L 17 U 314/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 U 223/01 KO
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 314/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 18.07.2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger 1/4 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung der Kosten des Verwaltungsverfahrens streitig.

Auf Grund des Arbeitsunfalles vom 21.06.1996 erhielt der am 15.03.1938 geborene Kläger nach Einholung eines Gutachtens des Prof. Dr.F. vom 20.03.1997 mit Bescheid vom 12.05.1997 vorläufige Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 08.01.1997 (fest verheilter Bruch des linken Fersenbeins). Nach Veranlassung eines weiteren Gutachtens des Prof. Dr.F. vom 29.01.1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 11.02.1998 mit, dass sie beabsichtige, die Verletztenrente ab April 1998 zu entziehen.

Die Rechtsanwälte H. & Co. zeigten am 19.02.1998 der Beklagten unter Ausführungen zur Sache an, dass sie den Kläger anwaltschaftlich vertreten.

Mit Bescheid vom 11.03.1998 entzog die Beklagte die Verletztenrente ab 01.04.1998 wegen wesentlicher Besserung der zugrunde liegenden Verhältnisse.

Den hiergegen - ohne nähere Begründung - eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 02.06.1998 zurück.

Mit der Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) (S 11 U 253/90) beantragte der Bevollmächtigte des Klägers, den Entziehungsbescheid aufzuheben. Er teilte am 10.03.1999 mit, dass die Rechtsanwälte H. und G. den Kläger nun ausschließlich vertreten.

Nach Einholung eines Gutachtens des Dr.C. vom 11.07.1999 gab die Beklagte ein Vergleichsangebot dahingehend ab, dass - unter Ablehnung einer Rente auf unbestimmte Zeit - vorläufige Rente nach einer MdE von 20 v.H. für die Zeit vom 01.04.1998 bis 20.06.1999 gewährt werde. In der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2000 nahm die Klägerseite das "Anerkenntnis" der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit für beendet.

Mit Schreiben vom 04.02.2000 stellte sie den Antrag, über die Gewährung einer Dauerrente zu entscheiden.

Antrag auf Kostenerstattung (Mittelgebühr für außergerichtliche Tätigkeit, 50 %ige Erhöhung der Mittelgebühr für SG-Tätigkeit) stellte der Klägerbevollmächtigte am 24.02.2000. Eine Erhöhung der Mittelgebühr sei gerechtfertigt auf Grund des umfangreichen Gutachtens des Dr.C. sowie der damit verbundenen Auseinandersetzungen mit dem früheren Gutachter Prof. Dr.F ... Die Beklagte teilte mit, dass die Kosten des Widerspruchs- und Klageverfahrens in Höhe der Mittelgebühr ersetzt werden. Im Übrigen bestehe kein Grund über eine Rente auf unbestimmte Zeit zu entscheiden, da die Klägerseite das Vergleichsangebot vom 27.08.1999 angenommen habe.

Mit Beschluss vom 30.05.2000 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten mit 2.017,10 DM fest. Sie ging dabei für das Klageverfahren von der Mittelgebühr aus. Hiergegen legte der Klägerbevollmächtigte Erinnerung ein.

Am 18.07.2000 erhob der Klägerbevollmächtigte Klage auf Gewährung einer Dauerrente ab 21.06.1999 (im Sinne einer Untätigkeitsklage) (S 5 U 189/00). Die Beklagte wies darauf hin, dass im angenommenen Vergleichsangebot vom 27.08.1999 eine Rente auf unbestimmte Zeit abgelehnt worden sei.

Im Erörterungstermin des SG Würzburg vom 21.12.2000 schlossen die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass die Beklagte über die Gewährung einer Dauerrente ab 21.06.1999 einen rechtkraftsfähigen Bescheid erlassen und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen werde.

Der Klägerbevollmächtigte versandt am 28.12.2000 eine Kostennote, in der er von der Höchstgebühr ausging. Nachdem es sich um eine Untätigkeitsklage gehandelt habe, sei zwar das übliche Widerspruchsverfahren nicht durchgeführt worden. Dennoch sei für die vorgerichtliche Tätigkeit eine Gebühr entstanden, die zu entschädigen sei. Die Beklagte erwiderte, dass Kosten für ein Widerspruchsverfahren nicht zu erstatten seien. Allenfalls komme die Erstattung der Mittelgebühr für das Klageverfahren in Betracht. Bei einer Untätigkeitsklage nach § 88 SGG bedürfe es keines Vorverfahrens.

Mit Bescheid vom 11.06.2001 bekräftigte die Beklagte nochmals, dass notwendige Auslagen im Verwaltungsverfahren nicht erstattet werden. Die Klage vom Juli 2000 sei in Form einer Untätigkeitsklage - ohne Vorverfahren - erhoben worden.

Mit der Klage zum SG Würzburg hat der Klägerbevollmächtigte beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.06.2001 zu verpflichten, die Kosten des Verwaltungsverfahrens zu erstatten. Er hat ausgeführt, es komme auf die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht an. Entscheidend sei allein, ob eine vorgerichtliche Tätigkeit vorliege oder nicht. Dem Kläger seien jedenfalls außergerichtliche Kosten entstanden, die die Beklagte zu ersetzen habe.

Die Beklagte hat erwidert, dass sie sich im gerichtlichen Vergleich bereit erklärt habe, die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Dies habe nur die entstandenen gesetzlichen Kosten beinhaltet. Ein Widerspruchsverfahren habe aber gerade nicht stattgefunden.

Mit Urteil vom 18.07.2002 hat das SG Würzburg die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass § 63 SGB X eine Kostenerstattung nur für das Widerspruchs-, nicht jedoch für das Verwaltungsverfahren, das dem Widerspruchsverfahren vorausgehe, vorsehe. Gebühren und Auslagen für letzteres seien nicht erstattungsfähig. § 63 SGB X sei auch nicht analog anwendbar. Die Berufung sei unzulässig.

Hiergegen hat die Klägerseite Nichtzulassungsbeschwerde beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt und beantragt, die Berufung zuzulassen. Es treffe nicht zu, dass die von der Klägerseite geforderte Geldleistung (außergerichtliche Kosten) die Berufungssumme von 1.000,00 DM nicht erreiche. In Wirklichkeit liege die geforderte Geldleistung unter Berücksichtigung der Auslagenpauschale und der Mehrwertsteuer über 1.000,00 DM.

Zusätzlich hat der Kläger beantragt, die Kosten des Verwaltungsverfahrens, das dem Rechtsstreit zwischen den Parteien vor dem SG Würzburg vorausgegangen war, zu erstatten. Die Beklagte habe sich verpflichtet, die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu tragen.

Die Beklagte hat entgegnet, der Kläger verkenne, dass weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck mit dem Vergleich eine Kostentragung vereinbart werden sollte, die über die rechtliche Regelung zu Art und Höhe der zu tragenden Kosten hinausgehe. Die vereinbarte Regelung betreffe ausschließlich die Kosten des Rechtsstreits, nicht aber des Verwaltungsverfahrens. Hierfür fehle es an einer rechtlichen Grundlage.

In der mündlichen Verhandlung vom 23.06.2003, in der die Streitsachen L 17/U 314/02 NZB und 315/02 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden, haben sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt, dass der Berichterstatter in der Sache als Einzelrichter entscheidet.

Der Berichterstatter hat dann folgenden Beschluss verkündet:

Auf die Beschwerde des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 18.07.2002 zugelassen (§ 145 Abs.4 Satz 2 und 3 i.V.m. § 155 Abs.3 und 4 SGG). Das Beschwerdeverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt (§ 145 Abs.5 SGG).

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Würzburg vom 18.07.2002 und des Bescheids vom 11.06.2001 zu verurteilen, dem Kläger die Kosten des Verwaltungsverfahrens, das dem Rechtsstreit zwischen den Parteien vor dem SG Würzburg mit dem Aktenzeichen S 5 U 189/00 vorausging, zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Würzburg vom 18.07.2002 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird ergänzend auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Das Urteil des SG Würzburg vom 18.07.2002 ist nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Verwaltungsverfahrens hat.

Der Berichterstatter hat auf die Beschwerde des Klägers die Berufung gegen das Urteil des SG Würzburg vom 18.07.2002 zugelassen. Das Beschwerdeverfahren ist deshalb als Berufungsverfahren fortgesetzt worden.

Nach § 63 Abs.1 SGB X werden dem erfolgreichen Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen erstattet. Da der Kläger im Juli 2000 Untätigkeitsklage wegen Nichtverbescheidung eines Antrags auf Gewährung einer Verletztenrente auf Dauer erhoben hatte, konnte ein Vorverfahren nicht durchgeführt werden. Der Kläger macht deshalb Kosten aus dem allgemeinen Verwaltungsverfahren gegenüber der Beklagten geltend.

Gebühren und Auslagen für ein dem Vorverfahren vorausgegangenes Verwaltungsverfahren sind aber nicht erstattungsfähig. Eine gesetzliche Regelung über die Erstattung der Kosten, die dem Kläger durch eine Vertretung während des Verwaltungsverfahrens bis zur Erteilung des Verwaltungsaktes entstanden sind, kennt das Sozialrecht nicht (BSG vom 20.04.1983 - 5 aRKn 1/82 -; Dahm in BG 1999, 366). § 63 SGB X ist auch nicht entsprechend anwendbar (Schröder/Prinzen u.a. SGB X, 3.Aufl., § 63 Rd.Nr.4; Meyer-Ladewig, SGG, 7.Aufl., § 193 Rd.Nr.6).

Es besteht auch keine Verpflichtung, die Kosten des Verwaltungsverfahrens auf Grund des Vergleiches vom 21.12.2000 zu erstatten. Dort wurde lediglich auf notwendige außergerichtliche Kosten des Klägers hingewiesen. Dies sind die Kosten im Sinne des § 193 Abs.2 SGG, zu denen auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens zählen, wenn keine isolierte Kostenentscheidung ergangen ist. Anwaltliche Kosten in dem dem Widerspruchsverfahren vorausgegangenen Verwaltungsverfahren, das eben kein Vorverfahren im Sinne des Gesetzes darstellt, gehören nicht dazu. Aus dem Vergleich ist nicht ersichtlich, dass über die gesetzliche Regelung hinausgegangen werden sollte. Außergerichtliche Kosten beziehen sich nur auf den erledigten Rechtsstreit oder auf das Widerspruchsverfahren (Meyer-Ladewig a.a.O. § 193 Rd.Nr.5).

Das Urteil des SG Würzburg ist daher in der Sache nicht zu beanstanden. Die Berufung ist als unbegründet zurückzuweisen.

Wegen der Kostenentscheidung wird - unter Berücksichtigung der erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde - auf § 193 SGG Bezug genommen. Die Entscheidung in der Hauptsache umfasst auch die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde (BSG v. 01.12.1988 - SozR 1500 § 193 SGG Nr. 7).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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