Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 425/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 570/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. Januar 2014 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011 einen Betrag in Höhe von 2.420 EUR zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten wird im Übrigen zurückgewiesen.
Die Beklagte hat 8/9 der außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der (Mehr-) Kosten für höherwertige Hörgeräte der Marke "Widex Clear 440 c4-PA" in Höhe von 2.720 EUR.
Der 1955 geborene Kläger ist gelernter Diplom-Ingenieur und war zuletzt seit 1999 als Produktionsleiter in einem kunststoffverarbeitenden Betrieb beschäftigt. Er ist bei der Debeka privat krankenversichert und bei der Beklagten rentenversichert. Am 15. Oktober 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Übernahme der Kosten (über den von der Krankenkasse übernommenen Festbetrag hinaus) für die Versorgung mit einem höherwertigen Hörgerät. Im Antrag gab er an, seine hauptsächliche Arbeit sei die Mitarbeiterführung mit vielen Mitarbeitergesprächen, Leitung vieler Sitzungen und Produktabnahmen an laufenden Maschinen. Für diese unterschiedlichen Anforderungen benötige er optimale Hörgeräte. Seine Hörprobleme seien gravierender geworden. Er benötige neue Hörgeräte, um seiner Tätigkeit als Produktionsleiter weiter nachgehen zu können. Seine Krankenkasse erstatte 3.000 EUR der insgesamt 5.970 EUR teuren Hörgeräte. Vor sieben Jahren habe er von der Beklagten für sein damaliges Hörgerät eine Bewilligung erhalten. Er bat um Übernahme des Differenzbetrags in Höhe von 2.970 EUR und legte die ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe des HNO-Arztes Dr. G. vom 14. Mai 2009, worin dieser als Diagnose eine mittelgradige Schallempfindungsstörung bds. nannte und angab, die bisher getragenen Geräte seien überaltert und in der Leistung nicht mehr ausreichend, sowie den Anpassbericht der Firma St. Hörakustik vom 8. Juli 2010 vor. Danach wurden sechs Hörgeräte getestet. Mit dem Hörgerät Widex Clear 440 c4-PA wurde in Ruhe ein Sprachverstehen (Einsilber) von 100 % erzielt, mit dem Hörgerät Phonak Audio Yes IX ein Sprachverstehen von 95%, mit dem Hörgerät Widex Passion 115 ein Sprachverstehen von 75 %, mit dem Hörgerät Phonak Audio YES V ein Sprachverstehen von 75 %, mit dem Hörgerät Bernafon Move 106 ein Sprachverstehen von 65% und mit dem Hörgerät Siemens Motion 300 S ein Sprachverstehen von 50%. Im Störgeräusch betrug das Sprachverstehen bei dem Hörgerät Widex Clear 440 c4-PA 90%, bei dem Hörgerät Phonak Audio Yes IX 80%, bei dem Hörgerät Widex Passion 115 50%, bei dem Hörgerät Phonak Audio YES V ebenfalls 50 % und bei dem Hörgerät Bernafon Move 106 45 %. Bei der Freifeldmessung (65 dB, 1 m Abstand) wurde mit dem Hörgerät Widex Clear 440 c4-PA ohne Geräusch ein Hörgewinn von 100% und mit Geräusch ein Hörgewinn von 25 % erzielt. Im Anpassbericht wird ferner ausgeführt, für den Kläger sei es aufgrund des vorhandenen Hörvermögens sehr schwer, Nebengeräusche mental auszublenden. Im Störschall könne er nur mit großer Konzentration und Anstrengung verstehen. Mit einfacheren Geräten (einfachere Mikrofontechnik, einfachere Situationserkennung und Störschallunterdrückung in weniger Kanälen) könne er zwar in ruhiger Umgebung gute Ergebnisse erreichen, sobald aber Störlärm hinzu komme, sei hier der Einsatz von besseren Regelsystemen notwendig. Durch sich ständig ändernde akustische Hörbedingungen im Arbeitsumfeld des Klägers (Bürotätigkeit, Besprechungen mit Mitarbeitern in Produktionshalle, Konferenzen, Telefonate) sei eine hohe Flexibilität der Hörsysteme Voraussetzung für eine ausreichende Diskrimination. Mit den nun angepassten Hörgeräten (des Typs Widex Clear 440 c4-PA) werde in nahezu allen relevanten Hörsituationen eine zufriedenstellende Verständlichkeit erreicht, ohne dass Nebengeräusche belastend aufträten, was zum Erhalt des Gehörs zwingend erforderlich sei. Somit müsse der Kläger auch nicht mehr seine volle Konzentration auf das Hören verwenden. Bei der Hörgeräteüberprüfung im HNO-Zentrum Ö. (Dr. G.) am 12. November 2010 bzw. 18. November 2010 betrug die Einsilberverständlichkeit im Freifeld bei dem getesteten Festbetragsgerät Bernafon Win 102 digital 20 %, bei dem Hörgerät der Marke Siemens Motion 300 S 25 % und bei dem Hörgerät der Marke Widex Clear 440 c4-PA 70%.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger sei angesichts der bestehenden Hörschädigung auf das Tragen einer Hörhilfe aus medizinischen Gründen angewiesen. Dies bedeute, dass der Kläger dieses Hilfsmittel im privaten wie auch beruflichen Lebensbereich benötige. Bei der Versorgung dieses Grundbedarfs handele es sich um eine Krankenbehandlung im Sinne des Krankenversicherungsrechts. Eine den medizinischen Erfordernissen entsprechende zweckmäßige Ausstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung sei auch bei der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit als Produktionsleiter ausreichend. Eine Leistungspflicht der Beklagten könne sich ergeben, wenn ein Hilfsmittel zum Ausgleich einer Behinderung nur für einen bestimmten Arbeitsplatz bzw. nur für eine spezielle Form einer Berufsausübung erforderlich sei und dieses Hilfsmittel bei anderweitiger beruflicher Tätigkeit nicht benötigt werde. Sie könne also dann in Betracht kommen, wenn die Versorgung elementarer Grundbedürfnisse hörbeeinträchtigter Menschen im Rahmen einer medizinisch indizierten Krankenbehandlung arbeitsbezogenen berufstypischen Anforderungen nicht genüge. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor, da die Anforderungen in seiner Berufstätigkeit keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit erkennen ließen. Persönliche oder telefonische Kommunikation im Zweier- oder Gruppengespräch, auch bei ungünstigen akustischen Bedingungen mit hohen Anforderungen an das Verstehen sowie störende Umgebungsgeräusche am Arbeitsplatz stellten Anforderungen an das Hörvermögen dar, die auch im täglichen Leben sowie nahezu bei jeder Berufsausübung bestünden. Die beantragten Hilfsmittel dienten vielmehr dem unmittelbaren Behinderungsausgleich mit dem Ziele der Angleichung an das Hörvermögen hörgesunder Menschen. Sie böten Gebrauchsvorteile im gesamten täglichen Leben. Dabei stelle die Fähigkeit, mittels Sprache zu kommunizieren, ein elementares Grundbedürfnis eines jeden Menschen dar, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Sollten die von der Krankenkasse geförderten Hörgeräte diese im Berufsleben üblichen Höranforderungen nicht erfüllen, sei dies dort unter dem Aspekt der medizinischen Grundversorgung zu überprüfen. Eine Leistungsverpflichtung der Beklagten folge daraus nicht. Im Interesse des Klägers sei der Antrag vorsorglich an die Krankenkasse übersandt worden. Nachdem die Beklagte den Antrag mit Schreiben vom 28. Oktober 2010 an die AOK Baden-Württemberg übersandt hatte, teilte diese mit Schreiben vom 9. November 2010 mit, dass der Kläger nicht bei ihr krankenversichert sei.
Mit Schreiben vom 3. November 2010 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. Oktober 2010 und führte zur Begründung aus, die für seinen beruflichen Einsatz am besten geeigneten Hörgeräte seien medizinisch mit anderen Hörgeräten verglichen worden. Den Testergebnissen könne die Beklagte entnehmen, dass alle anderen sich als nicht tauglich erwiesen hätten. Das Tragen von geeigneten Hörgeräten sei für seinen Arbeitsplatz unentbehrlich, da die meisten Stunden seiner Arbeitszeit mit Personalgesprächen gefüllt seien. Zu dem Einwand der Beklagten, dass die Hörgeräte nicht nur beruflich verwandt würden, könne er nur entgegnen, dass das Tragen von Hörgeräten für ihn außerordentlich anstrengend sei. Nach 9-10 Stunden Arbeitszeit ziehe er die Hörgeräte sofort aus und gönne seinen Ohren eine Ruhephase, da die Verarbeitung der Geräusche in der Dauerbelastung sehr belastend sei. Vor sieben Jahren habe die Beklagte bei gleichem Sachverhalt einen positiven Bescheid erteilt. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 33 Abs. 8 Nr. 4 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) umfassten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch sonstige Hilfen der Arbeits- und Berufsförderung, um dem Betreuten eine angemessene und geeignete Erwerbs- oder Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Ein Hilfsmittel sei folglich nur dann als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX anzusehen, wenn es ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufs oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Die Versorgung mit Hörhilfen gehöre grundsätzlich nicht zu den Leistungen der Beklagten im Sinne des § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX. Nach §§ 27, 32 SGB V in der Fassung des am 1. Januar 1989 in Kraft getretenen "Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen" (Gesundheitsreformgesetz – GRG -) habe der Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse unter anderem auch die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln, soweit diese nicht nach § 34 SGB V ausgeschlossen seien. Zur Krankenbehandlung gehöre auch die Ausstattung mit Hilfsmitteln, die erforderlich seien, um die Behinderung auszugleichen. Bei der vom Kläger begehrten Hörhilfe handele es sich um ein Hilfsmittel, ausgewiesen in § 33 SGB V, das erforderlich sei, um die bestehende Hörbehinderung auszugleichen. Damit sei klargestellt, dass Hörhilfen zu Leistungen nach den vorgenannten Vorschriften gehörten. Es liege im Versorgungsauftrag der Krankenkasse gemäß oben genannter Vorschrift, für den Ausgleich der Funktionsstörung mittels adäquater Hörhilfen zu sorgen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R). Eine Leistungsgewährung seitens der Beklagten komme nur in Betracht, wenn die Hörhilfe – gegebenenfalls auch eine besondere Ausstattung – als spezifische berufsbedingte Hörgeräteversorgung über den oben genannten Versorgungsauftrag der Krankenkasse hinaus erforderlich sei, um den speziellen beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. Im Beruf des Klägers als Produktionsleiter bestünden keine gegenüber anderen Berufen erhöhten Anforderungen an das Hörvermögen (wie z.B. beim Beruf des Konzertmusikers oder des Klavierstimmers). Es werde nicht bestritten, dass das Hörvermögen durch spezielle Hörgeräte, die über der Festbetragsregelung der Krankenkasse lägen, verbessert werden könne. Dieser Umstand allein könne die Beklagte allerdings nicht zur Leistung verpflichten. Diese Leistungspflicht ergebe sich nur, wenn am Arbeitsplatz Anforderungen bestünden, die über die Anforderungen für jeden Arbeitsplatz hinausgingen. Die Kommunikation mit anderen Arbeitnehmern, das Telefonieren, der Kundenkontakt sowie eine gewisse Geräuschkulisse am Arbeitsplatz seien Anforderungen, die in nahezu jeder Berufstätigkeit bestünden. Für den Berufszweig des Klägers sei kein spezifisch berufsbedingter Bedarf erkennbar. Hören unter Störlärm müsse nahezu jeder Arbeitnehmer. Der Kläger könne eine Förderung seitens der Beklagten daher nicht begründen. Dass ihm bereits im Jahr 2003 von der Beklagten Kosten für Hörgeräte erstattet worden seien, begründe keinen Rechtsanspruch. Die Beklagte sei verpflichtet, bei jedem Antrag die gesetzlichen Vorschriften erneut zu prüfen. Eine möglicherweise fehlerhafte Verwaltungsentscheidung dürfe nicht wiederholt werden; dies ergebe sich aus dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns sowie aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
Dagegen hat der Kläger am 4. Februar 2011 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Wie die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid zu Recht erkenne, sei sie zur Leistung verpflichtet, wenn am Arbeitsplatz Anforderungen bestünden, die über die Anforderungen für jeden Arbeitsplatz hinausgingen. Dies sei bei ihm der Fall. Er sei von Beruf Produktionsleiter und verantwortlich dafür, dass die Produktion bei seinem Arbeitgeber fehlerfrei und reibungslos funktioniere. Gerade diese hohe Verantwortung unterscheide seinen Arbeitsplatz von anderen Arbeitsplätzen. Er sei zwingend auf eine reibungslose Kommunikation angewiesen, die mit anderen Hörgeräten nicht zu erzielen sei. Er verstehe mit anderen Hörgeräten so gut wie nichts, wenn er sich in der Produktionshalle befinde, in der laute Maschinen liefen, und mit ihm unterstellten Arbeitnehmern kommuniziere. Auch in den täglich stattfindenden Besprechungen sei er zwingend darauf angewiesen, genau zu verstehen, was ihm seine Gesprächspartner erwiderten. Eine genaue Fokussierung sei nur mit den streitgegenständlichen Hörgeräten machbar. Der entscheidende Unterschied bestehe in seiner verantwortungsvollen Position sowie in den unübersehbaren Schadensfolgen, wenn Fehler entstehen würden. Es sei völlig anders als bei anderen Arbeitnehmern, die deutlich weniger Verantwortung trügen. Schließlich hat der Kläger auf die ärztliche Bescheinigung des HNO-Zentrums Ö. vom 24. November 2010 (Dr. G.) verwiesen, die der Beklagten vorliege. Dort sei sehr genau die medizinische Notwendigkeit mit den einzelnen Hörkurven zusammengestellt und auch die Gegenüberstellung zu den vorgeschlagenen Alternativprodukten zu finden. Er habe im Januar 2011 das Hörgerät erhalten. Diesbezüglich hat er die Rechnung vom 25. Januar 2011 in Höhe von 5.420 EUR vorgelegt. Die Debeka habe bereits einen Betrag von 2.700 EUR erstattet. Hierzu hat der Kläger die Leistungsmitteilung der Debeka Krankenversicherung vom 14. Februar 2011 vorgelegt.
Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung geblieben, dass die Notwendigkeit einer über den Versorgungsauftrag der Krankenkasse hinausgehende höherwertige Hörgeräteversorgung allein für den vom Kläger ausgeübten Beruf als Produktionsleiter nicht bestehe, da in diesem Beruf keine besonderen Anforderungen an das Hörvermögen gestellt würden. Auch der Hinweis des Klägers, dass das genaue Hören und Verstehen seiner besonders verantwortungsvollen Position geschuldet seien, ergebe im Ergebnis keine andere Beurteilung. Jeder erwerbstätige Mensch sei zur korrekten Erfüllung seiner Arbeitsaufgaben auf genaues Hören und Verstehen angewiesen, da sich dieser Mangel ansonsten nachteilig auf seine Arbeitsergebnisse auswirken könne und werde. Wie das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R ausgeführt habe, stellten die persönliche und telefonische Kommunikation, gegebenenfalls auch unter Umgebungsgeräuschen, keine besondere Höranforderung dar. Vorliegend sei eine, im Rahmen des im BSG-Urteil vom 17. Dezember 2009 festgestellten Umfangs, adäquate Versorgung durch die zuständige Krankenkasse zu erfüllen. Ob dies durch die vom Krankenversicherungsträger gewährten Festbetragsgeräte realisiert worden sei, obliege nicht der Beurteilungskompetenz der Beklagten. Berufe, die besondere Anforderungen an das Hörvermögen stellten und somit einen Anspruch auf eine besonders hochwertige Versorgung im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben begründen könnten, seien beispielsweise Klavierstimmer, Berufsmusiker und ähnliche Berufe, die über ein besonders ausgeprägtes Hörvermögen berufsbedingt verfügen müssten. Gespräche und Telefonate, auch unter Störlärm müssten in nahezu jeder beruflichen Tätigkeit geführt werden, so dass die Beklagte nahezu jeden schwerhörigen Beschäftigten oder selbständig Tätigen nachversorgen müsste, wenn die Krankenversicherung lediglich den Festbetrag leisten würde. Darüber hinaus sei die Krankenkasse erstangegangener Leistungsträger. Der Kostenvoranschlag des Akustikers datiere nach Aussage der Krankenkasse vom 27. Mai 2010. Mit Schreiben vom 13. August 2010 habe die Krankenkasse die Kostenübernahme bzw. Zuschussgewährung erklärt. Die Antragstellung bei der Beklagten sei dagegen erst am 15. Oktober 2010 erfolgt. Unabhängig von der qualitativen Bedarfslage, die hier klar bei der Krankenversicherung liege, sei diese der nach § 14 SGB IX formell zuständige Leistungsträger, weil die Krankenkasse vor der Antragstellung bei der Beklagten über die Zuschussgewährung entschieden habe. Das SG hat die Auskunft des Arbeitgebers des Klägers vom 1. September 2011 eingeholt. Darin hat der Arbeitgeber bestätigt, dass die Tätigkeit des Klägers ein gutes Hörvermögen erfordere. In seiner Funktion als Leiter der Produktion sei er darauf angewiesen, in Besprechungen v. a. im Maschinenbereich () 80 dB) gut zu hören. Es fänden täglich Mitarbeiterbesprechungen, z.T. mit Ortsbegehungen an den Produktionsanlagen, statt. Produktionsprobleme müssten vor Ort, d.h. an den Maschinen, besprochen werden. Selbst im Büro des Klägers sei ständig ein Geräuschpegel vorhanden, da sich dieses mitten in der Produktion befinde.
Mit Urteil vom 15. Januar 2014 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011 verurteilt, dem Kläger 2.720 EUR zu bezahlen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für den vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruch gemäß § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX seien erfüllt. Der Kläger habe einen Anspruch auf die Leistung als Sachleistung in Form eines Anspruchs auf Übernahme der den Festbetrag übersteigenden Kosten gehabt, da er die Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfülle. Er benötige das von ihm beschaffte Hörgerät der Marke "Widex Clear 440 c4-PA", da nur so die aus seiner mittelgradigen Schallempfindungsstörung resultierende Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit zu überwinden sei. Er benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen seiner beruflichen Tätigkeit als Produktionsleiter. Der Schwerpunkt dieser Tätigkeit liege in Mitarbeitergesprächen und Mitarbeiterbesprechungen, die mit Ortsbegehungen an den Produktionsanlagen in der Produktionshalle einhergingen. Selbst in seinem Büro sei der Lärm der Produktionsmaschinen vorhanden, da sich dieses inmitten der Produktion befinde. Produktionsprobleme müssten an den laufenden Maschinen besprochen werden. Der Kläger sei für eine fehlerfreie und reibungslose Produktion verantwortlich und er habe im Erörterungstermin auch glaubhaft dargelegt, dass mit anderen Hörgeräten eine reibungslose Kommunikation mit den ihm unterstellten Arbeitnehmern nicht möglich sei. Diesen Anforderungen könne der Kläger aufgrund seiner mittelgradigen Schallempfindungsstörung nicht gerecht werden. Das von ihm beschaffte Hörgerät sei geeignet, diesen Zustand wesentlich zu bessern. Dabei hat sich das SG auf den Anpassbericht des Hörgeräteakustikers vom 8. Juli 2010 sowie die Angaben des Klägers im Erörterungstermin am 4. Dezember 2013 gestützt. Auch die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 SGB IX seien erfüllt, da das vom Kläger gewählte Hörgerät erforderlich im Sinne dieser Vorschrift sei. Eine Beiladung der privaten Krankenkasse sei nicht erforderlich gewesen. Da der Kläger nicht gesetzlich, sondern privat versichert sei, sei weder für eine Beiladung Raum, da das Vertragsverhältnis gegenüber seiner privaten Krankenkasse nicht in die Zuständigkeit der Sozialgerichte falle, noch finde die Vorschrift des § 14 SGB IX Anwendung.
Gegen das ihr am 24. Januar 2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. Februar 2014 eingelegte Berufung der Beklagten. Das private Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Krankenkasse könne nicht zu einer Ausweitung der Pflichten der Beklagten führen. Die private Krankenkasse sei zwar nicht an diesem Verfahren beteiligt, könne aber trotzdem weitere Leistungen an den Kläger erbringen, sofern das Gericht feststelle, dass nach der Abgrenzung zwischen den verschiedenen Leistungsträgern keine Ansprüche gegenüber der Beklagten bestehen. Die vom SG aufgezählten Höranforderungen beträfen ein Sprachverstehen bei dem Vorhandensein von Störgeräuschen. Dies sei entgegen der Ansicht des SG keine außergewöhnliche Geräuschkulisse an einem Arbeitsplatz, sondern das übliche Vorbringen der Arbeitnehmer, die die Hörgeräteversorgung durch ihre Krankenkasse nicht für ausreichend hielten. Auch im "normalen" Büro herrsche ständig eine Geräuschkulisse von Gesprächen verschiedenster Art, wie z.B. Druckergeräuschen und Telefongesprächen. Kaum ein Arbeitnehmer habe einen Arbeitsplatz, an dem er stets in ruhiger Umgebung arbeiten könne. Auch Besprechungen gehörten für fast jeden Arbeitnehmer zum Arbeitsalltag. Ob der Störlärm nun in einer Produktionshalle herrsche oder in anderer Arbeitsumgebung, bilde für die Versorgungssituation keinen Unterschied. Wenn es sehr laut in einer Halle sei, verstünden auch gesunde Hörende nichts mehr und dann sei die Kommunikation generell erschwert. Gespräche telefonischer und persönlicher Art seien im Arbeitsalltag oft unter dem Vorhandensein von Nebengeräuschen zu führen. Daher sei diese Höranforderung für jeden Arbeitnehmer unverzichtbar, wenn er konkurrenzfähig arbeiten solle. Es sei aus diesem Grunde nicht nachvollziehbar, weshalb ein hörgeschädigter Mensch nicht bereits im Rahmen seiner in diesem Fall privaten Krankenversicherung diese zentrale Höranforderung ausgeglichen bekommen solle. Kein Arbeitnehmer könne sich zudem fehlerhaftes Handeln aufgrund von Hörschwierigkeiten leisten. Auch dieser Aspekt gebe für die Begründung einer Leistungspflicht der Beklagten nichts her, denn bei jedem Arbeitnehmer werde die weitere Berufsausübung gefährdet, wenn er keine adäquate Hörversorgung bekomme. Eine Unterversorgung bei der Krankenversorgung führe selbstverständlich stets zu einer Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit. Dieser Fakt sage nichts darüber aus, wer materiell-rechtlich für den Ausgleich der Unterversorgung zu sorgen habe. Das erstinstanzliche Urteil lege in den Gründen nachvollziehbar die vom Kläger empfundenen Mängel der bisherigen Krankenversorgung dar und schildere die sich daraus ergebenden beruflichen Schwierigkeiten. Dass es dem Kläger schwer falle, Nebengeräusche mental auszublenden, dürfte ebenfalls kein ungewöhnlicher Zustand bei schwerhörigen Menschen sein. Das überraschende Ergebnis, diese gravierenden Mängel für das Hören in jeglichen Situationen nicht im Rahmen der Krankenversorgung zu beseitigen, sondern, obwohl das Gericht anerkannt habe, dass die Beklagte der Träger sei, der nur ausnahmsweise spezifisch berufsbedingte Höranforderungen auszugleichen habe, dem Ausnahmeträger zuzuordnen, lasse sich dadurch erklären, dass das SG das Urteil des BSG vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R - vollkommen außen vor lasse und damit die höchstrichterliche Rechtsprechung zum unmittelbaren Behinderungsausgleich, die Aussage, dass im Rahmen der Krankenversorgung das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts bestehe. Diese Rechtsprechung beziehe sich zwar auf die gesetzliche Krankenversicherung, aber es sei nicht einleuchtend, warum ein privat versicherter Arbeitnehmer insofern schlechter gestellt werden solle und warum ggf. ein Ausgleich durch den gesetzlichen Träger erfolgen sollte. In dieser Nichtbeachtung des krankenversorgungsrechtlichen Umfangs liege der Fehlschluss des SG begründet, der dazu führe, berufsübliche Höranforderungen (Sprachverstehen im Störlärm) aus dem Krankenversorgungsrecht herauszunehmen und zu einer Verpflichtung der Beklagten zu machen, obwohl das SG eigentlich hätte berücksichtigen müssen, dass die Krankenversorgung bereits das Gleichziehen mit einem gesunden Hörenden umfasse. Vom Kläger wäre ggf. zu erklären, mit welchem konkreten Hörgerät seine private Krankenkasse welche konkrete Höranforderungen ausgleiche und warum diese nicht dafür verantwortlich sein sollte, ihm das Hörverstehen in einer geräuschvollen Umgebung zu ermöglichen. Sofern der Ausgleich im Sinne der BSG-Rechtsprechung noch nicht nachgewiesen bzw. angestrebt worden sei, sei es für die Beklagte nicht einsichtig, weshalb sie diese Lücke bei vollkommen üblichen Höranforderungen im Beruf füllen solle. Auch ein privater Versorgungsträger könne seine Vertragspflichten nicht willkürlich beschränken, sondern müsse darlegen, weshalb er die Leistung nicht erbringe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat das Lärmmessprotokoll vom 29. März 2008 und Gefährdungsanalysen von verschiedenen Orten innerhalb der Produktion vorgelegt.
Der Senat hat bei der Debeka Krankenversicherung die Auskunft vom 5. Mai 2015 eingeholt. Darin hat diese mitgeteilt, sie erstatte die Aufwendungen bis zu einem Rechnungsbetrag von 1.500 EUR je Hörgerät mit dem tariflichen Prozentsatz (im Fall des Klägers 90%). Nach fachkundlicher Ansicht sei mit einem digitalen Hörgerät bis zu einem Gerätepreis von 1.500 EUR ein ausreichender Hörgewinn zu erzielen. Die Leistungspflicht der Debeka beziehe sich auf Hörgeräte in medizinisch notwendiger Ausführung, also nicht auf sämtliche Hörgeräte in jeglicher Qualität bzw. Preislage. Wünsche ein Versicherter ein Hörgerät, das über diese medizinisch notwendige Ausführung hinausgehe, müsse er davon ausgehen, dass ihm ein Selbstbehalt verbleibe. Hörgeräte würden heute in verschiedensten Ausführungen hinsichtlich Bauform, technischen Details, Verstärkungsleistungen etc. und damit auch zu sehr unterschiedlichen Preisen angeboten. Die technischen Möglichkeiten zur Kompensation eines reduzierten natürlichen Hörvermögens hätten in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Die entsprechende Zusage zu dem oben genannten Betrag, habe die Debeka dem Kläger am 13. August 2010 gemacht; eine entsprechende Erstattung sei am 16. Februar 2011 erfolgt. Mit der korrigierten Leistungsmitteilung vom 22. März 2011 habe sie den Kläger auf die Kostenzusage hingewiesen sowie auf den bestehenden Selbstbehalt des Tarifes PN.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt. Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nur teilweise begründet.
Das SG hat zu Recht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger weitere Kosten für die selbstbeschafften Hörgeräte der Marke "Widex Clear 440 c4-PA" zu bezahlen. Die Beklagte ist jedoch nur zur Erstattung eines Betrages in Höhe von 2.420 EUR verpflichtet. Rechtsgrundlage der begehrten Kostenerstattung ist vorliegend § 15 Abs. 1 Satz 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), der auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung Anwendung findet, wobei hier offen bleiben kann, ob § 15 SGB IX unmittelbar oder analog angewendet werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R - unmittelbare Anwendbarkeit bzw. BSG, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R - analoge Anwendung). Danach haben Leistungsberechtigte einen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer selbstbeschafften medizinischen Rehabilitation, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Der Erstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX reicht nicht weiter als der entsprechende Primäranspruch. Dies bedeutet, dass sich ein Kostenerstattungsanspruch nach Art und Umfang des Primäranspruchs richtet und nur insoweit besteht, als der Rehabilitationsträger auch hinsichtlich des Primäranspruchs nach dem für ihn bestehenden Recht leistungspflichtig gewesen wäre (vgl. m.w.N. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 25.06.2013 - L 6 R 921/11). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die Erstattung von Kosten, die über den von der privaten Krankenkasse übernommenen Betrag hinausgehen, zu Unrecht abgelehnt. Die Voraussetzungen für einer Kostenübernahme durch die Beklagte sind erfüllt. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rentenrechtlichen Anspruchsgrundlagen dargelegt (§§ 9 Abs. 1 und 2, 15 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), §§ 26 Abs. 1 und 2 Nr. 6, 31 SGB IX) und - gestützt auf den Anpassbericht des Hörgeräteakustikers vom 8. Juli 2010 sowie die Angaben des Arbeitgebers vom 1. September 2011 in Verbindung mit den eigenen Angaben des Klägers - zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die selbst beschafften Hörgeräte der Marke "Widex Clear 440 c4-PA" benötigt, da nur so die aus seiner mittelgradigen Schallempfindungsstörung resultierende Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit zu überwinden ist und er die höherwertigen Hörgeräte lediglich wegen seiner beruflichen Tätigkeit als Produktionsleiter benötigt. Das SG hat darüber hinaus zu Recht von einer Beiladung der privaten Krankenversicherung abgesehen, da die Vorschrift des § 14 SGB IX nur im Verhältnis zur gesetzlichen, nicht aber zur privaten Krankenversicherung Anwendung findet.
Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung uneingeschränkt an und weist die Berufung der Beklagten aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück. Auch aus dem Vorbringen im Berufungsverfahren ergibt sich nichts anderes. Der Vortrag des Klägers - der durch die Angaben des Arbeitgebers in der Auskunft vom 1. September 2011 und die Angaben des HNO-Arztes Dr. G. in der ärztlichen Bescheinigung vom 24. November 2010 gestützt wird - dass er in seiner Funktion als Leiter der Produktion darauf angewiesen ist, bei Besprechungen u.a. im Maschinenbereich mit einem hohen Lärmpegel gut zu hören, wird durch das Lärmmessprotokoll vom 29. März 2008 und die Gefährdungsanalysen von verschiedenen Orten innerhalb der Produktion bestätigt, wonach an verschiedenen Stellen des Produktionsbereichs ein hoher Lärmpegel mit ca. 80 dB oder mehr herrscht und damit auch die Verständigung bei der Überwachung von Produktionsprozessen und Einzel- oder Gruppenbesprechungen im Produktionsbereich nachvollziehbar erschwert wird. Dies stellt besonders für den Kläger, der in seiner verantwortungsvollen Position auf bestmögliches Verstehen angewiesen ist, ein Problem dar. Da sich das Büro des Klägers nach der o.g. Arbeitgeberauskunft mitten in der Produktion befindet, ist er darüber hinaus auch nicht nur bei Mitarbeiterbesprechungen und Ortsbegehungen in der Produktion, die einen Großteil seiner Arbeitszeit ausmachen, sondern auch permanent durch Umgebungsgeräusche beeinträchtigt, die an einem "normalen" Arbeitsplatz (außerhalb des Produktionsbereichs) in dieser Ausprägung nicht vorhanden sind. Soweit die Beklagte dazu eingewandt hat, dass sich ein Gespräch in dieser Lärmumgebung wohl für alle Mitarbeiter schwierig gestalte und dies als Argument für die Zuständigkeit der Krankenversicherung vorgebracht hat, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Denn für den Senat ist nachvollziehbar, dass die Verständigung in lauter Umgebung für den Kläger aufgrund seiner mittelgradigen Schallempfindungsstörung im Gegensatz zu normal Hörenden jedenfalls deutlich erschwert ist und gerade deshalb eines Ausgleichs durch Hörgeräte bedarf. Für den Senat steht daher fest, dass der Kläger das technisch aufwändige Hörgerät der Marke "Widex Clear 440 c4-PA", mit dem er bei der Anpassung das beste Ergebnis erzielt hat, nur wegen der besonderen Anforderungen der ausgeübten Erwerbstätigkeit an seine Hörfähigkeit benötigt. Für diesen Fall hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden, dass eine Kostenteilung zwischen Krankenkasse und dem Rentenversicherungsträger in Betracht kommt (vgl. Urteil vom 24. Januar 2013 - 3 KR 5/12 R). Die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung sind danach auf solche Hilfsmittel begrenzt, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert. Daraus hat das BSG in dem zu entscheidenden Fall geschlossen, dass die Krankenkasse den gegen sie bestehenden Versorgungsanspruch durch Zahlung des Festbetrags erfüllt hat, weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät ausgereicht hätte (vgl. BSG, a.a.O.). Zwar bezieht sich der vom BSG entschiedene Fall auf die Kostenteilung zwischen gesetzlicher Krankenkasse und dem Rentenversicherungsträger, während der Kläger im hier vorliegenden Fall privat versichert ist. Da sich daraus jedoch keine Unterschiede bezüglich der grundsätzlichen Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Krankenkasse und Rentenversicherung ergeben, bestehen keine Bedenken dagegen, diese Rechtsprechung auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Die Debeka Krankenversicherung hat mit ihrer Kostenbeteiligung bereits den Betrag übernommen, für den sich der Kläger Hörgeräte für den Alltagsgebrauch hätte beschaffen können. Dabei ist jedoch zur Überzeugung des Senats nicht nur auf den tatsächlich übernommenen Betrag, sondern auf den Betrag abzustellen, der nach den Bestimmungen der Debeka Krankenversicherung für ein angemessenes Hörgerät maßgebend ist. Nach der Auskunft vom 5. Mai 2015 ist nach fachkundlicher Ansicht mit einem digitalen Hörgerät bis zu einem Gerätepreis von 1.500 EUR ein ausreichender Hörgewinn zu erzielen. Deshalb werden von der Debeka Krankenversicherung die Kosten bis zu diesem Betrag mit dem tariflichen Prozentsatz erstattet und dieser Betrag wurde auch der Kostenerstattung zu Grunde gelegt. Der Umstand, dass die Debeka Krankenversicherung dennoch nicht den vollen Betrag von 1.500 EUR, sondern nur 1.350 EUR je Hörgerät übernommen hat, resultiert ausschließlich aus den Bestimmungen des für den Kläger geltenden Tarifs, der eine Erstattung zu 90 % vorsieht. Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Beklagten gehen, da der Kläger diesen Selbstbehalt bezüglich der Kosten eines für den Alltagsgebrauch angemessenen Hörgeräts in jedem Fall hätte tragen müssen und die Beklagte nur für die Erstattung der weiteren Kosten für höherwertige Hörgeräte, soweit diese ausschließlich berufsbedingt benötigt werden, zuständig ist. Demnach kann der Kläger gegenüber der Beklagten lediglich einen Betrag in Höhe von 2.420 EUR (5.420 EUR Kaufpreis abzüglich 3.000 EUR Anteil der privaten Krankenversicherung) geltend machen.
Der Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX setzt einen Kausalitätszusammenhang zwischen der rechtswidrigen Leistungsablehnung und der Kostenlast des Versicherten voraus. Daran fehlt es, wenn der Leistungsträger vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 1997 - 1 BK 31/96) oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 2/08 R - juris). Die erforderliche Kausalität ist im vorliegenden Fall gegeben, da sich der Kläger die Hörgeräte jedenfalls nicht vor Erlass des Bescheids vom 28. Oktober 2010, sondern erst nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011 verbindlich beschafft hat, wie sich aus der Rechnung vom 25. Januar 2011 ergibt. Unschädlich sind vorherige Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte, wozu auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR/5/12). Darüber hinaus war auch das der Beklagten gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI eingeräumte Ermessen bei der Auswahl von Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung auf Null reduziert, da sich aus dem Anpassbericht des Hörgeräteakustikers vom 8. Juli 2010 nachvollziehbar ergibt, dass mit den gewählten Hörgeräten der Marke "Widex Clear 440 c4-PA" das beste Ergebnis erzielt wurde und damit in nahezu allen relevanten Hörsituationen im Arbeitsumfeld des Klägers eine zufriedenstellende Verständlichkeit erreicht wird. Dies wird auch zusätzlich gestützt durch die ärztliche Bescheinigung des HNO-Arztes Dr. G. vom 24. November 2010. Wie Dr. G. unter Bezugnahme auf die im HNO-Zentrum Ö. durchgeführte Hörgeräteüberprüfung im Freifeld am 12. November 2010 bzw. 18. November 2010 ausgeführt hat, ergab sich sowohl mit dem Festbetragsgerät Bernafon Win 102 digital als auch mit dem mittelpreisigen Gerät Siemens Motion 300 S bei 65 dB lediglich eine Einsilberverständlichkeit von 20 % bzw. 25 %, während bei den gewählten Hörgeräten der Marke "Widex Clear 440 c4-PA" eine Einsilberverständlichkeit von 70 % zu erzielen war, mithin eine Verbesserung von 50 %. Daraus hat Dr. G. nachvollziehbar gefolgert, dass die Versorgung mit "Widex Clear 440 c4-PA" zu empfehlen ist, da damit auch am Arbeitsplatz die bestmögliche Kommunikation durch moderne Funktechnologie gewährleistet ist. Dem schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Damit sind die dem Kläger entstandenen Kosten in Höhe von 2.420 EUR, die über den Anteil der privaten Krankenversicherung hinausgehen, auch erforderlich im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX.
Der angefochtene Bescheid vom 28. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011 war demnach aufzuheben und die Beklagte zu einer Kostenerstattung in Höhe von 2.420 EUR zu verurteilen. Das angefochtene Urteil des SG vom 15. Januar 2014 war daher entsprechend abzuändern und die Klage im Übrigen abzuweisen. Darüber hinaus konnte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Beklagte mit der Rechtsverfolgung nur teilweise Erfolg gehabt hat. Die Kostenquote berücksichtigt das anteilige Obsiegen der Beklagten.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten wird im Übrigen zurückgewiesen.
Die Beklagte hat 8/9 der außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der (Mehr-) Kosten für höherwertige Hörgeräte der Marke "Widex Clear 440 c4-PA" in Höhe von 2.720 EUR.
Der 1955 geborene Kläger ist gelernter Diplom-Ingenieur und war zuletzt seit 1999 als Produktionsleiter in einem kunststoffverarbeitenden Betrieb beschäftigt. Er ist bei der Debeka privat krankenversichert und bei der Beklagten rentenversichert. Am 15. Oktober 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Übernahme der Kosten (über den von der Krankenkasse übernommenen Festbetrag hinaus) für die Versorgung mit einem höherwertigen Hörgerät. Im Antrag gab er an, seine hauptsächliche Arbeit sei die Mitarbeiterführung mit vielen Mitarbeitergesprächen, Leitung vieler Sitzungen und Produktabnahmen an laufenden Maschinen. Für diese unterschiedlichen Anforderungen benötige er optimale Hörgeräte. Seine Hörprobleme seien gravierender geworden. Er benötige neue Hörgeräte, um seiner Tätigkeit als Produktionsleiter weiter nachgehen zu können. Seine Krankenkasse erstatte 3.000 EUR der insgesamt 5.970 EUR teuren Hörgeräte. Vor sieben Jahren habe er von der Beklagten für sein damaliges Hörgerät eine Bewilligung erhalten. Er bat um Übernahme des Differenzbetrags in Höhe von 2.970 EUR und legte die ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe des HNO-Arztes Dr. G. vom 14. Mai 2009, worin dieser als Diagnose eine mittelgradige Schallempfindungsstörung bds. nannte und angab, die bisher getragenen Geräte seien überaltert und in der Leistung nicht mehr ausreichend, sowie den Anpassbericht der Firma St. Hörakustik vom 8. Juli 2010 vor. Danach wurden sechs Hörgeräte getestet. Mit dem Hörgerät Widex Clear 440 c4-PA wurde in Ruhe ein Sprachverstehen (Einsilber) von 100 % erzielt, mit dem Hörgerät Phonak Audio Yes IX ein Sprachverstehen von 95%, mit dem Hörgerät Widex Passion 115 ein Sprachverstehen von 75 %, mit dem Hörgerät Phonak Audio YES V ein Sprachverstehen von 75 %, mit dem Hörgerät Bernafon Move 106 ein Sprachverstehen von 65% und mit dem Hörgerät Siemens Motion 300 S ein Sprachverstehen von 50%. Im Störgeräusch betrug das Sprachverstehen bei dem Hörgerät Widex Clear 440 c4-PA 90%, bei dem Hörgerät Phonak Audio Yes IX 80%, bei dem Hörgerät Widex Passion 115 50%, bei dem Hörgerät Phonak Audio YES V ebenfalls 50 % und bei dem Hörgerät Bernafon Move 106 45 %. Bei der Freifeldmessung (65 dB, 1 m Abstand) wurde mit dem Hörgerät Widex Clear 440 c4-PA ohne Geräusch ein Hörgewinn von 100% und mit Geräusch ein Hörgewinn von 25 % erzielt. Im Anpassbericht wird ferner ausgeführt, für den Kläger sei es aufgrund des vorhandenen Hörvermögens sehr schwer, Nebengeräusche mental auszublenden. Im Störschall könne er nur mit großer Konzentration und Anstrengung verstehen. Mit einfacheren Geräten (einfachere Mikrofontechnik, einfachere Situationserkennung und Störschallunterdrückung in weniger Kanälen) könne er zwar in ruhiger Umgebung gute Ergebnisse erreichen, sobald aber Störlärm hinzu komme, sei hier der Einsatz von besseren Regelsystemen notwendig. Durch sich ständig ändernde akustische Hörbedingungen im Arbeitsumfeld des Klägers (Bürotätigkeit, Besprechungen mit Mitarbeitern in Produktionshalle, Konferenzen, Telefonate) sei eine hohe Flexibilität der Hörsysteme Voraussetzung für eine ausreichende Diskrimination. Mit den nun angepassten Hörgeräten (des Typs Widex Clear 440 c4-PA) werde in nahezu allen relevanten Hörsituationen eine zufriedenstellende Verständlichkeit erreicht, ohne dass Nebengeräusche belastend aufträten, was zum Erhalt des Gehörs zwingend erforderlich sei. Somit müsse der Kläger auch nicht mehr seine volle Konzentration auf das Hören verwenden. Bei der Hörgeräteüberprüfung im HNO-Zentrum Ö. (Dr. G.) am 12. November 2010 bzw. 18. November 2010 betrug die Einsilberverständlichkeit im Freifeld bei dem getesteten Festbetragsgerät Bernafon Win 102 digital 20 %, bei dem Hörgerät der Marke Siemens Motion 300 S 25 % und bei dem Hörgerät der Marke Widex Clear 440 c4-PA 70%.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger sei angesichts der bestehenden Hörschädigung auf das Tragen einer Hörhilfe aus medizinischen Gründen angewiesen. Dies bedeute, dass der Kläger dieses Hilfsmittel im privaten wie auch beruflichen Lebensbereich benötige. Bei der Versorgung dieses Grundbedarfs handele es sich um eine Krankenbehandlung im Sinne des Krankenversicherungsrechts. Eine den medizinischen Erfordernissen entsprechende zweckmäßige Ausstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung sei auch bei der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit als Produktionsleiter ausreichend. Eine Leistungspflicht der Beklagten könne sich ergeben, wenn ein Hilfsmittel zum Ausgleich einer Behinderung nur für einen bestimmten Arbeitsplatz bzw. nur für eine spezielle Form einer Berufsausübung erforderlich sei und dieses Hilfsmittel bei anderweitiger beruflicher Tätigkeit nicht benötigt werde. Sie könne also dann in Betracht kommen, wenn die Versorgung elementarer Grundbedürfnisse hörbeeinträchtigter Menschen im Rahmen einer medizinisch indizierten Krankenbehandlung arbeitsbezogenen berufstypischen Anforderungen nicht genüge. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor, da die Anforderungen in seiner Berufstätigkeit keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit erkennen ließen. Persönliche oder telefonische Kommunikation im Zweier- oder Gruppengespräch, auch bei ungünstigen akustischen Bedingungen mit hohen Anforderungen an das Verstehen sowie störende Umgebungsgeräusche am Arbeitsplatz stellten Anforderungen an das Hörvermögen dar, die auch im täglichen Leben sowie nahezu bei jeder Berufsausübung bestünden. Die beantragten Hilfsmittel dienten vielmehr dem unmittelbaren Behinderungsausgleich mit dem Ziele der Angleichung an das Hörvermögen hörgesunder Menschen. Sie böten Gebrauchsvorteile im gesamten täglichen Leben. Dabei stelle die Fähigkeit, mittels Sprache zu kommunizieren, ein elementares Grundbedürfnis eines jeden Menschen dar, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Sollten die von der Krankenkasse geförderten Hörgeräte diese im Berufsleben üblichen Höranforderungen nicht erfüllen, sei dies dort unter dem Aspekt der medizinischen Grundversorgung zu überprüfen. Eine Leistungsverpflichtung der Beklagten folge daraus nicht. Im Interesse des Klägers sei der Antrag vorsorglich an die Krankenkasse übersandt worden. Nachdem die Beklagte den Antrag mit Schreiben vom 28. Oktober 2010 an die AOK Baden-Württemberg übersandt hatte, teilte diese mit Schreiben vom 9. November 2010 mit, dass der Kläger nicht bei ihr krankenversichert sei.
Mit Schreiben vom 3. November 2010 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. Oktober 2010 und führte zur Begründung aus, die für seinen beruflichen Einsatz am besten geeigneten Hörgeräte seien medizinisch mit anderen Hörgeräten verglichen worden. Den Testergebnissen könne die Beklagte entnehmen, dass alle anderen sich als nicht tauglich erwiesen hätten. Das Tragen von geeigneten Hörgeräten sei für seinen Arbeitsplatz unentbehrlich, da die meisten Stunden seiner Arbeitszeit mit Personalgesprächen gefüllt seien. Zu dem Einwand der Beklagten, dass die Hörgeräte nicht nur beruflich verwandt würden, könne er nur entgegnen, dass das Tragen von Hörgeräten für ihn außerordentlich anstrengend sei. Nach 9-10 Stunden Arbeitszeit ziehe er die Hörgeräte sofort aus und gönne seinen Ohren eine Ruhephase, da die Verarbeitung der Geräusche in der Dauerbelastung sehr belastend sei. Vor sieben Jahren habe die Beklagte bei gleichem Sachverhalt einen positiven Bescheid erteilt. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 33 Abs. 8 Nr. 4 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) umfassten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch sonstige Hilfen der Arbeits- und Berufsförderung, um dem Betreuten eine angemessene und geeignete Erwerbs- oder Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Ein Hilfsmittel sei folglich nur dann als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX anzusehen, wenn es ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufs oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Die Versorgung mit Hörhilfen gehöre grundsätzlich nicht zu den Leistungen der Beklagten im Sinne des § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX. Nach §§ 27, 32 SGB V in der Fassung des am 1. Januar 1989 in Kraft getretenen "Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen" (Gesundheitsreformgesetz – GRG -) habe der Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse unter anderem auch die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln, soweit diese nicht nach § 34 SGB V ausgeschlossen seien. Zur Krankenbehandlung gehöre auch die Ausstattung mit Hilfsmitteln, die erforderlich seien, um die Behinderung auszugleichen. Bei der vom Kläger begehrten Hörhilfe handele es sich um ein Hilfsmittel, ausgewiesen in § 33 SGB V, das erforderlich sei, um die bestehende Hörbehinderung auszugleichen. Damit sei klargestellt, dass Hörhilfen zu Leistungen nach den vorgenannten Vorschriften gehörten. Es liege im Versorgungsauftrag der Krankenkasse gemäß oben genannter Vorschrift, für den Ausgleich der Funktionsstörung mittels adäquater Hörhilfen zu sorgen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R). Eine Leistungsgewährung seitens der Beklagten komme nur in Betracht, wenn die Hörhilfe – gegebenenfalls auch eine besondere Ausstattung – als spezifische berufsbedingte Hörgeräteversorgung über den oben genannten Versorgungsauftrag der Krankenkasse hinaus erforderlich sei, um den speziellen beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. Im Beruf des Klägers als Produktionsleiter bestünden keine gegenüber anderen Berufen erhöhten Anforderungen an das Hörvermögen (wie z.B. beim Beruf des Konzertmusikers oder des Klavierstimmers). Es werde nicht bestritten, dass das Hörvermögen durch spezielle Hörgeräte, die über der Festbetragsregelung der Krankenkasse lägen, verbessert werden könne. Dieser Umstand allein könne die Beklagte allerdings nicht zur Leistung verpflichten. Diese Leistungspflicht ergebe sich nur, wenn am Arbeitsplatz Anforderungen bestünden, die über die Anforderungen für jeden Arbeitsplatz hinausgingen. Die Kommunikation mit anderen Arbeitnehmern, das Telefonieren, der Kundenkontakt sowie eine gewisse Geräuschkulisse am Arbeitsplatz seien Anforderungen, die in nahezu jeder Berufstätigkeit bestünden. Für den Berufszweig des Klägers sei kein spezifisch berufsbedingter Bedarf erkennbar. Hören unter Störlärm müsse nahezu jeder Arbeitnehmer. Der Kläger könne eine Förderung seitens der Beklagten daher nicht begründen. Dass ihm bereits im Jahr 2003 von der Beklagten Kosten für Hörgeräte erstattet worden seien, begründe keinen Rechtsanspruch. Die Beklagte sei verpflichtet, bei jedem Antrag die gesetzlichen Vorschriften erneut zu prüfen. Eine möglicherweise fehlerhafte Verwaltungsentscheidung dürfe nicht wiederholt werden; dies ergebe sich aus dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns sowie aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
Dagegen hat der Kläger am 4. Februar 2011 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Wie die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid zu Recht erkenne, sei sie zur Leistung verpflichtet, wenn am Arbeitsplatz Anforderungen bestünden, die über die Anforderungen für jeden Arbeitsplatz hinausgingen. Dies sei bei ihm der Fall. Er sei von Beruf Produktionsleiter und verantwortlich dafür, dass die Produktion bei seinem Arbeitgeber fehlerfrei und reibungslos funktioniere. Gerade diese hohe Verantwortung unterscheide seinen Arbeitsplatz von anderen Arbeitsplätzen. Er sei zwingend auf eine reibungslose Kommunikation angewiesen, die mit anderen Hörgeräten nicht zu erzielen sei. Er verstehe mit anderen Hörgeräten so gut wie nichts, wenn er sich in der Produktionshalle befinde, in der laute Maschinen liefen, und mit ihm unterstellten Arbeitnehmern kommuniziere. Auch in den täglich stattfindenden Besprechungen sei er zwingend darauf angewiesen, genau zu verstehen, was ihm seine Gesprächspartner erwiderten. Eine genaue Fokussierung sei nur mit den streitgegenständlichen Hörgeräten machbar. Der entscheidende Unterschied bestehe in seiner verantwortungsvollen Position sowie in den unübersehbaren Schadensfolgen, wenn Fehler entstehen würden. Es sei völlig anders als bei anderen Arbeitnehmern, die deutlich weniger Verantwortung trügen. Schließlich hat der Kläger auf die ärztliche Bescheinigung des HNO-Zentrums Ö. vom 24. November 2010 (Dr. G.) verwiesen, die der Beklagten vorliege. Dort sei sehr genau die medizinische Notwendigkeit mit den einzelnen Hörkurven zusammengestellt und auch die Gegenüberstellung zu den vorgeschlagenen Alternativprodukten zu finden. Er habe im Januar 2011 das Hörgerät erhalten. Diesbezüglich hat er die Rechnung vom 25. Januar 2011 in Höhe von 5.420 EUR vorgelegt. Die Debeka habe bereits einen Betrag von 2.700 EUR erstattet. Hierzu hat der Kläger die Leistungsmitteilung der Debeka Krankenversicherung vom 14. Februar 2011 vorgelegt.
Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung geblieben, dass die Notwendigkeit einer über den Versorgungsauftrag der Krankenkasse hinausgehende höherwertige Hörgeräteversorgung allein für den vom Kläger ausgeübten Beruf als Produktionsleiter nicht bestehe, da in diesem Beruf keine besonderen Anforderungen an das Hörvermögen gestellt würden. Auch der Hinweis des Klägers, dass das genaue Hören und Verstehen seiner besonders verantwortungsvollen Position geschuldet seien, ergebe im Ergebnis keine andere Beurteilung. Jeder erwerbstätige Mensch sei zur korrekten Erfüllung seiner Arbeitsaufgaben auf genaues Hören und Verstehen angewiesen, da sich dieser Mangel ansonsten nachteilig auf seine Arbeitsergebnisse auswirken könne und werde. Wie das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R ausgeführt habe, stellten die persönliche und telefonische Kommunikation, gegebenenfalls auch unter Umgebungsgeräuschen, keine besondere Höranforderung dar. Vorliegend sei eine, im Rahmen des im BSG-Urteil vom 17. Dezember 2009 festgestellten Umfangs, adäquate Versorgung durch die zuständige Krankenkasse zu erfüllen. Ob dies durch die vom Krankenversicherungsträger gewährten Festbetragsgeräte realisiert worden sei, obliege nicht der Beurteilungskompetenz der Beklagten. Berufe, die besondere Anforderungen an das Hörvermögen stellten und somit einen Anspruch auf eine besonders hochwertige Versorgung im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben begründen könnten, seien beispielsweise Klavierstimmer, Berufsmusiker und ähnliche Berufe, die über ein besonders ausgeprägtes Hörvermögen berufsbedingt verfügen müssten. Gespräche und Telefonate, auch unter Störlärm müssten in nahezu jeder beruflichen Tätigkeit geführt werden, so dass die Beklagte nahezu jeden schwerhörigen Beschäftigten oder selbständig Tätigen nachversorgen müsste, wenn die Krankenversicherung lediglich den Festbetrag leisten würde. Darüber hinaus sei die Krankenkasse erstangegangener Leistungsträger. Der Kostenvoranschlag des Akustikers datiere nach Aussage der Krankenkasse vom 27. Mai 2010. Mit Schreiben vom 13. August 2010 habe die Krankenkasse die Kostenübernahme bzw. Zuschussgewährung erklärt. Die Antragstellung bei der Beklagten sei dagegen erst am 15. Oktober 2010 erfolgt. Unabhängig von der qualitativen Bedarfslage, die hier klar bei der Krankenversicherung liege, sei diese der nach § 14 SGB IX formell zuständige Leistungsträger, weil die Krankenkasse vor der Antragstellung bei der Beklagten über die Zuschussgewährung entschieden habe. Das SG hat die Auskunft des Arbeitgebers des Klägers vom 1. September 2011 eingeholt. Darin hat der Arbeitgeber bestätigt, dass die Tätigkeit des Klägers ein gutes Hörvermögen erfordere. In seiner Funktion als Leiter der Produktion sei er darauf angewiesen, in Besprechungen v. a. im Maschinenbereich () 80 dB) gut zu hören. Es fänden täglich Mitarbeiterbesprechungen, z.T. mit Ortsbegehungen an den Produktionsanlagen, statt. Produktionsprobleme müssten vor Ort, d.h. an den Maschinen, besprochen werden. Selbst im Büro des Klägers sei ständig ein Geräuschpegel vorhanden, da sich dieses mitten in der Produktion befinde.
Mit Urteil vom 15. Januar 2014 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011 verurteilt, dem Kläger 2.720 EUR zu bezahlen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für den vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruch gemäß § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX seien erfüllt. Der Kläger habe einen Anspruch auf die Leistung als Sachleistung in Form eines Anspruchs auf Übernahme der den Festbetrag übersteigenden Kosten gehabt, da er die Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfülle. Er benötige das von ihm beschaffte Hörgerät der Marke "Widex Clear 440 c4-PA", da nur so die aus seiner mittelgradigen Schallempfindungsstörung resultierende Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit zu überwinden sei. Er benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen seiner beruflichen Tätigkeit als Produktionsleiter. Der Schwerpunkt dieser Tätigkeit liege in Mitarbeitergesprächen und Mitarbeiterbesprechungen, die mit Ortsbegehungen an den Produktionsanlagen in der Produktionshalle einhergingen. Selbst in seinem Büro sei der Lärm der Produktionsmaschinen vorhanden, da sich dieses inmitten der Produktion befinde. Produktionsprobleme müssten an den laufenden Maschinen besprochen werden. Der Kläger sei für eine fehlerfreie und reibungslose Produktion verantwortlich und er habe im Erörterungstermin auch glaubhaft dargelegt, dass mit anderen Hörgeräten eine reibungslose Kommunikation mit den ihm unterstellten Arbeitnehmern nicht möglich sei. Diesen Anforderungen könne der Kläger aufgrund seiner mittelgradigen Schallempfindungsstörung nicht gerecht werden. Das von ihm beschaffte Hörgerät sei geeignet, diesen Zustand wesentlich zu bessern. Dabei hat sich das SG auf den Anpassbericht des Hörgeräteakustikers vom 8. Juli 2010 sowie die Angaben des Klägers im Erörterungstermin am 4. Dezember 2013 gestützt. Auch die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 SGB IX seien erfüllt, da das vom Kläger gewählte Hörgerät erforderlich im Sinne dieser Vorschrift sei. Eine Beiladung der privaten Krankenkasse sei nicht erforderlich gewesen. Da der Kläger nicht gesetzlich, sondern privat versichert sei, sei weder für eine Beiladung Raum, da das Vertragsverhältnis gegenüber seiner privaten Krankenkasse nicht in die Zuständigkeit der Sozialgerichte falle, noch finde die Vorschrift des § 14 SGB IX Anwendung.
Gegen das ihr am 24. Januar 2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. Februar 2014 eingelegte Berufung der Beklagten. Das private Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Krankenkasse könne nicht zu einer Ausweitung der Pflichten der Beklagten führen. Die private Krankenkasse sei zwar nicht an diesem Verfahren beteiligt, könne aber trotzdem weitere Leistungen an den Kläger erbringen, sofern das Gericht feststelle, dass nach der Abgrenzung zwischen den verschiedenen Leistungsträgern keine Ansprüche gegenüber der Beklagten bestehen. Die vom SG aufgezählten Höranforderungen beträfen ein Sprachverstehen bei dem Vorhandensein von Störgeräuschen. Dies sei entgegen der Ansicht des SG keine außergewöhnliche Geräuschkulisse an einem Arbeitsplatz, sondern das übliche Vorbringen der Arbeitnehmer, die die Hörgeräteversorgung durch ihre Krankenkasse nicht für ausreichend hielten. Auch im "normalen" Büro herrsche ständig eine Geräuschkulisse von Gesprächen verschiedenster Art, wie z.B. Druckergeräuschen und Telefongesprächen. Kaum ein Arbeitnehmer habe einen Arbeitsplatz, an dem er stets in ruhiger Umgebung arbeiten könne. Auch Besprechungen gehörten für fast jeden Arbeitnehmer zum Arbeitsalltag. Ob der Störlärm nun in einer Produktionshalle herrsche oder in anderer Arbeitsumgebung, bilde für die Versorgungssituation keinen Unterschied. Wenn es sehr laut in einer Halle sei, verstünden auch gesunde Hörende nichts mehr und dann sei die Kommunikation generell erschwert. Gespräche telefonischer und persönlicher Art seien im Arbeitsalltag oft unter dem Vorhandensein von Nebengeräuschen zu führen. Daher sei diese Höranforderung für jeden Arbeitnehmer unverzichtbar, wenn er konkurrenzfähig arbeiten solle. Es sei aus diesem Grunde nicht nachvollziehbar, weshalb ein hörgeschädigter Mensch nicht bereits im Rahmen seiner in diesem Fall privaten Krankenversicherung diese zentrale Höranforderung ausgeglichen bekommen solle. Kein Arbeitnehmer könne sich zudem fehlerhaftes Handeln aufgrund von Hörschwierigkeiten leisten. Auch dieser Aspekt gebe für die Begründung einer Leistungspflicht der Beklagten nichts her, denn bei jedem Arbeitnehmer werde die weitere Berufsausübung gefährdet, wenn er keine adäquate Hörversorgung bekomme. Eine Unterversorgung bei der Krankenversorgung führe selbstverständlich stets zu einer Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit. Dieser Fakt sage nichts darüber aus, wer materiell-rechtlich für den Ausgleich der Unterversorgung zu sorgen habe. Das erstinstanzliche Urteil lege in den Gründen nachvollziehbar die vom Kläger empfundenen Mängel der bisherigen Krankenversorgung dar und schildere die sich daraus ergebenden beruflichen Schwierigkeiten. Dass es dem Kläger schwer falle, Nebengeräusche mental auszublenden, dürfte ebenfalls kein ungewöhnlicher Zustand bei schwerhörigen Menschen sein. Das überraschende Ergebnis, diese gravierenden Mängel für das Hören in jeglichen Situationen nicht im Rahmen der Krankenversorgung zu beseitigen, sondern, obwohl das Gericht anerkannt habe, dass die Beklagte der Träger sei, der nur ausnahmsweise spezifisch berufsbedingte Höranforderungen auszugleichen habe, dem Ausnahmeträger zuzuordnen, lasse sich dadurch erklären, dass das SG das Urteil des BSG vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R - vollkommen außen vor lasse und damit die höchstrichterliche Rechtsprechung zum unmittelbaren Behinderungsausgleich, die Aussage, dass im Rahmen der Krankenversorgung das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts bestehe. Diese Rechtsprechung beziehe sich zwar auf die gesetzliche Krankenversicherung, aber es sei nicht einleuchtend, warum ein privat versicherter Arbeitnehmer insofern schlechter gestellt werden solle und warum ggf. ein Ausgleich durch den gesetzlichen Träger erfolgen sollte. In dieser Nichtbeachtung des krankenversorgungsrechtlichen Umfangs liege der Fehlschluss des SG begründet, der dazu führe, berufsübliche Höranforderungen (Sprachverstehen im Störlärm) aus dem Krankenversorgungsrecht herauszunehmen und zu einer Verpflichtung der Beklagten zu machen, obwohl das SG eigentlich hätte berücksichtigen müssen, dass die Krankenversorgung bereits das Gleichziehen mit einem gesunden Hörenden umfasse. Vom Kläger wäre ggf. zu erklären, mit welchem konkreten Hörgerät seine private Krankenkasse welche konkrete Höranforderungen ausgleiche und warum diese nicht dafür verantwortlich sein sollte, ihm das Hörverstehen in einer geräuschvollen Umgebung zu ermöglichen. Sofern der Ausgleich im Sinne der BSG-Rechtsprechung noch nicht nachgewiesen bzw. angestrebt worden sei, sei es für die Beklagte nicht einsichtig, weshalb sie diese Lücke bei vollkommen üblichen Höranforderungen im Beruf füllen solle. Auch ein privater Versorgungsträger könne seine Vertragspflichten nicht willkürlich beschränken, sondern müsse darlegen, weshalb er die Leistung nicht erbringe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat das Lärmmessprotokoll vom 29. März 2008 und Gefährdungsanalysen von verschiedenen Orten innerhalb der Produktion vorgelegt.
Der Senat hat bei der Debeka Krankenversicherung die Auskunft vom 5. Mai 2015 eingeholt. Darin hat diese mitgeteilt, sie erstatte die Aufwendungen bis zu einem Rechnungsbetrag von 1.500 EUR je Hörgerät mit dem tariflichen Prozentsatz (im Fall des Klägers 90%). Nach fachkundlicher Ansicht sei mit einem digitalen Hörgerät bis zu einem Gerätepreis von 1.500 EUR ein ausreichender Hörgewinn zu erzielen. Die Leistungspflicht der Debeka beziehe sich auf Hörgeräte in medizinisch notwendiger Ausführung, also nicht auf sämtliche Hörgeräte in jeglicher Qualität bzw. Preislage. Wünsche ein Versicherter ein Hörgerät, das über diese medizinisch notwendige Ausführung hinausgehe, müsse er davon ausgehen, dass ihm ein Selbstbehalt verbleibe. Hörgeräte würden heute in verschiedensten Ausführungen hinsichtlich Bauform, technischen Details, Verstärkungsleistungen etc. und damit auch zu sehr unterschiedlichen Preisen angeboten. Die technischen Möglichkeiten zur Kompensation eines reduzierten natürlichen Hörvermögens hätten in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Die entsprechende Zusage zu dem oben genannten Betrag, habe die Debeka dem Kläger am 13. August 2010 gemacht; eine entsprechende Erstattung sei am 16. Februar 2011 erfolgt. Mit der korrigierten Leistungsmitteilung vom 22. März 2011 habe sie den Kläger auf die Kostenzusage hingewiesen sowie auf den bestehenden Selbstbehalt des Tarifes PN.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt. Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nur teilweise begründet.
Das SG hat zu Recht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger weitere Kosten für die selbstbeschafften Hörgeräte der Marke "Widex Clear 440 c4-PA" zu bezahlen. Die Beklagte ist jedoch nur zur Erstattung eines Betrages in Höhe von 2.420 EUR verpflichtet. Rechtsgrundlage der begehrten Kostenerstattung ist vorliegend § 15 Abs. 1 Satz 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), der auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung Anwendung findet, wobei hier offen bleiben kann, ob § 15 SGB IX unmittelbar oder analog angewendet werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R - unmittelbare Anwendbarkeit bzw. BSG, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R - analoge Anwendung). Danach haben Leistungsberechtigte einen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer selbstbeschafften medizinischen Rehabilitation, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Der Erstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX reicht nicht weiter als der entsprechende Primäranspruch. Dies bedeutet, dass sich ein Kostenerstattungsanspruch nach Art und Umfang des Primäranspruchs richtet und nur insoweit besteht, als der Rehabilitationsträger auch hinsichtlich des Primäranspruchs nach dem für ihn bestehenden Recht leistungspflichtig gewesen wäre (vgl. m.w.N. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 25.06.2013 - L 6 R 921/11). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die Erstattung von Kosten, die über den von der privaten Krankenkasse übernommenen Betrag hinausgehen, zu Unrecht abgelehnt. Die Voraussetzungen für einer Kostenübernahme durch die Beklagte sind erfüllt. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rentenrechtlichen Anspruchsgrundlagen dargelegt (§§ 9 Abs. 1 und 2, 15 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), §§ 26 Abs. 1 und 2 Nr. 6, 31 SGB IX) und - gestützt auf den Anpassbericht des Hörgeräteakustikers vom 8. Juli 2010 sowie die Angaben des Arbeitgebers vom 1. September 2011 in Verbindung mit den eigenen Angaben des Klägers - zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die selbst beschafften Hörgeräte der Marke "Widex Clear 440 c4-PA" benötigt, da nur so die aus seiner mittelgradigen Schallempfindungsstörung resultierende Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit zu überwinden ist und er die höherwertigen Hörgeräte lediglich wegen seiner beruflichen Tätigkeit als Produktionsleiter benötigt. Das SG hat darüber hinaus zu Recht von einer Beiladung der privaten Krankenversicherung abgesehen, da die Vorschrift des § 14 SGB IX nur im Verhältnis zur gesetzlichen, nicht aber zur privaten Krankenversicherung Anwendung findet.
Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung uneingeschränkt an und weist die Berufung der Beklagten aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück. Auch aus dem Vorbringen im Berufungsverfahren ergibt sich nichts anderes. Der Vortrag des Klägers - der durch die Angaben des Arbeitgebers in der Auskunft vom 1. September 2011 und die Angaben des HNO-Arztes Dr. G. in der ärztlichen Bescheinigung vom 24. November 2010 gestützt wird - dass er in seiner Funktion als Leiter der Produktion darauf angewiesen ist, bei Besprechungen u.a. im Maschinenbereich mit einem hohen Lärmpegel gut zu hören, wird durch das Lärmmessprotokoll vom 29. März 2008 und die Gefährdungsanalysen von verschiedenen Orten innerhalb der Produktion bestätigt, wonach an verschiedenen Stellen des Produktionsbereichs ein hoher Lärmpegel mit ca. 80 dB oder mehr herrscht und damit auch die Verständigung bei der Überwachung von Produktionsprozessen und Einzel- oder Gruppenbesprechungen im Produktionsbereich nachvollziehbar erschwert wird. Dies stellt besonders für den Kläger, der in seiner verantwortungsvollen Position auf bestmögliches Verstehen angewiesen ist, ein Problem dar. Da sich das Büro des Klägers nach der o.g. Arbeitgeberauskunft mitten in der Produktion befindet, ist er darüber hinaus auch nicht nur bei Mitarbeiterbesprechungen und Ortsbegehungen in der Produktion, die einen Großteil seiner Arbeitszeit ausmachen, sondern auch permanent durch Umgebungsgeräusche beeinträchtigt, die an einem "normalen" Arbeitsplatz (außerhalb des Produktionsbereichs) in dieser Ausprägung nicht vorhanden sind. Soweit die Beklagte dazu eingewandt hat, dass sich ein Gespräch in dieser Lärmumgebung wohl für alle Mitarbeiter schwierig gestalte und dies als Argument für die Zuständigkeit der Krankenversicherung vorgebracht hat, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Denn für den Senat ist nachvollziehbar, dass die Verständigung in lauter Umgebung für den Kläger aufgrund seiner mittelgradigen Schallempfindungsstörung im Gegensatz zu normal Hörenden jedenfalls deutlich erschwert ist und gerade deshalb eines Ausgleichs durch Hörgeräte bedarf. Für den Senat steht daher fest, dass der Kläger das technisch aufwändige Hörgerät der Marke "Widex Clear 440 c4-PA", mit dem er bei der Anpassung das beste Ergebnis erzielt hat, nur wegen der besonderen Anforderungen der ausgeübten Erwerbstätigkeit an seine Hörfähigkeit benötigt. Für diesen Fall hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden, dass eine Kostenteilung zwischen Krankenkasse und dem Rentenversicherungsträger in Betracht kommt (vgl. Urteil vom 24. Januar 2013 - 3 KR 5/12 R). Die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung sind danach auf solche Hilfsmittel begrenzt, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert. Daraus hat das BSG in dem zu entscheidenden Fall geschlossen, dass die Krankenkasse den gegen sie bestehenden Versorgungsanspruch durch Zahlung des Festbetrags erfüllt hat, weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät ausgereicht hätte (vgl. BSG, a.a.O.). Zwar bezieht sich der vom BSG entschiedene Fall auf die Kostenteilung zwischen gesetzlicher Krankenkasse und dem Rentenversicherungsträger, während der Kläger im hier vorliegenden Fall privat versichert ist. Da sich daraus jedoch keine Unterschiede bezüglich der grundsätzlichen Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Krankenkasse und Rentenversicherung ergeben, bestehen keine Bedenken dagegen, diese Rechtsprechung auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Die Debeka Krankenversicherung hat mit ihrer Kostenbeteiligung bereits den Betrag übernommen, für den sich der Kläger Hörgeräte für den Alltagsgebrauch hätte beschaffen können. Dabei ist jedoch zur Überzeugung des Senats nicht nur auf den tatsächlich übernommenen Betrag, sondern auf den Betrag abzustellen, der nach den Bestimmungen der Debeka Krankenversicherung für ein angemessenes Hörgerät maßgebend ist. Nach der Auskunft vom 5. Mai 2015 ist nach fachkundlicher Ansicht mit einem digitalen Hörgerät bis zu einem Gerätepreis von 1.500 EUR ein ausreichender Hörgewinn zu erzielen. Deshalb werden von der Debeka Krankenversicherung die Kosten bis zu diesem Betrag mit dem tariflichen Prozentsatz erstattet und dieser Betrag wurde auch der Kostenerstattung zu Grunde gelegt. Der Umstand, dass die Debeka Krankenversicherung dennoch nicht den vollen Betrag von 1.500 EUR, sondern nur 1.350 EUR je Hörgerät übernommen hat, resultiert ausschließlich aus den Bestimmungen des für den Kläger geltenden Tarifs, der eine Erstattung zu 90 % vorsieht. Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Beklagten gehen, da der Kläger diesen Selbstbehalt bezüglich der Kosten eines für den Alltagsgebrauch angemessenen Hörgeräts in jedem Fall hätte tragen müssen und die Beklagte nur für die Erstattung der weiteren Kosten für höherwertige Hörgeräte, soweit diese ausschließlich berufsbedingt benötigt werden, zuständig ist. Demnach kann der Kläger gegenüber der Beklagten lediglich einen Betrag in Höhe von 2.420 EUR (5.420 EUR Kaufpreis abzüglich 3.000 EUR Anteil der privaten Krankenversicherung) geltend machen.
Der Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX setzt einen Kausalitätszusammenhang zwischen der rechtswidrigen Leistungsablehnung und der Kostenlast des Versicherten voraus. Daran fehlt es, wenn der Leistungsträger vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 1997 - 1 BK 31/96) oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 2/08 R - juris). Die erforderliche Kausalität ist im vorliegenden Fall gegeben, da sich der Kläger die Hörgeräte jedenfalls nicht vor Erlass des Bescheids vom 28. Oktober 2010, sondern erst nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011 verbindlich beschafft hat, wie sich aus der Rechnung vom 25. Januar 2011 ergibt. Unschädlich sind vorherige Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte, wozu auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR/5/12). Darüber hinaus war auch das der Beklagten gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI eingeräumte Ermessen bei der Auswahl von Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung auf Null reduziert, da sich aus dem Anpassbericht des Hörgeräteakustikers vom 8. Juli 2010 nachvollziehbar ergibt, dass mit den gewählten Hörgeräten der Marke "Widex Clear 440 c4-PA" das beste Ergebnis erzielt wurde und damit in nahezu allen relevanten Hörsituationen im Arbeitsumfeld des Klägers eine zufriedenstellende Verständlichkeit erreicht wird. Dies wird auch zusätzlich gestützt durch die ärztliche Bescheinigung des HNO-Arztes Dr. G. vom 24. November 2010. Wie Dr. G. unter Bezugnahme auf die im HNO-Zentrum Ö. durchgeführte Hörgeräteüberprüfung im Freifeld am 12. November 2010 bzw. 18. November 2010 ausgeführt hat, ergab sich sowohl mit dem Festbetragsgerät Bernafon Win 102 digital als auch mit dem mittelpreisigen Gerät Siemens Motion 300 S bei 65 dB lediglich eine Einsilberverständlichkeit von 20 % bzw. 25 %, während bei den gewählten Hörgeräten der Marke "Widex Clear 440 c4-PA" eine Einsilberverständlichkeit von 70 % zu erzielen war, mithin eine Verbesserung von 50 %. Daraus hat Dr. G. nachvollziehbar gefolgert, dass die Versorgung mit "Widex Clear 440 c4-PA" zu empfehlen ist, da damit auch am Arbeitsplatz die bestmögliche Kommunikation durch moderne Funktechnologie gewährleistet ist. Dem schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Damit sind die dem Kläger entstandenen Kosten in Höhe von 2.420 EUR, die über den Anteil der privaten Krankenversicherung hinausgehen, auch erforderlich im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX.
Der angefochtene Bescheid vom 28. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2011 war demnach aufzuheben und die Beklagte zu einer Kostenerstattung in Höhe von 2.420 EUR zu verurteilen. Das angefochtene Urteil des SG vom 15. Januar 2014 war daher entsprechend abzuändern und die Klage im Übrigen abzuweisen. Darüber hinaus konnte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Beklagte mit der Rechtsverfolgung nur teilweise Erfolg gehabt hat. Die Kostenquote berücksichtigt das anteilige Obsiegen der Beklagten.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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