L 8 SB 1089/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 13 SB 929/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 1089/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
für Recht erkannt: Tenor: Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.02.2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, mit welchem Grad der Behinderung (GdB) die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen zu bewerten sind.

Bei dem 1952 geborenen Kläger war seit 18.09.2001 ein GdB von 30 wegen der Funktionsbeeinträchtigungen Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 30), Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (Teil-GdB 10) und Gebrauchseinschränkung der linken Hand (Teil-GdB 10) festgestellt (Bescheid vom 18.01.2002, Widerspruchsbescheid vom 16.10.2002).

Am 13.09.2011 beantragte der Kläger beim Landratsamt H. – Sozial- und Versorgungsamt – (LRA) wegen täglicher Schwindelanfälle die Neufeststellung des GdB.

Das LRA zog bei der Hausärztin des Klägers, der Allgemeinmedizinerin Dr. P.-M., Befundberichte (Berichte des Neurologen und Psychiaters Dr. G. vom 15.06.2010 und 10.05.2011, Bericht des Radiologen Dr. Be. vom 12.03.2010, Bericht des Facharztes für HNO-Heilkunde Dr. C. vom 01.02.2011, Bericht des Klinikums G. vom 15.04.2011, Bericht des Augenarztes Dr. Bü. vom 19.04.2011, Bericht der Hals-, Nasen- und Ohrenklinik U. Klinikum H. vom 02.05.2011 und der neurologischen Klinik U. Klinikum H. vom 19.05.2011, Bl. 81/93 VA) bei. Dr. P.-M. gab an, eine medizinische Ursache für die Gleichgewichtsstörungen und Kollapsneigung habe trotz umfangreicher Diagnostik und Vorstellung in der U. Klinik H. nicht gefunden werden können.

Das LRA holte die versorgungsärztliche Stellungnahme der Dr. Ha. vom 19.10.2011 (Bl. 95/96 VA) ein. Diese bewertete die Funktionsbeeinträchtigungen wie folgt: - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen: Teil-GdB 30, - Funktionsbehinderung beider Kniegelenke: Teil-GdB 10, - Gebrauchseinschränkung der linken Hand: Teil-GdB 10, - Hirndurchblutungsstörungen, Schwindel: Teil-GdB 10. Den Gesamt-GdB bewerte sie mit 30.

Mit Bescheid vom 25.10.2011 lehnte das LRA den Antrag auf Neufeststellung des GdB und die Feststellung von gesundheitlichen Merkmalen ab.

Am 27.10.2011 legte der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch ein. Dabei machte er einen GdB von 50 und die unzureichende Berücksichtigung der Schwindelerscheinungen und Kniebeschwerden sowie eine Gesundheitsstörung am Ellenbogen rechts geltend.

Das LRA zog den Entlassungsbericht des Klinikums G. vom 21.09.2011 (Diagnosen: Dringender V.a. Vestibularisparoxysmie, chronische Spannungskopfschmerzen, zerebrale Mikroangiopathie, Bl. 101/105 VA) sowie einen Befundbericht des Orthopäden Dr. We. vom 25.11.2011 (Bl. 108/111 VA) bei.

Nach Einholung der Stellungnahme der Versorgungsärztin S. vom 01.02.2012, die die Funktionsbeeinträchtigung Gebrauchseinschränkung der linken Hand, Schulter-Arm-Syndrom mit einem Teil-GdB von 20 bewertete, stellte das LRA mit Teil-Abhilfebescheid vom 09.02.2012 den GdB mit 40 seit 13.09.2011 fest.

Darüber hinaus wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2012 zurück.

Am 15.03.2012 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Er machte weiterhin eine unzureichende Bewertung der Beschwerden im Bereich des Kniegelenks, der Gleichgewichtsstörungen mit Schwindel sowie der linken Hand geltend. Er legte den vorläufigen Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 19.01.2012 (Bl. 17/19 SG-Akten) und den Aktenauszug des Dr. C. vom 30.05.2012 (Bl. 21 SG-Akten) vor.

Das SG zog den endgültigen Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 30.01.2012 (Bl. 29/33 VA) bei. Der Kläger legte den Bericht des Klinikums G. vom 19.09.2012 (Diagnosen phobischer Schwindel, chronischer Spannungskopfschmerz, V.a. somatisierte Depression, Bl. 36/38 SG-Akten) vor.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt.

Der Orthopäde Dr. We. schrieb dem SG unter dem 13.12.2012 (Bl. 47/52 SG-Akten), er stufe die Wirbelsäulenveränderungen als mittelschwer, die Kniegelenksbeschwerden als leicht bis mittel und die Schultergelenksbeschwerden als leichtgradig ein. Einem Gesamt-GdB von 40 stimmte er zu, wobei er für die Funktionsbeeinträchtigung der Kniegelenke einen Teil-GdB von 20 vorschlug.

Der Internist D. teilte im Schreiben vom 18.12.2012 (Bl. 53/94 SG-Akten) mit, die Gesundheitsstörungen seien vom Beklagten vollständig erfasst, jedoch sprach er sich für eine stärkere Gewichtung der Schwindelerscheinungen aus.

Der Kläger legte den Bericht des Dr. We. vom 08.02.2013, die sozialmedizinische Stellungnahme des Gutachters der Agentur für Arbeit V. vom 23.01.2013 sowie ein Ton- und ein Sprachaudiogramm des Dr. C. vom 11.01.2011 bzw. 13.06.2012 (Bl. 101, 102, 103/104 SG-Akten) vor.

Das SG holte das Gutachten des Arztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R. vom 23.07.2013 (Bl. 113/127 SG-Akten) ein. Nach Untersuchung des Klägers am 25.06.2013 stellte der Gutachter folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. Wirbelsäulenbeschwerden mit rezidivierenden Lumboischialgien und lokalen Beschwerden im Bereich der HWS und BWS bei hier bekannten degenerativen Veränderungen und skoliotischer Fehlhaltung im Bereich der LWS, Z.n. NPP, 2. Gonarthrose beidseits medialseitig betont 2. bis 3. Grades bei Z.n. mehrfachen Arthroskopien und Meniskusteilresektion, 3. Persistierende Parästhesie im Bereich der linken Hand bei Z.n. Metacarpale-5-Fraktur und OP eines Logen-Syndroms, 4. anfallsartiger Schwindel letztlich unklarer Genese, 5. chronische Epicondylitis humeri radialis beidseits, 6. Schwerhörigkeit. Die Wirbelsäulenbeschwerden bezeichnete er als mittelgradig und bewertete sie mit einem Teil-GdB von 30. Für die Gonarthrose beidseits mit geringen Funktionseinbußen ergebe sich ein GdB von 20 und für die Parästhesien in der linken Hand bei sonst unauffälliger Handfunktion ein GdB von 10. Für die Schwindelattacken empfehle er einen GdB von 20. Die Epicondylitis humeri radialis beidseitig ohne wesentliche Funktionseinschränkungen bedinge keinen GdB. Unter Berücksichtigung einer Schwerhörigkeit mit einem GdB von 10 schlug Dr. R. einen Gesamt-GdB von 50 ab dem 25.06.2013 (Datum der Begutachtung) vor.

Der Kläger legte den Bericht des H. Klinikums r. d. I. vom 19.11.2013 (Diagnosen: Vertigo, DD Vestibulare Paroxysmie mit phobischer Schwankschwindelkomponente, Bl. 137/138 SG-Akten) und den vorläufigen Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 19.02.2014 (Bl. 151/153 SG-Akten) vor.

Mit Gerichtsbescheid vom 25.02.2015 verurteilte das SG den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25.10.2011 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheides vom 09.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2012, bei dem Kläger einen GdB von 50 ab dem 25.06.2013 festzustellen und wies im Übrigen die Klage ab. Für den Bereich der Wirbelsäule sei ein GdB von 30 angemessen. Die Funktionsbeeinträchtigung der Kniegelenke sowie den Schwindel bewertete das SG mit GdB von jeweils 20. Schwerhörigkeit einschließlich Ohrgeräusche sowie eine Gebrauchsminderung der linken Hand rechtfertigten keinen höheren GdB als 10.

Gegen den, dem Beklagten am 06.03.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Beklagte am 23.03.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Für das Wirbelsäulenleiden könne kein höherer GdB als 20 und damit auch kein höherer Gesamt-GdB als 40 begründet werden. Dem Gutachten von Dr. R. könne nicht gefolgt werden, weil sich aus dem beigefügten Messblatt ergebe, dass keine ausgeprägten Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule bestünden. Zur weiteren Begründung beruft er sich auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. G. vom 19.11.2013 (Bl. 133/134 SG-Akten) und hat die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 16.03.2015 (Bl. 21/22 Senatsakten) vorgelegt.

Der Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.02.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Beim Kläger bestünden in 3 Wirbelsäulenabschnitten mittelgradige funktionelle Auswirkungen, wobei sich die Einschränkungen aus rezidivierenden Lumboischialgien und in allen 3 Wirbelsäulenabschnitten auftretenden degenerativen Veränderungen ergäben. Auch nach den Angaben des behandelnden Orthopäden Dr. W. stehe fest, dass die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen immer wieder zu erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen wie auch längeren Krankheitszeiten führten.

Die Krankenkasse des Klägers, die I. c., hat auf Anforderung von Angaben bezüglich der Behandlungen der Wirbelsäule und diesbezüglichen Arbeitsunfähigkeitszeiten dem Senat die Übersicht vom 27.08.2015 über die Arbeitsunfähigkeitszeiten seit Oktober 2007 sowie eine Versichertenauskunft vom 21.08.2015 (Bl. 32/33, 34/45 Senatsakten) vorgelegt.

Ferner hat der Senat das Gutachten des Dr. Hu. vom 05.01.2016 (Bl. 55/80 Senatsakten) eingeholt. Aufgrund der Untersuchung des Klägers am 22.12.2015 hat der Gutachter auf orthopädischem Fachgebiet folgende Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt: - Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen und Muskelspannungsstörungen, ohne Nervenwurzelreiz- oder -ausfallerscheinungen, - diskretes unteres Thorakalsyndrom bei Fehlstatik, - ehemalige knöcherne Verletzung der linken Mittelhand, folgenlos abgeheilt, - ehemalige Kompression des Nervus ulnaris der linken Hand, ohne erkennbare Funktionsstörung abgeheilt, - Zustand nach Epicondylopathia humero radialis oder ulnaris (anamnestisch), ohne erkennbares Funktionsdefizit, - degenerative Veränderungen beider Kniegelenke mit Belastungsschmerz. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule hat der Gutachter mit einem Teil-GdB von 20 ebenso wie die Funktionsbeeinträchtigung der unteren Extremitäten eingeschätzt. Insgesamt sehe er auf orthopädischem Gebiet den GdB bei 40. Zusätzlich bestehe der Schwindel, der mit einem Teil-GdB von 20 bewertet sei. Subsummierend und in der Zusammenschau sehe er den Gesamt-GdB bei 40 liegend seit September 2011.

Zusätzlich hat der Senat den Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 26.03.2014 (Bl. 89/100 der Senatsakten) über die vom Kläger vom 04.02.2014 bis 25.02.2014 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und begründet.

Gegenüber dem der GdB-Feststellung zuletzt zugrundeliegenden Bescheid vom 18.01.2002, mit dem das LRA dem Kläger einen GdB von 30 zuerkannt hatte, ist eine rechtserhebliche wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 SGB X nur insoweit eingetreten, als die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 40 ab 13.09.2011 zu bewerten sind. Der angefochtene Bescheid des LRA vom 25.10.2011 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheides vom 09.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2012 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat daher zu Unrecht den angefochtenen Bescheid aufgehoben und den Beklagten zur Feststellung eines GdB von 50 ab dem 25.06.2013 verurteilt.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3 a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind.

Das Funktionssystem des Rumpfes, wozu der Senat auch die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), ist bei dem Kläger durch eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule gekennzeichnet, die entgegen der Auffassung des SG und des Klägers nur mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten ist. Nach B Nr. 18.9 VG ist für Wirbelsäulenschäden ein GdB von 20 vorgesehen, wenn mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorliegen. Ein GdB von 30 setzt entweder schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) oder (nach der Rechtsprechung des Senats, Urteil vom 24.01.2014 – L 8 SB 2497/11, juris) mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraus. Vorliegend kann der Senat jedoch nur mittelschwere Funktionsbeeinträchtigungen in einem Wirbelsäulenabschnitt feststellen.

Beim Kläger bestehen im Bereich der Wirbelsäule degenerative Veränderungen und leichte Fehlhaltungen. Dies entnimmt der Senat den Gutachten des Dr. R. und des Dr. Hu ... Die daraus resultierenden Auswirkungen entsprechen nicht mehr als mittelgradigen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt. Weder dem Gutachten des Dr. R. noch dem Gutachten des Dr. Hu. lassen sich erhebliche Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule entnehmen. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ist bei einer von beiden Gutachtern erhobenen Rotationsbeweglichkeit rechts/links 60/0/60°, einer Seitneigbeweglichkeit rechts/links von 40/0/40°, nach dem Gutachten des Dr. R. einer Beweglichkeit für Vorneigen/Rückneigen von 45/0/70° und nach dem Gutachten des Dr. Hu. einem Kinn-Jugulumabstand von 2/14 cm frei. Im Bereich von Brust- und Lendenwirbelsäule bestehen Bewegungseinschränkungen insoweit, als die Entfaltbarkeit im Bereich der Brustwirbelsäule bei einer Messstrecke nach Ott von 30/31 cm nach den Befunderhebungen beider Gutachter hälftig eingeschränkt ist. Darüber hinaus hat Dr. R. eine uneingeschränkte Beweglichkeit für Seitneigen rechts/links 30/0/30° und Drehen im Sitzen rechts/links 40/0/40° erhoben. Dr. Hu. hat die Beweglichkeit hinsichtlich Rückneigefähigkeit des Oberkörpers von 30° und Rotation von beidseits 30° ebenfalls als frei beschrieben. Die Seitneigefähigkeit beschreibt Dr. Hu. als eingeschränkt bei einem Fingerspitzen-Kniegelenksabstand in aufrechter Stellung von 19 cm auf rechts/links jeweils 3 cm, was jedoch keine schwerwiegende Bewegungseinschränkung darstellt. Der Schober als Zeichen der Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule ist nach dem Gutachten des Dr. R. mit 10/14 cm nicht und nach dem Gutachten des Dr. Hu. mit 10/13,5 cm nur geringfügig eingeschränkt. Insgesamt bestehen danach trotz von Dr. R. im Bereich der Halswirbelsäule und von Dr. Hu. im Bereich der Lendenwirbelsäule festgestellten Muskelverspannungen nur geringe Bewegungseinschränkungen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule. Dementsprechend hat Dr. R. die Beweglichkeit der Wirbelsäule als letztlich unauffällig bezeichnet und Dr. Hu. das Bestehen eines mäßigen Bewegungsdefizit der Lendenwirbelsäule und einer recht geringfügigen Symptomatik im Bereich der Brustwirbelsäule angegeben. Das Fehlen wesentlicher Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule wird auch bestätigt durch die von Dr. Hu. beobachteten Spontanbewegungen. So konnte die Halswirbelsäule während der Anamnese und des Untersuchungsganges problemlos in alle Blickrichtungen mitbewegt werden und konnte sich der Kläger zum Aus- und Wiederanziehen der Hose, der Schuhe und der Socken gut zum Boden bücken. Auch dem Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 26.03.2014 sind höhergradige Bewegungseinschränkungen nicht zu entnehmen. Trotz der beschriebenen ausgeprägten Myogelosen der paravertepralen Muskulatur, betont thorakolumbal, und einer nicht vollständigen Entfaltbarkeit der LWS wurde der Finger-Boden-Abstand mit nur 20 cm angegeben, was gegen bedeutende Bewegungseinschränkungen spricht. Neurologische Ausfallerscheinungen im Sinne motorischer oder sensibler Störungen bestehen nicht. Der Lasègue ist nach den Gutachten negativ. Dr. R. hat keine Fußheber- oder Fußsenkerschwäche nachgewiesen. Der ASR und PSR im Bereich der unteren Extremitäten sowie BSR und TSR im Bereich der oberen Extremitäten waren seitengleich auslösbar. Sensibilitätsstörungen im Bereich der unteren Extremitäten und mit den Wirbelsäulenschäden zusammenhängende Sensibilitätsstörungen im Bereich der oberen Extremitäten hat Dr. R. nicht festgestellt. Ebenso hat Dr. Hu. Nervenwurzelreizerscheinungen im Bereich der Arme, eine radikulär bedingte Minderung der groben Kraft und sensible Ausfälle im Bereich der oberen und unteren Extremitäten verneint. Das Fehlen motorischer oder sensibler Ausfälle sowie ein negativer Lasègue wurde auch im Reha-Entlassungsbericht vom 26.03.2014 angegeben.

Ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome im Sinne schwerer funktioneller Auswirkungen lassen sich nicht feststellen. Allenfalls sind für den Bereich der Lendenwirbelsäule Wirbelsäulensyndrome im Sinne mittelgradiger funktioneller Auswirkungen festzustellen. Im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule bestehen höchstens seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome. Zwar hat der Kläger gegenüber Dr. R. neben Rückenschmerzen im Bereich der unteren Wirbelsäule mit Ausstrahlung in das rechte Bein auch rezidivierende Beschwerden an der Halswirbelsäule und der Brustwirbelsäule angegeben. Dr. R. hat allerdings lediglich hinsichtlich der Lendenwirbelsäule die Diagnose rezidivierender Lumboischialgien gestellt und hinsichtlich der Hals- und der Brustwirbelsäule nur das Bestehen lokaler Beschwerden angegeben, ohne ein Wirbelsäulensyndrom zu diagnostizieren. Dagegen konnte Dr. Hu. gar kein Beschwerdebild im Bereich der Halswirbelsäule erheben. Hinsichtlich der Brustwirbelsäule hat er Muskelspannungsstörungen für nachvollziehbar erachtet. Im Rehabilitationsentlassungsbericht vom 30.01.2012 ist als Diagnose zwar ein HWS-Syndrom genannt und hat der Kläger unter anderem Schmerzen im Bereich der HWS beklagt. Im Rahmen des Aufnahmebefundes sind allerdings nur Verspannungen im Bereich der HWS und im Schultergürtelbereich paravertebral sowie im Rahmen der orthopädischen Konsiliaruntersuchung eine Druckschmerzhaftigkeit im Bereich des Atlasquerfortsatz links sowie der tiefen Kopfgelenksregion genannt. Die Notwendigkeit von Analgetika hat der Kläger verneint, was gegen eine schwerwiegendere Ausprägung der Schmerzsymptomatik spricht. Nach dem Entlassungsbericht vom 26.03.2014 hat der Kläger Beschwerden hinsichtlich der Wirbelsäule nur in Form rezidivierender Lumboischialgien beklagt, Beschwerden im Bereich der Hals- oder Brustwirbelsäule sind dem Bericht nicht zu entnehmen. Darüber hinaus sind in den vorliegenden medizinischen Unterlagen keine häufigen Hals- oder Brustwirbelsäulensyndrome dokumentiert. Der Orthopäde Dr. We. hat im Schreiben vom 13.12.2012 für die gesamte Zeit seit Oktober 1996 kein HWS-Syndrom mitgeteilt. Lediglich am 12.04.2012 hat er ein altersentsprechend degeneratives BWS-Syndrom mit statomyalgischen Beschwerden festgestellt. Der Übersicht der Krankenkasse des Klägers über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ist für die Zeit seit 2007 lediglich einmalig im Jahr 2009 eine sonstige biomechanische Funktionsstörung Zervikalbereich und darüber hinaus bis Februar 2014 kein Hinweis auf ein HWS- oder BWS-Syndrom zu entnehmen. Häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome sind vor diesem Hintergrund für die Hals- und Brustwirbelsäule nicht festzustellen. Für den Bereich der Lendenwirbelsäule hat Dr. Hu. ein – mangels von ihm eruierbarer Anhaltspunkte für Reizzustände oder Folgezustände von Kompressionen einer Nervenwurzel des Nervus ischiadicus – rein lokales Lumbalsyndrom mit Muskelspannungsstörungen, welches Tage andauere, angenommen. Im Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 30.01.2012 wurde ebenfalls ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom angegeben. Dr. R. hat demgegenüber rezidivierende Lumboischialgien hergeleitet. Unabhängig davon, ob es sich um ein Lumbalsyndrom oder Lumboischialgien handelt, sind jedenfalls ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome im Sinne schwerer Auswirkungen nicht feststellbar. Solch schwerwiegenden Lendenwirbelsäulensyndrome sind in den vorliegenden medizinischen Unterlagen jedenfalls für die hier relevante Zeit ab Stellung des Neufeststellungsantrags nicht dokumentiert. Soweit Dr. We. angegeben hat, die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit Ischiasreizung linksseitig und leichter Wurzelkompression führten immer wieder zu erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen wie auch längeren Krankheitszeiten, ist dies nicht hinreichend nachvollziehbar. Befunderhebungen hinsichtlich der Lendenwirbelsäule sind seinen Ausführungen zuletzt im Jahr 2004 zu entnehmen. Häufige und längere Arbeitsunfähigkeitszeiten sind auch der Aufstellung der Krankenkasse des Klägers nicht zu entnehmen. Dort ist eine Arbeitsunfähigkeitszeit wegen Kreuzschmerzen zuletzt für die Dauer von 9 Tagen im Jahr 2010 aufgeführt. Die Annahme einer schweren Ausprägung des Lumbalsyndroms wäre auch nicht damit vereinbar, dass der Kläger gemäß dem Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 30.01.2012 auch hinsichtlich der Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule die Erforderlichkeit von Analgetika verneint hat. Zudem bestanden bei Aufnahme des Klägers am 20.12.2011 leichte LWS-Schmerzen, bei Abschluss der Rehabilitationsmaßnahmen am 24.01.2012 nicht mehr. Zuletzt sprechen auch die vom Kläger gegenüber Dr. Hu. geschilderten Alltagsaktivitäten gegen das Vorliegen schwerer Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden. Demnach versorgt der Kläger seinen kleinen Garten sowie einen Schrebergarten allein, was sein Hobby sei. Darüber hinaus hat der Kläger angegeben, auch alle anfallenden Hausarbeiten verrichten und die Einkäufe allein erledigen zu können. Auch nach dem Reha-Bericht vom 26.03.2014 hat der Kläger keine Beeinträchtigungen bei Alltagsverrichtungen und der Ausübung seiner Hobbys Gartenarbeit und spazieren gehen geltend gemacht.

Im Funktionssystem der Beine bestehen beim Kläger Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke, die keinen höheren Einzel-GdB als 20 rechtfertigen. Nach Teil B Nr. 18.14 VG rechtfertigen Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 0/0/90°) beidseitig einen GdB von 10 bis 20. Beim Vorliegen mittelgradiger Bewegungseinschränkungen (z.B. Streckung/Beugung 0/10/90°) ist bei einseitigem Vorliegen ein GdB von 20, bei beidseitigen Vorliegen ein GdB von 40 vorgesehen. Ein GdB von 10 bis 30 ist bedingt bei ausgeprägten Knorpelschäden der Kniegelenke (z.B. Chondromalacia patellae Stadium II – IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen, einseitig und ohne Bewegungseinschränkung. Liegt eine Bewegungseinschränkung vor, beträgt der GdB 20 bis 40.

Bewegungseinschränkungen sind beim Kläger nicht festzustellen. Dr. Hu. hat eine Beweglichkeit der Kniegelenke für Streckung/Beugung rechts von 0/0/130° und links von 0/0/120° erhoben. Bei Untersuchung durch Dr. R. bestand eine Beweglichkeit seitengleich von 0/0/130°. Entgegen seiner Ausführungen handelt es sich dabei nicht um geringe bis mittelgradige Bewegungseinschränkungen, sondern liegt nicht einmal eine nach den VG als geringgradig eingestufte Bewegungseinschränkung vor. Auch sonst kann den vorliegenden medizinischen Unterlagen keine relevante Bewegungseinschränkung der Kniegelenke entnommen werden. In den Entlassungsberichten der Rehaklinik K. vom 30.01.2012 und vom 26.03.2014 sind keine Bewegungseinschränkungen angegeben. Relevante Bewegungseinschränkungen ergeben sich auch nicht aus den Ausführungen des sachverständigen Zeugen Dr. We ... Auch die im Bereich der Kniegelenke wegen der festzustellenden degenerativen Veränderungen bestehenden Schmerzen begründen keinen höheren Teil-GdB als 20. Der Gutachter Dr. Hu. hat die festgestellten Reizerscheinungen als geringfügig bezeichnet, was nach den von ihm erhobenen Befunden für den Senat überzeugend ist. So fand sich an beiden Kniegelenken beim Bestehen retropatellar Reibegeräusche keine intraartikuläre Flüssigkeitsansammlung und keine Überwärmung und eine allenfalls diskrete Verdickung der Gelenkkapsel des rechten Kniegelenks und eine leichte Kapselschwellung im Bereich des linken Kniegelenks. Dr. R. hat röntgenologisch eine medial betonte Gonarthrose und eine Retropatellararthrose jeweils 2. bis 3. Grades beidseits festgestellt. Im Rahmen der klinischen Untersuchung hat er Schmerzen im Bereich der Kniegelenke, insbesondere retropatellar und eine deutliche Krepitation bei Beugung festgestellt. Die Funktionseinbußen durch die Gonarthrose hat er als gering bezeichnet und dementsprechend einen Teil-GdB von 20 veranschlagt. Hinweise für mittel- oder schwerergradige anhaltende Reizerscheinungen der Kniegelenke kann der Senat aus den medizinischen Unterlagen auch nicht herleiten. Bei der im Februar 2014 vom Kläger durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme bestanden nach dem Entlassungsbericht vom 26.03.2014 Schmerzen in beiden Kniegelenken ausschließlich beim Gehen und Drehen. Der Kläger führte Wanderungen bis zu 4 km durch. Bei arbeitstherapeutischen Maßnahmen waren auch hockende oder kniende Aufgaben vom Kläger zu bewältigen, wobei diese nur leichte Kniebeschwerden angegeben hat. Dies spricht gegen das Bestehen mehr als geringgradiger Reizerscheinungen. Nach dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik K. vom 30.01.2012 klagte der Kläger zwar über zunehmende Schmerzen im Bereich beider Kniegelenke, jedoch vorwiegend beim Bergabgehen. Vor Entlassung war der Kläger wieder nahezu beschwerdefrei, wobei während des gesamten Heilverfahrens keine Analgetika benötigt wurden. Im Rahmen des Beschwerdevorbringens hat der Kläger hinsichtlich der Schmerzen im Bereich der Kniegelenke angegeben, gut zurecht zu kommen und auch längere Wegstrecken bewältigen zu können. Wesentliche Beeinträchtigungen durch anhaltende Reizerscheinungen lassen sich auch danach nicht feststellen. Gemäß den von dem sachverständigen Zeugen Dr. We. aufgelisteten Befunden hat dieser im Jahr 2012 beim Kläger eine leichte Retropatellararthrose festgestellt. Zwar geht der sachverständige Zeuge von die Mobilität betreffenden Funktionsbeeinträchtigungen aus, einen höheren GdB als 20 hat aber auch er nicht vorgeschlagen. Soweit sich der Kläger nach dem Bericht des Dr. We. vom 08.02.2013 (Bl. 101 SG-Akten) am 08.01.2013 mit massiven Knieschmerzen vorgestellt hat, bestanden diese jedenfalls nicht dauerhaft mehr als 6 Monate. Am 30.01.2013 erfolgte eine transarthroskopische Meniskusteilresektion. Weniger als sechs Monate später bei Untersuchung durch Dr. R. am 25.06.2013 lassen sich, wie ausgeführt, keine mehr als geringen Reizerscheinungen (mehr) feststellen.

Im Funktionssystem der Arme lassen sich keine Funktionsbeeinträchtigungen durch Gesundheitsstörungen der Schulter, des Ellenbogens bzw. des Nervus ulnaris feststellen, die einen höheren Einzel-GdB als 10 bedingen würden. Gegenüber dem Gutachter Dr. Hu. hat der Kläger keine Einschränkungen bei Benutzung der linken Hand und keine Beschwerden oder Einschränkungen an den Ellenbogen angegeben. Berichtet hat er lediglich ein teilweises Einschlafen der Kleinfingerseite der linken Hand und des Unterarmes. Relevante Bewegungseinschränkungen der Ellenbogengelenke, Handgelenke und Hände ergeben sich aus seiner Befunderhebung nicht. Eine radikulär bedingte Minderung der groben Kraft und sensible Ausfälle hat der Gutachter nicht festgestellt. Eine relevante Einschränkung der Schulterbeweglichkeit ergibt sich aus den von ihm erhobenen Bewegungsmaßen ebenfalls nicht. Ein schmerzhafter Bogen war nicht auslösbar, Impingementtests und Rotatorenmanschettentests waren beidseits unauffällig. Soweit der Gutachter Dr. R. persistierende Parästhesien im Bereich der linken Hand und eine chronische Epicondylitis humeri radialis beidseits festgestellt hat, folgt daraus kein höherer Einzel-GdB als 10 im Funktionssystem der Arme. Die Beweglichkeit im Bereich der oberen Extremitäten war hinsichtlich Schultern, Ellenbogen, Handgelenke und Hände vollständig erhalten. Im Bereich der Ellenbogen fanden sich bis auf einen mäßigen Druckschmerz am Epicondylus radialis keine Auffälligkeiten. Die Sensibilität war bis auf die beklagten Parästhesien der linken Hand unauffällig. Funktionsbeeinträchtigungen, die einen höheren GdB als 10 bedingen könnten, ergeben sich daraus nicht. Weitergehende Beeinträchtigungen im Bereich der Arme lassen sich auch nicht den Entlassungsberichten der Reha-Klinik K. vom 30.01.2012 und vom 26.03.2014 entnehmen. Bewegungseinschränkungen insbesondere im Bereich der oberen Gliedmaßen wurden nicht festgestellt. Pathologische Reflexe, Paresen und Störungen der Oberflächen- und Tiefensensibilität sind nicht erhoben worden. Beeinträchtigungen wurden vom Kläger nach dem Bericht vom 26.03.2014 insoweit angegeben, als Belastungsschmerzen mit wechselnder Intensität im Bereich der Handgelenke beidseits und ein nächtliches Pelzigkeitsgefühl an der linken Hand besteht. Mehr als geringfügige Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne eines Teil-GdB von 10 begründen auch die geklagten Beschwerden nicht. Dass die Funktionsbeeinträchtigungen des linken Armes vom SG zu gering bewertet worden wären, hat der Kläger auch nicht behauptet.

Die beim Kläger bestehenden Schwindelerscheinungen bedingen keinen höheren GdB als 20. Gleichgewichtsstörungen bzw. Schwindelerscheinungen sind nach Teil B Nr. 5.3 VG zu bewerten. Eine organische Ursache wurde nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen für die Schwindelerscheinungen bislang nicht gefunden. Dennoch haben insbesondere der sachverständige Zeuge D. und der Gutachter Dr. R. die Schwindelerscheinungen trotz fehlender Objektivierbarkeit für glaubhaft erachtet. Dagegen wurde es nach dem Reha-Entlassungsbericht vom 26.03.2014 nach Anamnese und Untersuchungsbefund als naheliegend angesehen, dass zumindest eine funktionelle Überlagerung vorliegt. Auch Aggravationstendenzen bei demonstrativen Gang- und Standunsicherheiten wurden beschrieben. Allerdings wurde auch das zusätzliche Vorliegen einer organischen Erkrankung nicht ausgeschlossen. Auf dieser Grundlage konnte der Senat Schwindelanfälle des Klägers nicht feststellen. Aber auch bei Bewertung der einmal unterstellten Schwindelerscheinungen entsprechend der Angaben des Klägers bestehen allenfalls leichte Beeinträchtigungen im Sinne eines Teil-GdB von 20. Leichte Folgen von Gleichgewichtsstörungen setzen nach Teil B Nr. 5.3 VG leichte Unsicherheit, geringe Schwindelerscheinungen wie Schwanken, Stolpern, Ausfallschritte bei alltäglichen Belastungen, stärkere Unsicherheit und Schwindelerscheinungen bei höheren Belastungen, leichte Abweichungen bei den Geh- und Stehversuchen erst auf höherer Belastungsstufe voraus. Ein GdB von wenigstens 30 erfordert bereits mittelgradige Folgen in Gestalt stärkerer Unsicherheit, Schwindelerscheinungen mit Fallneigung bereits bei alltäglichen Belastungen, heftigem Schwindel (mit vegetativen Erscheinungen, gelegentlich Übelkeit, Erbrechen) bei höheren und außergewöhnlichen Belastungen, deutliche Abweichungen bei den Geh- und Stehversuchen bereits auf niedriger Belastungsstufe. Nach dem Reha-Entlassungsbericht vom 26.03.2014 hat der Kläger chronische Schwindelsymptome in Form eines Schwankschwindels, der jeweils sekundenweise auftrete, geklagt. Das Auftreten einer vermehrten Schwindelsymptomatik hat er für Stresssituationen bzw. ihn belastende Situationen angegeben. Nach dem dargestellten Untersuchungsbefund waren Koordination und Mobilität regelrecht, der Einbeinstand war beidseits sicher, nur mit geschlossenen Augen beim Romberg-Versuch fanden sich leichte Unsicherheiten. Eine stärkere Unsicherheit und Schwindelerscheinungen mit Fallneigung bei bereits alltäglichen Belastungen lassen sich dem nicht entnehmen. Zwar hat der Kläger im Rahmen der neurologischen Untersuchung auch ein an manchen Tagen auftretendes andauerndes Schwindelgefühl mit "Panik" und lautem Ohrenrauschen links angegeben. Aber auch diese Angaben sprechen nicht für das Vorliegen mittelgradiger Folgen, da der Kläger nach seinen Angaben bei normalem Gehen als eine alltägliche Belastung den Schwindel kompensieren könne, eine stärkere Unsicherheit und Fallneigung demnach dabei nicht vorliegt. Wenn er dagegen etwas arbeite, habe er immer Angst zu fallen, was allenfalls einer stärkeren Unsicherheit und Fallneigung bei höherer Belastung entspricht. Gegenüber Dr. Hu. hat der Kläger das Auftreten von Schwindelerscheinungen ein bis zweimal in der Woche für etwa 20 bis 30 Sekunden angegeben. Gang und Standprüfungen konnten vom Kläger durchgeführt werden. Beim Unterberger-Tretversuch trat nur bei geschlossenen Augen eine Unsicherheit auf. Darüber hinaus lässt sich das Auftreten von Unsicherheiten im Rahmen der Untersuchung durch Dr. Hu. nicht entnehmen. Auch nach dem Gutachten des Dr. R. waren Stand- und Gangvaria demonstrierbar, ohne dass Unsicherheiten oder eine Fallneigung aufgetreten wären. Nach dem Reha-Entlassungsbericht vom 30.01.2012 waren Steh- und Gehprüfungen sicher, die Koordination unauffällig. Der Kläger gab Drehschwindelattacken morgens an, wobei er sich unsicher fühle. Eine wesentliche Beeinträchtigung im Alltag hat er verneint. Nach den vom sachverständigen Zeugen D. vorgelegten Befundberichten gab der Kläger im Wesentlichen jeweils nur über Sekunden bestehende Schwindelattacken mit Fallneigung an. Insgesamt sind die Schwindelerscheinungen nach diesen Befunden und Angaben des Klägers, die danach nur kurz auftreten und nicht mit Übelkeit oder Erbrechen verbunden sind, bei Fehlen von Abweichungen bei den Geh- und Stehversuchen jedenfalls nicht Gleichgewichtsstörungen mit mittelgradigen Folgen gleichzuachten. Soweit die Schwindelerscheinungen psychisch bedingt sein könnten und nach Teil B Nr. 3.7 VG zu bewerten wären, ergäbe sich kein höherer GdB. Ein Teil-GdB von 30 setzt danach das Vorliegen einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) voraus. Dagegen bedingen leichtere psychovegetative oder psychische Störungen einen GdB von 0 bis 20. Bei den vom Kläger angegebenen meist nur kurzzeitig auftretenden Schwindelattacken, nach seinen Angaben nicht gegebenen wesentlichen Beeinträchtigungen im Alltag und den angegebenen Aktivitäten des Klägers (Spazierengehen, Gartenarbeiten) bestehen keine Hinweise für das Vorliegen einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Dass die Schwindelerscheinungen vom SG mit einem Teil-GdB von 20 zu gering bewertet worden wären, hat der Kläger auch nicht geltend gemacht. Eine Bewertung mit einem Teil-GdB von 20 entspricht auch der vom Beklagten zuletzt in den versorgungsärztlichen Stellungnahmen zugrunde gelegten Bewertung.

Im Funktionssystem der Ohren bedingt die darüber hinaus bestehende Schwerhörigkeit keinen höheren GdB als 10. Der Senat kann für das linke Ohr eine mittelgradige Schwerhörigkeit bei Normalhörigkeit des rechten Ohrs feststellen. Nach Teil B Nr. 5 VG ist für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen die Herabsetzung des Sprachgehörs maßgebend, deren Umfang durch Prüfung ohne Hörhilfen zu bestimmen ist. Der Beurteilung ist die von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie empfohlene Tabelle (siehe Nr. 5.2.4, Tabelle D) zugrunde zu legen. Nach Durchführung eines Ton- und Sprachaudiogramms ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus entsprechenden Tabellen abzuleiten. Aus dem Tonaudiogramm des Dr. C. zuletzt vom 13.06.2012 (Bl. 103 SG-Akten) ergibt sich nach der 4-Frequenztabelle nach Röser 1973 gemäß Teil B Nr. 5.2.2 VG ein prozentualer Hörverlust für das rechte Ohr von 10 und für das linke Ohr von 85, was einer Normalhörigkeit rechts und einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit links entspricht. Aus dem Sprachaudiogramm des Dr. C. (Bl. 104 SG-Akten) ergibt sich ein Hörverlust für Zahlen von 20 dB und ein Gesamtwortverstehen von 300 für das rechte Ohr sowie ein Hörverlust für Zahlen von 33 dB und ein gewichtetes Gesamtwortverstehen von 130. Nach der Tabelle nach Bönnighaus und Röser 1973 nach Teil B Nr. 5.2.1 VG beträgt danach der prozentualer Hörverlust für das rechte Ohr 10 und für das linke Ohr 50. Da nicht ersichtlich ist, dass die Werte der sprachaudiometrischen Untersuchung nicht verlässlich wären, legt der Senat der Bewertung die Werte des Sprachaudiogramms zugrunde. Danach ergibt sich aus der Tabelle zur Ermittlung des GdB aus den Schwerhörigkeitsgraden für beide Ohren gemäß Teil B Nr. 5.2.4 VG ein GdB 10. Selbst bei Bewertung ausschließlich des Tonaudiogramms ergäbe sich lediglich ein GdB von 15, welcher sich bei der Bemessung des Gesamt-GdB nicht erhöhend auswirken würde. Ein höherer GdB ergibt sich auch nicht aus dem Bericht der H. Poliklinik vom 19.11.2013 (Bl. 137/138 SG-Akten), wo lediglich eine kombinierte Schwerhörigkeit linksseitig, jedoch jedenfalls keine Taubheit, die einen GdB von 20 bedingen könnte, mitgeteilt wird.

Die beim Kläger bestehenden Ohrgeräusche bedingen keinen höheren Teil-GdB als 10, so dass sie sich nicht erhöhend auf den Einzel-GdB für das Funktionssystem der Ohren auswirken. Erhebliche psychovegetative Begleiterscheinungen, die nach Teil B Nr. 5.3 VG zu einem Teil-GdB von 20 führen würden, sind beim Kläger nicht festzustellen. Gegen solche spricht insbesondere der aus dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik K. vom 30.01.2012 ersichtliche psychische Befund, wonach beim Kläger eine ausgeglichene Stimmungslage herrschte, der Kläger affektiv schwingungsfähig war, kognitive Defizite nicht festzustellen und Antrieb und Psychomotorik unauffällig waren, wobei der Kläger auch wesentliche Beeinträchtigungen im Alltag verneint hatte. Auch nach dem Entlassungsbericht vom 26.03.2014 hat der Kläger – bis auf Schwindel und panikartige Gefühle bei Massenansammlungen bzw. Räumen mit vielen Menschen – keine Belastungen im Alltag angegeben. Dass sich der Kläger nach diesem Bericht in Gegenwart seiner Enkel (der Kläger hat 17 Enkelkinder) entspannt fühlt, spricht ebenfalls gegen das Vorliegen erheblicher psychovegetativer Erscheinungen. Zudem wurde im psychischen Befund ein psychomotorisch unauffälliger Gesamtstatus und kein depressives Stimmungstief, kein Anhalt für Orientierungsstörungen oder schwerwiegende kognitive Leistungseinschränkungen erhoben.

Die beim Kläger bestehenden Kopfschmerzen bedingen jedenfalls keinen höheren Teil-GdB als 10. Dies gilt auch, soweit insbesondere in dem Rehabilitationsentlassungsbericht vom 26.03.2014 ein chronischer Spannungskopfschmerz und ein Verdacht auf eine somatisierte Depression genannt wird und die Diagnose einer psychovegetativen Erschöpfungssymtomatik bei psychosozialer Belastungssituation gestellt wird. Nach Teil B Nr. 3.7 VG bedingen leichtere psychovegetative oder psychische Störungen einen GdB von 0 bis 20. Wie ausgeführt bestehen beim Kläger keine wesentlichen Beeinträchtigungen im psychischen Bereich. Soweit der Spannungskopfschmerz auch durch Muskelverspannungen im Bereich der Halswirbelsäule verursacht wird bzw. im Zusammenhang mit den Schwindelerscheinungen steht, ist dieser in der GdB-Bewertung hinsichtlich der Wirbelsäule bzw. des Schwindels mit umfasst.

Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen mit 40, gebildet aus Teil-GdB-Werten von jeweils 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Rumpfes (Wirbelsäule), der Beine (Knie) und der Schwindelerscheinungen und höchstens 10 jeweils für die Funktionsbeeinträchtigungen der Ohren (Schwerhörigkeit, Tinnitus), des Funktionssystems der Arme und einer psychischen Störung, wobei Teil-GdB-Werte von 10 regelmäßig nicht erhöhend wirken, nicht zu Lasten des Klägers zu niedrig bemessen.

Der anderweitigen GdB-Beurteilung durch das SG kann der Senat nicht folgen. Denn er konnte die Bewertung der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 30 nicht teilen.

Mit dem vom Senat festgestellten Gesamt-GdB von 40 erweist sich der Teil-Abhilfebescheid vom 09.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2012, mit welchem der Beklagte einen GdB von 40 festgestellt hat, als rechtmäßig.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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