S 12 KA 7/16

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 7/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 29/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 8/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Nichtmehrausüben der vertragsärztlichen Tätigkeit liegt vor, wenn ein Hausarzt laufend weniger als 10% des Fachgruppendurchschnitts an Patienten behandelt (hier: seit dem Quartal I/06) (Anschluss an LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.2010 - L 5 KA 2155/09 - juris; SG München, Urt. v. 11.10.2011 - S 38 KA 1338/08 - juris). Ein Ruhen der Zulassung kommt dann auch für einen hälftigen Versorgungsauftrag nicht in Betracht.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Entziehung der Zulassung des Klägers als hausärztlich tätiger Internist wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit.

Der 1953 geb. und jetzt 62-jährige Kläger ist seit 01.10.1993 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Vom 01.10.2003 bis zum 31.12.2005 ruhte die Zulassung mit einem vollen Versorgungsauftrag.

Die Beigeladene zu 1) beantragte unter Datum vom 16.09.2014 beim Zulassungsausschuss die Entziehung der Zulassung des Klägers. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei seit dem Quartal I/06 nur in sehr geringem Umfang vertragsärztlich tätig gewesen. Zudem habe er seit dem Quartal II/11 keine Abrechnung mehr erstellt. Bereits im Mai 2014 habe sie den Kläger hierauf hingewiesen und in der Folgezeit an die Einreichung der angekündigten Abrechnungen erinnert.

Der Kläger führte hierzu unter Datum vom 04.10.2014 aus, er habe seine Praxis vormittags von 8:00 - 12:00 Uhr, Dienstag/Donnerstag von 17:00 - 18:00 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung und Voranmeldung geöffnet. Es müssten lokale und individuelle Besonderheiten berücksichtigt werden. Er sei zudem als Heimarzt tätig. Die Praxis liege in einer ländlichen Region (A-Region). Die Ortsgemeinde habe erfolglos die Ansiedelung weiterer Ärzte versucht. Er reichte u.a. eine Stellungnahme des Herrn C., Mitglied des Hessischen Landtags, vom 20.10.2014, in der dieser sich für den Erhalt der Praxis aussprach, zur Verwaltungsakte.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen entzog mit Beschluss vom 28.10.2014 die Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Tätigkeit von Amts wegen.

Hiergegen legte der Kläger am 17.08.2014 Widerspruch ein. Er trug vor, seit dem Quartal III/13 erstelle er regelmäßig Abrechnungen mit Tendenz zu höheren Fallzahlen. Er führe Hausbesuche durch. Er betreue umfangreich ein Altenheim. Eine Vorschrift über die Zahl der abzurechnenden Patienten sei ihm nicht bekannt. Die Praxis sei in der Region unverzichtbar.

Die Beigeladene zu 1) führte unter Datum vom 26.10.2014 aus, es sei keine vertragsärztliche Tätigkeit des Klägers ersichtlich, die einen, auch einen hälftigen Versorgungsauftrag rechtfertigen würde. Der Kläger habe keine Abrechnung eingereicht, dann im Quartal III/14 10 Arztfälle, IV/14 17 Arztfälle, I/15 8 Arztfälle und II/15 9 Arztfälle. Eine Tätigkeit im Ärztlichen Bereitschaftsdienst begründe keine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.

Der Beklagte wies mit Beschluss vom 11.11.2015, ausgefertigt am 07.12.2015, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er auf die FeststeIIungen des Zulassungsausschusses und der Beigeladenen zu 1) im Schreiben vom 26.10.2014. Damit stehe fest, dass der Kläger vertragsärztliche Tätigkeit in den letzten Jahren entweder nicht mehr oder in so geringem Umfang ausgeübt habe, dass vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr angenommen werden könne. In der mündlichen Verhandlung vor ihm habe der Kläger eingeräumt, in den letzten Jahren habe der Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit darin bestanden, einen gewerblichen Betrieb zu führen. Diese gewerbliche Tätigkeit habe einen solchen Umfang angenommen, dass für eine weitere vertragsärztliche Tätigkeit kein bzw. sehr wenig Raum geblieben sei. Dies führe gem. § 95 Abs. 5 SGB V zu einem Verlust der vertragsärztlichen Zulassung.

Hiergegen hat der Kläger am 08.01.2016 die Klage erhoben. Er verweist auf die von der Beigeladenen zu 1) aufgeführten Arztfälle in den Quartalen III/14 bis II/15. Die Annahme des Beklagten, er habe in den letzten Jahren keine vertragsärztliche Tätigkeit mehr ausgeübt, sei zu keiner Zeit unstreitig gewesen. Er bestreite die geringen Abrechnungen seiner vertragsärztlichen Tätigkeit nicht. Allerdings beschränke sich seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht auf die abgerechneten Fälle. Er betreue und behandle Patienten einer Behinderteneinrichtung sowie des Seniorenheimes D. in D-Stadt. Er betreue und behandle insb. ältere, überwiegend multimorbide Patienten, die aufgrund haus- und fachärztlicher Verordnung eine Vielzahl von Medikamenten zeitgleich einnähmen (Polypharmakotherapie). Hier bestehe u.a. das Problem der Interaktion verschiedenster Wirkstoffe, welche ihrerseits den Patienten schädigten. Hier gelte es für den Arzt nach gründlicher Untersuchung und in Gesprächen mit dem Patienten, die Medikamente zu bestimmen, auf die der Patient am ehesten verzichten könne (Priorisieren) und die Medikamenteneinnahme zu reduzieren. Die Diagnostik, Beratung, Aufklärung und Behandlung der Patienten sei sehr zeitaufwendig, hinzu komme das Studium wissenschaftlicher Untersuchungen über das Zusammenwirken verschiedenster Wirkstoffe. Der Aufwand, den er für jeden einzelnen seiner multimorbiden Patienten leiste, sei für den "normalen" hausärztlichen Vertragsarzt in aller Regel gar nicht leistbar. Er nehme sich, wenn erforderlich, auch mehrere Stunden Zelt für die umfassenden Untersuchungen, Gespräche mit seinen Patienten und Recherchen. Er komme insgesamt auf deutlich mehr Arbeitsstunden pro Woche, als seine Abrechnungen und Patientenzahlen vermuten ließen. Er arbeite, wenn auch nicht durchgehend, so doch oftmals 10 Stunden wöchentlich ärztlich und stehe mehr als 10 Stunden für vertragsärztliche Tätigkeit zur Verfügung. Dies entspreche den Erfordernissen eines halben Versorgungsauftrages. Er bestreite nicht, dass in der Vergangenheit die Befassung mit der Entwicklung und Vermarktung eines Produktes seine vertragsärztliche Tätigkeit in den Hintergrund gedrängt habe. Er habe ein Verfahren entwickelt, Abfallfette so aufzubereiten, dass diese, insb. auch im Hinblick auf die die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung hervorrufenden BSE-Erreger, gesundheitlich unbedenklich seien. Aus den aufbereiteten Fetten stelle das von ihm gegründete Unternehmen E. GmbH u. Co KG Kerzen her und vermarkte diese. Er habe sich in 2015 entschlossen, sein Unternehmen zu veräußern. Mittlerweile habe er einen Kaufinteressenten gefunden. Er rechne damit, noch in diesem Jahr das Unternehmen verkauft und auf den Interessenten übertragen zu haben. Ab 2017 werde er wieder in vollem Umfang für seine vertragsärztliche Tätigkeit zur Verfügung stehen. Es müsse das Ruhen, jedenfalls einer Hälfte der Zulassung, bis dahin angeordnet werden. Der Entzug der Zulassung verstoße gegen Art. 12 GG. § 95 Abs. 6 SGB V wolle Unterversorgung vermeiden, mit der Entziehung seiner Zulassung werde jedoch das Gegenteil erreicht. In A-Stadt mit rund 4.500 Einwohnern, hinzugekommen seien ca. 300 Flüchtlinge, gebe es nur einen weiteren Arzt. A-Stadt sei bereits jetzt unterversorgt. Das Problem liege allenfalls in der Sperrung des Planungsbereichs ZN. Der Entzug der Zulassung komme einer rein disziplinarischen Maßnahme gleich

Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 11.11.2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Ausführungen im angefochtenen Beschluss und trägt ergänzend vor, die von ihm genannten Fallzahlen stimmten mit denen des Klägers überein. Diese rechtfertigten bei durchschnittlichen Fallzahlen der Hausärzte von 1.108, 1091, 1.156 und 1.062 in den Quartalen II/14 bis I/15 die Zulassungsentziehung. Vertragsärztliche Tätigkeit sei nur das, was auch gegenüber der KV abgerechnet werde. Insofern komme es auf die vorgetragene Betreuung in den beiden Heimen nicht an. Einen Ruhensantrag habe der Kläger nicht gestellt. Ein Ruhen wäre auch nur für längstens zwei Jahre in Betracht gekommen. Eine Überprüfung der Versorgungssituation sehe § 95 Abs. 6 SGB V nicht vor. Verfassungsrechtliche Bedenken sehe er nicht. Die Umsetzung einer gesetzlichen Vorgabe habe keinen disziplinarrechtlichen Charakter. Ein Ruhen für die Vergangenheit komme nicht in Betracht. Die gewerbliche Tätigkeit des Klägers stelle auch keinen Ruhensgrund dar.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie weist darauf hin, im Quartal II/14 habe der Kläger insgesamt sechs Behandlungsfälle abgerechnet. Die Hausärzte rechneten pro Behandler in den Quartalen III/14 bis II/15 1.091, 1.108, 1.155 bzw. 1.062 Behandlungsfälle ab.

Die übrigen Beteiligten haben sich schriftsätzlich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 11.01.2016 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten sowie einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz SGG). Sie konnte dies trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen zu 7) tun, weil diese ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 SGG).

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 11.11.2015 ist rechtmäßig. Er war daher nicht aufzuheben.

Rechtsgrundlage für die Entziehung des Zulassung ist § 95 Abs. 6 SGB V. Danach ist die Zulassung u. a. zu entziehen, wenn der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch eine hälftigen Entziehung der Zulassung beschließen (§ 95 Abs. 6 Satz 1 und 2 SGB V). Der Zulassungsausschuss hat von Amts wegen über die vollständige oder hälftige Entziehung der Zulassung zu beschließen, wenn die Voraussetzungen nach § 95 Abs. 6 SGB V gegeben sind. Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen können die Entziehung der Zulassung beim Zulassungsausschuss unter Angabe der Gründe beantragen (§ 27 Ärzte-ZV).

Ein Nichtmehrausüben liegt vor, wenn der Vertragsarzt zwar seine Vertragsarzttätigkeit aufgenommen hat, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt einstellt. Von einer Ausübung der Tätigkeit kann dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn der Arzt nicht mehr den Willen zur kontinuierlichen Teilnahme an der Versorgung hat. Dies dokumentiert sich insb. darin, dass der Vertragsarzt die ihm obliegenden Hauptpflichten wie Behandlung der Versicherten, Abhalten und Anbieten von Sprechstunden sowie Bestellung eines Vertreters bei Abwesenheit über einer Woche erfüllt. Für die Annahme der Ausübung genügt es nicht, dass der Vertragsarzt noch in geringem Umfang Verordnungen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellt (vgl. BSG, Urt. v. 19.12.1984 - 6 RKa 34/83 - USK 84272, juris Rdnr. 9; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 28.04.1999 - L 11 KA 16/99 - MedR 2001, 103, juris Rdnr. 20). Die Entziehung der Zulassung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit erfordert die Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Dauer der Untätigkeit anhand aller bekannter Umstände des Einzelfalls (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 09.12.2009 - L 3 KA 117/08 - juris Rdnr. 36). Bei einer Vollzulassung muss eine mehr als zwanzigstündige wöchentliche Verfügbarkeit in eigener Praxis gefordert werden. Die vertragsärztliche Tätigkeit muss zweifelsfrei den Hauptberuf ausmachen bzw. das Schwergewicht der beruflichen Tätigkeit bilden und ihr das Gepräge geben (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 13.10.2004 - L 5 KA 4212/03 - www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Der Beklagte hat hinreichend dargelegt, dass der Kläger seinen Versorgungsauftrag über Jahre hinweg nicht mehr erfüllt. Nach § 17 Abs. 1a Satz 1 BMV-Ä ist der sich aus der Zulassung des Vertragsarztes ergebene Versorgungsauftrag dadurch zu erfüllen, dass der Vertragsarzt an seinem Vertragsarztsitz persönlich mindestens 20 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden zur Verfügung steht. Für einen Teilversorgungsauftrag nach § 19a Ärzte-ZV gelten die in Satz 1 festgelegten Sprechstundenzeiten entsprechend auf der Grundlage von 10 Std. wöchentlich für den Vertragsarztsitz (Satz 2). Es kann hier dahinstehen, ob der Kläger die von ihm behaupteten Sprechzeiten tatsächlich angeboten hat. Maßgeblich kommt es darauf an, in welchem Umfang der Kläger tatsächlich eine vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt hat, und hierbei auf die von ihm bei der Beklagten eingereichten Unterlagen (Abrechnung).

Nach den Feststellungen der Beigeladenen zu 1) ist der Kläger seit dem Quartal I/06 nur in sehr geringem Umfang vertragsärztlich tätig und hat für die Quartale II/11 bis II/14 keine Abrechnung mehr erstellt. So betrug (jeweils gerundet) im Jahr 2006 die durchschnittliche Fallzahl im Quartal 43, dann 59 im Jahr 2007, 44 im Jahr 2008, 14 im Jahr 2009 bzw. 27, da im Quartal IV/09 keine Abrechnung eingereicht wurde, und 6 im Jahr 2010. Im Quartal I/11 wurden 9 Behandlungsfälle abgerechnet. Für die Quartale II/11 bis I/14 hat der Kläger keine Abrechnung mehr erstellt. Für das Quartal II/14 hat er 6 Behandlungsfälle nachgereicht. 10 Arztfälle liegen dann im Quartal III/14, 17 Arztfälle im Quartal IV/14, 8 Arztfälle im Quartal I/15, 9 Arztfälle im Quartal II/15 und 15 Fälle im Quartal III/14 vor. Damit hat der Kläger seit 2006 seinen vollen Versorgungsauftrag nicht mehr ausgefüllt. Es ist schon zweifelhaft, ob der Kläger im Zeitraum I/06 bis IV/08 wenigstens noch die Hälfte des Versorgungsauftrags ausgefüllt hat. Nach der instanzgerichtlichen Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, nimmt ein Hausarzt, der laufend weniger als 10% des Fachgruppendurchschnitts an Patienten behandelt, nicht in nennenswertem Umfang an der vertragsärztlichen Versorgung teil (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.2010 - L 5 KA 2155/09 - juris; SG München, Urt. v. 11.10.2011 - S 38 KA 1338/08 - juris). Diese Grenze kann keinesfalls niedriger angesetzt werden. Bei ca. 1.100 Behandlungsfällen pro Hausarzt und Quartal ist die Grenze für einen vollen Versorgungsauftrag bei etwa 110 Behandlungsfällen im Quartal, für einen hälftigen Versorgungsauftrag bei etwa 55 Behandlungsfällen im Quartal anzusetzen. Jedenfalls in den 6 ¾ Jahren 2009 bis September 2015 hat der Kläger nicht mehr Patienten in nennenswertem Umfang behandelt.

Die Betreuung und Behandlung von Patienten einer Behinderteneinrichtung sowie des Seniorenheimes ist vertragsarztrechtlich nur von Bedeutung, als sie sich in der Abrechnung niedergeschlagen hat. Die vom Kläger geschilderte umfangreiche Tätigkeit bei seinen Patienten entspricht der alltäglichen Arbeit eines Hausarztes. Sie deutet auf keinerlei Spezialisierung auf ein besonderes Patientenklientel hin, dass bei weit geringeren Fallzahlen zu einer Auslastung der Praxis führt. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass im Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit offensichtlich die Führung eines gewerblichen Betriebs gestanden habe.

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht. Der Kläger kann weiterhin als Arzt tätig sein, nur nicht mehr als Vertragsarzt. Angesichts des geringen Umfangs seiner vertragsärztlichen Tätigkeit handelt es sich um keinen schweren Eingriff. Angesichts des lang zurückliegenden Zeitraums der nur geringen bzw. Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit kommt ein Ruhen nicht in Betracht. Im Hinblick auf die lang und weiterhin anhaltende geringe vertragsärztliche Tätigkeit kam auch keine vorübergehende Anordnung des Ruhens als weniger belastender Eingriff in Betracht. Im Übrigen hat der Kläger lediglich angekündigt, die vertragsärztliche Tätigkeit im nächsten Jahr wieder voll aufnehmen zu wollen. Nimmt ein Vertragsarzt rechtswidrig die Tätigkeit nicht auf, kann er nicht nach mehreren Jahren das Ruhen dieser Zulassung beantragen, weil er angeblich die Tätigkeit in angemessener Zeit aufnehmen werde, um einen Entzug der Zulassung zu verhindern (vgl. LSG Bayern, Urt. v. 16.12.2015 - L 12 KA 52/15 - juris Rdnr. 20 ff.).

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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