L 9 R 1542/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 R 8412/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1542/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente über den 30.09.2008 hinaus.

Die 1952 im heutigen Kroatien geborene und seit 1968 in Deutschland lebende Klägerin verfügt nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung und war in unterschiedlichen Arbeitsverhältnissen als Montiererin, Lagerarbeiterin, Kantinenhelferin und zuletzt als Reinigungsfrau beschäftigt. Seit dem 09.01.2003 besteht Arbeitsunfähigkeit. Der Versicherungsverlauf der Klägerin enthält Lücken. Insbesondere die Zeit vom 01.07.1984 bis 31.12.1989 ist nicht mit rentenrechtlichen Zeiten belegt. Pflichtbeitragszeiten sind für den Zeitraum von 01.01.1990 bis 30.09.2008 und ab 16.10.2008 bis 25.03.2011 vermerkt. Ferner ist für den Zeitraum 01.05.2013 bis 31.12.2013 der Bezug von Arbeitslosengeld II festgehalten (vgl. Versicherungsverlauf vom 24.03.2016).

Am 16.05.2008 beantragte die Klägerin die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 30.09.2008 hinaus. Zuvor war ihr auf ihren Antrag vom 08.01.2004 und Ablehnung ihres Antrages mit Bescheid vom 16.02.2004 und Widerspruchsbescheid vom 22.07.2004 im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG - S 18 RJ 5238/04 -) mit Rentenbescheid vom 15.02.2007 eine arbeitsmarktbedingte Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.03.2006 (ausgehend von einem Versicherungsfall am 15.08.2005) gewährt worden. Im Wege eines gerichtlichen Vergleiches in diesem Klageverfahren einigten sich die Beteiligten schließlich auf eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung auf der Grundlage eines Leistungsfalles am 15.03.2005, beginnend ab dem 01.10.2005 und bis zum 30.09.2008.

Grundlage hierfür waren u. a. das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 06.02.2004 (Diagnosen: somatoforme Schmerzstörung, derzeit leicht bis mäßig ausgeprägter, länger zurückreichender depressiver Verstimmungszustand, internistisch: thorakales Pseudoradikulärsyndrom bei bekannter Costotransversalarthrose D8/D10 sowie Verschleiß der mittleren und unteren BWS, chronisch rezidiv, Wirbelsäulensyndrom mit zervikaler und lumbaler Manifestation, angegebene intermittierende Zervikobrachialgien rechts und Zervikozephalgien sowie Lumboischialgien rechts; Leistungsbeurteilung: leichte Arbeiten ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne überdurchschnittliche Anforderungen an die intellektuelle Belastbarkeit sechs Stunden am Tag möglich), das Gutachten des Internisten Dr. S. vom 09.02.2004 (Diagnosen: therapiebedürftiger Bluthochdruck ohne Einschränkung der Herzleistung, ausreichende kardiale Belastbarkeit bis zur mittleren Belastungsstufe; vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufig fixierte Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne häufiges Heben und Tragen schwerer Lasten) und das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. P. vom 01.12.2006 (Diagnosen: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Chronifizierungstendenz, rezidivierende depressive Verstimmungen, Anpassungsstörungen, Leistungsbeurteilung: derzeit aufgehobenes Leistungsvermögen für jedwede Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes).

Auf den Rentenantrag der Klägerin vom 16.05.2008 gab die Beklagte weitere Gutachten in Auftrag. So stellte der Unfallchirurg Dr. N. in seinem Gutachten vom 02.07.2008 folgende Diagnosen: 1. eine weiterhin führende somatoforme Schmerzstörung, 2. einen Zustand nach osteoligamentärer Dekompression L4/5 rechts (14.03.2008) ohne diesbezüglich nennenswerte Funktionseinschränkungen oder Besonderheiten bei Überlagerung durch Diagnose 1; ein mögliches statomyalgisches Dorso-Lumbal-Syndrom bei erheblichem Übergewicht, ohne erkennbare Wurzelreizsymptomatik und 3. endgradige Auslenkungsbeschwerden rechtes und linkes Schultergelenk. Er hielt leichte bis mittelschwere körperliche Wechseltätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung näher ausgeführter qualitativer Einschränkungen für vollschichtig möglich.

Der Neurologe und Psychiater Dr. H. (Gutachten vom 02.07.2008) stellte die Diagnosen des Verdachts auf eine rezidivierende Anpassungsstörung, DD Dysthymie und einer Somatisierung mit überwiegend somatoformen Schmerzangaben, Angabe von Kopfschmerz, von Schwindel, von gastrointestinalen Beschwerden, eines Zustandes nach osteoligamentärer Dekompression L4/L5 rechts (14.03.2008), ohne diesbezüglich nennenswerte Funktionseinschränkungen oder Besonderheiten und von endgradigen Auslenkungsbeschwerden am rechten und linken Schultergelenk. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sei die Klägerin als Reinigungskraft und für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr bei Vermeidung eines erhöhten Zeitdruckes und Nachtschicht leistungsfähig.

Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 10.07.2008 und Widerspruchsbescheid vom 26.11.2008 ab.

Die Klägerin hat hiergegen am 15.12.2008 Klage zum SG erhoben.

Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen sowie durch das Einholen eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens bei Dr. P., eines internistischen Gutachtens bei Dr. M. und - auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin - eines neurochirurgischen Gutachtens bei Dr. S. Die Klägerin hat zahlreiche weitere Befund- und Behandlungsberichte (vgl. Bl. 22 bis 49, 103 bis 110 und 253 bis 256) vorgelegt.

Wegen der sachverständigen Zeugenaussagen der Schmerztherapeutin Dr. S. vom 24.07.2009, des Orthopäden Dr. L. vom 28.07.2009, der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie L. vom 29.07.2009 und des Internisten Dr. P. vom 19.08.2009 wird auf die Akte des SG (S. 141 f., 145 f., 150 f. und 158 ff.) verwiesen. Zu diesen sachverständigen Zeugenaussagen hat für die Beklagte Obermedizinalrat (OMR) F. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 24.11.2009 Stellung genommen.

Dr. P. hat in seinem Gutachten vom 16.02.2010 ausgeführt, die Klägerin habe weiterhin über multilokuläre Beschwerden im Bereich des Bewegungsapparates geklagt. Hinzugekommen seien Schmerzen im Bauchraum, öfters Blasenentzündungen sowie anhaltende Beschwerden nach der Bandscheibenoperation L4/L5 im März 2008. Sie sei weiterhin in wöchentlicher Behandlung bei der Schmerztherapeutin Dr. S. Kontakte mit der Nervenärztin L. habe sie zweimal im Quartal, wobei es sich offensichtlich auch um neurologische Untersuchungen handele. Zur Medikation habe sie angegeben, dass sie das pflanzliche Antidepressivum Laif 900 nur bei Bedarf, etwa dreimal in der Woche, einnehme, ebenso die Schmerzmedikation. In psychischer Hinsicht habe die Klägerin im Vergleich zur Voruntersuchung einen gefassteren, insgesamt stabilisierten Eindruck gemacht. Sie sei weiterhin etwas jammerig und nicht ohne demonstrative Tendenzen, jedoch ich-stärker. Von sich aus habe sie sich eine Arbeitstätigkeit im Sinne einer leichteren Arbeit vorstellen können, was auch seinem heutigen Eindruck entsprochen habe. Zwischenzeitlich sei die Tochter an einer Lebererkrankung verstorben. Sie kümmere sich zusammen mit dem Ehemann um die zwei Enkelkinder, soweit dies notwendig sei. Die Alltagsgestaltung sei durchaus selbstbestimmt. Einschränkungen in körperlicher Hinsicht ergäben sich hauptsächlich auf chirurgisch/orthopädischem Fachgebiet, funktionelle, zumal quantitativ sich auswirkende Leistungsbeeinträchtigungen seien nicht festzustellen gewesen. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, rezidivierende depressive Verstimmungen, Anpassungsstörungen und ein Zustand nach Bandscheibenoperation L4/L5 rechts ohne neurologische funktionelle Ausfälle. Eine Tätigkeit als Putzfrau erscheine ihm unter quantitativen Einschränkungen nicht mehr möglich. Hingegen wären durchaus und in Übereinstimmung mit der Klägerin leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen im Sinne von leichten Frauenarbeiten hauptsächlich im Sitzen, anteilig im Stehen und Gehen durchführbar. Die Klägerin sollte noch in der Lage sein, leichte Tätigkeiten, wie angegeben, mindestens sechs Stunden am Tag auszuüben. Gegenüber dem Gutachten vom 01.12.2006 sei eine Besserung festzustellen.

Nach einer körperlichen Untersuchung der Klägerin am 13.04.2010 hat der Arzt für Innere Medizin Dr. M. in seinem Gutachten (13.04.2010) eine essentielle Hypertonie, laut Aktenlage eine Reentry-Tachykardie, laut Aktenlage ein intermittierendes Vorhofflimmern, eine Adipositas (BMI 34 kg/m²) und eine diffuse Schmerzsymptomatik angegeben. Die arterielle Hypertonie, welche medikamentös behandelt werde, sei ausreichend eingestellt gewesen. Bei der Belastungsuntersuchung sei - bei jedoch nur geringer Belastungsmöglichkeit (Abbruch wegen Schmerzen in den Beinen und thorakalem Stechen) - kein überschießender Blutdruckanstieg festzustellen gewesen. Es bestehe keine Auswirkung auf die allgemeine berufliche Leistungsfähigkeit. Die AV-Reentry-Tachykardie, die weder von der Klägerin angesprochen worden sei noch einer besonderen Behandlung unterzogen werde, sei derzeit ohne Aktualität. Gleiches gelte für das paroxysmale Vorhofflimmern, welches nur aktenkundig sei, ohne dass die Klägerin hierauf hingewiesen habe. Trotz des erheblichen Übergewichts, wodurch die körperliche Leistungsfähigkeit und Beweglichkeit sicherlich eingeschränkt sei, sei der Klägerin eine berufliche Tätigkeit durchaus zuzumuten. Im Vordergrund stehe eine diffuse Schmerzsymptomatik, die im Zusammenhang mit den psychischen Beschwerden völlig im Vordergrund stehe. Auf internistischem Fachgebiet hätten keine Leiden festgestellt werden können, die die allgemeine und berufliche Leistungsfähigkeit weiter einschränkten. Leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten ohne zumutbare Schwierigkeiten bewältigt werden. Eine kardiovaskuläre Erkrankung mit die Leistungsfähigkeit einschränkenden Auswirkungen habe nicht festgestellt werden können.

Die Klägerin hat Einwendungen gegen die Gutachten erhoben (Schriftsätze vom 29.06.2010 und 27.09.2010).

Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 08.08.2011 folgende Diagnosen angegeben: – mäßige Aufbraucherscheinungen in der Brust- und Lendenwirbelsäule mit rechtsseitigen Lumboischialgien ohne neurologisch-funktionelle Ausfälle bei – einem Zustand nach osteoligamentärer Dekompression L4/5 rechts im März 2008 – Reizzustand beider Schultergelenke mit endgradigen Auslenkungsbeschwerden. Ferner bestünden folgende Diagnosen auf anderen Fachgebieten: – somatoforme Schmerzstörung bei Depression – Herzrhythmusstörungen (AV-Knoten-Reentry-Tachykardie, AV-Block Grad I) bei – Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit und – arterielle Hypertonie und hypertensiver Herzkrankheit, – Adipositas mit – Fettleber, – Z. n. Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie) 1979, – Refluxösophagitis, – Abdominalbeschwerden und Obstipation bei Sigmadivertikulose, mit Hämorrhoiden Grad I bis II, – Dyslipidämie, – rezidivierende Gichtanfälle (anamnestisch), – pathologischer Glukosetoleranz, Verdacht auf Diabetes mellitus Typ II, – Hyperthyreose (Schilddrüsenunterfunktion), – Z. n. zweimaligen Kieferoperationen 2001 – elektrophysiologisch kein Nachweis einer Polyneuropathie. Er hat dargelegt, dass die körperliche Untersuchung bei teilweise erheblich eingeschränkter Kooperation und Verdeutlichungstendenz mäßiggradige Funktionseinschränkungen der Schultergelenke und mittelgradige Einschränkungen der Lendenwirbelsäule ohne neurologische Defizite gezeigt habe. Unter sozialmedizinischen Gesichtspunkten sei seines Erachtens die depressive Störung mit Somatisierung im Vordergrund stehend zu sehen, die Beeinträchtigung des Bewegungsapparates allein sei nur leicht bis mittelgradig einzustufen. Die Reizerscheinungen der Schultergelenke ließen häufige Vor-Kopf- und Über-Kopf-Arbeiten nicht zu, außerdem – ebenso wie die Leistungsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule – Hebe- und Tragearbeiten mit Gewichten von mehr als 10 kg beidhändig bzw. von mehr als 5 kg einhändig. Die Aufbraucherscheinungen der Wirbelsäule erforderten einen Verzicht auf Arbeiten im Bücken, seitlichem Vorbeugen und ähnlichen Zwangshaltungen. Die Möglichkeit zu häufigerem Haltungswechsel im Sinne eines Wechselrhythmus sollte gegeben sein, eine jederzeitige freie Wählbarkeit von Sitzen, Stehen und Gehen sei jedoch nicht erforderlich, Kälte und Nässe sollten vermieden werden. Wegen der radiologisch geringfügigen Verschleißerscheinungen des rechten Kniegelenkes seien häufigeres Treppensteigen und vorübergehend kniende Tätigkeiten nicht grundsätzlich auszuschließen. Zusammenfassend seien leichte körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus in witterungsgeschützten Räumen zumutbar, betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich, und eine erhebliche Einschränkung der Wegefähigkeit für die üblichen Wege zu und von der Arbeit liege nicht vor.

Zu den von der Klägerin vorgelegten Arztberichten hat OMR F. in seinen sozialmedizinischen Stellungnahmen vom 23.08.2010, 18.11.2010 sowie 19.10.2011 Stellung genommen.

Mit Urteil vom 28.02.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Gutachten des Dr. P. und Dr. M. gestützt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 14.03.2012 zugestellte Urteil haben diese am 11.04.2012 Berufung eingelegt und unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages und Vorlage weiterer Befundberichte an dem geltend gemachten Anspruch festgehalten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe über den 30. September 2008 hinaus bis 30. April 2016 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen einer sachverständigen Zeugenaussage bei Prof. Dr. Y., Funktionsoberarzt der Abteilung für Innere Medizin III am R.-Krankenhaus in Stuttgart sowie durch das Einholen eines kardiologischen Fachgutachtens bei Prof. Dr. S., R.-Krankenhaus Stuttgart. Prof. Dr. Y. hat unter dem 05.02.2014 mitgeteilt, dass er seit März 2013 nicht mehr im R.-Krankenhaus in S., sondern am Universitätsklinikum M., N., arbeite. Er habe die Klägerin zuletzt am 06.12.2012 ambulant betreut. Er hat insoweit auf den von ihm beigefügten Befundbericht vom 07.12.2012 verwiesen, in dem ein Zustand nach renaler Sympathikusdenervierung im Oktober 2012 bei therapieresistenter arterieller Hypertonie mit rezidivierenden hypertensiven Entgleisungen, eine geringe Koronarsklerose, ein Ausschluss einer stenosierenden KHK 2005 und eine rezidivierende AV-Knoten-Reentry-Tachykardie mit pektanginösen Beschwerden beschrieben wurden. Trotz umfangreicher antihypertensiver Medikation und ergänzend durchgeführter invasiver renaler Sympathikusdenervation seien bei der Klägerin Blutdruckwerte von systolisch bis zu 230 mmHg aufgetreten. Bei derart hohen und spontan auftretenden Blutdruckwerten könne insbesondere zum Zeitpunkt dieser Werte praktisch kaum eine sinnvolle Berufstätigkeit ausgeübt werden.

Prof. Dr. S. hat in dem zusammen mit der Assistenzärztin am Zentrum für Innere Medizin, Kardiologie am R.-Krankenhaus S., Dr. T., erstellten Gutachten vom 17.12.2014 einen Zustand nach renaler Sympathikusdenervierung 10/2012 bei therapieresistenter arterieller Hypertonie mit rezidivierenden hypertensiven Entgleisungen, HKU 2005 (wegen Brustenge): geringe Koronarsklerose, Ausschluss stenosierende KHK, Zustand nach mehrmaliger AV-Knoten-Reentry-Tachykardie – kardiovaskuläre Risikofaktoren: arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie, positive Familienanamnese –, Allergien/Unverträglichkeiten: Valsartan, Nitrolingual-Spray, Kortison, Moxonidin, Nepresol, Carvedilol, CSE-Hemmer, ACE-Hemmer und Duftstoffe angegeben; ferner: eine somatoforme Schmerzstörung/Somatisierungsstörung, eine Depression, ein thorakales und lumbales Pseudoradikulär-Syndrom bei Osteochondrose und Spondylose, eine Adipositas, einen Zustand nach osteoligamentärer Dekompression L4/L5 rechts bei Spinalkanalstenose, einen Zustand nach arthroskopischer Schulter-OP links bei Impingement-Syndrom, eine substituierte Hypothyreose, einen Zustand nach Appendektomie, einen Zustand nach Sklerosierung von Hämorrhoiden, einen Zustand nach Cholezystektomie und einen Zustand nach Refluxösophagitis. Er hat dargelegt, dass die AV-Knoten-Reentry-Tachykardie in den Jahren 2007, 2012 und 2013 im EKG dokumentiert worden sei und jeweils durch intravenöse Gabe von Adenosin in einen Sinusrhythmus habe überführt werden können. Diese AV-Knoten-Reentry-Tachykardie trete anfallsweise auf und entstehe durch kreisende Erregungen zwischen Herzvorhof und Herzkammer, bedingt durch zusätzlich angelegte Reizleitungsbahnen im Herzen. Komme es häufig zu solchen Tachykardien, sei eine elektrophysiologische Untersuchung mit kathetergestützter Ablation der zusätzlichen Reizleitungsbahnen die Therapie der Wahl. Diese sei der Klägerin auch empfohlen worden, sie habe einer solchen Maßnahme jedoch immer zurückhaltend gegenübergestanden. Zum aktuellen Zeitpunkt berichte die Klägerin nicht von einem erneuten Herzrasen, sodass momentan kein akuter Handlungsbedarf bestehe. Bezüglich der arteriellen Hypertonie sei es innerhalb der letzten Jahre wegen hypertensiver Krisen zu häufigen Krankenhausaufenthalten gekommen. Hierbei seien sekundäre Hypertonie-Ursachen ausgeschlossen und die Medikation mehrfach angepasst worden. Erschwert worden sei die Therapie durch multiple Medikamenten-Unverträglichkeiten, die sich vor allem in abdominellen Beschwerden, aber auch allergischen Reaktionen geäußert hätten. Weil sich unter medikamentöser Therapie die Blutdruckwerte nicht hätten adäquat einstellen lassen, sei 2012 die Indikation zu einer renalen Sympathikusdenervierung gestellt und im R.-Krankenhaus durchgeführt worden. In einer Verlaufskontrolle drei Monate danach bei Prof. Y. hätten sich immer noch stark hypertensive Blutdruckwerte gezeigt, die medikamentöse Therapie sei weiter optimiert worden. Die Klägerin habe aktuell berichtet, dass sich ihre Blutdruckwerte deutlich gebessert hätten, aber immer noch zu hoch seien. Früher seien systolisch Werte oft bis 230 mmHg gemessen worden, aktuell lägen die Entgleisungen bei bis zu 180 mmHg systolisch. Das schnell wirksame gefäßerweiternde Medikament Nifedipin nehme sie deswegen noch häufig ein. Dies helfe dann gegen den Druck in Kopf und Brust, der Blutdruck sinke. Die Schilderung hinsichtlich der Blutdruckwerte sei durch die erhobenen Befunde unterstützt worden. Zum Zeitpunkt der Erstvorstellung sei ein Blutdruckwert von 185/110 mmHg dokumentiert worden, trotz nach Angaben der Klägerin vorheriger Medikamenteneinnahme. Eine Langzeit-Blutdruckmessung im häuslichen Umfeld habe zumeist mild bis moderat erhöhte Blutdruckwerte mit einzelnen stark hypertensiven Ausreißern ergeben. Eine Korrelation zur körperlichen Belastung könne nicht sicher belegt werden, weil die Klägerin den Tätigkeitsbogen, den sie während der Messung hätte ausfüllen sollen, nicht vorgelegt habe. Zur Klärung der körperlichen Belastbarkeit und des Blutdruckverhaltens unter körperlicher Arbeit sei eine Spiroergometrie durchgeführt worden. Hierbei habe insgesamt keine Leistungslimitierung der Lunge imponiert, ebenso keine relevante kardiale Leistungsminderung bei Zeichen der Dekonditionierung (als Folge der Adipositas und des fehlenden körperlichen Trainings). Bereits in Ruhe habe ein erhöhter Blutdruck vorgelegen (170 zu 122 mmHg), der bereits im Leerlauf und dann unter kontinuierlicher Erhöhung des Belastungswiderstands auf maximal 244 zu 129 mmHg angestiegen sei. Nach Belastungsende seien die Blutdruckwerte wieder auf das Ausgangsniveau fallend gewesen, sodass letztendlich eine Abhängigkeit der Blutdruckwerte von körperlicher Belastung habe dokumentiert werden können. Unter intensivierter antihypertensiver Therapie, wobei wegen der hypertensiven Herzerkrankung die Erhöhung von Amlodipin wünschenswert sei, sollte eine tägliche Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden möglich sein.

Gegen dieses Gutachten hat die Klägerin Einwendungen erhoben und insbesondere gerügt, dass nicht ersichtlich werde, ob der Sachverständige das Gutachten persönlich erstattet habe. Ferner habe der Sachverständige die Frage des Gerichts nach zumutbaren Arbeiten in einer täglichen Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden nicht abschließend beantwortet.

Hierauf hat Prof. Dr. S. unter dem 07.03.2015 mitgeteilt, dass die Einbestellung, Koordination der Untersuchungen, erste Anamnese und klinische Untersuchung durch Dr. T. erfolgt sei. Die apparativen Untersuchungen seien durch Mitarbeiter der Kardiologie bzw. Pulmologie durchgeführt worden, und am 17.12.2014 um 17:00 Uhr sei die persönliche Befragung und Untersuchung durch ihn selbst im Beisein von Dr. T. erfolgt. Ferner hat er unter Darlegung der Behandlungen der Klägerin im R.-Krankenhaus ausgeführt, dass er zu keinem dieser Zeitpunkte persönlich an der Behandlung der Klägerin beteiligt gewesen sei. Er hat ergänzend angegeben, dass unter Berücksichtigung der empfohlenen Erhöhung der Amlodipindosis auf 10 mg pro Tag und ggf. durch Hinzunahme anderer Präparate in Abhängigkeit der Blutdruckentwicklung eine tägliche Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden für möglich gehalten werde. Aus gutachterlicher Sicht sei eine Erhöhung dieser Amlodipindosis auf 10 mg zumutbar, zumal das Medikament von der Klägerin gut vertragen werde und sie in der Vergangenheit (2007) unter derselben Dosis über keine Nebenwirkungen geklagt habe.

Die Klägerin hat auch hiergegen Einwendungen erhoben und geltend gemacht, den Gutachter nicht am 17.12.2014, insbesondere nicht zwischen 15:00 und 18:00 Uhr persönlich gesehen zu haben und den Antrag gestellt, den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Ferner hat sie das Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Dr. E. vom 05.07.2015 vorgelegt, in dem dieser bescheinigt, dass die Klägerin zur Blutdrucksenkung als höchste Dosierung Amlodipin 5 mg nur einmal täglich einnehmen könne, weil sie unter höherer Dosierung starke epigastrische Beschwerden bzw. Magenschmerzen bekomme.

In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 09.06.2015 hat Prof. Dr. S. ausgeführt, die Klägerin persönlich gesehen und untersucht und das Gutachten mehrfach überarbeitet und in die endgültige Form gebracht zu haben. Für beides gebe es Zeugen, eine Befangenheit liege nicht vor. Die erhöhte Dosis von 10 mg Amlodipin, die er empfohlen habe, weil der Blutdruck noch nicht optimal eingestellt erschien, sei für die Klägerin unverträglich. Unabhängig davon, welche Dosis Amlodipin verträglich sei, bleibe es allerdings bei der Tatsache, dass die Klägerin täglich sechs Stunden und mehr arbeiten könne. Außerdem nahm er zu vorgelegten Laborwerten vom 20.01.2015 Stellung, woraus sich eine Änderung der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht ergebe.

Mit Beschluss vom 10.03.2016 hat der Berichterstatter den Antrag der Klägerin, den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. S. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, zurückgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, auf die Gerichtsakten erster Instanz (S 18 R 5238/04, S 22 R 8421/08) sowie die Senatsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünftagewoche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 88. Ergänzungslieferung 2015, § 43 SGB VI, Rn. 58 und 30 ff.).

Die Klägerin ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht voll erwerbsgemindert. Ihr steht daher keine Rente zu.

Eine Erwerbsminderung der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats für die Zeit nach Ablauf der ihr bis 30.09.2008 gewährten Erwerbsminderungsrente nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere der Gutachten von Dr. N. und Dr. H., die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, sowie der Gutachten von Dr. P., Dr. M. und Prof. Dr. S. Anderes lässt sich zudem nicht dem auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin eingeholten Gutachten von Dr. S. entnehmen. Soweit die behandelnden Ärzte L., Dr. P. und Prof. Dr. Y. eine andere Leistungsbeurteilung vertreten, vermochte sich der Senat dieser nicht anzuschließen. Der Senat sieht es nicht für nachgewiesen an, dass die Klägerin aufgrund psychischer Einschränkungen und/oder kardiologischer bzw. angiologischer Einschränkungen nicht mehr zumutbar sechs Stunden am Tag im Rahmen einer Fünftagewoche beschäftigt werden kann.

Nachdem die gutachterliche Einschätzung des Dr. P. in dessen Gutachten vom 01.12.2006 maßgeblich zur Begründung der ab 01.10.2005 gewährten Rente wegen Erwerbsminderung geführt hat, ist mit der Begutachtung durch Dr. H. und der erneuten Begutachtung durch Dr. P. auf Veranlassung des SG für den Senat überzeugend belegt, dass Einschränkungen auf psychiatrischem Fachgebiet nicht mehr vorliegen, die eine zeitliche Leistungsminderung rechtfertigen könnten. Danach wurden die mnestischen und intellektuellen Funktionen für einfache bis durchschnittliche Anforderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als ausreichend beschrieben. Die Klägerin war klagsam, die Grundstimmung aber nicht mittelschwer oder schwer depressiv. Es bestand keine Agitation, keine Hemmung, die affektive Schwingungsfähigkeit, der Antrieb und die Psychomotorik waren unauffällig. Nicht wesentlich anders hat Dr. P. die Untersuchungsergebnisse referiert. Er hat die Klägerin ebenfalls als durchgängig klagsam, anfangs mit jammerig-vibrierender Stimme, aber als wach, klar und in allen Qualitäten orientiert beschrieben. Es hat kein florider Wahn bestanden und keine Halluzinationen, die Auffassung, Einstellung und Umstellung waren im Rahmen, die Stimmungslage subdepressiv, die Schwingungsfähigkeit nicht aufgehoben. Es hat zudem keine hirnorganische Beeinträchtigung vorgelegen, das formale und inhaltliche Denken war geordnet, der Antrieb reduziert. Im Vergleich zur Voruntersuchung drei Jahre zuvor war sie aber gefasster, ich-stärker, weniger hilflos und ratlos. Unter Berücksichtigung dessen erscheint es auch dem Senat gerechtfertigt, nicht nur von einer rezidivierenden Anpassungsstörung (DD Dysthymie) auszugehen, sondern von rezidivierenden depressiven Verstimmungen, wie sie Dr. P. beschrieben hat. Daneben liegt eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vor, nachdem multilokuläre Beschwerden im Bereich des Bewegungsapparates, Schmerzen im Bauchraum, Blasenentzündungen beschrieben sind und neurologische Einschränkungen in beiden Gutachten nicht festzustellen waren. Übereinstimmend mit diesen Gutachten ist auch der Senat der Überzeugung, dass wegen dieser neurologisch-psychiatrischen Diagnosen eine Leistungsminderung auf weniger als sechs Stunden für leichte Frauenarbeiten, die hauptsächlich im Sitzen, anteilig im Stehen und Gehen durchgeführt werden sollten, nicht zu begründen ist. Dabei hat Dr. P. auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Klägerin in der Lage ist, sich unter der gebotenen und zumutbaren Willensanstrengung auf eine solche Tätigkeit ein- und umzustellen. Eine wesentliche Verschlimmerung vermag der Senat im Laufe des Verfahrens nicht zu erkennen. Insbesondere hat die Trauer um den Tod der Tochter (14.04.2009) nicht zu einer wesentlichen Verschlimmerung der psychiatrischen Erkrankungen geführt. Insoweit sieht es der Senat aufgrund der nachfolgenden Begutachtung durch Dr. P. im Februar 2010 als nachgewiesen an, dass es sich bei der von der Neurologin und Psychiaterin L. in deren sachverständiger Zeugenaussage vom 29.07.2009 beschriebenen reaktiven Depression nur um ein vorübergehendes Krankheitsbild in dieser Ausprägung gehandelt hat, nachdem eine solche von Dr. P. nicht (mehr) zu diagnostizieren war. Hierfür spricht schon, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. P. das verabreichte pflanzliche Antidepressivum Laif 900 nur bei Bedarf, etwa dreimal die Woche, eingenommen wurde. Gleiches hat die Klägerin im Übrigen für die Schmerzmedikation angegeben. Anderes ergibt sich auch nicht aus den Attesten der Neurologin und Psychiaterin A. vom 18.06.2010, die eine mittelgradige Depression angegeben hat, allerdings ohne hierfür die von ihr erhobenen Befunde mitzuteilen. Die unverändert fortgesetzte Therapie mit Laif 900 (nunmehr 1x täglich) belegt trotz der mitgeteilten ausgebliebenen Besserung weder eine anhaltende Verschlimmerung noch das Ausschöpfen zur Verfügung stehender Behandlungsmöglichkeiten. Auch die von Dr. P. (Bericht 29.06.2011) beschriebenen Befunde (bewusstseinsklar, allseits orientiert, Kontakt und Rapport gut erhalten, Affekt labilisiert, Antrieb herabgesetzt, Denkablauf, Mnestik und Wahrnehmung regelrecht, deprimiert, mit eingeschränkter Schwingungsbreite, bei gedrückter Gestimmtheit, keine Suizidalität, keine produktiv psychotischen Phänomene, gespannt und hektisch, schreckhaft, lustlos mit diffusen körperlichen Beschwerden, jedoch mit qualvoll unbestimmtem Gefühl der Beengung mit bedrohlich erlebter Vorahnung der Ohnmacht), die dieser unter die Diagnose "Angst und depressive Störung, gemischt" fasste, vermögen den Senat nicht von einer hierdurch bedingten dauerhaft fortbestehenden Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens zu überzeugen, zumal sich in der Folge keine weitere Behandlung mehr angeschlossen hat und die Diagnose allein eine zeitliche Leistungsminderung nicht zu rechtfertigen vermag. Die zeitlich nachfolgenden Gutachten von Dr. S. und Prof. Dr. S. beschreiben weder ähnliche Einschränkungen noch ergeben sich aus den von der Klägerin in der Folge vorgelegten zahlreichen Befundberichten (vgl. etwa der Bericht des R.-Krankenhauses vom 31.01.2013, der nach stationärem Aufenthalt vom 11.01.2013 bis 21.01.2013 17 internistische und orthopädische Diagnosen auflistet) Hinweise auf eine deutliche Verschlimmerung der psychischen Erkrankung.

Der Senat vermochte sich auch nicht davon zu überzeugen, dass die Klägerin aufgrund der bestehenden kardiologischen Erkrankungen die Voraussetzungen für die Annahme einer Erwerbsminderung erfüllt. Der Senat stützt sich dabei im Wesentlichen auf die Ausführungen von Prof. Dr. S. in dessen zusammen mit Dr. T. erstatteten Gutachten. Dieses Gutachten ist auch verwertbar.

Der Sachverständige ist zwar nach § 407a Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt (§ 407a Abs. 2 Satz 2 ZPO). Nach der zu § 407a Abs. 2 ZPO ergangenen Rechtsprechung des BSG muss der Sachverständige die zentralen Aufgaben der Begutachtung selbst erbringen (Keller in Egle, Kappis u.a. Die Begutachtung chronischer Schmerzen, 1. Auflage 2014, S. 168/169 m.w.N.). Inwieweit die Durchführung der persönlichen Untersuchung des Probanden zum sogenannten unverzichtbaren Kern der vom Sachverständigen selbst zu erfüllenden Zentralaufgaben zählt, hängt von der Art der Untersuchung ab. Je stärker die Untersuchung auf objektivierbare und dokumentierbare organmedizinische Befunde bezogen ist, umso eher ist die Einbeziehung von Mitarbeitern möglich. Bei psychologischen und psychiatrischen Gutachten muss der Sachverständige die persönliche Begegnung mit dem Probanden und das explorierende Gespräch im wesentlichen Umfang selbst durchführen (BSG, Beschluss vom 17.04.2013 – B 9 V 36/12 B – zitiert nach Juris).

Mit dem Gutachten zu der Frage, ob bei der Klägerin Gesundheitsbeeinträchtigungen vorliegen, die eine zeitliche Minderung der beruflichen Leistungsfähigkeit begründen, hat der Senat als Sachverständigen Prof. Dr. S. beauftragt. Das Gutachten vom 17.12.2014 trägt die Unterschriften der Assistenzärztin Dr. T. und von Prof. Dr. S. Noch oberhalb der Unterschrift von Dr. T. war vermerkt "aufgrund eigener Überprüfung und Urteilsbildung einverstanden". Auf Nachfrage des Senats hat der Sachverständige Prof. Dr. S. in einer Stellungnahme vom 07.03.2015 mitgeteilt, dass er die Versicherte am 17.12.2014 persönlich im Beisein von Dr. T. befragt und untersucht habe. Dr. T. habe die Einbestellung, Koordination der Untersuchungen, erste Anamnese und klinische Untersuchung vorgenommen. Ferner hat er Mitarbeiter benannt, die Hilfsdienste in der EKG-Abteilung, bei der Blutentnahme, bei der Durchführung der Spiroergometrie und der Echokardiographie erbracht haben. Der Senat vermag sich angesichts dieser schlüssigen und überzeugenden Angaben nicht davon zu überzeugen, dass der Kern der internistisch-kardiologischen Begutachtung, die im Wesentlichen in der Auswertung der durchgeführten Untersuchungen und deren Bewertung in einem zeitlichen Kontext bestand, nicht durch Prof. Dr. S. selbst erfolgt ist. Denn nach dessen Angaben wurde nach Besprechung und Würdigung der Befunde mit ihm eine Vorfassung des Gutachtens durch Dr. T. erstellt, worauf die Durchsicht und Korrektur durch ihn selbst erfolgt ist. Er hat sich aufgrund eigener Überprüfung und Urteilsbildung mit dem Gutachten einverstanden erklärt und es sich damit zu eigen gemacht. Ferner hat er persönlich die volle zivil- und strafrechtliche Verantwortung für das Gutachten übernommen, wie er in seiner ergänzenden Stellungnahme klargestellt hat. Nach § 118 SGG i.V.m. § 407a Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz ZPO ist es dem Sachverständigen erlaubt, sich zur Erledigung des Gutachtensauftrags anderer Personen - auch anderer Ärzte - zu bedienen. Seine uneingeschränkte persönliche Verantwortung für das Gutachten erklärt der beauftragte Sachverständige nämlich durch seine Unterschrift mit dem sinngemäßen Zusatz, er habe die Arbeit seines qualifizierten Mitarbeiters selbst nachvollzogen und sich zu eigen gemacht, er sei aufgrund eigener Überzeugung und Urteilsbildung einverstanden (st. Rspr, vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 15.07.2004 - B 9 V 24/03 B -, SozR 4-1750 § 407a Nr. 2, Beschluss vom 18.09.2003 - B 9 VU 2/03 B – zit. n. juris, m. w. N.). Erst wenn aus Art und Umfang der Mitarbeit des weiteren Arztes gefolgert werden kann, der beauftragte Sachverständige habe seine – das Gutachten prägenden und regelmäßig in einem unverzichtbaren Kern von ihm selbst zu erbringenden – Zentralaufgaben delegiert (vgl. BSG a.a.O.), ist die Grenze der erlaubten Mitarbeit überschritten und liegt ein unverwertbares Gutachten vor. Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte, da aufgrund der im Wesentlichen auf einer apparativen Untersuchungen beruhenden Einschätzung der Leistungsfähigkeit (Langzeit-Blutdruckmessung, EKG, Blutwerte, Ergebnisse der Spiroergometrie und der Echokardiografie) selbst eine weitgehende Überlassung der Gutachtenserstellung an einen anderen Arzt nicht zu beanstanden gewesen wäre, sofern sich der beauftragte Sachverständige dieses Gutachten, wie oben ausgeführt, zu eigen macht. Denn weder die Auswertung der Befunde durch die Assistenzärztin Dr. T. noch die schriftliche Abfassung des Gutachtens gehören in jedem Fall zu den unverzichtbaren Kernaufgaben, die der Sachverständige selbst erledigen muss. Soweit sich nicht aus der Eigenart des Gutachtenthemas ergibt, dass für bestimmte Untersuchungen die spezielle Sachkunde und Erfahrung des Sachverständigen benötigt wird, reicht es aus, wenn dieser die von Hilfskräften erhobenen Daten und Befunde nachvollzieht. Entscheidend ist, dass der Sachverständige die Schlussfolgerungen seines Mitarbeiters überprüft und durch seine Unterschrift die volle Verantwortung für das Gutachten übernimmt (BSG, Beschluss vom 30.01.2006 – B 2 U 358/05 B – zit. n. juris, m. w. N.). Damit kommt es nach Überzeugung des Senats letztlich auch nicht entscheidend darauf an, ob die Klägerin nun zu Recht oder zu Unrecht behauptet, Prof. Dr. S. nicht persönlich gesehen zu haben. Allerdings ist der Vortrag insoweit nicht schlüssig, wenn davon auszugehen ist, dass die Klägerin Prof. Dr. S. aus vorhergehenden Behandlungen nicht kannte (was Prof. Dr. S. von der Klägerin nicht substantiiert bestritten in seiner Stellungnahme vom 07.03.2015 ausführlich darlegte), gleichzeitig aber einräumt, dass am Untersuchungstag ein älterer, grauhaariger Mann mit einem Schnurrbart anwesend gewesen sei (wenn auch nur maximal zehn Minuten), ohne dessen Namen benennen und ausschließen zu können, dass es sich hierbei um Prof. Dr. S. gehandelt hat.

Bei der Klägerin liegt zwar ein schwer einstellbarer Bluthochdruck vor, die von Prof. Dr. S. genannten Werte sowie die Begleitumstände und vorliegenden Befunde im zeitlichen Verlauf lassen den sicheren Rückschluss auf eine vorliegende Erwerbsminderung aber nicht zu. Bei der Bewertung der Auswirkungen der arteriellen Hypertonie auf die Erwerbsfähigkeit kann nicht allein nach der Höhe der Blutdruckwerte entschieden werden (vgl. hierzu wie auch im Folgenden: Dörfler u. a., Medizinische Gutachten, 2. Aufl. 2015, Seite 551 f.). Es müssen hierbei die subjektiven Beschwerden des Patienten wie auch die eventuell bestehenden Endorganschäden und assoziierten Erkrankungen in die Bewertung mit einbezogen werden. Normalerweise kann davon ausgegangen werden, dass ein Hypertoniegrad 1 und 2 ohne weitere Schäden die Leistungsfähigkeit der Patienten nicht einschränkt. Bei Blutdruckerhöhungen über 180 mmHG systolisch und 110 mmHG diastolisch (Grad 3) kann die Leistungsfähigkeit aber schon allein durch die Blutdruckhöhe eingeschränkt sein. Dies gilt auf jeden Fall für die maligne Form der arteriellen Hypertonie. Unabhängig von der Blutdruckhöhe ist die Leistungsfähigkeit aber bei subjektiven Symptomen wie Kopfschmerzen, Nasenbluten, Luftnot oder Sehstörungen (eventuell Zeichen des hypertensiven Notfalls) eingeschränkt. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit ist auch zu postulieren, wenn Endorganschäden (Albuminurie, beginnende Niereninsuffizienz, linksventrikuläre Hypertrophie oder Intima-Media-Dickenzunahme) oder assoziierte Erkrankungen (Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Insult, Niereninsuffizienz oder Aortenaneurysma) mit erhöhtem Herz-Kreislauf-Risiko vorliegen. Die Erwerbsunfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit Einsatzzeiten unter drei Stunden pro Tag basiert bei Hypertonie fast ausschließlich auf dem Nachweis von relevanten Folgeschäden (assoziierte Erkrankungen). Eine maligne Hypertonie führt bei therapieresistentem und raschem Fortschreiten der Niereninsuffizienz und Retinaveränderungen fast regelhaft zu Erwerbsunfähigkeit. So ist eine Arbeitsunfähigkeit bei arterieller Hypertonie nur dann gegeben, wenn eine akute Blutdruckentgleisung vorliegt, wobei davon ausgegangen wird, dass hierfür Blutdruckwerte im Sinne der schweren Grad-3-Hypertonie über 210 mmHG systolisch und 120 mmHG diastolisch vorliegen müssen. Auch im Bereich der Arbeitsunfähigkeit sind jedoch die Blutdruckwerte nicht allein ausschlaggebend. Es kommt zusätzlich auf die subjektiven Symptome des Patienten an, die auch schon bei niedrigeren Blutdruckwerten zur Arbeitsunfähigkeit führen können. Hauptsymptome sind Kopfschmerzen, Nasenbluten, Sehstörungen und Schwindel sowie alle Symptome des hypertensiven Notfalls. Zu den wichtigsten gehören Angina-Pectoris-Anfälle und Dyspnoe im Sinne der Herzinsuffizienz.

Unter Berücksichtigung dessen sieht der Senat eine dauerhaft bestehende Erwerbsminderung auf weniger als sechs Stunden am Tag für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht für nachgewiesen an. Insbesondere fehlt es am Nachweis von Begleiterscheinungen, die eine regelmäßige Tätigkeit von sechs Stunden am Tag auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließen. Unbestritten ist insoweit, wie sowohl die behandelnden Ärzte angeben als auch von den gerichtlichen Sachverständigen gewürdigt wurde, dass bei der Klägerin ein zu hoher Blutdruck vorliegt. Insoweit ist dies bereits durch die Langzeitblutdruckmessung im Januar 2009 durch Privatdozent Dr. H. (Bericht vom 27.01.2009) belegt, wobei auch er das Ergebnis eines Langzeit-EKG als gut bezeichnet und die Echokardiografie eine linksventrikuläre Hypertrophie ausgeschlossen hat. Der Hausarzt der Klägerin, Dr. P. (Facharzt für Innere Medizin), teilte in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 24.02.2009 (im Verfahren S 2 SB 2053/08, vorgelegt von der Klägerin mit Schriftsatz vom 07.07.2009) mit, dass die essenzielle arterielle Hypertonie mit einer Kombinationstherapie behandelt werde, worunter ein grenzwertiges Blutdruckverhalten bestehe. Die Nierenfunktion war nach dessen Angaben normal, eine sekundäre Nierenschädigung war im Ultraschall nicht nachweisbar. Über sekundäre Organschäden hinaus lagen ihm keine aussagekräftigen Befunde vor. Im Rahmen einer hypertensiven Entgleisung (als Reaktion auf den Tod der Tochter, vgl. Bericht des R.-Krankenhauses vom 15.04.2009) waren Blutdruckwerte von 185/123 mmHG angegeben worden, die nach Medikamentengabe gesenkt werden konnten. Anhaltende Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel, Nasenbluten, Luftnot und Sehstörungen wurden von der Klägerin auch auf gezieltes Befragen hin durch Dr. M. in dessen Gutachten vom 13.04.2010 nicht angegeben. Eine Dyspnoe trat auch beim Umkleiden nicht auf. Der Blutdruck war mit 140/80 mmHG ausreichend eingestellt. Assoziierte Erkrankungen wie Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Insult, Niereninsuffizienz oder Aortenaneurysma konnten zudem nicht nachgewiesen werden. Im EKG fand sich eine unauffällige Erregungsausbreitung und Rückbildung. Es bestand kein Anhalt für myokardiale Narben oder eine Rechtsherzbelastung. In der Echokardiografie fand sich ein Normalbefund, das Belastungs-EKG musste mit 50 Watt über 2 Minuten bei nicht erreichter Ausbelastung wegen Schmerzen in den Beinen und thorakalem Stechen abgebrochen werden. Dabei fanden sich ein maximaler Blutdruck von 145/95 mmHG, eine maximale Herzfrequenz von 113/Min. ohne pektanginöse Beschwerden, ohne Herzrhythmusstörungen und ohne pathologische Endstreckenveränderungen bei einer unauffälligen Nachbelastungsphase. Auch die Lungenfunktionsprüfung ergab bei einer nicht verwertbaren Fluss-Volumen-Kurve keinen Anhalt für eine Ventilationsstörung oder für eine bronchiale Hyperreagibilität. Eine kardiovaskuläre Erkrankung oder hypertensive Herzerkrankung als Folge der Hypertonie mit die Leistungsfähigkeit einschränkenden Auswirkungen konnte in dem Gutachten nicht festgestellt werden. Insbesondere wurde das Blutdruckverhalten unter Therapie als tolerabel bezeichnet. Auch im Rahmen der Untersuchung durch Dr. S. und dessen ausführliche Anamneseerhebung (Bl. 15 f. des Gutachtens) finden sich keine Beschwerdeangaben, wie sie oben bereits im Zusammenhang mit einer Bluthochdruckerkrankung dargestellt wurden. So gab auch Dr. P. in seinem Attest vom 21.06.2010 (Bl. 47 der Senatsakte) an, dass die für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit maßgeblichen Erkrankungen auf dem orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet lägen, die auf seinem Fachgebiet liegenden Erkrankungen seien schwierig zu behandeln, zeigten sich aber derzeit medikamentös ausreichend kompensiert. Bei einer Langzeitblutdruckmessung im Mai 2012 schließlich (Bericht R.-Krankenhaus 21.05.2012) wurden Blutdruckwerte von max. 190/100 mmHG und von min. 116/73 mmHG gemessen. Anlass dieser Untersuchung war eine notfallmäßige Aufnahme bei hypertensiver Entgleisung. Angegeben war insoweit, dass nach plötzlich aufgetretenem Herzrasen aus der Ruhe heraus Kopfschmerzen, thorakaler Druck und Dyspnoe bestanden. Im Januar 2013 (Bericht des R.-Krankenhauses vom 31.01.2013) befand sich die Klägerin nach renaler Sympathikusdenervierung im Oktober 2010 in stationärer Behandlung wegen Oberbauchschmerzen, Sodbrennen und einmaligem Erbrechen. Die Blutdruckwerte lagen zu den Einzelmessungen durchweg über 140 mmHG systolisch mit Spitzen bis zu 230 mmHG systolisch. In der Langzeitblutdruckmessung haben sich keine Werte unter 140/90 mmHG und auch keine Nachtabsenkung gefunden. Nachdem auch hierdurch keine befriedigende Blutdruckeinstellung zu erreichen war, wurde die Medikation umgestellt. In dem Bericht war vermerkt, dass im Rahmen der hypertensiven Entgleisungen Beschwerden wie Schwindel, Kopfschmerzen, pektanginöse Beschwerden oder Luftnot zu keinem Zeitpunkt aufgetreten seien. Auch wenn nach der renalen Sympathikusdenervierung unverändert hohe Blutdruckwerte bestanden haben, sind nach dem Eingriff keine Palpationen und bei den Eigenmessungen auch kein tachykarder Puls mehr aufgetreten, was die Klägerin als sehr positiv empfinde.

Soweit Prof. Dr. Y. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 05.02.2014 die Auffassung vertreten hat, dass bei derart hohen und spontan auftretenden Blutdruckwerten, insbesondere zum Zeitpunkt dieser Werte, praktisch kaum eine sinnvolle Berufstätigkeit ausgeübt werden könne und insbesondere nicht solche, die mit körperlicher Leistung und/oder besonderer Aufmerksamkeit/Konzentration verbunden sind, relativiert er die dadurch bestehenden Einschränkungen aber dahingehend, dass die Klägerin an diese hohen Blutdruckwerte bereits so sehr adaptiert sei, dass sie in Relation zur Blutdruckhöhe relativ beschwerdearm sei und auch im Alltag diese Werte aufweise. Insoweit beurteilt er die Leistungsfähigkeit allein aufgrund der (bis Ende 2012) gemessenen Werte, ohne konkret bestehende Einschränkungen zu benennen. Dies bestätigen seine Einlassung, wonach dies jedoch nicht Rechtfertigung sein könne und solle, einer Patientin, die bereits in Ruhe systolische Blutdruckwerte von bis zu 230 mmHG aufweise, ein zusätzliches Arbeitsvermögen zuzusprechen. Begleiterscheinungen und subjektive Beschwerden im oben beschriebenen Sinn treten aber, wie der Senat auch dieser Aussage entnimmt, gerade nicht auf und auch Prof. Dr. Y. benennt keine Endorganschäden, die allein oder zusätzlich eine solche zeitliche Leistungsminderung rechtfertigen könnten. Die Annahme einer überdauernden, rentenrechtlich relevanten Leistungsminderung ist durch diese sachverständige Zeugenaussage daher nicht schlüssig belegt.

Der Senat sieht die Leistungsbeurteilung, welche von einer noch erhaltenen Fähigkeit, wenigstens sechs Stunden am Tag einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen zu können, ausgeht, auch durch das kardiologische Gutachten von Prof. Dr. S. bestätigt. Ihm gegenüber hat die Klägerin angegeben, dass sie über unwillkürlich auftretenden Druck im Kopf und gelegentlich auch im Brustbein leide, und, wenn sie dann ihren Blutdruck messe, die Werte hoch (170-180 mmHG systolisch) seien, woraufhin sie ein schnell wirksames Blutdruckmedikament (Nifedipin) einnehme. Im Rahmen der Anamnese in dem Gutachten gab sie darüber hinaus an, dass sich die Blutdruckwerte seit der renalen Sympathikusdenervierung tendenziell gebessert hätten. Bei Messungen jeden 2. Tag eine Stunde nach Einnahme der Medikamente messe sie Werte von 140-155 mmHG systolisch. Früher hätten die Werte meist über 200 mmHG und bis zu 230 mmHG systolisch gelegen. Ferner gab sie an, vor allem durch die Schmerzen eingeschränkt zu sein, Blutdruckentgleisungen träten nur noch gelegentlich, aber unvermittelt auf. Sie belaste sich nur noch in Maßen, könne aber Spaziergänge von bis zu einer Stunde Dauer unternehmen, wobei sie jedoch ein langsames Tempo anschlage und Pausen einlege. Prof. Dr. S. hat angesichts der von ihm durchgeführten Untersuchungen ausgeführt, dass die Entgleisungen aktuell bei bis 180 mmHg systolisch lägen. Die Klägerin nehme das schnell wirksame gefäßerweiternde Medikament Nifedipin deswegen noch häufig ein. Es helfe gegen den Druck in Kopf und Brust, der Blutdruck sinke. Die Schilderung hinsichtlich der Blutdruckwerte durch die Klägerin wurde durch die erhobenen Befunde bestätigt: Die Langzeit-Blutdruckmessung im häuslichen Umfeld hat zumeist mild bis moderat erhöhte Blutdruckwerte mit einzelnen, stark hypertensiven Ausreißern ergeben (Gesamtdurchschnitt Tagesintervall: 147/94 mmHG, max. 170/130 mmHG, min 130/82 mmHG; Gesamtdurchschnitt Nachtintervall 148/91, max. 175/113 mmHG, min. 135/80 mmHG). Eine Korrelation zur körperlichen Belastung konnte durch die Untersuchung nicht sicher belegt werden, weil die Klägerin den Tätigkeitsbogen, den sie während der Messung hätte ausfüllen sollen, nicht vorgelegt hat. Zur Klärung der körperlichen Belastbarkeit und des Blutdruckverhaltens unter körperlicher Arbeit war deshalb eine Spiroergometrie durchgeführt worden. Unter maximaler Belastung bis 67 Watt bestand kein Anhalt für eine ventilatorische Limitation in Form einer Obstruktion oder Aufbrauchen der Atemreserve. Formell – bezogen auf die Referenzwerte – bestand keine bis allenfalls eine leichtgradig eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Der Abbruch erfolgte wegen Ermüdung der Patientin als Folge der Adipositas und des fehlenden körperlichen Trainings, wie Prof. Dr. S. ausführte. Nach Belastungsende waren die Blutdruckwerte auch wieder auf das Ausgangsniveau fallend gewesen, sodass letztendlich eine Abhängigkeit der Blutdruckwerte von körperlicher Belastung habe dokumentiert werden können. Unter medikamentöser Therapie besteht nach den Ausführungen des Gutachters eine milde bis moderate Hypertonie (Klassifikation gemäß ESH- bzw. AWMF-Kriterien) bzw. eine Hypertonie Grad II, nachdem sich echokardiografisch Zeichen einer hypertensiven Herzerkrankung (septale Hypertrophie und diastolische Relaxationsstörung ohne Einschränkung der linksventrikulären Pumpleistung) und in der Herzkatheteruntersuchung 2005 eine Koronarsklerose (Plaquebildung ohne relevante Engstellen) feststellen ließen.

Nach den Ausführungen von Prof. Dr. S. führt die arterielle Hypertonie unmittelbar zu Symptomen wie Druck im Kopf und Brustbereich. Ferner geht er - trotz eines fehlenden Nachweises hierfür - davon aus, dass hypertensive Blutdruckwerte mit körperlicher Belastung assoziiert werden können und gelegentlich auch in Ruhe auftreten. Eine zudem nur vermutete funktionelle Störung der Koronararterien auf dem Boden der hypertensiven Herzerkrankung mit Angabe von Brustschmerzen wirkt sich, wie er ebenfalls nachvollziehbar und überzeugend ausführte, dabei nicht negativ auf das berufliche Leistungsvermögen aus, jedoch - wie die belastungsabhängigen Blutdruckentgleisungen - auf die Art der Tätigkeit, wobei spiroergometrisch die körperliche Belastbarkeit nicht eingeschränkt gewesen ist und sich insoweit nur eine gewisse Dekonditionierung feststellen ließ. Hieraus lässt sich mit dem gehörten Sachverständigen schlüssig ableiten, dass eine leichte körperliche Arbeit, wie sie bereits von Dr. M. beschrieben wurde, mit einem Heben und Tragen von Lasten zeitweise bis zu 10 kg vorwiegend im Sitzen und mit gelegentlichem Gehen ohne Schichtarbeit und Exposition gegenüber Wärme und Kälte möglich und zumutbar ist. Weitergehende Einschränkungen sind auch nicht durch die AV-Knoten-Reentry-Tachykardie bedingt, die zuletzt zwei Jahre vor der Begutachtung durch Prof. Dr. S. aufgetreten war. Denn Schwere und Form einer Tätigkeit sowie äußere (auch klimatische) Bedingungen wirken sich insoweit nicht auf ein erneutes Auftreten aus. Übereinstimmend hierzu hat auch Dr. M. keine weitergehenden Einschränkungen gesehen.

Tätigkeiten, die diese Einschränkungen berücksichtigen, kann die Klägerin nach Überzeugung des Senats noch wenigstens sechs Stunden am Tag im Rahmen einer Fünftagewoche ausüben. Dies hat Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 09.06.2015 nochmals klargestellt und ergibt sich im Übrigen aus den fehlenden, eine zeitliche Limitierung rechtfertigenden Befunden und auch aus dem Gutachten selbst. Denn Prof. Dr. S. wies bereits unter 5.2 seines Gutachtens darauf hin, dass die qualitativen Einschränkungen solange zu berücksichtigen sind, wie keine bessere Blutdruckeinstellung möglich ist. Insoweit empfahl er die Erhöhung der Amlodipin-Dosis, die jedoch von der Klägerin nicht vertragen wird (Auskunft von Dr. Dr. E., 07.05.2015). Die Beantwortung der Frage nach dem zeitlichen Leistungsvermögen war daher nicht dahingehend zu verstehen, dass von einer Leistungsfähigkeit nur bei intensivierter antihypertensiver Therapie auszugehen war, sondern war im Kontext der qualitativen Einschränkungen zu sehen, zumal weder die Befunde des Gutachtens noch die des Vorgutachtens Einschränkungen belegen, die eine zeitliche Leistungsminderung auf weniger als sechs Stunden am Tag rechtfertigen könnten.

Die auch nach einer CT-Untersuchung bestehenden unklaren Oberbauchbeschwerden (Dr. T. 09.02.2015) führen insoweit zu keinen weiteren qualitativen oder quantitativen Einschränkungen; Gleiches gilt für die vorgelegten, am 20.01.2015 erhobenen Blutwerte (ergänzende Stellungnahme Prof. Dr. S. 09.06.2015).

Nichts anderes ergibt sich schließlich unter Berücksichtigung der orthopädischen Einschränkungen. Hierzu stellt der Senat fest, dass bei der Klägerin ausweislich des Gutachtens von Dr. N., dem der Senat folgt, ein Zustand nach osteoligamentärer Dekompression L4/5 rechts ohne diesbezüglich nennenswerte Funktionseinschränkungen oder Besonderheiten bei einer Überlagerung durch eine somatoforme Schmerzstörung vorliegt. Weiter spricht er von einem möglichen statomyalgischen dorsolumbalen Syndrom bei erheblichem Übergewicht, allerdings ohne erkennbare Wurzelreizsymptomatik. Soweit die Bewegungsprüfung für die oberen Extremitäten durch An- und Gegenspannen erheblich erschwert war, ging der Sachverständige von endgradigen Auslenkungsbeschwerden im rechten und linken Schultergelenk aus, die aber aufgrund des beobachteten beidseitigen Armeinsatzes beim Aus- und Anziehen zu Recht als ohne Limitierung für den alltagsüblichen Bereich gewertet wurden. Darüber hinaus waren Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke altersgemäß frei beweglich, der Faustschluss und die Faustöffnung bei normaler Kraftentfaltung komplett. Auch für den Bereich der unteren Extremitäten war trotz dem beschriebenen, durch wechselnde Willkürinnervationen sehr starken Gegenspannen und Sichsteifmachens nur aufgrund von Beobachtungswerten eine Aussage zu treffen, die aber mit Blick auf das Sitzen auf einem Stuhl bei 90° Hüftbeugung und auf der Liegekante mit 90° Kniebeugung und entsprechend 90° Hüftbeugung sowie bei im Liegen nicht erkennbarer Streckhemmung der Kniegelenke die Annahme eines wesentlich einschränkenden Befundes nicht rechtfertigen. Bei einem hinkfreien Gangbild (leicht watschelnd aufgrund des BMI entsprechend ausgestaltet) ließen sich zudem keine wesentlichen Einschränkungen feststellen, die einer wenigstens sechsstündigen Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entgegenstehen könnten. Insoweit erscheint es dem Senat vielmehr schlüssig und nachvollziehbar, dass wegen der Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule und wegen des erforderlichen Einsatzes der oberen Extremitäten zwar Tätigkeiten als Reinigungskraft ausgeschlossen sind, nicht aber leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, wenn einseitige Wirbelsäulenhaltungen, Arbeiten weit über dem Kopf (bei mittelschwerem Arbeitseinsatz), Tätigkeiten im Knien/Hocken/auf Gerüsten/Leitern/unebenem Boden sowie unter Vibrations- und Witterungseinfluss ausgeschlossen sind. Dieser Leistungseinschätzung hat sich zudem der vom SG gehörte sachverständige Zeuge Dr. L., dem das Gutachten des Dr. N. vorgelegen hat, ausdrücklich angeschlossen (29.07.2009). Schließlich wird dies durch das auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin eingeholte Gutachten des Dr. Schätz bestätigt, der seinen Befund ebenfalls durch eine teilweise erheblich eingeschränkte Kooperation und Verdeutlichungstendenz eingeschränkt sah, aber ebenfalls nur eine mäßiggradige Funktionseinschränkung der Schultergelenke und mittelgradige Einschränkung der Lendenwirbelsäule ohne neurologische Defizite festzustellen vermochte.

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren auf eine wegen u. a. einer Impingementsymptomatik der linken Schulter und einer fibrösen Schultersteife (Kapselmuster) links erforderliche Operation verweist, die von dem Orthopäden Dr. M. am 15.04.2013 durchgeführt worden war, sind diesbezüglich verbleibende Einschränkungen, die nicht bereits Berücksichtigung gefunden haben (Arbeitsschwere und Arbeitshaltung, insbesondere vor und über dem Kopf), nicht nachgewiesen. Die passive und aktive Beweglichkeit war am Untersuchungstag "schmerzabhängig frei", Physiotherapie (12 Termine) wurde verordnet. Eine die quantitative Leistungsfähigkeit der Klägerin beeinträchtigende Einschränkung ist insoweit auch nicht zu erwarten.

Ob der Klägerin ein entsprechender Arbeitsplatz auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist; dementsprechend bestimmt § 43 Abs. 3 SGB VI, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich sein kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Ein Rentenanspruch kann vorliegend auch nicht auf die Grundsätze einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist bei Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen daher entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12; BSG, Urteil vom 09.09.1998, B 13 RJ 35/97 R (juris)). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr. 90) jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich sind. Ausgehend davon, dass die Klägerin vorrangig durch eine Einschränkung der Schultergelenksbeweglichkeit - bei beidseits vollständig erhaltener Ellenbogen-, Hand- und Handgelenksfunktion, die durch eine Kraftprüfung bei der Untersuchung der Klägerin durch Dr. N. und Dr. S. dokumentiert worden ist (ebenso Gutachten Dr. M.) -, durch die dadurch bestehenden Schmerzen und daneben noch bestehende Wirbelsäulenbeschwerden beeinträchtigt ist, jedoch leichte Bürotätigkeiten, aufsichtführende Tätigkeiten sowie leichte Montier- und Sortierarbeiten noch mehr als sechs Stunden täglich verrichten kann, liegt weder eine besondere spezifische Leistungsbeeinträchtigung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, nachdem der Klägerin noch weite Teile des Arbeitsmarktes für leichte Tätigkeiten offen stehen.

Die Klägerin ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteile vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 RSozR 3-5864 § 13 Nr. 2 m. W. N. sowie Urteil vom 28.08.2002 - B 5 RJ 12/02 R - (juris)). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG, Urteile vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R - SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 und vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R – (juris)); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, viermal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG, Urteile vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 19.11.1997 - 5 RJ 16/97 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 10 und vom 30.01.2002 - B 5 RJ 36/01 R – (juris)). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, ggf. im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI, § 33 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX)) subventionierten Kraftfahrzeugs (vgl. BSG, Urteile vom 19.11.1997 - 5 RJ 16/97 - in SozR 3-2600 § 44 Nr. 10, vom 30.01.2002 - B 5 RJ 36/01 R - und vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R - (jeweils juris)). Befunde und Erkrankungen, die eine Einschränkung der Wegefähigkeit in o. g. Sinn begründen könnten, liegen insbesondere nach den Gutachten von Dr. N. und Dr. S. nicht vor. Beide haben übereinstimmend (und trotz des unsicheren, kleinschrittigen, unharmonischen aber nicht hinkenden Gangbildes bei Hinweisen auf erhebliche Verdeutlichungstendenzen bis hin zur Aggravation) keinen Zweifel an der erhaltenen Wegefähigkeit geäußert und sie ausdrücklich bejaht. Wie Dr. S. zu Recht ausgeführt hat, erreichen weder die statische Belastbarkeitsminderung der Wirbelsäule noch die degenerativen Veränderungen der Kniegelenke einen Schweregrad, der eine Einschränkung rechtfertigen könnte. Hinzu kommt, dass durch die Untersuchung im Diakonie Krankenhaus S. vom 30.09.2010 eine periphere arterielle Verschlusskrankheit als Ursache der geltend gemachten Beschwerden (Schmerzsensationen in beiden Beinen) ausgeschlossen werden konnte. Einschränkungen der Wegefähigkeit lassen sich auch den beiden internistischen und den beiden neurologisch-psychiatrischen Gutachten nicht entnehmen, weswegen auch dort zu Recht von einer erhaltenen Wegefähigkeit ausgegangen wurde.

Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, welche das SG mit zutreffender Begründung und aufgrund des fehlenden Berufsschutzes der Klägerin, welche über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt und aufgrund der bislang ausgeübten ungelernten Tätigkeiten breit verweisbar ist, abgelehnt hat, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr geltend gemacht.

Damit hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung zurückzuweisen war.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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