Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 2524/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2546/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles.
Die 1953 geborene Klägerin ist Diplomsozialarbeiterin und beim Kreisjugendamt des R.-Kreises, Außenstelle L., beschäftigt. Am 06.11.2003 blieb sie gegen 16.30 Uhr beim Verlassen eines Raumes an einem am Boden liegenden Kabel eines Faxgerätes hängen und stürzte (Unfallanzeige des Unternehmens vom 19.11.2003). Im Durchgangsarztbericht von Dr. G., wo sich die Klägerin am 10.11.2003 vorgestellt hatte, wurde berichtet, die Klägerin habe sich am 08.11.2003 beim Ärztlichen Bereitschaftsdienst/Notdienst vorgestellt. Dort habe sie über Schmerzen im Bereich der HWS und Kopfschmerzen nach dem Sturz berichtet. Es habe eine Prellmarke am Kinn bestanden, die Bewegung sei nicht eingeschränkt gewesen. Diclofenac sei verordnet und eine Röntgenuntersuchung empfohlen worden. Bei der Vorstellung bei ihm habe die Klägerin noch über Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich mit Ausstrahlung zur oberen BWS hin geklagt. Außerdem täten ihr die Oberarme und Zähne weh. Die HWS sei in allen Ebenen je endgradig schmerzhaft, jedoch nicht eingeschränkt gewesen. Druckschmerzen hätten über C2-7 beidseits ohne Myogelosen und ohne empfindliche Triggerpunkte bestanden. Bei C5-7 rechts sind Gelenkfunktionsstörungen vermerkt. Der Röntgenbefund ergab ordnungsgemäße Knochen- und Gelenkverhältnisse. Die vom Notdienst verordneten NSAR (Diclofenac) seien bis jetzt noch nicht in der Apotheke abgeholt worden, was für die Geringfügigkeit der Beschwerden spreche.
Der Orthopäde Dr. H. berichtete unter dem 11.02.2004 über eine ambulante Untersuchung der Klägerin an diesem Tag. Er stellte einen Schulterhochstand links von 0,5 cm, einen Finger-Boden-Abstand (FBA) von 0 cm und eine lotrechte Wirbelsäule fest. Kraft und Sensibilität waren ohne Befund, die HWS beschrieb er als in der Rechtsrotation endgradig eingeschränkt. Die von ihm veranlasste Röntgenuntersuchung der HWS in zwei Ebenen und Funktionsaufnahmen (Vor- und Rückneigung) waren ohne Befund. Eine Instabilität hat nicht bestanden. Als Diagnose gab er einen Zustand nach Distorsion der HWS an, Physiotherapie wurde verordnet.
Die Klägerin teilte der Beklagten teilte am 26.02.2004 telefonisch mit, dass sie erhebliche Probleme aufgrund ihrer Verletzung habe. Als Sozialarbeiterin arbeite sie viel am PC, sie gehe jeden Morgen mit Schmerzen zur Arbeit. Sie habe starke Kopfschmerzen bei der Arbeit und im Alltag, sie wache nachts wegen Schmerzen auf, befinde sich bei einem Orthopäden in manueller Therapie, Arbeitsunfähigkeit bestehe nur tageweise.
Im Bericht der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Prof. Dr. R. und Dr. S. über die von Dr. H. veranlasste Kernspintomographie der HWS vom 24.02.2004 wurde über geringe Protrusionen dorsomedian C3 bis C6 ohne Bandscheibenvorfall und ohne Wurzelkompression berichtet. Außerdem stellten die Radiologen eine vorbestehende degenerative Diskopathie, mäßiggradige Spondylosen und Unkovertebralarthrosen C3 bis C6 ohne foraminale Stenosen, ohne Hinweis auf eine diskoligamentäre Verletzung und eine Fehlhaltung fest.
Dr. H. berichtete unter dem 16.04.2004, dass die Kernspintomographie keine Hinweise auf eine diskoligamentäre Verletzung ergeben und die verordnete konventionelle krankengymnastische Übungsbehandlung die Symptomatik nicht gebessert habe, weshalb er die Klägerin zu einem osteopathisch tätigen Kollegen geschickt habe. Medikamente würden von der Klägerin abgelehnt.
Im neurologischen Befundbericht stellte die Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie O. unter dem 29.06.2004 die vorläufige Diagnose "Zustand nach HWS-Beschleunigungstrauma mit anhaltender Schmerzsymptomatik mit pseudo-radikulärem Bild" und "Verdacht auf ein beginnendes Sulcus-Ulnaris-Syndrom li."
In seiner zahnärztlichen Auskunft vom 04.07.2004 teilte Dr. K. mit, er habe die Klägerin am 30.03.2004 behandelt. Die Klägerin habe angegeben, dass nach einem Sturz im November 2003 die Zähne in der Unterkieferfront weh getan hätten. Eine kieferorthopädische Behandlung oder unfallbedingte Behandlungen seien nicht erforderlich gewesen.
Im Bericht der Orthopädischen Universitätsklinik H. vom 14.07.2004 (Prof. Dr. S.) nach einer ambulanten Behandlung am 13.07.2004 wurde angegeben, dass nach dem Sturz im November 2003 über ein freiliegendes Kabel im Büro auf das Kinn nach Stunden zunehmende Nackenbeschwerden, später auch Nacken-/Hinterhauptschmerzen aufgetreten seien. Neben mäßigen Verspannungen im Bereich des Hals-Nackenbereiches habe bei der orthopädischen Untersuchung kein Hinweis auf eine fokale organische Fehlfunktion festgestellt werden können. Als Diagnosen wurden auf orthopädischem Fachgebiet eine chronifizierende Zervikozephalgie, Muskelschmerzen, Chronifizierungsstadium II angegeben und unter "medizinisch/psychosomatisch" ausgeführt, dass psychologische Faktoren für die Chronifizierung relevant erschienen (zunehmende Ängstlichkeit).
Am 27.07.2004 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie aufgrund ihrer chronischen Schmerzen seit dem 27.07.2004 nach einem Stufenplan (drei Stunden täglich) arbeite (nach einer Arbeitsunfähigkeit vom 31.05.2004 bis 09.07.2004) und beantragte die Übernahme der Kosten für eine Akkupunkturbehandlung, weil sie wegen der Nebenwirkungen nicht ständig Schmerzmittel einnehmen könne.
Unter dem 12.08.2004 teilte Prof. Dr. S., Orthopädische Universitätsklinik H., der Beklagten auf Anfrage mit, dass eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung nicht mehr anzunehmen sei. Es gehe nicht um die Behandlung degenerativer Schäden, sondern eher um Folgen der Unfallverarbeitung und eventuell nicht angemessener Vorbehandlungen.
Die Beklagte zog ein Vorerkrankungsverzeichnis bei der B. H. bei (Bl. 61 ff. der Akten). In einem Schreiben an die behandelnden Ärzte (Bl. 79 ff.) teilte die Beklagte mit, dass es sich bei den jetzigen Beschwerden nicht mehr um unfallbedingte Folgen des Ereignisses vom 06.11.2003 handele und gebeten werde, keine Leistungen mehr auf Rechnung der Beklagten zu erbringen.
Der Physiotherapeut P. teilte unter dem 30.10.2004 mit, die Klägerin vom 22.03.2004 bis zum 01.07.2004 mit den Behandlungsmethoden der Manuellen Therapie und der Osteopathie behandelt zu haben.
Im ausführlichen Krankheitsbericht von Prof. Dr. W. und Dr. H., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik (BGU) L., vom 23.11.2004 wurde nach einer Untersuchung am 22.11.2004 als Diagnose "Zustand nach HWS-Distorsion" und "Kinnprellung" angegeben. Der Befund wurde mit "in Normalhaltung gehaltener Kopf ohne Schonhaltung" beschrieben. Die Nackenweichteile sowohl ventral als auch dorsal seien unauffällig gewesen, die chirotherapeutische Untersuchung der HWS-Gelenke zeige keinen Anhalt für Blockierungen oder Fehlhaltungen, die HWS sei in allen Ebenen frei beweglich mit Kinn-Jugulum-Abstand 0-17 cm gewesen. Die Untersuchung der 12 Hirnnervenpaare sei unauffällig gewesen, ebenso die neurologische Untersuchung der oberen Extremitäten mit vollem Kraftgrad an allen Muskelgruppen und seitengleich auslösbaren Muskeleigenreflexen. Bleibende Folgen des Unfalles vom 06.11.2003 lägen nicht vor.
Mit Bescheid vom 19.01.2005 anerkannte die Beklagte das Ereignis vom 06.11.2003 als Arbeitsunfall. Die Gewährung einer Rente lehnte sie ab. Die Erwerbsfähigkeit sei nicht in einem rentenberechtigenden Grad über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus gemindert. Als Folgen des Arbeitsunfalles wurde eine folgenlos ausgeheilte Verstauchung der Halswirbelsäule (HWS-Distorsion) und Kinnprellung mit unfallbedingter Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit von sechs Wochen anerkannt. Die darüber hinausgehende Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit stehe nach ärztlicher Einschätzung nicht in ursächlichem Zusammenhang mit den Unfallfolgen. Eine Unkovertebralarthrose der HWS-Segmente C4/5 und C5/6, ein Schmerzsyndrom bei psychosomatischem Hintergrund, Protrusionen HWK 3 bis 6, ein Schulterhochstand links von 0,5 cm und eine Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit über den 18.12.2003 hinaus seien keine Folgen des Arbeitsunfalles.
Hiergegen legte die Klägerin am 18.02.2005 Widerspruch ein. Sie leide seit dem Arbeitsunfall an massiven Schmerzen. Sobald sie über einen längeren Zeitraum am Computer arbeite bzw. Beratungsgespräche führe oder Dienstreisen mit dem Auto unternehme, nähmen die Schmerzen unerträglich zu. Fahrten mit einem Bus seien ihr überhaupt nicht mehr möglich. Diese Schmerzen äußerten sich in starken Nacken- und Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen und Ausstrahlungsschmerzen in den rechten Arm und das rechte Bein. Es bilde sich eine starke Schwellung am Dornfortsatz. Durch den großen Druck schwelle das rechte Auge zu. Sie habe im rechten Ohr Ohrgeräusche und es werde ihr schwindelig.
Unter dem 04.03.2005 legte Prof. Dr. S. den Bericht vom 20.01.2005 über eine stationäre Behandlung im Rahmen einer multimodalen Schmerztherapie vom 03.01.2005 bis 08.01.2005 vor. Die stationäre Behandlung sei auf Wunsch der Klägerin abgebrochen worden. Die Klägerin habe sich nicht in der Lage gesehen, sich in das Behandlungsprogramm zu integrieren. Sie sei während der fünf Behandlungstage nicht behandlungsbereit gewesen.
Aus der von der Beklagten beigezogenen und in Auszügen zur Akte genommenen Schwerbehindertenakte der Klägerin (Landratsamt R.-Kreis) lässt sich ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 seit dem 19.05.2004 wegen "Sehbehinderung" und "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, chronisches Schmerzsyndrom" entnehmen (Teil-GdB 30 für Sehbehinderung, vgl. versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. B., Bl. 178 der Akten).
Die Hals-, Nasen- und Ohrenklinik des Universitätsklinikums H. teilte unter dem 27.06.2005 mit, die Klägerin am 02.05. und 17.06.2005 behandelt zu haben und dabei einen Tinnitus aurium rechts festgestellt zu haben. Trotz Einleitung einer Therapie sei es bei der Patientin zu keiner akuten Besserung gekommen. Eine Pathologie im Bereich des Hörnervens wie auch des Mittelohres habe ausgeschlossen werden können. Die HNO-Ärztin Dr. F. teilte unter dem 24.10.2005 mit, die Klägerin erstmals am 27.09.2005 und an diesem Tag wegen einer geringgradigen Innenohrschwerhörigkeit behandelt zu haben.
Die Fachärztin für Orthopädie Dr. L., B., erstellte auf Veranlassung der Beklagten unter dem 13.03.2006 ein orthopädisches Sachverständigengutachten. Sie führte aus, dass die Klägerin eine HWS-Distorsionsverletzung (Typ Erdmann I) erlitten habe, welche zu einer nicht richtungsgebenden Verschlimmerung eines zuvor symptomlosen Zustandes geführt und damit über einen definierten Zeitraum mitwirkende Teilursache der als Unfallfolgen angegebenen Beschwerden gewesen sei. Es bestehe eine folgenlos ausgeheilte Distorsion der Halswirbelsäule bei Zustand nach Beschleunigungsverletzung (Schweregrad I). Unfallunabhängig bestünden chronifizierte Beschwerden im Sinne eines zervicozephalen Syndroms auf der Grundlage altersentsprechender degenerativer Veränderungen sowie funktioneller Störungen, darüber hinaus ein psychisch "verlagertes" Schmerzsyndrom mit ausgeprägter Somatisierungstendenz. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bemesse sich bis zum Ablauf der ersten posttraumatischen Woche auf 100 % bis zum Ablauf der vierten posttraumatischen Woche auf 30 %, danach auf 0 %.
Im ebenfalls veranlassten hals-nasen-ohrenärztlichen Gutachten von Dr. Z., M., vom 20.03.2006 stellte dieser zusammenfassend fest, dass die protrahierten Beschwerden eindeutig im Unfallzusammenhang zu erklären seien. Durch die Kopfgelenkstörungen und eine sogenannte craniomandibuläre Dysfunktion/Blockierung Occiput C1 sei es zu einem chronifizierten Krankheitsbild u.a. wegen nicht ausreichender und zielgerichteter Initialbehandlung gekommen. Es bestehe weiter Behandlungsbedürftigkeit. Von Seiten des HNO-Fachgebietes sei nach dem jetzigen Untersuchungsergebnis nicht von bleibenden unfallbedingten Folgen auszugehen. Eine eigenständige, in Prozenten ausdrückbare Beeinträchtigung bezüglich des allgemeinen Arbeitsmarktes ergebe sich somit nicht.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen im Gutachten und Bezugnahme auf eine Behandlung bei Prof. Dr. H. zog die Beklagte von dort (Klinikum M.) einen Bericht vom 07.02.2006 über eine Behandlung der Klägerin am 30.09.2005 und 04.10.2005 bei. In diesem wurde die Diagnose eines Zervikalsyndroms (Kopfgelenksblockierung rechtsseitig C2/3, Blockierung Occiput 1) und einer craniomandibulären Dysfunktion gestellt. Prof. Dr. H. habe eine Manualtherapie durchgeführt und osteopathische Techniken angewandt. Bereits nach der ersten Manualtherapie habe die Klägerin keine Ohrgeräusche mehr gehabt. Die HWS-Verspannungen seien besser geworden. Der Befund habe sich nach einer zweiten Anwendung deutlich gebessert.
In seiner zusammen mit Dr. D. erstellten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 19.05.2006 vertrat Prof. Dr. Dr. H., Fachkliniken H., die Auffassung, dass es sich bezüglich des biomechanischen Unfallmechanismus nicht um eine klassische Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule, sondern eher um eine durch Kinnaufprall abgebremste, jedoch nicht mit gegenläufigem Bewegungsmechanismus einhergehende, indirekt frontal schräge, translatorisch wirkende Kontusion der Halswirbelsäule mit hyperextendierendem Kraftvektor und allenfalls begleitender leichter Distorsion der ventralen halsbezogenen Weichteile gehandelt habe. Es fänden sich seitens der erstdiagnostizierenden fachorthopädischen D-Ärzte sowie auch im weiteren Verlauf der fachorthopädisch, schmerztherapeutisch und unfallchirurgischen Begutachtung sowie der hinzugezogenen konsiliarisch anschließenden Begleitdiagnostik (fachneurologisch, fachzahnärztlich) keine Hinweise für eine unfalltraumatisch strukturpathologische diskoligamentäre oder knöcherne Verletzung; gleichsam auch nicht für eine höhergradige zervicozephale, radikuläre oder wesentlich funktionslimitierende Störung. Die erst im späteren Intervall persönlich enttäuschter Entlastungsbegehren aus dem Versicherungsfall auf der Basis einer komplexen somatoformen und psychovegetativen Persönlichkeitskonstitution mit ängstlich dependenten sowie dissoziativen Grundzügen sich etablierende progrediente Schmerzchronifizierung mit erheblicher Diskrepanz zu den primär erhobenen Befunden und ausgeprägt vegetativ dysregulativem und myofaszial-funktionell nicht verletzungsadäquatem Beschwerdebild könne aufgrund der differenzierten Verlaufsprotokolle in der Aktenlage nahezu als Vollbeweis für die eben nicht unfalltypisch unterhaltene Beschwerdepersistenz bei der Versicherten gewertet werden. Die im Vollbeweis zu bestätigenden Unfallfolgen begrenzten sich daher ganz klar auf das sogenannte leichte HWS-Distorsionstrauma mit allenfalls vorübergehender und zeitlich limitiert abgrenzbarer, lokaler Aktivierungssymptomatik von Seiten der vorbestehenden Degenerosen ohne richtungsgebenden Verschlimmerungsanteil. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.08.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben.
Das SG hat den Orthopäden Dr. H., die Zahnärztin B., den Leiter der Abteilung Phoniatrie Pädaudiologie und Neurootologie Prof. Dr. H., die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. M., die Fachärztin für Innere Medizin Dr. Z. und die Ärztin für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin Dr. L. (erstbehandelnde Ärztin im Rahmen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes am 08.11.2003) als sachverständige Zeugen gehört. Wegen des Inhalts der gemachten Angaben wird auf Bl. 68 ff., 72 ff., 75 ff., 88 ff., 100 ff. und 110 ff. der SG-Akten Bezug genommen.
Die Klägerin hat einen Bericht des Radiologen Dr. V., M., vom 11.05.2007 vorgelegt. Dieser hat die von ihm angefertigten MRT der oberen Halswirbelsäule in Rechts- und Linksneigung und der Kopfgelenksbänder in Links- und Rechtsrotation als Nachweis einer Instabilität im Funktionsverhalten des Kopf-Gelenksverbandes beurteilt.
Das SG hat ein fachneurochirurgisches Zusammenhangsgutachten bei Prof. Dr. S., H., in Auftrag gegeben. Dieser hat unter dem 30.10.2007 ausgeführt, dass es bei dem Aufprall nicht zu einer Beschleunigungsverletzung gekommen sein könne, weil ausschließlich eine translatorisch wirkende Kraftkomponente vorgelegen habe, die zur Hyperextension der Halswirbelsäule und damit zur Belastung der dorsalen Facettengelenke geführt habe. Ein gegenläufiger Bewegungsmechanismus, wie er bei einem Auffahrunfall stattfinde, habe sich mit Sicherheit nicht ereignet. Somit könne mit Sicherheit festgestellt werden, dass die bei einer Beschleunigungsverletzung theoretisch mögliche traumatische Auswirkung auf die Ligamenta alaria nicht habe stattfinden können. Möglich sei allenfalls, bedingt durch die translatorisch wirkende Kraft, ein Betroffensein des Ligamentum transvermus atlantis, dieses sei jedoch kernspintomographisch ohnehin regelrecht abgebildet. Die vorliegenden bildgebenden Befunde schlössen eine traumatische Läsion im Bereich der knöchernen und ligamentären Strukturen an der Wirbelsäule aus. Zusammenfassend könne die vorliegende Diskussion der Unfallmechanismen und deren Auswirkung auf die Halswirbelsäule sowie die Diskussion der wissenschaftlichen Daten zur Darstellung der Ligamenta alaria und insgesamt der Kopf-/Halsgelenke bzw. oberen Kopfgelenksbänder zweifelsfrei feststellen, dass zum einen der Unfallmechanismus eine tatsächliche Verletzung der Ligamenta alaria nicht annehmen lasse und zum anderen die gefundenen kernspintomographischen Veränderungen keinesfalls mit Sicherheit auf eine tatsächliche Läsion der Bänder im Kopfgelenksbereich hinweisen könnten. Hinzu komme, dass sowohl der klinische Befund als auch die elektrophysiologischen Zusatzuntersuchungen Läsionen der Nervenbahn bzw. der Hirnstammreflexe generell ausschlössen. Insofern könne eine diesbezügliche organische Unfallfolge im Bereich der craniozervicalen Region und der Halswirbelsäule durch das Ereignis vom 06.11.2003 ausgeschlossen werden. Unfallbedingt handele es sich um die Diagnose eines Zustandes nach translatorischer, hyperextendierender HWS-Stauchung. Klinisch neurologisch sei ein Defizit nicht zu erheben, es bestehe eine schmerzgenerierte Einschränkung der HWS-Beweglichkeit bei erhöhtem Muskeltonus. Ein Zusammenhang der vorliegenden Beeinträchtigung der Gesundheit mit dem Unfallereignis könne nach Ablauf von drei Monaten nach dem Unfallereignis nicht mehr angenommen werden. Auf neurochirurgischem Fachgebiet bestünden keine Unfallfolgen. Hinsichtlich einer vermuteten posttraumatischen Belastungsstörung sei eine psychosomatische Ergänzungsbegutachtung erforderlich. Eine MdE auf neurochirurgischem Fachgebiet liege nach dem 06.02.2004 nicht mehr vor.
Gegen dieses Gutachten hat die Klägerin Einwendungen erhoben, zu denen Prof. Dr. S. unter dem 11.12.2007 ergänzend Stellung genommen hat. Ferner hat sie umfangreiche Auszüge aus wissenschaftlicher Literatur – insbesondere zu Halswirbelsäulenverletzungen – und Kopien von Gerichtsurteilen vorgelegt (Anlagen zum Schreiben vom 28.04.2008, Bl. 230 bis 332 der SG-Akten).
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen beim Facharzt für Innere Medizin und Umweltmedizin Dr. K. (vom 05.11.2008) sowie beim Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. M. (vom 13.10.2008, eingegangen 19.11.2008). Wegen der gemachten Angaben wird auf Bl. 357 ff. und 365 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
Das SG hat darüber hinaus den Chefarzt der Abteilung Allgemeine Psychiatrie I im Zentrum für Psychiatrie N. Dr. S. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Hierauf teilte die Klägerin mit, dass sie nicht bereit sei, eine psychiatrische Untersuchung durchführen zu lassen. Ihre Beschwerden beruhten eindeutig auf einem klinischen Befund. Das SG nahm hierauf den Gutachtensauftrag zurück.
Mit Urteil vom 04.02.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass für das bei der Klägerin bestehende und anhaltende Beschwerdebild im Bereich der Halswirbelsäule nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne, dass es ursächlich auf eine Schädigung durch den Unfall zurückzuführen sei. Maßgebend für die Überzeugungsbildung des Gerichts sei das Gutachten von Prof. Dr. S. und seine ergänzende Stellungnahme gewesen, denn der Sachverständige habe den Unfallmechanismus, die konkreten aktenkundigen und bei der Klägerin erhobenen medizinischen Befunde, den tatsächlichen Verlauf seit dem Unfallereignis und die geltende medizinisch-wissenschaftliche Lehrmeinung umfassend, kompetent und schlüssig berücksichtigt und seine Beurteilung nachvollziehbar begründet. Das Gericht schließe sich dieser Beurteilung ohne Einschränkung an, welche zudem mit der Beurteilung von Dr. L. und der gutachterlichen Beurteilung des behandelnden Arztes für Orthopädie Dr. H. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 11.09.2006 übereinstimme.
Gegen das ihr am 06.05.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.05.2010 Berufung eingelegt und unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages an der von ihr vertretenen Rechtsansicht festgehalten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Februar 2010 aufzuheben sowie die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2006 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 6. November 2003 Verletztenrente auf der Grundlage einer MdE in Höhe von 20 v. H. auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat den fachärztlichen Bericht des Facharztes für Orthopädie Dr. T., M., vom 16.01.2012 vorgelegt, der angab, dass die Klägerin erstmals von seinem Praxisvorgänger Dr. S. am 16.07.2007 behandelt worden sei. Er hat aufgrund der Anamneseerhebung, der klinischen Untersuchung und der bildgebenden Verfahren die Diagnosen einer posttraumatischen Atlasdysfunktion, einer Kopfgelenksgefügestörung bei craniozervicaler Instabilität und kapsuloligamentärer Läsion des Kopfgelenkverbundes sowie ein zervicozephales Syndrom gestellt und ausgeführt, dass vor dem Unfallereignis anamnestisch keine relevanten HWS-Traumata zu eruieren gewesen seien, Episoden von vorbestehenden Kopf- und Nackenschmerzen seien nicht bekannt. Da ein konkurrierendes anderes traumatisches Ereignis ausscheide, seien die kernspintomographisch gesicherten Veränderungen des Kopfgelenkverbundes eindeutig auf das Unfallereignis zurückzuführen. Bei den vorgenommenen Untersuchungen vom 16.07.2007 bis zuletzt 28.11.2011 hätten klinische Störungen des Kopfgelenkverbundes festgestellt werden können mit ca. 20 Grad Bewegungseinschränkung insbesondere bei Rechtsrotation und ca. einem Drittel Bewegungseinschränkung bei der Rotation in Anteflexionsstellung nach links. Ferner habe eine verstärkte Tonisierung der HWS-Muskulatur insbesondere rechts, eine Verspannung der tiefen subokzipitalen Muskulatur, positive Trigger- und Tenderpunkte bezogen auf die zervicalen Segmente C0 bis C3, positive Irritationszonen als Ausdruck einer Kopfgelenksdysfunktion, vermehrte muskuläre Tonosierungen des SCM, submandibulär und temperomandibulär, absteigende artikuläre Dysfunktionen cervical und hochthorakal und ein myofasciales Ungleichgewicht sowie ein deutlich gestörtes Bewegungsverhalten des Kopfgelenkverbundes bestanden. Diesem Bericht war der Befund über eine "kinetisch positionale Kernspintomographie des craniozervikalen Übergangs mit Schädelbasis unter besonderer Berücksichtigung der Kopfgelenke" des Facharztes für Diagnostische Radiologie Dr. F. vom 18.08.2011 beigefügt. Ferner hat die Klägerin ein fachärztliches Attest des Dr. T. vom 17.12.2013 und des Prof. Dr. H. vom 07.01.2014 vorgelegt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen eines unfallchirurgisch/orthopädischen Gutachtens beim Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S., M ... Einen vor der Untersuchung und Erstellung des Gutachtens gestellten Antrag, Dr. S. wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat der Senat mit Beschluss vom 24.02.2014 abgelehnt.
In seinem Gutachten vom 04.08.2014 hat Dr. S. ein chronifiziertes Zervicozephalsyndrom und einen Verdacht auf eine psychoreaktive Fehlverarbeitung festgestellt. Er hat darauf hingewiesen, dass es sich um einen direkten Kinnaufprall gehandelt habe und nicht um eine klassische Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule. Durch den Kinnaufprall sei eine Gegenbewegung im Sinne einer Hyperflexion ohne Zweifel auszuschließen. Es sei auch davon auszugehen, dass keine wesentliche Rotation des Kopfes vorgelegen habe, weil die Klägerin nach dem Unfall über Schmerzen an den Zähnen der Unterkieferfront geklagt habe. Dr. G. habe dementsprechend eine Prellmarke am Kinn beschrieben. Bei einem nicht vorliegenden Akzelerations-/Dezelerationstrauma sei auch nicht von einer typischen Beschleunigungsverletzung auszugehen, allenfalls von einer Hyperextension der unteren Halswirbelsäule mit Einwirkung auf die hinteren kleinen Wirbelgelenke eher im distalen Bereich. Eine wesentliche Zerrung bzw. strukturelle Verletzung der Halsweichteile sei durch den beschriebenen Unfallmechanismus auszuschließen, weil keine Hyperflexion stattgefunden habe. Er verwies zudem auf den Zeitraum zwischen November 2003 und Februar 2004, in dem keine ärztliche Behandlung dokumentiert sei. Die Klägerin habe hierzu angegeben, von ihrer Hausärztin Krankengymnastik verordnet bekommen zu haben. Diese habe sie aber nicht vertragen. Gegen einen Unfallzusammenhang sprechen demnach ein ungeeigneter Unfallhergang zur Verletzung der Kopfgelenkregion durch direktes Anpralltrauma des Kinns bei fehlender typischer Akzeleration/Dezeleration, ein untypischer Erstbefund für die Annahme einer schwerwiegenden Störung der Kopfgelenkregion und der fehlende bildgebende Beweis für eine Läsion der Bandstrukturen im Kopfgelenkbereich.
Zu diesem Gutachten hat die Klägerin umfangreich vorgetragen (vgl. Schreiben vom 08.09.2014, Bl. 152 - 199 der Senatsakten) und unter anderem eine Stellungnahme des Dr. F. vom 26.08.2014 zu dem Gutachten von Dr. S. (Bl. 144 d. Akten) sowie einen weiteren Bericht des Prof. Dr. H. vom 31.07.2014 über eine Behandlung am 24.07.2014 vorgelegt.
Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat der Senat den Orthopäden Prof. Dr. Dr. W., Elisabeth-Klinik O., zum gerichtlichen Sachverständigen bestimmt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 28.04.2015 ausgeführt, dass der Fall den klassischen Verlauf einer kopfgelenksverletzten Patientin darstelle. Die Klägerin sei dadurch gekennzeichnet, dass sie vor dem Unfall niemals in ärztlicher Behandlung oder gar physiotherapeutischer Behandlung wegen Beschwerden im Halswirbelsäulenbereich gewesen sei. Es gebe keine gesicherten Daten, welches Trauma in welche Richtung zu welchem Schaden führe. Alle Hypothesen und Daten hierüber seien Modelle, die entweder der Computersimulation oder aus Kadaveruntersuchungen gezogen worden seien. Sie seien damit von der Realität weit entfernt. Es gelte heute die Feststellung, dass eine Harmlosigkeitsgrenze nicht existiere und es selbst durch kleine Traumata zur HWS-Verletzung kommen könne. In den Notaufnahmen träfen die Patienten dann auf in der Regel unfallchirurgisch ausgebildete Kollegen, die die HWS nicht segmental untersuchen könnten und keine Kenntnis von den Kopfgelenksverletzungen hätten. Auch in diesem Fall entbehrten sämtliche Untersuchungsbefunde in der Zeitperiode nach dem Unfall jeglicher manueller segmentaler Untersuchung, es gebe keine Angaben in den einzelnen Befundberichten über eine mögliche Instabilität der Kopf-Hals-Region. Das gleiche Manko gelte für die klassische Radiologie, die die Ligamente/Bänder nicht abbilde. Auch die klassische Kernspintomographie bilde - wie hier 2003/2004 - die Kopfgelenksebene nicht ab, die verwendeten Maschinen (CT und Kernspintomograph) seien nicht in der Lage, die Kopfgelenksebene suffizient abzubilden. In der weiteren Entwicklung über die letzten 20 Jahre hinweg habe sich die technische Ausstattung verschiedener Radiologiepraxen weiterentwickelt, so dass heute suffiziente Untersuchungen im Kernspin und CT möglich seien. Man habe nun den großen Vorteil, zum einen radiologisch im offenen Kernspintomographen etwas zur Struktur der Kopfgelenksebene zu sagen und in der CT-Funktionsuntersuchung sich klar zu machen, ob es eine nachvollziehbare Bewegungsstörung gebe. Die von ihm veranlasste offene Kernspintomographie zeige zum einen narbige Strukturveränderungen im Verlauf der Ligamenta alaria. Hier komme es zu einer hohen Konkordanz der Untersuchungstechnik offenes NMR zur manualmedizinischen Untersuchung, wo man eine Instabilität C0/C2 feststellen könne. Es handele sich dabei nicht um eine Abrissverletzung des Ligamentum alaria, sondern um eine Überdehnung/Stretchverletzung, weshalb die Bänder nicht mehr ihre stabilisierende Wirkung entfalten könnten. Eine solche Stretchverletzung mit Überdehnung der Ligamenta alaria liege klinisch und kernspintomographisch vor. Die Ligamenta alaria seien noch vorhanden, nicht abgerissen, narbig verändert im Sinne von Überdehnung, was zu einem pathologischen Steuerrad-Phänomen und einem pathologischen segmentalen Untersuchungsbefund im manualmedizinischen Befund im Bereich der Kopfgelenksebene führe. Es liege ein posttraumatisches chronisches cervico-encephales Syndrom mit Instabilität C0/C2 bei Verletzung mit Stretchverletzung der Ligamente alaria vor. Er halte eine MdE um 20 v. H. für gerechtfertigt (ab dem Unfalltag für drei Monate 100 v. H., für weitere drei Monate um 50 v. H., dann 20 v. H.).
Hierzu haben die Beteiligten Stellung genommen (Schriftsätze der Beklagten vom 14.07.2015 und 25.09.2015, Schriftsätze des Bevollmächtigten der Klägerin vom 04.08.2015 und vom 13.01.2016).
Der Senat hat Dr. S. beauftragt, zu den Einwendungen und der gutachterlichen Würdigung durch Prof. Dr. Dr. W. Stellung zu nehmen. In dieser gutachterlichen Stellungnahme vom 13.01.2016 hat er ausgeführt, dass Prof. Dr. Dr. W. den Unfallhergang keiner kritischen Analyse unterzogen und auch den Erstbefund nicht in die Bewertung miteinbezogen habe. Zu keiner Zeit, weder zeitnah zum Unfallgeschehen noch im weiteren Verlauf sei eine typische Symptomatik für eine strukturelle Kopfgelenkschädigung dokumentiert noch manualtherapeutisch diagnostisch gesichert. Die Funktions-Computertomographie des craniozervikalen Übergangs habe keinen Nachweis einer Fehlstellung oder von degenerativen Veränderungen als Hinweis für eine ligamentäre Verletzung ergeben. Bildgebende Befunde seien von Prof. Dr. Dr. W. nicht selbst beurteilt worden. Das Gutachten enthalte weder die persönliche Beurteilung von Fremdbefunden noch von eigenen Röntgenaufnahmen. Die kernspintomographische Diagnose einer ligamentären Verletzung beruhe auf den Untersuchungen des Dr. V. vom 10. und 11.05.2007 bzw. des Dr. F. vom 18.08.2011. In seinem Gutachten habe er diese ausgewertet. Die Aufnahmen seien mit einem Gerät der Feldstärke 0,6 Tesla durchgeführt worden. Eine solche Feldstärke sei bei weitem nicht ausreichend, eine zufriedenstellende Abbildung der Bänder im Kopfgelenksbereich zu erreichen. Die Aufnahmen seien von einem Signalrauschen gekennzeichnet, das eine Abgrenzung dieser Strukturen in keinster Weise zulasse. Hierüber bestehe Einigkeit in radiologischen Fachkreisen. Prof. Dr. Dr. W. erwähne zwar, dass Dr. V. in der Radiologieszene umstritten sei und heftig kritisiert werde, er unterlasse aber eine kritische Auseinandersetzung mit dem zur Verfügung stehenden Untersuchungsmaterial. Zur von Prof. Dr. Dr. W. veranlassten Funktions-Computertomographie hat Dr. S. ausgeführt, dass diese bei dem sehr versierten Radiologen Dr. F. in Auftrag gegebenen Bilder keine Instabilität bei C1/C2 belegten oder Hinweise auf eine Schädigung dort gäben. Dr. F. habe vielmehr darauf hingewiesen, dass keinerlei strukturelle Veränderungen, wie z.B. Bandverkalkungen oder Spondylophyten, die eine Bewegungseinschränkung in den Kopfhals-Gelenken verursachen könnten, vorliegen. Zwischen dem Unfallereignis und der Untersuchung bei Dr. F. lägen 11 Jahre. Es erscheine lebensfern, dass bei einer strukturellen Schädigung dort über diesen langen Zeitraum hinweg bei tatsächlicher Verletzung keine irgendwie gearteten strukturellen Schäden aufgetreten wären. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Prof. Dr. Dr. W., der diese Untersuchung von sich aus in Auftrag gegeben habe, diesen Befund in keinster Weise in seine Argumentation miteinbeziehe. Im Gegensatz zu Prof. Dr. Dr. W. habe Prof. Dr. H. bei einer Untersuchung der Klägerin am 24.07.2014 eine deutliche Blockierung zwischen Occiput und C1 links ausgeprägter als rechts sowie eine Blockierung zwischen C2 und C3 rechts mit ausgeprägtem schmerzhaften Befund beschrieben. Von ihm sei, auch nicht zuvor, eine Instabilität der Kopfgelenke nicht beschrieben worden. Die von Prof. Dr. Dr. W. beschriebene Instabilität C0/C2 werde durch Prof. Dr. H. nicht bestätigt. Auch der MdE-Empfehlung könne nicht gefolgt werden, da die Einschätzung von Prof. Dr. Dr. W. auf den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen" beruhe, die Grundlage für die Einschätzung nach dem Schwerbehindertengesetz seien. Nach S./H., Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane (6. Aufl.) werde ein Wirbelbruch oder Bandscheibenruptur mit instabilem Bewegungssegment mit einer MdE von 10-20 v. H. entschädigt, stabil verheilte Wirbelbrüche mit statisch unbedeutender Deformität im 1. Jahr mit 10 v. H. und im 2. Jahr mit unter 10 v. H. Bei der Klägerin läge keines dieser Verletzungsmuster vor.
Gegen diese Einschätzung hat der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 11.02.2016 ergänzend vorgetragen und die Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. W. vom 02.02.2016 vorgelegt. Hierin führt dieser aus, dass er die Stellungnahme von Dr. S. gelesen habe. Seiner Auffassung nach habe Dr. S. Unrecht, seine Ansicht habe er in seinem fachorthopädischen Gutachten niedergelegt, das Gericht müsse entscheiden, welcher Fassung es nun nachgehen wolle. Eine erneute Begutachtung bringe nichts, weil hier zwei Meinungen ja dann doch frontal aufeinanderstießen.
Wegen einer "Sehbehinderung" und "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, chronisches Schmerzsyndrom, posttraumatisches zervico-enzephales Syndrom, Zustand nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule" hat das Landratsamt R.-Kreis mit Bescheid vom 16.02.2009 den Grad der Behinderung mit 70 seit dem 12.12.2008 festgestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die form- und fristgerecht erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 4 SGG ist zulässig, aber unbegründet.
Die Beklagte hat im Bescheid vom 19.01.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2006 einen Anspruch des Klägerin auf Gewährung von Verletztenrente zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Mindern die Folgen des Versicherungsfalles die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H., besteht für den Versicherungsfall gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Nach § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VII wird bei einer MdE Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht.
Die MdE richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Damit wird nicht auf die konkrete Beeinträchtigung im Beruf des Versicherten abgestellt, sondern eine abstrakte Berechnung vorgenommen (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 Rdnr. 10.1). Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (vgl. Bundessozialgericht [BSG] vom 05.09.2006 – B 2 U 25/05 – Juris RdNr. 10; BSG vom 02.05.2001 – B 2 U 24/00 R – SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S. 36). Dabei sind ärztliche Meinungsäußerungen über die Auswirkung derartiger Beeinträchtigungen auf die Erwerbsfähigkeit eine wichtige Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE (vgl. BSG vom 05.09.2006 – B 2 U 25/05 R – Juris RdNr. 10). Erst aus der Anwendung (medizinischer) Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (vgl. dazu BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Bei der Beurteilung der MdE sind die von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten. Diese sind zwar nicht bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (vgl. BSG vom 22.06.2004 – B 2 U 14/03 R – SozR 4-2700 § 56 Nr. 1 – Juris RdNr. 12).
Die Klägerin hat am 06.11.2003 unstreitig einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII als Versicherungsfall (§ 7 SGB VII) erlitten, da sie bei der Verrichtung ihrer Arbeit – sie hielt sich zum Zeitpunkt des Unfalles im Nebenraum des Sekretariats bei den Postfächern auf, um dort ihre Post fertig zu machen – durch ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis – dem Sturz beim Verlassen des Raumes – Gesundheits(erst)schäden, wie zumindest eine Kinnprellung und die im Durchgangsarztbericht von Dr. G. genannte HWS-Distorsion erlitten hat.
Die Folgen dieses Arbeitsunfalls begründen aber nach Überzeugung des Senats keine MdE in rentenberechtigender Höhe. Folgen des Arbeitsunfalls sind Gesundheitserst- oder -folgeschäden des Unfallereignisses, also Gesundheitsstörungen, die durch das Unfallereignis bzw. durch einen Gesundheitserstschaden infolge des Unfallereignisses wesentlich verursacht worden sind.
Für die erforderliche Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheits(erst)schaden sowie für die Kausalität zwischen Gesundheits(erst)schaden und weiteren Gesundheitsschäden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG vom 17.02.2009 – B 2 U 18/07 R – Juris RdNr. 12), die auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht. Danach ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Als rechtserheblich werden aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs abgeleitet werden (BSG vom 17.02.2009 – B 2 U 18/07 R – Juris RdNr. 12) sowie auf Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten (BSG vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – Juris RdNr. 17). Gesichtspunkte für die Beurteilung sind neben der versicherten Ursache als solcher, einschließlich Art und Ausmaß der Einwirkung, u.a. die konkurrierende Ursache (nach Art und Ausmaß), der zeitliche Ablauf des Geschehens, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte (BSG vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – Juris RdNr. 16).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes ist zu beachten, dass das Vorliegen eines Gesundheits(erst)schadens bzw. eines Gesundheitsfolgeschaden (Unfallfolgen) im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen muss, während für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitserst- bzw. -folgeschaden die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit genügt (BSG vom 02.04.2009 – B 2 U 29/07 R – Juris RdNr. 16). Den Nachweis eines Gesundheitserstschadens im Bereich der Halswirbelsäule, der über eine Verstauchung (Distorsion) der HWS und einer Kinnprellung – wie von der Beklagten anerkannt – hinausgeht, ist nach Überzeugung des Senats vorliegend nicht geführt. Zu Recht hat die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund dieser von ihr in dem angefochtenen Verwaltungsakt festgestellten Unfallfolgen abgelehnt. Eine dauernde oder richtungsgebende Verschlimmerung der unfallunabhängig vorliegenden degenerativen Veränderungen der HWS bei einem fehlenden morphologischen Befund begründet nach Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit den Einlassungen aller gehörter Sachverständiger, insbesondere aber von Dr. L. (welche der Senat im Urkundsbeweis verwertet) und Prof. Dr. S., keine MdE in rentenberechtigenden Grad über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus. Die Kinnprellung ist zudem abgeheilt. Anderes lässt sich den vorliegenden Befund- und Behandlungsberichten nicht entnehmen. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde und insbesondere der Gutachten von Prof. Dr. S. und Dr. S., aber auch unter Berücksichtigung der beratungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. H., die der Senat als qualifizierten Beteiligtenvortrag verwertet, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass es bei dem Sturzereignis vom 06.11.2003 zu einem weiteren Gesundheitserstschaden, zu einer traumatischen Schädigungen im Bereich der Halswirbelsäule und deren Bänder gekommen war, die die Klägerin für die bei ihr fortbestehenden Beschwerden (Nacken-, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Ausstrahlungsschmerzen in den rechten Arm und das rechte Bein) verantwortlich macht.
Insoweit stellt der Senat zunächst fest, dass aufgrund der vorliegenden klinischen und bildgebenden Befunde zeitlich unmittelbar nach dem Unfall feststeht, dass eine Verletzung der Wirbelsäule und/oder der discoligamentären Strukturen weder klinisch noch bildgebend positiv festgestellt worden ist. Die unmittelbar und zeitnah zum Unfall erhobenen und dokumentierten Befunde von Dr. L., Dr. G. und Dr. H. sowie Frau O. belegen kein Funktionsdefizit im Bereich der oberen Halswirbelsäule und insbesondere nicht der Kopfgelenke, worauf Dr. S., Prof. Dr. Dr. H. und Prof. Dr. S. zu Recht hingewiesen haben. So sind bei den erstbehandelnden Ärzten Dr. L. (vgl. sachverständige Zeugenaussage vom 12.12.2006) und dem Durchgangsarzt Dr. G. unmittelbar nach dem Unfall Klagen über Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und Kopfschmerzen sowie Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich mit Ausstrahlung zur oberen Brustwirbelsäule vermerkt worden. Die eingehende Untersuchung bei Dr. G. ergab neben der Prellmarke am Kinn eine uneingeschränkte endgradig schmerzhafte Beweglichkeit der HWS mit Druckschmerzen über den Wirbelkörpern C2-7 beidseitig, ohne Myogelosen (Muskelverhärtungen) und ohne empfindliche Triggerpunkte. Nur im Bereich der unteren Halswirbelsäule im Bereich von C5-7 rechts bestanden Gelenkfunktionsstörungen. Eine gute Wirbelsäulengesamtbeweglichkeit mit einem Finger-Boden-Abstand von 0 cm und einem Schulterhochstand links von 0,5 cm bei einer insgesamt lotrechten Wirbelsäule hat auch der behandelnde Orthopäde Dr. H. bei der Erstkonsultation am 11.02.2004 festgestellt. Lediglich die Rechtsrotation der HWS war endgradig eingeschränkt. Ein pathologischer Befund war auf den Funktionsaufnahmen in Vor- und Rückneige nicht zu erkennen. Die veranlasste kernspintomographische Untersuchung ergab eine unfallunabhängig vorbestehende degenerative Discopathie, mäßiggradige Spondylosen und Uncovertebralarthrosen im Bereich der Wirbelkörper C3 bis C6. Die andauernde Beschwerdesymptomatik wurde von diesem im Zusammenhang mit einem hierauf beruhenden unfallunabhängigen chronischen Cervikalsyndrom mit Somatisierungstendenz gewertet (sachverständige Zeugenaussage vom 11.09.2006). Bei der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie O. befand sich die Klägerin am 04.03, 16.03., 06.04., 28.06. und 29.06.2004 in Behandlung und klagte dort über Nackenschmerzen, die bis zum Ohr zögen und darüber hinaus, dass sie sich wie eingesperrt fühle, wie in einem Panzer. Am 28.06.2004 gab die Klägerin dauernde Schmerzen und zudem Schmerzen im Auge und vom Hals in das rechte Bein ausstrahlend an. Auch hier ergab sich nach umfangreicher neurologischer Abklärung – abgesehen von dem Verdacht auf ein beginnendes Sulcus-ulnaris-Syndrom links – kein pathologischer Befund im Bereich der HWS. Darüber hinaus war auch noch im November 2004 bei der Untersuchung in der BGU L. (Prof. Dr. W., Dr. H.) im Rahmen einer dort durchgeführten chirotherapeutischen Untersuchung der HWS-Gelenke kein Anhalt für Blockierungen oder Fehlhaltungen festgestellt worden. Die HWS war auch zu diesem Zeitpunkt in allen Ebenen frei beweglich, die Untersuchung der zwölf Hirnnervenpaare unauffällig, ebenso die neurologische Untersuchung der oberen Extremitäten mit vollem Kraftgrad in allen Muskelgruppen und seitengleich auslösbaren Muskeleigenreflexen. Dementsprechend nachvollziehbar sind die Behandler zu dem Ergebnis gelangt, dass bleibende Unfallfolgen nicht nachweisbar waren. Zu demselben Ergebnis war zuvor bereits Prof. Dr. S., Orthopädische Universitätsklinik H., in seinem Bericht vom 12.08.2004 gelangt.
Soweit die Klägerin auf unmittelbar nach dem Unfall bestehende Hautverfärbungen im Bereich des Halses verweist, welche von Prof. Dr. S. im Sinne subkutaner Blutergussverfärbung gewertet wurden, fehlt es diesbezüglich an einer medizinischen Feststellung, da diese nicht dokumentiert sind. Ein solcher Bluterguss belegt zudem keinen dauerhaften strukturellen Schaden im Bereich der HWS und der Kopfgelenke. Gleiches gilt für die Beobachtung der Tochter, die nach dem Unfall angeben haben soll, dass das Gesicht ganz schief gewesen sei. Diese Beobachtung war jedenfalls von Dr. L. und Dr. G. nicht wiederholt worden und findet sich auch in den zitierten späteren Befunden nicht wieder.
Unter Berücksichtigung der beschriebenen Befunde ist eine frische Läsion oder eine discoligamentäre traumatische Affektion mit einer deutlichen Gefügestörung, Stufenbildung der HWS, translatorischer Gefügeverletzung und Fehlrotation oder ähnlichem (Prof. Dr. Dr. H.) weder durch die bildgebenden Verfahren noch klinisch nachgewiesen. Mit Dr. S., Prof. Dr. Dr. H. und Prof. Dr. S. vermag der Senat unter Berücksichtigung der in einem nahen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall beschriebenen Befunde Einschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule und insbesondere der Kopfgelenke nicht festzustellen, da es sich bei rückblickender Betrachtung eben nicht um Beschwerden handelte, die mit der gebotenen Sicherheit eine Schädigung der Kopfgelenke oder der diese stabilisierenden Bänder belegen, sondern es sich – wie Prof. Dr. Dr. H. ausführte – um eine typische Konstellation eines nur sehr leichtgradigen klinischen Verletzungsbefundes handelte mit geringgradigen funktionellen Auswirkungen mit einer kontusionsbedingten Lokalempfindlichkeit am Kinn und am rückwärtigen Facettenbereich sowie festgestellter Gelenkfunktionsstörungen der unteren HWS, die im Zusammenhang mit den kernspintomographischen Veränderungen im Bereich C3 bis C6 gesehen werden können.
Etwas anderes lässt sich nach Überzeugung des Senats auch nicht dem Bericht des Orthopäden Dr. S. (vom 14.06.2004, nach einer Untersuchung am 21.06.2004) entnehmen, der zwar im Rahmen der Diagnosen eine Kopfgelenkstörung der Halswirbelsäule angegeben, nicht aber diese hinsichtlich der Lokalisation näher beschrieben hat. Die unter "Therapie" in seinem Bericht beschriebene Mobilisation C4/5 spricht für Gelenkstörungen im unterhalb der Kopfgelenke liegenden Bereich und ist damit kein Beleg für das Vorliegen von Kopfgelenkstörungen zu diesem Zeitpunkt. Dafür, dass sich die Einschränkungen und Beschwerden der Klägerin im Verlauf der Zeit verändert und zugenommen haben, sprechen im Übrigen auch die Feststellungen des Versorgungsamtes beim Landratsamt R.-Kreis. Nach den von der Beklagten beigezogenen Akten beruhte die ursprüngliche Einschätzung des Grades der Behinderung (GdB) mit Bescheid vom 08.07.2004 (GdB 30 seit 19.05.2004) im Wesentlichen auf einer Sehbehinderung, für die nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.06.2004 (Dr. B., Bl. 178 der Akten) ein Teil-GdB von 30 angenommen wurde. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und muskuläre Verspannungen wurden dort mit einem Teil-GdB von 10 eingestuft und damit im Sinne einer nur geringgradigen Beeinträchtigung. Die Klägerin hat insoweit einen weiteren Bescheid des Versorgungsamtes vom 16.02.2009 vorgelegt, wonach nunmehr der GdB 70 beträgt, allerdings erst mit Wirkung ab 12.12.2008. Neben der Sehbehinderung wurde nunmehr von einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskulären Verspannungen, einem chronischen Schmerzsyndrom, einem posttraumatischen zervico-enzephalen Syndrom und einem Zustand nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule ausgegangen.
Der Senat ist schließlich nicht davon überzeugt, dass durch den nichtärztlichen Therapeuten P., der im März 2004 18 symptomatisch funktionelle Störungszeichen des Achsenskelettes und der Extremitäten auf myofaszialer, vegetativer und gelenkbezogener Ebene festgestellt hatte (u.a. auch HWS-Blockaden C4-6 lateral links, C1 lateral rechts), der Vollbeweis einer solchen Kopfgelenksstörung als geführt angesehen werden kann. Denn nur wenig später – im Bericht des Universitätsklinikums H. vom 14.07.2004 sowie den oben bereits angesprochenen Berichten von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. S. – konnten Traumafolgen wiederum nicht festgestellt werden.
Die zeitlich später und erstmals ärztlicherseits im Juli 2005 von Prof. Dr. H. beschriebene Irritation der Axis, also des 2. Halswirbelkörpers, und eine am 30.09.2005 festgestellte funktionelle Kopfgelenksblockierung rechtsseitig C2/3 lässt sich nicht mit der hierfür erforderlichen Wahrscheinlichkeit als Folge des Arbeitsunfalles feststellen, da eine traumatische Ursache hierfür weder aufgrund biomechanischer Überlegungen noch mit Blick auf bildgebende Befunde wahrscheinlich ist (siehe hierzu noch unten) und der zeitliche Abstand zum Unfallereignis nicht hinreichend erklärbar ist, was der Senat ebenfalls den Gutachten von Dr. S. und Prof. Dr. S. entnimmt. Ein (weiterer) Gesundheitserstschaden im Bereich der knöchernen oder ligamentären Strukturen der Kopfgelenke bzw. der oberen HWS wird durch die Untersuchung durch Prof. Dr. H. im Juli bzw. September 2005 gerade nicht zweifelsfrei belegt.
Darüber hinaus begründet die Analyse des Unfallherganges keinen hinreichend wahrscheinlichen Zusammenhang einer unterstellten Stretchverletzung der Ligamenta alaria, da dieser nicht geeignet war, diese zu überdehnen. Der Senat stützt sich auch insoweit auf die bereits angesprochenen Expertisen von Dr. S., Prof. Dr. S. und Prof. Dr. Dr. H., die übereinstimmend eine klassische Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule ausgeschlossen haben. Vielmehr handelt es sich um eine durch Kinnaufprall abgebremste und nicht mit einem gegenläufigen Bewegungsmechanismus einhergehende, indirekt frontal schräge, translatorisch wirkende Kontusion der HWS mit hyperextendierendem Kraftvektor und allenfalls leichter Distorsion der ventralen halsbezogenen Weichteile. Der bei Beschleunigungsverletzungen /Schleudertraumata (Auffahrunfall) auftretende gegenläufige Bewegungsmechanismus (das sog. Akzelerations-/Dezelerationstrauma) hat gerade nicht vorgelegen, weswegen die bei Beschleunigungsverletzungen theoretisch mögliche traumatische Auswirkung auf die Ligamenta alaria bei dem vorliegenden Verletzungsmechanismus von den Sachverständigen als ausgeschlossen angesehen wurde. Insoweit überzeugend weist Prof. Dr. S. darauf hin, dass allenfalls ein Betroffensein des Ligamentum transvermus atlantis zu erwarten gewesen wäre, dieses aber kernspintomographisch regelrecht abgebildet wurde.
Für einen entsprechenden Unfallhergang mit Hyperextension der HWS (und gegen eine Beschleunigungsverletzung) spricht nach den Ausführungen von Dr. S. auch und gerade, dass der Unfallarzt Dr. G. eine Gelenkfunktionsstörung auf Höhe C6/7 rechts festgestellt hat. Denn bei einer Hyperextension der Halswirbelsäule kommt es zu einer Einwirkung auf die hinteren kleinen Wirbelgelenke eher im distalen (körperfernen) Bereich. Liegt damit aber gerade keine von der Klägerin zugrunde gelegte Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule vor, ist dementsprechend hier auch das im Rahmen von HWS-Schleudertraumata diskutierte Problem einer Harmlosigkeitsgrenze nicht relevant. Denn nicht die (erforderliche) Intensität der Einwirkung steht im Streit, sondern ob die Sturzeinwirkungen zu einer Gesundheitsschädigung geführt haben. Der eingetretene Gesundheitsschaden – wie oben ausgeführt – ist dabei positiv und im Beweismaß des Vollbeweises festzustellen. Dementsprechend kann auch die von der Klägerin angeführte Entscheidung des sächsischen Landessozialgerichts vom 20.02.2003 (L 2 U 81/99) nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden. Im Übrigen teilt der Senat nicht die Auffassung, dass ein Primärschaden der HWS allein aufgrund eines ausgeprägten klinischen Beschwerdebildes belegt ist. Dies gilt umso mehr, wenn mit den bildgebend als vorbestehend nachgewiesenen Veränderungen im Bereich der HWS andere Ursachen für eine Beschwerdesymptomatik vorliegen. Insoweit ist auch nicht weniger wahrscheinlich, dass die kernspintomographisch festgestellten degenerativen Vorschäden durch die Bandscheibenprotrusionen C3 bis C6 (Kernspintomographie vom 24.02.2004) ursächlich für die seinerzeit festgestellten Gelenkfunktionsstörungen gewesen sind.
Die vorliegenden Funktions-Kernspintomographien von Dr. V. belegen nicht das Gegenteil. Nach den Einlassungen von Prof. Dr. S. und Dr. S. ist die Aussagekraft solcher MRT in der medizinischen Wissenschaft umstritten. Hierzu hat Prof. Dr. S. unter Verweis auf wissenschaftliche Studien nachvollziehbar dargelegt, dass den kernspintomographisch nachgewiesenen Inhomogenitäten im Bereich der Ligamenta alaria und den in der Funktionsaufnahme der Rotation feststellbaren Verdickungen der Bänder und einer sekundären Verschmächtigung des benachbarten Subarachnoidalraumes kein objektivierbarer Aussagewert hinsichtlich einer tatsächlichen bzw. residualen traumatischen Läsion zukommt. So wurden bei einer größeren Gruppe von gesunden Freiwilligen praktisch bei jeder Untersuchung Auffälligkeiten der Ligamenta alaria in der Rotation festgestellt, wobei es grundsätzlich zu einer Anhebung und Aufwicklung des kontralateralen Ligamentum alarium um den Dens herum zusammen mit einer deutlichen Asymmetrie des C1/C2-Segmentes dieser Seite kommt. Morphologisch entsteht daher der Eindruck einer Kürzung dieses Segmentes bei gleichzeitiger erheblicher Inhomogenität des Bandes, was entsprechend leicht als Störung der Fasermorphologie interpretiert wird. Prof. Dr. S. führt ebenfalls unter Angabe wissenschaftlicher Darstellungen aus, dass manche Autoren deswegen auch davon sprechen, dass Läsionen im Bereich der Ligamenta alaria durch die Kernspintomographie nicht darstellbar seien, weil sie in über 2/3 der Fälle vergleichsweise ähnliche Signalintensitäten der Ligamenta alaria aufweisen könnten, sowohl bei Gesunden als auch bei Verunfallten. Auch Dr. S. hat unter Darlegung einer weiteren Arbeit von Bitterling et. al. dargelegt, dass mit Ausnahme einer offensichtlichen Zerreißung oder einer sog. Avulsionsfraktur sämtliche andere Kriterien, wie unterschiedliche Faserverläufe, Signalschwankungen, fehlende Abgrenzbarkeit, Asymmetrien oder Flüssigkeitsansammlungen nicht für aussagekräftig gehalten werden, weil sie auch als Normvariante gefunden werden. Diese Autoren kommen sogar zu dem Schluss, dass funktionelle MRT-Darstellungen aufgrund der widersprüchlichen, wissenschaftlich unzureichenden Untersuchungsergebnisse in Ermangelung ihrer Reproduzierbarkeit keinen diagnostischen Wert haben.
Nichts anderes gilt damit auch für die von Dr. F. vorgelegte "kinetisch positionale Kernspintomographie des craniocervikalen Überganges mit Schädelbasis unter besonderer Berücksichtigung der Kopfgelenke" vom 18.08.2011, welche - ebenfalls - eine deutlich narbige Strukurveränderung im densnahen Ansatzbereich der Ligamenta alaria beschreibt, aber auch eine Bandverplumpung und ein narbig verdicktes Ligamentum transversum atlantis. Soweit auch er Strukturveränderungen beschreibt – insbesondere im Bereich der Ligamenta alaria –, ergeben sich zu den oben gemachten biomechanischen, den Erstbefund und die Aussagekraft der Bilder würdigenden Ausführungen keine Änderungen. Soweit er erstmals ein narbig verdicktes Ligamentum transversum atlantis angibt, vermag der Senat auch dann, wenn hier entgegen den von Dr. S. erhobenen Einwendungen zur Qualität der MRT-Aufnahmen von einem entsprechenden Nachweis auszugehen wäre, fast acht Jahre nach dem Unfall und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dieses Band bei der Untersuchung durch Dr. V. noch unbeeinträchtigt beurteilt worden ist, keine hinreichenden Ansatzpunkte dafür zu erkennen, von einer rechtlich wesentlichen Verursachung durch den Unfall auszugehen. Denn es ist nicht nachvollziehbar, dass diese Veränderungen, die sich erstmals 2011 zeigten, für die Beschwerden der Klägerin seit dem Unfall verantwortlich sein sollen. Dies gilt umso mehr als der von Prof. Dr. Dr. W. durchgeführte "Ligamentum transversum atlantis-Test" negativ ausgefallen ist. Der Senat sieht darin eine Bestätigung der oben beschriebenen Einwendungen gegen die Aussagekraft dieser Aufnahmen. Damit lässt sich nach Überzeugung des Senats aus den Funktionsaufnahmen des Dr. V. und des Dr. F. kein sicherer Rückschluss ziehen, dass die Ligamenta alaria durch das Unfallereignis tatsächlich geschädigt worden sind.
Das auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin eingeholte Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. ist nicht geeignet, den Vollbeweis einer durch den Unfall an der Halswirbelsäule verursachten Erkrankung zu führen, da es sich mit den wesentlichen Gründen der Vorgutachten nicht auseinandersetzt. Insbesondere ist dabei herauszustellen, dass sich dieser Sachverständige nicht mit dem Unfallhergang, nicht mit den in den Vorgutachten angestellten biomechanischen Überlegungen auseinandersetzt und die vorliegenden Röntgenbilder und Kernspintomographien nicht im Lichte der Einwendungen der Sachverständigen würdigt. Er entkräftet zudem die von Prof. Dr. S. und Dr. S. erhobenen Einwendungen gegen die Aussagekraft der vorliegenden Funktionsaufnahmen nicht. Insoweit ist es nicht schon ausreichend, nur auszuführen, dass neueste Untersuchungen zeigten, dass es keine gesicherten Daten gebe, welches Trauma in welche Richtung zu welchem Schaden führe. Alle Hypothesen und Daten seien Modelle, die entweder der Computersimulation oder aus Kadaver-Untersuchungen gezogen worden seien. Sie seien damit von der Realität weit entfernt. Es gelte heute die Feststellung, dass eine Harmlosigkeitsgrenze nicht existiere und es selbst durch kleine Traumata zu Halswirbelsäulenverletzung kommen könne. Prof. Dr. Dr. W. hat insoweit weder dargelegt, auf welche Studien er sich hierfür bezieht, noch hat er sich konkret mit dem hier feststehenden Unfallhergang – dem Sturz auf das Kinn – auseinander gesetzt. Auch die Verneinung einer Harmlosigkeitsgrenze führt nicht ohne weiteres zu dem hier im Vollbeweis erforderlichen Nachweis einer traumatischen Schädigung. Der Kritik an der Aussagekraft der vorliegenden Funktions-Kernspintomographien ist er zudem nicht substantiiert entgegen getreten. Soweit er sich auch hier auf neuere wissenschaftliche Erkenntnisse stützt, hat er diese nicht verifiziert. Sein dem Gutachten beigefügtes Literaturverzeichnis enthält insoweit nur Werke, an denen er selbst beteiligt war. Sie stammen allesamt aus den Jahren 2000 und 2001. Prof. Dr. S. und Dr. S. zitieren hierzu Werke aus den Jahren 2002, 2003, 2004, 2005 und 2006. Die Einlassungen vermögen daher nicht zu überzeugen. Gleiches gilt, soweit er auf die Konkordanz der Untersuchungstechnik offenes NMR zur manualmedizinischen Untersuchung, wo man eine Instabilität C0/C2 habe feststellen können, zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs verweist, ohne allerdings Erstbefund und Verlauf der Erkrankung in diese Überlegungen miteinzubeziehen. Von einer von ihm beschriebenen Überdehnung der Ligamenta alaria vermochte sich der Senat mit Blick auf die bereits oben diskutierte Aussagekraft der funktionellen Kernspintomographie ebenfalls nicht als im Vollbeweis nachgewiesen zu überzeugen. Ein manualmedizinischer Befund hierfür wurde erstmals zwei Jahre nach dem Unfall bei Prof. Dr. H. erhoben, worauf Dr. S. zu Recht hingewiesen hat. Schließlich setzt sich Prof. Dr. Dr. W. auch nicht mit dem Befund der von ihm in Auftrag gegebenen Funktions-Computertomographie des Dr. F. auseinander, die den craniocervikalen Übergang in allen Funktionsaufnahmen ohne Nachweis einer Fehlstellung oder von degenerativen Veränderungen beschreibt. Dr. S. sieht hierin einen Hinweis für eine fehlende ligamentäre Verletzung und sieht auch durch diese Aufnahmen einen Vollbeweis für eine Bandverletzung nicht als erbracht an. Zu dem von Dr. F. beschriebenen funktionellen Defizit in den Kopfhalsgelenken mit Hypomobilität (also einer Einschränkung der Beweglichkeit) bei Rechtsrotation, der aufgehobenen Mobilität bei C2/C3 bei Linksrotation und der Hypermobilität bei Rechtsrotation weist er darauf hin, dass die Hypermobilität in einem Segment besteht, an dem die Ligamente alaria nicht lokalisiert sind und die Funktionscomputertomographie keine Instabilität bei C1/C2 belege, wie von Prof. Dr. Dr. W. beschrieben. Ferner fehlt es nach den Ausführungen von Dr. F. am Nachweis von strukturellen Veränderungen, wie Bandverkalkungen oder Spondylophyten, die eine Bewegungseinschränkung in den Kopfhalsgelenken verursachen könnten. Für den Senat ist insoweit nachvollziehbar und überzeugend, wenn Dr. S. ausführt, dass 11 Jahre nach dem Unfall bei einer tatsächlichen Verletzung mit strukturellen Veränderung zu rechnen gewesen wäre. Eine Überdehnung der Ligamenta alaria belegt auch die Kernspintomographie von Dr. F. jedenfalls nicht, denn der Radiologe beschreibt im Bereich der Kopfhalsgelenke eine Funktionseinschränkung in der Form einer Hypomobilität bei einer völligen Symmetrie zwischen Dens und Atlas, was gegen eine Überdehnung oder Zerreißung der Ligamenta alaria spricht, weil eine solche Verletzung zu einer Asymmetrie in der Funktionsdiagnostik führen würde. Diese Würdigung wird von dem nach § 109 SGG gehörten Prof. Dr. Dr. W., dem die Klägerin die ergänzende Stellungnahme von Dr. S. vorgelegt hat, nicht angegriffen oder widerlegt, er greift die von Dr. S. in dieser Stellungnahme vertretene Auffassung und die von ihm vorgebrachten Argumente nicht einmal an, sondern zieht sich darauf zurück, dass hier zwei konträre Meinungen bestünden. Dabei ignoriert er, dass Dr. S. den Einlassungen und der Würdigung durch Prof. Dr. Dr. W. mit stichhaltigen Argumenten entgegengetreten ist. Zu einer entsprechenden Auseinandersetzung war der nach § 109 SGG gehörte Sachverständige offensichtlich auch nicht bereit, als ihm die Klägerin die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. zur Kenntnis gab. Er hielt lediglich an seiner im Gutachten vertretenen Auffassung fest, ohne auf die erhobenen Einwendungen einzugehen. Damit sieht der Senat auch keine Veranlassung für weitere Ermittlungen von Amts wegen, zumal der Vollbeweis einer Schädigung im Bereich der HWS auch durch das Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. nicht geführt wurde.
Anderes ergibt sich auch nicht aus der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. K., der davon ausgeht, der Sturz und Aufschlag des Kopfes auf den Boden sei durch die blitzartige Freisetzung der kinetischen Energie geeignet gewesen, den Bandapparat zu überstrecken und damit zu lockern, so dass eine Überbeweglichkeit im Genickgelenk einsetzen könne, die dann für alle Symptome verantwortlich sei. Der Senat folgt dem nicht und sieht diese Einschätzung durch das Gutachten von Dr. S. unter Berücksichtigung der oben gemachten Angaben als widerlegt an. Gleiches gilt für die sachverständige Zeugenaussage des Dr. M. vom 13.10.2008. Denn auch dieser kann nur über den Zustand der Klägerin aufgrund seiner erstmaligen Behandlung am 17.04.2008 berichten. Argumente für eine abweichende Auffassung lassen sich auch nicht den Ausführungen des die Klägerin behandelnden Dr. T. entnehmen, der ebenfalls unter Bezugnahme auf die Kernspintomographien von Dr. V. und Dr. F. von einer posttraumatischen Atlasdysfunktion, einer Kopfgelenksgefügestörung bei craniocervicaler Instabilität und kapsuloligamentärer Läsion des Kopfgelenksverbundes sowie einem zervicozephalen Syndrom ausgeht und diese Befunde in Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 06.11.2003 sah.
Schließlich vermochte der Senat auch einen Behandlungsfehler nicht als ursächlich für die bei der Klägerin bestehenden Beschwerden festzustellen. Hierfür wäre zunächst ein dem Unfall zuzuschreibender Gesundheitsschaden festzustellen, dessen Folgen aufgrund einer Falschbehandlung zu weiteren oder gravierenderen Einschränkungen geführt haben müsste. Dies ist jedoch weder für die Kinnprellung noch für die vorübergehende leichte HWS-Distorsion der Fall. Die Auffassung, eine Langzeit-Immobilisierung sei erforderlich gewesen, ist durch eine ärztliche Äußerung nicht belegt worden. Darüber hinaus fehlt es zudem an dem Nachweis dafür, dass es "nicht geheilte Faserstrukturverletzungen" gegeben hat, die eine andere Behandlung erforderlich gemacht hätten. Soweit die Klägerin insoweit auf Dr. Z. und Prof. Dr. H. verweist, führt dies nicht weiter, da diese von einer strukturellen Schädigung ausgehen, die der Senat hier nicht als nachgewiesen ansieht. So hat auch Dr. S. überzeugend darauf hingewiesen, dass bei fehlenden neurologischen Zeichen und nach einem Frakturausschluss die frühe Mobilisierung einen hohen Stellenwert habe, im vorliegenden Fall umso mehr, als eine strukturelle Verletzung im Kopf-Gelenkbereich nicht nachzuweisen war und ist. Soweit Prof. Dr. S. in seiner Stellungnahme vom 12.08.2004 mitteilte, unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung sei nicht mehr anzunehmen, es gehe nicht um die Behandlung degenerativer Schäden, sondern eher um Folgen der Unfallverarbeitung und eventuell nicht angemessener Vorbehandlung, ergibt sich hieraus nichts anderes, da die Klärung von psychischen Ursachen der bestehenden Beschwerden von der Klägerin abgelehnt worden war, nachdem sie die begonnene stationäre multimodale Schmerztherapie nach fünf Tagen abgebrochen hatte und die vom SG beabsichtigte psychiatrische Begutachtung abgelehnte. Eine fehlende Ruhigstellung der HWS wurde auch von Prof. Dr. S. nicht als ursächlich für die fortbestehenden Beschwerden beschrieben.
Bei der Bewertung der MdE folgt der Senat den Ausführungen von Prof. Dr. S. und insbesondere seinen Ausführungen, dass eine dauernde oder richtungsgebende Verschimmerung der unfallunabhängig vorliegenden degenerativen Veränderungen der HWS bei einem fehlenden morphologischen Befund nicht angenommen werden kann und deshalb allenfalls von einer vor-übergehenden HWS-Distorsion auszugehen ist, die über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus keine MdE um wenigstens 20 v. H. hinterlassen hat. Eine weitere Abgrenzung war aber auch deshalb nicht möglich, weil nicht geklärt werden konnte, inwieweit eine u.a. von Dr. L., Prof. Dr. S. und Prof. Dr. S. vermutete Fehlverarbeitung der Unfallfolgen rechtlich wesentlich ursächlich für die vorhandenen Beschwerden ist. Eine entsprechende gutachterliche Klärung durch ein vom SG in Auftrag gegebenes Gutachten hat die Klägerin abgelehnt.
Soweit die Klägerin, die selbst nicht über medizinische Fachkunde verfügt, Einwendungen gegen die Gutachten erhoben hat, hat der Senat diese zur Kenntnis genommen, sie aber nicht für stichhaltig erachtet, hierdurch den erforderlichen Vollbeweis einer Schädigung durch den Unfall vom 06.11.2003 begründen zu können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles.
Die 1953 geborene Klägerin ist Diplomsozialarbeiterin und beim Kreisjugendamt des R.-Kreises, Außenstelle L., beschäftigt. Am 06.11.2003 blieb sie gegen 16.30 Uhr beim Verlassen eines Raumes an einem am Boden liegenden Kabel eines Faxgerätes hängen und stürzte (Unfallanzeige des Unternehmens vom 19.11.2003). Im Durchgangsarztbericht von Dr. G., wo sich die Klägerin am 10.11.2003 vorgestellt hatte, wurde berichtet, die Klägerin habe sich am 08.11.2003 beim Ärztlichen Bereitschaftsdienst/Notdienst vorgestellt. Dort habe sie über Schmerzen im Bereich der HWS und Kopfschmerzen nach dem Sturz berichtet. Es habe eine Prellmarke am Kinn bestanden, die Bewegung sei nicht eingeschränkt gewesen. Diclofenac sei verordnet und eine Röntgenuntersuchung empfohlen worden. Bei der Vorstellung bei ihm habe die Klägerin noch über Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich mit Ausstrahlung zur oberen BWS hin geklagt. Außerdem täten ihr die Oberarme und Zähne weh. Die HWS sei in allen Ebenen je endgradig schmerzhaft, jedoch nicht eingeschränkt gewesen. Druckschmerzen hätten über C2-7 beidseits ohne Myogelosen und ohne empfindliche Triggerpunkte bestanden. Bei C5-7 rechts sind Gelenkfunktionsstörungen vermerkt. Der Röntgenbefund ergab ordnungsgemäße Knochen- und Gelenkverhältnisse. Die vom Notdienst verordneten NSAR (Diclofenac) seien bis jetzt noch nicht in der Apotheke abgeholt worden, was für die Geringfügigkeit der Beschwerden spreche.
Der Orthopäde Dr. H. berichtete unter dem 11.02.2004 über eine ambulante Untersuchung der Klägerin an diesem Tag. Er stellte einen Schulterhochstand links von 0,5 cm, einen Finger-Boden-Abstand (FBA) von 0 cm und eine lotrechte Wirbelsäule fest. Kraft und Sensibilität waren ohne Befund, die HWS beschrieb er als in der Rechtsrotation endgradig eingeschränkt. Die von ihm veranlasste Röntgenuntersuchung der HWS in zwei Ebenen und Funktionsaufnahmen (Vor- und Rückneigung) waren ohne Befund. Eine Instabilität hat nicht bestanden. Als Diagnose gab er einen Zustand nach Distorsion der HWS an, Physiotherapie wurde verordnet.
Die Klägerin teilte der Beklagten teilte am 26.02.2004 telefonisch mit, dass sie erhebliche Probleme aufgrund ihrer Verletzung habe. Als Sozialarbeiterin arbeite sie viel am PC, sie gehe jeden Morgen mit Schmerzen zur Arbeit. Sie habe starke Kopfschmerzen bei der Arbeit und im Alltag, sie wache nachts wegen Schmerzen auf, befinde sich bei einem Orthopäden in manueller Therapie, Arbeitsunfähigkeit bestehe nur tageweise.
Im Bericht der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Prof. Dr. R. und Dr. S. über die von Dr. H. veranlasste Kernspintomographie der HWS vom 24.02.2004 wurde über geringe Protrusionen dorsomedian C3 bis C6 ohne Bandscheibenvorfall und ohne Wurzelkompression berichtet. Außerdem stellten die Radiologen eine vorbestehende degenerative Diskopathie, mäßiggradige Spondylosen und Unkovertebralarthrosen C3 bis C6 ohne foraminale Stenosen, ohne Hinweis auf eine diskoligamentäre Verletzung und eine Fehlhaltung fest.
Dr. H. berichtete unter dem 16.04.2004, dass die Kernspintomographie keine Hinweise auf eine diskoligamentäre Verletzung ergeben und die verordnete konventionelle krankengymnastische Übungsbehandlung die Symptomatik nicht gebessert habe, weshalb er die Klägerin zu einem osteopathisch tätigen Kollegen geschickt habe. Medikamente würden von der Klägerin abgelehnt.
Im neurologischen Befundbericht stellte die Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie O. unter dem 29.06.2004 die vorläufige Diagnose "Zustand nach HWS-Beschleunigungstrauma mit anhaltender Schmerzsymptomatik mit pseudo-radikulärem Bild" und "Verdacht auf ein beginnendes Sulcus-Ulnaris-Syndrom li."
In seiner zahnärztlichen Auskunft vom 04.07.2004 teilte Dr. K. mit, er habe die Klägerin am 30.03.2004 behandelt. Die Klägerin habe angegeben, dass nach einem Sturz im November 2003 die Zähne in der Unterkieferfront weh getan hätten. Eine kieferorthopädische Behandlung oder unfallbedingte Behandlungen seien nicht erforderlich gewesen.
Im Bericht der Orthopädischen Universitätsklinik H. vom 14.07.2004 (Prof. Dr. S.) nach einer ambulanten Behandlung am 13.07.2004 wurde angegeben, dass nach dem Sturz im November 2003 über ein freiliegendes Kabel im Büro auf das Kinn nach Stunden zunehmende Nackenbeschwerden, später auch Nacken-/Hinterhauptschmerzen aufgetreten seien. Neben mäßigen Verspannungen im Bereich des Hals-Nackenbereiches habe bei der orthopädischen Untersuchung kein Hinweis auf eine fokale organische Fehlfunktion festgestellt werden können. Als Diagnosen wurden auf orthopädischem Fachgebiet eine chronifizierende Zervikozephalgie, Muskelschmerzen, Chronifizierungsstadium II angegeben und unter "medizinisch/psychosomatisch" ausgeführt, dass psychologische Faktoren für die Chronifizierung relevant erschienen (zunehmende Ängstlichkeit).
Am 27.07.2004 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie aufgrund ihrer chronischen Schmerzen seit dem 27.07.2004 nach einem Stufenplan (drei Stunden täglich) arbeite (nach einer Arbeitsunfähigkeit vom 31.05.2004 bis 09.07.2004) und beantragte die Übernahme der Kosten für eine Akkupunkturbehandlung, weil sie wegen der Nebenwirkungen nicht ständig Schmerzmittel einnehmen könne.
Unter dem 12.08.2004 teilte Prof. Dr. S., Orthopädische Universitätsklinik H., der Beklagten auf Anfrage mit, dass eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung nicht mehr anzunehmen sei. Es gehe nicht um die Behandlung degenerativer Schäden, sondern eher um Folgen der Unfallverarbeitung und eventuell nicht angemessener Vorbehandlungen.
Die Beklagte zog ein Vorerkrankungsverzeichnis bei der B. H. bei (Bl. 61 ff. der Akten). In einem Schreiben an die behandelnden Ärzte (Bl. 79 ff.) teilte die Beklagte mit, dass es sich bei den jetzigen Beschwerden nicht mehr um unfallbedingte Folgen des Ereignisses vom 06.11.2003 handele und gebeten werde, keine Leistungen mehr auf Rechnung der Beklagten zu erbringen.
Der Physiotherapeut P. teilte unter dem 30.10.2004 mit, die Klägerin vom 22.03.2004 bis zum 01.07.2004 mit den Behandlungsmethoden der Manuellen Therapie und der Osteopathie behandelt zu haben.
Im ausführlichen Krankheitsbericht von Prof. Dr. W. und Dr. H., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik (BGU) L., vom 23.11.2004 wurde nach einer Untersuchung am 22.11.2004 als Diagnose "Zustand nach HWS-Distorsion" und "Kinnprellung" angegeben. Der Befund wurde mit "in Normalhaltung gehaltener Kopf ohne Schonhaltung" beschrieben. Die Nackenweichteile sowohl ventral als auch dorsal seien unauffällig gewesen, die chirotherapeutische Untersuchung der HWS-Gelenke zeige keinen Anhalt für Blockierungen oder Fehlhaltungen, die HWS sei in allen Ebenen frei beweglich mit Kinn-Jugulum-Abstand 0-17 cm gewesen. Die Untersuchung der 12 Hirnnervenpaare sei unauffällig gewesen, ebenso die neurologische Untersuchung der oberen Extremitäten mit vollem Kraftgrad an allen Muskelgruppen und seitengleich auslösbaren Muskeleigenreflexen. Bleibende Folgen des Unfalles vom 06.11.2003 lägen nicht vor.
Mit Bescheid vom 19.01.2005 anerkannte die Beklagte das Ereignis vom 06.11.2003 als Arbeitsunfall. Die Gewährung einer Rente lehnte sie ab. Die Erwerbsfähigkeit sei nicht in einem rentenberechtigenden Grad über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus gemindert. Als Folgen des Arbeitsunfalles wurde eine folgenlos ausgeheilte Verstauchung der Halswirbelsäule (HWS-Distorsion) und Kinnprellung mit unfallbedingter Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit von sechs Wochen anerkannt. Die darüber hinausgehende Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit stehe nach ärztlicher Einschätzung nicht in ursächlichem Zusammenhang mit den Unfallfolgen. Eine Unkovertebralarthrose der HWS-Segmente C4/5 und C5/6, ein Schmerzsyndrom bei psychosomatischem Hintergrund, Protrusionen HWK 3 bis 6, ein Schulterhochstand links von 0,5 cm und eine Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit über den 18.12.2003 hinaus seien keine Folgen des Arbeitsunfalles.
Hiergegen legte die Klägerin am 18.02.2005 Widerspruch ein. Sie leide seit dem Arbeitsunfall an massiven Schmerzen. Sobald sie über einen längeren Zeitraum am Computer arbeite bzw. Beratungsgespräche führe oder Dienstreisen mit dem Auto unternehme, nähmen die Schmerzen unerträglich zu. Fahrten mit einem Bus seien ihr überhaupt nicht mehr möglich. Diese Schmerzen äußerten sich in starken Nacken- und Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen und Ausstrahlungsschmerzen in den rechten Arm und das rechte Bein. Es bilde sich eine starke Schwellung am Dornfortsatz. Durch den großen Druck schwelle das rechte Auge zu. Sie habe im rechten Ohr Ohrgeräusche und es werde ihr schwindelig.
Unter dem 04.03.2005 legte Prof. Dr. S. den Bericht vom 20.01.2005 über eine stationäre Behandlung im Rahmen einer multimodalen Schmerztherapie vom 03.01.2005 bis 08.01.2005 vor. Die stationäre Behandlung sei auf Wunsch der Klägerin abgebrochen worden. Die Klägerin habe sich nicht in der Lage gesehen, sich in das Behandlungsprogramm zu integrieren. Sie sei während der fünf Behandlungstage nicht behandlungsbereit gewesen.
Aus der von der Beklagten beigezogenen und in Auszügen zur Akte genommenen Schwerbehindertenakte der Klägerin (Landratsamt R.-Kreis) lässt sich ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 seit dem 19.05.2004 wegen "Sehbehinderung" und "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, chronisches Schmerzsyndrom" entnehmen (Teil-GdB 30 für Sehbehinderung, vgl. versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. B., Bl. 178 der Akten).
Die Hals-, Nasen- und Ohrenklinik des Universitätsklinikums H. teilte unter dem 27.06.2005 mit, die Klägerin am 02.05. und 17.06.2005 behandelt zu haben und dabei einen Tinnitus aurium rechts festgestellt zu haben. Trotz Einleitung einer Therapie sei es bei der Patientin zu keiner akuten Besserung gekommen. Eine Pathologie im Bereich des Hörnervens wie auch des Mittelohres habe ausgeschlossen werden können. Die HNO-Ärztin Dr. F. teilte unter dem 24.10.2005 mit, die Klägerin erstmals am 27.09.2005 und an diesem Tag wegen einer geringgradigen Innenohrschwerhörigkeit behandelt zu haben.
Die Fachärztin für Orthopädie Dr. L., B., erstellte auf Veranlassung der Beklagten unter dem 13.03.2006 ein orthopädisches Sachverständigengutachten. Sie führte aus, dass die Klägerin eine HWS-Distorsionsverletzung (Typ Erdmann I) erlitten habe, welche zu einer nicht richtungsgebenden Verschlimmerung eines zuvor symptomlosen Zustandes geführt und damit über einen definierten Zeitraum mitwirkende Teilursache der als Unfallfolgen angegebenen Beschwerden gewesen sei. Es bestehe eine folgenlos ausgeheilte Distorsion der Halswirbelsäule bei Zustand nach Beschleunigungsverletzung (Schweregrad I). Unfallunabhängig bestünden chronifizierte Beschwerden im Sinne eines zervicozephalen Syndroms auf der Grundlage altersentsprechender degenerativer Veränderungen sowie funktioneller Störungen, darüber hinaus ein psychisch "verlagertes" Schmerzsyndrom mit ausgeprägter Somatisierungstendenz. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bemesse sich bis zum Ablauf der ersten posttraumatischen Woche auf 100 % bis zum Ablauf der vierten posttraumatischen Woche auf 30 %, danach auf 0 %.
Im ebenfalls veranlassten hals-nasen-ohrenärztlichen Gutachten von Dr. Z., M., vom 20.03.2006 stellte dieser zusammenfassend fest, dass die protrahierten Beschwerden eindeutig im Unfallzusammenhang zu erklären seien. Durch die Kopfgelenkstörungen und eine sogenannte craniomandibuläre Dysfunktion/Blockierung Occiput C1 sei es zu einem chronifizierten Krankheitsbild u.a. wegen nicht ausreichender und zielgerichteter Initialbehandlung gekommen. Es bestehe weiter Behandlungsbedürftigkeit. Von Seiten des HNO-Fachgebietes sei nach dem jetzigen Untersuchungsergebnis nicht von bleibenden unfallbedingten Folgen auszugehen. Eine eigenständige, in Prozenten ausdrückbare Beeinträchtigung bezüglich des allgemeinen Arbeitsmarktes ergebe sich somit nicht.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen im Gutachten und Bezugnahme auf eine Behandlung bei Prof. Dr. H. zog die Beklagte von dort (Klinikum M.) einen Bericht vom 07.02.2006 über eine Behandlung der Klägerin am 30.09.2005 und 04.10.2005 bei. In diesem wurde die Diagnose eines Zervikalsyndroms (Kopfgelenksblockierung rechtsseitig C2/3, Blockierung Occiput 1) und einer craniomandibulären Dysfunktion gestellt. Prof. Dr. H. habe eine Manualtherapie durchgeführt und osteopathische Techniken angewandt. Bereits nach der ersten Manualtherapie habe die Klägerin keine Ohrgeräusche mehr gehabt. Die HWS-Verspannungen seien besser geworden. Der Befund habe sich nach einer zweiten Anwendung deutlich gebessert.
In seiner zusammen mit Dr. D. erstellten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 19.05.2006 vertrat Prof. Dr. Dr. H., Fachkliniken H., die Auffassung, dass es sich bezüglich des biomechanischen Unfallmechanismus nicht um eine klassische Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule, sondern eher um eine durch Kinnaufprall abgebremste, jedoch nicht mit gegenläufigem Bewegungsmechanismus einhergehende, indirekt frontal schräge, translatorisch wirkende Kontusion der Halswirbelsäule mit hyperextendierendem Kraftvektor und allenfalls begleitender leichter Distorsion der ventralen halsbezogenen Weichteile gehandelt habe. Es fänden sich seitens der erstdiagnostizierenden fachorthopädischen D-Ärzte sowie auch im weiteren Verlauf der fachorthopädisch, schmerztherapeutisch und unfallchirurgischen Begutachtung sowie der hinzugezogenen konsiliarisch anschließenden Begleitdiagnostik (fachneurologisch, fachzahnärztlich) keine Hinweise für eine unfalltraumatisch strukturpathologische diskoligamentäre oder knöcherne Verletzung; gleichsam auch nicht für eine höhergradige zervicozephale, radikuläre oder wesentlich funktionslimitierende Störung. Die erst im späteren Intervall persönlich enttäuschter Entlastungsbegehren aus dem Versicherungsfall auf der Basis einer komplexen somatoformen und psychovegetativen Persönlichkeitskonstitution mit ängstlich dependenten sowie dissoziativen Grundzügen sich etablierende progrediente Schmerzchronifizierung mit erheblicher Diskrepanz zu den primär erhobenen Befunden und ausgeprägt vegetativ dysregulativem und myofaszial-funktionell nicht verletzungsadäquatem Beschwerdebild könne aufgrund der differenzierten Verlaufsprotokolle in der Aktenlage nahezu als Vollbeweis für die eben nicht unfalltypisch unterhaltene Beschwerdepersistenz bei der Versicherten gewertet werden. Die im Vollbeweis zu bestätigenden Unfallfolgen begrenzten sich daher ganz klar auf das sogenannte leichte HWS-Distorsionstrauma mit allenfalls vorübergehender und zeitlich limitiert abgrenzbarer, lokaler Aktivierungssymptomatik von Seiten der vorbestehenden Degenerosen ohne richtungsgebenden Verschlimmerungsanteil. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.08.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben.
Das SG hat den Orthopäden Dr. H., die Zahnärztin B., den Leiter der Abteilung Phoniatrie Pädaudiologie und Neurootologie Prof. Dr. H., die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. M., die Fachärztin für Innere Medizin Dr. Z. und die Ärztin für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin Dr. L. (erstbehandelnde Ärztin im Rahmen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes am 08.11.2003) als sachverständige Zeugen gehört. Wegen des Inhalts der gemachten Angaben wird auf Bl. 68 ff., 72 ff., 75 ff., 88 ff., 100 ff. und 110 ff. der SG-Akten Bezug genommen.
Die Klägerin hat einen Bericht des Radiologen Dr. V., M., vom 11.05.2007 vorgelegt. Dieser hat die von ihm angefertigten MRT der oberen Halswirbelsäule in Rechts- und Linksneigung und der Kopfgelenksbänder in Links- und Rechtsrotation als Nachweis einer Instabilität im Funktionsverhalten des Kopf-Gelenksverbandes beurteilt.
Das SG hat ein fachneurochirurgisches Zusammenhangsgutachten bei Prof. Dr. S., H., in Auftrag gegeben. Dieser hat unter dem 30.10.2007 ausgeführt, dass es bei dem Aufprall nicht zu einer Beschleunigungsverletzung gekommen sein könne, weil ausschließlich eine translatorisch wirkende Kraftkomponente vorgelegen habe, die zur Hyperextension der Halswirbelsäule und damit zur Belastung der dorsalen Facettengelenke geführt habe. Ein gegenläufiger Bewegungsmechanismus, wie er bei einem Auffahrunfall stattfinde, habe sich mit Sicherheit nicht ereignet. Somit könne mit Sicherheit festgestellt werden, dass die bei einer Beschleunigungsverletzung theoretisch mögliche traumatische Auswirkung auf die Ligamenta alaria nicht habe stattfinden können. Möglich sei allenfalls, bedingt durch die translatorisch wirkende Kraft, ein Betroffensein des Ligamentum transvermus atlantis, dieses sei jedoch kernspintomographisch ohnehin regelrecht abgebildet. Die vorliegenden bildgebenden Befunde schlössen eine traumatische Läsion im Bereich der knöchernen und ligamentären Strukturen an der Wirbelsäule aus. Zusammenfassend könne die vorliegende Diskussion der Unfallmechanismen und deren Auswirkung auf die Halswirbelsäule sowie die Diskussion der wissenschaftlichen Daten zur Darstellung der Ligamenta alaria und insgesamt der Kopf-/Halsgelenke bzw. oberen Kopfgelenksbänder zweifelsfrei feststellen, dass zum einen der Unfallmechanismus eine tatsächliche Verletzung der Ligamenta alaria nicht annehmen lasse und zum anderen die gefundenen kernspintomographischen Veränderungen keinesfalls mit Sicherheit auf eine tatsächliche Läsion der Bänder im Kopfgelenksbereich hinweisen könnten. Hinzu komme, dass sowohl der klinische Befund als auch die elektrophysiologischen Zusatzuntersuchungen Läsionen der Nervenbahn bzw. der Hirnstammreflexe generell ausschlössen. Insofern könne eine diesbezügliche organische Unfallfolge im Bereich der craniozervicalen Region und der Halswirbelsäule durch das Ereignis vom 06.11.2003 ausgeschlossen werden. Unfallbedingt handele es sich um die Diagnose eines Zustandes nach translatorischer, hyperextendierender HWS-Stauchung. Klinisch neurologisch sei ein Defizit nicht zu erheben, es bestehe eine schmerzgenerierte Einschränkung der HWS-Beweglichkeit bei erhöhtem Muskeltonus. Ein Zusammenhang der vorliegenden Beeinträchtigung der Gesundheit mit dem Unfallereignis könne nach Ablauf von drei Monaten nach dem Unfallereignis nicht mehr angenommen werden. Auf neurochirurgischem Fachgebiet bestünden keine Unfallfolgen. Hinsichtlich einer vermuteten posttraumatischen Belastungsstörung sei eine psychosomatische Ergänzungsbegutachtung erforderlich. Eine MdE auf neurochirurgischem Fachgebiet liege nach dem 06.02.2004 nicht mehr vor.
Gegen dieses Gutachten hat die Klägerin Einwendungen erhoben, zu denen Prof. Dr. S. unter dem 11.12.2007 ergänzend Stellung genommen hat. Ferner hat sie umfangreiche Auszüge aus wissenschaftlicher Literatur – insbesondere zu Halswirbelsäulenverletzungen – und Kopien von Gerichtsurteilen vorgelegt (Anlagen zum Schreiben vom 28.04.2008, Bl. 230 bis 332 der SG-Akten).
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen beim Facharzt für Innere Medizin und Umweltmedizin Dr. K. (vom 05.11.2008) sowie beim Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. M. (vom 13.10.2008, eingegangen 19.11.2008). Wegen der gemachten Angaben wird auf Bl. 357 ff. und 365 ff. der Gerichtsakte verwiesen.
Das SG hat darüber hinaus den Chefarzt der Abteilung Allgemeine Psychiatrie I im Zentrum für Psychiatrie N. Dr. S. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Hierauf teilte die Klägerin mit, dass sie nicht bereit sei, eine psychiatrische Untersuchung durchführen zu lassen. Ihre Beschwerden beruhten eindeutig auf einem klinischen Befund. Das SG nahm hierauf den Gutachtensauftrag zurück.
Mit Urteil vom 04.02.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass für das bei der Klägerin bestehende und anhaltende Beschwerdebild im Bereich der Halswirbelsäule nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne, dass es ursächlich auf eine Schädigung durch den Unfall zurückzuführen sei. Maßgebend für die Überzeugungsbildung des Gerichts sei das Gutachten von Prof. Dr. S. und seine ergänzende Stellungnahme gewesen, denn der Sachverständige habe den Unfallmechanismus, die konkreten aktenkundigen und bei der Klägerin erhobenen medizinischen Befunde, den tatsächlichen Verlauf seit dem Unfallereignis und die geltende medizinisch-wissenschaftliche Lehrmeinung umfassend, kompetent und schlüssig berücksichtigt und seine Beurteilung nachvollziehbar begründet. Das Gericht schließe sich dieser Beurteilung ohne Einschränkung an, welche zudem mit der Beurteilung von Dr. L. und der gutachterlichen Beurteilung des behandelnden Arztes für Orthopädie Dr. H. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 11.09.2006 übereinstimme.
Gegen das ihr am 06.05.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.05.2010 Berufung eingelegt und unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages an der von ihr vertretenen Rechtsansicht festgehalten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Februar 2010 aufzuheben sowie die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2006 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 6. November 2003 Verletztenrente auf der Grundlage einer MdE in Höhe von 20 v. H. auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat den fachärztlichen Bericht des Facharztes für Orthopädie Dr. T., M., vom 16.01.2012 vorgelegt, der angab, dass die Klägerin erstmals von seinem Praxisvorgänger Dr. S. am 16.07.2007 behandelt worden sei. Er hat aufgrund der Anamneseerhebung, der klinischen Untersuchung und der bildgebenden Verfahren die Diagnosen einer posttraumatischen Atlasdysfunktion, einer Kopfgelenksgefügestörung bei craniozervicaler Instabilität und kapsuloligamentärer Läsion des Kopfgelenkverbundes sowie ein zervicozephales Syndrom gestellt und ausgeführt, dass vor dem Unfallereignis anamnestisch keine relevanten HWS-Traumata zu eruieren gewesen seien, Episoden von vorbestehenden Kopf- und Nackenschmerzen seien nicht bekannt. Da ein konkurrierendes anderes traumatisches Ereignis ausscheide, seien die kernspintomographisch gesicherten Veränderungen des Kopfgelenkverbundes eindeutig auf das Unfallereignis zurückzuführen. Bei den vorgenommenen Untersuchungen vom 16.07.2007 bis zuletzt 28.11.2011 hätten klinische Störungen des Kopfgelenkverbundes festgestellt werden können mit ca. 20 Grad Bewegungseinschränkung insbesondere bei Rechtsrotation und ca. einem Drittel Bewegungseinschränkung bei der Rotation in Anteflexionsstellung nach links. Ferner habe eine verstärkte Tonisierung der HWS-Muskulatur insbesondere rechts, eine Verspannung der tiefen subokzipitalen Muskulatur, positive Trigger- und Tenderpunkte bezogen auf die zervicalen Segmente C0 bis C3, positive Irritationszonen als Ausdruck einer Kopfgelenksdysfunktion, vermehrte muskuläre Tonosierungen des SCM, submandibulär und temperomandibulär, absteigende artikuläre Dysfunktionen cervical und hochthorakal und ein myofasciales Ungleichgewicht sowie ein deutlich gestörtes Bewegungsverhalten des Kopfgelenkverbundes bestanden. Diesem Bericht war der Befund über eine "kinetisch positionale Kernspintomographie des craniozervikalen Übergangs mit Schädelbasis unter besonderer Berücksichtigung der Kopfgelenke" des Facharztes für Diagnostische Radiologie Dr. F. vom 18.08.2011 beigefügt. Ferner hat die Klägerin ein fachärztliches Attest des Dr. T. vom 17.12.2013 und des Prof. Dr. H. vom 07.01.2014 vorgelegt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen eines unfallchirurgisch/orthopädischen Gutachtens beim Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S., M ... Einen vor der Untersuchung und Erstellung des Gutachtens gestellten Antrag, Dr. S. wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat der Senat mit Beschluss vom 24.02.2014 abgelehnt.
In seinem Gutachten vom 04.08.2014 hat Dr. S. ein chronifiziertes Zervicozephalsyndrom und einen Verdacht auf eine psychoreaktive Fehlverarbeitung festgestellt. Er hat darauf hingewiesen, dass es sich um einen direkten Kinnaufprall gehandelt habe und nicht um eine klassische Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule. Durch den Kinnaufprall sei eine Gegenbewegung im Sinne einer Hyperflexion ohne Zweifel auszuschließen. Es sei auch davon auszugehen, dass keine wesentliche Rotation des Kopfes vorgelegen habe, weil die Klägerin nach dem Unfall über Schmerzen an den Zähnen der Unterkieferfront geklagt habe. Dr. G. habe dementsprechend eine Prellmarke am Kinn beschrieben. Bei einem nicht vorliegenden Akzelerations-/Dezelerationstrauma sei auch nicht von einer typischen Beschleunigungsverletzung auszugehen, allenfalls von einer Hyperextension der unteren Halswirbelsäule mit Einwirkung auf die hinteren kleinen Wirbelgelenke eher im distalen Bereich. Eine wesentliche Zerrung bzw. strukturelle Verletzung der Halsweichteile sei durch den beschriebenen Unfallmechanismus auszuschließen, weil keine Hyperflexion stattgefunden habe. Er verwies zudem auf den Zeitraum zwischen November 2003 und Februar 2004, in dem keine ärztliche Behandlung dokumentiert sei. Die Klägerin habe hierzu angegeben, von ihrer Hausärztin Krankengymnastik verordnet bekommen zu haben. Diese habe sie aber nicht vertragen. Gegen einen Unfallzusammenhang sprechen demnach ein ungeeigneter Unfallhergang zur Verletzung der Kopfgelenkregion durch direktes Anpralltrauma des Kinns bei fehlender typischer Akzeleration/Dezeleration, ein untypischer Erstbefund für die Annahme einer schwerwiegenden Störung der Kopfgelenkregion und der fehlende bildgebende Beweis für eine Läsion der Bandstrukturen im Kopfgelenkbereich.
Zu diesem Gutachten hat die Klägerin umfangreich vorgetragen (vgl. Schreiben vom 08.09.2014, Bl. 152 - 199 der Senatsakten) und unter anderem eine Stellungnahme des Dr. F. vom 26.08.2014 zu dem Gutachten von Dr. S. (Bl. 144 d. Akten) sowie einen weiteren Bericht des Prof. Dr. H. vom 31.07.2014 über eine Behandlung am 24.07.2014 vorgelegt.
Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat der Senat den Orthopäden Prof. Dr. Dr. W., Elisabeth-Klinik O., zum gerichtlichen Sachverständigen bestimmt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 28.04.2015 ausgeführt, dass der Fall den klassischen Verlauf einer kopfgelenksverletzten Patientin darstelle. Die Klägerin sei dadurch gekennzeichnet, dass sie vor dem Unfall niemals in ärztlicher Behandlung oder gar physiotherapeutischer Behandlung wegen Beschwerden im Halswirbelsäulenbereich gewesen sei. Es gebe keine gesicherten Daten, welches Trauma in welche Richtung zu welchem Schaden führe. Alle Hypothesen und Daten hierüber seien Modelle, die entweder der Computersimulation oder aus Kadaveruntersuchungen gezogen worden seien. Sie seien damit von der Realität weit entfernt. Es gelte heute die Feststellung, dass eine Harmlosigkeitsgrenze nicht existiere und es selbst durch kleine Traumata zur HWS-Verletzung kommen könne. In den Notaufnahmen träfen die Patienten dann auf in der Regel unfallchirurgisch ausgebildete Kollegen, die die HWS nicht segmental untersuchen könnten und keine Kenntnis von den Kopfgelenksverletzungen hätten. Auch in diesem Fall entbehrten sämtliche Untersuchungsbefunde in der Zeitperiode nach dem Unfall jeglicher manueller segmentaler Untersuchung, es gebe keine Angaben in den einzelnen Befundberichten über eine mögliche Instabilität der Kopf-Hals-Region. Das gleiche Manko gelte für die klassische Radiologie, die die Ligamente/Bänder nicht abbilde. Auch die klassische Kernspintomographie bilde - wie hier 2003/2004 - die Kopfgelenksebene nicht ab, die verwendeten Maschinen (CT und Kernspintomograph) seien nicht in der Lage, die Kopfgelenksebene suffizient abzubilden. In der weiteren Entwicklung über die letzten 20 Jahre hinweg habe sich die technische Ausstattung verschiedener Radiologiepraxen weiterentwickelt, so dass heute suffiziente Untersuchungen im Kernspin und CT möglich seien. Man habe nun den großen Vorteil, zum einen radiologisch im offenen Kernspintomographen etwas zur Struktur der Kopfgelenksebene zu sagen und in der CT-Funktionsuntersuchung sich klar zu machen, ob es eine nachvollziehbare Bewegungsstörung gebe. Die von ihm veranlasste offene Kernspintomographie zeige zum einen narbige Strukturveränderungen im Verlauf der Ligamenta alaria. Hier komme es zu einer hohen Konkordanz der Untersuchungstechnik offenes NMR zur manualmedizinischen Untersuchung, wo man eine Instabilität C0/C2 feststellen könne. Es handele sich dabei nicht um eine Abrissverletzung des Ligamentum alaria, sondern um eine Überdehnung/Stretchverletzung, weshalb die Bänder nicht mehr ihre stabilisierende Wirkung entfalten könnten. Eine solche Stretchverletzung mit Überdehnung der Ligamenta alaria liege klinisch und kernspintomographisch vor. Die Ligamenta alaria seien noch vorhanden, nicht abgerissen, narbig verändert im Sinne von Überdehnung, was zu einem pathologischen Steuerrad-Phänomen und einem pathologischen segmentalen Untersuchungsbefund im manualmedizinischen Befund im Bereich der Kopfgelenksebene führe. Es liege ein posttraumatisches chronisches cervico-encephales Syndrom mit Instabilität C0/C2 bei Verletzung mit Stretchverletzung der Ligamente alaria vor. Er halte eine MdE um 20 v. H. für gerechtfertigt (ab dem Unfalltag für drei Monate 100 v. H., für weitere drei Monate um 50 v. H., dann 20 v. H.).
Hierzu haben die Beteiligten Stellung genommen (Schriftsätze der Beklagten vom 14.07.2015 und 25.09.2015, Schriftsätze des Bevollmächtigten der Klägerin vom 04.08.2015 und vom 13.01.2016).
Der Senat hat Dr. S. beauftragt, zu den Einwendungen und der gutachterlichen Würdigung durch Prof. Dr. Dr. W. Stellung zu nehmen. In dieser gutachterlichen Stellungnahme vom 13.01.2016 hat er ausgeführt, dass Prof. Dr. Dr. W. den Unfallhergang keiner kritischen Analyse unterzogen und auch den Erstbefund nicht in die Bewertung miteinbezogen habe. Zu keiner Zeit, weder zeitnah zum Unfallgeschehen noch im weiteren Verlauf sei eine typische Symptomatik für eine strukturelle Kopfgelenkschädigung dokumentiert noch manualtherapeutisch diagnostisch gesichert. Die Funktions-Computertomographie des craniozervikalen Übergangs habe keinen Nachweis einer Fehlstellung oder von degenerativen Veränderungen als Hinweis für eine ligamentäre Verletzung ergeben. Bildgebende Befunde seien von Prof. Dr. Dr. W. nicht selbst beurteilt worden. Das Gutachten enthalte weder die persönliche Beurteilung von Fremdbefunden noch von eigenen Röntgenaufnahmen. Die kernspintomographische Diagnose einer ligamentären Verletzung beruhe auf den Untersuchungen des Dr. V. vom 10. und 11.05.2007 bzw. des Dr. F. vom 18.08.2011. In seinem Gutachten habe er diese ausgewertet. Die Aufnahmen seien mit einem Gerät der Feldstärke 0,6 Tesla durchgeführt worden. Eine solche Feldstärke sei bei weitem nicht ausreichend, eine zufriedenstellende Abbildung der Bänder im Kopfgelenksbereich zu erreichen. Die Aufnahmen seien von einem Signalrauschen gekennzeichnet, das eine Abgrenzung dieser Strukturen in keinster Weise zulasse. Hierüber bestehe Einigkeit in radiologischen Fachkreisen. Prof. Dr. Dr. W. erwähne zwar, dass Dr. V. in der Radiologieszene umstritten sei und heftig kritisiert werde, er unterlasse aber eine kritische Auseinandersetzung mit dem zur Verfügung stehenden Untersuchungsmaterial. Zur von Prof. Dr. Dr. W. veranlassten Funktions-Computertomographie hat Dr. S. ausgeführt, dass diese bei dem sehr versierten Radiologen Dr. F. in Auftrag gegebenen Bilder keine Instabilität bei C1/C2 belegten oder Hinweise auf eine Schädigung dort gäben. Dr. F. habe vielmehr darauf hingewiesen, dass keinerlei strukturelle Veränderungen, wie z.B. Bandverkalkungen oder Spondylophyten, die eine Bewegungseinschränkung in den Kopfhals-Gelenken verursachen könnten, vorliegen. Zwischen dem Unfallereignis und der Untersuchung bei Dr. F. lägen 11 Jahre. Es erscheine lebensfern, dass bei einer strukturellen Schädigung dort über diesen langen Zeitraum hinweg bei tatsächlicher Verletzung keine irgendwie gearteten strukturellen Schäden aufgetreten wären. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Prof. Dr. Dr. W., der diese Untersuchung von sich aus in Auftrag gegeben habe, diesen Befund in keinster Weise in seine Argumentation miteinbeziehe. Im Gegensatz zu Prof. Dr. Dr. W. habe Prof. Dr. H. bei einer Untersuchung der Klägerin am 24.07.2014 eine deutliche Blockierung zwischen Occiput und C1 links ausgeprägter als rechts sowie eine Blockierung zwischen C2 und C3 rechts mit ausgeprägtem schmerzhaften Befund beschrieben. Von ihm sei, auch nicht zuvor, eine Instabilität der Kopfgelenke nicht beschrieben worden. Die von Prof. Dr. Dr. W. beschriebene Instabilität C0/C2 werde durch Prof. Dr. H. nicht bestätigt. Auch der MdE-Empfehlung könne nicht gefolgt werden, da die Einschätzung von Prof. Dr. Dr. W. auf den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen" beruhe, die Grundlage für die Einschätzung nach dem Schwerbehindertengesetz seien. Nach S./H., Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane (6. Aufl.) werde ein Wirbelbruch oder Bandscheibenruptur mit instabilem Bewegungssegment mit einer MdE von 10-20 v. H. entschädigt, stabil verheilte Wirbelbrüche mit statisch unbedeutender Deformität im 1. Jahr mit 10 v. H. und im 2. Jahr mit unter 10 v. H. Bei der Klägerin läge keines dieser Verletzungsmuster vor.
Gegen diese Einschätzung hat der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 11.02.2016 ergänzend vorgetragen und die Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. W. vom 02.02.2016 vorgelegt. Hierin führt dieser aus, dass er die Stellungnahme von Dr. S. gelesen habe. Seiner Auffassung nach habe Dr. S. Unrecht, seine Ansicht habe er in seinem fachorthopädischen Gutachten niedergelegt, das Gericht müsse entscheiden, welcher Fassung es nun nachgehen wolle. Eine erneute Begutachtung bringe nichts, weil hier zwei Meinungen ja dann doch frontal aufeinanderstießen.
Wegen einer "Sehbehinderung" und "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, chronisches Schmerzsyndrom, posttraumatisches zervico-enzephales Syndrom, Zustand nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule" hat das Landratsamt R.-Kreis mit Bescheid vom 16.02.2009 den Grad der Behinderung mit 70 seit dem 12.12.2008 festgestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die form- und fristgerecht erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 4 SGG ist zulässig, aber unbegründet.
Die Beklagte hat im Bescheid vom 19.01.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2006 einen Anspruch des Klägerin auf Gewährung von Verletztenrente zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Mindern die Folgen des Versicherungsfalles die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H., besteht für den Versicherungsfall gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Nach § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VII wird bei einer MdE Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht.
Die MdE richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Damit wird nicht auf die konkrete Beeinträchtigung im Beruf des Versicherten abgestellt, sondern eine abstrakte Berechnung vorgenommen (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 Rdnr. 10.1). Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (vgl. Bundessozialgericht [BSG] vom 05.09.2006 – B 2 U 25/05 – Juris RdNr. 10; BSG vom 02.05.2001 – B 2 U 24/00 R – SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S. 36). Dabei sind ärztliche Meinungsäußerungen über die Auswirkung derartiger Beeinträchtigungen auf die Erwerbsfähigkeit eine wichtige Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE (vgl. BSG vom 05.09.2006 – B 2 U 25/05 R – Juris RdNr. 10). Erst aus der Anwendung (medizinischer) Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (vgl. dazu BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Bei der Beurteilung der MdE sind die von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten. Diese sind zwar nicht bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (vgl. BSG vom 22.06.2004 – B 2 U 14/03 R – SozR 4-2700 § 56 Nr. 1 – Juris RdNr. 12).
Die Klägerin hat am 06.11.2003 unstreitig einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII als Versicherungsfall (§ 7 SGB VII) erlitten, da sie bei der Verrichtung ihrer Arbeit – sie hielt sich zum Zeitpunkt des Unfalles im Nebenraum des Sekretariats bei den Postfächern auf, um dort ihre Post fertig zu machen – durch ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis – dem Sturz beim Verlassen des Raumes – Gesundheits(erst)schäden, wie zumindest eine Kinnprellung und die im Durchgangsarztbericht von Dr. G. genannte HWS-Distorsion erlitten hat.
Die Folgen dieses Arbeitsunfalls begründen aber nach Überzeugung des Senats keine MdE in rentenberechtigender Höhe. Folgen des Arbeitsunfalls sind Gesundheitserst- oder -folgeschäden des Unfallereignisses, also Gesundheitsstörungen, die durch das Unfallereignis bzw. durch einen Gesundheitserstschaden infolge des Unfallereignisses wesentlich verursacht worden sind.
Für die erforderliche Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheits(erst)schaden sowie für die Kausalität zwischen Gesundheits(erst)schaden und weiteren Gesundheitsschäden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG vom 17.02.2009 – B 2 U 18/07 R – Juris RdNr. 12), die auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht. Danach ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Als rechtserheblich werden aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs abgeleitet werden (BSG vom 17.02.2009 – B 2 U 18/07 R – Juris RdNr. 12) sowie auf Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten (BSG vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – Juris RdNr. 17). Gesichtspunkte für die Beurteilung sind neben der versicherten Ursache als solcher, einschließlich Art und Ausmaß der Einwirkung, u.a. die konkurrierende Ursache (nach Art und Ausmaß), der zeitliche Ablauf des Geschehens, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte (BSG vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – Juris RdNr. 16).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes ist zu beachten, dass das Vorliegen eines Gesundheits(erst)schadens bzw. eines Gesundheitsfolgeschaden (Unfallfolgen) im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen muss, während für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitserst- bzw. -folgeschaden die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit genügt (BSG vom 02.04.2009 – B 2 U 29/07 R – Juris RdNr. 16). Den Nachweis eines Gesundheitserstschadens im Bereich der Halswirbelsäule, der über eine Verstauchung (Distorsion) der HWS und einer Kinnprellung – wie von der Beklagten anerkannt – hinausgeht, ist nach Überzeugung des Senats vorliegend nicht geführt. Zu Recht hat die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund dieser von ihr in dem angefochtenen Verwaltungsakt festgestellten Unfallfolgen abgelehnt. Eine dauernde oder richtungsgebende Verschlimmerung der unfallunabhängig vorliegenden degenerativen Veränderungen der HWS bei einem fehlenden morphologischen Befund begründet nach Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit den Einlassungen aller gehörter Sachverständiger, insbesondere aber von Dr. L. (welche der Senat im Urkundsbeweis verwertet) und Prof. Dr. S., keine MdE in rentenberechtigenden Grad über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus. Die Kinnprellung ist zudem abgeheilt. Anderes lässt sich den vorliegenden Befund- und Behandlungsberichten nicht entnehmen. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde und insbesondere der Gutachten von Prof. Dr. S. und Dr. S., aber auch unter Berücksichtigung der beratungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. H., die der Senat als qualifizierten Beteiligtenvortrag verwertet, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass es bei dem Sturzereignis vom 06.11.2003 zu einem weiteren Gesundheitserstschaden, zu einer traumatischen Schädigungen im Bereich der Halswirbelsäule und deren Bänder gekommen war, die die Klägerin für die bei ihr fortbestehenden Beschwerden (Nacken-, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Ausstrahlungsschmerzen in den rechten Arm und das rechte Bein) verantwortlich macht.
Insoweit stellt der Senat zunächst fest, dass aufgrund der vorliegenden klinischen und bildgebenden Befunde zeitlich unmittelbar nach dem Unfall feststeht, dass eine Verletzung der Wirbelsäule und/oder der discoligamentären Strukturen weder klinisch noch bildgebend positiv festgestellt worden ist. Die unmittelbar und zeitnah zum Unfall erhobenen und dokumentierten Befunde von Dr. L., Dr. G. und Dr. H. sowie Frau O. belegen kein Funktionsdefizit im Bereich der oberen Halswirbelsäule und insbesondere nicht der Kopfgelenke, worauf Dr. S., Prof. Dr. Dr. H. und Prof. Dr. S. zu Recht hingewiesen haben. So sind bei den erstbehandelnden Ärzten Dr. L. (vgl. sachverständige Zeugenaussage vom 12.12.2006) und dem Durchgangsarzt Dr. G. unmittelbar nach dem Unfall Klagen über Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und Kopfschmerzen sowie Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich mit Ausstrahlung zur oberen Brustwirbelsäule vermerkt worden. Die eingehende Untersuchung bei Dr. G. ergab neben der Prellmarke am Kinn eine uneingeschränkte endgradig schmerzhafte Beweglichkeit der HWS mit Druckschmerzen über den Wirbelkörpern C2-7 beidseitig, ohne Myogelosen (Muskelverhärtungen) und ohne empfindliche Triggerpunkte. Nur im Bereich der unteren Halswirbelsäule im Bereich von C5-7 rechts bestanden Gelenkfunktionsstörungen. Eine gute Wirbelsäulengesamtbeweglichkeit mit einem Finger-Boden-Abstand von 0 cm und einem Schulterhochstand links von 0,5 cm bei einer insgesamt lotrechten Wirbelsäule hat auch der behandelnde Orthopäde Dr. H. bei der Erstkonsultation am 11.02.2004 festgestellt. Lediglich die Rechtsrotation der HWS war endgradig eingeschränkt. Ein pathologischer Befund war auf den Funktionsaufnahmen in Vor- und Rückneige nicht zu erkennen. Die veranlasste kernspintomographische Untersuchung ergab eine unfallunabhängig vorbestehende degenerative Discopathie, mäßiggradige Spondylosen und Uncovertebralarthrosen im Bereich der Wirbelkörper C3 bis C6. Die andauernde Beschwerdesymptomatik wurde von diesem im Zusammenhang mit einem hierauf beruhenden unfallunabhängigen chronischen Cervikalsyndrom mit Somatisierungstendenz gewertet (sachverständige Zeugenaussage vom 11.09.2006). Bei der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie O. befand sich die Klägerin am 04.03, 16.03., 06.04., 28.06. und 29.06.2004 in Behandlung und klagte dort über Nackenschmerzen, die bis zum Ohr zögen und darüber hinaus, dass sie sich wie eingesperrt fühle, wie in einem Panzer. Am 28.06.2004 gab die Klägerin dauernde Schmerzen und zudem Schmerzen im Auge und vom Hals in das rechte Bein ausstrahlend an. Auch hier ergab sich nach umfangreicher neurologischer Abklärung – abgesehen von dem Verdacht auf ein beginnendes Sulcus-ulnaris-Syndrom links – kein pathologischer Befund im Bereich der HWS. Darüber hinaus war auch noch im November 2004 bei der Untersuchung in der BGU L. (Prof. Dr. W., Dr. H.) im Rahmen einer dort durchgeführten chirotherapeutischen Untersuchung der HWS-Gelenke kein Anhalt für Blockierungen oder Fehlhaltungen festgestellt worden. Die HWS war auch zu diesem Zeitpunkt in allen Ebenen frei beweglich, die Untersuchung der zwölf Hirnnervenpaare unauffällig, ebenso die neurologische Untersuchung der oberen Extremitäten mit vollem Kraftgrad in allen Muskelgruppen und seitengleich auslösbaren Muskeleigenreflexen. Dementsprechend nachvollziehbar sind die Behandler zu dem Ergebnis gelangt, dass bleibende Unfallfolgen nicht nachweisbar waren. Zu demselben Ergebnis war zuvor bereits Prof. Dr. S., Orthopädische Universitätsklinik H., in seinem Bericht vom 12.08.2004 gelangt.
Soweit die Klägerin auf unmittelbar nach dem Unfall bestehende Hautverfärbungen im Bereich des Halses verweist, welche von Prof. Dr. S. im Sinne subkutaner Blutergussverfärbung gewertet wurden, fehlt es diesbezüglich an einer medizinischen Feststellung, da diese nicht dokumentiert sind. Ein solcher Bluterguss belegt zudem keinen dauerhaften strukturellen Schaden im Bereich der HWS und der Kopfgelenke. Gleiches gilt für die Beobachtung der Tochter, die nach dem Unfall angeben haben soll, dass das Gesicht ganz schief gewesen sei. Diese Beobachtung war jedenfalls von Dr. L. und Dr. G. nicht wiederholt worden und findet sich auch in den zitierten späteren Befunden nicht wieder.
Unter Berücksichtigung der beschriebenen Befunde ist eine frische Läsion oder eine discoligamentäre traumatische Affektion mit einer deutlichen Gefügestörung, Stufenbildung der HWS, translatorischer Gefügeverletzung und Fehlrotation oder ähnlichem (Prof. Dr. Dr. H.) weder durch die bildgebenden Verfahren noch klinisch nachgewiesen. Mit Dr. S., Prof. Dr. Dr. H. und Prof. Dr. S. vermag der Senat unter Berücksichtigung der in einem nahen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall beschriebenen Befunde Einschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule und insbesondere der Kopfgelenke nicht festzustellen, da es sich bei rückblickender Betrachtung eben nicht um Beschwerden handelte, die mit der gebotenen Sicherheit eine Schädigung der Kopfgelenke oder der diese stabilisierenden Bänder belegen, sondern es sich – wie Prof. Dr. Dr. H. ausführte – um eine typische Konstellation eines nur sehr leichtgradigen klinischen Verletzungsbefundes handelte mit geringgradigen funktionellen Auswirkungen mit einer kontusionsbedingten Lokalempfindlichkeit am Kinn und am rückwärtigen Facettenbereich sowie festgestellter Gelenkfunktionsstörungen der unteren HWS, die im Zusammenhang mit den kernspintomographischen Veränderungen im Bereich C3 bis C6 gesehen werden können.
Etwas anderes lässt sich nach Überzeugung des Senats auch nicht dem Bericht des Orthopäden Dr. S. (vom 14.06.2004, nach einer Untersuchung am 21.06.2004) entnehmen, der zwar im Rahmen der Diagnosen eine Kopfgelenkstörung der Halswirbelsäule angegeben, nicht aber diese hinsichtlich der Lokalisation näher beschrieben hat. Die unter "Therapie" in seinem Bericht beschriebene Mobilisation C4/5 spricht für Gelenkstörungen im unterhalb der Kopfgelenke liegenden Bereich und ist damit kein Beleg für das Vorliegen von Kopfgelenkstörungen zu diesem Zeitpunkt. Dafür, dass sich die Einschränkungen und Beschwerden der Klägerin im Verlauf der Zeit verändert und zugenommen haben, sprechen im Übrigen auch die Feststellungen des Versorgungsamtes beim Landratsamt R.-Kreis. Nach den von der Beklagten beigezogenen Akten beruhte die ursprüngliche Einschätzung des Grades der Behinderung (GdB) mit Bescheid vom 08.07.2004 (GdB 30 seit 19.05.2004) im Wesentlichen auf einer Sehbehinderung, für die nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.06.2004 (Dr. B., Bl. 178 der Akten) ein Teil-GdB von 30 angenommen wurde. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und muskuläre Verspannungen wurden dort mit einem Teil-GdB von 10 eingestuft und damit im Sinne einer nur geringgradigen Beeinträchtigung. Die Klägerin hat insoweit einen weiteren Bescheid des Versorgungsamtes vom 16.02.2009 vorgelegt, wonach nunmehr der GdB 70 beträgt, allerdings erst mit Wirkung ab 12.12.2008. Neben der Sehbehinderung wurde nunmehr von einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskulären Verspannungen, einem chronischen Schmerzsyndrom, einem posttraumatischen zervico-enzephalen Syndrom und einem Zustand nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule ausgegangen.
Der Senat ist schließlich nicht davon überzeugt, dass durch den nichtärztlichen Therapeuten P., der im März 2004 18 symptomatisch funktionelle Störungszeichen des Achsenskelettes und der Extremitäten auf myofaszialer, vegetativer und gelenkbezogener Ebene festgestellt hatte (u.a. auch HWS-Blockaden C4-6 lateral links, C1 lateral rechts), der Vollbeweis einer solchen Kopfgelenksstörung als geführt angesehen werden kann. Denn nur wenig später – im Bericht des Universitätsklinikums H. vom 14.07.2004 sowie den oben bereits angesprochenen Berichten von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. S. – konnten Traumafolgen wiederum nicht festgestellt werden.
Die zeitlich später und erstmals ärztlicherseits im Juli 2005 von Prof. Dr. H. beschriebene Irritation der Axis, also des 2. Halswirbelkörpers, und eine am 30.09.2005 festgestellte funktionelle Kopfgelenksblockierung rechtsseitig C2/3 lässt sich nicht mit der hierfür erforderlichen Wahrscheinlichkeit als Folge des Arbeitsunfalles feststellen, da eine traumatische Ursache hierfür weder aufgrund biomechanischer Überlegungen noch mit Blick auf bildgebende Befunde wahrscheinlich ist (siehe hierzu noch unten) und der zeitliche Abstand zum Unfallereignis nicht hinreichend erklärbar ist, was der Senat ebenfalls den Gutachten von Dr. S. und Prof. Dr. S. entnimmt. Ein (weiterer) Gesundheitserstschaden im Bereich der knöchernen oder ligamentären Strukturen der Kopfgelenke bzw. der oberen HWS wird durch die Untersuchung durch Prof. Dr. H. im Juli bzw. September 2005 gerade nicht zweifelsfrei belegt.
Darüber hinaus begründet die Analyse des Unfallherganges keinen hinreichend wahrscheinlichen Zusammenhang einer unterstellten Stretchverletzung der Ligamenta alaria, da dieser nicht geeignet war, diese zu überdehnen. Der Senat stützt sich auch insoweit auf die bereits angesprochenen Expertisen von Dr. S., Prof. Dr. S. und Prof. Dr. Dr. H., die übereinstimmend eine klassische Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule ausgeschlossen haben. Vielmehr handelt es sich um eine durch Kinnaufprall abgebremste und nicht mit einem gegenläufigen Bewegungsmechanismus einhergehende, indirekt frontal schräge, translatorisch wirkende Kontusion der HWS mit hyperextendierendem Kraftvektor und allenfalls leichter Distorsion der ventralen halsbezogenen Weichteile. Der bei Beschleunigungsverletzungen /Schleudertraumata (Auffahrunfall) auftretende gegenläufige Bewegungsmechanismus (das sog. Akzelerations-/Dezelerationstrauma) hat gerade nicht vorgelegen, weswegen die bei Beschleunigungsverletzungen theoretisch mögliche traumatische Auswirkung auf die Ligamenta alaria bei dem vorliegenden Verletzungsmechanismus von den Sachverständigen als ausgeschlossen angesehen wurde. Insoweit überzeugend weist Prof. Dr. S. darauf hin, dass allenfalls ein Betroffensein des Ligamentum transvermus atlantis zu erwarten gewesen wäre, dieses aber kernspintomographisch regelrecht abgebildet wurde.
Für einen entsprechenden Unfallhergang mit Hyperextension der HWS (und gegen eine Beschleunigungsverletzung) spricht nach den Ausführungen von Dr. S. auch und gerade, dass der Unfallarzt Dr. G. eine Gelenkfunktionsstörung auf Höhe C6/7 rechts festgestellt hat. Denn bei einer Hyperextension der Halswirbelsäule kommt es zu einer Einwirkung auf die hinteren kleinen Wirbelgelenke eher im distalen (körperfernen) Bereich. Liegt damit aber gerade keine von der Klägerin zugrunde gelegte Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule vor, ist dementsprechend hier auch das im Rahmen von HWS-Schleudertraumata diskutierte Problem einer Harmlosigkeitsgrenze nicht relevant. Denn nicht die (erforderliche) Intensität der Einwirkung steht im Streit, sondern ob die Sturzeinwirkungen zu einer Gesundheitsschädigung geführt haben. Der eingetretene Gesundheitsschaden – wie oben ausgeführt – ist dabei positiv und im Beweismaß des Vollbeweises festzustellen. Dementsprechend kann auch die von der Klägerin angeführte Entscheidung des sächsischen Landessozialgerichts vom 20.02.2003 (L 2 U 81/99) nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden. Im Übrigen teilt der Senat nicht die Auffassung, dass ein Primärschaden der HWS allein aufgrund eines ausgeprägten klinischen Beschwerdebildes belegt ist. Dies gilt umso mehr, wenn mit den bildgebend als vorbestehend nachgewiesenen Veränderungen im Bereich der HWS andere Ursachen für eine Beschwerdesymptomatik vorliegen. Insoweit ist auch nicht weniger wahrscheinlich, dass die kernspintomographisch festgestellten degenerativen Vorschäden durch die Bandscheibenprotrusionen C3 bis C6 (Kernspintomographie vom 24.02.2004) ursächlich für die seinerzeit festgestellten Gelenkfunktionsstörungen gewesen sind.
Die vorliegenden Funktions-Kernspintomographien von Dr. V. belegen nicht das Gegenteil. Nach den Einlassungen von Prof. Dr. S. und Dr. S. ist die Aussagekraft solcher MRT in der medizinischen Wissenschaft umstritten. Hierzu hat Prof. Dr. S. unter Verweis auf wissenschaftliche Studien nachvollziehbar dargelegt, dass den kernspintomographisch nachgewiesenen Inhomogenitäten im Bereich der Ligamenta alaria und den in der Funktionsaufnahme der Rotation feststellbaren Verdickungen der Bänder und einer sekundären Verschmächtigung des benachbarten Subarachnoidalraumes kein objektivierbarer Aussagewert hinsichtlich einer tatsächlichen bzw. residualen traumatischen Läsion zukommt. So wurden bei einer größeren Gruppe von gesunden Freiwilligen praktisch bei jeder Untersuchung Auffälligkeiten der Ligamenta alaria in der Rotation festgestellt, wobei es grundsätzlich zu einer Anhebung und Aufwicklung des kontralateralen Ligamentum alarium um den Dens herum zusammen mit einer deutlichen Asymmetrie des C1/C2-Segmentes dieser Seite kommt. Morphologisch entsteht daher der Eindruck einer Kürzung dieses Segmentes bei gleichzeitiger erheblicher Inhomogenität des Bandes, was entsprechend leicht als Störung der Fasermorphologie interpretiert wird. Prof. Dr. S. führt ebenfalls unter Angabe wissenschaftlicher Darstellungen aus, dass manche Autoren deswegen auch davon sprechen, dass Läsionen im Bereich der Ligamenta alaria durch die Kernspintomographie nicht darstellbar seien, weil sie in über 2/3 der Fälle vergleichsweise ähnliche Signalintensitäten der Ligamenta alaria aufweisen könnten, sowohl bei Gesunden als auch bei Verunfallten. Auch Dr. S. hat unter Darlegung einer weiteren Arbeit von Bitterling et. al. dargelegt, dass mit Ausnahme einer offensichtlichen Zerreißung oder einer sog. Avulsionsfraktur sämtliche andere Kriterien, wie unterschiedliche Faserverläufe, Signalschwankungen, fehlende Abgrenzbarkeit, Asymmetrien oder Flüssigkeitsansammlungen nicht für aussagekräftig gehalten werden, weil sie auch als Normvariante gefunden werden. Diese Autoren kommen sogar zu dem Schluss, dass funktionelle MRT-Darstellungen aufgrund der widersprüchlichen, wissenschaftlich unzureichenden Untersuchungsergebnisse in Ermangelung ihrer Reproduzierbarkeit keinen diagnostischen Wert haben.
Nichts anderes gilt damit auch für die von Dr. F. vorgelegte "kinetisch positionale Kernspintomographie des craniocervikalen Überganges mit Schädelbasis unter besonderer Berücksichtigung der Kopfgelenke" vom 18.08.2011, welche - ebenfalls - eine deutlich narbige Strukurveränderung im densnahen Ansatzbereich der Ligamenta alaria beschreibt, aber auch eine Bandverplumpung und ein narbig verdicktes Ligamentum transversum atlantis. Soweit auch er Strukturveränderungen beschreibt – insbesondere im Bereich der Ligamenta alaria –, ergeben sich zu den oben gemachten biomechanischen, den Erstbefund und die Aussagekraft der Bilder würdigenden Ausführungen keine Änderungen. Soweit er erstmals ein narbig verdicktes Ligamentum transversum atlantis angibt, vermag der Senat auch dann, wenn hier entgegen den von Dr. S. erhobenen Einwendungen zur Qualität der MRT-Aufnahmen von einem entsprechenden Nachweis auszugehen wäre, fast acht Jahre nach dem Unfall und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dieses Band bei der Untersuchung durch Dr. V. noch unbeeinträchtigt beurteilt worden ist, keine hinreichenden Ansatzpunkte dafür zu erkennen, von einer rechtlich wesentlichen Verursachung durch den Unfall auszugehen. Denn es ist nicht nachvollziehbar, dass diese Veränderungen, die sich erstmals 2011 zeigten, für die Beschwerden der Klägerin seit dem Unfall verantwortlich sein sollen. Dies gilt umso mehr als der von Prof. Dr. Dr. W. durchgeführte "Ligamentum transversum atlantis-Test" negativ ausgefallen ist. Der Senat sieht darin eine Bestätigung der oben beschriebenen Einwendungen gegen die Aussagekraft dieser Aufnahmen. Damit lässt sich nach Überzeugung des Senats aus den Funktionsaufnahmen des Dr. V. und des Dr. F. kein sicherer Rückschluss ziehen, dass die Ligamenta alaria durch das Unfallereignis tatsächlich geschädigt worden sind.
Das auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin eingeholte Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. ist nicht geeignet, den Vollbeweis einer durch den Unfall an der Halswirbelsäule verursachten Erkrankung zu führen, da es sich mit den wesentlichen Gründen der Vorgutachten nicht auseinandersetzt. Insbesondere ist dabei herauszustellen, dass sich dieser Sachverständige nicht mit dem Unfallhergang, nicht mit den in den Vorgutachten angestellten biomechanischen Überlegungen auseinandersetzt und die vorliegenden Röntgenbilder und Kernspintomographien nicht im Lichte der Einwendungen der Sachverständigen würdigt. Er entkräftet zudem die von Prof. Dr. S. und Dr. S. erhobenen Einwendungen gegen die Aussagekraft der vorliegenden Funktionsaufnahmen nicht. Insoweit ist es nicht schon ausreichend, nur auszuführen, dass neueste Untersuchungen zeigten, dass es keine gesicherten Daten gebe, welches Trauma in welche Richtung zu welchem Schaden führe. Alle Hypothesen und Daten seien Modelle, die entweder der Computersimulation oder aus Kadaver-Untersuchungen gezogen worden seien. Sie seien damit von der Realität weit entfernt. Es gelte heute die Feststellung, dass eine Harmlosigkeitsgrenze nicht existiere und es selbst durch kleine Traumata zu Halswirbelsäulenverletzung kommen könne. Prof. Dr. Dr. W. hat insoweit weder dargelegt, auf welche Studien er sich hierfür bezieht, noch hat er sich konkret mit dem hier feststehenden Unfallhergang – dem Sturz auf das Kinn – auseinander gesetzt. Auch die Verneinung einer Harmlosigkeitsgrenze führt nicht ohne weiteres zu dem hier im Vollbeweis erforderlichen Nachweis einer traumatischen Schädigung. Der Kritik an der Aussagekraft der vorliegenden Funktions-Kernspintomographien ist er zudem nicht substantiiert entgegen getreten. Soweit er sich auch hier auf neuere wissenschaftliche Erkenntnisse stützt, hat er diese nicht verifiziert. Sein dem Gutachten beigefügtes Literaturverzeichnis enthält insoweit nur Werke, an denen er selbst beteiligt war. Sie stammen allesamt aus den Jahren 2000 und 2001. Prof. Dr. S. und Dr. S. zitieren hierzu Werke aus den Jahren 2002, 2003, 2004, 2005 und 2006. Die Einlassungen vermögen daher nicht zu überzeugen. Gleiches gilt, soweit er auf die Konkordanz der Untersuchungstechnik offenes NMR zur manualmedizinischen Untersuchung, wo man eine Instabilität C0/C2 habe feststellen können, zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs verweist, ohne allerdings Erstbefund und Verlauf der Erkrankung in diese Überlegungen miteinzubeziehen. Von einer von ihm beschriebenen Überdehnung der Ligamenta alaria vermochte sich der Senat mit Blick auf die bereits oben diskutierte Aussagekraft der funktionellen Kernspintomographie ebenfalls nicht als im Vollbeweis nachgewiesen zu überzeugen. Ein manualmedizinischer Befund hierfür wurde erstmals zwei Jahre nach dem Unfall bei Prof. Dr. H. erhoben, worauf Dr. S. zu Recht hingewiesen hat. Schließlich setzt sich Prof. Dr. Dr. W. auch nicht mit dem Befund der von ihm in Auftrag gegebenen Funktions-Computertomographie des Dr. F. auseinander, die den craniocervikalen Übergang in allen Funktionsaufnahmen ohne Nachweis einer Fehlstellung oder von degenerativen Veränderungen beschreibt. Dr. S. sieht hierin einen Hinweis für eine fehlende ligamentäre Verletzung und sieht auch durch diese Aufnahmen einen Vollbeweis für eine Bandverletzung nicht als erbracht an. Zu dem von Dr. F. beschriebenen funktionellen Defizit in den Kopfhalsgelenken mit Hypomobilität (also einer Einschränkung der Beweglichkeit) bei Rechtsrotation, der aufgehobenen Mobilität bei C2/C3 bei Linksrotation und der Hypermobilität bei Rechtsrotation weist er darauf hin, dass die Hypermobilität in einem Segment besteht, an dem die Ligamente alaria nicht lokalisiert sind und die Funktionscomputertomographie keine Instabilität bei C1/C2 belege, wie von Prof. Dr. Dr. W. beschrieben. Ferner fehlt es nach den Ausführungen von Dr. F. am Nachweis von strukturellen Veränderungen, wie Bandverkalkungen oder Spondylophyten, die eine Bewegungseinschränkung in den Kopfhalsgelenken verursachen könnten. Für den Senat ist insoweit nachvollziehbar und überzeugend, wenn Dr. S. ausführt, dass 11 Jahre nach dem Unfall bei einer tatsächlichen Verletzung mit strukturellen Veränderung zu rechnen gewesen wäre. Eine Überdehnung der Ligamenta alaria belegt auch die Kernspintomographie von Dr. F. jedenfalls nicht, denn der Radiologe beschreibt im Bereich der Kopfhalsgelenke eine Funktionseinschränkung in der Form einer Hypomobilität bei einer völligen Symmetrie zwischen Dens und Atlas, was gegen eine Überdehnung oder Zerreißung der Ligamenta alaria spricht, weil eine solche Verletzung zu einer Asymmetrie in der Funktionsdiagnostik führen würde. Diese Würdigung wird von dem nach § 109 SGG gehörten Prof. Dr. Dr. W., dem die Klägerin die ergänzende Stellungnahme von Dr. S. vorgelegt hat, nicht angegriffen oder widerlegt, er greift die von Dr. S. in dieser Stellungnahme vertretene Auffassung und die von ihm vorgebrachten Argumente nicht einmal an, sondern zieht sich darauf zurück, dass hier zwei konträre Meinungen bestünden. Dabei ignoriert er, dass Dr. S. den Einlassungen und der Würdigung durch Prof. Dr. Dr. W. mit stichhaltigen Argumenten entgegengetreten ist. Zu einer entsprechenden Auseinandersetzung war der nach § 109 SGG gehörte Sachverständige offensichtlich auch nicht bereit, als ihm die Klägerin die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. zur Kenntnis gab. Er hielt lediglich an seiner im Gutachten vertretenen Auffassung fest, ohne auf die erhobenen Einwendungen einzugehen. Damit sieht der Senat auch keine Veranlassung für weitere Ermittlungen von Amts wegen, zumal der Vollbeweis einer Schädigung im Bereich der HWS auch durch das Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. nicht geführt wurde.
Anderes ergibt sich auch nicht aus der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. K., der davon ausgeht, der Sturz und Aufschlag des Kopfes auf den Boden sei durch die blitzartige Freisetzung der kinetischen Energie geeignet gewesen, den Bandapparat zu überstrecken und damit zu lockern, so dass eine Überbeweglichkeit im Genickgelenk einsetzen könne, die dann für alle Symptome verantwortlich sei. Der Senat folgt dem nicht und sieht diese Einschätzung durch das Gutachten von Dr. S. unter Berücksichtigung der oben gemachten Angaben als widerlegt an. Gleiches gilt für die sachverständige Zeugenaussage des Dr. M. vom 13.10.2008. Denn auch dieser kann nur über den Zustand der Klägerin aufgrund seiner erstmaligen Behandlung am 17.04.2008 berichten. Argumente für eine abweichende Auffassung lassen sich auch nicht den Ausführungen des die Klägerin behandelnden Dr. T. entnehmen, der ebenfalls unter Bezugnahme auf die Kernspintomographien von Dr. V. und Dr. F. von einer posttraumatischen Atlasdysfunktion, einer Kopfgelenksgefügestörung bei craniocervicaler Instabilität und kapsuloligamentärer Läsion des Kopfgelenksverbundes sowie einem zervicozephalen Syndrom ausgeht und diese Befunde in Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 06.11.2003 sah.
Schließlich vermochte der Senat auch einen Behandlungsfehler nicht als ursächlich für die bei der Klägerin bestehenden Beschwerden festzustellen. Hierfür wäre zunächst ein dem Unfall zuzuschreibender Gesundheitsschaden festzustellen, dessen Folgen aufgrund einer Falschbehandlung zu weiteren oder gravierenderen Einschränkungen geführt haben müsste. Dies ist jedoch weder für die Kinnprellung noch für die vorübergehende leichte HWS-Distorsion der Fall. Die Auffassung, eine Langzeit-Immobilisierung sei erforderlich gewesen, ist durch eine ärztliche Äußerung nicht belegt worden. Darüber hinaus fehlt es zudem an dem Nachweis dafür, dass es "nicht geheilte Faserstrukturverletzungen" gegeben hat, die eine andere Behandlung erforderlich gemacht hätten. Soweit die Klägerin insoweit auf Dr. Z. und Prof. Dr. H. verweist, führt dies nicht weiter, da diese von einer strukturellen Schädigung ausgehen, die der Senat hier nicht als nachgewiesen ansieht. So hat auch Dr. S. überzeugend darauf hingewiesen, dass bei fehlenden neurologischen Zeichen und nach einem Frakturausschluss die frühe Mobilisierung einen hohen Stellenwert habe, im vorliegenden Fall umso mehr, als eine strukturelle Verletzung im Kopf-Gelenkbereich nicht nachzuweisen war und ist. Soweit Prof. Dr. S. in seiner Stellungnahme vom 12.08.2004 mitteilte, unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung sei nicht mehr anzunehmen, es gehe nicht um die Behandlung degenerativer Schäden, sondern eher um Folgen der Unfallverarbeitung und eventuell nicht angemessener Vorbehandlung, ergibt sich hieraus nichts anderes, da die Klärung von psychischen Ursachen der bestehenden Beschwerden von der Klägerin abgelehnt worden war, nachdem sie die begonnene stationäre multimodale Schmerztherapie nach fünf Tagen abgebrochen hatte und die vom SG beabsichtigte psychiatrische Begutachtung abgelehnte. Eine fehlende Ruhigstellung der HWS wurde auch von Prof. Dr. S. nicht als ursächlich für die fortbestehenden Beschwerden beschrieben.
Bei der Bewertung der MdE folgt der Senat den Ausführungen von Prof. Dr. S. und insbesondere seinen Ausführungen, dass eine dauernde oder richtungsgebende Verschimmerung der unfallunabhängig vorliegenden degenerativen Veränderungen der HWS bei einem fehlenden morphologischen Befund nicht angenommen werden kann und deshalb allenfalls von einer vor-übergehenden HWS-Distorsion auszugehen ist, die über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus keine MdE um wenigstens 20 v. H. hinterlassen hat. Eine weitere Abgrenzung war aber auch deshalb nicht möglich, weil nicht geklärt werden konnte, inwieweit eine u.a. von Dr. L., Prof. Dr. S. und Prof. Dr. S. vermutete Fehlverarbeitung der Unfallfolgen rechtlich wesentlich ursächlich für die vorhandenen Beschwerden ist. Eine entsprechende gutachterliche Klärung durch ein vom SG in Auftrag gegebenes Gutachten hat die Klägerin abgelehnt.
Soweit die Klägerin, die selbst nicht über medizinische Fachkunde verfügt, Einwendungen gegen die Gutachten erhoben hat, hat der Senat diese zur Kenntnis genommen, sie aber nicht für stichhaltig erachtet, hierdurch den erforderlichen Vollbeweis einer Schädigung durch den Unfall vom 06.11.2003 begründen zu können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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