Patienten der Hoch-Risiko MDS mit 5q- Deletion und weiteren Aberrationen sehr gering sei. So sei - anders als Patienten mit MDS in geringerer Ausprägung - von den 27 Patienten der Hoch-Risiko-Gruppe bei keinem eine vollständige Remission eingetreten und lediglich zwei der Patienten hätten eine Transfusionsunabhängigkeit erreicht. Dass die von Klägerseite dargelegte Zielrichtung von Revlimid - die Eliminierung der Tumorzellen mit der Folge des Nachwachsens gesunder Stammzellen - auch tatsächlich Wirkung entfaltet, hat sich in dieser Studie somit gerade nicht bestätigt. Die Darstellung der Gutachter Prof. Dr. M. und Prof. Dr. F. ist insbesondere auch differenzierter als der Vortrag der Klägerseite im erstinstanzlichen Verfahren, mit dem auf eine Phase 2-Studie zur Wirkungsweise von Revlimid hingewiesen wurde, die sich aber auf Hoch-Risiko MDS Patienten mit 5q- Deletion bezog, ohne dass insoweit eine spezifischere Differenzierung nach isolierter 5q- Deletion und 5q- Deletion mit weiteren Aberrationen vorgenommen wurde. Diese Differenzierung hat aber bereits Prof. Dr. M. vorgenommen und auch Prof. Dr. F. hat die Notwendigkeit dieser Differenzierung wegen des beim Versicherten bestehenden komplexen Krankheitsbildes einer MDS mit 5q- Deletion und weiteren chromosomalen Abweichungen - und eben nicht nur isolierter 5q- Deletion - ausdrücklich hervorgehoben und betont, dass die Zuordnung zu dieser Gruppe der Erkrankung entscheidend sei für die Beurteilung der Ansprechwahrscheinlichkeit von Revlimid. Im Berufungsvorbringen der Klägerseite finden sich keine Ausführungen zu dieser nach Ausprägungsgraden des Krankheitsbildes differenzierenden Beurteilung der Gutachter Prof. Dr. M. und Prof. Dr. F., so dass für den Senat keine Veranlassung besteht, deren Einschätzung in Frage zu stellen. Auch der zuletzt noch vorgelegte Aufsatz vom 07.12.2010 beschäftigt sich nur mit der allein vorliegenden 5q- Deletion.

Steht damit eine Therapieoption mit dem zugelassenen Arzneimittel Vidaza zur Behandlung der beim Versicherten diagnostizierten MDS-Erkrankung zur Verfügung, scheitert die Kostenerstattung für Revlimid bereits daran, ohne dass es auf die dritte Voraussetzung des Off-Label-Use, ob eine aufgrund der Datenlage begründete Aussicht auf einen kurativen oder palliativen Behandlungserfolg besteht, ankommt. Die Ausführungen der Gutachter Prof. Dr. M. und Prof. Dr. F. stehen auch dem Vortrag der Klägerseite entgegen, Vidaza sei für die Behandlung des Versicherten nicht geeignet gewesen, entgegen. Nach Vorlage der Gutachten wurde hierzu auch nichts Weiteres vorgetragen. Widerlegt wird dies letztlich auch durch die nachfolgende Behandlung des Versicherten mit Vidaza.

c.) Der Kostenerstattungsanspruch des Versicherten besteht auch nicht auf der Grundlage von § 2 Abs. 1a SGB V bzw. nach Maßgabe der Grundsätze des BVerfG und des BSG über die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung.

Gem. § 2 Abs. 1a SGB V (eingefügt seit 01.01.2012 aufgrund des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes für Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011) können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende, insbesondere also eine in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (noch) nicht entsprechende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Für Auslegung und Anwendung des § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V sind die Maßgaben der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs heranzuziehen (Senatsurteil vom 14.03.2012, - L 5 KR 5406/11 - n. v.). In seinem Beschluss vom 06.12.2005 (- B 1 BvR 347/98 -) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne`sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach - so etwa BSG Urt. v. 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R -, beide in juris - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt (1.) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Krankheit (BSG, Urt. v. 16.12.2008, - B 1 KN 3/07 KR R -; Übersicht bei BSG, Urt. v. 5.5.2009, - B 1 KR 15/08 R -) vor. Für diese Krankheit steht (2.) eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Beim Versicherten besteht (3.) hinsichtlich der ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

Auch § 2 Abs. 1a SGB V sowie die vom BVerfG und des BSG entwickelten Grundsätze gewähren einen Kostenerstattungsanspruch für nicht zugelassene Arzneimittel damit nur, sofern eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht zur Verfügung steht. Eine solche Standardtherapie stand aber mit der Behandlung durch das zugelassene Arzneimittel Vidaza gerade zur Verfügung. Insoweit kann auf die Ausführungen unter b.) verwiesen werden.

Angesichts dieser mit der Anwendung von Vidaza bestehenden Behandlungsoption im Sinne einer Standardtherapie bestand für den Senat auch keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen.

Die Berufung des Klägers hat daher keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da der Kläger als sonstiger Rechtsnachfolger - ohne selbst Sonderrechtsnachfolger zu sein - das von seiner Mutter als Sonderrechtsnachfolgerin nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGG kostenfrei begonnene Berufungsverfahren weitergeführt hat, bleibt es nach § 183 Abs. 1 Satz 2 SGG bei der Kostenfreiheit des Verfahrens.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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