L 11 KR 204/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 11 KR 648/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 204/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.01.2015 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit und Höhe einer Beitragsnachforderung zur Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Aufgrund eines im Juli 1999 gestellten Antrags des Versicherten T (Versicherter) stellte das Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 16.01.2007 - L 11 (16) KR 16/04 - fest, dass der Versicherte aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin vom 01.01.1993 bis zum 09.03.1999 versicherungspflichtig in der Rentenversicherung der Angestellten sowie beitragspflichtig zur Arbeitslosenversicherung gewesen ist. Dieses Urteil ist rechtskräftig.

Unter dem 23.04.2007 forderte die Beklagte die Klägerin daraufhin auf, Beitragsnachweise für die Renten- und Arbeitslosenversicherung für den Versicherten zu erstellen. Denn nach dem rechtskräftigen Urteil des LSG müssten nun Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung an die Beklagte abgeführt werden. Die Klägerin erhob daraufhin mit Schreiben vom 25.05.2007 die Einrede der Verjährung. Die Beklagte forderte die Klägerin erneut unter dem 22.06.2007 auf, die Beitragsnachweise zu übersenden, um die Beiträge genau beziffern zu können. Durch das laufende Verfahren sei eine Unterbrechung der Verjährung entstanden. Die Beiträge könnten somit innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft des Urteils geltend gemacht werden. Nachdem in der Folgezeit keine Beitragsnachweise für den Versicherten von der Klägerin erstellt wurden, forderte die Beklagte mit Bescheid vom 01.08.2007 Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für den Versicherten in Höhe von 77.186,67 EUR nach. Sie habe der Beitragsberechnung die Höchstbeiträge zugrunde gelegt, da die Klägerin am 13.09.1999 die Entgelte des Versicherten mit ca. 12.000,00 bis 15.000,00 EUR angegeben habe. Unter dem 21.08.2007 mahnte die Beklagte gegenüber der Klägerin die offenstehenden Beiträge an. Einschließlich Säumniszuschlägen und Mahnkosten ergab sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 77.963,17 EUR.

Die Klägerin erhob dagegen unter dem 27.08.2007 Widerspruch und machte zur Begründung geltend, dass die Forderung der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung zumindest für die Zeit vor dem 01.12.1996 rechtswidrig sei. Denn gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) verjährten Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien. Das habe vorliegend zur Konsequenz, dass zumindest alle Beitragsforderungen, die in der Zeit vom 01.01.1993 bis einschließlich November 1996 fällig geworden seien, bereits verjährt gewesen seien, als der Klägerin der Beiladungsbeschluss des Sozialgerichts Düsseldorf aus dem Verfahren S 34 KR 198/01 vom 13.08.2001 am 15.08.2001 zugestellt worden sei. Eine Unterbrechung der Verjährungsfrist habe diese Zustellung insoweit nicht mehr bewirkt. Sollten darüber hinaus Beitragsforderungen gegebenenfalls zur Renten- und Arbeitslosenversicherung noch nicht verjährt sein, so könne dieses allenfalls für nach dem 01.12.1996 fällig gewordene Beiträge gelten. Diesbezüglich würden nun Beitragsnachweise für den Zeitraum vom 01.12.1996 bis 28.02.1999 überreicht. Die Arbeitnehmeranteile seien vom Versicherten zu fordern.

Mit Bescheid vom 03.06.2010 nahm die Beklagte den Bescheid vom 01.08.2007 teilweise nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch zurück, weil die Beiträge zur Rentenversicherung für den Zeitraum vom 01.01.1993 bis 30.11.1994 sowie die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.01.1993 bis zum 30.11.1996 verjährt und insoweit zu Unrecht erhoben worden seien. Die Nachforderung betrage dementsprechend lediglich 49.311,95 EUR zuzüglich Säumniszuschlägen und Mahnkosten in Höhe von insgesamt 16.782,00 EUR. Beiträge in Höhe von insgesamt 27.874,72 EUR würden nun nicht mehr nachgefordert.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2010 zurück. Darin führte sie ergänzend aus, dass nach § 25 Abs. 1 SGB IV Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien, verjährten. Gemäß § 198 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 21.06.2002 zum 01.01.2002 werde die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen durch ein Beitragsverfahren unterbrochen. Dazu gehörten auch Verfahren zwischen der Einzugsstelle und dem Versicherten oder seinem Arbeitgeber um Rentenversicherungsbeiträge. Insbesondere ein Verfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht einer Beschäftigung, von der die Beitragspflicht des Arbeitgebers abhänge, werde als ein solches Beitragsverfahren angesehen. Als Sondervorschrift gehe § 198 SGB VI der allgemeinen Vorschrift des § 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV in der genannten Fassung vor. Werde die Verjährung unterbrochen, komme die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht; eine neue Verjährung könne erst nach der Beendigung der Unterbrechung beginnen (§ 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV i.V.m. § 217 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 26.11.2001 zum 01.01.2002 (alte Fassung)). Hinsichtlich der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gelte § 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV uneingeschränkt. Danach sei die Verjährung in sinngemäßer Anwendung des § 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB alter Fassung durch die Streitverkündung in dem Prozess, von dessen Ausgang der Anspruch abhängig sei, unterbrochen worden. Der Arbeitgeber sei als Beitragschuldner verpflichtet, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen (§ 28e Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 28 h Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Demnach sei die Beklagte berechtigt, die Beiträge zur Rentenversicherung für den Zeitraum vom 01.12.1994 bis einschließlich 09.03.1999 sowie die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.12.1996 bis einschließlich 09.03.1999 in Höhe von insgesamt 49.311,95 EUR zuzüglich Säumniszuschlägen und Mahnkosten in Höhe von insgesamt 16.782,00 EUR von der Klägerin zu fordern. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die jetzt noch geforderten Beiträge zur Rentenversicherung nicht verjährt. Die Beiträge zur Rentenversicherung für den Monat Dezember 1994 seien am 15.01.1995 fällig geworden, so dass diese und die nachfolgend monatlich für die Zeit bis einschließlich 09.03.1999 zu zahlenden und fällig gewordenen Beiträge vor Ablauf des 31.12.1999 nicht hätten verjähren können. Die Beiträge seien jedoch auch danach nicht verjährt. Denn der Anspruch auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen für den Zeitraum vom 01.12.1994 bis 09.03.1996 sei bereits mit dem im Juli 1999 gestellten Antrag des Versicherten bei der Beklagten auf Feststellung der Sozialversicherungspflicht unterbrochen worden. Da das Beitragsverfahren erst mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des LSG Nordrhein-Westfalen und somit frühestens am 17.02.2007 beendet gewesen sei, seien bei Erlass des Bescheides vom 01.08.2007 die geforderten Rentenversicherungsbeiträge betreffend den genannten Zeitraum noch nicht verjährt gewesen. Auch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01.12.1996 bis einschließlich 09.03.1999 seien noch nicht verjährt. Die Verjährung der Beitragsansprüche zur Arbeitslosenversicherung sei durch die Zustellung des Beiladungsbeschlusses bei der Klägerin im Verfahren S 34 KR 198/01 am 15.08.2001 unterbrochen worden. Sie habe den Beitragsanspruch mit Bescheid vom 01.08.2007 und somit binnen sechs Monaten nach rechtskräftiger Feststellung der Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung gegen den Arbeitgeber geltend gemacht.

Zur Begründung ihrer am 09.08.2010 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte habe die Verjährungsregelung unzutreffend angewandt. Ab 01.01.2002 hätten sich hinsichtlich der Verjährung von Ansprüchen Änderungen ergeben. An die Stelle der Unterbrechung von Verjährungsfristen sei die Hemmung getreten. Die geltend gemachten Ansprüche seien bis einschließlich 30.11.1996 verjährt. Dass der Versicherte im Juli 1999 einen Antrag auf Feststellung der Sozialversicherungspflicht gestellt habe, könne im Verhältnis zur daran nicht beteiligten Klägerin nicht die Hemmung der Verjährung des Anspruchs auf Rentenversicherungsbeiträge ausgelöst haben. Darüber hinaus seien mittlerweile Beitragsnachweise für die Monate Dezember 1996 bis Februar 1999 im Widerspruchsverfahren übersandt worden, welche die Beklagte nicht berücksichtigt habe. Auch hätte sie den Versicherten zur Höhe des Arbeitsentgelts befragen können. Für eine Schätzung habe kein Raum bestanden. Außerdem sei die Erhebung der Säumniszuschläge und Mahnkosten rechtswidrig. Sie seien nicht mit dem Beitragsbescheid vom 01.08.2007 und daher nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 204 Abs. 2 BGB geltend gemacht worden, so dass sie verjährt seien. Im Übrigen habe die Klägerin unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt. Sie hat Beitragsnachweise für die Zeit von Dezember 1994 bis November 1996 und Januar und März 1999 und schließlich auf den vollen Beitragssatz berichtigte Beitragsnachweise für die Zeit Dezember 1996 bis Dezember 1998 und Februar 1999 vorgelegt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 01.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2010 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die angefochtenen Bescheide nach Maßgabe der vorgelegten Beitragsnachweise abzuändern.

Sie hat zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass die Auffassung der Klägerseite zum Übergang von dem Unterbrechungs- auf den Hemmungstatbestand zum 01.01.2002 nicht wesentlich sei. Da das Beitragsverfahren erst mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils des LSG Nordrhein-Westfalen beendet gewesen sei, seien bei Erlass des Bescheides vom 01.08.2007 die geforderten Rentenversicherungsbeiträge noch nicht verjährt gewesen. Auch die Erhebung von Säumniszuschlägen und Mahnkosten sei rechtmäßig erfolgt. Diese würden bei Vorliegen der Voraussetzungen kraft Gesetzes anfallen. Jedenfalls ab Zugang des Beitragsbescheids vom 01.08.2007 habe die Klägerin Kenntnis von der Beitragsforderung gehabt, so dass im Folgenden Säumniszuschläge zu erheben seien. Unter Berücksichtigung der nachgereichten Beitragsnachweise ergäben sich Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von insgesamt 39.125,42 EUR zzgl. Säumniszuschlägen für die Zeit August 2007 bis Mai 2010 in Höhe von 13.294,00 EUR.

Das SG Düsseldorf hat mit Urteil vom 13.01.2015 den Bescheid der Beklagten vom 01.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2010 insoweit abgeändert, als Beiträge von der Klägerin über einen Betrag in Höhe von 39.125,42 EUR hinaus zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 34.799,00 EUR gefordert worden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Dass der Versicherte bei der Klägerin in der Zeit bis zum 09.03.1999 versicherungspflichtig in der Rentenversicherung sowie beitragspflichtig zur Arbeitslosenversicherung gewesen sei, stehe mit dem Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16.01.2007 fest. Gemäß § 28e Abs. 1 SGB IV sei die Klägerin als Arbeitgeber verpflichtet, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Die Beiträge zur Rentenversicherung seien für die Zeit seit 01.12.1994 und die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit seit 01.12.1996 auch nicht verjährt. Gemäß § 25 Abs. 2 SGB IV (in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 21.06.2002 zum 01.01.2002) i.V.m. § 198 Satz 2 SGB VI werde die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen durch ein Beitragsverfahren unterbrochen. Als ein solches Beitragsverfahren sei insbesondere auch ein Verfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht einer Beschäftigung, von der die Beitragspflicht des Arbeitgebers abhänge, anzusehen. Ein solches sei jedenfalls seit dem gegenüber dem Versicherten und der Klägerin ergangenen Feststellungsbescheid vom 13.07.1999 anhängig und bekannt gewesen. Hinsichtlich der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sei die Verjährung gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, § 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB alte Fassung durch die Beiladung der Klägerin am 15.08.2001 unterbrochen worden. Die Beklagte sei jedoch nur berechtigt, von der Klägerin einen Betrag i.H.v. 39.125,42 EUR zuzüglich Säumniszuschlägen nachzufordern. Denn durch die im Widerspruchs- und Klageverfahren vorgelegten Beitragsnachweise ergebe sich lediglich ein Nachforderungsbetrag in dieser Höhe.

Gegen das ihr am 05.03.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.04.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, der Bescheid der Beklagten vom 01.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.06.2010 habe nicht teilweise aufgehoben werden können. Durch die vorgenommene Änderung habe das SG gegen das Gesetzmäßigkeitsprinzip des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz und das Gewaltenteilungsprinzip des Art. 20 Abs. 2 GG verstoßen. Denn durch die Änderung der Beitragshöhe entsprechend der Beitragsnachweise der Klägerin sei der Wesensgehalt des angefochtenen Bescheids geändert worden. Die Beklagte habe durchgehend die von ihr geschätzten Honorare zugrunde gelegt. Den Antrag, "die angefochtenen Bescheide nach Maßgabe der vorgelegten Beitragsnachweise abzuändern", hätte nur die Klägerin, nicht aber die Beklagte stellen können. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, den angefochtenen Beitragsbescheid so zu ändern, dass er aus dessen Sicht zumindest teilweise rechtmäßig werde. Der Wesensgehalt habe darin bestanden, dass der Bescheid auf einer Schätzung beruhe, während die vom SG vorgenommene Änderung auf den Beitragsnachweisen der Klägerin beruhe. Aufgrund dieser Wesensänderung lägen die Voraussetzungen für eine Teilaufhebung des Bescheids nicht vor, so dass das SG ihn insgesamt hätte aufheben müssen. Die Ausführungen des SG zur Verjährung würden nicht weiter bezweifelt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.01.2015 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 01.08.2007, ergänzt durch den Bescheid vom 03.06.2010, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das SG sei berechtigt gewesen, den Bescheid abzuändern. Ob Teilbarkeit eines Verwaltungsakts vorliege, richte sich nach materiellem Recht. Teilweise anfechtbar seien in der Regel zahlenmäßig, zeitlich, örtlich, gegenständlich oder personell abgrenzbare Teile einer Entscheidung. Zahlenmäßig abgrenzbar sei auch der hier streitgegenständliche Bescheid. Im Übrigen habe die Beklagte mit Schriftsätzen vom 26.05. und 07.07.2014 die Beitragsforderung korrigiert und im Verhandlungstermin vor dem SG eine Übersicht über die noch offenen Beiträge und Säumniszuschläge vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht im ausgeurteilten Umfang abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 01.08.2007 in der Gestalt des Bescheides vom 03.06.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 08.06.2010 ist in Höhe von 39.125,42 EUR zzgl. Säumniszuschlägen rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG Düsseldorf, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass entsprechend § 115a SGB IV in der Fassung vom 21.06.2002, Art. 229 § 6 Abs. 1 und 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch bis zum 31.12.2001 die Unterbrechung nach § 198 Satz 2 SGB VI bzw. § 25 Abs. 2 SGB IV i.V.m. § 209 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 BGB alte Fassung galt und ab 01.01.2002 die Verjährung nach § 198 Satz 2 SGB VI bzw. § 25 Abs. 2 SGB IV i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB neue Fassung gehemmt wurde.

Zu Recht hat das SG den Bescheid in Höhe von von 39.125,42 EUR zzgl. Säumniszuschlägen aufrecht erhalten und die Klage insofern abgewiesen. Weder war der Bescheid unteilbar noch wurde durch das Urteil des SG der Wesensgehalt des Bescheides geändert.

1. Die Teilbarkeit eines Verwaltungsakts richtet sich nach materiellem Recht. Dieses enthält regelmäßig keine eindeutigen Vorgaben dazu, wann von einer Teilbarkeit des Verwaltungsakts bzw. von einer Abtrennbarkeit einzelner Regelungen desselben ausgegangen werden kann, sondern dies muss durch Auslegung ermittelt werden. Abtrennbar - und damit teilweise anfechtbar - sind in der Regel zahlenmäßig, zeitlich, örtlich, gegenständlich oder personell abgrenzbare Teile einer Entscheidung (BSG, Urteile vom 04.12.2014 - B 5 RE 12/14 R - und vom 15.07.2015 - B 6 KA 32/14 R -). Inhaltlich wird eine Teilbarkeit des Verwaltungsakts dann angenommen, wenn die abzutrennenden Teile nicht in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit den übrigen Teilen stehen. Die abgetrennten Teile müssen als selbstständige Regelung weiter existieren können, ohne ihren ursprünglichen Bedeutungsgehalt zu verändern (BSG, Urteile vom 11.03.2009 - B 12 R 6/07 R - und 15.07.2015 - B 6 KA 32/14 R -). Teilbar ist ein Verwaltungsakt nach § 31 Satz 1 SGB X jedenfalls dann, wenn eine betragsmäßige Aufteilung möglich ist und den klageweise geltend gemachten Teilbeträgen Rechnungsposten zugrunde liegen, die sich - insbesondere unter dem zeitlichen Gesichtspunkt - aus jeweils eigenen Sachverhalten ableiten und insoweit auch gegenständlich abgegrenzt werden können (BSG, Urteil vom 20.05.2014 - B 1 KR 5/14 R -). So liegt der Fall hier. Der Beitragsbescheid war sowohl zahlenmäßig als auch zeitlich teilbar. Die Forderung ist eine Summe aus einzelnen Monaten und Einnahmen des Versicherten zuordnenbaren Sozialversicherungsbeiträgen.

2. Durch die Teilaufhebung hat sich auch nicht der "Wesensgehalt" des Bescheides geändert. Zwar ist das Nachschieben von Gründen bei einer reinen Anfechtungsklage unzulässig, wenn der Verwaltungsakt dadurch in seinem Wesen verändert wird (Jung in Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 54 Rdn. 37; Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Auflage, 2014, § 54 Rdn. 35a m.w.N.). Allerdings ist ein inhaltlicher (materieller) Begründungsmangel bei - wie hier - gebundenen Verwaltungsakten grundsätzlich entscheidungsunerheblich, weil das Gericht die getroffene Regel unter jedem rechtlich denkbaren Gesichtspunkt zu überprüfen hat (BSG, Urteil vom 29.06.2000 - B 11 AL 85/99 R - m.w.N.). Daher kann von einer Wesensänderung nur dann ausnahmsweise ausgegangen werden, wenn durch das Nachschieben von Gründen ein Verwaltungsakt mit einem anderen Regelungsgegenstand entsteht (Keller, a.a.O, Rdn. 35b). Dies ist der Fall, wenn der Verwaltungsakt auf einen anderen Sachverhalt und eine andere Rechtsgrundlage, die anderen Zwecken dient, gestützt wird oder wenn ohne Änderung der Rechtsgrundlage ein grundlegend anderer Sachverhalt angenommen wird (zum Fall der Änderung des zugrundegelegten Lebenssachverhalts BSG, Urteile vom 13.12.1966 - 10 RV 741/64 - und vom 29.06.2000 - B 11 AL 85/99 R -). Hier hat sich der Regelungsgegenstand nicht geändert. Es handelte und handelt sich um einen an den Arbeitgeber gerichteten Beitragsbescheid zur Renten- und Arbeitslosenversicherung wegen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung desselben Arbeitnehmers. Es ist auch weiterhin ein im Ursprungsbescheid enthaltener Zeitraum betroffen. Dass die Beitragshöhe nun nicht mehr geschätzt sondern aufgrund der - erst während des Widerspruchs- und Gerichtsverfahrens erfolgten - Meldungen der Klägerin errechnet ist, betrifft nicht das "Wesen" des Verwaltungsakts. Dass die Beklagte die Beitragsnachweise jedenfalls teilweise im Widerspruchsverfahren hätte berücksichtigen müssen, hat sich in der Kostenentscheidung niedergeschlagen. Daraus folgt aber nicht, dass der Bescheid insgesamt - auch in der entsprechend den Beitragsnachweisen berechtigten Höhe - aufzuheben wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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