L 2 RA 158/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 RA 2/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RA 158/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 30. Mai 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob die Beklagte im Fall des Klägers die gesetzliche Beitragsbemessungsgrenze auf die Berechnung seiner Rente anzuwenden hat oder nicht.

Der am ... 1934 geborene Kläger bezieht seit 01. Januar 1995 Altersrente von der Beklagten. Bei der Berechnung der Rente wurde für die Zeit vom 04. April 1961 bis zum 30. Juni 1999 im Neufeststellungsbescheid vom 27. Dezember 2001 die Beitragsbemessungsgrenze erreicht und angewandt. Den Widerspruch des Klägers dagegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06. Dezember 2002 zurück.

Hiergegen hat sich die am 02. Januar 2002 beim Sozialgericht Neuruppin erhobene Klage gerichtet, der das Sozialgericht den Antrag entnommen hat,

den Bescheid vom 27. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Dezember 2002 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, seine gezahlten FZR-Beiträge auch oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenberechnung und -zahlung zu berücksichtigen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 30. Mai 2003 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Streitgegenstand ist der Rentenbescheid vom 27. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Dezember 2002, wie die Beklagte im Schriftsatz vom 03. März 2003 klargestellt hat. Insoweit hat die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid ein falsches Bescheiddatum benannt; einen Bescheid vom 18. Juli 2002 gibt es nicht.

Der angefochtene Bescheid ist jedoch rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Berücksichtigung von Beiträgen zur FZR oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze.

Gemäß § 260 Satz 2 SGB VI werden für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet und im Saarland die im Bundesgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenzen angewendet. Gemäß § 256 a Abs. 1 SGB VI werden für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 08. Mai 1945 Entgeltpunkte ermittelt, im dem der mit den Werten der Anlage X vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Als Verdienst zählen gem. § 256 a Abs. 2 SGB VI der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die jeweils Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung oder freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung für die Zeit vor dem 01. Januar 1992 oder danach bis zum 31. März 1999 zur Aufrechterhaltung des Anspruches auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 279 b) gezahlt worden sind.

Für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem im Sinne des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) wird gem. § 259 b Abs. 1 SGB VI bei der Ermittlung der Entgeltpunkte der Verdienst nach dem AAÜG zugrunde gelegt.

Die Neufeststellung der Altersrente des Klägers aufgrund des Hinzutretens der festgestellten Zeiten und Verdienste in einem Zusatzversorgungssystem führte dazu, dass die bei der Rentenberechnung zu berücksichtigenden Verdienste durchgängig von April 1961 bis 30. Juni 1990 die Beitragsbemessungsgrenze erreichen. Dies war bei der vorherigen Rentenberechnung nur bis Dezember 1976 der Fall. Eine Berücksichtigung von Verdiensten oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze ist gesetzlich ausgeschlossen. Das SGB VI bietet dafür keine Anspruchsnorm. Entgegen der Auffassung des Klägers gab es auch in der DDR Beitragsbemessungsgrenzen. So lag die Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialpflichtversicherung bei 600,00 Mark im Monat/7.200,00 Mark im Jahr. Diese Grenze war im § 16 Abs. 2 der VO zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten (SVO) festgelegt. Daneben konnten Beschäftigte, deren Verdienst darüber lag, ab 01. März 1971 diese höheren Verdienste in der Freiwilligen und Zusätzlichen Versicherung in der Sozialversicherung versichern. Dies war bis zu einem Betrag von höchstens 1.200,00 Mark im Monat möglich. Auch diese Begrenzung (§ 20 der VO über die Freiwillige Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung vom 17. November 1977) normierte eine Beitragsbemessungsgrenze. Allerdings wurde diese später für die FZR aufgehoben.

Die bei dem Kläger zugrunde gelegten Entgelte und damit auch die von ihm zu DDR-Zeiten entrichteten Beiträge zur FZR sind im höchstmöglichen Umfang bei der Rentenberechnung berücksichtigt worden. Darüber hinaus gibt es keine rentenrechtliche Berücksichtigung.

Soweit der Kläger die Verfassungswidrigkeit der Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze-West auf seine Versicherungsbiografie aus den neuen Bundesländern rügt, sieht das Bundesverfassungsgericht selbst die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze als verfassungsgemäß an. Auch die Entscheidung des Gesetzgebers, die einzelnen Rentensysteme der ehemaligen DDR in ein einheitliches System nach dem SGB VI zu überführen, hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich als verfassungsgemäß beurteilt (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999, Az.: BvL 32/95-1 BvR 2105/95; 1 BvR 1926/96-1 BvR 485/97). Die gegenteilige Ansicht von Rechtswissenschaftlern und Rechtskundigen vermag an diesen Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts nichts zu ändern, da die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden bindet (§ 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde des vom Kläger zitierten Rechtsanwaltes mit Beschluss vom 06. August 2002 nicht zur Entscheidung angenommen. In der Begründung heißt es dazu, der Rüge der Verfassungswidrigkeit des § 260 Satz 2 SGB VI komme keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die Bedeutung von Artikel 14 und Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz für die in der Deutschen Demokratischen Republik erworbenen Rentenansprüche und Anwartschaften und deren Überleitung in das gesamtdeutsche Rentenrecht sei in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt.

Aus der vom Kläger eingereichten Darstellung "Bilanz und Ausblick - II -" von der Rechtsanwaltskanzlei Dr. C./Dr. C. vermag die Kammer für den Rechtsstreit des Klägers nichts zu schließen. Die Frage der Systementscheidung sowie Beitragsbemessungsgrenze ist verfassungsgerichtlich geklärt.

Gegen dieses, dem Kläger am 06. Juni 2003 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 30. Juni 2003, zu deren Begründung der Kläger im Wesentlichen ausführt, durch den Gesetzgeber sei er um seine Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung enteignet und der Gleichheitsgrundsatz verletzt worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 30. Mai 2003 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 27. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Dezember 2002 zu verpflichten, die vom Kläger gezahlten FZR-Beiträge auch oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenberechnung und -zahlung zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Rentenakten der Beklagten (VSNR: ...) den Kläger betreffend sowie auf die Gerichtsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.

Sie ist jedoch nicht begründet.

Der Senat sieht von einer weiteren Darlegung der Entscheidungsgründe ab, da er die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zurückweist (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ). Zur Ergänzung zitiert der Senat aus der bereits vom Sozialgericht genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 den hier maßgeblichen Satz:

"Im Hinblick auf die Befugnis des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG), ist es jedoch verfassungsrechtlich unbedenklich, dass der Gesetzgeber die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch eine einheitliche, ausschließlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammende Versorgungsleistung unter Verzicht auf Zusatzleistungen ersetzt hat. Dasselbe gilt für die weitere Absenkung des Sicherungsniveaus dadurch, dass die versicherten Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt werden ... Die Erstreckung der Beitragsbemessungsgrenze auf die überführten Leistungen ist durch die Entscheidung zugunsten der verfassungsrechtlich zulässigen Eingliederung in die Rentenversicherung der Bundesrepublik vorgeprägt und könnte nicht entfallen, ohne dass das Rentensystem gesprengt würde."

Das Ruhen des Verfahrens hat der Senat nicht angeordnet, da es hierfür an übereinstimmenden Anträgen der Beteiligten (§ 202 SGG i.V.m. § 251 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO) fehlt. Die Beklagte hat einem Ruhen nicht zugestimmt.

Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision lag keiner der in § 160 SGG bezeichneten Gründe vor.
Rechtskraft
Aus
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