Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 SB 1853/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 172/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05.12.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; 50 statt 40) seit 08.12.2011 zusteht.
Die 1966 geborene, in zweiter Ehe geschiedene Klägerin, deutsche Staatsangehörige, hat drei erwachsene Kinder aus ihrer mit ihrem verstorbenen Ehemann stammenden ersten Ehe. Zuletzt arbeitet die gelernte Einzelhandelskauffrau im Umfang von 30 Wochenstunden im Auftragsmanagement eines Energiekonzerns (Blatt 78 der Senatsakte = Seite 8 des Gutachtens Dr. Schn. ).
Nach einem ersten, erfolglosen Feststellungsantrag vom 15.09.2009 (Blatt 1/17 der Beklagtenakte; ablehnender Bescheid vom 08.10.2009, Blatt 20/21 der Beklagtenakte) beantragte die Klägerin am 08.12.2011 beim Landratsamt K. (LRA; Blatt 23/28 der Beklagtenakte) erneut die Feststellung nach § 69 SGB IX. Dem Antrag fügte sie einen radiologischen Kurzbefund der A. Klinik über ein MRT vom 30.11.2011 (Blatt 26 der Beklagtenakte) und ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin, Psychiatrie, Psychotherapie, Naturheilverfahren, Umweltmedizin, Psychoanalyse, Dr. W. vom 26.05.2011 (Blatt 23/25 der Beklagtenakte) bei und verwies auf Depressionen, Panikattacken, Vergesslichkeit mit Aussetzern, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Fibromyalgie, Osteoporose und einen NPP LWK 4/5).
Das LRA zog den Befundschein des Orthopäden Prof. Dr. B. vom 21.12.2011 (Blatt 31 der Beklagtenakte), den Befundbericht der A. Kliniken B. vom 23.12.2011 (Blatt 33/36 der Beklagtenakte) sowie Befundangaben der Fachärzte für Psychiatrie und Neurologie Dres. U. et al. vom 27.12.2011 (zu deren Angaben vgl. Blatt 39 der Beklagtenakte) bei.
Der Versorgungsarzt Dr. C. bewertete den GdB mit 30 (Stellungnahme vom 16.01.2012, Blatt 43/44 der Beklagtenakte; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Fibromyalgiesyndrom: Teil-GdB 20; Depression, Kopfschmerz: Teil-GdB 20).
Nachdem auch ärztliche Unterlagen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. J. (dazu vgl. Blatt 45/56 der Beklagtenakte) vorlagen, nahm der Versorgungsarzt Dr. C. erneut Stellung (20.01.2012; Blatt 57/58 der Beklagtenakte), bewertete den GdB jedoch weiterhin mit 30.
Mit Bescheid vom 01.02.2012 (Blatt 60/61 der Beklagtenakte) stellte das LRA den GdB mit 30 fest. Hiergegen erhob die Klägerin am 16.02.2012 Widerspruch (Blatt 63 der Beklagtenakte), zu dessen Begründung (Blatt 70/71 der Beklagtenakte) sie auf schwere Depression, verbunden mit regelmäßigen Schlafstörungen, Gefühlen der Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit sowie häufige Panikstörungen, regelmäßige Kopfschmerzen in Folge starker Migräneanfälle, deutliche Funktionsbehinderungen im gesamten Bereich der Wirbelsäule und ein ausgeprägtes Fibromyalgiesyndrom verwies.
Nachdem das LRA erneut Unterlagen und einen Befundbericht von Dr. J. (dazu vgl. Blatt 74/82 der Beklagtenakte) beigezogen hatte, hielt der Versorgungsarzt Dr. Bü. in seiner Stellungnahme vom 25.04.2012 (Blatt 83 der Beklagtenakte) an der bisherigen Bewertung fest.
Der Beklagte wies durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 08.05.2012, Blatt 85/88 der Beklagtenakte).
Am 21.05.2012 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe unter Verweis auf die Widerspruchsbegründung (Blatt 15/16 der SG-Akte) Klage erhoben. Zu ihrer Klage hat sie - einen radiologischen Bericht (MRT der HWS/oberen BWS) vom 03.07.2012 von Dr. Z. (Blatt 19 der SG-Akte), - einen radiologischen Bericht vom 03.07.2012 (MRT des Neurocraniums nativ/MRA der Hirngefäße) von Dres. K. et al. (Blatt 20 der SG-Akte) - einen D-Arztbericht vom 30.10.2012 vom Chirurgen Dr. Be. (Blatt 82 der SG-Akte), - einen radiologischen Bericht von Dr. B. (CT der HWS) vom 30.10.2012 (Blatt 83 der SG-Akte), - eine ärztliche Bescheinigung von Dr. Fä. vom 22.10.2012 (Blatt 84 der SG-Akte) vorgelegt.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 29/30, 31/59, und 60/71 der SG-Akte Bezug genommen. Dr. Fä. , Neurologe und Psychiater, hat dem SG am 14.08.2012 geschrieben, die Klägerin leide an chronifizierten Symptomen einer depressiven Verstimmung, die sich über Jahre hinziehe in mindestens leichtgradigem Ausmaß, wechselnd in das mittelgradige Ausmaß. Eine Fibromyalgie sei bekannt. Den GdB auf psychiatrischem Fachgebiet schätze er auf 30-40. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. J. hat in seinem Schreiben vom 09.08.2012 mitgeteilt, im Vordergrund der Beschwerden stehe das Fibromyalgiesyndrom, erschwerend kämen Wirbelsäulenerkrankungen i.S.e. LWS-Syndroms bei Lumbalprolaps hinzu. Außerdem bestünde anamnestische eine Migräne und eine Laktoseintoleranz. Ebenfalls anamnestisch sei eine Depression bekannt. Prof. Dr. B. , Orthopäde, hat dem SG am 27.08.2012 geschrieben, es bestünden folgende Diagnosen: Fibromyalgie, Lumboischialgie, Bandscheibenvorfall L 4/5, somatoforme Schmerzempfindungsstörung, chronisches Schmerzsyndrom, Cervicobrachialgie, V.a. BSV cervical. Gegenüber 2009 sei eine Verschlechterung eingetreten.
Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens bei Dr. Fö. , Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie. Diese hat in ihrem Gutachten vom 05.12.2013 (Blatt 86/99 der SG-Akte) ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom der HWS, der BWS und der LWS mit einem GdB von 30, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit einem GdB von 30, die Migräne mit einem GdB von 20 und eine rezidivierend depressive Störung leichten bis mittelschweren Ausmaßes mit einem GdB von 30 bewertet. Der Gesamt-GdB entspreche 50.
Der Beklagte ist dieser Bewertung unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 20.06.2013 entgegengetreten (Blatt 162/164 der SG-Akte). Es bestünden Überschneidungen der somatoform- und organisch bedingten Schmerzkomponenten. Die Klägerin übe Hobbies aus und ein sozialer Rückzug sei auch nicht zu erkennen.
Das SG hat nun Beweis erhoben durch erneute schriftliche Befragung des die Klägerin behandelnden Orthopäden Prof. Dr. B ... Dieser hat in seiner Antwort vom 10.01.2013 mitgeteilt, die Klägerin sei seit 31.01.2013 nicht mehr in seiner Praxis gewesen (Blatt 172/173 der SG-Akte).
Nachdem das SG vorgeschlagen hatte, den GdB vergleichsweise mit 40 festzustellen (Blatt 174 RS der SG-Akte), lehnten beide Beteiligten dies ab (Blatt 175, 176 der SG-Akte).
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.12.2013 hat das SG mit Urteil vom selben Tag den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 01.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2012 verpflichtet, bei der Klägerin einen GdB von 40 ab dem 08.12.2011 festzustellen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Nach Überzeugung des Gerichts seien die depressive Störung und die somatoforme Schmerzstörung mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten, da zwar eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorliege, diese aber phasenweise auch in Richtung eines leichtgradigen Ausmaßes schwanke. Das Funktionssystem Kopf und Gesicht (Migräne) sei mit einem GdB von 20 zu bewerten. Die Einschränkungen im Funktionssystem Rumpf (Wirbelsäule) seien mit einem GdB von 20 zu bewerten. Der Gesamt-GdB sei auf 40 festzustellen.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 20.12.2013 zugestellte Urteil (Blatt 189 der SG-Akte) hat die Klägerin am 14.01.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt, zu deren Begründung (Blatt 18/21 = 22/25 der Senatsakte) sie u.a. ausgeführt hat, Dr. Fö. habe in ihrem nervenärztlichen Gutachten einen Gesamt-GdB von 50 festgestellt. Dem sei zuzustimmen. Es liege ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom in drei Wirbelsäulenabschnitten vor, wobei zwei Abschnitte mit mittelgradigen Auswirkungen betroffen seien. Dafür sei ein Teil-GdB von 30 bis 40 anzusetzen. Im Übrigen habe bereits Prof. Dr. B. darauf hingewiesen, dass eine Mitbeurteilung der hinzugekommenen Funktionsstörung der HWS zu erfolgen habe und insgesamt durch BSV LWS und HWS eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation bei der Klägerin eingetreten sei. Zusätzlich sei auch eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Bereich der LWS, HWS und BWS eingetreten. Sie leide an starken Schmerzen im Bereich der HWS, wobei sich zusätzlich verschlechternd Schmerzen jeweils über die rechte und linke Schulter in den rechten und linken Arm erstreckten. Darüber hinaus leide sie im gesamten Bereich des Rückens (BWS und LWS) an Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, die das Bücken und Laufen und insbesondere das Sitzen stark beeinträchtigten. Da bei der Migräne nach Erstellung des Gutachtens durch Dr. Fö. ebenfalls eine weitere Verschlechterung eingetreten sei, sei der hier anzusetzende Teil-GdB auf mindestens 30 festzulegen. Sie leide 3- bis 4-mal pro Monat an starken Migräneanfällen, die ca. 2 bis 3 Tage in ihrer starken Form und darüber hinaus noch mit stark ausgeprägten Begleiterscheinungen wie einer starken Aura, Sehstörungen und "Aussetzern" verbunden seien. Das Abklingen dieser jeweiligen Migräneanfälle halte sich dann über mehrere Tage hinweg, wobei dann jeweils der nächste Anfall wieder von neuem eintrete. Auch bei den gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf nervenärztlichem Bereich sei nach Erstellung des Gutachtens von Frau Dr. Fö. eine Verschlechterung eingetreten, die nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen den Ansatz eines Teil-GdB von mindestens von 40 v. H. erforderlich machten. Bei der Klägerin liege ein sozialer Rückzug vor, da der Kontakt zu Freunden und Bekannten abgebrochen sei. Aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes, ihrer Erschöpfung, Kraftlosigkeit und den vorliegenden Schmerzen habe sie wiederholt Termine mit Freunden und Bekannten absagen müssen mit der Folge, dass sich nunmehr die Freunde und Bekannten von ihr zurückgezogen hätten und sie keine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme aus ihrer Sicht mehr sehe. Sie könne auch ihre bisherigen Hobbies wie Sport (Sportstudio, Schwimmen) und Spazierengehen nicht mehr ausüben. Als einziges Hobby verbleibe ihr das Lesen, das allerdings durch die starken Migräneanfälle sehr eingeschränkt sei. Sie werde psychisch weiter durch die zwischenzeitlich erfolgte Scheidung von ihrem Mann belastet. Beruflich sei sie zwischenzeitlich von ihrer bisherigen Funktion bei der Abrechnungserstellung zur reinen Dateneingabe versetzt worden, da sie nach Einschätzung ihres Arbeitgebers ihrer bisherigen Aufgabe nicht gewachsen gewesen sei. Dies bedeute eine erhebliche Zurücksetzung verbunden mit einem beruflichen Abstieg und Ansehensverlust, was die Klägerin sehr belaste. Auch sei die Anhäufung von Menschenmengen für sie nicht mehr erträglich. Die Klägerin hat vorgelegt: - einen radiologischen Bericht von Dr. S. vom 07.04.2014 Kernspintomographie der LWS, Blatt 27 der Senatsakte), - einen Bericht der A. Klinik vom 28.02.2014 (Blatt 28/29 der Senatsakte), - einen Bericht der P. Kliniken vom 18.05.2014 (Blatt 33/34 der Senatsakte), - eine Verordnung von Krankenhausbehandlung wegen schwerer depressiver Episode vom 11.07.2014 von Dr. Fä. (Blatt 39 der Senatsakte), - Unterlagen von Dr. G. , Facharzt für Orthopädie (Blatt 40, 41 der Senatsakte) und - eine Entlassung aus einer Rehabilitation in der W. Klinik D. (Blatt 42 der Senatsakte).
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05.12.2013 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 01.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2012 zu verpflichten, bei ihr einen GdB von 50 seit 08.12.2011 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung zumindest für vertretbar. Ein noch höherer GdB könne allerdings nicht festgestellt werden.
Der Rechtsstreit wurde in einem nichtöffentlichen Termin am 15.08.2014 mit den Beteiligten erörtert. Wegen des Inhalts und Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift Blatt 50/51 der Senatsakte Bezug genommen. Die Klägerin hatte dort u.a. erklärt, die Maßnahme in der W. Klinik D. habe vom 21.05.2014 bis 15.06.2014 stattgefunden. Am 26.08.2014 habe sie einen Termin im S. Klinikum K. , bei dem überlegt werden solle, ob sie im Hinblick auf die Krankenhausverordnung von Dr. Fä. stationär oder ambulant behandelt werde.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Beiziehung des Entlassberichts der W. Klinik D. vom 20.06.2011 (zum Bericht vgl. Blatt 55/64 der Senatsakte). Die Klägerin (Blatt 66 = 67 der Senatsakte) hat nunmehr mitgeteilt, dass eine stationäre Behandlung im S. Klinikum K. aus gesundheitlichen Gründen und zwei Todesfällen in der Familie nicht habe angetreten werden können. Auch habe der Arbeitgeber angekündigt, Arbeitsplätze abzubauen, weshalb sie dieses Jahr keine längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten hinzufügen wolle.
Der Senat hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beim Facharzt für Innere Medizin, Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. Schn ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 27.04.2015 (Blatt 71/99 der Senatsakte) bei der Klägerin eine Dysthymia, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, akzentuierte Persönlichkeitszüge, ein Kopfschmerzleiden, am ehesten Kombinationskopfschmerzen (Migräne, Spannungskopfschmerzen, ggf. analgetikainduzierte Kopfschmerzen), sowie ein Wirbelsäulenleiden ohne relevante sensomotorische Ausfälle festgestellt und die Depression sowie das somatoformes Schmerzsyndrom mit einem GdB von 30, die Migräne, Kopfschmerzen mit einem GdB von 20 und die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit einem GdB von 20 bewertet. Der Gesamt-GdB liege bei 40.
Nachdem der Senat mit den Beteiligten zugestelltem Schreiben vom 05.05.2015 (Blatt 100, 101, 102, 103 der Senatsakte) darauf hingewiesen hatte, dass beabsichtigt sei, die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen, hat die Klägerin (Schreiben vom 09.06.2015, Blatt 104 = 105 der Senatsakte) ausgeführt, sie sehe ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen insbesondere auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet nicht hinreichend gewürdigt. Sie gehe weiterhin von einem GdB von mindestens 50 aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Berufung durch Beschluss zurückweisen, nachdem kein Fall des § 105 SGG vorliegt, die Beteiligten gehört wurden, die Berufung einstimmig für unbegründet erachtet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten wird.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Streitig ist vorliegend lediglich, ob der Klägerin ein Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 40 seit 08.12.2011 zusteht. Der Beklagte hat die Verurteilung durch das SG akzeptiert und ist nur der mit dem Ziel eines noch höheren GdB eingelegten Berufung der Klägerin entgegengetreten.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zunächst im Allgemeinen nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A. Nr. 3a VG) später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die Funktionsbehinderungen, die im Allgemeinen in den einzelnen Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) bewertet werden, in ihrer Gesamtschau beim Kläger seit 08.12.2011 einen Gesamt-GdB von 40 rechtfertigen.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, war ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen. Nach den vorliegenden radiologischen Unterlagen ist bei der Klägerin seit Anfang 2012 ein NPP L 4/5 mit Lumboischialgie links mehr als rechts (Blatt 37 der SG-Akte) berichtet; im November 2011 (Blatt 48 der SG-Akte) war dies noch nicht festzustellen und trat wohl als akuter NPP im Dezember 2011 auf (Blatt 64 der SG-Akte). In der nachfolgenden Behandlung hat die Klägerin eine 40%ige Besserung angegeben (Blatt 34 der SG-Akte, Bericht Dr. M. vom 08.02.2012). Es besteht eine leicht vermehrte BWS-Kyphose, mäßige rechts konvexe Skoliose im eher oberen BWS-Bereich, eine leichte Osteochondrose im mittleren BWS-Bereich (Blatt 38 der SG-Akte). Im MRT der HWS und oberen BWS am 03.07.2012 (Blatt 63 der SG-Akte) wurde eine Streckstellung der HWS, eine leichte Osteochondrose und Bandscheibenhernierung C 5/6 und C 6/7 jeweils rechtsbetont mit leichter Impression des Thekalsackes ohne wertbare Irritation der Nervenwurzel, kein Myelopathiesignal, keine intraspinale Raumforderung und eine geringe Bandscheibenprotrusion BWK 7/8 festgestellt. Im CT der HWS vom 30.10.2012 (Blatt 83 der SG-Akte) wurde dann ein ventraler kleiner Deckplatteneinbruch HWK 5, eine Streckstellung der HWS, Osteochondrosen in Höhe HWK 4/5, 5/6 und 6/7 sowie geringe Unko- und Spondylarthrosen bei HWK 5/6 und 6/7 und flache Bandscheibenprotrusionen bei im Übrigen unauffälligem Befund angegeben. Der Gutachterin Dr. Fö. hat die Klägerin angegeben, inzwischen sei ihr Sport zum Hobby geworden. Sie versuche zwei- bis dreimal pro Woche in den Wintermonaten ins Sportstudio zu gehen und auch zwei- bis dreimal pro Woche zu schwimmen (Blatt 88 der SG-Akte = Seite 3 des Gutachtens). Die Klägerin hat bei der Gutachterin (Blatt 94 der SG-Akte = Seite 9 des Gutachtens) Schmerzen des Nackens sowie der LWS, bis ins linke Bein in die Zehen, im rechten Bein bis in die Wade ausstrahlend, beschrieben. Motorisch radikuläre Ausfälle konnten jedoch ausgeschlossen werden (Blatt 95 der SG-Akte = Seite 10 des Gutachtens). Es bestehen keine Reflexdifferenzen oder Paresen (a.a.O.). Eine Sensibilitätsstörung im Dermatom S 1 links hat keine Auswirkungen auf die Beweglichkeit (a.a.O.). Der im Nachgang zum Gutachten Dr. Fö. befragte Prof. Dr. B. konnte keine näheren Angaben machen, da die Klägerin seit 31.01.2013 nicht mehr in seiner Behandlung war. Die Ärzte der A. Klinik (Blatt 28/29 der Senatsakte) konnten in ihrem Bericht vom 28.02.2014 einen Bandscheibenvorfall im Segment LWK 4/5 berichten mit Einengung der Neuroforamina beidseits. Dr. S. konnte dann in seinem Bericht vom 07.04.2014 (Blatt 27 der Senatsakte) eine Bandscheibenprotrusion intraforaminal links im Segment LWK 3/4 mit einer Irritation der linken L3-Wurzel berichten. Eine lumbale Spinalkanalstenose oder ein intraossäres lokalisiertes Hämangiom lag nicht vor. Es bestand eine geringgradige Osteochondrose der LWS und beiderseitige Spondylarthrose in beiden unteren LWS-Segmenten (a.a.O.). Die Ärzte der P. Kliniken haben in ihrem Bericht vom 18.05.2014 (Blatt 33/34 der Senatsakte) einen Bandscheibenvorfall L 3/4, eine Bandscheibenprotrusion L4/5, eine Lumboischialgie beidseits, ein Facettensyndrom L3-5 angegeben und das Erlernen wirbelsäulengerechten Verhaltens sowie die Fortführung mobilitätserhaltender Maßnahmen empfohlen. Dr. G. hat (Blatt 40/41 der Senatsakte) eine Spondylarthrose L4/5 beidseits, einen BSV L4/5 links und eine ISG Blockierung rechts angegeben. Gemeinsam ist allen Berichten, dass die Klägerin über Schmerzen geklagt hat. Der Entlassbericht der W. Klinik D. vom 20.06.2014 über eine vom 21.05.2014 bis zum 15.06.2014 zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung durchgeführten Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation (Blatt 56/64 der Senatsakte) gibt als Aufnahmebefund bezüglich der Wirbelsäule folgende Bewegungsmaße an: HWS: Seitneigung rechts/links 30/0/30o (normal: 30-40/0/30-40); Rotation rechts/links 70/0/70o (normal: 60-80/0/60-80), KJA 0/14 cm (normal: 0/18 cm) LWS: Seitneigung rechts/links 30/0/30o (normal: 30-40/0/30-40); Rotation rechts/links 40/0/40o (normal: 30-50/0/30-50) Außerdem gibt der Bericht eine Inklination im Rücken bis zu einem FBA von 33 cm, einen Schober-Wert von 10/14 cm (normal: 10-15 cm) und einen Ott-Wert von 30/33 cm (normal: 30/32 cm) an. Lasègue war negativ bei leicht verkürzter ischiocruraler Muskulatur beidseits. Muskeleigenreflexe waren seitengleich normal auslösbar, relevante sensomotorische Störungen waren nicht objektivierbar. Nach Durchführung der Maßnahme war die Klägerin wieder weiter mobilisiert, sodass bei Beckengeradestand im Bereich der BWS, LWS und im Bereich beider SIG kein wesentlicher Klopf- oder Druckschmerz auslösbar war. Die Inklination des Rückens gelang ohne wesentliche Schmerzen nun bis zu einem FBA von 10 cm, die Bewegungsmaße der BWS und LWS zeigten sich unverändert. Lasègue war weiterhin negativ. Relevante sensomotorische Störungen wurden wiederum nicht gefunden. Dr. Schn. konnte in seinem Gutachten dagegen ein positives Lasègue Zeichen bei 50o links mitteilen sowie einen FBA von 30 cm (Blatt 84 der Senatsakte = Seite 14 des Gutachtens). Paresen konnte er nicht feststellen.
Vor diesem Hintergrund konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass bei der Klägerin Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) oder mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Denn die behandelnden Ärzte konnten weder Verformungen oder häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkungen bzw. Instabilitäten schweren Grades angeben, auch konnte der Senat weder ihren Unterlagen und Angaben noch denjenigen der Klägerin häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome entnehmen. Nachdem auch wesentliche neurologische Ausfälle oder Beeinträchtigungen nicht vorliegen, konnte der Senat lediglich feststellen, dass zwar mehrere Abschnitte der Wirbelsäule betroffen sind. Doch handelt es sich insoweit lediglich um leichtere funktionelle Beeinträchtigungen, die im Wesentlichen mit Schmerzen, jedoch nicht mit wesentlichen Funktionseinbußen einhergehen. Daher konnte der Senat auch unter Berücksichtigung der angegebenen Schmerzen lediglich einen GdB von 20 feststellen.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche bestehen bei der Klägerin eine Depressison und ein somatoformes Schmerzsyndrom. Das konnte der Senat auf Grundlage des Gutachtens von Dr. Schn. feststellen. Auch die Gutachterin des SG Dr. Fö. konnte eine rezidivieren depressive Störung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung angeben. Insoweit beschreibt sie dieselben Erkrankungen. Auch aus den Angaben der Klägerin und des Dr. Fä. ergeben sich keine abweichenden Erkenntnisse. Soweit dort von einem Fibromyalgie-Syndrom in den Gutachten von einer somatoformen Schmerzstörung berichtet wird, wird im Ergebnis dieselbe Beeinträchtigung der Klägerin beschrieben. Eine Fibromyalgie wäre nach B Nr. 18.4 VG nach ihren funktionellen Auswirkungen zu beurteilen. Da diese vorliegend bei der Klägerin zu Schmerzen führt, sind diese, da sie einem sonstigen Funktionssystem nicht konkret zugeordnet und über diese hinausgehend zu Schmerzen führen, im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche zu bewerten.
Nach B Nr. 3.7 VG sind Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen wie folgt zu bewerten: Leichtere psychovegetative oder psychische Störungen 0-20 Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) 30-40 Schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten 50-70 mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten 80-100 Die Klägerin war bei der Untersuchung durch Dr. Schn. ohne Antriebsminderung oder –hemmung befunden worden. Sie war geistig gut flexibel. Kognitive oder mnestische Defizite konnte Dr. Schn. nicht feststellen (Blatt 90 der Senatsakte = Seite 20 des Gutachtens). Dr. Fö. konnte insoweit die Klägerin in Aufmerksamkeit und Konzentration sowie Mnestik zum Teil gemindert und verlangsamt beschreiben, letzteres auch im Bereich des formalen Denkens. Dagegen konnte der Senat eine wesentliche Beeinträchtigung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht feststellen. Denn nicht nur gegenüber Dr. Fö. hat die Klägerin erhebliche Freizeitaktivitäten und den Kontakt zu vielerlei Menschen angegeben, auch gegenüber Dr. Schn. hat sie einen regelmäßigen und geregelten Tagesablauf mit Erwerbsarbeit und Freizeitaktivitäten beschrieben. Sie hat angegeben, sie habe Bekannte und ein gutes Verhältnis zu den Kindern. Sie treffe sich auch mit Bekannten, müsse aber auch öfters Treffen absagen aufgrund ihrer Beschwerden. Dieser Alltag der Klägerin zeigt, dass die Schmerzen – vor allem die Wirbelsäulenschmerzen – zwar den Alltag der Klägerin beeinflussen, sie jedoch zu einem wesentlichen Rückzug aus dem sozialen Umfeld nicht gedrängt haben. Daher erscheint die Bewertung der Depression und des somatoformen Schmerzsyndroms durch Dr. Fö. und Dr. Schn. mit einem GdB von 30 jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin zu niedrig. Dazu passt auch, dass die Klägerin eine vorgesehene stationäre Behandlung im S. Klinikum K. wegen anderer Umstände (Todesfälle in der Familie, Angst vor Auswirkungen am Arbeitsplatz, anderweitige – nicht benannte - Erkrankungen) nicht angetreten hatte. Daraus konnte der Senat ableiten, dass – nicht psychisch krankhaft bedingt – die Klägerin anderen Umständen in ihrem Leben eine größere Gewichtung beimisst, als der psychischen Erkrankung, weshalb sich der darin bestätigt sieht, dass eine am oberen Rand des Bemessungsrahmens zu bewertende stärker behindernde Störung nicht vorliegt. Der Senat kann jedenfalls keine mit einem höheren GdB als 30 zu bewertenden funktionellen Beeinträchtigungen bei der Klägerin feststellen. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass die Klägerin angegeben hat, größere Menschenmengen zu meiden.
Die Migräne der Klägerin ist nach B Nr. 2.3 VG zu bewerten. Dabei kann offen bleiben, ob diese im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche bewertet wird oder in einem gesonderten Funktionssystem. Jedenfalls ist die Migräne je nach Häufigkeit und Dauer der Anfälle und Ausprägung der Begleiterscheinungen zu bewerten. So sehen die VG a.a.O. folgende Bewertungen vor: leichte Verlaufsform (Anfälle durchschnittlich einmal monatlich) 0-10 mittelgradige Verlaufsform (häufigere Anfälle, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend) 20-40 schwere Verlaufsform (lang andauernde Anfälle mit stark ausgeprägten Begleiterscheinungen, Anfallspausen von nur wenigen Tagen) 50-60 Zwar macht die Klägerin eine schwere Verlaufsform geltend, da sie angibt, Anfallspausen von nur wenigen Tagen bei mehreren Anfällen im Monat zu haben. Doch wird ein Kopfschmerzkalender nicht geführt (Blatt 75 der Senatsakte = Seite 5 des Gutachtens Dr. Schn. ) und medikamentöse Migräneprophylaxe nicht betrieben; sie nimmt jedoch regelmäßig einmal pro Woche Almorgan, ein Migränemedikament. Auch sind Arbeitsunfähigkeitszeiten lediglich wegen Wirbelsäulenschmerzen angegeben, nicht dagegen wegen Migräne. Zwar hatte die Klägerin bei Dr. Schn. angegeben, die Migräne trete einmal pro Woche auf (Blatt 75 der Senatsakte = Seite 5 des Gutachtens), doch hat sie bei Dr. Fö. angegeben, die Migräne gehe mit Aura und Gefühlsstörungen, Sensibilitätsstörungen im Gesicht und Gleichgewichtsstörungen einher, sie trete im Monat ein- bis zweimal auf, früher häufiger. Aus der SG-Akte ergibt sich dazu, dass der Hausarzt der Klägerin, Dr. J. , die Migräne nie untersucht hat, diese lediglich anamnestisch, also den Berichten der Klägerin entnehmend, angegeben hat (Blatt 31 der SG-Akte). Der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. Fä. hat in seiner Aussage vom 14.08.2012 eine Migräne gar nicht berichtet (Blatt 29/30 der SG-Akte). Auch Dr. W. hat in seinem Attest vom 26.05.2011 (Blatt 45/46 der SG-Akte) zwar verschiedene Schmerzen der Klägerin wiedergegeben, darunter auch Kopfschmerzen, jedoch keine Migräne oder migränetypische Begleitsymptome mitteilen können. Lediglich aus dem Bericht der S.V. -Kliniken K. vom 20.04.2010 (Blatt 54/55 der SG-Akte) sind Hinweise auf eine Migräne zu entnehmen, als bei der Klägerin starke Kopfschmerzen mit Übelkeit und Schwindel und einmaliges Erbrechen, berichtet wurde. Eine der dortigen Untersuchung am 20.04.2010 folgende Diagnostik oder Therapie, wie im Bericht vom 20.04.2010 empfohlen, ist den Angaben von Dr. Fä. und Dr. W. nicht zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat allenfalls eine mittelgradige Verlaufsform der Migräne annehmen. Diese war im unteren Bereich des vorgesehenen Bemessungsrahmens zu bewerten. Kurze Anfallspausen von nur wenigen Tagen konnte der Senat nicht feststellen. Auch ließen sich mangels Dokumentation und ärztlicher Behandlung wöchentliche Anfälle nicht feststellen. Daher konnte der Senat zugunsten der Klägerin mit Dr. Fö. und Dr. Schn. lediglich von einer mittelgradigen Verlaufsform ausgehen und diese mit einem GdB von 20 bewerten.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
Ein Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet musste der Senat nicht einholen. Denn der Senat ging zugunsten der Klägerin von den von ihr und ihren Ärzten beschriebenen medizinischen Befunden aus. Der medizinische Sachverhalt ist insoweit zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Klägerin hat lediglich eine andere Bewertung des unstreitigen medizinischen Sachverhalts bezüglich der Wirbelsäule vorgenommen. Befunde oder funktionelle Beeinträchtigungen, die über das von den behandelnden Ärzten, dem Entlassbericht der W. Klinik D. und den Gutachtern Mitgeteilte hinausgehen hat die Klägerin ebenso wenig dargelegt, wie eine wesentliche Verschlechterung der für die Bemessung des GdB relevanten funktionellen Beeinträchtigungen. Damit konnte der Senat auf der Basis des feststehenden und unstreitigen medizinischen Sachverhalts die rechtliche Bewertung des GdB vornehmen. Dies ist aber eine dem Tatrichter zukommende, keine medizinische, dem Arzt vorbehaltene Bewertung. Hierfür musste der Senat daher kein Gutachten einholen.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche, - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Rumpfes und - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen in Folge der Migräne. Nachdem bei der Klägerin vorliegend von einem zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von 30 auszugehen ist und sich insbesondere die schmerzhaften Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule und die im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche berücksichtigten Schmerzen wesentlich überlagern, konnte der Senat unter Berücksichtigung der Migräne einen Gesamt-GdB i.S.d. § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX i.H.v. 40 feststellen. Denn unter Berücksichtigung eines Vergleichs der beim Kläger insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG die Schwerbehinderteneigenschaft, mithin einen GdB von 50, vorsehen andererseits, konnte der Senat die Klägerin nicht als einem Schwerbehinderten vergleichbar schwer funktionell beeinträchtigt ansehen. Insoweit ist gerade von Bedeutung, dass sich die Schmerzen der Wirbelsäule auch als Ausprägung der von Dr. Schn. dargestellten Somatisierung auf das muskulo-skelettale System darstellen (Blatt 85 der Senatsakte = Seite 15 des Gutachtens) und insoweit schon von der Bewertung im Rahmen der Depression und der somtoformen Schmerzstörung erfasst sind. Damit konnte der Senat lediglich einen Gesamt-GdB von 40 annehmen. Diese Bewertung musste der Senat für den aktuellen Zustand der Funktionsbehinderungen treffen, er besteht aber seit 08.12.2011 durchgehend. Damit war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; 50 statt 40) seit 08.12.2011 zusteht.
Die 1966 geborene, in zweiter Ehe geschiedene Klägerin, deutsche Staatsangehörige, hat drei erwachsene Kinder aus ihrer mit ihrem verstorbenen Ehemann stammenden ersten Ehe. Zuletzt arbeitet die gelernte Einzelhandelskauffrau im Umfang von 30 Wochenstunden im Auftragsmanagement eines Energiekonzerns (Blatt 78 der Senatsakte = Seite 8 des Gutachtens Dr. Schn. ).
Nach einem ersten, erfolglosen Feststellungsantrag vom 15.09.2009 (Blatt 1/17 der Beklagtenakte; ablehnender Bescheid vom 08.10.2009, Blatt 20/21 der Beklagtenakte) beantragte die Klägerin am 08.12.2011 beim Landratsamt K. (LRA; Blatt 23/28 der Beklagtenakte) erneut die Feststellung nach § 69 SGB IX. Dem Antrag fügte sie einen radiologischen Kurzbefund der A. Klinik über ein MRT vom 30.11.2011 (Blatt 26 der Beklagtenakte) und ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin, Psychiatrie, Psychotherapie, Naturheilverfahren, Umweltmedizin, Psychoanalyse, Dr. W. vom 26.05.2011 (Blatt 23/25 der Beklagtenakte) bei und verwies auf Depressionen, Panikattacken, Vergesslichkeit mit Aussetzern, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Fibromyalgie, Osteoporose und einen NPP LWK 4/5).
Das LRA zog den Befundschein des Orthopäden Prof. Dr. B. vom 21.12.2011 (Blatt 31 der Beklagtenakte), den Befundbericht der A. Kliniken B. vom 23.12.2011 (Blatt 33/36 der Beklagtenakte) sowie Befundangaben der Fachärzte für Psychiatrie und Neurologie Dres. U. et al. vom 27.12.2011 (zu deren Angaben vgl. Blatt 39 der Beklagtenakte) bei.
Der Versorgungsarzt Dr. C. bewertete den GdB mit 30 (Stellungnahme vom 16.01.2012, Blatt 43/44 der Beklagtenakte; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Fibromyalgiesyndrom: Teil-GdB 20; Depression, Kopfschmerz: Teil-GdB 20).
Nachdem auch ärztliche Unterlagen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. J. (dazu vgl. Blatt 45/56 der Beklagtenakte) vorlagen, nahm der Versorgungsarzt Dr. C. erneut Stellung (20.01.2012; Blatt 57/58 der Beklagtenakte), bewertete den GdB jedoch weiterhin mit 30.
Mit Bescheid vom 01.02.2012 (Blatt 60/61 der Beklagtenakte) stellte das LRA den GdB mit 30 fest. Hiergegen erhob die Klägerin am 16.02.2012 Widerspruch (Blatt 63 der Beklagtenakte), zu dessen Begründung (Blatt 70/71 der Beklagtenakte) sie auf schwere Depression, verbunden mit regelmäßigen Schlafstörungen, Gefühlen der Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit sowie häufige Panikstörungen, regelmäßige Kopfschmerzen in Folge starker Migräneanfälle, deutliche Funktionsbehinderungen im gesamten Bereich der Wirbelsäule und ein ausgeprägtes Fibromyalgiesyndrom verwies.
Nachdem das LRA erneut Unterlagen und einen Befundbericht von Dr. J. (dazu vgl. Blatt 74/82 der Beklagtenakte) beigezogen hatte, hielt der Versorgungsarzt Dr. Bü. in seiner Stellungnahme vom 25.04.2012 (Blatt 83 der Beklagtenakte) an der bisherigen Bewertung fest.
Der Beklagte wies durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 08.05.2012, Blatt 85/88 der Beklagtenakte).
Am 21.05.2012 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe unter Verweis auf die Widerspruchsbegründung (Blatt 15/16 der SG-Akte) Klage erhoben. Zu ihrer Klage hat sie - einen radiologischen Bericht (MRT der HWS/oberen BWS) vom 03.07.2012 von Dr. Z. (Blatt 19 der SG-Akte), - einen radiologischen Bericht vom 03.07.2012 (MRT des Neurocraniums nativ/MRA der Hirngefäße) von Dres. K. et al. (Blatt 20 der SG-Akte) - einen D-Arztbericht vom 30.10.2012 vom Chirurgen Dr. Be. (Blatt 82 der SG-Akte), - einen radiologischen Bericht von Dr. B. (CT der HWS) vom 30.10.2012 (Blatt 83 der SG-Akte), - eine ärztliche Bescheinigung von Dr. Fä. vom 22.10.2012 (Blatt 84 der SG-Akte) vorgelegt.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 29/30, 31/59, und 60/71 der SG-Akte Bezug genommen. Dr. Fä. , Neurologe und Psychiater, hat dem SG am 14.08.2012 geschrieben, die Klägerin leide an chronifizierten Symptomen einer depressiven Verstimmung, die sich über Jahre hinziehe in mindestens leichtgradigem Ausmaß, wechselnd in das mittelgradige Ausmaß. Eine Fibromyalgie sei bekannt. Den GdB auf psychiatrischem Fachgebiet schätze er auf 30-40. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. J. hat in seinem Schreiben vom 09.08.2012 mitgeteilt, im Vordergrund der Beschwerden stehe das Fibromyalgiesyndrom, erschwerend kämen Wirbelsäulenerkrankungen i.S.e. LWS-Syndroms bei Lumbalprolaps hinzu. Außerdem bestünde anamnestische eine Migräne und eine Laktoseintoleranz. Ebenfalls anamnestisch sei eine Depression bekannt. Prof. Dr. B. , Orthopäde, hat dem SG am 27.08.2012 geschrieben, es bestünden folgende Diagnosen: Fibromyalgie, Lumboischialgie, Bandscheibenvorfall L 4/5, somatoforme Schmerzempfindungsstörung, chronisches Schmerzsyndrom, Cervicobrachialgie, V.a. BSV cervical. Gegenüber 2009 sei eine Verschlechterung eingetreten.
Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens bei Dr. Fö. , Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie. Diese hat in ihrem Gutachten vom 05.12.2013 (Blatt 86/99 der SG-Akte) ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom der HWS, der BWS und der LWS mit einem GdB von 30, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit einem GdB von 30, die Migräne mit einem GdB von 20 und eine rezidivierend depressive Störung leichten bis mittelschweren Ausmaßes mit einem GdB von 30 bewertet. Der Gesamt-GdB entspreche 50.
Der Beklagte ist dieser Bewertung unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 20.06.2013 entgegengetreten (Blatt 162/164 der SG-Akte). Es bestünden Überschneidungen der somatoform- und organisch bedingten Schmerzkomponenten. Die Klägerin übe Hobbies aus und ein sozialer Rückzug sei auch nicht zu erkennen.
Das SG hat nun Beweis erhoben durch erneute schriftliche Befragung des die Klägerin behandelnden Orthopäden Prof. Dr. B ... Dieser hat in seiner Antwort vom 10.01.2013 mitgeteilt, die Klägerin sei seit 31.01.2013 nicht mehr in seiner Praxis gewesen (Blatt 172/173 der SG-Akte).
Nachdem das SG vorgeschlagen hatte, den GdB vergleichsweise mit 40 festzustellen (Blatt 174 RS der SG-Akte), lehnten beide Beteiligten dies ab (Blatt 175, 176 der SG-Akte).
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.12.2013 hat das SG mit Urteil vom selben Tag den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 01.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2012 verpflichtet, bei der Klägerin einen GdB von 40 ab dem 08.12.2011 festzustellen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Nach Überzeugung des Gerichts seien die depressive Störung und die somatoforme Schmerzstörung mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten, da zwar eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorliege, diese aber phasenweise auch in Richtung eines leichtgradigen Ausmaßes schwanke. Das Funktionssystem Kopf und Gesicht (Migräne) sei mit einem GdB von 20 zu bewerten. Die Einschränkungen im Funktionssystem Rumpf (Wirbelsäule) seien mit einem GdB von 20 zu bewerten. Der Gesamt-GdB sei auf 40 festzustellen.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 20.12.2013 zugestellte Urteil (Blatt 189 der SG-Akte) hat die Klägerin am 14.01.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt, zu deren Begründung (Blatt 18/21 = 22/25 der Senatsakte) sie u.a. ausgeführt hat, Dr. Fö. habe in ihrem nervenärztlichen Gutachten einen Gesamt-GdB von 50 festgestellt. Dem sei zuzustimmen. Es liege ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom in drei Wirbelsäulenabschnitten vor, wobei zwei Abschnitte mit mittelgradigen Auswirkungen betroffen seien. Dafür sei ein Teil-GdB von 30 bis 40 anzusetzen. Im Übrigen habe bereits Prof. Dr. B. darauf hingewiesen, dass eine Mitbeurteilung der hinzugekommenen Funktionsstörung der HWS zu erfolgen habe und insgesamt durch BSV LWS und HWS eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation bei der Klägerin eingetreten sei. Zusätzlich sei auch eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Bereich der LWS, HWS und BWS eingetreten. Sie leide an starken Schmerzen im Bereich der HWS, wobei sich zusätzlich verschlechternd Schmerzen jeweils über die rechte und linke Schulter in den rechten und linken Arm erstreckten. Darüber hinaus leide sie im gesamten Bereich des Rückens (BWS und LWS) an Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, die das Bücken und Laufen und insbesondere das Sitzen stark beeinträchtigten. Da bei der Migräne nach Erstellung des Gutachtens durch Dr. Fö. ebenfalls eine weitere Verschlechterung eingetreten sei, sei der hier anzusetzende Teil-GdB auf mindestens 30 festzulegen. Sie leide 3- bis 4-mal pro Monat an starken Migräneanfällen, die ca. 2 bis 3 Tage in ihrer starken Form und darüber hinaus noch mit stark ausgeprägten Begleiterscheinungen wie einer starken Aura, Sehstörungen und "Aussetzern" verbunden seien. Das Abklingen dieser jeweiligen Migräneanfälle halte sich dann über mehrere Tage hinweg, wobei dann jeweils der nächste Anfall wieder von neuem eintrete. Auch bei den gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf nervenärztlichem Bereich sei nach Erstellung des Gutachtens von Frau Dr. Fö. eine Verschlechterung eingetreten, die nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen den Ansatz eines Teil-GdB von mindestens von 40 v. H. erforderlich machten. Bei der Klägerin liege ein sozialer Rückzug vor, da der Kontakt zu Freunden und Bekannten abgebrochen sei. Aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes, ihrer Erschöpfung, Kraftlosigkeit und den vorliegenden Schmerzen habe sie wiederholt Termine mit Freunden und Bekannten absagen müssen mit der Folge, dass sich nunmehr die Freunde und Bekannten von ihr zurückgezogen hätten und sie keine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme aus ihrer Sicht mehr sehe. Sie könne auch ihre bisherigen Hobbies wie Sport (Sportstudio, Schwimmen) und Spazierengehen nicht mehr ausüben. Als einziges Hobby verbleibe ihr das Lesen, das allerdings durch die starken Migräneanfälle sehr eingeschränkt sei. Sie werde psychisch weiter durch die zwischenzeitlich erfolgte Scheidung von ihrem Mann belastet. Beruflich sei sie zwischenzeitlich von ihrer bisherigen Funktion bei der Abrechnungserstellung zur reinen Dateneingabe versetzt worden, da sie nach Einschätzung ihres Arbeitgebers ihrer bisherigen Aufgabe nicht gewachsen gewesen sei. Dies bedeute eine erhebliche Zurücksetzung verbunden mit einem beruflichen Abstieg und Ansehensverlust, was die Klägerin sehr belaste. Auch sei die Anhäufung von Menschenmengen für sie nicht mehr erträglich. Die Klägerin hat vorgelegt: - einen radiologischen Bericht von Dr. S. vom 07.04.2014 Kernspintomographie der LWS, Blatt 27 der Senatsakte), - einen Bericht der A. Klinik vom 28.02.2014 (Blatt 28/29 der Senatsakte), - einen Bericht der P. Kliniken vom 18.05.2014 (Blatt 33/34 der Senatsakte), - eine Verordnung von Krankenhausbehandlung wegen schwerer depressiver Episode vom 11.07.2014 von Dr. Fä. (Blatt 39 der Senatsakte), - Unterlagen von Dr. G. , Facharzt für Orthopädie (Blatt 40, 41 der Senatsakte) und - eine Entlassung aus einer Rehabilitation in der W. Klinik D. (Blatt 42 der Senatsakte).
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05.12.2013 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 01.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2012 zu verpflichten, bei ihr einen GdB von 50 seit 08.12.2011 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung zumindest für vertretbar. Ein noch höherer GdB könne allerdings nicht festgestellt werden.
Der Rechtsstreit wurde in einem nichtöffentlichen Termin am 15.08.2014 mit den Beteiligten erörtert. Wegen des Inhalts und Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift Blatt 50/51 der Senatsakte Bezug genommen. Die Klägerin hatte dort u.a. erklärt, die Maßnahme in der W. Klinik D. habe vom 21.05.2014 bis 15.06.2014 stattgefunden. Am 26.08.2014 habe sie einen Termin im S. Klinikum K. , bei dem überlegt werden solle, ob sie im Hinblick auf die Krankenhausverordnung von Dr. Fä. stationär oder ambulant behandelt werde.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Beiziehung des Entlassberichts der W. Klinik D. vom 20.06.2011 (zum Bericht vgl. Blatt 55/64 der Senatsakte). Die Klägerin (Blatt 66 = 67 der Senatsakte) hat nunmehr mitgeteilt, dass eine stationäre Behandlung im S. Klinikum K. aus gesundheitlichen Gründen und zwei Todesfällen in der Familie nicht habe angetreten werden können. Auch habe der Arbeitgeber angekündigt, Arbeitsplätze abzubauen, weshalb sie dieses Jahr keine längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten hinzufügen wolle.
Der Senat hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beim Facharzt für Innere Medizin, Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. Schn ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 27.04.2015 (Blatt 71/99 der Senatsakte) bei der Klägerin eine Dysthymia, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, akzentuierte Persönlichkeitszüge, ein Kopfschmerzleiden, am ehesten Kombinationskopfschmerzen (Migräne, Spannungskopfschmerzen, ggf. analgetikainduzierte Kopfschmerzen), sowie ein Wirbelsäulenleiden ohne relevante sensomotorische Ausfälle festgestellt und die Depression sowie das somatoformes Schmerzsyndrom mit einem GdB von 30, die Migräne, Kopfschmerzen mit einem GdB von 20 und die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit einem GdB von 20 bewertet. Der Gesamt-GdB liege bei 40.
Nachdem der Senat mit den Beteiligten zugestelltem Schreiben vom 05.05.2015 (Blatt 100, 101, 102, 103 der Senatsakte) darauf hingewiesen hatte, dass beabsichtigt sei, die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen, hat die Klägerin (Schreiben vom 09.06.2015, Blatt 104 = 105 der Senatsakte) ausgeführt, sie sehe ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen insbesondere auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet nicht hinreichend gewürdigt. Sie gehe weiterhin von einem GdB von mindestens 50 aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Berufung durch Beschluss zurückweisen, nachdem kein Fall des § 105 SGG vorliegt, die Beteiligten gehört wurden, die Berufung einstimmig für unbegründet erachtet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten wird.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Streitig ist vorliegend lediglich, ob der Klägerin ein Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 40 seit 08.12.2011 zusteht. Der Beklagte hat die Verurteilung durch das SG akzeptiert und ist nur der mit dem Ziel eines noch höheren GdB eingelegten Berufung der Klägerin entgegengetreten.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zunächst im Allgemeinen nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A. Nr. 3a VG) später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die Funktionsbehinderungen, die im Allgemeinen in den einzelnen Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) bewertet werden, in ihrer Gesamtschau beim Kläger seit 08.12.2011 einen Gesamt-GdB von 40 rechtfertigen.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, war ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen. Nach den vorliegenden radiologischen Unterlagen ist bei der Klägerin seit Anfang 2012 ein NPP L 4/5 mit Lumboischialgie links mehr als rechts (Blatt 37 der SG-Akte) berichtet; im November 2011 (Blatt 48 der SG-Akte) war dies noch nicht festzustellen und trat wohl als akuter NPP im Dezember 2011 auf (Blatt 64 der SG-Akte). In der nachfolgenden Behandlung hat die Klägerin eine 40%ige Besserung angegeben (Blatt 34 der SG-Akte, Bericht Dr. M. vom 08.02.2012). Es besteht eine leicht vermehrte BWS-Kyphose, mäßige rechts konvexe Skoliose im eher oberen BWS-Bereich, eine leichte Osteochondrose im mittleren BWS-Bereich (Blatt 38 der SG-Akte). Im MRT der HWS und oberen BWS am 03.07.2012 (Blatt 63 der SG-Akte) wurde eine Streckstellung der HWS, eine leichte Osteochondrose und Bandscheibenhernierung C 5/6 und C 6/7 jeweils rechtsbetont mit leichter Impression des Thekalsackes ohne wertbare Irritation der Nervenwurzel, kein Myelopathiesignal, keine intraspinale Raumforderung und eine geringe Bandscheibenprotrusion BWK 7/8 festgestellt. Im CT der HWS vom 30.10.2012 (Blatt 83 der SG-Akte) wurde dann ein ventraler kleiner Deckplatteneinbruch HWK 5, eine Streckstellung der HWS, Osteochondrosen in Höhe HWK 4/5, 5/6 und 6/7 sowie geringe Unko- und Spondylarthrosen bei HWK 5/6 und 6/7 und flache Bandscheibenprotrusionen bei im Übrigen unauffälligem Befund angegeben. Der Gutachterin Dr. Fö. hat die Klägerin angegeben, inzwischen sei ihr Sport zum Hobby geworden. Sie versuche zwei- bis dreimal pro Woche in den Wintermonaten ins Sportstudio zu gehen und auch zwei- bis dreimal pro Woche zu schwimmen (Blatt 88 der SG-Akte = Seite 3 des Gutachtens). Die Klägerin hat bei der Gutachterin (Blatt 94 der SG-Akte = Seite 9 des Gutachtens) Schmerzen des Nackens sowie der LWS, bis ins linke Bein in die Zehen, im rechten Bein bis in die Wade ausstrahlend, beschrieben. Motorisch radikuläre Ausfälle konnten jedoch ausgeschlossen werden (Blatt 95 der SG-Akte = Seite 10 des Gutachtens). Es bestehen keine Reflexdifferenzen oder Paresen (a.a.O.). Eine Sensibilitätsstörung im Dermatom S 1 links hat keine Auswirkungen auf die Beweglichkeit (a.a.O.). Der im Nachgang zum Gutachten Dr. Fö. befragte Prof. Dr. B. konnte keine näheren Angaben machen, da die Klägerin seit 31.01.2013 nicht mehr in seiner Behandlung war. Die Ärzte der A. Klinik (Blatt 28/29 der Senatsakte) konnten in ihrem Bericht vom 28.02.2014 einen Bandscheibenvorfall im Segment LWK 4/5 berichten mit Einengung der Neuroforamina beidseits. Dr. S. konnte dann in seinem Bericht vom 07.04.2014 (Blatt 27 der Senatsakte) eine Bandscheibenprotrusion intraforaminal links im Segment LWK 3/4 mit einer Irritation der linken L3-Wurzel berichten. Eine lumbale Spinalkanalstenose oder ein intraossäres lokalisiertes Hämangiom lag nicht vor. Es bestand eine geringgradige Osteochondrose der LWS und beiderseitige Spondylarthrose in beiden unteren LWS-Segmenten (a.a.O.). Die Ärzte der P. Kliniken haben in ihrem Bericht vom 18.05.2014 (Blatt 33/34 der Senatsakte) einen Bandscheibenvorfall L 3/4, eine Bandscheibenprotrusion L4/5, eine Lumboischialgie beidseits, ein Facettensyndrom L3-5 angegeben und das Erlernen wirbelsäulengerechten Verhaltens sowie die Fortführung mobilitätserhaltender Maßnahmen empfohlen. Dr. G. hat (Blatt 40/41 der Senatsakte) eine Spondylarthrose L4/5 beidseits, einen BSV L4/5 links und eine ISG Blockierung rechts angegeben. Gemeinsam ist allen Berichten, dass die Klägerin über Schmerzen geklagt hat. Der Entlassbericht der W. Klinik D. vom 20.06.2014 über eine vom 21.05.2014 bis zum 15.06.2014 zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung durchgeführten Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation (Blatt 56/64 der Senatsakte) gibt als Aufnahmebefund bezüglich der Wirbelsäule folgende Bewegungsmaße an: HWS: Seitneigung rechts/links 30/0/30o (normal: 30-40/0/30-40); Rotation rechts/links 70/0/70o (normal: 60-80/0/60-80), KJA 0/14 cm (normal: 0/18 cm) LWS: Seitneigung rechts/links 30/0/30o (normal: 30-40/0/30-40); Rotation rechts/links 40/0/40o (normal: 30-50/0/30-50) Außerdem gibt der Bericht eine Inklination im Rücken bis zu einem FBA von 33 cm, einen Schober-Wert von 10/14 cm (normal: 10-15 cm) und einen Ott-Wert von 30/33 cm (normal: 30/32 cm) an. Lasègue war negativ bei leicht verkürzter ischiocruraler Muskulatur beidseits. Muskeleigenreflexe waren seitengleich normal auslösbar, relevante sensomotorische Störungen waren nicht objektivierbar. Nach Durchführung der Maßnahme war die Klägerin wieder weiter mobilisiert, sodass bei Beckengeradestand im Bereich der BWS, LWS und im Bereich beider SIG kein wesentlicher Klopf- oder Druckschmerz auslösbar war. Die Inklination des Rückens gelang ohne wesentliche Schmerzen nun bis zu einem FBA von 10 cm, die Bewegungsmaße der BWS und LWS zeigten sich unverändert. Lasègue war weiterhin negativ. Relevante sensomotorische Störungen wurden wiederum nicht gefunden. Dr. Schn. konnte in seinem Gutachten dagegen ein positives Lasègue Zeichen bei 50o links mitteilen sowie einen FBA von 30 cm (Blatt 84 der Senatsakte = Seite 14 des Gutachtens). Paresen konnte er nicht feststellen.
Vor diesem Hintergrund konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass bei der Klägerin Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) oder mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Denn die behandelnden Ärzte konnten weder Verformungen oder häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkungen bzw. Instabilitäten schweren Grades angeben, auch konnte der Senat weder ihren Unterlagen und Angaben noch denjenigen der Klägerin häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome entnehmen. Nachdem auch wesentliche neurologische Ausfälle oder Beeinträchtigungen nicht vorliegen, konnte der Senat lediglich feststellen, dass zwar mehrere Abschnitte der Wirbelsäule betroffen sind. Doch handelt es sich insoweit lediglich um leichtere funktionelle Beeinträchtigungen, die im Wesentlichen mit Schmerzen, jedoch nicht mit wesentlichen Funktionseinbußen einhergehen. Daher konnte der Senat auch unter Berücksichtigung der angegebenen Schmerzen lediglich einen GdB von 20 feststellen.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche bestehen bei der Klägerin eine Depressison und ein somatoformes Schmerzsyndrom. Das konnte der Senat auf Grundlage des Gutachtens von Dr. Schn. feststellen. Auch die Gutachterin des SG Dr. Fö. konnte eine rezidivieren depressive Störung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung angeben. Insoweit beschreibt sie dieselben Erkrankungen. Auch aus den Angaben der Klägerin und des Dr. Fä. ergeben sich keine abweichenden Erkenntnisse. Soweit dort von einem Fibromyalgie-Syndrom in den Gutachten von einer somatoformen Schmerzstörung berichtet wird, wird im Ergebnis dieselbe Beeinträchtigung der Klägerin beschrieben. Eine Fibromyalgie wäre nach B Nr. 18.4 VG nach ihren funktionellen Auswirkungen zu beurteilen. Da diese vorliegend bei der Klägerin zu Schmerzen führt, sind diese, da sie einem sonstigen Funktionssystem nicht konkret zugeordnet und über diese hinausgehend zu Schmerzen führen, im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche zu bewerten.
Nach B Nr. 3.7 VG sind Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen wie folgt zu bewerten: Leichtere psychovegetative oder psychische Störungen 0-20 Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) 30-40 Schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten 50-70 mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten 80-100 Die Klägerin war bei der Untersuchung durch Dr. Schn. ohne Antriebsminderung oder –hemmung befunden worden. Sie war geistig gut flexibel. Kognitive oder mnestische Defizite konnte Dr. Schn. nicht feststellen (Blatt 90 der Senatsakte = Seite 20 des Gutachtens). Dr. Fö. konnte insoweit die Klägerin in Aufmerksamkeit und Konzentration sowie Mnestik zum Teil gemindert und verlangsamt beschreiben, letzteres auch im Bereich des formalen Denkens. Dagegen konnte der Senat eine wesentliche Beeinträchtigung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht feststellen. Denn nicht nur gegenüber Dr. Fö. hat die Klägerin erhebliche Freizeitaktivitäten und den Kontakt zu vielerlei Menschen angegeben, auch gegenüber Dr. Schn. hat sie einen regelmäßigen und geregelten Tagesablauf mit Erwerbsarbeit und Freizeitaktivitäten beschrieben. Sie hat angegeben, sie habe Bekannte und ein gutes Verhältnis zu den Kindern. Sie treffe sich auch mit Bekannten, müsse aber auch öfters Treffen absagen aufgrund ihrer Beschwerden. Dieser Alltag der Klägerin zeigt, dass die Schmerzen – vor allem die Wirbelsäulenschmerzen – zwar den Alltag der Klägerin beeinflussen, sie jedoch zu einem wesentlichen Rückzug aus dem sozialen Umfeld nicht gedrängt haben. Daher erscheint die Bewertung der Depression und des somatoformen Schmerzsyndroms durch Dr. Fö. und Dr. Schn. mit einem GdB von 30 jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin zu niedrig. Dazu passt auch, dass die Klägerin eine vorgesehene stationäre Behandlung im S. Klinikum K. wegen anderer Umstände (Todesfälle in der Familie, Angst vor Auswirkungen am Arbeitsplatz, anderweitige – nicht benannte - Erkrankungen) nicht angetreten hatte. Daraus konnte der Senat ableiten, dass – nicht psychisch krankhaft bedingt – die Klägerin anderen Umständen in ihrem Leben eine größere Gewichtung beimisst, als der psychischen Erkrankung, weshalb sich der darin bestätigt sieht, dass eine am oberen Rand des Bemessungsrahmens zu bewertende stärker behindernde Störung nicht vorliegt. Der Senat kann jedenfalls keine mit einem höheren GdB als 30 zu bewertenden funktionellen Beeinträchtigungen bei der Klägerin feststellen. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass die Klägerin angegeben hat, größere Menschenmengen zu meiden.
Die Migräne der Klägerin ist nach B Nr. 2.3 VG zu bewerten. Dabei kann offen bleiben, ob diese im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche bewertet wird oder in einem gesonderten Funktionssystem. Jedenfalls ist die Migräne je nach Häufigkeit und Dauer der Anfälle und Ausprägung der Begleiterscheinungen zu bewerten. So sehen die VG a.a.O. folgende Bewertungen vor: leichte Verlaufsform (Anfälle durchschnittlich einmal monatlich) 0-10 mittelgradige Verlaufsform (häufigere Anfälle, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend) 20-40 schwere Verlaufsform (lang andauernde Anfälle mit stark ausgeprägten Begleiterscheinungen, Anfallspausen von nur wenigen Tagen) 50-60 Zwar macht die Klägerin eine schwere Verlaufsform geltend, da sie angibt, Anfallspausen von nur wenigen Tagen bei mehreren Anfällen im Monat zu haben. Doch wird ein Kopfschmerzkalender nicht geführt (Blatt 75 der Senatsakte = Seite 5 des Gutachtens Dr. Schn. ) und medikamentöse Migräneprophylaxe nicht betrieben; sie nimmt jedoch regelmäßig einmal pro Woche Almorgan, ein Migränemedikament. Auch sind Arbeitsunfähigkeitszeiten lediglich wegen Wirbelsäulenschmerzen angegeben, nicht dagegen wegen Migräne. Zwar hatte die Klägerin bei Dr. Schn. angegeben, die Migräne trete einmal pro Woche auf (Blatt 75 der Senatsakte = Seite 5 des Gutachtens), doch hat sie bei Dr. Fö. angegeben, die Migräne gehe mit Aura und Gefühlsstörungen, Sensibilitätsstörungen im Gesicht und Gleichgewichtsstörungen einher, sie trete im Monat ein- bis zweimal auf, früher häufiger. Aus der SG-Akte ergibt sich dazu, dass der Hausarzt der Klägerin, Dr. J. , die Migräne nie untersucht hat, diese lediglich anamnestisch, also den Berichten der Klägerin entnehmend, angegeben hat (Blatt 31 der SG-Akte). Der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. Fä. hat in seiner Aussage vom 14.08.2012 eine Migräne gar nicht berichtet (Blatt 29/30 der SG-Akte). Auch Dr. W. hat in seinem Attest vom 26.05.2011 (Blatt 45/46 der SG-Akte) zwar verschiedene Schmerzen der Klägerin wiedergegeben, darunter auch Kopfschmerzen, jedoch keine Migräne oder migränetypische Begleitsymptome mitteilen können. Lediglich aus dem Bericht der S.V. -Kliniken K. vom 20.04.2010 (Blatt 54/55 der SG-Akte) sind Hinweise auf eine Migräne zu entnehmen, als bei der Klägerin starke Kopfschmerzen mit Übelkeit und Schwindel und einmaliges Erbrechen, berichtet wurde. Eine der dortigen Untersuchung am 20.04.2010 folgende Diagnostik oder Therapie, wie im Bericht vom 20.04.2010 empfohlen, ist den Angaben von Dr. Fä. und Dr. W. nicht zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat allenfalls eine mittelgradige Verlaufsform der Migräne annehmen. Diese war im unteren Bereich des vorgesehenen Bemessungsrahmens zu bewerten. Kurze Anfallspausen von nur wenigen Tagen konnte der Senat nicht feststellen. Auch ließen sich mangels Dokumentation und ärztlicher Behandlung wöchentliche Anfälle nicht feststellen. Daher konnte der Senat zugunsten der Klägerin mit Dr. Fö. und Dr. Schn. lediglich von einer mittelgradigen Verlaufsform ausgehen und diese mit einem GdB von 20 bewerten.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
Ein Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet musste der Senat nicht einholen. Denn der Senat ging zugunsten der Klägerin von den von ihr und ihren Ärzten beschriebenen medizinischen Befunden aus. Der medizinische Sachverhalt ist insoweit zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Klägerin hat lediglich eine andere Bewertung des unstreitigen medizinischen Sachverhalts bezüglich der Wirbelsäule vorgenommen. Befunde oder funktionelle Beeinträchtigungen, die über das von den behandelnden Ärzten, dem Entlassbericht der W. Klinik D. und den Gutachtern Mitgeteilte hinausgehen hat die Klägerin ebenso wenig dargelegt, wie eine wesentliche Verschlechterung der für die Bemessung des GdB relevanten funktionellen Beeinträchtigungen. Damit konnte der Senat auf der Basis des feststehenden und unstreitigen medizinischen Sachverhalts die rechtliche Bewertung des GdB vornehmen. Dies ist aber eine dem Tatrichter zukommende, keine medizinische, dem Arzt vorbehaltene Bewertung. Hierfür musste der Senat daher kein Gutachten einholen.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche, - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Rumpfes und - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen in Folge der Migräne. Nachdem bei der Klägerin vorliegend von einem zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von 30 auszugehen ist und sich insbesondere die schmerzhaften Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule und die im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche berücksichtigten Schmerzen wesentlich überlagern, konnte der Senat unter Berücksichtigung der Migräne einen Gesamt-GdB i.S.d. § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX i.H.v. 40 feststellen. Denn unter Berücksichtigung eines Vergleichs der beim Kläger insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG die Schwerbehinderteneigenschaft, mithin einen GdB von 50, vorsehen andererseits, konnte der Senat die Klägerin nicht als einem Schwerbehinderten vergleichbar schwer funktionell beeinträchtigt ansehen. Insoweit ist gerade von Bedeutung, dass sich die Schmerzen der Wirbelsäule auch als Ausprägung der von Dr. Schn. dargestellten Somatisierung auf das muskulo-skelettale System darstellen (Blatt 85 der Senatsakte = Seite 15 des Gutachtens) und insoweit schon von der Bewertung im Rahmen der Depression und der somtoformen Schmerzstörung erfasst sind. Damit konnte der Senat lediglich einen Gesamt-GdB von 40 annehmen. Diese Bewertung musste der Senat für den aktuellen Zustand der Funktionsbehinderungen treffen, er besteht aber seit 08.12.2011 durchgehend. Damit war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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