Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 307/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 406/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf eine operative Fettschürzenresektion im Bauchbereich (Bauchdeckenplastik) zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Im Mai 2015 wog die 0000 geborene Klägerin 99 kg bei einer Größe von 172 cm. Dies entspricht einem BMI (Body-Mass-Index) von 38,3. Sie hatte zuvor 50 kg abgenommen. Durch die Gewichtsreduktion war es zu einem generalisierten Hautüberschuss mit herabhängender Haut an Armen und vor allem am Bauch gekommen. Dadurch bedingt traten Intertriginalekzemen im Bereich der Haut-Umschlagfalten auf (Bericht Facharztes für Plastische Chirurgie Dr. I. vom 08.05.2015).
Am 15.05.2015 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten für eine operative Fettschürzenresektion. Sie legte hierzu den Bericht des Dr. I. vom 08.05.2015 vor, in dem dieser eine "eindeutige medizinische Indikation zu einer Fettschürzenresektion mit angleichender Liposuktion zur Wiederherstellung des Körperbildes" sah. Die Klägerin trug ergänzend vor, sie könne keine normalen Konfektionsgrößen mehr tragen, traue sich nicht mehr in Badesachen in die Öffentlichkeit und fühle sich dadurch stark eingeschränkt. Sie legte eine Fotodokumentation vor, die ihren Baubereich zeigt.
In einem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) vom 05.06.2015 stellte Frau Dr. O. nach Untersuchung der Klägerin fest, es bestehe keine zwingende Indikation zu einer Bauchdeckenplastik, da aktuell keine Ekzembildung bestehe sowie keine funktionelle Beeinträchtigung in der Beweglichkeit. Die beantragte Bauchdeckenplastik zu Lasten der GKV könne nicht empfohlen werden.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag durch Bescheid vom 17.06.2015 ab.
Dagegen erhob die Klägerin am 01.07.2015 Widerspruch. Sie verwies auf die Stellungnahme des Chirurgen Dr. I. und legte eine Bescheinigung des Allgemeinmediziners Dr. J. vom 24.06.2015 vor. In diesem heißt es, dass es in Vergangenheit mehrfach zu Hautpilzbesiedelungen gekommen sei, die die Klägerin mit rezeptfreien Selbstbehandlungen kontrolliert habe; nur durch intensive Pflege- und Schutzmaßnahmen sei die Haut aktuell in einem reizfreien Zustand, doch sollte die ursächliche Befundsanierung angestrebt werden. Die Klägerin erklärte, nur durch intensivste Pflege (Zinkpräparate, Goldnerzcreme, Puder, stetiges Trockentupfen) sei es möglich, die Ekzeme einzudämmen.
Nach Einholung einer weiteren SMD-Stellungnahme von Dr. O. wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 18.09.2015 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 13.10.2015 Klage erhoben. Sie trägt ergänzend vor, dass in ihrem Fall die Entstellung den Begriff der Krankheit erfülle, da diese auf Dritte abstoßend wirke. Die Möglichkeit, ein öffentliches Freibad aufzusuchen, sei ihr genommen, da sie von anderen Menschen schlicht "angegafft" werde, als käme sie von einem anderen Planeten. Auch unterhalte ihr Ehemann seit der Entstellung keine weiteren Kontakte zu ihr als die, die in einer x-beliebigen Wohngemeinschaft bestünden; mit einer Ehe im üblichen Sinne habe dies nichts mehr zu tun.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2015 zu verurteilen, ihr eine Bauchdeckenplastik/Fettschürzenresektion zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung und stützt sich hierzu auf eine weitere SMD-Stellungnahme vom 25.01.2016.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine operative Bauchdeckenplastik/Fettschürzenresektion zu Lasten der GKV.
Gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung setzt also eine "Krankheit" voraus. Damit wird in der Rechtsprechung ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand umschrieben, der ärztlicher Behandlung be¬darf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R = BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 3 m.w.N.). Krankheitswert im Rechts¬sinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (BSG, Urteil vom 28.02.2008 - B 1 KR 19/07 R = SozR 4-2500 § 27 Nr. 14 m.w.N.).
Es besteht keine krankheitswertige Adipositas, der durch eine Ganzkörperstraffung begegnet werten könnte und müsste. Der bei der Klägerin infolge der Reduzierung des Körpergewichts um 50 kg entstandene Hautlappenüberschuss vor allem im Bereich des Bauches im Sinne einer sogenannter "Fettschürze" kann schon deshalb nicht als behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil damit keine körperliche Fehlfunktion verbunden ist (vgl. hierzu Urteile der Kammer vom 08.09.2009 - S 13 KR 85/09 – und vom 03.08.2010 – S 13 KR 162/09 - , LSG NRW Urteil vom 08.05.2008 - L 5 KR 91/07 -; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.11.2006 - L 4 KR 60/04 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.01.2006 - L 5 KR 65/05 -; Sächsisches LSG, Urteil vom 23.03.2005 - L 1 KR 24/04 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2004 - L 11 KR 896/94 -).
Eine Regelwidrigkeit und damit eine Krankheit ließe sich allenfalls in Bezug auf Hautveränderungen (Ekzem/Pilzbildung) begründen, sofern diese durch überhängende Hautfalten hervorgerufen würden, wie die Klägerin und ihre Ärzte dies angesprochen haben. Solche Hautveränderungen führen jedoch nicht dazu, dass der beantragte operative Eingriff vorgenommen werden müsste; denn sie sind dermatologisch behandelbar. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass gegebenenfalls auftretende dermatologisch durch intensive Pflege, Cremes, Puder und entsprechende Hygiene behandelt werden können. Es ist weder dargelegt noch aus den Arztberichten ersichtlich, dass bei ihr eine therapieresistente Hauterkrankung durch die Hautfalten vorliegt.
Soweit die Klägerin eine psychische Belastung durch die erschlaffte Haut ("kann keine normalen Konfektionsgrößen mehr tragen und traue mich nicht mehr, mich in Badesachen in der Öffentlichkeit zu zeigen und fühle mich dadurch stark eingeschränkt"; "von anderen Menschen schlicht angegafft"; eingeschränkte Kontakte seitens des Ehemannes) geltend macht, vermag dies eine operative Bauchdeckenplastik ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Denn nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteile vom 19.10.2004 und 28.02.2008, a.a.O.) ist derartigen Belastungen nicht mit chirurgischen Eingriffen in eine an sich gesunde Körpersubstanz, sondern mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu begegnen (ebenso in Bezug auf eine Bauchdeckenplastik: LSG NRW, Urteil vom 08.05.2008 - L 5 KR 91/07; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.01.2006 - L 5 KR 65/05; Sächsisches LSG, Urteil vom 23.03.2005 - L 1 KR 24/04 und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2004 - L 11 KR 896/04; speziell in Bezug auf eine Bodylift-(Hautstraffungs-)Operation: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.11.2006 - L 4 KR 60/04; vgl. auch die Urteile der Kammer vom 08.09.2009 – S 13 KR 85/09, vom 03.08.2010 – S 13 KR 162/09 und vom 18.12.2012 – S 13 KR 103/12)).
Die Leistungspflicht der Beklagten lässt sich im Hinblick auf die Hautlappenüberschüsse auch nicht damit begründen, dass die Klägerin wegen einer äußerlichen Entstellung als behandlungsbedürftig anzusehen und die begehrte Fettschürzenresektion durchzuführen wären. Die Kammer konnte sich aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Fotodokumentation davon überzeugen, dass die überschüssige Haut in keinem Bereich des Körpers entstellend ist. Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anormalität. Vielmehr - so das BSG (Urteil vom 28.02.2008, a.a.O.) - "muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist ... Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein: Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines sechsten Fingers an einer Hand. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt". Nach diesen Maßstäben sind nach Überzeugung der Kammer die Hautlappenüberschüsse der Klägerin im Bereich des Bauches nicht entstellend. Die Haut hängt zwar vielfach schlaff herunter und Hautfalten bildet Schürzen; diese Erscheinungen können jedoch durch weite Kleidung bedeckt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf eine operative Fettschürzenresektion im Bauchbereich (Bauchdeckenplastik) zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Im Mai 2015 wog die 0000 geborene Klägerin 99 kg bei einer Größe von 172 cm. Dies entspricht einem BMI (Body-Mass-Index) von 38,3. Sie hatte zuvor 50 kg abgenommen. Durch die Gewichtsreduktion war es zu einem generalisierten Hautüberschuss mit herabhängender Haut an Armen und vor allem am Bauch gekommen. Dadurch bedingt traten Intertriginalekzemen im Bereich der Haut-Umschlagfalten auf (Bericht Facharztes für Plastische Chirurgie Dr. I. vom 08.05.2015).
Am 15.05.2015 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten für eine operative Fettschürzenresektion. Sie legte hierzu den Bericht des Dr. I. vom 08.05.2015 vor, in dem dieser eine "eindeutige medizinische Indikation zu einer Fettschürzenresektion mit angleichender Liposuktion zur Wiederherstellung des Körperbildes" sah. Die Klägerin trug ergänzend vor, sie könne keine normalen Konfektionsgrößen mehr tragen, traue sich nicht mehr in Badesachen in die Öffentlichkeit und fühle sich dadurch stark eingeschränkt. Sie legte eine Fotodokumentation vor, die ihren Baubereich zeigt.
In einem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) vom 05.06.2015 stellte Frau Dr. O. nach Untersuchung der Klägerin fest, es bestehe keine zwingende Indikation zu einer Bauchdeckenplastik, da aktuell keine Ekzembildung bestehe sowie keine funktionelle Beeinträchtigung in der Beweglichkeit. Die beantragte Bauchdeckenplastik zu Lasten der GKV könne nicht empfohlen werden.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag durch Bescheid vom 17.06.2015 ab.
Dagegen erhob die Klägerin am 01.07.2015 Widerspruch. Sie verwies auf die Stellungnahme des Chirurgen Dr. I. und legte eine Bescheinigung des Allgemeinmediziners Dr. J. vom 24.06.2015 vor. In diesem heißt es, dass es in Vergangenheit mehrfach zu Hautpilzbesiedelungen gekommen sei, die die Klägerin mit rezeptfreien Selbstbehandlungen kontrolliert habe; nur durch intensive Pflege- und Schutzmaßnahmen sei die Haut aktuell in einem reizfreien Zustand, doch sollte die ursächliche Befundsanierung angestrebt werden. Die Klägerin erklärte, nur durch intensivste Pflege (Zinkpräparate, Goldnerzcreme, Puder, stetiges Trockentupfen) sei es möglich, die Ekzeme einzudämmen.
Nach Einholung einer weiteren SMD-Stellungnahme von Dr. O. wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 18.09.2015 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 13.10.2015 Klage erhoben. Sie trägt ergänzend vor, dass in ihrem Fall die Entstellung den Begriff der Krankheit erfülle, da diese auf Dritte abstoßend wirke. Die Möglichkeit, ein öffentliches Freibad aufzusuchen, sei ihr genommen, da sie von anderen Menschen schlicht "angegafft" werde, als käme sie von einem anderen Planeten. Auch unterhalte ihr Ehemann seit der Entstellung keine weiteren Kontakte zu ihr als die, die in einer x-beliebigen Wohngemeinschaft bestünden; mit einer Ehe im üblichen Sinne habe dies nichts mehr zu tun.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2015 zu verurteilen, ihr eine Bauchdeckenplastik/Fettschürzenresektion zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung und stützt sich hierzu auf eine weitere SMD-Stellungnahme vom 25.01.2016.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine operative Bauchdeckenplastik/Fettschürzenresektion zu Lasten der GKV.
Gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung setzt also eine "Krankheit" voraus. Damit wird in der Rechtsprechung ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand umschrieben, der ärztlicher Behandlung be¬darf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R = BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 3 m.w.N.). Krankheitswert im Rechts¬sinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (BSG, Urteil vom 28.02.2008 - B 1 KR 19/07 R = SozR 4-2500 § 27 Nr. 14 m.w.N.).
Es besteht keine krankheitswertige Adipositas, der durch eine Ganzkörperstraffung begegnet werten könnte und müsste. Der bei der Klägerin infolge der Reduzierung des Körpergewichts um 50 kg entstandene Hautlappenüberschuss vor allem im Bereich des Bauches im Sinne einer sogenannter "Fettschürze" kann schon deshalb nicht als behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil damit keine körperliche Fehlfunktion verbunden ist (vgl. hierzu Urteile der Kammer vom 08.09.2009 - S 13 KR 85/09 – und vom 03.08.2010 – S 13 KR 162/09 - , LSG NRW Urteil vom 08.05.2008 - L 5 KR 91/07 -; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.11.2006 - L 4 KR 60/04 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.01.2006 - L 5 KR 65/05 -; Sächsisches LSG, Urteil vom 23.03.2005 - L 1 KR 24/04 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2004 - L 11 KR 896/94 -).
Eine Regelwidrigkeit und damit eine Krankheit ließe sich allenfalls in Bezug auf Hautveränderungen (Ekzem/Pilzbildung) begründen, sofern diese durch überhängende Hautfalten hervorgerufen würden, wie die Klägerin und ihre Ärzte dies angesprochen haben. Solche Hautveränderungen führen jedoch nicht dazu, dass der beantragte operative Eingriff vorgenommen werden müsste; denn sie sind dermatologisch behandelbar. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass gegebenenfalls auftretende dermatologisch durch intensive Pflege, Cremes, Puder und entsprechende Hygiene behandelt werden können. Es ist weder dargelegt noch aus den Arztberichten ersichtlich, dass bei ihr eine therapieresistente Hauterkrankung durch die Hautfalten vorliegt.
Soweit die Klägerin eine psychische Belastung durch die erschlaffte Haut ("kann keine normalen Konfektionsgrößen mehr tragen und traue mich nicht mehr, mich in Badesachen in der Öffentlichkeit zu zeigen und fühle mich dadurch stark eingeschränkt"; "von anderen Menschen schlicht angegafft"; eingeschränkte Kontakte seitens des Ehemannes) geltend macht, vermag dies eine operative Bauchdeckenplastik ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Denn nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteile vom 19.10.2004 und 28.02.2008, a.a.O.) ist derartigen Belastungen nicht mit chirurgischen Eingriffen in eine an sich gesunde Körpersubstanz, sondern mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu begegnen (ebenso in Bezug auf eine Bauchdeckenplastik: LSG NRW, Urteil vom 08.05.2008 - L 5 KR 91/07; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.01.2006 - L 5 KR 65/05; Sächsisches LSG, Urteil vom 23.03.2005 - L 1 KR 24/04 und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2004 - L 11 KR 896/04; speziell in Bezug auf eine Bodylift-(Hautstraffungs-)Operation: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.11.2006 - L 4 KR 60/04; vgl. auch die Urteile der Kammer vom 08.09.2009 – S 13 KR 85/09, vom 03.08.2010 – S 13 KR 162/09 und vom 18.12.2012 – S 13 KR 103/12)).
Die Leistungspflicht der Beklagten lässt sich im Hinblick auf die Hautlappenüberschüsse auch nicht damit begründen, dass die Klägerin wegen einer äußerlichen Entstellung als behandlungsbedürftig anzusehen und die begehrte Fettschürzenresektion durchzuführen wären. Die Kammer konnte sich aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Fotodokumentation davon überzeugen, dass die überschüssige Haut in keinem Bereich des Körpers entstellend ist. Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anormalität. Vielmehr - so das BSG (Urteil vom 28.02.2008, a.a.O.) - "muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist ... Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein: Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines sechsten Fingers an einer Hand. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt". Nach diesen Maßstäben sind nach Überzeugung der Kammer die Hautlappenüberschüsse der Klägerin im Bereich des Bauches nicht entstellend. Die Haut hängt zwar vielfach schlaff herunter und Hautfalten bildet Schürzen; diese Erscheinungen können jedoch durch weite Kleidung bedeckt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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