Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 212 SO 1248/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 SO 267/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 13/16 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten und die Berufung der Klägerin werden zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 30. September 2013 den Erhalt der ihr vom Beklagten bewilligten Leistungen der Hilfe zur Pflege ohne Abzug des ihr von der Pflegekasse bewilligten Wohngruppenzuschlags. Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die Aufhebung seines Bescheides für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 30. Mai 2013.
Bei der 1914 geborenen Klägerin lagen nach einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vom 31. Januar 2007 eine beginnende Demenz, beidseitige Coxarthrose, Harninkontinenz, schwere motorische Funktionseinschränkungen und ein Hypertonus vor. Sie erhielt von der BARMER GEK, der Pflegekasse (Beigeladene zu 2) Pflegesachleistungen nach § 36 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) der Pflegestufe II (1.250 Euro) sowie zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45 a, b SGB XI (200 Euro).
Die Klägerin wohnt seit Dezember 2007 in einer ambulant betreuten Pflegewohngruppe (WG). Seit dem 1. Juni 2012 unter der im Rubrum benannten Adresse. Mit ihr wohnen sechs weitere Personen in der Wohnung, die von dem Pflegedienst S M GmbH (Beigeladene zu 1) rund um die Uhr betreut werden. Am 14. Dezember 2006 schlossen die Klägerin und die Beigeladene zu 1) einen Vertrag über die Erbringung von Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung. Der jeweils aktuelle Modulbogen, aus dem sich Art und Umfang der vereinbarten pflegerischen und hauswirtschaftlichen Leistungen ergeben, ist Bestandteil des Pflegevertrages. Seit dem Einzug in die Pflege-WG bestimmten die Parteien den Hilfebedarf mit 1 x täglich LK 19 (Versorgung und Betreuung in Wohngemeinschaften von an Demenz erkrankten Pflegebedürften) und 1 x täglich LK 38 (Hilfe in Wohngemeinschaften für demente Pflegebedürftige) an sieben Tagen die Woche (zuletzt mit Modulbogen vom 23. August 2012 für die Zeit ab dem 1. Oktober 2012). Der beklagte Sozialhilfeträger erbrachte diesem Bedarf entsprechend an die Klägerin Leistungen der Hilfen zur Pflege nach § 61 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Das Land Berlin, die Landesverbände der Pflegekassen und die Wohlfahrts- und Pflegeverbände (darunter der Arbeitgeberverband im Gesundheitswesen (AVG(, deren Mitglied die Beigeladene zu 1) ist) schlossen am 15. November 2006 mit Wirkung zum 1. Januar 2007 einen Rahmenvertrag nach § 75 Abs. I und 2 SGB XI zur ambulanten pflegerischen Versorgung von Pflegebedürftigen in Berlin. Gegenstand der Vereinbarung sind die in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten Hilfeleistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung.
Auf Grundlage dieses Rahmenvertrages schlossen die Beigeladenen zu 1) und 2) sowie das Land Berlin am 20. Mai 2011 eine Vereinbarung über die Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen und der hauswirtschaftlichen Versorgung gemäß § 89 SGB XI (sog. Dreiseitiger Vertrag) für die Zeit ab Juni 2011. Hierin sind u.a. die Leistungsinhalte für die einzelnen Tätigkeiten der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung in Form einzelner Leistungskomplexe (LK 1-19) sowie deren Vergütung geregelt. Nach § 3 Abs. 4 dieser Vereinbarung sind mit den vertraglichen Vergütungssätzen die vertraglichen Leistungen abgegolten. Eine Differenzierung in der Vergütung gegenüber den Kostenträgern und den Pflegebedürftigen ist unzulässig. Zuzahlungen von Pflegebedürftigen dürfen die Pflegeeinrichtungen für die vertragsmäßig abgegoltenen Leistungen weder fordern noch annehmen. Zudem besteht ergänzend zwischen dem Land Berlin als Träger der Sozialhilfe, den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und den privaten ambulanten Pflegediensten seit 2005 der Berliner Rahmenvertrag (BRV) nach § 79 Abs. I SGB XII für Hilfen in Einrichtungen einschließlich Diensten im Bereich Soziales (Fassung vom 1. Januar 2005, zuletzt geändert am 11. Dezember 2012). Nach dessen Ziff. 22.4 ist die Vereinbarung nach § 75 Abs3 SGB XlI (alt: § 93 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG)) Bestandteil des BRV (Anlage 8). Die Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG/ 75 Abs. 3 SGB XII (sog. zweiseitiger Vertrag) regelt in Ergänzung zur Vereinbarung nach § 89 SGB Xl und zu den Leistungen der Pflegeversicherung weitere Leistungen zur Versorgung von Pflegebedürftigen in Berlin, die in den LK 31 - 38 beschrieben werden. Die Vereinbarung verweist hinsichtlich des Inhalts und der Höhe der Vergütung der Leistungen auf die Anlage 1. Diese Anlage enthält unter Punkt I. Hinweise zur Vereinbarung nach § 89 SGB XI in Bezug auf die - im Vergleich zum SGB Xl weitergehende - Anwendung der LK 9, 11b, 12 und 13 im Bereich der Sozialhilfe sowie unter Punkt Il. die Leistungsbeschreibungen und Vergütungsvereinbarungen für die LK 31 - 38. Die Beigeladene zu 1) ist dieser Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BHSG am 4. Oktober 1996 beigetreten.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. Januar 2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen der ambulanten Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2013 abzgl. der von der Beigeladenen zu 2) bewilligten Pflegesachleistungen. Für Dezember 2012 war von der Klägerin ein Eigenanteil aus Einkommen zu leisten, ab Januar 2013 nicht mehr. Im Modulbogen bestimmte der Beklagte den Hilfebedarf der Klägerin antragsgemäß mit jeweils 1 x täglich LK 19 und LK 38 an sieben Tagen in der Woche.
Mit Bescheid vom 23. Januar 2013 bewilligte die Beigeladene zu 2) der Klägerin zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen nach § 38a SGB XI (Wohngruppenzuschlag) in Höhe von 200 Euro monatlich für die Zeit ab 1. Dezember 2012.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 6. Mai 2013 hob der Beklagte ohne vorherige Anhörung den Bescheid vom 7. Dezember 2012 unter Bezugnahme auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 teilweise auf und verfügte folgende Abänderung: ,,Ab dem 01.12.2012 erhält Ihre Betreute von ihrer Pflegekasse einen pauschalen Wohngruppenzuschlag gemäß § 38a Sozialgesetzbuch - Elftes Buch (SGB XI) in Höhe von 200,00 EUR monatlich. Dieser ist von Ihrer Betreuten an den Pflegedienst weiterzuleiten. Der Leistungsanspruch auf ambulante Hilfen zur Pflege wird in entsprechender Höhe gemindert. Der Zuschlag für den Zeitraum 01.12.2012 bis 31.12.2012 wurde als Erstattungsanspruch gegenüber der Pflegekasse geltend gemacht."
Einen Erstattungsanspruch hatte der Beklagte gegenüber der Beigeladenen zu 2) im Januar 2013 (Schreiben vom 16. Januar 2013 und 31. Januar 2013) angemeldet. Am 21. Februar 2013 ging auf dem Konto des Beklagten eine Zahlung der Beigeladenen zu 2) auf den geltend gemachten Erstattungsanspruch für den Monat Dezember 2012 (i.H.v. 200 Euro) ein.
Am 27./30. Mai 2013 trat die Klägerin, vertreten durch ihre Tochter, den Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag in Höhe von insgesamt 1.000 Euro für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Mai 2013 an die Beigeladene zu 1) ab. Die Beigeladene zu 2) zahlte daraufhin den Wohngruppenzuschlag direkt an die Beigeladene zu 1).
Am 29./30. Mai 2013 schlossen die Beigeladene zu 1) und die Klägerin, vertreten durch ihre Tochter, eine "Vereinbarung über Organisations- und Verwaltungsleistungen in Wohngemeinschaften” (sog. Zusatzvereinbarung), in der die Klägerin die Beigeladene zu 1) mit der Erbringung folgender organisatorischer und verwaltender Tätigkeiten beauftragte: "- Unterstützung bei Ein- und Auszug, Kommunikation mit Vermieter, Organisation von Telefon- und Kabelanschluss, - Arzttermine und Hausbesuche vereinbaren, Friseur- und Fußpflegetermine vereinbaren, - Rezepte oder Verordnungen für Medikamente, Hilfsmittel, lnkontinenzmaterial, Krankenhauseinweisungen, Krankentransporte oder ärztliche Anordnungen besorgen und entsprechende Kostenübernahmen beantragen, verordnete Materialien beschaffen, Krankentransport bestellen, Versichertenkarte zum Arzt bringen, bei Verlust neue Versichertenkarte besorgen, - Patientengelder verwalten, - Ausflüge oder Feierlichkeiten organisieren, - Korrespondenz mit Angehörigen, Betreuern, Ärzten oder sonstigen Personen, Postverwaltung inklusive Briefe verfassen, - polizeiliche Ummeldungen, - Haustierversorgung, - Schlichtung bei Streitigkeiten, - Organisieren von Aktivitäten und Veranstaltungen an Feiertagen, Organisieren von Geburtstagsfeiern."
Die Klägerin verpflichtete sich, hierfür an die Beigeladene zu 1) pauschal 200 Euro monatlich zu zahlen, den Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI zu beantragen und nach Erhalt an die Beigeladene zu 1) auszukehren. Auf eine Nachweisführung der konkreten Leistungserbringung verzichteten die Parteien.
Gegen den Bescheid vom 6. Mai 2013 legte die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 4. Juni 2013 Widerspruch ein. Der Wohngruppenzuschlag sei keine Leistung, die zweckidentisch mit den Leistungen der Hilfen zur Pflege sei. Dies widerspreche der Intention des Gesetzgebers.
Mit Schreiben vom 3. März 2014 hörte der Beklagte die Klägerin nachträglich zum Eingriff in den Bescheid vom 7. Dezember 2012 durch den Bescheid vom 6. Mai 2013 an.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2014, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 9. April 2014 zugegangen, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Leistungen nach § 65 Abs. I SGB XII würden nicht erbracht, soweit Pflegebedürftige in der Lage seien, zweckentsprechende Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften in Anspruch zu nehmen (§ 66 Abs. 4 SGB XII). Die der Klägerin gewährten Leistungen der Hilfe zur Pflege in Form des LK19 deckten den Bedarf an Grundpflege sowie hauswirtschaftlicher Versorgung in der WG in Gänze ab. LK 38 beinhalte alle Einzelleistungen, die über den LK 19 hinaus zur angemessenen Versorgung des Personenkreises in der WG erforderlich seien. Die Bewilligung des Wohngruppenzuschlags durch die Beigeladene zu 2) stelle eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen der Klägerin dar. Der Wohngruppenzuschlag sei gemäß § 83 SGB XII als Einkommen zu berücksichtigen. Er werde - genauso wie das Pflegegeld - pauschal zur eigenverantwortlichen Verwendung für die Organisation und Sicherstellung der Pflege in der WG gewährt, er diene daher demselben Zweck wie die Leistungen der Hilfen zur Pflege. Nach § 13 Abs. 3 SGB Xl gingen die Leistungen der Pflegeversicherung den Fürsorgeleistungen nach dem SGB XII vor. § 13 Abs. 3a SGB Xl nehme hiervon nur die zusätzlichen Betreuungsleistungen nach § 45b SGB XI aus. Angesichts dieser Sonderregelung sei davon auszugehen, dass die sonstigen Leistungen der Pflegeversicherung immer den Ansprüchen nach dem SGB XII vorgingen.
Am 8. Mai 2014 hat die Klägerin hiergegen Klage zum SG Berlin erhoben.
Sie hat geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung des Bescheides vom 7. Dezember 2012 nicht vorlägen. Die Bestimmung, dass der Wohngruppenzuschlag an den Pflegedienst weiterzuleiten sei, sei nicht hinreichend konkret. Es würden Angaben zur Zweckbestimmung der geforderten Weiterleitung fehlen und der Pflegedienst sei nicht bezeichnet. Sie habe Anspruch auf ungekürzte Leistungen der Hilfe zur Pflege. Der Wohngruppenzuschlag sei hierzu weder vorrangig noch zweckidentisch. Er werde zur eigenverantwortlichen Verwendung für die Organisation und Sicherstellung der Pflege in der WG gewährt. Die in der sog. Zusatzvereinbarung aufgeführten Leistungen würden durch die ambulanten Leistungen der Hilfen zur Pflege nicht abgedeckt. Eine Kürzung der Leistungen der Hilfen zur Pflege nach § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB XlI scheide daher aus. Mit der Einführung des pauschalen Wohngruppenzuschlags habe der Gesetzgeber auf die Dokumentation von Verwaltungs- und sonstigen Leistungen verzichtet. Er habe bereits bestehende Ansprüche nicht neu gestaltet. Dies ergebe sich aus der Überschrift von § 38a SGB Xl, in denen von "Zusätzlichen Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant, betreuten Wohngruppen” die Rede sei. ,,Zusätzlich” meine, dass der Wohngruppenzuschlag über die anderen geregelten Ansprüche hinausgehen solle. Einer zu § 13 Abs. 3a SGB XI vergleichbaren Ausnahmeregelung habe es nicht bedurft, weil der Wohngruppenzuschlag angesichts der Zusätzlichkeit nicht Leistungen abdecke, die deckungsgleich mit den Leistungen der Hilfen zur Pflege seien.
"Die allgemeinen Leistungen in kollektiver Zielsetzung" habe der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 38a Abs. 1 Nr. 3 SGB XI zum 1. Januar 2015 selbst klargestellt. Damit habe er zum Ausdruck gebracht, dass er einen neuen Anspruch schaffen wollte, der gerade nicht mit den sonstigen Pflegesachleistungen zu verrechnen sei.
LK 38 erfasse gerade nicht zusätzliche KoIlektivleistungen für die WG, sondern nur notwendige Einzelleistungen für den Pflegebedürftigen. Der Wohngruppenzuschlag sei - wie das Pflegegeld - nicht als Einkommen zu werten.
Der Abzug des Wohngruppenzuschlage von den Hilfen zur Pflege führe bei gleichbleibendem Bedarf des Hilfeempfängers und unveränderter Leistungsgewährung durch die Pflegekasse zu einer Reduzierung der Kosten der Hilfen zur Pflege. Dies sei eine verfassungsrechtlich nicht zulässige Quersubventionierung des kommunalen Sozialhilfeträgers durch die Versichertengemeinschaft der Pflegekasse.
Während die Pflegesachleistungen vom Pflegedienst erbracht und abgerechnet würden, erbringe die Leistung nach § 38a SGB XI eine von der WG zusätzlich beauftragte Person, die nach § 38a SGB XI n.F. namentlich zu benennen sei. Schon wegen der fehlenden Personenidentität sei es unmöglich, die Abrechnung zu Lasten des Pflegedienstes zu kürzen.
Das gesetzgeberische Ziel könne nicht erreicht werden, weil der Wohngruppenzuschlag nicht bei der Klägerin ankomme. Die Berliner Praxis beruhe auf einer verfassungswidrigen Auslegung des § 38a SGB XI. Entgegen der Zweckbindung für wohngruppenspezifische Kollektivleistungen werde der Zuschlag für die Erbringung der Leistungen der Hilfen zur Pflege eingesetzt. Dies führe zu einer gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) verstoßenden Ungleichbehandlung von Pflegebedürftigen, die wie die Klägerin auf Leistungen der Hilfen zur Pflege angewiesen seien, und solchen, die ihren Bedarf selbst decken könnten. Nur letzteren stünde der Wohngruppenzuschlag uneingeschränkt zur Verfügung. Die Klägerin hingegen könne die zusätzlichen Leistungen nach § 38a SGB XI nicht in Anspruch nehmen.
Wohngruppenzuschlag und Hilfen zur Pflege seien verschieden ausgestaltet und nicht deckungsgleich. Der Wohngruppenzuschlag werde als Monatspauschale gezahlt und zwar auch dann, wenn der Pflegebedürftige sich zeitweise im Krankenhaus aufhalte. LK 19, 38 würden hingegen als Tagespauschale gezahlt, so dass bei einem Krankenhausaufenthalt ein Anspruch auf Zahlung entfalle. Dennoch werde der Wohngruppenzuschlag in diesen Fällen in voller Höhe von den Leistungen der Hilfen zur Pflege abgezogen. Zudem habe die Klägerin eigentlich keinen Anspruch auf die Gewährung des Wohngruppenzuschlags, da es an einer gemeinschaftlichen Beauftragung einer Präsenzkraft durch die Bewohnerinnen und Bewohner der WG fehle. Daher sei der Bescheid über die Gewährung des Wohngruppenzuschlags rechtswidrig und in der Folge auch der vom Beklagten vorgenommene Abzug von den Leistungen der Hilfen zur Pflege.
Die Zusatzvereinbarung sei wirksam. Sie begründe für die Vertragspartner die Pflicht der Erbringung der hierin genannten Tätigkeiten. Bei einer Unwirksamkeit würde es an der Voraussetzung für den Anspruch auf Gewährung des Wohngruppenzuschlags fehlen. Wenn aber dieser Anspruch entfalle, wären die bisherigen Zahlungen ohne Rechtsgrund erfolgt.
Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und auf das Urteil des SG Berlin vom 20. Januar 2015 zum Verfahren S 212 SO 850/14 entgegengetreten. Eines Aufhebungsbescheides habe es nicht bedurft. Der angefochtene Bescheid habe nur klarstellende Funktion. Denn der Schuldbeitritt des Sozialhilfeträgers sei im Bescheid vom 7. Dezember 2012 nur insoweit erklärt worden, als nicht bereits eine anderweitige Bedarfsdeckung erfolge.
Die Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin angeschlossen. Der Gesetzgeber setze den Wohngruppenzuschlag mit dem Pflegegeld gleich. Letzteres dürfe jedoch nicht nach § 82 SGB XII als Einkommen angerechnet werden. Dass § 13 Abs. 3a SGB XI den Wohngruppenzuschlag nicht wie die zusätzlichen Leistungen nach § 45b SGB XI schütze, sei nicht von Belang, da § 61 Abs. 2 S. 2 SGB XII die Leistung nach § 38a SGB XI bzw. § 28 Abs. 1 Nr. 15 SGB XI in Bezug nähme. Der Sozialhilfeträger saniere bei sozialhilfebedürftigen Kunden seine eigenen Ausgaben auf Kosten der Pflegekasse. Den Versicherten würden Leistungen aus dem neu geschaffenen Anspruch vorenthalten. Mit § 38a SGB XI würde die Erbringung der hierin definierten Leistungen überhaupt erst ermöglicht.
Mit Urteil vom 25. August 2015 hat das Sozialgericht Berlin den Bescheid vom 6. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2014 für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 30. Mai 2013 (gemeint war 31. Mai 2013) aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung hätten nicht vorgelegen, weder könne ein schuldhafter Verstoß gegen Mitwirkungspflichten festgestellt werden noch handele es sich bei dem Wohngruppenzuschlag um Einkommen. Auch sei dem Bescheid vom 7. Dezember 2012 nicht zu entnehmen gewesen, dass der Wohngruppenzuschlag bei den Leistungen der Hilfen zur Pflege Berücksichtigung finde.
Im Übrigen sei der Aufhebungs- und Änderungsbescheid vom 6. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2014 jedoch formell und materiell rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Bedenken gegen die Bestimmtheit des angefochtenen Bescheides bestünden nicht. Die Regelung im angefochtenen Bescheid vom 6. Mai 2013, dass die Klägerin den Wohngruppenzuschlag an den Pflegedienst weiterzuleiten habe, könne nur so verstanden werden, dass der Beklagte von einer anderweitigen Bedarfsdeckung ausgehe und eine begrenzte Kostenübernahme erklärt habe. Dies ergebe sich auch aus der Zusammenschau der Verfügung und der Begründung des Bescheides.
Zutreffend habe der Beklagte die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 7. Dezember 2012 auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gestützt und die Leistungen der Hilfen zur Pflege für die Zukunft teilweise aufgehoben. Denn mit der Gewährung des Wohngruppenzuschlags sei eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen der Klägerin eingetreten. Der der Klägerin gewährte Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI sei eine zweckentsprechende Leistung nach anderen Rechtsvorschriften im Sinne des § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB XII, die sie für die bewilligte Hauspflege einzusetzen habe. Zwischen dem Wohngruppenzuschlag und den ergänzenden Leistungen der Hilfen zur Pflege in Form der Tagespauschale (LK 19 und 38) bestehe Deckungsgleichheit.
Die in der Zusatzvereinbarung vom 29./30. Mai 2013 genannten "Zusatzbedarfe” seien bereits von den zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) im Pflegevertrag vom 14. Dezember 2006, einschließlich des hierzu gehörenden Modulbogens vom 23. August 2012, vereinbarten LK 19, 38 erfasst. Dies gelte insbesondere für LK 38. Dies wird umfangreich ausgeführt, insoweit wird auf die Seiten 16 - 20 des Urteilsabdrucks (Blatt 292 Rück bis 294 Rück der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Eine zu § 13 Abs. 3a SGB XI vergleichbare Rückausnahme zu § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB XII mit der Folge, dass der Wohngruppenzuschlag bei den Leistungen der Hilfe zur Pflege keine Berücksichtigung finde, habe der Gesetzgeber nicht getroffen. Aufgrund der umfangreichen Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren zu der zum 1. Januar 2015 in Kraft getretenen Neufassung und des Entwurfs eines Pflegestärkungsgesetzes könne auch nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden.
Eine Ungleichbehandlung mit nicht grundsicherungsbedürftigen Personen liege schon deshalb nicht vor, weil diese ihre Bedarfe anderweitig als durch Hilfe zur Pflege deckten und es sich daher um ungleiche Sachverhalte handele.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 8. September 2015 zugestellte Urteil am 25. September 2015 Berufung eingelegt mit der er beantragt, die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat gegen das ihm am 3. September 2015 zugestellte Urteil am 28. September 2015 Berufung eingelegt, mit der das erstinstanzliche Begehren weiterverfolgt wird.
Der Beklagte macht geltend, dass es sich zwar bei dem Wohngruppenzuschlag nicht um Einkommen im Sinne von § 82 SGB XII handele, § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X sei aber entsprechend anzuwenden, wenn rückwirkend Leistungen erbracht werden, die den bisherigen Leistungsanspruch wegfallen ließen oder einschränkten. Hiervon gehe auch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17. Januar 1996 (B 3 RK 4/95) aus. Sinn und Zweck des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X sei es, Doppelleistungen zu verhindern. Flößen dem Hilfeempfänger während des Bezugs von Sozialhilfeleistungen zweckentsprechende Leistungen eines anderen Sozialleistungsträgers zu, müsse der Sozialhilfeträger die Möglichkeit haben, seine "Vorleistung" in Höhe der vorrangig zu gewährenden Leistung zurückzufordern. Laufender monatlicher Zufluss der zweckentsprechenden Sozialleistung sei in diesem Sinne wie Einkommen zu behandeln. Würden Leistungen der Pflegeversicherung rückwirkend bewilligt, müsse der Sozialhilfeträger die Möglichkeit haben, den ursprünglichen Bescheid auch rückwirkend ab dem Zeitpunkt der laufenden monatlichen Zahlung der vorrangigen Leistung aufzuheben. Im Übrigen werde die Rechtsauffassung des Sozialgerichts geteilt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. August 2015 abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen und
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. August 2015 abzuändern, den Bescheid des Beklagten vom 6. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2014 für die Zeit ab 1. Januar 2013 aufzuheben, sowie
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Teilaufhebung des Bescheides für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Mai 2013 schließe sich die Klägerin den Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil an. Eine entsprechende Anwendung des § 48 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X scheide aus. Der Wortlaut dieser Norm sei eindeutig und beschränke die Möglichkeit einer rückwirkenden Aufhebung auf die Erzielung von Einkommen oder das Vorhandensein von Vermögen. Dem stehe auch der Rechtsgedanke des § 107 SGB X nicht entgegen. Diese Regelung sei im Verhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin nicht anwendbar.
Ansonsten sei der Rechtsauffassung des Sozialgerichts jedoch nicht zu folgen. Zwischen dem LK 38 und dem Wohngruppenzuschlag bestehe keine Zweckidentität. Der Gesetzgeber sei von Anfang an davon ausgegangen, dass der Wohngruppenzuschlag eine gegenüber den Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII andere, "zusätzliche" Leistung darstelle. Denn anderenfalls hätte er eine Ungleichbehandlung zwischen grundsicherungs-bedürftigen Pflegebedürftigen und solchen, die einer Grundsicherung nicht bedürfen, geschaffen. Der Gesetzgeber habe nicht gewollt haben können, dass grundsicherungsbedürftige Pflegebedürftige den Wohngruppenzuschlag letztlich für Pflegeleistungen aufbringen müssten, weil dieser ihnen von Leistung der Hilfe zur Pflege abgezogen werde, während er den nicht grund-sicherungsbedürftigen Pflegebedürftigen aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen ausgezahlt werden müsse. Die Ablehnung eines dem § 13 Abs. 3a SGB XI entsprechenden Paragraphen stehe dem nicht entgegen. Der Bundesgesetzgeber habe die Schaffung eines solchen Paragraphen offensichtlich nicht für erforderlich gehalten. Anders könne die Neufassung des § 38a SGB XI, wonach der Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag die Beauftragung einer Person "unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung" zur Voraussetzung habe, nicht erklärt werden.
Die Beigeladenen haben sich zum streitgegenständlichen Zeitraum nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Sowohl die Berufung der Klägerin als auch die Berufung des Beklagten sind zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht Berlin hat zu Recht die angefochtenen Bescheide teilweise aufgehoben soweit die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Mai (gemeint war: 31. Mai) 2013 betroffen ist. Insoweit ist der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klageabweisung im Übrigen erfolgte ebenfalls zu Recht. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind – soweit sie das SG nicht aufgehoben hat - rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Streitgegenstand ist der Aufhebungs- und Änderungsbescheid vom 6. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2014. Mit diesem hat der Beklagte die der Klägerin ursprünglich mit Bescheid vom 7. Dezember 2012 bewilligten Leistungen der Hilfe zur Pflege für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 30. September 2013 teilweise aufgehoben. Nur dieser Zeitraum ist vorliegend streitgegenständlich.
Hiergegen richtet sich die Klägerin zulässigerweise mit der isolierten Anfechtungsklage, § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese ist jedoch unbegründet soweit der Zeitraum vom 1. Juni bis 30. September 2013 betroffen ist. Der Aufhebungs- und Änderungsbescheid vom 6. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2014 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 7. Dezember 2012 § 48 Absatz 1 Satz 1 SGB X ist. Hiernach ist, soweit den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Der Beklagte hat danach zu Recht mit Änderungsbescheid vom 6. Mai 2013 die Leistungsbewilligung mit Wirkung vom 1. Juni 2013 bis 30. September 2013 teilweise aufgehoben und abgeändert. Mit der Gewährung des Wohngruppenzuschlags ist in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen der Klägerin eine wesentliche Änderung eingetreten. Ihr Bedarf ist bereits teilweise durch die Pflegesachleistungen und den Wohngruppenzuschlag anderweitig gedeckt. Der Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB Xl ist eine zweckentsprechende Leistung nach anderen Rechtsvorschiften gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB XII. Er ist für die der Klägerin bewilligte Hauspflege einzusetzen (dazu unter 1.). Soweit der Beklagte die Änderung mit Bescheid vom 6. Mai 2013 bereits ab dem 1. Januar 2013 und somit mit Wirkung für die Vergangenheit verfügt hat, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (dazu unter 2.).
1. Zutreffend hat das Sozialgericht Berlin entschieden, dass die von dem Beklagten im vorliegenden Fall gewährte Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII nach den LK 19 und 38 auch die mit dem Wohngruppenzuschlag abzusichernden Bedarfe umfasst. Bei diesen Bedarfen handelt es sich um Hilfe zur Pflege und nicht um Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII.
Soweit ein Sozialhilfebedarf — wie hier — an Leistungen der Hilfen zur Pflege besteht, sind jedoch Pflegeversicherungsleistungen vorrangig zu berücksichtigen und insoweit Sozialhilfeleistungen nicht zu erbringen. Der der Klägerin gewährte Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI ist eine zweckentsprechende Leistung nach anderen Rechtsvorschriften im Sinne des § 66 Abs. 4 Satz I SGB XII, die sie für die bewilligte Hauspflege für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. September 2013 einzusetzen hat. Zwischen dem Wohngruppenzuschlag und den ergänzenden Leistungen der Hilfen zur Pflege in Form der Berliner Tagespauschale für Demenz WGen (LK 19 und 38) besteht Deckungsgleichheit.
§ 38a SGB XI ist durch Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG) vom 23. 10. 2012 (BGBl. I S. 2246) m.W.v. 30. 10. 2012 eingefügt und durch Art. 8 des Ersten Pflegestärkungsgesetzes (PSG I) vom 17. 12. 2014 (BGBl. I S. 2222) m. W. v. 1. 1. 2015 neu gefasst worden.
Nach der Regelung in der Fassung des PNG sah § 38a Abs. 1 SGB XI bis 31. Dezember 2014 einen pauschalen monatlichen Zuschlag in Höhe von 200 Euro für Pflegebedürftige dann vor, wenn der Pflegebedürftige regelmäßig mit mindestens zwei anderen Pflegebedürftigen in einer gemeinsamen Wohnung mit (ambulanter) häuslicher pflegerischer Versorgung lebte, die Wohngruppe gerade den Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung verfolgte, alle pflegebedürftigen Mitbewohner Leistungen nach §§ 36, 37 oder 38 SGB XI bezogen, in der ambulant betreuten Wohngruppe eine Pflegekraft tätig war, die organisatorische, verwaltende oder pflegerische Tätigkeiten verrichtete und dem gemeinschaftlichen Wohnen mit der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung die jeweils maßgeblichen heimrechtlichen Vorschriften oder ihre Anforderungen an Leistungserbringer nicht entgegenstanden.
Nach der – vorliegend nicht entscheidungserheblichen - Neufassung ab 1. Januar 2015 haben Pflegebedürftige Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 205 Euro monatlich, wenn 1. sie mit mindestens zwei und höchstens neun weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig im Sinne der §§ 14, 15 sind oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz nach § 45a bei ihnen festgestellt wurde, 2.sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, 45b oder 123 beziehen, 3. eine Person von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder hauswirtschaftliche Unterstützung zu leisten, und 4. keine Versorgungsform vorliegt, in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Absatz 1 für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten in der Wohngruppe nicht erbracht wird, sondern die Versorgung auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfelds sichergestellt werden kann.
Mit der Einführung der Vorschrift des § 38 a SGB XI wurde das Ziel verfolgt, durch eine unbürokratische, pauschale Übernahme von Kosten, die bei einer Versorgung mehrerer Pflegebedürftiger in einer Hausgemeinschaft entstehen, die häusliche Pflege zu stärken und Anreize zu geben, eine stationäre Versorgung zu vermeiden. Die Pflegeversicherung erhielt mit dem Wohngruppenzuschlag eine Leistung, welche über die bisherige Bedarfsabsicherung, die sich allein an pflegerischen und betreuenden Aspekten orientierte, hinausgeht. Dem Anspruchsberechtigten auf Wohngruppenzuschlag bleibt es sogar belassen, den pauschalen Betrag allein für organisatorische/verwaltende Tätigkeiten einer Präsenzkraft zu verwenden. Somit sollte die Eigenverantwortlichkeit und vor allem die besondere Wohnform gestärkt werden. Im Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung wurde somit erstmalig ein neuer, sich von den Begriffen der Pflegebedürftigkeit unterscheidender Bedarf beschrieben und in pauschaler Form monetarisiert. Dieser berücksichtigt, dass in Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige besondere Aufwendungen entstehen (BT-Drucks. 17/9369, S. 40 f.). Zugleich kreiert die Vorschrift die ambulant betreute Wohngruppe als neuen Wohntyp für leistungsberechtigte Pflegebedürftige (Reimer in: Hauck/Noftz, SGB, 03/15, § 38a SGB XI, Rn. 1)
Im Bereich des SGB XII wurde damit jedoch kein neuer Bedarf definiert, welcher nicht bereits über Leistungen der §§ 61 ff. SGB XII finanziert werden kann. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff des SGB XI ist nicht identisch mit dem des SGB XII, denn ersterer erfährt durch § 61 Abs. 1 S. 2 SGB XII eine erhebliche Erweiterung. Diese betrifft zum einen die Dauer der Pflegebedürftigkeit (weniger als sechs Monate), den Bedarf (geringerer Pflegebedarf als den nach Pflegestufe 1) und – vorliegend maßgebend einschlägig – die Bedarfssicherung über die in § 61 Abs. 5 SGB XII genannten Verrichtungen hinaus. Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber eine Reduzierung der Hilfe zur Pflege auf die nach dem SGB XI maßgeblichen Verrichtungen verhindern. Die größtmögliche Offenheit sollte es dem Sozialhilfeträger ermöglichen, auf höchst unterschiedliche Bedarfssituationen flexibel zu reagieren. Die Vorschrift ist Ausdruck des im SGB XII herrschenden Bedarfsdeckungsprinzips und erlaubt grundsätzlich alle Hilfestellungen für die Bewältigung eines menschlichen Lebensalltags (Meßling in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage, § 61 Rz. 85 f.). Dass der Gesetzgeber eine Leistung zu Lasten der Pflegeversicherung (Geldleistung in Höhe von 200,00 Euro monatlich bei Beschäftigung einer Präsenzkraft) schafft, besagt nichts darüber, ob der damit zu deckende Bedarf im konkreten Einzelfall bereits vorher bestanden hat und anderweitig gedeckt wurde, während er im Rahmen der Leistungen der Pflegeversicherung bisher keine Grundlage für eine Vergütung hatte.
Jedenfalls im Land Berlin war im Bereich des SGB XII die Absicherung der Bedarfe, welche im Bereich des SGB XI durch Einführung des Wohngruppenzuschlags pauschal zusammengefasst wurden, bereits durch die Erbringung der Leistungen mit Leistungskomplex 19 und 38 gewährleistet.
Um die ambulant betreute Wohnform der Wohngemeinschaft mit überwiegend an Demenz erkrankten Menschen zu fördern und die Leistungserbringung an die besonderen Erfordernisse dieser Wohnform anzupassen, erfolgte in B durch Vereinbarung zwischen dem Träger der Sozialhilfe, den Pflegekassen und Pflegekassenverbänden in Berlin und der Vereinigung der Träger der ambulanten Pflegeeinrichtungen die Umstellung der Versorgung und Betreuung von an Demenz erkrankten Menschen in Wohngemeinschaften auf Tagespauschalen (vergleiche Rundschreiben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales I Nr. 20/2005 über Tagespauschalen für Wohngemeinschaften mit an Demenz erkrankten Menschen, https://www.berlin.de/sen/soziales/berliner-sozialrecht/land/sonstige/2014 02 24.html). Die ansonsten gängige Praxis der Zusammenstellung der auszuübenden pflegerischen Leistungen anhand von einzelnen Leistungskomplexen wurde für die Personengruppe ab Pflegestufe II aufgehoben. Seit dem 1. Januar 2005 gilt für diese Art der Wohngemeinschaften eine besondere Regelung, indem allein Leistungen nach den Leistungskomplexen 19 und 38 gewährt werden.
Der Leistungskomplex 19 umfasst die gesamte Versorgung und Betreuung (Körperpflege, Ernährung, Immobilität und hauswirtschaftliche Versorgung), die ansonsten in den einzelnen Leistungskomplexen 1 - 16 enthalten sind, für 24 Stunden, was eine individuelle Tagesform abhängige Ausgestaltung erlaubt. Demnach enthält der Leistungskomplex 19 alle Maßnahmen, die sich hinter den einzelnen Leistungskomplexen verbergen, insbesondere auch die, welche die Hilfen für andere Verrichtungen nach § 61 Absatz 1 Satz 2 SGB XII widerspiegeln. Durch den so genannten zweiseitigen Vertrag zwischen dem Träger der Sozialhilfe und den Verbänden der Träger von ambulanten Pflegeeinrichtungen erfolgte ferner eine zusätzliche Vereinbarung über die Erbringung von Haushilfe und Hauspflege, welche über die Leistungen der Pflegeversicherung hinausgeht (vgl. Rundschreiben I Nr. 04/2005 über ambulante Versorgung Hilfe- und Pflegebedürftiger, http://berlin.de/sen/soziales/ berliner-sozialrecht/r/2005 04.html). Nach den Handlungsanweisungen der Senatsverwaltung für Gesundheit war beispielsweise der Leistungskomplex 9 (Begleitung außer Haus) der Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI, sofern im Einzelfall erforderlich, zusätzlich für Maßnahmen zu bewilligen wie Mobilisierung durch Spaziergänge, Ermöglichung der Teilhabe am kulturellen Leben (z.B. durch Kirchgang, Theaterbesuch), Begleitung beim Einkauf von Mobiliar, Kleidung, Haushaltsgegenständen.
Der Leistungskomplex 11b (Reinigen der Wohnung) war, sofern im Einzelfall erforderlich, zusätzlich zu bewilligen insbesondere bei Maßnahmen wie Reinigung von Räumen außerhalb des üblichen Lebensbereiches, Weiterversorgung des Haushaltes bei Abwesenheit des Pflegebedürftigen, Treppenhausreinigung, Gehwegreinigung, Grundreinigung bzw. Entrümpelung der Wohnung, Hilfe bei der Haushaltsauflösung (nicht im Todesfall), notwendiges Umstellen von Mobiliar, kleineren handwerklichen Handreichungen, Reinigungstätigkeiten im Rahmen der Haustierversorgung.
Der Leistungskomplex 13 (Einkaufen) war zusätzlich zu bewilligen bei Beschaffung von Mobiliar, Kleidung, Haushaltsgeräten, zusätzlichen Einkäufen zur Beschaffung von Nahrung/Verbrauchsmaterial für Haustiere, für Bank- und Behördenangelegenheiten, sowie die Beschaffung und Einlösung von Rezepten.
Die Leistungskomplexe 9, 11b, 12 und 13 konnten in der Häufigkeit angewendet werden, die der Erforderlichkeit im Einzelfall entspricht (vgl. Http:// berlin.de/imperia/md/content/sensoziales/berlinersozialrecht/2005 04 anlage6.pdf).
Soweit die organisatorischen, verwaltenden und pflegenden Tätigkeiten, die für die Aufrechterhaltung der Wohnform WG unabdingbar sind, hierin noch nicht enthalten sind, erfolgte eine Ergänzung durch den Leistungskomplex 38.
Dieser wird in der Anlage 1b zum Rundschreiben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales I Nr. 20/2005 (https://www.berlin.de/sen/soziales/berliner-sozialrecht/land/rdschr /2005 20 anlage1b.html) wie folgt beschrieben:
"Leistungskomplex 38:
1. In Wohngemeinschaften im Sinne dieser Vereinbarung leben mehrere Demenzkranke zusammen, bei denen die Versorgung in der angestammten Häuslichkeit nicht mehr ausreicht und deshalb die ständige Präsens von Betreuungspersonal erforderlich ist.
Leistungsberechtigte Personen sind Demenzkranke, für die eine Einstufung mindestens nach Stufe 2 entsprechend § 15 Abs. 1 SGB XI sowie die Zuordnung durch den MDK zum Personenkreis nach § 45a SGB XI vorliegt.
Entsprechend § 28 Abs. 4 SGB XI soll die Pflege auch die Aktivierung des Pflegebedürftigen zum Ziel haben, um vorhandenen Fähigkeiten zu erhalten und, soweit dies möglich ist, verlorene Fähigkeiten zurück zu gewinnen. Um der Gefahr einer Vereinsamung des Pflegedürftigen entgegenzuwirken, sollen bei der Leistungserbringung auch die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen nach Kommunikation berücksichtigt werden.
Der besondere Versorgungs- und Betreuungsbedarf von an Demenz erkrankten Menschen umfasst neben dem Hilfebedarf in der Grundpflege insbesondere Aktivierung und Anleitung sowie die notwendige Beaufsichtigung bei der eigenständigen Verrichtung der grundlegenden Lebensaktivitäten. Das Konzept der Tagesstrukturierung gibt einen Rahmen vor, mit dem individuell die erforderliche Anleitung, Begleitung und Beaufsichtigung bei den Verrichtungen des täglichen Lebens sowie Hilfestellung bei der Bewältigung des Alltags und die Anleitung zur sinnvollen Tagesgestaltung sichergestellt und die Selbstständigkeit erhalten und gestärkt sowie Eigen- und Fremdgefährdung ausgeschlossen werden können.
2. Die Gesamtversorgung des Personenkreises erfolgt auf Basis der Leistungskomplexe 19 und 38. Die Pflege und Versorgung ist entsprechend biographieorientierter Konzepte zu organisieren.
Der Bedarf an Grundpflege inklusive der Beaufsichtigung und Anleitung sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung, der sich aus den Verrichtungen nach § 14, Abs. 4 SGB XI ergibt (Leistungskomplexe 1-17 des Vertrags nach § 89 SGB XI) wird durch den dreiseitig vereinbarten Leistungskomplex 19 in Gänze abgedeckt.
Der Leistungskomplex 38 beinhaltet alle Einzelleistungen, die darüber hinaus zur angemessenen Versorgung des Personenkreises im Rahmen der zweiseitigen Vereinbarung erforderlich sind. Eine parallele Bewilligung der LK 31-35 und 37 ist ausgeschlossen".
Die mit dem LK 38 zu erbringenden Einzelleistungen sind somit nicht näher definiert, sondern ergeben sich aus der speziellen Wohnform der Wohngruppe und dem speziellen Bedarf ihrer an Demenz erkrankten pflegebedürftigen Bewohner. Mit der Einführung des LK 38 ist im Land Berlin die Einrichtung und der Fortbestand der Betreuung von pflegebedürftigen Personen in Wohngruppenform gefördert worden, was in der Pflegeversicherung erst mit dem PNG und der Einführung des Wohngruppenzuschlags unternommen wurde. Die Leistungen nach § 38 a SGB XI und die Leistung nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII i.V.m. den Leistungskomplexen 19 und 38 sind zweckidentisch, gerichtet auf den Erhalt und die Erstattung von Aufwendungen, die notwendigerweise aus der Organisationsform der Wohngemeinschaft für pflegebedürftige und an Demenz erkrankte Personen entstehen.
Die Rechtsauffassung, dass die sich aus der besonderen Wohnform der Wohngemeinschaft ergebenden besonderen Bedarfe nur das gemeinschaftliche Leben Behinderter beträfen, nicht aber deren individuelle pflegerische Versorgung, und es sich daher um Leistungen der Eingliederungshilfe handele, ist unzutreffend. Es handelt sich vielmehr um Aufwendungen der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung und damit um Hilfe zur Pflege. Diese Auffassung stützen unter anderem auch die Ausführungen des Bundessozialgerichts in der Pressemitteilung vom 19. Februar 2016. In der Mitteilung des 3. Senats des BSG über seine Sitzung vom 18. Februar 2016 im Verfahren - B 3 P 5/14 R - heißt es, der Wohngruppenzuschlag bezwecke nicht die Aufstockung der Leistungen der häuslichen Pflege, sondern diene der Entwicklung und Stärkung neuer Wohn- und Betreuungsformen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Voraussetzung sei daher, dass die Wohngruppe zusätzliche Strukturen aufweise, die über die pflegerische Versorgung der Bewohner im eigenen häuslichen Wohnbereich hinausgingen. "In diesen zusätzlichen strukturellen Merkmalen manifestiert sich regelmäßig auch nach außen hin, dass das gemeinsame Wohnen vom Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung getragen ist". Eine solche Wohnsituation habe bei der dortigen Klägerin nicht vorgelegen. Das BSG sieht demnach die besonderen Aufwendungen, die der Wohngruppenzuschlag abdecken soll, als Aufwendungen der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung an.
Im Übrigen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die umfangreichen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug, denen er in vollem Umfang folgt (§ 153 Abs. 2 SGG).
2. Soweit das Sozialgericht Berlin den angefochtenen Bescheid für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Mai 2013 aufgehoben hat, erging die Entscheidung jedenfalls im Ergebnis zu Recht und war die Berufung des Beklagten abzuweisen.
Eine Rücknahmeentscheidung des Beklagten für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Mai 2013 gegenüber der Klägerin war durch die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X ausgeschlossen.
Soweit ein Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. SGB X besteht, gilt nach § 107 Abs. 1 SGB X der Anspruch des hinsichtlich der Sozialleistung Berechtigten – hier die Klägerin - gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger - also den Erstattungsverpflichteten - als erfüllt. Soweit die Erfüllungsfiktion reicht, schließt sie eine Aufhebung bzw. Rücknahme der Leistungsbewilligung durch den Leistungsträger, der den Erstattungsanspruch hat, nach den §§ 44 ff. SGB X und einen Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X aus (BSG, Urteil vom 22. Juni 2010 – B 1 KR 21/09 R –, BSGE 106, 206ff. juris).
Die Voraussetzungen des § 107 SGB X sind hier hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Mai 2013 gegeben. Dem Beklagten stand gegen die beigeladene Pflegekasse ein Erstattungsanspruch entsprechend § 104 Abs. 1 SGB X zu. Die Beigeladene zu 2) hatte zum Zeitpunkt ihrer Leistung - Auszahlung des Wohngruppenzuschlags an die Klägerin aufgrund der Bewilligung vom 23. Januar 2013 für die Monate Januar bis Mai 2013 - Kenntnis von der Leistung des Beklagten an die Klägerin. Dies ergibt sich aus der Eingangsbestätigung der Beigeladenen zu 2) vom 21. Januar 2013, mit der diese den Zugang der Anmeldung eines Erstattungsanspruchs des Beklagten vom 16. Januar 2013 (Blatt 584 des Verwaltungsvorgangs) bestätigt. Diese Kenntnis der Gewährung von Leistungen im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII ermöglichte es der Beigeladenen zu 2), dem Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Wohngruppenzuschlags die Erfüllungswirkung des § 107 Abs. 1 SGB X entgegenzuhalten und damit die Leistung ihr gegenüber zu verweigern sowie den Erstattungsanspruch des Beklagten in entsprechender Höhe zu befriedigen. Zweck der gesetzlichen Regelung der Erstattungsansprüche der Leistungsträger ist es, eine einfache, sachgerechte Regelung der Erstattungsansprüche und ihres Verhältnisses untereinander zu treffen, wenn anstelle des letztlich verpflichteten Leistungsträges ein anderer Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat. Zugleich sollen Doppelleistungen vermieden werden. In der Sache geht es um eigenständige Ausgleichsansprüche zwischen Leistungsträgern untereinander, die komplizierte Rückabwicklungen unter Einbeziehung der Leistungsberechtigten entbehrlich machen. § 107 SGB X spiegelt den notwendigen Ausgleich im gegliederten Sozialsystem zwischen verschiedenen Leistungsträgern wieder und vermeidet es, in den geregelten Erstattungskonstellationen jeweils zwischen Berechtigtem und dem Leistungsträger, der tatsächlich zunächst geleistet hat, eine Rückabwicklung vorzunehmen, wenn letztlich ein anderer Leistungsträger verpflichtet ist, eine entsprechende Sozialleistung zeitgleich zu erbringen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2010, B 1 KR 21/09 R). Die Erfüllungsfiktion tritt unabhängig davon ein, ob der Erstattungsanspruch vom berechtigten Träger geltend gemacht wird. Es besteht damit kein Wahlrecht des erstattungsberechtigten Trägers, auf einen Erstattungsanspruch und damit auf die Erfüllungsfiktion zu verzichten und sich stattdessen nach den §§ 45, 48, 50 SGB X an den Versicherten zu halten. Einer Rücknahme oder Aufhebung nach §§ 45 bzw. 48 SGB X steht die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X schlechthin entgegen. Die Erfüllungsfiktion verleiht dem Sozialleistungsempfänger somit einen Rechtsgrund, die Leistung zu behalten (BSG, Urteil vom 26. September 1991 - 4/1 RA 33/90 – juris; BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1993 - 5 C 10/91 -, juris; Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 107 Rn. 28).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 1 und 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 30. September 2013 den Erhalt der ihr vom Beklagten bewilligten Leistungen der Hilfe zur Pflege ohne Abzug des ihr von der Pflegekasse bewilligten Wohngruppenzuschlags. Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die Aufhebung seines Bescheides für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 30. Mai 2013.
Bei der 1914 geborenen Klägerin lagen nach einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vom 31. Januar 2007 eine beginnende Demenz, beidseitige Coxarthrose, Harninkontinenz, schwere motorische Funktionseinschränkungen und ein Hypertonus vor. Sie erhielt von der BARMER GEK, der Pflegekasse (Beigeladene zu 2) Pflegesachleistungen nach § 36 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) der Pflegestufe II (1.250 Euro) sowie zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45 a, b SGB XI (200 Euro).
Die Klägerin wohnt seit Dezember 2007 in einer ambulant betreuten Pflegewohngruppe (WG). Seit dem 1. Juni 2012 unter der im Rubrum benannten Adresse. Mit ihr wohnen sechs weitere Personen in der Wohnung, die von dem Pflegedienst S M GmbH (Beigeladene zu 1) rund um die Uhr betreut werden. Am 14. Dezember 2006 schlossen die Klägerin und die Beigeladene zu 1) einen Vertrag über die Erbringung von Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung. Der jeweils aktuelle Modulbogen, aus dem sich Art und Umfang der vereinbarten pflegerischen und hauswirtschaftlichen Leistungen ergeben, ist Bestandteil des Pflegevertrages. Seit dem Einzug in die Pflege-WG bestimmten die Parteien den Hilfebedarf mit 1 x täglich LK 19 (Versorgung und Betreuung in Wohngemeinschaften von an Demenz erkrankten Pflegebedürften) und 1 x täglich LK 38 (Hilfe in Wohngemeinschaften für demente Pflegebedürftige) an sieben Tagen die Woche (zuletzt mit Modulbogen vom 23. August 2012 für die Zeit ab dem 1. Oktober 2012). Der beklagte Sozialhilfeträger erbrachte diesem Bedarf entsprechend an die Klägerin Leistungen der Hilfen zur Pflege nach § 61 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Das Land Berlin, die Landesverbände der Pflegekassen und die Wohlfahrts- und Pflegeverbände (darunter der Arbeitgeberverband im Gesundheitswesen (AVG(, deren Mitglied die Beigeladene zu 1) ist) schlossen am 15. November 2006 mit Wirkung zum 1. Januar 2007 einen Rahmenvertrag nach § 75 Abs. I und 2 SGB XI zur ambulanten pflegerischen Versorgung von Pflegebedürftigen in Berlin. Gegenstand der Vereinbarung sind die in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten Hilfeleistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung.
Auf Grundlage dieses Rahmenvertrages schlossen die Beigeladenen zu 1) und 2) sowie das Land Berlin am 20. Mai 2011 eine Vereinbarung über die Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen und der hauswirtschaftlichen Versorgung gemäß § 89 SGB XI (sog. Dreiseitiger Vertrag) für die Zeit ab Juni 2011. Hierin sind u.a. die Leistungsinhalte für die einzelnen Tätigkeiten der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung in Form einzelner Leistungskomplexe (LK 1-19) sowie deren Vergütung geregelt. Nach § 3 Abs. 4 dieser Vereinbarung sind mit den vertraglichen Vergütungssätzen die vertraglichen Leistungen abgegolten. Eine Differenzierung in der Vergütung gegenüber den Kostenträgern und den Pflegebedürftigen ist unzulässig. Zuzahlungen von Pflegebedürftigen dürfen die Pflegeeinrichtungen für die vertragsmäßig abgegoltenen Leistungen weder fordern noch annehmen. Zudem besteht ergänzend zwischen dem Land Berlin als Träger der Sozialhilfe, den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und den privaten ambulanten Pflegediensten seit 2005 der Berliner Rahmenvertrag (BRV) nach § 79 Abs. I SGB XII für Hilfen in Einrichtungen einschließlich Diensten im Bereich Soziales (Fassung vom 1. Januar 2005, zuletzt geändert am 11. Dezember 2012). Nach dessen Ziff. 22.4 ist die Vereinbarung nach § 75 Abs3 SGB XlI (alt: § 93 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG)) Bestandteil des BRV (Anlage 8). Die Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG/ 75 Abs. 3 SGB XII (sog. zweiseitiger Vertrag) regelt in Ergänzung zur Vereinbarung nach § 89 SGB Xl und zu den Leistungen der Pflegeversicherung weitere Leistungen zur Versorgung von Pflegebedürftigen in Berlin, die in den LK 31 - 38 beschrieben werden. Die Vereinbarung verweist hinsichtlich des Inhalts und der Höhe der Vergütung der Leistungen auf die Anlage 1. Diese Anlage enthält unter Punkt I. Hinweise zur Vereinbarung nach § 89 SGB XI in Bezug auf die - im Vergleich zum SGB Xl weitergehende - Anwendung der LK 9, 11b, 12 und 13 im Bereich der Sozialhilfe sowie unter Punkt Il. die Leistungsbeschreibungen und Vergütungsvereinbarungen für die LK 31 - 38. Die Beigeladene zu 1) ist dieser Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BHSG am 4. Oktober 1996 beigetreten.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. Januar 2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen der ambulanten Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2013 abzgl. der von der Beigeladenen zu 2) bewilligten Pflegesachleistungen. Für Dezember 2012 war von der Klägerin ein Eigenanteil aus Einkommen zu leisten, ab Januar 2013 nicht mehr. Im Modulbogen bestimmte der Beklagte den Hilfebedarf der Klägerin antragsgemäß mit jeweils 1 x täglich LK 19 und LK 38 an sieben Tagen in der Woche.
Mit Bescheid vom 23. Januar 2013 bewilligte die Beigeladene zu 2) der Klägerin zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen nach § 38a SGB XI (Wohngruppenzuschlag) in Höhe von 200 Euro monatlich für die Zeit ab 1. Dezember 2012.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 6. Mai 2013 hob der Beklagte ohne vorherige Anhörung den Bescheid vom 7. Dezember 2012 unter Bezugnahme auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 teilweise auf und verfügte folgende Abänderung: ,,Ab dem 01.12.2012 erhält Ihre Betreute von ihrer Pflegekasse einen pauschalen Wohngruppenzuschlag gemäß § 38a Sozialgesetzbuch - Elftes Buch (SGB XI) in Höhe von 200,00 EUR monatlich. Dieser ist von Ihrer Betreuten an den Pflegedienst weiterzuleiten. Der Leistungsanspruch auf ambulante Hilfen zur Pflege wird in entsprechender Höhe gemindert. Der Zuschlag für den Zeitraum 01.12.2012 bis 31.12.2012 wurde als Erstattungsanspruch gegenüber der Pflegekasse geltend gemacht."
Einen Erstattungsanspruch hatte der Beklagte gegenüber der Beigeladenen zu 2) im Januar 2013 (Schreiben vom 16. Januar 2013 und 31. Januar 2013) angemeldet. Am 21. Februar 2013 ging auf dem Konto des Beklagten eine Zahlung der Beigeladenen zu 2) auf den geltend gemachten Erstattungsanspruch für den Monat Dezember 2012 (i.H.v. 200 Euro) ein.
Am 27./30. Mai 2013 trat die Klägerin, vertreten durch ihre Tochter, den Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag in Höhe von insgesamt 1.000 Euro für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Mai 2013 an die Beigeladene zu 1) ab. Die Beigeladene zu 2) zahlte daraufhin den Wohngruppenzuschlag direkt an die Beigeladene zu 1).
Am 29./30. Mai 2013 schlossen die Beigeladene zu 1) und die Klägerin, vertreten durch ihre Tochter, eine "Vereinbarung über Organisations- und Verwaltungsleistungen in Wohngemeinschaften” (sog. Zusatzvereinbarung), in der die Klägerin die Beigeladene zu 1) mit der Erbringung folgender organisatorischer und verwaltender Tätigkeiten beauftragte: "- Unterstützung bei Ein- und Auszug, Kommunikation mit Vermieter, Organisation von Telefon- und Kabelanschluss, - Arzttermine und Hausbesuche vereinbaren, Friseur- und Fußpflegetermine vereinbaren, - Rezepte oder Verordnungen für Medikamente, Hilfsmittel, lnkontinenzmaterial, Krankenhauseinweisungen, Krankentransporte oder ärztliche Anordnungen besorgen und entsprechende Kostenübernahmen beantragen, verordnete Materialien beschaffen, Krankentransport bestellen, Versichertenkarte zum Arzt bringen, bei Verlust neue Versichertenkarte besorgen, - Patientengelder verwalten, - Ausflüge oder Feierlichkeiten organisieren, - Korrespondenz mit Angehörigen, Betreuern, Ärzten oder sonstigen Personen, Postverwaltung inklusive Briefe verfassen, - polizeiliche Ummeldungen, - Haustierversorgung, - Schlichtung bei Streitigkeiten, - Organisieren von Aktivitäten und Veranstaltungen an Feiertagen, Organisieren von Geburtstagsfeiern."
Die Klägerin verpflichtete sich, hierfür an die Beigeladene zu 1) pauschal 200 Euro monatlich zu zahlen, den Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI zu beantragen und nach Erhalt an die Beigeladene zu 1) auszukehren. Auf eine Nachweisführung der konkreten Leistungserbringung verzichteten die Parteien.
Gegen den Bescheid vom 6. Mai 2013 legte die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 4. Juni 2013 Widerspruch ein. Der Wohngruppenzuschlag sei keine Leistung, die zweckidentisch mit den Leistungen der Hilfen zur Pflege sei. Dies widerspreche der Intention des Gesetzgebers.
Mit Schreiben vom 3. März 2014 hörte der Beklagte die Klägerin nachträglich zum Eingriff in den Bescheid vom 7. Dezember 2012 durch den Bescheid vom 6. Mai 2013 an.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2014, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 9. April 2014 zugegangen, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Leistungen nach § 65 Abs. I SGB XII würden nicht erbracht, soweit Pflegebedürftige in der Lage seien, zweckentsprechende Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften in Anspruch zu nehmen (§ 66 Abs. 4 SGB XII). Die der Klägerin gewährten Leistungen der Hilfe zur Pflege in Form des LK19 deckten den Bedarf an Grundpflege sowie hauswirtschaftlicher Versorgung in der WG in Gänze ab. LK 38 beinhalte alle Einzelleistungen, die über den LK 19 hinaus zur angemessenen Versorgung des Personenkreises in der WG erforderlich seien. Die Bewilligung des Wohngruppenzuschlags durch die Beigeladene zu 2) stelle eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen der Klägerin dar. Der Wohngruppenzuschlag sei gemäß § 83 SGB XII als Einkommen zu berücksichtigen. Er werde - genauso wie das Pflegegeld - pauschal zur eigenverantwortlichen Verwendung für die Organisation und Sicherstellung der Pflege in der WG gewährt, er diene daher demselben Zweck wie die Leistungen der Hilfen zur Pflege. Nach § 13 Abs. 3 SGB Xl gingen die Leistungen der Pflegeversicherung den Fürsorgeleistungen nach dem SGB XII vor. § 13 Abs. 3a SGB Xl nehme hiervon nur die zusätzlichen Betreuungsleistungen nach § 45b SGB XI aus. Angesichts dieser Sonderregelung sei davon auszugehen, dass die sonstigen Leistungen der Pflegeversicherung immer den Ansprüchen nach dem SGB XII vorgingen.
Am 8. Mai 2014 hat die Klägerin hiergegen Klage zum SG Berlin erhoben.
Sie hat geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung des Bescheides vom 7. Dezember 2012 nicht vorlägen. Die Bestimmung, dass der Wohngruppenzuschlag an den Pflegedienst weiterzuleiten sei, sei nicht hinreichend konkret. Es würden Angaben zur Zweckbestimmung der geforderten Weiterleitung fehlen und der Pflegedienst sei nicht bezeichnet. Sie habe Anspruch auf ungekürzte Leistungen der Hilfe zur Pflege. Der Wohngruppenzuschlag sei hierzu weder vorrangig noch zweckidentisch. Er werde zur eigenverantwortlichen Verwendung für die Organisation und Sicherstellung der Pflege in der WG gewährt. Die in der sog. Zusatzvereinbarung aufgeführten Leistungen würden durch die ambulanten Leistungen der Hilfen zur Pflege nicht abgedeckt. Eine Kürzung der Leistungen der Hilfen zur Pflege nach § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB XlI scheide daher aus. Mit der Einführung des pauschalen Wohngruppenzuschlags habe der Gesetzgeber auf die Dokumentation von Verwaltungs- und sonstigen Leistungen verzichtet. Er habe bereits bestehende Ansprüche nicht neu gestaltet. Dies ergebe sich aus der Überschrift von § 38a SGB Xl, in denen von "Zusätzlichen Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant, betreuten Wohngruppen” die Rede sei. ,,Zusätzlich” meine, dass der Wohngruppenzuschlag über die anderen geregelten Ansprüche hinausgehen solle. Einer zu § 13 Abs. 3a SGB XI vergleichbaren Ausnahmeregelung habe es nicht bedurft, weil der Wohngruppenzuschlag angesichts der Zusätzlichkeit nicht Leistungen abdecke, die deckungsgleich mit den Leistungen der Hilfen zur Pflege seien.
"Die allgemeinen Leistungen in kollektiver Zielsetzung" habe der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 38a Abs. 1 Nr. 3 SGB XI zum 1. Januar 2015 selbst klargestellt. Damit habe er zum Ausdruck gebracht, dass er einen neuen Anspruch schaffen wollte, der gerade nicht mit den sonstigen Pflegesachleistungen zu verrechnen sei.
LK 38 erfasse gerade nicht zusätzliche KoIlektivleistungen für die WG, sondern nur notwendige Einzelleistungen für den Pflegebedürftigen. Der Wohngruppenzuschlag sei - wie das Pflegegeld - nicht als Einkommen zu werten.
Der Abzug des Wohngruppenzuschlage von den Hilfen zur Pflege führe bei gleichbleibendem Bedarf des Hilfeempfängers und unveränderter Leistungsgewährung durch die Pflegekasse zu einer Reduzierung der Kosten der Hilfen zur Pflege. Dies sei eine verfassungsrechtlich nicht zulässige Quersubventionierung des kommunalen Sozialhilfeträgers durch die Versichertengemeinschaft der Pflegekasse.
Während die Pflegesachleistungen vom Pflegedienst erbracht und abgerechnet würden, erbringe die Leistung nach § 38a SGB XI eine von der WG zusätzlich beauftragte Person, die nach § 38a SGB XI n.F. namentlich zu benennen sei. Schon wegen der fehlenden Personenidentität sei es unmöglich, die Abrechnung zu Lasten des Pflegedienstes zu kürzen.
Das gesetzgeberische Ziel könne nicht erreicht werden, weil der Wohngruppenzuschlag nicht bei der Klägerin ankomme. Die Berliner Praxis beruhe auf einer verfassungswidrigen Auslegung des § 38a SGB XI. Entgegen der Zweckbindung für wohngruppenspezifische Kollektivleistungen werde der Zuschlag für die Erbringung der Leistungen der Hilfen zur Pflege eingesetzt. Dies führe zu einer gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) verstoßenden Ungleichbehandlung von Pflegebedürftigen, die wie die Klägerin auf Leistungen der Hilfen zur Pflege angewiesen seien, und solchen, die ihren Bedarf selbst decken könnten. Nur letzteren stünde der Wohngruppenzuschlag uneingeschränkt zur Verfügung. Die Klägerin hingegen könne die zusätzlichen Leistungen nach § 38a SGB XI nicht in Anspruch nehmen.
Wohngruppenzuschlag und Hilfen zur Pflege seien verschieden ausgestaltet und nicht deckungsgleich. Der Wohngruppenzuschlag werde als Monatspauschale gezahlt und zwar auch dann, wenn der Pflegebedürftige sich zeitweise im Krankenhaus aufhalte. LK 19, 38 würden hingegen als Tagespauschale gezahlt, so dass bei einem Krankenhausaufenthalt ein Anspruch auf Zahlung entfalle. Dennoch werde der Wohngruppenzuschlag in diesen Fällen in voller Höhe von den Leistungen der Hilfen zur Pflege abgezogen. Zudem habe die Klägerin eigentlich keinen Anspruch auf die Gewährung des Wohngruppenzuschlags, da es an einer gemeinschaftlichen Beauftragung einer Präsenzkraft durch die Bewohnerinnen und Bewohner der WG fehle. Daher sei der Bescheid über die Gewährung des Wohngruppenzuschlags rechtswidrig und in der Folge auch der vom Beklagten vorgenommene Abzug von den Leistungen der Hilfen zur Pflege.
Die Zusatzvereinbarung sei wirksam. Sie begründe für die Vertragspartner die Pflicht der Erbringung der hierin genannten Tätigkeiten. Bei einer Unwirksamkeit würde es an der Voraussetzung für den Anspruch auf Gewährung des Wohngruppenzuschlags fehlen. Wenn aber dieser Anspruch entfalle, wären die bisherigen Zahlungen ohne Rechtsgrund erfolgt.
Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und auf das Urteil des SG Berlin vom 20. Januar 2015 zum Verfahren S 212 SO 850/14 entgegengetreten. Eines Aufhebungsbescheides habe es nicht bedurft. Der angefochtene Bescheid habe nur klarstellende Funktion. Denn der Schuldbeitritt des Sozialhilfeträgers sei im Bescheid vom 7. Dezember 2012 nur insoweit erklärt worden, als nicht bereits eine anderweitige Bedarfsdeckung erfolge.
Die Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin angeschlossen. Der Gesetzgeber setze den Wohngruppenzuschlag mit dem Pflegegeld gleich. Letzteres dürfe jedoch nicht nach § 82 SGB XII als Einkommen angerechnet werden. Dass § 13 Abs. 3a SGB XI den Wohngruppenzuschlag nicht wie die zusätzlichen Leistungen nach § 45b SGB XI schütze, sei nicht von Belang, da § 61 Abs. 2 S. 2 SGB XII die Leistung nach § 38a SGB XI bzw. § 28 Abs. 1 Nr. 15 SGB XI in Bezug nähme. Der Sozialhilfeträger saniere bei sozialhilfebedürftigen Kunden seine eigenen Ausgaben auf Kosten der Pflegekasse. Den Versicherten würden Leistungen aus dem neu geschaffenen Anspruch vorenthalten. Mit § 38a SGB XI würde die Erbringung der hierin definierten Leistungen überhaupt erst ermöglicht.
Mit Urteil vom 25. August 2015 hat das Sozialgericht Berlin den Bescheid vom 6. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2014 für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 30. Mai 2013 (gemeint war 31. Mai 2013) aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung hätten nicht vorgelegen, weder könne ein schuldhafter Verstoß gegen Mitwirkungspflichten festgestellt werden noch handele es sich bei dem Wohngruppenzuschlag um Einkommen. Auch sei dem Bescheid vom 7. Dezember 2012 nicht zu entnehmen gewesen, dass der Wohngruppenzuschlag bei den Leistungen der Hilfen zur Pflege Berücksichtigung finde.
Im Übrigen sei der Aufhebungs- und Änderungsbescheid vom 6. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2014 jedoch formell und materiell rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Bedenken gegen die Bestimmtheit des angefochtenen Bescheides bestünden nicht. Die Regelung im angefochtenen Bescheid vom 6. Mai 2013, dass die Klägerin den Wohngruppenzuschlag an den Pflegedienst weiterzuleiten habe, könne nur so verstanden werden, dass der Beklagte von einer anderweitigen Bedarfsdeckung ausgehe und eine begrenzte Kostenübernahme erklärt habe. Dies ergebe sich auch aus der Zusammenschau der Verfügung und der Begründung des Bescheides.
Zutreffend habe der Beklagte die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 7. Dezember 2012 auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gestützt und die Leistungen der Hilfen zur Pflege für die Zukunft teilweise aufgehoben. Denn mit der Gewährung des Wohngruppenzuschlags sei eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen der Klägerin eingetreten. Der der Klägerin gewährte Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI sei eine zweckentsprechende Leistung nach anderen Rechtsvorschriften im Sinne des § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB XII, die sie für die bewilligte Hauspflege einzusetzen habe. Zwischen dem Wohngruppenzuschlag und den ergänzenden Leistungen der Hilfen zur Pflege in Form der Tagespauschale (LK 19 und 38) bestehe Deckungsgleichheit.
Die in der Zusatzvereinbarung vom 29./30. Mai 2013 genannten "Zusatzbedarfe” seien bereits von den zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) im Pflegevertrag vom 14. Dezember 2006, einschließlich des hierzu gehörenden Modulbogens vom 23. August 2012, vereinbarten LK 19, 38 erfasst. Dies gelte insbesondere für LK 38. Dies wird umfangreich ausgeführt, insoweit wird auf die Seiten 16 - 20 des Urteilsabdrucks (Blatt 292 Rück bis 294 Rück der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Eine zu § 13 Abs. 3a SGB XI vergleichbare Rückausnahme zu § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB XII mit der Folge, dass der Wohngruppenzuschlag bei den Leistungen der Hilfe zur Pflege keine Berücksichtigung finde, habe der Gesetzgeber nicht getroffen. Aufgrund der umfangreichen Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren zu der zum 1. Januar 2015 in Kraft getretenen Neufassung und des Entwurfs eines Pflegestärkungsgesetzes könne auch nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden.
Eine Ungleichbehandlung mit nicht grundsicherungsbedürftigen Personen liege schon deshalb nicht vor, weil diese ihre Bedarfe anderweitig als durch Hilfe zur Pflege deckten und es sich daher um ungleiche Sachverhalte handele.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 8. September 2015 zugestellte Urteil am 25. September 2015 Berufung eingelegt mit der er beantragt, die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat gegen das ihm am 3. September 2015 zugestellte Urteil am 28. September 2015 Berufung eingelegt, mit der das erstinstanzliche Begehren weiterverfolgt wird.
Der Beklagte macht geltend, dass es sich zwar bei dem Wohngruppenzuschlag nicht um Einkommen im Sinne von § 82 SGB XII handele, § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X sei aber entsprechend anzuwenden, wenn rückwirkend Leistungen erbracht werden, die den bisherigen Leistungsanspruch wegfallen ließen oder einschränkten. Hiervon gehe auch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17. Januar 1996 (B 3 RK 4/95) aus. Sinn und Zweck des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X sei es, Doppelleistungen zu verhindern. Flößen dem Hilfeempfänger während des Bezugs von Sozialhilfeleistungen zweckentsprechende Leistungen eines anderen Sozialleistungsträgers zu, müsse der Sozialhilfeträger die Möglichkeit haben, seine "Vorleistung" in Höhe der vorrangig zu gewährenden Leistung zurückzufordern. Laufender monatlicher Zufluss der zweckentsprechenden Sozialleistung sei in diesem Sinne wie Einkommen zu behandeln. Würden Leistungen der Pflegeversicherung rückwirkend bewilligt, müsse der Sozialhilfeträger die Möglichkeit haben, den ursprünglichen Bescheid auch rückwirkend ab dem Zeitpunkt der laufenden monatlichen Zahlung der vorrangigen Leistung aufzuheben. Im Übrigen werde die Rechtsauffassung des Sozialgerichts geteilt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. August 2015 abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen und
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. August 2015 abzuändern, den Bescheid des Beklagten vom 6. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2014 für die Zeit ab 1. Januar 2013 aufzuheben, sowie
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Teilaufhebung des Bescheides für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Mai 2013 schließe sich die Klägerin den Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil an. Eine entsprechende Anwendung des § 48 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X scheide aus. Der Wortlaut dieser Norm sei eindeutig und beschränke die Möglichkeit einer rückwirkenden Aufhebung auf die Erzielung von Einkommen oder das Vorhandensein von Vermögen. Dem stehe auch der Rechtsgedanke des § 107 SGB X nicht entgegen. Diese Regelung sei im Verhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin nicht anwendbar.
Ansonsten sei der Rechtsauffassung des Sozialgerichts jedoch nicht zu folgen. Zwischen dem LK 38 und dem Wohngruppenzuschlag bestehe keine Zweckidentität. Der Gesetzgeber sei von Anfang an davon ausgegangen, dass der Wohngruppenzuschlag eine gegenüber den Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII andere, "zusätzliche" Leistung darstelle. Denn anderenfalls hätte er eine Ungleichbehandlung zwischen grundsicherungs-bedürftigen Pflegebedürftigen und solchen, die einer Grundsicherung nicht bedürfen, geschaffen. Der Gesetzgeber habe nicht gewollt haben können, dass grundsicherungsbedürftige Pflegebedürftige den Wohngruppenzuschlag letztlich für Pflegeleistungen aufbringen müssten, weil dieser ihnen von Leistung der Hilfe zur Pflege abgezogen werde, während er den nicht grund-sicherungsbedürftigen Pflegebedürftigen aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen ausgezahlt werden müsse. Die Ablehnung eines dem § 13 Abs. 3a SGB XI entsprechenden Paragraphen stehe dem nicht entgegen. Der Bundesgesetzgeber habe die Schaffung eines solchen Paragraphen offensichtlich nicht für erforderlich gehalten. Anders könne die Neufassung des § 38a SGB XI, wonach der Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag die Beauftragung einer Person "unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung" zur Voraussetzung habe, nicht erklärt werden.
Die Beigeladenen haben sich zum streitgegenständlichen Zeitraum nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Sowohl die Berufung der Klägerin als auch die Berufung des Beklagten sind zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht Berlin hat zu Recht die angefochtenen Bescheide teilweise aufgehoben soweit die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Mai (gemeint war: 31. Mai) 2013 betroffen ist. Insoweit ist der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klageabweisung im Übrigen erfolgte ebenfalls zu Recht. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind – soweit sie das SG nicht aufgehoben hat - rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Streitgegenstand ist der Aufhebungs- und Änderungsbescheid vom 6. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2014. Mit diesem hat der Beklagte die der Klägerin ursprünglich mit Bescheid vom 7. Dezember 2012 bewilligten Leistungen der Hilfe zur Pflege für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 30. September 2013 teilweise aufgehoben. Nur dieser Zeitraum ist vorliegend streitgegenständlich.
Hiergegen richtet sich die Klägerin zulässigerweise mit der isolierten Anfechtungsklage, § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese ist jedoch unbegründet soweit der Zeitraum vom 1. Juni bis 30. September 2013 betroffen ist. Der Aufhebungs- und Änderungsbescheid vom 6. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2014 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 7. Dezember 2012 § 48 Absatz 1 Satz 1 SGB X ist. Hiernach ist, soweit den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Der Beklagte hat danach zu Recht mit Änderungsbescheid vom 6. Mai 2013 die Leistungsbewilligung mit Wirkung vom 1. Juni 2013 bis 30. September 2013 teilweise aufgehoben und abgeändert. Mit der Gewährung des Wohngruppenzuschlags ist in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen der Klägerin eine wesentliche Änderung eingetreten. Ihr Bedarf ist bereits teilweise durch die Pflegesachleistungen und den Wohngruppenzuschlag anderweitig gedeckt. Der Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB Xl ist eine zweckentsprechende Leistung nach anderen Rechtsvorschiften gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB XII. Er ist für die der Klägerin bewilligte Hauspflege einzusetzen (dazu unter 1.). Soweit der Beklagte die Änderung mit Bescheid vom 6. Mai 2013 bereits ab dem 1. Januar 2013 und somit mit Wirkung für die Vergangenheit verfügt hat, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (dazu unter 2.).
1. Zutreffend hat das Sozialgericht Berlin entschieden, dass die von dem Beklagten im vorliegenden Fall gewährte Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII nach den LK 19 und 38 auch die mit dem Wohngruppenzuschlag abzusichernden Bedarfe umfasst. Bei diesen Bedarfen handelt es sich um Hilfe zur Pflege und nicht um Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII.
Soweit ein Sozialhilfebedarf — wie hier — an Leistungen der Hilfen zur Pflege besteht, sind jedoch Pflegeversicherungsleistungen vorrangig zu berücksichtigen und insoweit Sozialhilfeleistungen nicht zu erbringen. Der der Klägerin gewährte Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI ist eine zweckentsprechende Leistung nach anderen Rechtsvorschriften im Sinne des § 66 Abs. 4 Satz I SGB XII, die sie für die bewilligte Hauspflege für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. September 2013 einzusetzen hat. Zwischen dem Wohngruppenzuschlag und den ergänzenden Leistungen der Hilfen zur Pflege in Form der Berliner Tagespauschale für Demenz WGen (LK 19 und 38) besteht Deckungsgleichheit.
§ 38a SGB XI ist durch Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG) vom 23. 10. 2012 (BGBl. I S. 2246) m.W.v. 30. 10. 2012 eingefügt und durch Art. 8 des Ersten Pflegestärkungsgesetzes (PSG I) vom 17. 12. 2014 (BGBl. I S. 2222) m. W. v. 1. 1. 2015 neu gefasst worden.
Nach der Regelung in der Fassung des PNG sah § 38a Abs. 1 SGB XI bis 31. Dezember 2014 einen pauschalen monatlichen Zuschlag in Höhe von 200 Euro für Pflegebedürftige dann vor, wenn der Pflegebedürftige regelmäßig mit mindestens zwei anderen Pflegebedürftigen in einer gemeinsamen Wohnung mit (ambulanter) häuslicher pflegerischer Versorgung lebte, die Wohngruppe gerade den Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung verfolgte, alle pflegebedürftigen Mitbewohner Leistungen nach §§ 36, 37 oder 38 SGB XI bezogen, in der ambulant betreuten Wohngruppe eine Pflegekraft tätig war, die organisatorische, verwaltende oder pflegerische Tätigkeiten verrichtete und dem gemeinschaftlichen Wohnen mit der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung die jeweils maßgeblichen heimrechtlichen Vorschriften oder ihre Anforderungen an Leistungserbringer nicht entgegenstanden.
Nach der – vorliegend nicht entscheidungserheblichen - Neufassung ab 1. Januar 2015 haben Pflegebedürftige Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 205 Euro monatlich, wenn 1. sie mit mindestens zwei und höchstens neun weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig im Sinne der §§ 14, 15 sind oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz nach § 45a bei ihnen festgestellt wurde, 2.sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, 45b oder 123 beziehen, 3. eine Person von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder hauswirtschaftliche Unterstützung zu leisten, und 4. keine Versorgungsform vorliegt, in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Absatz 1 für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten in der Wohngruppe nicht erbracht wird, sondern die Versorgung auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfelds sichergestellt werden kann.
Mit der Einführung der Vorschrift des § 38 a SGB XI wurde das Ziel verfolgt, durch eine unbürokratische, pauschale Übernahme von Kosten, die bei einer Versorgung mehrerer Pflegebedürftiger in einer Hausgemeinschaft entstehen, die häusliche Pflege zu stärken und Anreize zu geben, eine stationäre Versorgung zu vermeiden. Die Pflegeversicherung erhielt mit dem Wohngruppenzuschlag eine Leistung, welche über die bisherige Bedarfsabsicherung, die sich allein an pflegerischen und betreuenden Aspekten orientierte, hinausgeht. Dem Anspruchsberechtigten auf Wohngruppenzuschlag bleibt es sogar belassen, den pauschalen Betrag allein für organisatorische/verwaltende Tätigkeiten einer Präsenzkraft zu verwenden. Somit sollte die Eigenverantwortlichkeit und vor allem die besondere Wohnform gestärkt werden. Im Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung wurde somit erstmalig ein neuer, sich von den Begriffen der Pflegebedürftigkeit unterscheidender Bedarf beschrieben und in pauschaler Form monetarisiert. Dieser berücksichtigt, dass in Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige besondere Aufwendungen entstehen (BT-Drucks. 17/9369, S. 40 f.). Zugleich kreiert die Vorschrift die ambulant betreute Wohngruppe als neuen Wohntyp für leistungsberechtigte Pflegebedürftige (Reimer in: Hauck/Noftz, SGB, 03/15, § 38a SGB XI, Rn. 1)
Im Bereich des SGB XII wurde damit jedoch kein neuer Bedarf definiert, welcher nicht bereits über Leistungen der §§ 61 ff. SGB XII finanziert werden kann. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff des SGB XI ist nicht identisch mit dem des SGB XII, denn ersterer erfährt durch § 61 Abs. 1 S. 2 SGB XII eine erhebliche Erweiterung. Diese betrifft zum einen die Dauer der Pflegebedürftigkeit (weniger als sechs Monate), den Bedarf (geringerer Pflegebedarf als den nach Pflegestufe 1) und – vorliegend maßgebend einschlägig – die Bedarfssicherung über die in § 61 Abs. 5 SGB XII genannten Verrichtungen hinaus. Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber eine Reduzierung der Hilfe zur Pflege auf die nach dem SGB XI maßgeblichen Verrichtungen verhindern. Die größtmögliche Offenheit sollte es dem Sozialhilfeträger ermöglichen, auf höchst unterschiedliche Bedarfssituationen flexibel zu reagieren. Die Vorschrift ist Ausdruck des im SGB XII herrschenden Bedarfsdeckungsprinzips und erlaubt grundsätzlich alle Hilfestellungen für die Bewältigung eines menschlichen Lebensalltags (Meßling in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage, § 61 Rz. 85 f.). Dass der Gesetzgeber eine Leistung zu Lasten der Pflegeversicherung (Geldleistung in Höhe von 200,00 Euro monatlich bei Beschäftigung einer Präsenzkraft) schafft, besagt nichts darüber, ob der damit zu deckende Bedarf im konkreten Einzelfall bereits vorher bestanden hat und anderweitig gedeckt wurde, während er im Rahmen der Leistungen der Pflegeversicherung bisher keine Grundlage für eine Vergütung hatte.
Jedenfalls im Land Berlin war im Bereich des SGB XII die Absicherung der Bedarfe, welche im Bereich des SGB XI durch Einführung des Wohngruppenzuschlags pauschal zusammengefasst wurden, bereits durch die Erbringung der Leistungen mit Leistungskomplex 19 und 38 gewährleistet.
Um die ambulant betreute Wohnform der Wohngemeinschaft mit überwiegend an Demenz erkrankten Menschen zu fördern und die Leistungserbringung an die besonderen Erfordernisse dieser Wohnform anzupassen, erfolgte in B durch Vereinbarung zwischen dem Träger der Sozialhilfe, den Pflegekassen und Pflegekassenverbänden in Berlin und der Vereinigung der Träger der ambulanten Pflegeeinrichtungen die Umstellung der Versorgung und Betreuung von an Demenz erkrankten Menschen in Wohngemeinschaften auf Tagespauschalen (vergleiche Rundschreiben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales I Nr. 20/2005 über Tagespauschalen für Wohngemeinschaften mit an Demenz erkrankten Menschen, https://www.berlin.de/sen/soziales/berliner-sozialrecht/land/sonstige/2014 02 24.html). Die ansonsten gängige Praxis der Zusammenstellung der auszuübenden pflegerischen Leistungen anhand von einzelnen Leistungskomplexen wurde für die Personengruppe ab Pflegestufe II aufgehoben. Seit dem 1. Januar 2005 gilt für diese Art der Wohngemeinschaften eine besondere Regelung, indem allein Leistungen nach den Leistungskomplexen 19 und 38 gewährt werden.
Der Leistungskomplex 19 umfasst die gesamte Versorgung und Betreuung (Körperpflege, Ernährung, Immobilität und hauswirtschaftliche Versorgung), die ansonsten in den einzelnen Leistungskomplexen 1 - 16 enthalten sind, für 24 Stunden, was eine individuelle Tagesform abhängige Ausgestaltung erlaubt. Demnach enthält der Leistungskomplex 19 alle Maßnahmen, die sich hinter den einzelnen Leistungskomplexen verbergen, insbesondere auch die, welche die Hilfen für andere Verrichtungen nach § 61 Absatz 1 Satz 2 SGB XII widerspiegeln. Durch den so genannten zweiseitigen Vertrag zwischen dem Träger der Sozialhilfe und den Verbänden der Träger von ambulanten Pflegeeinrichtungen erfolgte ferner eine zusätzliche Vereinbarung über die Erbringung von Haushilfe und Hauspflege, welche über die Leistungen der Pflegeversicherung hinausgeht (vgl. Rundschreiben I Nr. 04/2005 über ambulante Versorgung Hilfe- und Pflegebedürftiger, http://berlin.de/sen/soziales/ berliner-sozialrecht/r/2005 04.html). Nach den Handlungsanweisungen der Senatsverwaltung für Gesundheit war beispielsweise der Leistungskomplex 9 (Begleitung außer Haus) der Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI, sofern im Einzelfall erforderlich, zusätzlich für Maßnahmen zu bewilligen wie Mobilisierung durch Spaziergänge, Ermöglichung der Teilhabe am kulturellen Leben (z.B. durch Kirchgang, Theaterbesuch), Begleitung beim Einkauf von Mobiliar, Kleidung, Haushaltsgegenständen.
Der Leistungskomplex 11b (Reinigen der Wohnung) war, sofern im Einzelfall erforderlich, zusätzlich zu bewilligen insbesondere bei Maßnahmen wie Reinigung von Räumen außerhalb des üblichen Lebensbereiches, Weiterversorgung des Haushaltes bei Abwesenheit des Pflegebedürftigen, Treppenhausreinigung, Gehwegreinigung, Grundreinigung bzw. Entrümpelung der Wohnung, Hilfe bei der Haushaltsauflösung (nicht im Todesfall), notwendiges Umstellen von Mobiliar, kleineren handwerklichen Handreichungen, Reinigungstätigkeiten im Rahmen der Haustierversorgung.
Der Leistungskomplex 13 (Einkaufen) war zusätzlich zu bewilligen bei Beschaffung von Mobiliar, Kleidung, Haushaltsgeräten, zusätzlichen Einkäufen zur Beschaffung von Nahrung/Verbrauchsmaterial für Haustiere, für Bank- und Behördenangelegenheiten, sowie die Beschaffung und Einlösung von Rezepten.
Die Leistungskomplexe 9, 11b, 12 und 13 konnten in der Häufigkeit angewendet werden, die der Erforderlichkeit im Einzelfall entspricht (vgl. Http:// berlin.de/imperia/md/content/sensoziales/berlinersozialrecht/2005 04 anlage6.pdf).
Soweit die organisatorischen, verwaltenden und pflegenden Tätigkeiten, die für die Aufrechterhaltung der Wohnform WG unabdingbar sind, hierin noch nicht enthalten sind, erfolgte eine Ergänzung durch den Leistungskomplex 38.
Dieser wird in der Anlage 1b zum Rundschreiben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales I Nr. 20/2005 (https://www.berlin.de/sen/soziales/berliner-sozialrecht/land/rdschr /2005 20 anlage1b.html) wie folgt beschrieben:
"Leistungskomplex 38:
1. In Wohngemeinschaften im Sinne dieser Vereinbarung leben mehrere Demenzkranke zusammen, bei denen die Versorgung in der angestammten Häuslichkeit nicht mehr ausreicht und deshalb die ständige Präsens von Betreuungspersonal erforderlich ist.
Leistungsberechtigte Personen sind Demenzkranke, für die eine Einstufung mindestens nach Stufe 2 entsprechend § 15 Abs. 1 SGB XI sowie die Zuordnung durch den MDK zum Personenkreis nach § 45a SGB XI vorliegt.
Entsprechend § 28 Abs. 4 SGB XI soll die Pflege auch die Aktivierung des Pflegebedürftigen zum Ziel haben, um vorhandenen Fähigkeiten zu erhalten und, soweit dies möglich ist, verlorene Fähigkeiten zurück zu gewinnen. Um der Gefahr einer Vereinsamung des Pflegedürftigen entgegenzuwirken, sollen bei der Leistungserbringung auch die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen nach Kommunikation berücksichtigt werden.
Der besondere Versorgungs- und Betreuungsbedarf von an Demenz erkrankten Menschen umfasst neben dem Hilfebedarf in der Grundpflege insbesondere Aktivierung und Anleitung sowie die notwendige Beaufsichtigung bei der eigenständigen Verrichtung der grundlegenden Lebensaktivitäten. Das Konzept der Tagesstrukturierung gibt einen Rahmen vor, mit dem individuell die erforderliche Anleitung, Begleitung und Beaufsichtigung bei den Verrichtungen des täglichen Lebens sowie Hilfestellung bei der Bewältigung des Alltags und die Anleitung zur sinnvollen Tagesgestaltung sichergestellt und die Selbstständigkeit erhalten und gestärkt sowie Eigen- und Fremdgefährdung ausgeschlossen werden können.
2. Die Gesamtversorgung des Personenkreises erfolgt auf Basis der Leistungskomplexe 19 und 38. Die Pflege und Versorgung ist entsprechend biographieorientierter Konzepte zu organisieren.
Der Bedarf an Grundpflege inklusive der Beaufsichtigung und Anleitung sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung, der sich aus den Verrichtungen nach § 14, Abs. 4 SGB XI ergibt (Leistungskomplexe 1-17 des Vertrags nach § 89 SGB XI) wird durch den dreiseitig vereinbarten Leistungskomplex 19 in Gänze abgedeckt.
Der Leistungskomplex 38 beinhaltet alle Einzelleistungen, die darüber hinaus zur angemessenen Versorgung des Personenkreises im Rahmen der zweiseitigen Vereinbarung erforderlich sind. Eine parallele Bewilligung der LK 31-35 und 37 ist ausgeschlossen".
Die mit dem LK 38 zu erbringenden Einzelleistungen sind somit nicht näher definiert, sondern ergeben sich aus der speziellen Wohnform der Wohngruppe und dem speziellen Bedarf ihrer an Demenz erkrankten pflegebedürftigen Bewohner. Mit der Einführung des LK 38 ist im Land Berlin die Einrichtung und der Fortbestand der Betreuung von pflegebedürftigen Personen in Wohngruppenform gefördert worden, was in der Pflegeversicherung erst mit dem PNG und der Einführung des Wohngruppenzuschlags unternommen wurde. Die Leistungen nach § 38 a SGB XI und die Leistung nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII i.V.m. den Leistungskomplexen 19 und 38 sind zweckidentisch, gerichtet auf den Erhalt und die Erstattung von Aufwendungen, die notwendigerweise aus der Organisationsform der Wohngemeinschaft für pflegebedürftige und an Demenz erkrankte Personen entstehen.
Die Rechtsauffassung, dass die sich aus der besonderen Wohnform der Wohngemeinschaft ergebenden besonderen Bedarfe nur das gemeinschaftliche Leben Behinderter beträfen, nicht aber deren individuelle pflegerische Versorgung, und es sich daher um Leistungen der Eingliederungshilfe handele, ist unzutreffend. Es handelt sich vielmehr um Aufwendungen der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung und damit um Hilfe zur Pflege. Diese Auffassung stützen unter anderem auch die Ausführungen des Bundessozialgerichts in der Pressemitteilung vom 19. Februar 2016. In der Mitteilung des 3. Senats des BSG über seine Sitzung vom 18. Februar 2016 im Verfahren - B 3 P 5/14 R - heißt es, der Wohngruppenzuschlag bezwecke nicht die Aufstockung der Leistungen der häuslichen Pflege, sondern diene der Entwicklung und Stärkung neuer Wohn- und Betreuungsformen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Voraussetzung sei daher, dass die Wohngruppe zusätzliche Strukturen aufweise, die über die pflegerische Versorgung der Bewohner im eigenen häuslichen Wohnbereich hinausgingen. "In diesen zusätzlichen strukturellen Merkmalen manifestiert sich regelmäßig auch nach außen hin, dass das gemeinsame Wohnen vom Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung getragen ist". Eine solche Wohnsituation habe bei der dortigen Klägerin nicht vorgelegen. Das BSG sieht demnach die besonderen Aufwendungen, die der Wohngruppenzuschlag abdecken soll, als Aufwendungen der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung an.
Im Übrigen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die umfangreichen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug, denen er in vollem Umfang folgt (§ 153 Abs. 2 SGG).
2. Soweit das Sozialgericht Berlin den angefochtenen Bescheid für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Mai 2013 aufgehoben hat, erging die Entscheidung jedenfalls im Ergebnis zu Recht und war die Berufung des Beklagten abzuweisen.
Eine Rücknahmeentscheidung des Beklagten für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Mai 2013 gegenüber der Klägerin war durch die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X ausgeschlossen.
Soweit ein Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. SGB X besteht, gilt nach § 107 Abs. 1 SGB X der Anspruch des hinsichtlich der Sozialleistung Berechtigten – hier die Klägerin - gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger - also den Erstattungsverpflichteten - als erfüllt. Soweit die Erfüllungsfiktion reicht, schließt sie eine Aufhebung bzw. Rücknahme der Leistungsbewilligung durch den Leistungsträger, der den Erstattungsanspruch hat, nach den §§ 44 ff. SGB X und einen Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X aus (BSG, Urteil vom 22. Juni 2010 – B 1 KR 21/09 R –, BSGE 106, 206ff. juris).
Die Voraussetzungen des § 107 SGB X sind hier hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Mai 2013 gegeben. Dem Beklagten stand gegen die beigeladene Pflegekasse ein Erstattungsanspruch entsprechend § 104 Abs. 1 SGB X zu. Die Beigeladene zu 2) hatte zum Zeitpunkt ihrer Leistung - Auszahlung des Wohngruppenzuschlags an die Klägerin aufgrund der Bewilligung vom 23. Januar 2013 für die Monate Januar bis Mai 2013 - Kenntnis von der Leistung des Beklagten an die Klägerin. Dies ergibt sich aus der Eingangsbestätigung der Beigeladenen zu 2) vom 21. Januar 2013, mit der diese den Zugang der Anmeldung eines Erstattungsanspruchs des Beklagten vom 16. Januar 2013 (Blatt 584 des Verwaltungsvorgangs) bestätigt. Diese Kenntnis der Gewährung von Leistungen im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII ermöglichte es der Beigeladenen zu 2), dem Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Wohngruppenzuschlags die Erfüllungswirkung des § 107 Abs. 1 SGB X entgegenzuhalten und damit die Leistung ihr gegenüber zu verweigern sowie den Erstattungsanspruch des Beklagten in entsprechender Höhe zu befriedigen. Zweck der gesetzlichen Regelung der Erstattungsansprüche der Leistungsträger ist es, eine einfache, sachgerechte Regelung der Erstattungsansprüche und ihres Verhältnisses untereinander zu treffen, wenn anstelle des letztlich verpflichteten Leistungsträges ein anderer Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat. Zugleich sollen Doppelleistungen vermieden werden. In der Sache geht es um eigenständige Ausgleichsansprüche zwischen Leistungsträgern untereinander, die komplizierte Rückabwicklungen unter Einbeziehung der Leistungsberechtigten entbehrlich machen. § 107 SGB X spiegelt den notwendigen Ausgleich im gegliederten Sozialsystem zwischen verschiedenen Leistungsträgern wieder und vermeidet es, in den geregelten Erstattungskonstellationen jeweils zwischen Berechtigtem und dem Leistungsträger, der tatsächlich zunächst geleistet hat, eine Rückabwicklung vorzunehmen, wenn letztlich ein anderer Leistungsträger verpflichtet ist, eine entsprechende Sozialleistung zeitgleich zu erbringen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2010, B 1 KR 21/09 R). Die Erfüllungsfiktion tritt unabhängig davon ein, ob der Erstattungsanspruch vom berechtigten Träger geltend gemacht wird. Es besteht damit kein Wahlrecht des erstattungsberechtigten Trägers, auf einen Erstattungsanspruch und damit auf die Erfüllungsfiktion zu verzichten und sich stattdessen nach den §§ 45, 48, 50 SGB X an den Versicherten zu halten. Einer Rücknahme oder Aufhebung nach §§ 45 bzw. 48 SGB X steht die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X schlechthin entgegen. Die Erfüllungsfiktion verleiht dem Sozialleistungsempfänger somit einen Rechtsgrund, die Leistung zu behalten (BSG, Urteil vom 26. September 1991 - 4/1 RA 33/90 – juris; BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1993 - 5 C 10/91 -, juris; Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 107 Rn. 28).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 1 und 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
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