L 16 B 102/03 KR

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 15 RJ 5/03 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 B 102/03 KR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 18.08.2003 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 17.11.2003 dahin geändert, dass der Streitwert auf 1680, 40 Euro festgesetzt wird.

Gründe:

I. Im Ausgangsverfahren hat die Antragstellerin begehrt, aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den nach einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheid der Antragsgegnerin vom 24.10.2002, geändert durch Bescheid vom 11.12.2002, mit dem Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 6.721,60 Euro nachgefordert wurden, anzuordnen. Die Antragstellerin hat am 25.06.2003 ihren am 22.01.2003 beim Sozialgericht Dortmund erhobenen Antrag zurückgenommen.

Mit Beschluss vom 18.08.2003 hat das Sozialgericht entschieden, dass die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens trage, und den Streitwert zunächst auf 6.834,32 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, im sozialgerichtlichen Verfahren sei auch in vorläufigen Rechtsschutzverfahren der gesamte Forderungsbetrag der Streitwertfestsetzung zugrundezulegen, da dem geringeren Interesse gegenüber dem Hauptsacheverfahren bereits dadurch Rechnung getragen werde, dass nach Nr. 4210 des Kostenverzeichnisses nach § 11 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) nur eine halbe Gebühr zu erheben sei. Der Beschwerde der Antragstellerin vom 10.09.2003 hat das Sozialgericht insoweit abgeholfen, als es mit Beschluss vom 17.11.2003 den Streitwert entsprechend dem mit Änderungsbescheid vom 11.12.2002 eingeforderten Betrag auf 6721,60 Euro festgesetzt hat.

II. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist zulässig und begründet.

Die Streitwertfestsetzung richtet sich auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG (vgl. zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 20 Abs. 3 GKG Jansen/Straßfeld, SGG, § 197 Rdnr. 33), dies jedenfalls dann, wenn in einem Rechtszug weder Antragsteller noch Antragsgegner zu den in § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Personen gehören (entsprechende Anwendung des § 197 a SGG).

Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG ist der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers (Antragstellers) für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. § 13 Abs. 2 GKG, der bestimmt, dass, soweit der Antrag eine bezifferte Geldforderung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, deren Höhe maßgebend ist, findet keine Anwendung. Denn § 20 Abs. 3 GKG verweist ausdrücklich nur auf § 13 Abs. 1 GKG.

Der Streitwert des vorliegenden Verfahrens wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 1680,40 Euro (und damit ein Viertel des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes) festgesetzt. Maßgeblicher Gesichtspunkt dafür, der Streitwertfestsetzung entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts nicht die Bedeutung des (etwaigen) Hauptsacheverfahrens zugrundezulegen, ist, dass es in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nur um eine vorläufige Maßnahme geht, so dass der Wert in der Regel nicht denjenigen der Hauptsache erreicht, sondern im Allgemeinen erheblich unter jenem bleibt. Ausnahmsweise soll sich der Wert des vorläufigen Verfahrens aber dem der Hauptsache nähern, etwa wenn das Gericht praktisch schon endgültig über die Sache entscheiden muss (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 32. Auflage, § 20 Rdnr. 3 GKG, der einen Streitwert von ½ - 1/3 für den Regelfall vorschlägt).

In der sozialgerichtlichen Praxis wird den vorstehenden Gesichtspunkten weitestgehend Rechnung getragen, wobei allerdings häufig ohne nähere Begründung für den Streitwert eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sehr unterschiedliche prozentuale Absetzungen vom Streitwert eines entsprechenden Hauptsachverfahrens vorgenommen werden (vgl. etwa LSG NRW, Beschluss vom14.10.2003 -L 15 B 27/03 U ER- [ 2/3 des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens bei einer Beitragsstreitigkeit]; LSG NRW, Beschluss vom 25.04.2002 -L 5 B 54/01 KR- [1/2 - Beitragsstreitigkeit]; LSG NRW, Beschluss vom 27.03.2000 - L 16 B 46/99 KR- [3/4 - Wettbewerbsstreitigkeit]; LSG NRW, Beschluss vom 18.12.2002 -L 16 B 70/02 KR ER- [1/3 - Beitragsstreitigkeit]; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 23.04.2002 -L 6 RJ 113/02- [1/2 - Zulassungsstreitigkeit]; SG Hamburg, Beschluss vom 18.09.2002 - S 36 U 257/02- [1/10 - Beitragsstreitigkeit]; LSG Berlin, Beschluss vom 5.06.2002 -L 15 B 24/02 KR ER- [voller Streitwert: Betrag des Beitragsbescheides]; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18.12.2002 -L 2 ER-U 18/02- = NZS 2003, S. 388f [1/4 - Beitragsstreitigkeit]).

Da es im Rahmen der Ermessensentscheidung von § 13 Abs. 1 GKG nicht darum gehen kann, einen absolut "richtigen" Streitwert zu ermitteln (vgl. Hartmann, a.a.O., Anhang I B zu § 13 GKG Rdnr. 2), wird eine Vereinheitlichung der Streitwertbemessung für wünschenswert gehalten. Hierfür sprechen neben Gründen der Praktikabilität auch solche der Rechtssicherheit.

Der Senat hält in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn es sich in der Hauptsache um eine Beitragsstreitigkeit handelt, regelmäßig einen Streitwert von ¼ des Hauptsachestreitwertes für angemessen (vgl. zum entsprechenden Vorschlag für Fälle des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den "Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" [StrWK] in der Fassung von 1996 [NVwZ 1996,563ff.; außerdem abgedruckt etwa in: Hartmann, a.a.O., Anh I B zu § 13 GKG]). Um einer ggf. zu weitgehenden Schematisierung vorzubeugen, hält der Senat im Einzelfall zwar auch davon abweichende Streitwerte für möglich (etwa bei ganz oder teilweiser Vorwegnahme der Hauptsache eine Streitwertfestsetzung bis zur Höhe des Streitwertes der Hauptsache oder ganz erheblichen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation eines Betroffenen); vorliegend gibt es aber keine Anhaltspunkte für eine abweichende Feststellung.

Aus der Gebührenziffer 2210 des Kostenverzeichnisses nach § 11 Abs. 2 GKG ergibt sich entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kein höherer Streitwert. Neben den bereits dargelegten grundsätzlichen Erwägungen ist darauf hinzuweisen, dass die halbe Gebühr dem regelmäßig geringeren Aufwand für die Gerichte Rechnung tragen dürfte. Die Streitwertfestsetzung erfolgt im Einzelfall nach § 13 Abs. 1 GKG ohne Rücksicht auf die in den Gebührenziffern zum Ausdruck kommenden grundsätzlichen Erwägungen.

Der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 18.08.2002 in der Fassung des (Teilabhilfe-) Beschlusses vom 17.11.2003 war nach alledem abzuändern.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG, 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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