L 6 RJ 244/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 228/00 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 244/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 18. März 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Klägerin, die 1945 geboren und Staatsangehörige von Bosnien und Montenegro ist, hat sowohl in ihrer Heimat als auch in der Bundesrepublik Deutschland - hier mit Unterbrechungen vom 01.09.1969 bis 09.05.1980 - Pflichtbeitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt. Die Firma L. GmbH & Co. in B. (Fa. L.), bei der die Klägerin zuletzt beschäftigt gewesen ist, ist erloschen. Nach den Angaben der Klägerin hat es sich um ein Unternehmen der Textilindustrie gehandelt, in dem sie als Facharbeiterin eingesetzt worden sei. Zeugen hierfür kann sie nicht mehr benennen. Seit 08.10.1996 erhält die Klägerin vom bosnischen Versicherungsträger Invalidenrente.

Mit Bescheid vom 30.03.1999 und Widerspruchsbescheid vom 01.02. 2000 lehnte die Beklagte den am 22.04.1997 gestellten Antrag der Klägerin auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit ab, weil sie vollschichtig leistungsfähig und als ungelernte Arbeiterin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei. Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen entnahm die Beklagte hierbei einem in Belgrad erstatteten Rentengutachten vom 07.08.1996, vor allem aber dem Gutachten des Arztes für Chirurgie, Sozialmedizin Dr. B. vom 17.03.1999, das auf einer dreitägigen stationären Untersuchung der Klägerin in der Ärztlichen Gutachterstelle Regensburg beruhte. Bezüglich des beruflichen Werdegangs der Klägerin stützte sich die Beklagte auf die Angaben der Klägerin bei der Anamneseerhebung in der Ärztliche Gutachterstelle Regensburg, weiterhin auf die Tatsache, dass ein Auskunftsersuchen an die Fa. L. mit dem Vermerk "Firma erloschen" zurückgekommen war.

Nunmehr erhob die Klägerin am 02.03.2000 Klage zum Sozialgericht Landshut (SG).

Mit Gerichtsbescheid vom 18.03.2002, der Klägerin am 11.04.2002 in ihrer Heimat zugestellt, wies das SG die Klage ab, weil die auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Klägerin nach den medizinischen Feststellungen der Beklagten nicht spätestens im November 1998 erwerbs- oder berufsunfähig gewesen sei, und bei einem späteren Eintritt der Erwerbsminderung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt und auch nicht mehr erfüllbar seien.

Mit der Berufung, die am 14.05.2002 beim SG Landshut einging, verfolgte die Klägerin ihren Rentenanspruch weiter.

Der Senat zog die Klageakten des SG Landshut sowie die Verwaltungsakten der Beklagten bei und befragte die Klägerin zum Inhalt ihrer zuletzt in Deutschland ausgeübten Berufstätigkeit, insbesondere auch zu etwaigen Zeugenadressen. Auf Anregung durch den Senat legte die Klägerin medizinische Unterlagen vor. Nunmehr erholte der Senat medizinische Sachverständigengutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. (Gutachten vom 03.07.2003), von dem Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. (Gutachten vom 04.07.2003) und von dem Internisten Dr. E. (Gutachten vom 03.09.2003).

Dr. K. äußerte, nervenärztlicherseits lägen seit dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom April 1997 keine sozialmedizinisch relevanten Gesundheitsstörungen mehr vor.

Dr. L. stellte auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen fest:

1. Chronisches Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom leichter Prägung mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defekts.
2. Periarthropathie rechtes Schultergelenk ohne schmerzhaften Bogen.
3. Beginnende Rhizarthrose beidseits mit Linksbetonung bei Ausübbarkeit der Grob- und Feingrifformen.
4. Anamnestisch Coxalgien links bei Ausschluß einer Arthrose; Senk-Spreiz-Füße beidseits, Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel ohne gravierende Geh- und Stehminderung.
5. Kleiner Leistenbruch rechts.
6 Verdacht auf Osteoporose.

Aus internistischer Sicht diagnostizierte Dr. E.:

1. Stammvarikosis links, Rezidivvarikosis rechts, chronisch venöse Insuffizienz.
2. Verdacht auf chronisch obstruktive Bronchitis bei langjährigem Nikotinabusus.
3. Gefäßrisikofaktoren: a) Nikotinabusus, b) Adipositas Grad I, c) Hypercholesterinämie.
4. Beginnende Gefäßsklerose.
5. Nebenbefundlich: Harnwegsinfekt, Heberdenarthrosen.

Zusammenfassend führte Dr. E. aus, die Klägerin könne bei der unbedingt erforderlichen Möglichkeit zum Wechsel der Ausgangslage (Sitzen, Stehen, Gehen) unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses leichte Arbeiten vollschichtig (acht Stunden täglich), zeitweise auch mittelschwere Arbeiten verrichten; dabei sei das Heben oder Tragen schwerer Lasten ebensowenig zumutbar wie Akkordarbeit, Schichtarbeit, häufiges Bücken, häufige Überkopfarbeit, Tätigkeiten in Nässe oder Kälte, Tätigkeiten unter Exposition gegenüber vermehrtem Staubanfall, reizenden Gasen oder Dämpfen. Die Klägerin könne Fußwege von deutlich mehr als 500 Meter an einem Stück in angemessener Geschwindigkeit (höchstens 15 Minuten für 500 Meter) zurücklegen, um die Entfernungen zwischen Wohnung, öffentlichem Verkehrsmittel und Arbeitsplatz vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende zu überwinden. Sie könne sich auch noch auf eine neue Berufstätigkeit umstellen.

Die in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 18.03.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr aufgrund ihres Antrags vom 22.04.1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - eine Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 18.03.2002 ist nicht zu beanstanden, weil die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der Anspruch der Klägerin auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 an den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) zu messen, da geltend gemacht ist, dass dieser Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht, vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI. Für den Anspruch der Klägerin sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit sinngemäß auch (hilfsweise) vorgetragen ist, dass jedenfalls ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seit einem Zeitpunkt nach dem 31.12.2000 gegeben sei, vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI a.F., weil sie ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom 22.04.1997 bis 31.12.2000 und im Übrigen auch noch bis jetzt nicht im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift berufsunfähig (gewesen) ist. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. sind nämlich nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4). Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit liegen bei der Klägerin nicht vor.

Das nach Satz 1 dieser Vorschrift zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ist bereits eingeschränkt. Sie kann aber bei der unbedingt erforderlichen Möglichkeit zum Wechsel der Ausgangslage (Sitzen, Stehen, Gehen) unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses leichte, zeitweise auch mittelschwere Arbeiten vollschichtig (acht Stunden täglich) verrichten; dabei ist das Heben oder Tragen schwerer Lasten ebensowenig zumutbar wie Akkordarbeit, Schichtarbeit, häufiges Bücken, häufige Überkopfarbeit, Tätigkeiten in Nässe oder Kälte, Tätigkeiten unter Exposition gegenüber vermehrtem Staubanfall, reizenden Gasen oder Dämpfen. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte liegen nicht vor, weil die Klägerin die durchschnittlich erforderlichen Fußwege zurücklegen kann (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10). Sie kann sich auch noch auf eine neue Berufstätigkeit umstellen.

Dieses berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ergibt sich vor allem aus den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. , des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. und des Internisten Dr. E. , durch die das im Verwaltungsverfahren erholte Gutachten des Dr. B. in seinen wesentlichen Ergebnissen bestätigt worden ist.

Bei der Klägerin liegen folgende wesentlichen Gesundheitsstörungen vor:

1. Chronisches Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom leichter Prägung mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defekts.
2. Periarthropathie rechtes Schultergelenk ohne schmerzhaften Bogen.
3. Beginnende Rhizarthrose beidseits mit Linksbetonung bei Ausübbarkeit der Grob- und Feingrifformen.
4. Anamnestisch Coxalgien links bei Ausschluß einer Arthrose; Senk-Spreiz-Füße beidseits, Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel ohne gravierende Geh- und Stehminderung.
5. Kleiner Leistenbruch rechts.
6. Verdacht auf Osteoporose.
7. Stammvarikosis links, Rezidivvarikosis rechts, chronisch venöse Insuffizienz.
8. Verdacht auf chronisch obstruktive Bronchitis bei langjährigem Nikotinabusus.
9. Gefäßrisikofaktoren: a) Nikotinabusus, b) Adipositas Grad I, c) Hypercholesterinämie.
10. Beginnende Gefäßsklerose.
11. Nebenbefundlich: Harnwegsinfekt, Heberdenarthrosen.

Hierdurch wird das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin nur - wie oben dargestellt - qualitativ, nicht jedoch quantitativ eingeschränkt.

Nach dem beruflichen Leistungsvermögen ist weiterer Ausgangspunkt für die Feststellung der Berufsunfähigkeit der Hauptberuf des Versicherten. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen (vgl. KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr. 21 ff. mit weiteren Nachweisen). Der maßgeblicher Hauptberuf ist vorliegend nicht mehr feststellbar, weil die Fa. L. erloschen ist und die Klägerin keine Zeugen hat benennen können, auch keine sonstigen Unterlagen beigebracht hat, die über ihre damalige Berufstätigkeit hätten Aufschluß geben können.

Auch wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass sie ihren maßgeblichen Beruf nicht mehr ausüben kann, ist sie aber dennoch nicht berufsunfähig. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann; vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 1246 Nr.138).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als 2 Jahren), des ange1ernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu 2 Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 138 und 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht auschließ1ich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbi1dung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 27 und 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Klägerin der Gruppe mit dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters (keine Anlernzeit oder eine solche von weniger als 3 Monaten, Arg. BSG-Urteil vom 29.03.1994 - 13 RJ 35/93 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45), zuzuordnen. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass der maßgebliche Beruf der Klägerin vom Gericht nicht mehr festgestellt werden konnte. Nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast muss nämlich derjenige, der sich auf eine ihm günstige Tatsache beruft, den Nachteil davon tragen, wenn sich diese nicht feststellen lässt.

Als ungelernter Arbeiterin sind der Klägerin alle Berufstätigkeiten sozial zumutbar, denen sie körperlich, geistig und seelisch gewachsen ist. Der Benennung eines konkreten Verweisungsberufs bedarf es grundsätzlich nicht. Auch liegt bei der Klägerin weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auch bei einer Versicherten erforderlich machen würde, die der Gruppe mit dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen ist. Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist; dementsprechend bestimmt § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI a.F., dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. zum Vorstehenden zusammenfassend den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).

Die Klägerin, die keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, hat erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß der Vorschrift des bis 31.12.2000 geltenden § 44 Abs. 1 SGB VI, weil sie die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift nicht erfüllt. Nach § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI sind solche Versicherte nicht erwerbsunfähig, die - wie die Klägerin - (irgend)eine Berufstätigkeit noch vollschichtig ausüben können; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach den §§ 43, 240 SGB VI n.F. hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie bisher - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn eine Versicherte - wie die Klägerin - einen zumutbaren anderen Beruf als den bisherigen (sogar noch) vollschichtig ausüben kann.

Daß die Klägerin nach dem Recht ihres Herkunftslandes Anspruch auf Invalidenrente hat, führt nicht zwingend dazu, dass sie auch in der Bundesrepublik Deutschland Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen könnte. Der Anspruch auf eine deutsche Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung ist nämlich unabhängig davon allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den hiesigen sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 18.03.2002 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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