L 9 AL 328/03 WA

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 40 AL 656/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 328/03 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Wiederaufnahmeklagen gegen die Urteile des Bayer.Landessozialgerichts vom 27. März 2003 werden abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Ferner hat der Senat folgenden Beschluss erlassen:
Die Anträge des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden abgelehnt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind die Wiederaufnahme der zwei Berufungsverfahren L 9 AL 175/01 und L 9 AL 283/01 sowie Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand streitig.

Gegenstand der Streitsache L 9 AL 175/01 war die Rechtmäßigkeit von Meldeaufforderungen und die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 03.12.1999 wegen Säumniszeiten, in der Streitsache L 9 AL 283/01 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 21.01.2000. Mit Urteilen vom 27.03.2003 hat der Senat die Berufungen des Klägers zurückgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der Urteile wird Bezug genommen.

Der Kläger war in beiden Streitsachen durch Rechtsanwalt S. vertreten. Die Urteile vom 27.03.2003 wurden dem Bevollmächtigten des Klägers am 23.05.2003 (Az.: L 9 AL 175/01) und am 26.05.2003 (Az.: L 9 AL 283/01) zugestellt.

Mit Schreiben vom 18.07.2003, beim Landessozialgericht am 22.07.2003 eingegangen, stellte der Kläger in beiden Streitsachen einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand "bezüglich der am 27.03.2003 beschlossenen Urteile". Mit Schreiben vom 22.07.2003, beim Landessozialgericht am 24.07.2003 eingegangen, zog er diese Anträge zurück, stellte aber erneut einen derartigen Antrag. Zur Begründung führte er aus: Er habe von dem Gerichtstermin am 27.03.2003 keine Kenntnis gehabt. Sein Prozessbevollmächtigter habe ihm (erst) kurz nach der Verhandlung eine Ablichtung der Terminsmitteilung zukommen lassen und erklärt, er sei versehentlich davon ausgegangen, dass er, der Kläger, ebenfalls gegen Empfangsbekenntnis eine Ladung erhalten habe. Ferner habe der Prozessbevollmächtigte behauptet, er habe ihn zumindest am 26.03.2003 telefonisch von dem Termin benachrichtigt. Sein Recht zur Beweisführung sei somit "ausgehebelt" worden. Die Urteile vom 27.03.2003 habe er erst am 15.07.2003 selbst bei Gericht in Empfang genommen.

Im Einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 18. und 22.07.2003 sowie auf die weiteren vom Kläger eingereichten Schreiben und Unterlagen Bezug genommen.

Nachdem die Schriftsätze des Klägers vorsorglich an das Bundessozialgericht (BSG) gesandt worden waren, teilte dieses mit, dass es sich nicht um Nichtzulassungsbeschwerden handle, sondern um beim Landessozialgericht gestellte Anträge.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,
die Urteile des Senats vom 27.03.2003 aufzuheben und entsprechend seinen Sachanträgen in den Verfahren L 9 AL 175/01 und L 9 AL 283/01 zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Anträge auf Wiedereinsetzung abzulehnen und die Wiederaufnahmeklagen abzuweisen.

Dem Senat haben bei seinen Entscheidungen die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.

Der Senat hat die Wiederaufnahmeklagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

Entscheidungsgründe:

1. Soweit die Anträge des Klägers als Wiederaufnahmeklagen auszulegen sind, haben diese keinen Erfolg.

Die Klagefrist von einem Monat (§ 586 Zivilprozessordnung - ZPO - i.V.m. § 179 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) hat der Kläger eingehalten. Die Frist beginnt mit dem Tag der Kenntnisnahme von dem Anfechtungsgrund, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Die Rechtskraft des Urteils ist in der Streitsache 175/01 mit dem 23.06.2003, in der Streitsache 283/01 mit dem 26.06.2003 eingetreten, dem Ablauf der jeweiligen Rechtsmittelfrist. Der Kläger hat die Anträge mit Schriftsatz vom 18.07.2003 zuerst am 22.07.2003 gestellt. Seine Erklärung in dem erst am 24.07.2003 eingegangenen weiteren Schriftsatz, dass er den Antrag aus dem Schriftsatz vom 18.07.2003 zurückziehe, ist nicht als Rücknahme im juristisch-technischen Sinn zu verstehen. Der Kläger wollte vielmehr nur seine Begründung erweitern oder zum Teil richtig stellen, wie sich aus dem Vergleich der beiden Schriftsätze ergibt.

Doch sind die Wiederaufnahmeklagen nicht begründet. Ein Anfechtungsgrund nach den §§ 579, 580 ZPO ist nicht ersichtlich.

Die Tatbestände einer Nichtigkeitsklage gemäß § 579 ZPO liegen nicht vor, insbesondere auch nicht ein Nichtigkeitsgrund nach Abs.1 Nr.4 der Vorschrift. Danach findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat. Dieser für das Vorbringen des Klägers am ehesten noch in Betracht kommende Anfechtungsgrund gilt aber nicht für Fälle, in denen, wie der Kläger hier behauptet, eine Partei von dem bevollmächtigten Rechtsanwalt nicht über den Termin zur mündlichen Verhandlung unterrichtet worden ist. Der Kläger war durch seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt im Verfahren vertreten. Es genügte, dass die Ladung zum Termin am 27.03.2003 diesem zugestellt wurde und dieser im Termin den Kläger vertreten hat. Der Kläger muss die Prozessführung seines Bevollmächtigten gegen sich gelten lassen (§ 73 Abs.1 Satz 1, Abs.3 SGG).

Auch die Voraussetzungen einer Restitutionsklage nach § 580 ZPO liegen nicht vor, insbesondere nicht diejenigen der Nr.7b. Darin wird verlangt, dass die Partei eine andere Urkunde auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstige Entscheidung herbeigeführt haben würde. Die vom Kläger in seinen Schriftsätzen in Form von Ablichtungen vorgelegten Schriftstücke sind in keinem Fall geeignet, eine für ihn günstigere Entscheidung herbeizuführen. Sie sind, wie sich aus den Urteilen des Senats vom 27.03.2003 ergibt, nicht entscheidungserheblich.

Im Übrigen waren sie teilweise bereits in das Verfahren eingeführt worden, sind also nicht neu und können daher keine "andere" Urkunde im Sinne des § 580 Nr.7 b ZPO sein. Das trifft vor allem zu für das Schreiben der AOK Bayern vom 07.07.1999 über die Abmeldung des Klägers zum 31.05.1999 und das Schreiben der Gemeinnützigen Arbeitnehmerüberlassung vom 24.06.1999, die der Kläger schon mit Schreiben vom 30.12.2001 (Az.: L 9 AL 175/01) vorgelegt hatte.

2. Soweit ferner die Anträge des Klägers gemäß den Grundsätzen der BSG-Rechtsprechung (SozR Nr.31 zu § 67 SGG) analog § 67 SGG zu behandeln sind, haben auch diese Rechtsbehelfe keinen Erfolg.

Sollte nämlich die Behauptung des Klägers zutreffen, dass ihn sein bevollmächtigter anwaltlicher Vertreter unter Verstoß gegen dessen Pflichten nicht von dem Verhandlungstermin am 27.03.2003 verständigt hat, dann liegt keine unverschuldete Säumnis im Sinne des § 67 Abs.1 SGG vor. Denn nach allgemeiner Meinung und ständiger Rechtsprechung steht das Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem Verschulden des Beteiligten gleich (Nachweise bei Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage 2002, § 67 Rdnr.3e).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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