L 7 R 1671/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 2154/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 1671/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 5. März 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der am 1956 geborene Kläger erlernte in der ehemaligen DDR den Beruf des Facharbeiters für Bergbautechnologie und war dort bei der SDAG W. bis Dezember 1982 als Hauer beschäftigt. Anschließend arbeitete er als Forstarbeiter und Kraftfahrer. Er siedelte am 22. September 1989 in die Bundesrepublik Deutschland über und war seitdem nicht mehr in seinem erlernten Beruf, sondern als LKW-Fahrer im Nahverkehr versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Januar 2010 ist er arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.

Das Landratsamt Raststatt - Versorgungsamt - stellte bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 50 sowie das Merkzeichen "G" ab 14. April 2010 fest.

In der Zeit vom 1. Februar 2010 bis zum 27. Februar 2010 absolvierte der Kläger in der Klinik Dr. F. D. B.-B. eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation, aus der er arbeitsunfähig entlassen wurde. Die dortigen Klinikärzte Dr. U., N. und Dr. B. diagnostizierten im Entlassungsbericht vom 2. März 2010 einen Zustand nach Implantation einer Knie-TEP rechts am 20. Januar 2010 bei Varus-Gonarthrose rechts mit funktionell gutem Ergebnis, eine Nervus-peroneus-Läsion rechts und eine Irritation des Plexus lumbosacralis rechts, eine chronische eosinophile Pneumonie und einen Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose im April 2009. Sie gingen davon aus, dass der Kläger körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen sechs Stunden und mehr verrichten könne. Auszuschließen seien mittelschwere und schwere Arbeiten, ausschließliche Geh- und Stehbelastungen, Gehen auf unebenem Gelände, Ersteigen von Leitern und Gerüsten, häufiges Treppensteigen, Arbeiten in gebückter Haltung, kniend oder im Hocksitz, Heben und Tragen bzw. Bewegen von Gewichten über zehn Kilogramm sowie Arbeiten unter Kälte-, Nässe- oder Zuglufteinfluss. Die letzte berufliche Tätigkeit als Kraftfahrer könne er nur noch unter drei Stunden verrichten.

Am 17. Februar 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung und begründete dies mit seit Jahren bestehenden und zunehmend verstärkten Knieproblemen.

Auf Anfrage der Beklagten teilte die Arbeitgeberin des Kläger, die Firma R. GmbH & Co. KG, mit Schreiben vom 14. März 2011 mit, dass der Kläger als Kraftfahrer im Nahverkehr gearbeitet habe, insofern keine Ausbildung aufweise, die Tätigkeit von berufsfremden ungelernten Kräften nach kurzer Einweisung verrichtet werde, die Anlernung/Einweisung vorliegend vier Wochen gedauert habe und keine Vorkenntnisse verwertet worden seien.

Auf Veranlassung der Beklagten erstattete die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. unter dem 17. März 2011 über den Kläger ein Gutachten nach Aktenlage. In diesem diagnostizierte sie eine funktionell leichtgradige Fußheberparese nach PeroneusSch.en postoperativ in Rückbildung, einen Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose im April 2009 ohne funktionelle Bedeutung und einen Zustand nach Knie-TEP vom 20. Januar 2010 bei Varus-Gonarthrose. In der letzten Tätigkeit als LKW-Fahrer bestehe ein Leistungsvermögen unter drei Stunden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein vollschichtiges Leistungsvermögen in der Tätigkeit als Pförtner, Qualitätsprüfer oder Hochregalarbeiter. Wegefähigkeit liege vor.

Mit Bescheid vom 6. Juli 2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau ab 1. Dezember 2009 bis längstens zum 30. Juni 2022 (Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze) und lehnte im Übrigen den Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung sowie wegen teilweiser Erwerbsminderung ab. Dagegen hat der Kläger am 29. Juli 2011 Widerspruch eingelegt.

Die Beklagte veranlasste eine nervenärztliche Begutachtung. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. St. gelangte in seinem auf Grund einer ambulanten Untersuchung erstatteten Gutachten vom 24. November 2011 - unter Berücksichtigung der Diagnosen Peroneusparese rechts, Meralgia paraesthetica links, Zervikobrachialgie, degenerative Wirbelsäulenversänderungen, eosinophile Pneumonie, Zustand nach Knie-TEP rechts - zu der Einschätzung, dass das berufliche Leistungsvermögen auf nervenärztlichem Fachgebiet nur qualitativ eingeschränkt sei. Anschließend hielten die Beratungsärzte der Beklagten, die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. Sc. und die leitende Ärztin Dr. K., in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 9. Januar 2012 an der bisherigen Leistungsbeurteilung fest. Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2012 den Widerspruch zurück.

Dagegen hat der Kläger am 17. Februar 2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, das sich mit Beschluss vom 24. April 2012 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Freiburg (SG) verwiesen hat.

Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage u.a. vorgetragen, dass er neben den neurologischen Beschwerden auch unter orthopädischen Beschwerden, einer chronisch venösen Insuffizienz und einer Lungenerkrankung leide.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeuge befragt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Stellungnahmen der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Ke.-v. L. (Blatt 52/62 der SG-Akten), des Facharztes für Innere Medizin Dr. Fi. vom 1. September 2012 (Blatt 63/72 der SG-Akten) mit ergänzender Stellungnahme vom 27. Februar 2013 (Bl. 124/125 der SG-Akten), des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. vom 31. August 2012 (Blatt 73/81 der SG-Akten) und des Facharztes für Orthopädie Dr. Kra. vom 6. September 2012 (Blatt 82/89 der SG-Akten) Bezug genommen. Dazu hat die Beklagte eine sozialmedizinische Stellungnahme der Dres. Sc. und K. vom 15. Oktober 2012 vorgelegt (Blatt 96/98 der SG-Akten).

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens. Der Facharzt für Orthopädie Dr. Gr. hat in seinem Gutachten vom 19. Februar 2013 (Blatt 102/123 der SG-Akten) ein rezidivierendes Zervikalsyndrom bei mittelschwerer Osteochondrose HWK 4/5 und HWK 5/6 ohne neurologische Ausfallerscheinungen mit leichter Bewegungseinschränkung, eine schwere Osteochondrose der unteren Lendenwirbelsäule mit rezidivierendem Lumbalsyndrom ohne neurologische Ausfallerscheinungen und ohne höhergradige Bewegungseinschränkung, eine leichte Fußheberschwäche rechts bei Zustand nach bikondylärem Oberflächenersatz des rechten Kniegelenks ohne Patellarückflächenersatz, zementiert, ohne Instabilität mit guter Beweglichkeit, eine leichte mediale Gonarthrose links, fortgeschrittene Retropatellararthrose links ohne Bewegungseinschränkung oder Reizerguss, eine Muskelatrophie rechter Oberschenkel bei chronischer neurogener Schädigung, eine chronisch venöse Insuffizienz bei Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose rechts, eine eosinophile Pneumonie, eine Adipositas und eine arterielle Hypertonie beschrieben. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, seine letzte berufliche Tätigkeit als Kraftfahrer auszuüben. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, zeitweise im Gehen, zeitweise im Stehen, überwiegend sitzend, seien ihm vollschichtig zumutbar. Auszuschließen seien Gehen in unebenem Gelände, das Ersteigen von Leitern oder Gerüsten, häufiges Treppensteigen, Arbeiten in gebückter Haltung, kniende/hockende Tätigkeiten, das Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm und Tätigkeiten mit inhalativen Belastungen. Der Kläger könne ortsübliche Wege von 500 Metern mehrmals täglich, viermal am Tag in einer Zeit von unter 20 Minuten, gegebenenfalls unter Einsatz eines Handstockes zurücklegen. Betriebsübliche Pausen seien ausreichen Der Kläger sei in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Der Kläger hat ein neurologisches Gutachten des Prof. Dr. Dr. Dru. vom 20. August 2012 (Blatt 128/139 der SG-Akten) vorgelegt und unter Vorlage einer Stellungnahme seines behandelnden Arztes Dr. Fi. vom 6. April 2013 (Blatt 146/149 der SG-Akten) an seiner Berufung festgehalten. Die Beklagte hat eine weitere sozialmedizinische Stellungnahme der Dres. Sc. und K. vom 5. Juli 2013 vorgelegt (Blatt 154/156 der SG-Akten).

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Der Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Schn. hat in seinem Gutachten vom 11. Dezember 2013 (Blatt 168/198 der SG-Akten) eine Peroneus-Läsion rechts ohne Anhalt für eine höhergradige Lähmung im Bereich der Fuß- und Zehenheber, eine sensible Polyneuropathie vom distalen symmetrischen Manifestationstyp unklarer Ursache, ein depressiv-verbittertes Syndrom im Sinne von Anpassungsstörungen bei körperlichen Erkrankungen und belastender sozialer Situation, eine eosinophile Pneumonie, eine arterielle Hypertonie (medikamentös therapiert) und ein Prostata-Leiden diagnostiziert. Er hat keinen Anhalt für das Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung gesehen. Der Schwerpunkt des Beschwerdebildes liege auf orthopädischem Fachgebiet. Leichte körperliche Tätigkeiten in verschiedenen Arbeitshaltungen seien möglich. Unzumutbar seien Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Treppensteigen oder Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, kniende oder hockende Tätigkeiten, Nachtarbeit, inhalative Belastungen mit Staub oder Gasen, Tätigkeiten mit vermehrten Anforderungen an Konzentration und Reaktion, mit vermehrt emotionalen Belastungen oder erhöhtem Konfliktpotential. Das Umstellungs- und Anpassungsvermögen sei nicht eingeschränkt. Der Kläger könne sich innerhalb von drei Monaten in eine neue Berufstätigkeit einarbeiten. Ein ausreichender Grund für die Annahme einer Einschränkung des Durchhaltevermögens bestehe nicht. Ein Summationseffekt der Beschwerden bedingt durch Leiden verschiedener Fachgebiete untereinander in einem Ausmaß, dass das zeitliche Leistungsvermögen eingeschränkt wäre, liege nicht vor. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht bestehe ein arbeitstägliches Leistungsvermögen ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit von sechs Stunden und mehr unter Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche. Betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Der Kläger sei in der Lage, täglich viermal einen Fußweg von 500 Metern in jeweils 15 bis 18 Minuten zurückzulegen. Er sei weiterhin in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Schmerztherapie Privat-Dozent Dr. Wö. hat in seinem Gutachten vom 24. September 2014 (Blatt 215/253 der SG-Akten) zusammenfassend ausgeführt, dass bei dem Kläger ein chronisches zusammengesetztes Schmerzsyndrom von Lendenwirbelsäule über Oberschenkel und Unterschenkel bis zum rechten Fuß (lumbale Bandscheibenkrankheit, Hinweise auf Facettengelenksarthrose, muskuläre Verspannungen, Thrombose, Fußheberparese), ein chronisches Nackenschmerzsyndrom, eine chronische depressive Störung, eine leichte Polyneuropathie, eine chronische eosinophile Pneumonie und eine Hypertonie vorlägen. Wegen des chronischen Rücken-Bein-Komplexes vorwiegend rechts mit Fußheberparese, postthrombotischen Zeichen, Zustand nach Knie-TEP, Varicosis crurum und sensibler Polyneuropathie bestünden erhebliche Beeinträchtigungen in somatischer, psychischer und sozialer Hinsicht. Der Kläger sei in der Lage, regelmäßig leichte körperliche Arbeiten, gelegentlich mittelschwere, mit Heben und Tragen von Lasten bis zu etwa zehn Kilogramm, vereinzelt bis zu etwa 15 Kilogramm zu verrichten. Auszuschließen seien dauerndes oder überwiegendes Stehen, Gehen oder Sitzen, gleichförmige Körperhaltung, häufiges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit und an laufenden Maschinen, Tätigkeiten unter Zeitdruck (Akkord-, Fließband- und Schichtarbeit), Arbeiten in Kälte und Nässe, Arbeiten unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen, Tätigkeiten mit erhöhter nervlicher Belastung und besonderer geistiger Beanspruchung. Körperlich leichte, gelegentlich mittelschwere, nervlich nicht belastende Arbeiten mit der Möglichkeit des Wechsels der Körperposition seien drei bis etwa vier Stunden möglich. Betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Der Kläger sei in der Lage, zweimal täglich einen Fußweg von mehr als 500 Metern zurückzulegen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und einen PKW zu führen. Die internistischen Störungen seien für die berufliche Leistungsfähigkeit nachgeordnet.

Die Beklagte hat unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 6. November 2014 (Blatt 258/260 der SG-Akten) an ihrer Leistungsbeurteilung festgehalten.

Das SG hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. Schn. zu dem Gutachten des Privat-Dozenten Dr. Wö. eingeholt. Dr. Schn. ist in seiner Stellungnahme vom 11. Dezember 2014 (Blatt 263/268 der SG-Akten) bei seiner Leistungsbeurteilung geblieben. Aus dem Gutachten des Privat-Dozenten Dr. Wö. gehe nicht schlüssig hervor, warum ein Leistungsvermögen von bis zu vier Stunden arbeitstäglich angenommen werde, ein Leistungsvermögen von sechsstündig aber nicht mehr vorliegen solle. Dabei sei zu berücksichtigen, dass keine Psychopharmaka-Therapie erfolge. Im Übrigen sei während der Dauer des Rentenverfahrens ein Erfolg verschiedener Therapien auf orthopädischem oder schmerztherapeutischem Fachgebiet wegen des bestehenden Zielkonfliktes (Besserung des körperlichen Befindens bzw. der Schmerzen versus Rentengewährung) nicht zu erwarten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5. März 2015 - gestützt auf die Gutachten des Dr. Gr. und des Dr. Schn. - abgewiesen. Auf die Gründe des Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das seinen damaligen Bevollmächtigten am 27. März 2015 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 27. April 2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Privat-Dozent Dr. Wö. habe in seinem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass sein berufliches Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 5. März 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 6. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2012 zu verurteilen, ihm anstelle der Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsunfähigkeit ab 1. Dezember 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat zur Begründung auf das angefochtene Urteil des SG Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines interdisziplinären Sachverständigengutachtens. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Rheumatologie, Schmerztherapie und Psychotherapie Prof. Dr. Schi. hat - unter Berücksichtigung einer psychologischen Evaluation der Dipl.-Psych. Maj.-Schr. vom 26. Dezember 2012 (Blatt 76/88 der Senats-Akten) - in seinem Gutachten vom 10. Dezember 2015 (Blatt 41/75 der Senats-Akten), das am 20. Januar 2016 beim Senat eingegangen ist, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, einen dysfunktionalen Umgang mit Enttäuschungen, Stress und Ärger in Form von Medikamenten-Missbrauch, auch zur Abwehr von multiplen Phobien, eine Kniearthrose beidseits, rechts versorgt mit artgerecht implantierter Kniegelenks-Endoprothese, eine geringgradige Schädigung des Nervus peroneus rechts mit endgradiger Kraftminderung der Fuß- und Zehenhebung, einen Aufbrauch von Hals- und Lendenwirbelsäule ohne neurologische Ausfalls- oder Reizzeichen bei weitgehend freier Beweglichkeit von Hals- und Lendenwirbelsäule und eine Atemstörung nach eosinophiler Pneumonie beschrieben. Ausgeschlossen seien mittelschwere und schwere körperliche Tätigkeiten, Arbeiten in dauerhafter Rumpf-Zwangshaltung, Überkopfarbeiten, Arbeiten in dauerhafter Kniehocke, im Kriechen, im Knien sowie auf unebenem Untergrund, interpersonell belastende Tätigkeiten, Tätigkeiten im Akkord, mit Zeitdruck, in Nachtschicht sowie Tätigkeiten überwiegend im Gehen. Dem Kläger seien leichte bis zuweilen mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne übermäßigen Arbeitsdruck, ohne interpersonelle Belastungen in Tagesschicht mindestens sechs Stunden möglich. Der Kläger sei sowohl in der Lage, den Arbeitsweg zu Fuß zurückzulegen als auch mit dem selbstgesteuerten PKW. Auch sei ihm die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit möglich. Die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers sei durch eine multimodale Schmerztherapie zu verbessern.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 21. Januar 2016 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass das Gutachten des Prof. Dr. Schi. das Berufungsbegehren nicht stützt, weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt sind und im Falle der Fortführung des Berufungsverfahrens beabsichtigt ist, nach § 153 Abs. 4 SGG die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen. Der Kläger hat an seiner Berufung festgehalten (Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 21. März 2016).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

II.

1. Der Senat kann nach § 153 Abs. 4 SGG über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss entscheiden, da er sie übereinstimmend für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

2. Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist nicht begründet. Das SG hat einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zutreffend verneint.

3. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid vom 6. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2012 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2009 abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) macht der Kläger zu Recht nicht geltend, da er - als angelernter LKW-Fahrer mit einer Anlernzeit von vier Wochen - keinen qualifizierten Berufsschutz genießt und auf sämtliche ungelernten Berufe verwiesen werden kann (vgl. z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R - juris Rdnr. 33).

4. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2012 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

a. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung (Gesetz vom 19. Februar 2002, BGBl. I, S. 754) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung gemäß Gesetz vom 20. April 2007 [BGBl. I, S. 554] bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit eine nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn neben den oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

b. Der Kläger hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bezogen auf den Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Senat ist jedoch nicht davon überzeugt, dass der Kläger erwerbsgemindert ist. Bei der Beurteilung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit stehen im Vordergrund seine Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet, mit denen er sein Klage- und Berufungsbegehren auch vorrangig begründet hat. Diese sind jedoch nicht von solcher Schwere, dass sie das Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht einschränken. Vielmehr genügen qualitative Einschränkungen, um dessen Leiden gerecht zu werden. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf das von ihm bei Prof. Dr. Schi. eingeholte Gutachten (nebst psychologischer Evaluation der Dipl.-Psych. Maj.-Schr.), die vom SG bei Dr. Gr. und Dr. Schn. eingeholten Gutachten und die im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten der Dr. H. und des Dr. St., die der Senat im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten hat (BSG, Beschluss vom 29. Juni 2015 - B 9 V 45/14 B - juris Rdnr. 6; Beschluss vom 26. Mai 2000 - B 2 U 90/00 B - juris Rdnr. 4).

Bei der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers sind zunächst dessen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet zu beachten. Hier liegen insbesondere an der Wirbelsäule und den Knien durchaus Funktionsstörungen vor. Diese sind jedoch nicht von einer solchen Schwere, dass sie das Leistungsvermögen des Klägers für körperlich leichte Tätigkeiten in zeitlicher Hinsicht einschränken. So hat Prof. Dr. Schi. in seinem aktuellen Gutachten vom 10. Dezember 2015 auf somatischem, insbesondere orthopädischem Fachgebiet eine Kniearthrose beidseits, rechts versorgt mit artgerecht implantierter Kniegelenks-Endoprothese, einen Aufbrauch von Hals- und Lendenwirbelsäule ohne neurologische Ausfall- oder Reizzeichen bei weitgehend freier Beweglichkeit von Hals- und Lendenwirbelsäule sowie eine geringgradige Schädigung des Nervus peroneus rechts mit endgradiger Kraftminderung der Fuß- und Zehenhebung beschrieben. Im Rahmen seiner klinischen Untersuchung hat Prof. Dr. Schi. u.a. ein Gangbild mit einem leichten, während der Untersuchung nachlassenden Rechtshinken, mit einem durchschnittlichen Tempo von drei bis vier km/h, eine Körperstreckung über zehn Atemzüge, einen Einbeinstand beidseits, einen jeweils vollständigen Nacken- und Schürzengriff, einen Hackenstand beidseits, rechts unvollständig, eine tiefe Hocke bis etwa 60 Grad Beugung, eine weitgehend unbeeinträchtigte Beweglichkeit der Wirbelsäule ohne neurologische Ausfalls- oder Reizzeichen, eine aktiv freie Beweglichkeit der Schulter-, Ellenbogen-, Unterarmdreh-, Hand- und Fingergelenke mit regelgerechtem neurologischem Befund, eine freie Beweglichkeit der Hüftgelenke, reizlose Kniegelenke ohne Ergussbildung und ohne Rötung mit schmerzfreier und freier Beweglichkeit, eine freie Beweglichkeit der Sprunggelenke, eine geringgradige Kraftminderung (Kraftgrad 4/5) der Fuß- und Zehenhebung links, eine herabgeminderte Oberflächen-Wahrnehmung im Bereich der Unterschenkel-Außenseite und des Fußrückens rechts, ein Vibrationsempfinden über dem Innenknöchel rechts 6/8 und links 5/8 dokumentiert. Er hat - im Wesentlichen in Übereinstimmung mit dem orthopädischen Gutachter Dr. Gr. - auf Grund einer ausführlichen Anamnese und einer eingehenden Untersuchung sowie unter Berücksichtigung der medizinischen Vorbefunde nachvollziehbar und plausibel qualitative Funktionseinschränkungen im Hinblick auf die Wirbelsäulen- und Knieerkrankung sowie die Nervenschädigung angenommen, jedoch eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens für leichte körperliche Arbeiten verneint. Prof. Dr. Schi. hat - wie Dr. St., Dr. Gr., Prof. Dr. Dr. Dru. und Dr. Schn. - darauf hingewiesen, dass die Lähmung der Fußhebung sich fast vollständig zurückgebildet hat. Weiterhin hat er darauf aufmerksam gemacht, dass die Beweglichkeit der Wirbelsäule altersentsprechend unbeeinträchtigt gewesen ist, sich mithin der deutliche Aufbrauch im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule nicht in einer Bewegungsminderung niederschlägt. Weiterhin hat er - wie Dr. Gr. und die Klinikärzte Dr. U., N., Dr. B. - die gute Funktion des operierten rechten Kniegelenks und die noch freie Funktion des von Verschleiß veränderten linken Kniegelenks bestätigt. Auch Privat-Dozent Dr. Wö. hat im Rahmen seiner "neuro-orthopädischen Untersuchung" lediglich eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit der Hals- und Brustwirbelsäule und eine schmerzbedingt eingeschränkte Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule, jeweils ohne radikuläre Ausstrahlungen dokumentiert. Er hat der Leistungsbeurteilung des Orthopäden Dr. Gr. auf orthopädischem Fachgebiet ausdrücklich nicht widersprochen. Die Leistungsbeurteilung des behandelnden Orthopäden Dr. Kra. in seiner Stellungnahme vom 6. September 2012, wonach dem Kläger aufgrund der Beinparese körperlich leichte Tätigkeiten nicht zumutbar seien, überzeugt schon deshalb nicht, weil sich die Lähmung der Fußhebung fast vollständig zurückgebildet hat und insofern noch bestehenden funktionellen Beeinträchtigungen durch qualitative Leistungseinschränkungen Rechnung getragen werden kann.

Auch die Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet begründen keine Leistungseinschränkungen in quantitativer Hinsicht. Insofern hat Prof. Dr. Schi. unter Berücksichtigung der psychologischen Evaluation der Dipl.-Psych. Maj.-Schr. eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, einen dysfunktionalen Umgang mit Enttäuschungen, Stress und Ärger in Form von Medikamenten-Missbrauch, auch zur Abwehr von multiplen Phobien, sowie eine geringgradige Schädigung des Nervus peroneus rechts (endgradige Kraftminderung der Fuß- und Zehenhebung) beschrieben. Prof. Dr. Schi. hat unter Beachtung der S2-Leitlinien der maßgeblichen medizinischen Fachgesellschaften für die ärztliche Begutachtung von Menschen mit chronischen Schmerzen eine umfassende Anamnese zu den Beschwerden, den beklagten Schmerzen, den bisherigen Behandlungsmaßnahmen, den Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens und den verschiedenen sozialen Lebensbereichen durchgeführt und sorgfältig die somatischen und - mit Hilfe der Dipl.-Psych. Maj.-Schr. - psychopathologischen Befunde erhoben und dargestellt sowie die gemachten Beobachtungen während der Begutachtung dokumentiert. Prof. Dr. Schi. hat keine gravierenden Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens und in der sozialen Partizipation feststellen können. So ist der Kläger in der Lage, selbst einen PKW zu fahren, sich selbst zu pflegen und zu versorgen, im Haushalt zu helfen (zusammenlegen und bügeln der Wäsche, aufräumen, Staubsaugen, bei der Essenszubereitung helfen, Spülmaschine ein- und ausräumen, einkaufen etc.), den Hund mehrmals am Tag auszuführen, Zeitung zu lesen, die Post zu bearbeiten, Sudoku und Kreuzworträtsel zu lösen, Fahrrad zu fahren, Urlaub zu machen (Ostsee Sommer 2015) und Holzarbeiten durchzuführen (Vogelhäuschen, Balkonkästen). Die klinische Untersuchung hat keine Hinweise auf eine gravierende psychiatrische Erkrankung ergeben. Prof. Dr. Schi. hat ein formal ungestörtes Denken ohne überwertige Denkinhalte, eine erhaltene Schwingungsfähigkeit bei etwas niedergedrückter und verbitterter Grundstimmung dokumentiert. Er hat darauf hingewiesen, dass der klinische Untersuchungsbefund einen deutlich besseren funktionellen Zustand gezeigt hat, als dies durch den Kläger zunächst in seinen Beschwerdeschilderungen vorgetragen worden war. Der klinische Eindruck hat gezeigt, dass Symptome einer depressiven Störung nicht vorliegen. Dipl.-Psych. Maj.-Schr. hat in ihrem psychologischen Zusatzgutachten vom 26. Dezember 2015 den Kläger als angespannt, ängstlich, ausreichend offen, kooperativ, freundlich, voll schwingungsfähig, in Ausdruck und Mimik gereizt, in allen Qualitäten orientiert, mit unauffälliger Merkfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit, ungestörtem Langzeitgedächtnis, ohne Hinweise auf inhaltliche oder formale Denkstörungen, ohne Halluzinationen und mit leicht reduziertem Antrieb beschrieben. Sie hat die Diagnosen einer affektiven Störung, einer Persönlichkeitsstörung, einer Angststörung sowie einer posttraumatischen Belastungsstörung ausschließen können. Sie ist von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung vor dem Hintergrund einer ängstlich-vermeidenden Persönlichkeit, einer Dysthymia und einem Medikamenten-Missbrauch ausgegangen. Prof. Dr. Schi., der selbst in Psychotherapie und Schmerztherapie verfügt, hat die von Dipl.-Psych. Maj.-Schr. sorgfältig erhobenen Befunde und nachvollziehbar gestellten Diagnosen in sein interdisziplinäres Gutachten einbezogen und - wie diese und zuvor schon Dr. Schn. - deutliche Hinweise auf Aggravation gesehen. Er hat überzeugend begründet, dass die vom Kläger beklagten Schmerzen und damit verbundene Funktionsstörungen, die dieser teilweise im Rahmen der körperlichen Untersuchung demonstriert (Gebrauch des Fritzstocks) und insbesondere im Selbstauskunftsbogen angegeben hat, weder durch die anamnestischen Selbstauskünfte noch durch den klinischen Eindruck gedeckt gewesen sin Er hat mäßiggradige Beeinträchtigungen des Gehvermögens und eine stärkere Beeinträchtigung der Stressregulation herausgearbeitet, jedoch keine Beeinträchtigungen in den Bereichen Selbstfürsorge, Körperhygiene, Bewältigung allgemeiner Aufgaben einschließlich Haushalt, Mobilität und der innerfamiliären Kommunikation festgestellt. Prof. Dr. Schi. hat darauf hingewiesen, dass der Kläger unter zumutbarer Willensanstrengung seine körperlichen Möglichkeiten deutlich besser nutzen kann. Dipl.-Psych. Maj.-Schr. hat überzeugend dargelegt, dass die somatoforme Schmerzstörung, die Dysthymia sowie der Medikamentenmissbrauch erfolgreich in einer ambulanten Psychotherapie behandelt werden können und eine Berentung aus psychotherapeutischer Sicht weder erforderlich noch langfristig sinnvoll erscheint. Prof. Dr. Schi. hat dem Kläger eine multimodale Schmerztherapie empfohlen und ist von einer deutlichen Besserungsfähigkeit der körperlichen Leistungsparameter ausgegangen. Dem schließt sich der Senat an.

Soweit der Kläger (Schriftsatz seiner Bevollmächtigen vom 21. März 2016) geltend macht, Prof. Dr. Schi. habe die von ihm geäußerten Beschwerden und Schmerzen teilweise unzutreffend in seinem Gutachten dargestellt, ihn während der gesamten Untersuchung "provoziert", den Tagesablauf "gänzlich gefälscht geschildert" sowie seine Lebensgeschichte fehlerhaft beschrieben, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zunächst ist zu beachten, dass der Senat Prof. Dr. Schi. als zuverlässigen, gründlichen und fachlich versierten Sachverständigen kennt, der seine Gutachten auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse betreffend die ärztliche Begutachtung von Menschen mit chronischen Schmerzen erstellt. Weiterhin ist zu beachten, dass der Kläger zwar Ausführungen des Prof. Dr. Schi. zur Beschwerde- und Schmerzschilderung, zum Tagesablauf und zur Medikamenteneinnahme kritisiert, jedoch diesen Ausführungen keine eigene konkrete Sachverhaltsschilderung entgegenstellt. Prof. Dr. Schi. hat in seinem Gutachten Angaben des Klägers zu Rückenschmerzen ausführlich und differenziert dokumentiert. Ob der Kläger dabei seine Rückenschmerzen auf einen erneuten Bandscheibenvorfall im Januar 2010 zurückführt und ruckartige Bewegungen - anstatt komische Bewegungen - als schmerzauslösend bzw. schmerzverstärkend wahrnimmt, ist - im Hinblick auf die dokumentierten objektiven Untersuchungsbefunde und die sich daraus ergebenden Funktionseinschränkungen - nebensächlich. Gleiches gilt für die Frage, ob dem Kläger ein Hinweis auf einen Versuch mit künstlichen Tränen wegen des Verschwimmens vor den Augen beim Lesen gegeben worden ist, zumal der Kläger selbst nicht behauptet, dass trotz Verwendung künstlicher Tränen beim Lesen vor dessen Augen alles nach einer Weile verschwimme. Prof. Dr. Schi. hat die Anamnese der Medikation ausführlich wiedergegeben; Dipl.-Psych. Maj.-Schr. hat mitgeteilt, der Kläger nehme nach seinen Angaben das seiner Ehefrau ärztlich verordnete Beruhigungsmittel Travor. Dass er dieses Medikament "gelegentlich" einnimmt, hat er selbst eingeräumt (Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 21. März 2016). Weiterhin hat Prof. Dr. Schi. im Einzelnen den Tagesablauf eruiert und dargestellt. Die Behauptung des Klägers, Prof. Dr. Schi. habe den Tagesablauf "gänzlich gefälscht geschildert", wird nicht ansatzweise untermauert. Er hat nicht im Einzelnen dargelegt, welche Aktivitäten er aus seiner Sicht im Bereich der Selbstsorge (z.B. Hygiene, Arztbesuche), des Haushalts (Essenszubereitung, Staubsaugen, Aufräumen, Zusammenlegen und Bügeln der Wäsche, Ein- und Ausräumen der Spülmaschine, Einkaufen etc.) und der Freizeit (insbesondere Hund, Spaziergänge, Lesen, Sudoku, Kreuzworträtsel, Fahrradfahren, Fernsehen, Urlaub, Bastelarbeiten) entfaltet. Insofern kritisiert der Kläger zwar die Ausführungen des Sachverständigen zu den Themen Besuch von Kirchenmusikaufführungen und Fahrradfahren; ob er überhaupt versucht hat, Kirchenmusikaufführungen allein zu besuchen, und wie er die Frage des Sachverständigen, warum er nicht öfter und länger Fahrrad fahre, beantwortet hat, hat er nicht dargelegt. Dass Prof. Dr. Schi. den Kläger mit den aus seiner Sicht vorhandenen Ressourcen konfrontiert und ihn u.a. danach befragt hat, warum er nicht allein Kirchenmusikaufführungen besuche sowie nicht öfter und länger Fahrrad fahre, beinhaltet keine Provokation, sondern ist Teil der nach Maßgabe der oben genannten Leitlinien für die ärztliche Begutachtung von Menschen mit chronischen Schmerzen erforderlichen Konsistenzprüfung. Schließlich weisen die Ausführungen des Prof. Dr. Schi. zum beruflichen Werdegang lediglich insoweit eine Ungenauigkeit auf, als er von einem (Berufs-)Abschluss als Forstwirt ausgegangen ist. Im Übrigen hat er in der Sache zutreffend referiert, dass der Kläger seinen erlernten Beruf als Bergmann Anfang der 80-er Jahre aufgegeben, bis zu seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland als Forstarbeiter und Kraftfahrer gearbeitet hat und anschließend als Kraftfahrer bei der Firma R. tätig gewesen ist.

Der Senat folgt nicht der Leistungsbeurteilung des Privat-Dozenten Dr. Wö., der insbesondere im Hinblick auf ein "chronisches zusammengesetztes Schmerzsyndrom" und eine "chronische depressive Störung" von einem beruflichen Leistungsvermögen von drei bis etwa vier Stunden ausgegangen ist. Die Beratungsärztin der Beklagten Dr. H. hat in ihrer Stellungnahme vom 6. November 2014 zutreffend darauf aufmerksam gemacht, dass Privat-Dozent Dr. Wö. keine eingehende Schmerzanamnese - wie in den genannten Leitlinien für die ärztliche Begutachtung von Menschen mit chronischen Schmerzen gefordert - durchgeführt, nicht hinreichend zwischen subjektivem Beschwerdevortrag und objektivem Befund unterschieden und die soziale Teilhabe nicht hinreichend eruiert hat. Dr. Schn. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11. Dezember 2014 zutreffend darauf hingewiesen, dass seinerzeit die therapeutischen Optionen noch nicht ausgeschöpft gewesen sind und einem durchgreifenden Behandlungserfolg das Rentenbegehren des Klägers entgegengestanden hat. Schließlich hat Prof. Dr. Schi. zu Recht kritisiert, dass Privat-Dozent Dr. Wö. die Aktivitäten des Klägers (z.B. Urlaub, Spaziergänge, Fahrradfahren) nur unzureichend erfasst und die völlig unklare Umschreibung "chronisches zusammengesetztes Schmerzsyndrom" gewählt hat. Außerdem hat er eine "chronische depressive Störung" nicht bestätigen können. Er ist lediglich vom Vorliegen einer depressiven Verstimmung in Form einer Dysthymia ausgegangen. Auch die Leistungseinschätzung des behandelnden Hausarztes Dr. Fi., wonach der Kläger wegen seiner Erkrankungen auf neurologischem und orthopädischem Fachgebiet nicht mehr vollschichtig erwerbstätig sein könne, steht nicht in Einklang mit den durch die Sachverständigen Dr. Gr., Dr. Schn. und Prof. Dr. Schi. erhobenen Befunden.

Schließlich begründen auch die weiteren Gesundheitsstörungen keine Leistungseinschränkung in quantitativer Hinsicht. Hinsichtlich der postthrombotischen Veränderungen hat bereits die behandelnde Fachärztin Dr. Ke.-v. L. keine Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht gesehen. Auch der behandelnde Hausarzt Dr. Fi. hat hinsichtlich der arteriellen Hypertonie, der eosinophilen Pneumonie und des postthrombotischen Syndroms nur qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens angenommen; die von ihm erhobenen Lungenfunktionsparameter haben keine Hinweise auf eine obstruktive oder restriktive Lungenfunktionsstörung ergeben (Befundbericht vom 29. Oktober 2012). Während Dr. Gr. noch eine Belastungsdyspnoe angenommen hat, hat Prof. Dr. Schi. nach körperlicher Belastung eine etwas beschleunigte Atmung, aber keine Kurzatmigkeit festgestellt. Dr. Schn. und Privat-Dozent Dr. Wö. haben der eosinophilen Pneumonie und der Hypertonie keine leistungsrelevante Bedeutung beigemessen.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht ist der Senat - unter Würdigung der schlüssigen Einschätzung der Sachverständigen Prof. Dr. Schi., Dr. Gr. und Dr. Schn. sowie des Rentengutachters Dr. St. - davon überzeugt, dass der Kläger in der Lage ist, noch mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls eine körperlich leichte Tätigkeit zu verrichten. Die gesundheitlichen Einschränkungen sind weder in ihrer Art noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch körperlich leichte Tätigkeiten (wenn auch mit qualitativen Einschränkungen; vorliegend Ausschluss von mittelschweren und schweren körperlichen Tätigkeiten, Arbeiten in dauerhafter Rumpf-Zwangshaltung, Überkopfarbeiten, Arbeiten in dauerhafter Kniehocke, im Kriechen, im Knien sowie auf unebenem Untergrund, interpersonell belastenden Tätigkeiten, Tätigkeiten im Akkord, mit Zeitdruck, in Nachtschicht sowie Tätigkeiten überwiegend im Gehen) in wechselnder Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteile vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 79/09 R - BSGE 109, 189 - und 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris Rdnr. 26 ff.). In der Rechtsprechung des BSG werden hierbei als Fallgruppen Einschränkungen genannt aufgrund schwerer speziFi. Leistungsbehinderung wie z. B. Einarmigkeit bei gleichzeitiger Einäugigkeit (SozR 2200 § 1246 Nr. 30), der Notwendigkeit von zwei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von je 15 Minuten (SozR 2200 § 1246 Nr. 136) oder von drei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von zehn Minuten je Arbeitstag (BSG, Urteil vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 -), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, Erforderlichkeit eines halbstündigen Wechsels vom Sitzen zum Gehen (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8) oder Einschränkungen aufgrund regelmäßig einmal in der Woche auftretender Fieberschübe (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist dagegen insbesondere nicht erforderlich im Falle des Ausschlusses von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte oder mit häufigem Bücken zu leisten sind, besondere Fingerfertigkeiten erfordern oder mit besonderen Unfallgefahren verbunden sind, bei Ausschluss von Arbeiten im Akkord, im Schichtdienst, an laufenden Maschinen sowie bei Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- oder Konzentrationsvermögen stellen (vgl. zu allem BSG Großer Senat SozR 3–2600 § 44 Nr. 8 m.w.N.; vgl. weiter Senatsurteil vom 23. April 2011 - L 7 R 5711/11 -).

Der Senat ist der Überzeugung, dass das Restleistungsvermögen des Klägers es diesem erlaubt, die oben genannten Verrichtungen oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Die genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sind nicht ungewöhnlich und schränken das für den Kläger offene Arbeitsfeld auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht übermäßig ein. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass er über die für die Ausübung einer ungelernten Tätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistiger Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz nicht verfügt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - BSGE 109, 189 - juris Rdnr. 29). Der Senat ist mit den Gutachtern Dr. Gr. und Prof. Dr. Schi. sowie dem Rentengutachter Dr. St. weiter davon überzeugt, dass bei dem Kläger die erforderliche Wegefähigkeit (vgl. dazu bspw. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 79/11 R - BSGE 110, 1) vorliegt und er keiner betriebsunüblichen Pausen bedarf.

Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Unbeachtlich ist, ob der Kläger noch einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz erhalten kann. Denn das Risiko, keinen Arbeitsplatz zu erhalten, ist nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen und vermag einen Rentenanspruch wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zu begründen.

Somit hat die Berufung keinen Erfolg.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

6. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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