L 4 R 2812/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3751/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2812/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. September 2012.

Der am 1966 in der Türkei geborene Kläger lebt seit dem 1. Januar 1978 in die Bundesrepublik Deutschland. Hier war er seit 1982 mit Unterbrechungen wegen Krankheit oder Arbeitslosigkeit versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt seit 1997 in der Montage im Automobilbau. Nach Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bezog er ab November 2008 Arbeitslosengeld I und II, unterbrochen durch zwischenzeitlichen Bezug von Kranken- und Übergangsgeld.

Ein erster Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 23. November 2010 blieb nach internistischer, psychiatrischer und orthopädischer Begutachtung im Verwaltungsverfahren ohne Erfolg (Bescheid vom 3. Februar 2011, Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2011). In diesem Rahmen diagnostizierte unter anderem Dr. E.l-D., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, in ihrem am 20. Januar 2011 aufgrund einer Untersuchung am selben Tag erstellten Gutachten eine Dysthymie, eine vorbeschriebene emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ ohne Leistungsrelevanz sowie einen angegebenen chronischen Spannungskopfschmerz, möglicherweise medikamenteninduziert. Der Kläger könne aus neurologisch-psychiatrischer Sicht mittelschwere Tätigkeiten in Tages- oder Nachtschicht ohne Zeitdruck oder Akkord sechs Stunden und mehr täglich verrichten.

In der Zeit vom 2. bis 23. Februar 2012 führte der Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der M.-B.-Klinik durch. Im Entlassungsbericht vom 2. März 2012 diagnostiziert Dr. C. eine mittelgradige depressive Episode, Zwangsgedanken und -handlungen, gemischt, eine Somatisierungsstörung, eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung impulsiven Typus sowie eine Spondylitis ankylosans. Leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten überwiegend im Stehen, Gehen oder ständig im Sitzen in Tages- oder Früh-/Spätschicht könne der Kläger noch mehr als sechs Stunden täglich verrichten. Ausgeschlossen seien das Heben und Tragen von schweren Lasten, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen sowie Verantwortung für Personen und Maschinen. Aufgrund einer erheblichen Aggressivität seien derzeit Arbeiten in einem Team nicht möglich.

Am 26. September 2012 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, seit Juni 2002 wegen Leistenbrüchen und einer psychischen Erkrankung keinerlei Arbeiten mehr verrichten zu können.

Im Auftrag der Beklagten erstellte Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Gr. aufgrund einer Untersuchung am 12. Dezember 2012 unter dem 14. Dezember 2012 ein sozialmedizinisches Gutachten. Er diagnostizierte ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit chronischen Schmerzen (Zustand nach [Z.n.] Bandscheibenoperation, kleiner Bandscheibenvorfall in Höhe L4/5 links), somatoforme Schmerzstörung, rezidivierende depressive Störung, medikamentös gut eingestellte arterielle Hypertonie, diverse Allergien, Z.n. Leistenhernien beidseits, Z.n. Carpaltunnelsyndrom beidseits und einen unklaren Tremor. Leichte körperliche Arbeiten zeitweise im Stehen und Gehen, überwiegend im Sitzen in Tages- oder Früh-/Spätschicht seien dem Kläger noch sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Ausgeschlossen seien Arbeiten unter Stress oder Zeitdruck, mit Publikumsverkehr sowie wegen der Aggressivität im Team.

Mit Bescheid vom 7. Januar 2013 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers unter Verweis auf das Begutachtungsergebnis ab, da dieser noch mindestens sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2013 als unbegründet zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 4. Juli 2013 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG), zu deren Begründung er vortrug, das Hauptleiden liege auf psychiatrischem Gebiet. Neben einer rezidivierenden depressiven Störung bestehe auch eine labile Persönlichkeitsstruktur. Ohne Einnahme von Lorazepam (Travor) in hohen Dosen sei er höchst aggressiv. Ein zuletzt durchgeführtes Belastungs-EKG habe nach wenigen Minuten wegen hohen Blutdrucks abgebrochen werden müssen. Schon nach 50-100 m Fußweg bekomme er dicke und schmerzende Beine. Die ihn behandelnden Ärzte Dr. Sc., Facharzt für Orthopädie, und Dr. Da., Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Epileptologie, bestätigten ein eingeschränktes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage einer Beratungspflichten Stellungnahme von Dr. Sch., Facharzt für Chirurgie, vom 8. Januar 2014 entgegen. Orthopädisch lasse sich eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens nicht belegen. Auch der von Dr. Bre. (richtig: Dr. Sc., dazu unten) mitgeteilte orthopädische Befund zeige nur eine mäßige Einschränkung im Lendenwirbelsäulenbereich ohne neurologische Ausfälle und Hinweise auf Wurzelreiz.

Das SG holte schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte des Klägers ein. Dr. Da. gab an (Auskunft vom 20. Oktober 2013), den Kläger seit Juli 2013 zu behandeln. Es bestünden ein chronisches depressives Syndrom, eine schwere emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ, ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit chronischen Rückenschmerzen sowie zuletzt wiederholt massive Blutdruckentgleisungen. Wegen der Persönlichkeitsstörung mit wiederholt tätlichen Angriffen auf Familienangehörige und Außenstehende sei dauerhaft die Einnahme sedierender Medikation notwendig. Eine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei nicht mehr gegeben. Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Fr. schloss sich in seiner Auskunft vom 21. Oktober 2013 der Beurteilung im Gutachten von Dr. Gr. an; der Schwerpunkt liege im Bereich der Neurologie und Psychiatrie. Auf die an den behandelnden Orthopäden Dr. Bre. gerichtete Anfrage teilte dessen "Vertreterkollege" Dr. Sc. unter dem 18. November 2013 Befunde im Zeitraum von Januar 2007 bis Oktober 2013 mit; es bestehe eine deutliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit; zu leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von "3 bis unter 3 Stunden" sei der Kläger noch geeignet. Aus orthopädischer Sicht werde auch eine somatoforme Überlagerung vermutet bei Verdacht auf lavierte Depression aufgrund einer hartnäckigen Schmerzsymptomatik; eine neuropsychiatrische Untersuchung werde empfohlen. Ärztin für Allgemeinmedizin Zi. gab unter dem 21. Oktober 2013 an, ihr Eindruck des Klägers stimme mit dem Gutachten von Dr. Gr. überein. Zusätzlich seien im Verlauf Entgleisungen des Blutdrucks aufgetreten, dieser scheine aber gut eingestellt. Ein vorgesehenes Belastungs-EKG sei wegen Kopfschmerzen nicht durchgeführt worden. Der Leistungsbeurteilung von Dr. Gr. stimme sie zu. Dr. Bre. nannte in einer weiteren Auskunft vom 22. Oktober 2014 die verordneten Medikamente

Das SG bestellte Dr. Ve., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, zum gerichtlichen Sachverständigen, der in seinem aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 27. Mai 2014 unter dem 30. Mai 2014 erstellten Gutachten eine Dysthymie und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostizierte. Die anamnestisch beschriebene emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ könne nach dem erhobenen Befund nicht unterstützt werden; eine Bestätigung im Rahmen eines einmaligen Patientenkontaktes sei aber prinzipiell nicht möglich. Bei der Erhebung des Befundes und in der psychometrischen Testung hätten sich Hinweise auf demonstratives Verhalten bis zur Aggravation gefunden. Bei der Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit ergebe sich eine Unsicherheit zu den Einschränkungen im psychischen Bereich. Eine reine Aggravation oder Simulation liege sicherlich nicht vor. Eine wesentliche Veränderung zum psychischen Befund, der bereits von der M.-B.-Klinik erhoben worden sei, bestehe aber nicht. Der Kläger könne leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten leisten; eine quantitative Leistungseinschränkung bestehe nicht. Ausgeschlossen seien das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, dauerndes Sitzen, Stehen und Gehen, Arbeiten in Zwangshaltung und mit Exposition gegenüber Nässe, Kälte oder Zugluft. Tätigkeiten mit erhöhten Ansprüchen an Konzentration und Gedächtnis oder mit erhöhten Anforderungen an die Stressbelastbarkeit, mit ständigem Kundenkontakt, mit Verantwortung für andere Personen oder gefährdende Maschinen seien nicht mehr leidensgerecht.

Orthopäde und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. H. erstattete aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 15. Dezember 2014 unter dem 7. Januar 2015 ein orthopädisches Gutachten. Es bestehe eine schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule bei Bandscheibendegeneration L4/L5 mit altem Bandscheibenvorfall mittig links ohne objektive Zeichen einer dadurch bedingten neurologischen Störung und einem lumbo-sakralen Übergangswirbel mit Baastrup-Phänomen. Die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden und Funktionsstörungen seien aus somatischer Sicht nicht plausibel zu begründen. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in unterschiedlicher Körperhaltung sei dem Kläger sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Gelegentliches Heben und Tragen von Lasten bis 20 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung bzw. bis 8 kg in Rumpfvor- oder -seitneigung seien unbedenklich, langes Verharren in Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule aber ungünstig. Gelegentliches Bücken sei möglich. Arbeiten unter Akkord- und Fließbandbedingungen oder ein ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen seien nicht leidensgerecht. Arbeiten unter Einfluss von Nässe, Kälte oder Zugluft seien mit geeigneter Schutzkleidung möglich. Eine überzeugende Begründung, dass der Kläger bei vollschichtiger Arbeit in einem leidensgerechten Arbeitsplatz unzumutbare Schmerzen erdulden müsste, gebe es nicht. Die Gehfähigkeit des Klägers sei nicht gravierend eingeschränkt.

Mit Gerichtsbescheid vom 1. Juni 2015 wies das SG die Klage ab. Bei der Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers stünden im Vordergrund eine chronische Schmerzstörung, eine Persönlichkeitsstörung und Wirbelsäulenbeschwerden. Den Einschätzungen von Dr. Ve. und Dr. H. folgend sei der Kläger jedoch unter Beachtung qualitativer Ausschlüsse noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Damit sei er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Gegen diesen seinem damaligen Prozessbevollmächtigten am 3. Juni 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger 3. Juli 2015 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt, zu deren Begründung er vorgetragen hat, aufgrund seiner psychischen Krankheiten, insbesondere der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung, nicht in der Lage zu sein, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2013 zu verurteilen, ihm ab dem 1. September 2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Der Berichterstatter hat die Streitsache am 24. Februar 2016 mit den Beteiligten erörtert.

Der Kläger ist mit Verfügung vom 22. März 2016, ihm am 23. März 2016 per Postzustellungsurkunde zugestellt, zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. Mai 2016 geladen worden. In der Ladung ist darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle des Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden und die Entscheidung auch nach Lage der Akten ergehen könne.

Der Kläger hat mit einem auf den 25. April 2016 datierten Schreiben, bei Gericht eingegangen am 9. Mai 2016, die Aufhebung des Termins wegen Erkrankung unter Beifügung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. Da. vom 26. April 2016 beantragt, in der Arbeitsunfähigkeit unter Angabe von Diagnosen (ICD-10 F60.30G, F34.1G) bis voraussichtlich 10. Juni 2016 attestiert wird. Mit Verfügung vom 9. Mai 2016 hat der Vorsitzende den Kläger darauf hingewiesen, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung nicht verlegt werde, da durch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eine Verhandlungsunfähigkeit des Klägers nicht glaubhaft gemacht sei. Am 13. Mai 2016 ist dieses Schreiben mit dem postalischen Vermerk "Empfänger unter der angegeben Anschrift nicht zu ermitteln" zurückgelangt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Der Senat konnte in der Sache entscheiden, obwohl der Kläger einen Verlegungsantrag gestellt hat und nicht zur Verhandlung erschienen ist.

Grundsätzlich stellt allein der Umstand, dass ein Beteiligter außer Stande ist, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen, und dies vorher mitteilt, noch keinen zwingenden Grund für eine Terminsverlegung dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gericht – wie vorliegend – auf die Möglichkeit hingewiesen hat, dass auch bei Fernbleiben eines Beteiligten in der Sache entschieden werden kann. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung kann – und gegebenenfalls muss – jedoch gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. dem entsprechend anwendbaren § 227 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) bei Vorliegen erheblicher Gründe aufgehoben werden, selbst wenn das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet worden ist. Ein im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO ordnungsgemäß gestellter Verlegungsantrag mit einem hinreichend substantiiert geltend und ggf. glaubhaft gemachten Terminsverlegungsgrund begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 24. Oktober 2013 - B 13 R 59/13 B - juris Rn. 16).

Nach dieser Maßgabe war dem Verlegungsantrag des Klägers nicht stattzugeben. Der Antrag war nicht hinreichend substantiiert und der Verlegungsgrund damit nicht glaubhaft gemacht. Die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist hierfür grundsätzlich nicht ausreichend (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 7. August 2013 - VII B 43/13 - juris Rn. 3). Denn Arbeitsunfähigkeit ist nicht gleichbedeutend mit Reise- und Verhandlungsunfähigkeit. Aus der vorgelegten Bescheinigung, die im Übrigen nach dem Schreiben des Klägers vom 26. April 2016 datiert, geht jedoch allein hervor, dass Dr. Da. als behandelnder Nervenarzt den Kläger als arbeitsunfähig einschätzt. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass der Kläger unfähig wäre, zu Gericht zu kommen und an der Verhandlung teilzunehmen, da Befunde nicht mitgeteilt wurden. Anderes ergibt sich auch nicht aus den kodiert angegebenen Diagnosen einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung (F60.3) und einer Dysthymia (F34.1). Dabei handelt es sich um Diagnosen, die Dr. Da. bereits in seiner gegenüber dem SG abgegebenen sachverständigen Zeugenauskunft vom 20. Oktober 2013 genannt hatte. Dennoch war der Kläger in der Lage, an dem Erörterungstermin vom 24. Februar 2016 teilzunehmen. Dem Kläger ist dies durch Schreiben des Vorsitzenden vom 9. Mai 2016 mitgeteilt worden. Dass diesen das Schreiben nicht erreichte, liegt nicht in der Verantwortung des Gerichts. Das Schreiben wurde an die korrekte Adresse abgesandt, unter der auch die Ladungen zum Erörterungstermin und zur mündlichen Verhandlung hatten zugestellt werden können. Der Kläger hatte auch keinerlei Kontaktdaten übermittelt, die eine schnelle Kommunikation ermöglicht hätten, so dass es dem Senat unmöglich war, ihn auf andere Weise zu unterrichten. Da der Kläger bis zum anberaumten Termin keine Mitteilung über dessen Aufhebung erhalten hatte, konnte er nicht von einer Verlegung des Termins ausgehen. Schließlich hat er nach Stellung des Antrages keinerlei weitere - auch telefonische - Rücksprache mit dem Senat gehalten.

2. Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da laufende Rentenleistungen für mehr als ein Jahr streitig sind.

3. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Dies ergibt sich aus dem bereits bei Klageerhebung vom damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers gestellten Antrag, auf den in der Berufungsbegründung ausdrücklich Bezug genommen wurde, und deckt sich mit dem klägerischen Vortrag eines unter dreistündigen Leistungsvermögens. Streitbefangen ist der Bescheid vom 7. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2013.

4. Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2013 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. September 2012 (vgl. § 99 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]).

a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

b) Diese Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung liegen beim Kläger nicht vor. Der Senat ist davon überzeugt, dass er zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann.

(1) Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet unter einer Dysthymie und einer chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren leidet. Daneben geht der Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass auch die wiederholt angeführte emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ vorliegt. Zwar wird letztere von Dr. Ve. nicht bestätigt. So wirkte der Kläger bei der dortigen Untersuchung nicht gereizt, sondern eher schwerbesinnlich und zurückhaltend. Doch legte Dr. Ve. selbst dar, dass eine Bestätigung im Rahmen eines einmaligen Patientenkontaktes nicht möglich sei, und wollte daher der im Rahmen einer dreiwöchiger Rehabehandlung in der M.-B.-Klinik gestellten Diagnose nicht widersprechen. Diese Diagnose wird auch bestätigt von Dr. E.-D., deren Gutachten der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet konnte (vgl. etwa BSG, Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris, Rn. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris, Rn. 51), sowie von Dr. Da ... Allerdings ist dieses Krankheitsbild einer medikamentösen Behandlung zugänglich, die der Kläger auch durchführt. Nach seinen eigenen Angaben gegenüber Dr. Ve. sei er seit der Einnahme der Medikamente ruhiger geworden. Bei der Bewertung der depressiven Erkrankung folgt der Senat der ausführlich abgewogenen und überzeugenden Beurteilung von Dr. Ve ... Dieser hat anschaulich dargelegt, dass der Kläger (nach Ausschluss einer relevanten Sprachbarriere) im Rahmen der psychometrischen Testung im Beck-Depressionsinventar zwar Ergebnisse erzielt hat, die mit einer schwersten depressiven Störung vereinbar wären. Gleichzeitig ergaben sich in der Symptom-Checkliste nach Derogatis maximale Werte für sämtliche Werte. Dieses Muster ist aber nach Darstellung von Dr. Ve. nicht mit einer umschriebenen Erkrankung vereinbar, sondern deutet darauf hin, dass die Fragen so beantwortet wurden, dass sich ein möglichst schweres Störungsbild ergibt. Hiermit übereinstimmend ergab sich im Strukturierten Fragebogen simulierte Symptome (SFSS) mit 56 positiv beantworteten Fragen (Grenzwert 18) ein starker Hinweis für eine Aggravation. Hinweise hierauf fanden sich auch bei der körperlichen Untersuchung. So war eine Wechselinnervation bei Kraftprüfung auffällig. Der Kläger zeigte ein organisch nicht nachvollziehbares Schwanken beim Gehen mit Ausfallschritten. Das Zeichen nach Lasègue wurde von ihm bei 20-30° als positiv angegeben, während dieselbe Bewegung im Langsitz ohne Angaben von Schmerzen möglich war. Im psychiatrischen Befund beschreibt Dr. Ve. den Kläger als affektiv nicht auslenkbar. Der Kontakt zeigte sich zäh; die Fragen wurden mit sehr wechselhafter Verzögerung beantwortet. Der Kläger berichtete von einem Stimmenhören, dieses jedoch in der Symptomatik als nicht drängend. Der Sachverständige beschreibt ihn als nicht wirklich leidend, auch nicht klagsam, sondern vor allem durch sein betonendes Verhalten und durch die Aggravation im Rahmen der körperlichen Untersuchung auffällig. Die Reizbarkeit und die multiplen aggressiven Durchbrüche wurden vom Kläger nicht schambesetzt, sondern demonstrativ geschildert. Eine ausgeprägtere depressive Störung sieht Dr. Ve. daher nachvollziehbar als unwahrscheinlich an. Sich kritisch mit diesen Befunden auseinandersetzend, hat Dr. Ve. eine reine Aggravation und Simulation ausgeschlossen. Vielmehr geht er von einer gewissen Beeinträchtigung aus. Wegen der Schwierigkeit, diese angesichts des Verhaltens des Klägers abzuschätzen, hat er einen Abgleich mit den Erhebungen und Bewertungen des Rehaverfahrens vorgenommen, in dessen Rahmen eine längere Beobachtung möglich war. Im dortigen Entlassungsbericht des Dr. C. vom 2. März 2012 wird insoweit angegeben, dass sich die Stimmungslage des Klägers etwas aufgehellt und stabilisiert habe, so dass er Freude erleben könne. Leichte Besserungen hätten sich auch bezüglich seiner aggressiven Impulse und der Herstellung sozialer Kontakte erreicht werden können. In dem am 12. Dezember 2012 durch Arzt Gr. erhobenen psychiatrischen Befund wird zwar ebenfalls eine deutliche Reduzierung der Schwingungsfähigkeit und eine deutliche depressive Verstimmung angegeben. Der Kläger fiel auch hier jedoch durch eine Tendenz zur Aggravation auf. Aufmerksamkeit, Konzentration und Merkfähigkeit waren erhalten. Dr. E.l-D. hatte den Kläger im Januar 2011 als in der Grundstimmung leicht gedrückt beschrieben. Die affektive Schwingungsfähigkeit, Antrieb und Psychomotorik seien bei Ablenkung unauffällig, sonst jedoch demonstrativ vermindert gewesen. Diagnostiziert wurde auch hier eine Dysthymie. Der Senat verwertet auch die Gutachten von Arzt Gr. und Dr. E.-D. im Wege des Urkundsbeweises. Schließlich hat Dr. Ve. auch die diagnostizierte chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren aufgrund der Schmerzschilderungen, der maximalen Intensität und der fehlenden Begründung durch einen körperlichen Befund bei allerdings vorausgegangener Operation im Wirbelsäulenbereich für den Senat nachvollziehbar begründet.

Orthopädisch besteht beim Kläger eine schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule bei Bandscheibendegeneration L4/L5 mit altem Bandscheibenvorfall mittig links ohne objektive Zeichen einer dadurch bedingten neurologischen Störung und einem lumbo-sakralen Übergangswirbel mit Baastrup-Phänomen. Dies entnimmt der Senat dem ausführlich begründeten Gutachten von Dr. H. und den damit übereinstimmenden Beurteilungen von Arzt Gr. und Dr. Fr ... Dr. Sc. hat zuletzt ein qualifiziertes LWS-Syndrom mit kleinem Bandscheibenvorfall L4/5 mit intermittierendem Dura- und Wurzelreiz beschrieben. Soweit dieser in seiner Auskunft vom 18. November 2013 aufgrund einer MRT-Untersuchung am 22. Februar 2011 noch Gesundheitsstörungen am linken Knie angegeben hatte, finden solche in der Befunddarstellung für den hier streitigen Zeitraum ab September 2012 keine Erwähnung. Bei der Untersuchung durch Dr. H. waren die Kniegelenkskonturen unauffällig; es bestand beidseits kein Kniegelenkserguss. Der Bandapparat war auf beiden Seiten stabil. Die Meniskuszeichen ließen sich schmerzbedingt auf beiden Seiten nicht zuverlässig beurteilen. Beidseits bestanden jedoch keine Reibegeräusche. Während der Kläger in Rückenlage die Kniegelenke nicht wesentlich über 30° beugte, zeigte er beim An- und Auskleiden Kniebeugungen von über 90° beidseits. Nachvollziehbar hat Dr. H. daher eine auf das linke Knie bezogene Diagnose nicht gestellt.

Auf internistischem Gebiet besteht eine arterielle Hypertonie, die jedoch medikamentös gut einstellbar ist. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Arzt Gr. sowie der damit übereinstimmenden Aussage der Ärztin Zi ... Anhaltspunkte für weitergehender Gesundheitsstörungen bestehen nicht.

(2) Die festgestellten Gesundheitsstörungen schränkten das berufliche Leistungsvermögen des Klägers nur in qualitativer, nicht in zeitlicher Hinsicht ein.

(a) Ausgeschlossen sind aufgrund der psychiatrischen Gesundheitsstörungen Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an Konzentration, Gedächtnis und Stressbelastung, ständiger Kundenkontakt sowie Arbeiten an gefährdenden Maschinen und mit Verantwortung für Personen oder Maschinen. Der Senat folgt insoweit der überzeugenden Beurteilung von Dr. Ve ... Des Weiteren geht der Senat im Hinblick auf die Aggressivität im Rahmen der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ davon aus, dass Arbeiten im Team ausgeschlossen sind. Dies entnimmt der Senat dem Entlassungsbericht des Dr. C. vom 2. März 2012 und der übereinstimmenden Einschätzung von Arzt Gr ... Soweit diese Aggressivität nach dem Befund von Dr. Ve. und den dortigen Angaben des Klägers durch Medikamente erfolgreich behandelt werden, wird der durch diese hervorgerufenen Müdigkeit durch die vorgenannten qualitativen Ausschlüsse ausreichend Rechnung getragen. Die Wirbelsäulenschädigung des Klägers schließt gelegentliches Heben und Tragen von Lasten über 20 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung bzw. über 8 kg in Rumpfvor- oder -seitneigung, langes Verharren in Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule, Arbeiten unter Akkord- und Fließbandbedingungen, einen ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen und Arbeiten unter Einfluss von Nässe, Kälte oder Zugluft ohne Schutzkleidung aus. Der Senat entnimmt dies dem überzeugenden Gutachten von Dr. H ... Aus der medikamentös einstellbaren Hypertonie ergeben sich - für den Senat nachvollziehbar - nach der übereinstimmenden Einschätzung von Arzt Gr. und Ärztin Zi. keine Einschränkungen.

(b) Die beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen nicht zu einem Absinken des tatsächlichen Restleistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß; der Kläger ist weiterhin in der Lage, zumindest leichte Tätigkeit sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Der Senat stützt sich dabei auch insoweit auf die Gutachten von Arzt Gr., Dr. Ve. und Dr. H. sowie den Entlassungsbericht des Dr. C. vom 2. März 2012. Dr. Fr. und Ärztin Zi. haben diese Leistungseinschätzung jeweils bestätigt. Der abweichenden Beurteilung von Dr. Sc. vermag der Senat nicht zu folgen. Der in seiner Auskunft vom 18. November 2013 wiedergegebene, zuletzt erhobene Befund vom 23. Oktober 2013 beschränkt sich auf eine mäßige Einschränkung der Lendenwirbelsäulenfunktion mit vom Kläger angegebenem Druck- und Bewegungsschmerz im unteren Lendenwirbelsäulenbereich bei deutlicher Fehlhaltung, aber ohne neurologische Ausfälle und ohne Hinweis auf Wurzelreiz. Hierzu hatte bereits Dr. Sch. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 8. Januar 2014 überzeugend ausgeführt, dass dies eine Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht nicht rechtfertigt, was Dr. H. in seinem Gutachten ausdrücklich bestätigt hat. Dr. Sc. verweist zur Begründung dann auch selbst auf Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet.

Auch unter Berücksichtigung der psychischen Gesundheitsstörungen des Klägers ist eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden täglich nicht begründet. Hinweise auf eine solche rechtfertigende Müdigkeit oder Erschöpfbarkeit ließen sich weder bei den Begutachtungen durch Arzt Gr. und Dr. Ve. noch im Rahmen des Rehaverfahrens objektivieren. Gleiches gilt für weitere Einschränkungen aufgrund der depressiven Erkrankung und der Schmerzstörung. Diese bedingen keine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht. Der Senat folgt dabei der übereinstimmenden Einschätzung von Arzt Gr., Dr. Ve. und im Entlassungsbericht des Dr. C. vom 2. März 2012, hinsichtlich der Schmerzstörung auch von Dr. H ... Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die objektivierbaren Befunde und die Verhaltensbeobachtungen einen deutlichen Gegensatz zu den vom Kläger angegebenen und demonstrierten Einschränkungen bilden. Neben der bereits geschilderten auffälligen Psychometrie und den Abweichungen der Lasègue-Tests gegenüber dem Langsitz fiel bei der Untersuchung durch Dr. Ve. auf, dass der Kläger im Gegensatz zur als maximal geschilderten Schmerzintensität während der Befragung kein schmerzgeplagtes Verhalten zeigte. Er saß ruhig in seinem Stuhl, die Position wurde nur wenig verändert. Schmerzäußerungen erfolgten nur beim Gehen und bei der körperlichen Untersuchung. Die Angaben zur Sensibilität wechselten in einem Maße, dass die Abgrenzung einer möglichen Polyneuropathie nicht möglich war. Dr. H. beschreibt, dass selbst leichte Berührungen der Rumpfmuskulatur teilweise zu lauten Schmerzäußerungen geführt hätten. Beim Faustschluss demonstrierte der Kläger eine schwache Muskelintensität beidseits, beim Gebrauch der Gehstützen hingegen einen beidseits ungestörten Faustschluss. In Rückenlage ließen sich die Hüft- und Kniegelenke nicht wesentlich über 30° beugen. Im Sitzen zeigte sich dagegen eine ungestörte Hüftbeugung von 90-100°, beim An- und Auskleiden Kniebeugungen von über 90° beidseits. Bei Spontanbewegungen ließ sich eine deutlich bessere Beweglichkeit der Schultern gegenüber der demonstrierten schmerzbedingten Einschränkung bei der Untersuchung erkennen. Angesichts dessen ist weder eine ausgeprägte Antriebsstörung noch eine so erhebliche Schmerzsymptomatik festzustellen, dass dem Kläger leichte Tätigkeiten - unter Beachtung qualitativer Ausschlüsse - nicht mehr mindestens sechs Stunden und mehr täglich zugemutet werden könnten. Der abweichenden Leistungseinschätzung von Dr. Da. vermag der Senat danach nicht zu folgen. Im Übrigen hatte bereits Dr. Ve. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine schwere depressive Symptomatik in der Untersuchungssituation nicht nachvollziehbar war. Auch im Entlassungsbericht des Dr. C. vom 2. März 2012 wird eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens überzeugend nicht angenommen.

(3) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, sie also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.

(4) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegen nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.

Dies ist hier nicht der Fall. Die qualitativen Leistungseinschränkungen des Klägers (siehe oben) sind nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist beim Kläger vorhanden.

(5) Auch die Wegefähigkeit des Klägers war und ist gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Der Kläger ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus den ärztlichen Äußerungen ergeben sich keine Befunde, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit des Klägers sprechen. Vielmehr hat Dr. H. ausdrücklich dargelegt, dass kein Grund für eine wesentliche Einschränkung der Gehfähigkeit zu erkennen ist. Es fanden sich keine bedeutsamen Struktur- oder Funktionsstörungen der großen und kleinen Gelenke der unteren Gliedmaßen. Gleiches gilt für bedeutsame neurologische Schäden. Diese Einschätzung wird von Dr. Ve. für sein Fachgebiet bestätigt und ist angesichts der beschriebenen Beweglichkeit des Klägerin in vermeintlich unbeobachteten Momenten trotz der mitgeführten Gehhilfen gut nachvollziehbar.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

6. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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