B 12 KR 20/01 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 2705/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3547/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 20/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
In der gesetzlichen Krankenversicherung darf auf Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung seit dem 1.4.1999 neben dem Pauschalbeitrag des Arbeitgebers (§ 249b SGB V) ein Beitrag von freiwilligen Mitgliedern selbst nicht mehr erhoben werden.
Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. November 2001 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 9. August 2000 aufgehoben. Der Bescheid der Gärtner-Krankenkasse vom 29. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Gärtner-Krankenkasse vom 20. September 1999 wird aufgehoben, soweit vom 1. April 1999 an für die Beitragseinstufung in der Krankenversicherung Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung berücksichtigt worden ist. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten darum, ob Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung bei der Beitragsbemessung in der Krankenversicherung berücksichtigt werden durfte.

Die 1935 geborene Klägerin bezieht eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Da sie zunächst die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) nicht erfüllte, war sie freiwilliges Mitglied der Gärtner-Krankenkasse (GKK).

Auf eine Frage nach den Einkommensverhältnissen erfuhr die GKK Anfang 1999, dass die Klägerin eine geringfügige Aushilfsbeschäftigung ausübte. Mit Bescheid vom 25. Februar 1999 berücksichtigte die GKK bei der Beitragsbemessung neben der Rente auch das Arbeitsentgelt und stufte die Klägerin vom 1. März 1999 an in die Beitragsklasse 535 zu einem Monatsbeitrag von 319,80 DM ein. Die Klägerin erhob Widerspruch und wandte sich gegen die Berücksichtigung des Arbeitsentgelts. Daraufhin stufte die GKK die Klägerin mit Bescheid vom 29. April 1999 rückwirkend zum 1. März 1999 nur noch in die Beitragsklasse 529 mit einem monatlichen Beitrag von 246 DM ein. In dieser Beitragsklasse (1.900,01 bis 2.100,00 DM) wurden Beiträge nach dem Mittelwert von 2.000 DM und bei einer Versicherung ohne Krankengeld nach einem Beitragssatz von 12,3 vH erhoben (2.000 x 12,3 vH = 246 DM). Zu der Einstufung war die GKK mit beitragspflichtigen Einnahmen von monatlich 1.936,69 DM gelangt. Diesen Betrag hatte sie anhand des letzten Steuerbescheides errechnet, indem sie zu der Jahresrente (ohne Beitragszuschuss) von 18.520 DM das Jahresarbeitsentgelt von 6.720 DM abzüglich des Arbeitnehmerpauschbetrages von 2.000 DM, also 4.720 DM hinzugezählt und die Summe von 23.240 DM (18.520 DM + 4.720 DM) durch zwölf Monate geteilt hatte (23.240: 12 = 1.936,67 DM). Die Klägerin wandte sich weiterhin gegen die Berücksichtigung des Arbeitsentgelts, weil sie neben der Entrichtung des Pauschalbeitrags von 10 vH durch den Arbeitgeber nach § 249b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) zu einer Doppelbelastung des Arbeitsentgelts mit Beiträgen führe. Die GKK wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 1999 zurück, weil die pauschale Beitragsbelastung des Arbeitgebers an der Beitragspflicht des Arbeitsentgelts bei der Klägerin nichts ändere.

Die Klägerin hat Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat sich die GKK zum 1. Januar 2000 mit der Techniker Krankenkasse vereinigt, die Rechtsnachfolgerin der GKK geworden ist. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. August 2000 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 9. November 2001 zurückgewiesen. Die für die Beitragseinstufung von freiwilligen Mitgliedern maßgebende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit werde vom Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung mitgeprägt. Das führe nicht zu einer verfassungswidrigen Doppelbelastung, weil die Pauschale von 10 vH allein der Arbeitgeber zu tragen habe, während die eigene Beitragslast der Klägerin unverändert bleibe.

Die Klägerin hat Revision eingelegt. Während des Revisionsverfahrens ist sie infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15. März 2000 (BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42) seit dem 1. April 2002 Pflichtmitglied in der KVdR geworden. Sie begründet ihre Revision im Wesentlichen verfassungsrechtlich. Die Doppelbelastung des Arbeitsentgelts mit dem Pauschalbeitrag des Arbeitgebers und dem vollen eigenen Beitrag des freiwillig versicherten Arbeitnehmers verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art 3 Abs 1 GG). Sie (die Klägerin) sei im Übrigen während der Zeit ihrer freiwilligen Mitgliedschaft gegenüber versicherungspflichtigen Rentnern benachteiligt gewesen, die keine eigenen Beiträge auf solches Arbeitsentgelt zu tragen hätten. Durch den Doppelbeitrag habe sie praktisch weniger Lohn bei gleicher Leistung erhalten, und dem Arbeitgeber sei eine Lohnerhöhung wegen der zusätzlichen Belastung erschwert worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des LSG vom 9. November 2001 und den Gerichtsbescheid des SG vom 9. August 2000 aufzuheben sowie den Bescheid der Gärtner-Krankenkasse vom 29. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Gärtner-Krankenkasse vom 20. September 1999 insoweit aufzuheben, als vom 1. April 1999 an für die Beitragseinstufung in der Krankenversicherung Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung berücksichtigt worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Bei der Klägerin werde wie bei allen anderen freiwilligen Mitgliedern die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt. Die Belastung des Arbeitgebers schmälere ihr Einkommen nicht.

II

Die Revision der Klägerin ist begründet. Ihre Klage ist in den Vorinstanzen zu Unrecht abgewiesen worden. Der angefochtene Bescheid vom 29. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 1999 ist in dem Umfang, in dem die Revision seine Aufhebung zuletzt noch beantragt, rechtswidrig. Die GKK durfte das Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung nach Einführung des Arbeitgeberbeitrags der Beitragsbemessung bei der Klägerin selbst nicht mehr zu Grunde legen.

1. Die Klägerin war als Rentnerin zunächst freiwillig versichert, weil sie die erforderlichen Vorversicherungszeiten für eine Pflichtmitgliedschaft in der KVdR nicht aufzuweisen hatte. Die freiwillige Mitgliedschaft bestand bis Ende 1999 bei der GKK und anschließend bei deren Rechtsnachfolgerin, der beklagten Techniker Krankenkasse. Pflichtmitglied in der KVdR wurde die Klägerin infolge der Entscheidung des BVerfG vom 15. März 2000 (BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42) erst am 1. April 2002. In der KVdR konnten auf das Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung von der Klägerin keine Beiträge verlangt werden (unten 4.a). Dieses wird für die Zeit ab April 2002 auch von der Beklagten nicht bezweifelt. Im vorliegenden Verfahren geht es jedoch noch um die Beitragserhebung in der freiwilligen Versicherung ab April 1999. Die Änderungen im Recht der geringfügigen Beschäftigung, die durch Art 2 Nr 2a bis 4 und Art 3 Nr 8 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 4621) ab 1. April 2003 gelten, sind hier noch nicht anzuwenden.

2. In der freiwilligen Versicherung der Klägerin durfte die GKK den Beitrag ursprünglich (vor April 1999) auch auf das Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung erheben. Auf der Grundlage des § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V (Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) reichte nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr 26 S 95/96) eine generalklauselartige Bestimmung wie in § 26 Abs 1 Satz 1 der Satzung der GKK (Einnahmen und Geldmittel zum Lebensunterhalt) aus, um dieses Arbeitsentgelt als beitragspflichtige Einnahme zu behandeln. Dementsprechend ist die GKK bei der Klägerin mit deren Arbeitsentgelt und Rente von monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen von insgesamt rund 1.937 DM ausgegangen. Ob die GKK dabei, wie geschehen, das Bruttoarbeitsentgelt um den steuerlichen Arbeitnehmerpauschbetrag verringern durfte, kann offen bleiben. Die Klägerin wurde dadurch begünstigt und nicht belastet. Die GKK hat die Klägerin mit den genannten Einnahmen in die Beitragsklasse 529 eingestuft, die von 1.900,01 DM bis 2.100 DM reichte und einen Mittelwert von 2.000 DM aufwies. Hierauf hat die GKK in der Versicherung ohne Krankengeld den ermäßigten Beitragssatz (§ 243 SGB V) von 12,3 vH angewandt und so einen Monatsbeitrag von 246 DM errechnet. Ihn hatte die Klägerin entsprechend den allgemeinen Regeln über die freiwillige Versicherung nach § 250 Abs 2 SGB V allein zu tragen und nach § 252 Satz 1 SGB V zu zahlen.

3. Diese Beitragserhebung war der GKK jedoch für die Zeit vom 1. April 1999 an verwehrt, soweit sie auf der Heranziehung des Arbeitsentgelts aus der geringfügigen Beschäftigung beruhte. Denn zu diesem Zeitpunkt ist in das Beitragsrecht des SGB V durch Art 3 Nr 4 des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (im Folgenden: Neuregelungsgesetz) vom 24. März 1999 (BGBl I 388) der § 249b eingeschoben worden. Nach dessen ursprünglicher Fassung hatte der Arbeitgeber einer Beschäftigung nach § 8 Abs 1 Nr 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) für die Versicherten, die in dieser Beschäftigung versicherungsfrei oder nicht versicherungspflichtig waren, einen Beitrag in Höhe von 10 vH des Arbeitsentgelts dieser Beschäftigung zu tragen und zu zahlen. Damit enthält § 249b SGB V eine in sich vollständige Regelung für die Beitragserhebung auf Arbeitsentgelt aus einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung: Sie geht von dem Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung als beitragspflichtiger Einnahme aus. Sie bestimmt einen eigenen, bundeseinheitlichen und pauschalen Beitragssatz von 10 vH. Sie macht schließlich für diesen Pauschalbeitrag allein den Arbeitgeber tragungs- und zahlungspflichtig. Diese Regelung schließt als späteres Gesetz (lex posterior), als spezielles Gesetz (lex specialis) für das Arbeitsentgelt aus einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung und als höherrangiges Recht gegenüber dem Satzungsrecht der Krankenkassen eine Beitragserhebung auf dieses Arbeitsentgelt bei den freiwilligen Mitgliedern selbst aus. Dieses Arbeitsentgelt ist keine beitragspflichtige Einnahme iS des § 240 Abs 1, 2 Satz 1 SGB V und der entsprechenden Satzungsregelungen der Kassen mehr.

4. Die Beklagte vertritt die Ansicht, die GKK habe neben dem vom Arbeitgeber für die Versicherte geschuldeten Pauschalbeitrag nach einem Beitragssatz von 10 vH von der Klägerin als Mitglied noch einen vollen eigenen Beitrag nach einem Beitragssatz von hier 12,3 vH verlangen dürfen (Doppelbeitrags-Lösung). Dem vermag der Senat aus systematischen und verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu folgen.

a) Das Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung kennt an keiner Stelle eine mehrfache Beitragserhebung auf ein und dieselbe beitragspflichtige Einnahme wie hier das Arbeitsentgelt aus einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung. Vielmehr wird auf eine einzige Einnahme durchgehend nur ein einziger Beitrag erhoben, der lediglich nach der Höhe des Beitragssatzes (§§ 241 ff SGB V) verschieden sein kann und vom Arbeitgeber, dem Mitglied oder einem Dritten ganz oder anteilig getragen wird (§§ 249 ff SGB V). Hiermit ist es unvereinbar, nur bei den freiwilligen Mitgliedern auf das Arbeitsentgelt aus einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung neben dem Pauschalbeitrag des Arbeitgebers von 10 vH noch einen vollen Beitrag zu verlangen, der hier bei einer Versicherung ohne Krankengeld nach einem Beitragssatz von 12,3 vH berechnet worden ist. Bei allen anderen Gruppen von Versicherten sieht selbst das Neuregelungsgesetz, das der Erosion der Beitragsbemessungsgrundlage entgegenwirken sowie arbeitsmarktpolitischen Gründen und Gründen der Wettbewerbsneutralität dienen sollte (Begründung des Entwurfs BT-Drucks 14/280 S 10 f und S 13 f zu Nr 4 - § 249b SGB V), keinen Doppelbeitrag vor. Vielmehr wurde bei versicherungspflichtig Beschäftigten (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V) die entgeltgeringfügige Nebenbeschäftigung nach der Änderung des § 8 Abs 2 SGB IV durch Art 1 Nr 2 Buchst b des Neuregelungsgesetzes mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet und damit der Versicherungs- und Beitragspflicht unterworfen. Deswegen war fortan auch auf das Arbeitsentgelt aus einer solchen geringfügigen Beschäftigung ein Beitrag zu entrichten, aber nur ein einziger, der nach § 249 Abs 1 SGB V je zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Mitglied zu tragen war. Soweit die entgeltgeringfügige Beschäftigung nicht in die Versicherungspflicht einbezogen und deshalb das Arbeitsentgelt nicht der allgemeinen Beitragspflicht unterworfen wurde, war nur die Erhebung eines Pauschalbeitrags beim Arbeitgeber nach § 249b SGB V vorgesehen. Dieses galt etwa für das Arbeitsentgelt aus geringfügigen Beschäftigungen von versicherungspflichtigen Studenten (§ 5 Abs 1 Nr 9 SGB V) oder versicherungspflichtigen Rentnern (§ 5 Abs 1 Nr 11 SGB V), bei denen dieses Arbeitsentgelt nach den §§ 236, 237 SGB V nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehört. Daran hat das Neuregelungsgesetz nichts geändert. Soweit von Arbeitgebern geringfügig beschäftigter Studenten der Pauschalbeitrag nach § 249b SGB V verlangt wird, bestehen im Übrigen Zweifel an der Vereinbarkeit einer solchen Beitragserhebung mit der Versicherungs- und Beitragsfreiheit sogar nicht geringfügiger Beschäftigungen auf Grund des Werkstudentenprivilegs des § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V (vgl Peters in Kasseler Kommentar, § 249b SGB V RdNr 13, Stand September 2003).

b) Die Doppelbeitrags-Lösung ist ferner wegen des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) bedenklich. Sie belastet nur bei den freiwilligen Mitgliedern das genannte Arbeitsentgelt allein in der Krankenversicherung mit Beiträgen nach einem Beitragssatz von insgesamt mehr als 22 vH. Dafür vermag der Senat ausreichende Rechtfertigungsgründe nicht zu erkennen. Die Bedenken gegen die Gesamtbelastung des Arbeitsentgelts mit einem Doppelbeitrag können nicht dadurch ausgeräumt werden, dass dem Mitglied entgegengehalten wird, es zahle selbst nur einen vollen Beitrag und der Pauschalbeitrag, den der Arbeitgeber nach § 249b SGB V für ihn als Versicherten zu zahlen habe, gehe das Mitglied nichts an. Vielmehr muss auch die höhere Gesamtbelastung des Arbeitsentgelts mit Beiträgen des freiwilligen Mitglieds und seines Arbeitgebers zu der vergleichbaren Gesamtbelastung des Arbeitsentgelts anderer Versicherter und ihrer Arbeitgeber in einem angemessenen Verhältnis stehen. Dieses ist bei der hier vorliegenden übermäßig hohen und systemwidrigen Gesamtbelastung nicht der Fall.

c) Für die Doppelbeitrags-Lösung wird angeführt, dass der Gesetzgeber nach den Gesetzesmaterialien den Pauschalbeitrag zusätzlich zum bisherigen Beitrag der Mitglieder habe einführen wollen. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Es trifft zwar zu, dass in der Begründung zum Entwurf des Neuregelungsgesetzes als Anwendungsbereich für den Pauschalbeitrag des Arbeitgebers auch die freiwillig Versicherten genannt sind (BT-Drucks 14/280 S 13 f zu Nr 4 - § 249b SGB V). Daraus ist aber nicht zu entnehmen, dass im Gesetzgebungsverfahren die Problematik einer doppelten Beitragserhebung erkannt und diese trotzdem gewollt oder wenigstens in Kauf genommen worden ist. So ist nicht erkennbar, dass die frühere Praxis, von den freiwilligen Mitgliedern volle Beiträge auf das genannte Arbeitsentgelt zu erheben (oben 2.), bekannt war und berücksichtigt worden ist. In diesem Falle wäre die Annahme unberechtigt gewesen, das Arbeitsentgelt werde der Bemessung von Beiträgen entzogen. Unklar ist nach den Gesetzesmaterialien ferner, ob nicht davon ausgegangen wurde, dass freiwillig Versicherte auch ohne einen eigenen Beitrag auf das geringfügige Arbeitsentgelt wegen der anderen bei ihnen beitragspflichtigen Einnahmen, jedenfalls aber wegen der Mindestbeiträge nach § 240 Abs 4 SGB V ohnehin einen ausreichenden Beitrag zu zahlen haben, sodass auf das Arbeitsentgelt der Pauschalbeitrag des Arbeitgebers als ausreichend angesehen wurde. Soweit später die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit auf eine Anfrage im Bundestag die Doppelbeitrags-Lösung vertreten hat (BT-Drucks 14/2212 S 29 f), ist dieses für die Anwendung des Gesetzes durch die Gerichte ohne entscheidende Bedeutung. Soweit die Doppelbeitrags-Lösung in der Literatur vertreten wird, ist dort auf deren Problematik nicht eingegangen.

5. Kommt demnach bei freiwilligen Mitgliedern für die Beitragsbemessung aus dem Arbeitsentgelt aus einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung nur ein einziger Beitrag in Betracht, so ist dieses wegen des Vorrangs dieser Regelung (oben 3.) der Pauschalbeitrag des Arbeitgebers für den Versicherten nach § 249b SGB V. Allerdings führt diese Ein-Beitrags-Lösung mit Vorrang des Arbeitgeberbeitrags dazu, dass die freiwilligen Mitglieder ab April 1999 anders als vorher einen eigenen Beitrag auf das genannte Arbeitsentgelt nicht mehr zu zahlen haben. Diese Mitglieder sind damit auch gegenüber den versicherungspflichtig Beschäftigten begünstigt, die nach Einbeziehung auch ihrer ersten Nebenbeschäftigung in die Versicherungs- und Beitragspflicht (anders ab 1. April 2003) auf das Arbeitsentgelt den Arbeitnehmeranteil zu tragen haben (oben 4.a). Im Gegensatz zu diesen versicherungspflichtig Beschäftigten erhalten die Krankenkassen mit dem Pauschalbeitrag des Arbeitgebers in Höhe von 10 vH auf das genannte Arbeitsentgelt auch keinen vollen Beitrag nach den Beitragssätzen der §§ 241 ff SGB V mehr. Diese Ungereimtheiten sind jedoch im Vergleich zu denen der Doppelbeitrags-Lösung geringer und hinzunehmen, weil das Gesetz in § 249b SGB V für alle Versicherten, die nicht in der geringfügigen Beschäftigung versicherungspflichtig sind, die Erhebung des Pauschalbeitrags vom Arbeitgeber vorgesehen hat. Eine alleinige Beitragserhebung bei den freiwilligen Mitgliedern hätte den Arbeitgeber entgegen dem Ziel des Neuregelungsgesetzes nicht rechtlich an der Beitragslast beteiligt, um beitragsfreie geringfügige Beschäftigungen weniger erstrebenswert zu machen.

6. Um den Krankenkassen auch bei freiwilligen Mitgliedern auf das Arbeitsentgelt aus einer entgeltgeringfügigen Beschäftigung einen vollen Beitrag zu sichern, hat das LSG Sachsen-Anhalt in seinem Urteil vom 26. März 2003 - L 4 KR 50/00 - eine Anrechnungslösung vertreten. Sie besteht darin, dass der freiwillig Versicherte zwar auf das Arbeitsentgelt seinen Beitrag zu entrichten hat, hierauf aber der Pauschalbeitrag des Arbeitgebers anzurechnen ist. Der Senat vermag dieser Ansicht nicht zu folgen. Sie ist im geltenden Beitragsrecht ohne Vorbild. Gegen einen so gespaltenen Beitrag spricht auch, dass der Pauschalbeitrag des Arbeitgebers nach der genannten Begründung des Entwurfs zum Neuregelungsgesetz keine Leistungsansprüche auslösen soll, während das bei eigenen Beiträgen des Mitglieds jedenfalls in einer Versicherung mit Krankengeld der Fall wäre. Wegen dieser und weiterer, auch praktischer Schwierigkeiten bedürfte die genannte oder eine andere mehr systemgerechte Lösung (vgl Peters in Kasseler Kommentar, § 249b SGB V RdNr 25 ff, Stand September 2003) einer gesetzlichen Grundlage.

7. Der Senat verkennt nicht, dass die hier getroffene Entscheidung nicht in jeder Hinsicht befriedigt. Dieses ist jedoch darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber die Behandlung der geringfügigen Beschäftigungen in der Krankenversicherung durch das genannte Neuregelungsgesetz grundlegend geändert hat. Dabei ist aus politischen und wirtschaftlichen Überlegungen heraus die frühere Pauschalsteuer von 22 vH durch pauschale Beiträge des Arbeitgebers in Höhe von 10 vH in der Krankenversicherung und von 12 vH in der Rentenversicherung ersetzt worden. Der Beitragsatz von 10 vH in § 249b Satz 1 SGB V ursprünglicher Fassung ist so gesehen für das Beitragsrecht der Krankenversicherung eine gegriffene Größe, die weder einem vollen noch einem halben Beitragssatz iS der §§ 241 ff SGB V entspricht. Bei der Anwendung solcher Regelungen, die nicht in das Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung eingepasst sind, kann die Rechtsprechung nicht zu Ergebnissen gelangen, die in jeder Hinsicht stimmig sind. Ob Arbeitgeber den ihnen für die Versicherten auferlegten Pauschalbeitrag aus verfassungsrechtlichen Gründen mit Erfolg angreifen könnten, war hier nicht zu entscheiden, weil sich die Klägerin nur gegen den von ihr verlangten Beitrag wendet und sie durch die geltende Regelung zum Arbeitgeberbeitrag nur begünstigt und nicht belastet wird.

8. Hiernach waren auf die Revision der Klägerin die Urteile der Vorinstanzen und in dem beantragten Umfang auch der angefochtene Bescheid der GKK aufzuheben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Rechtskraft
Aus
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