L 11 AS 261/16 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 18 AS 95/16 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 261/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zutreffende Prognose des Jobcenters bezüglich des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit im Rahmen der vorläufigen Bewilligung.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 16.03.2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der Antragsteller (ASt), der als selbständiger Musiklehrer, Berufsmusiker und Komponist tätig ist, bezieht vom Antragsgegner (Ag) aufstockendes Alg II. Im Rahmen eines Weiterbewilligungsantrages vom 12.02.2016 legte er u.a. einen Mietvertrag für eine neue Wohnung ab 01.03.2016 (300 EUR Miete zzgl. 70 EUR Nebenkosten) und eine Anlage "EKS" vor. Darin geht er in Bezug auf sechs Kalendermonate von Betriebseinnahmen iHv 2.587 EUR, einem Wareneinkauf iHv 180 EUR, Raumkosten iHv 900 EUR, Aufwendungen für ein betriebliches Kfz iHv 2.100 EUR abzüglich 100 EUR für privat gefahrene Kilometer, Büromaterial iHv 5 EUR, Telefonkosten iHv 1.110 EUR und Nebenkosten des Geldverkehrs iHv 35,40 EUR aus.

Der Ag bewilligte hierauf mit Bescheid vom 24.02.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 09.03.2016 vorläufig Alg II iHv 670,48 EUR für März 2016 und iHv 527,68 EUR monatlich für April bis August 2016. Von der Anlage "EKS" sei abgewichen worden, da die Stadt M. für die Lehrtätigkeit des ASt auch eine Fahrkostenentschädigung gewähre und diese iHv monatlich 106,40 EUR (38 km x 2 Tage pro Woche x 0,35 EUR je Entfernungskilometer) zu berücksichtigen sei. Da kein separates Arbeitszimmer vorhanden sei, könnten insofern keine Kosten angesetzt werden. Bei den Telefonkosten erfolge eine Mischnutzung, da nur ein Festnetz- und Mobilfunkanschluss bestehe. Es könnten daher nur 50% als Betriebsausgabe berücksichtigt werden. Da das private Kfz für die Fahrten zum Unterrichtsort in M. genutzt würde, sei eine Kfz-Haftpflichtversicherung und Fahrkosten für 33,3 Entfernungskilometer innerhalb der personenbezogenen Absetzungen anzusetzen. Für den Monat März 2016 wurden zusätzliche 142,80 EUR Einlagerungskosten für Möbel gewährt. Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch trug der ASt vor, die Fahrtkostenentschädigung stelle keine Betriebseinnahme dar und sein Kfz sei als betriebliches Kfz anzuerkennen, da er es nur habe, um zum Unterrichtsort nach M. zu kommen. Ein Fahrtenbuch habe er vorgelegt. In seinem Wohnzimmer erteile er Unterricht und komme seiner Tätigkeit als Musiker und Komponist nach. Die Internetnutzung und der hierfür entstehende Aufwand von 120 EUR monatlich sei nur beruflich bedingt. Den Widerspruch wies der Ag mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2016 zurück. Über die dagegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobene Klage (S 15 AS 190/16) ist bislang nicht entschieden. Nachdem der Ag zunächst die Leistungen für Juni bis August 2016 mit Bescheid vom 21.04.2016 entzogen hatte, nahm er den Entziehungsbescheid mit weiterem Bescheid vom 19.05.2016 wieder zurück und gewährte wiederum die ursprünglich bewilligten Leistungen für diese Monate. Zuvor hatte der ASt im Rahmen einer Vorsprache beim Ag mitgeteilt, dass auch nach seinem Umzug noch notwendige Unterlagen, Möbel, Bücher, Gitarren und Noten eingelagert seien. Mangels finanzieller Möglichkeiten könne er niemanden beauftragen, die Möbel zu transportieren. Selbst sei ihm dies infolge gesundheitlicher Probleme nicht möglich. Der ASt hat beim SG einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Ihm sei das Alg II um ca. 300 EUR gekürzt worden, weil betriebliche notwendige Ausgaben nicht anerkannt worden seien und nicht vorhandene Einnahmen angenommen würden. Von lediglich 200 EUR monatlich könne er nicht leben und er wisse nicht, womit er seine betrieblichen Ausgaben tätigen solle. Mit Beschluss vom 16.03.2016 hat das SG den Antrag abgelehnt. Es sei davon auszugehen, dass mit den bewilligten Leistungen der Lebensunterhalt sichergestellt werden könne. Soweit zuvor höhere Leistungen gewährt worden seien, hänge dies auch mit den Kosten für die frühere Unterkunft zusammen. Der Ag habe zutreffend die Einkünfte aus dem Musikunterricht und die Fahrtkostenerstattung als betriebliche Einnahmen berücksichtigt. Im Hinblick auf die Nichtanerkennung des Arbeitszimmers ergebe sich keine Beschwer, da dessen Kosten im Rahmen des Bedarfs für Unterkunft und Heizung angesetzt worden seien. Ein Nachweis, dass der betriebliche Anteil an den Telefon- und Internetkosten höher sei als 50%, sei nicht geführt worden. Gleiches gelte für das nicht anerkannte Betriebs-Kfz. Nach dem vorgelegten Fahrtenbuch fehlten Nachweise für die betrieblich geltend gemachten Fahrten. Die Fahrten zum Musikinstitut nach M. würden nicht den überwiegenden Anteil der Fahrten ausmachen. Die übrigen geltend gemachten Betriebsausgaben seien neben Fahrtkosten iHv 53,28 EUR (28 Tage x 33,3 km x 0,20 EUR/km) anerkannt worden. Dagegen hat der ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Eine angekündigte Begründung wurde ebenso wenig eingereicht wie angeforderte aktuelle Nachweise zu Telefon- und Internetkosten, zum Fahrtenbuch und zu Einkünften aus Musikunterricht im Wohnzimmer sowie der Komponistentätigkeiten. Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die vom Ag vorgelegten Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht den Antrag abgelehnt.

Rechtsgrundlage für die Gewährung des diesbezüglichen vorläufigen Rechtsschutzes stellt § 86b Abs 2 Satz 2 SGG dar, da der geltend gemachte Rechtsanspruch in der Hauptsache mittels einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend zu machen ist. Insoweit ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 - BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 - BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 - NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl, Rn 652). Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 ZPO; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b Rn 41).

Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des ASt zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 - Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06; weniger eindeutig BVerfG, Beschluss vom 04.08.2014 - 1 BvR 1453/12).

Ein Anordnungsanspruch ist vorliegend nicht gegeben. Es ist nicht erkennbar, dass dem ASt vorläufig höheres Alg II bis einschließlich August 2016 - so der vom gegenständlichen Bewilligungsbescheid vom 19.05.2016 umfasste Bewilligungsabschnitt, der damit auch den Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vorgibt - zu bewilligen wäre.

Nach § 7 Abs 1 Satz 1 iVm § 19 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Alg II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Der ASt ist 59 Jahre alt, offensichtlich erwerbsfähig und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist dem Grunde nach auch hilfebedürftig. Nach § 9 Abs 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Die voraussichtlichen Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit des ASt als Musiklehrer reichen nicht aus, um seinen Lebensunterhalt zu decken, so dass der Ag zu Recht vorläufig Alg II gewährt.

Es ist aber nicht erkennbar, dass der ASt einen über 527,68 EUR monatlich hinausgehenden Leistungsanspruch hat.

Der nachgewiesene Bedarf in Form des Regelbedarfs iHv 404 EUR monatlich (§ 19 Abs 1 Satz 3 iVm § 20 SGB II) und des Bedarfs für Unterkunft und Heizung iHv 370 EUR (§ 19 Abs 1 Satz 3 iVm § 22 Abs 1 SGB II) beträgt insgesamt 774 EUR monatlich. Weitere Unterkunftskosten, die über die im Mietvertrag ausgewiesenen Kosten hinausgehen, sind nicht nachgewiesen. Nach derzeitigem Sachstand ist ein Anspruch auf weitere Übernahme von Einlagerungskosten für Möbel, Gitarren, Noten und Unterlagen nicht ersichtlich. Zwar zählen zum Bedarf für Unterkunftskosten auch die angemessenen Kosten einer Einlagerung vorübergehend nicht benötigter angemessener Haushaltsgegenstände und persönlicher Gegenstände, wenn es wegen der Größe der konkreten Unterkunft erforderlich ist (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R), jedoch hat die aktuell vom ASt angemietete Wohnung eine Wohnfläche laut Mietvertrag von 60 qm. Hier ist keinesfalls ersichtlich, dass der Wohnraum nicht zur Lagerung der angemessenen Haushaltsgegenstände und etwaiger anderer persönlicher Gegenstände ausreichend sein könnte. Dies trägt der ASt auch nicht vor. Allenfalls käme eine - hier aber nicht streitgegenständliche - Gewährung von Umzugskosten in Bezug auf die eingelagerten Gegenstände nach § 22 Abs 4 SGB II in Betracht, sollten die entsprechenden Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Da nicht erkennbar und nicht glaubhaft gemacht ist, dass abgetrennte Räumlichkeiten als Arbeitszimmer dienen, war auch eine nur teilweise Berücksichtigung der Miete sowie der Nebenkosten nicht angezeigt.

Dem Bedarf steht ein anzurechnendes Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit des ASt gegenüber. Nach §§ 11 ff. SGB II iVm § 3 Abs 1 und Abs 4 Satz 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) ist monatlich der Teil des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des tatsächlich zugeflossenen Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt, wobei die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b Abs 1 SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen sind (§ 3 Abs 2 Satz 1 Alg II-V). Tatsächliche Ausgaben, die ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges von Alg II entsprechen, sollen nicht abgesetzt werden (§ 3 Abs 3 Satz 1 Alg II-V). Da die Höhe des Einkommens bei der Leistungsbewilligung noch nicht hinreichend absehbar gewesen war, war vom Ag eine Einkommensprognose vorzunehmen, und auf dieser Basis eine vorläufige Entscheidung (§ 40 Abs 2 Nr 1 SGB II iVm § 328 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III) zu treffen, wobei mit den insofern bewilligten Leistungen der aktuelle Lebensunterhalt gesichert werden können muss (vgl BSG, Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 1/13 R; Strnischa in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 11 SGB II Rn 128).

Die vorgenommene Einkommensprognose aufgrund der bekannten und erkennbaren Umstände sowie der Angaben des ASt (vgl dazu im Einzelnen: BSG, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R; Strnischa aaO Rn 129), die der Ag seiner vorläufigen Bewilligung zugrunde gelegt hat, ist vorliegend nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht zu beanstanden. Als Betriebseinnahmen sind die vom ASt in der EKS gemachten 2.587 EUR in Bezug auf seine Musiklehrertätigkeit sowie die zu erwartende Fahrtkostenerstattung durch das Musikinstitut der Stadt M. iHv 638,40 EUR (6 x monatlich 106,40 EUR), mithin insgesamt 3.225,40 EUR zu berücksichtigen. Bei den Fahrkostenerstattungen handelt es sich um einen betriebsbedingten Geldmittelzufluss, der eine Betriebseinnahme darstellt. Anerkannt hat der Ag als abzuziehende Betriebsausgaben vollumfänglich den Wareneinkauf iHv 180 EUR, Büromaterial iHv 5 EUR und die Nebenkosten des Geldverkehrs iHv 35,40 EUR berücksichtigt. Raumkosten iHv 900 EUR waren nicht abzusetzen, da ein eigenes Arbeitszimmer nicht erkennbar ist. Auch kann der Bezug zur Tätigkeit als Musiklehrer beim Musikinstitut M. nicht ohne weiteres hergestellt werden. Im Übrigen wurden die Aufwendung für die Miete und Nebenkosten vollumfänglich in die Bedarfsberechnung als Unterkunftskosten mit eingestellt. Eine vollständige Berücksichtigung der Kosten für Internet und Telefon iHv insgesamt 1.110 EUR konnte nicht erfolgen. Es ist bereits in keinster Weise ein Nachweis für solch hohe Aufwendungen der Akte zu entnehmen. Aus einer Abrechnung der Telekom vom 26.06.2015 folgt eine Rechnungssumme für Juli 2015 iHv 67,46 EUR, die aber zugleich auch ein keinesfalls im Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit zusammenhängendes "Entertainment-Paket" enthält. Auch die Art der Tätigkeit des ASt als Musiklehrer macht Aufwendungen von über 1.100 EUR im Halbjahr nicht plausibel. Insofern kann eine (vorläufige) Anerkennung der Hälfte des Betrages als Betriebsausgabe keinesfalls beanstandet werden, zumal der ASt auf die Aufforderung des Senats, hierzu weitere Nachweise vorzulegen, nicht reagiert hat.

Bei den Fahrtkosten handelt es sich um nach § 11b Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB II zu berücksichtigende Aufwendungen, da die Fahrten zwischen Wohnung und dem Einsatzort in M. als "Betriebsstätte" dem "privaten Bereich" zuzuordnen sind, obwohl es sich auch um Betriebsausgaben handelt (BSG, Urteil vom 05.06.2014 - B 4 AS 31/13 R - SozR 4-4225 § 3 Nr 5; Strnischa aaO Rn 114). Sie können folglich nach § 3 Abs 2 Alg II-V aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden, wobei allerdings eine Absetzung der Aufwendungen vom Einkommen aus selbständiger Tätigkeit anschließend noch vorzunehmen ist. Die Kfz-Haftpflichtversicherung wird von § 11b Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II erfasst, so dass hierfür gleiches gilt. Weitere Kosten in Bezug auf das Kfz für Reparaturen, Steuer, Benzin, etc. können als Betriebsausgabe nur berücksichtigt werden, wenn das Fahrzeug überwiegend, also zu mehr als 50 vH betrieblich genutzt wird. Nach dem vom Ag im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Fahrtenbuch hatten die Fahrten nach M. und zurück wohl etwas mehr als die Hälfte ausgemacht. Ob dies aber aktuell immer noch so ist, ist völlig offen. Dies konnte vorliegend nicht beurteilt werden, da der ASt trotz Aufforderung durch den Senat hierzu sein aktuelles Fahrtenbuch nicht vorgelegt hat. Eine überwiegend betriebliche Nutzung ist von daher nicht glaubhaft gemacht worden. Im Übrigen fehlt es auch an Nachweisen, dass solche Kosten im Bewilligungszeitraum voraussichtlich anfallen.

Damit waren Betriebsausgaben iHv 775,40 EUR voraussichtlich zu berücksichtigen, woraus unter Zugrundelegung der Betriebseinnahmen iHv 3.225,40 EUR ein Gewinn von 2.450 EUR folgt. Verteilt auf die sechs Monate des Bewilligungsabschnitts (§ 3 Abs 4 Satz 1 Alg II-V) ergibt sich damit ein (voraussichtliches) monatliches Einkommen aus selbständiger Arbeit iHv 408,33 EUR. Hiervon sind die Absetzbeträge des § 11b SGB II abzusetzen. Dies gilt für die konkret nachgewiesenen Fahrtkosten einschließlich der Kfz-Haftpflichtversicherung iHv 53,28 EUR (§ 11b Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB II iVm § 6 Abs 1 Nr 3b Alg II-V: 8 Fahrten pro Monat x 33,3 Entfernungskilometer x 0,20 EUR) und 47,06 EUR (§ 11b Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II: 141,17 EUR Vierteljahresbeitrag / 3 Monate). Da insofern 100,34 EUR als nachgewiesene Aufwendungen anzusehen sind, diese also 100 EUR übersteigen, und das monatliche Einkommen über 400 EUR liegt, sind die konkret nachgewiesenen Aufwendungen und nicht die Pauschale von 100 EUR zu berücksichtigen (§ 11b Abs 2 Satz 1 und 2 SGB II). Weitere Absetzbeträge nach § 11b Abs 1 Satz 1 Nrn 3 bis 5 SGB II sind weder ersichtlich noch nachgewiesen worden. Hinreichende Anhaltspunkte, dass es sich bei der Unterrichtstätigkeit des ASt nur um eine Nebentätigkeit iSv § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz (EStG) handelt, bei der ein Freibetrag von 200 EUR zu berücksichtigen wäre (§ 11b Abs 2 Satz 3 SGB II), sind nicht ersichtlich und nicht vorgebracht worden. Abzusetzen ist jedoch noch der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs 3 SGB II iHv 61,67 EUR (20% von 308,33 EUR).

Hieraus ergibt sich ein anzurechnendes Einkommen iHv monatlich 246,32 EUR, das auf den Bedarf von 774 EUR anzurechnen ist. Folglich besteht ein (voraussichtlicher) Leistungsanspruch iHv monatlich 527,68 EUR (774 EUR - 246,32 EUR), den der Ag zutreffenderweise der vorläufigen Bewilligung zugrunde gelegt hat. Zu höheren Leistungen war der Ag demnach nicht vorläufig zu verpflichten.

Die Beschwerde war somit mangels Anordnungsanspruch zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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