Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 4 KR 31/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 KR 36/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Juni 2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von über 226,28 EUR hinausgehenden Kosten für das von ihm zunächst selbst bezahlte Arzneimittel "Viagra".
Der im Jahre 1945 geborene Kläger leidet seit vielen Jahren an einem chronischen Zervikalsyndrom, seit 1983 an arterieller Hypertonie, seit 1996 an Hypercholesterinämie und seit 1997 an insulinpflichtigem Diabetes mellitus Typ II b. Seit Juli 1997 befindet er sich wegen erektiver Dysfunktion - ED - in urologischer Behandlung bei Dr. D. in F. (O.). Dieser Arzt ist der Auffassung, die ED sei organischen Ursprungs, nämlich bedingt durch den Diabetes mellitus und die Hypertonie. Diese Auffassung des behandelnden Arztes teilte der MDK (Dipl.-Med. S. im Vermerk vom 20. April 2000). Dr. D. behandelte die ED erfolgreich mit "Viagra". Den Antrag des Klägers am 27. Dezember 1999, die Kosten für dieses Medikament zu übernehmen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Juni 2000 ab. An diesem Tage war das am 08. Juni 2000 ausgestellte Privatrezept des Dr. D. über acht Tabletten "Viagra" 100 mg und die Quittung über den Kauf in Höhe von 215,20 DM bei ihr eingegangen. Sie begründete dies damit, die Behandlungsmethode sei nicht ausreichend erprobt, so dass eine Kostenübernahme nicht erfolgen dürfe.
Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2000 zurück und verwies hierbei auf Abschnitt F Ziffer 17.1 (1) f. der Arzneimittelrichtlinien in der Fassung vom 03. August 1998 (Bundesanzeiger Nr. 182), wonach Mittel zur Behandlung der ED und Mittel, die der Anreizung und Steigerung der sexuellen Potenz dienen, nicht zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden dürften. Auch wenn "Viagra" im Falle des Klägers zur Behandlung von ED diene, so sei es doch ein Mittel, das auch zur Steigerung der sexuellen Potenz diene und daher nicht verordnungsfähig sei. Die Richtlinie sei ausdrücklich neu gefasst worden, um "Viagra" von der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung auszuschließen.
Gegen diesen am 27. Oktober 2001 abgesandten Bescheid hat der Kläger am 23. November 2000 Klage beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhoben und vorgetragen, nach den §§ 27, 31 und 34 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) könne das Medikament nicht vollständig von der Kostenübernahme durch die Gesetzliche Krankenversicherung ausgenommen werden, so dass der Ausschuss durch die Arzneimittelrichtlinie, die eine untergesetzliche Norm sei, rechtswidrig sei.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagte vom 15. Juni 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die nachgewiesenen Kosten für die Selbstbeschaffung des Arzneimittels "Viagra" für den Zeitraum vom 02. Oktober 2000 bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu erstatten, soweit die Kosten den Betrag von 226,28 EUR übersteigen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat dargelegt, sie bestreite nicht, dass die ED eine behandlungsbedürftige Krankheit gemäß § 27 SGB V sei, die Behandlung mit "Viagra" entspreche jedoch nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot der §§ 12 ff. SGB V. Es sei nicht geprüft worden, ob eine Hilfsmittelversorgung mit einem Erektionsring oder einer Vakuumpumpe in Frage käme.
Das Sozialgericht hat medizinischen Beweis erhoben und Befundberichte des behandelnden Urologen Dr. D. und der Allgemeinmedizinerin Dr. W. eingeholt. Auch diese Ärztin hat die Auffassung vertreten, die zunehmenden Erektionsstörungen seien Folgeschäden des Diabetes. Sodann hat das Sozialgericht mit Beweisanordnung vom 11. September 2002 den Urologen Dipl.-Med. R. in E. zum Sachverständigen ernannt. Der Sachverständige gelangt in dem am 18. April 2003 erstatteten Gutachten zu der Auffassung, die Ursache der ED dürfte in der Summe der Diagnosen, die insbesondere der Hypertonie, der Hypercholesterinämie und des Diabetes mellitus Typ II b, mit den daraus resultierenden Medikamenten bestehen. Diese ED sei im Rahmen eines Lebensqualitätsanspruchs behandlungsbedürftig und aufgrund der Adipositas des Klägers und des eingeschränkten Handlings bei grenzwertiger Organgröße sei eine medikamentöse Therapie am aussichtsreichsten. Zuvor seien alle gängigen Methoden, wie Skat, Vakuumpumpe, MUSE und verschiedene Medikamente, versucht worden. Die Anwendung einer Vakuumpumpe sei bei leichter suprasymphysrer Fettschürze (Penis im Stehen erschwert einsehbar) und etwas "eingegrabenem Penis" beim Kläger wenig effektiv und damit die Verordnung auch wirtschaftlich kaum sinnvoll. Daher sei die Nichtakzeptanz des Pumpenhandlings auch urologisch nachvollziehbar. Die Skattherapie sei ohne ausreichenden Erfolg versucht worden. Auch hier gälten ähnliche "Erschwernisgründe" wie bei der Vakuumpumpe. Zu beachten seien auch die von der behandelnden Allgemeinmedizinerin W. mitgeteilten depressiven Episoden. Die orale medikamentöse Therapie scheine, wie bereits vom behandelnden Urologen herausgearbeitet, den besten Effekt zu erzielen.
Mit Urteil vom 27. Juni 2003 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, die dem Kläger entstandenen nachgewiesenen Kosten für die Selbstbeschaffung des Präparats "Viagra" aufgrund der im Zeitraum vom 02. Oktober 2000 bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ergangenen ärztlichen Verordnungen hierüber zu erstatten, soweit 226,28 EUR überschritten werden.
Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, ED gehöre zu den behandlungsbedürftigen Krankheiten, der Kläger habe als Versicherter gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, zu denen auch "Viagra" gehöre. Weder durch § 34 SGB V noch durch § 33 a SGB V sei dies ausgeschlossen, zu letzterem sei eine entsprechende Verordnung noch nicht ergangen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Verordnung indiziert sei, da erhebliche Zweifel an der Geeignetheit der Pumpe bestünden. Gegen die behandlungsbedürftige und bei der Beklagte versicherte Erkrankung ED sei das verordnete Arzneimittel wirksam und die Ausschlussregelung der Ziffer 17.1 f. der Arzneimittelrichtlinie verbiete sich bei einer der Ermächtigungsnorm konformen Auslegung. Der behandelnde Arzt hätte daher anstelle des Privatrezepts ein Kassenrezept ausstellen müssen, dies könne jedoch nicht dazu führen, dass der Kläger nunmehr die Kosten für die Privatrezepte nicht erstattet bekomme. Bei der Verweigerung der Sachleistung, wie sie der Kläger beantragt habe, handele es sich daher um einen Fall des Systemversagens der Gesetzlichen Krankenversicherung, da der Kläger deshalb gezwungen gewesen sei, sich die ihm von der Beklagten als Sachleistung geschuldete Versorgung mit Arzneimitteln über den Weg eines Privatrezepts zu beschaffen. Die Anwendung des von der Beklagten als Alternative dargelegten Hilfsmittels Vakuumpumpe scheide dann aus, wenn es erheblich aufwendiger ist und den Versicherten in seiner Selbstbestimmung wesentlich stärker beeinträchtige und in der Anwendung selbst belaste als die Einnahme eines apothekenpflichtigen Arzneimittels. In solchen Fällen könne nicht allein aus Kostengründen auf die Hilfsmittelversorgung verwiesen werden. Den von der Beklagten dargelegten Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit könne - etwa durch eine Kostenbegrenzung oder einen höheren Eigenanteil der Versicherten - Rechnung getragen werden. Auch eine solche Kostenbegrenzung jedoch sei unterlassen worden und die unterlassene Überarbeitung der Arzneimittelrichtlinie mit dem ausnahmslosen Ausschluss von "Viagra" stelle insofern ein Systemversagen dar. Daher liege ein Fall des § 13 Abs. 3 2. Alternative SGB V vor, da die Krankenkasse eine zustehende Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Allerdings gelte dies nicht für das Privatrezept vom 08. Juni 2000, da der Kläger bei dessen Einlösung die Entscheidung der Beklagten vom 15. Juni 2000 noch nicht gekannt habe.
Gegen dieses der Beklagten am 21. Juli 2003 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 25. Juli 2003, die sie nicht begründet hat.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Juni 2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten zum hier streitigen Sachverhalt verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet: Der Kläger hat, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, einen Anspruch auf Versorgung mit dem Arzneimittel "Viagra" als Sachleistung durch die Beklagte, so dass, nachdem diese ihm dies rechtswidrig verweigert hatte, sie die Kosten der selbstbeschafften Medikamente zu erstatten hat.
Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative SGB V. Danach sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung von der Krankenkasse zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war und die Krankenkasse sie zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Weigerung der Beklagten, dem Kläger die begehrte Kostenübernahme für "Viagra" zuzusagen, war auch ab 15. Juni 2000 ursächlich für die Selbstbeschaffung dieses Medikaments durch den Kläger, so dass die dadurch entstandenen Kosten nach dem 15. Juni 2000 zu erstatten sind; diese Kosten sind erst nach Ablehnung durch die Krankenkassen entstanden (BSG vom 15. April 1997 in NZS 97, 569). Der Kläger hat sich vor der Therapieentscheidung in zumutbarem Umfang um die Gewährung der Behandlung als Sachleistung bemüht.
Die Leistung "Sachmittelbezug von ‚Viagra‘" ist zu Unrecht abgelehnt worden, da ein Rechtsanspruch des Klägers hierauf besteht.
Gemäß § 27 Abs. 1 Ziffer 3 in Verbindung mit § 31 SGB V hat der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Zu diesen gehört - wie zwischen den Beteiligten unstreitig - das für ED zugelassene Medikament "Viagra". Dass die ED eine Erkrankung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V darstellt, wird mittlerweile, insbesondere nach dem Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30. September 1999, B 8 KN 9/98 KR/R, auch von der Beklagten anerkannt. Ein derartiges Leiden liegt beim Kläger, wie sich aus den Diagnosen der behandelnden Ärzte und aus dem Gutachten des Sachverständigen R. ergibt, vor. Dies wird von der Beklagten auch nicht bestritten. Die Wirksamkeit des Medikaments beim Kläger ergibt sich - ebenso wie die mangelnde Geeignetheit der Vakuumpumpe in seinem Fall - ebenfalls aus den Darlegungen des Sachverständigen R., an denen zu zweifeln keine Veranlassung besteht. Demgegenüber, nämlich dass eine behandlungsbedürftige und in den Leistungsbereich der Beklagten fallende Erkrankung vorliegt und dass diese wirksam mit einem zugelassenen Arzneimittel behandelt wird, das grundsätzlich zum Leistungsumfang der Beklagten zählt, kann diese sich nicht auf die Ausschlussregelung der Ziffer 17 f. 1 der Arzneimittelrichtlinie berufen. Der Senat folgt insofern der Auffassung des BSG (a. a. O.), wonach ungeachtet der Diskussion über die Rechtsnatur dieser Richtlinien auch der vorliegende Fall bereits vom Wortlaut nicht erfasst wird.
Wenn die Richtlinien Mittel ausschließen, bei denen der sexuelle Anreiz und die Steigerung der sexuellen Potenz Ziel der Behandlung sind, so trifft dies auf den Fall des Klägers nicht zu. Bei ihm geht es vielmehr darum, die nicht mehr vorhandene Erektionsfähigkeit bei bestehender Libido wiederherzustellen, so dass der Ausschlussgrund nicht vorliegt. Im Übrigen ermächtigt § 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V nicht dazu, im Rahmen der AMRL die Behandlung bestimmter Krankheiten oder Krankheitssymptome zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung gänzlich auszuschließen (BSG, a. a. O.).
Das SG hat zutreffend entschieden, dass dem Anspruch des Klägers auf Kostenübernahme von Viagra auch nicht die Regelung der Nr. 17.1 Buchstabe f der auf der Grundlage des § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V geschlossenen AMRL in der ab 30. September 1998 geltenden Fassung des Beschlusses des BA vom 03. August 1998, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 03. Juli 2000, Bundesanzeiger Nr. 179 S. 18864, entgegensteht. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Stuttgart (Urteil vom 31. August 2001 - L 4 KR 4350/00) an, wenn dieses ausführt:
"Der BA war nicht berechtigt, unterschiedslos und ohne eine Differenzierung jegliche notwendige Behandlung einer erektilen Dysfunktion mit Arzneimitteln, also auch mittels Viagra, auszuschließen. Die Rechtfertigung für die weitgehende Beschlussregelung in den AMRI lässt sich nicht damit begründen, dass sich der Beigeladene, wie er selbst vorträgt, nicht in der Lage gesehen hat, eine differenzierte Lösung des von ihm bei der Viagra-Medikation in den Vordergrund gerückten Problems der Wirtschaftlichkeit ärztlicher Verordnung zu finden. Auch das BSG hat - entgegen der Ansicht des Beigeladenen - unter eingehender Würdigung der vom SG gleichfalls beigezogenen Materialien zum Beschluss des BA vom 03. August 1998 entschieden, dass dem BA die von ihm beanspruchte Kompetenz für den generellen Ausschluss der Behandlung einer erektilen Dysfunktion mittels Arzneimitteln gefehlt hat. Es obliegt nämlich danach derzeit nur dem Gesetzgeber zu entscheiden, ob er die Behandlung von Gesundheitsstörungen, die nach der herkömmlichen Begriffsbestimmung als "Krankheit" im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V zu verstehen sind, auf Kosten der solidarisch haftenden Versichertengemeinschaft deshalb untersagen will, weil die Wirtschaftlichkeit der Verordnung nicht überprüfbar ist. Damit hätte es auch bezüglich Viagra dem Gesetzgeber oblegen, die finanziellen Auswirkungen der Verordnung von Viagra bei Vorliegen einer erektilen Dysfunktion als Sachleistung, denen hier aufgrund des Vortrags des Klägers und des Beigeladenen nicht weiter nachzugehen war, ins Blickfeld zu nehmen. Dieser Ansicht hat sich im Übrigen auch das SG Lüneburg in den rechtskräftig gewordenen Urteilen vom 28. Februar 2000 (S 9 KR 94/99 und S 9 KR 77/99) angeschlossen, wobei die Rechtskraft des zuletzt genannten Urteils eingetreten ist, nachdem die dortige Beklagte die beim BSG unter dem Aktenzeichen B 1 KR 19/00 R anhängig gewesene Revision zurückgenommen hat. Der Senat vermag auch der Ansicht der BA, die von ihm beanspruchte Kompetenz, Viagra als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung auszuschließen, nicht etwa daraus herzuleiten, dass der Text des § 31 Abs. 1 SGB V durch das Gesetz vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626) geändert worden ist. § 31 Abs. 1 SGB V in der bis zur Neufassung durch das Gesetz vom 22. Dezember 1999 maßgebenden Fassung lautet: Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht durch § 34 SGB V ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandsmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Durch das Gesetz vom 22. Dezember 1999 erhielt Abs. 1 der genannten Vorschrift zwar folgende Fassung: Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel in der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähig sind, und auf Versorgung mit Verbandsmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der BA hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondernahrung ausnahmsweise in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen werden. Damit soll klargestellt werden, dass nach In-Kraft-Treten der Neuregelung nach § 33 a SGB V grundsätzlich nur noch die in dieser Rechtsverordnung enthaltenen Arzneimittel zu Lasten der GKV verordnet werden dürfen (vgl. BT-Drucksache 14/1245 S. 34 b zu Nr. 17 [§ 31]). Aus dieser Gesetzesänderung vermag der Senat, abgesehen davon, dass die für das In-Kraft-Treten des § 31 Abs. 1 Satz 1 SB V n. F. maßgebende Verknüpfung der Rechtsverordnung zu § 33 a Abs. 1 SGB V bisher noch nicht erfolgt ist, nicht zu entnehmen, dass nunmehr der BA die Kompetenz hat, die Behandlung einer erektilen Dysfunktion mit Viagra auf Kosten der Versichertengemeinschaft deshalb generell zu untersagen, weil die Wirtschaftlichkeit der Verordnung nicht zu überprüfen sei."
Auch der erkennende Senat sieht angesichts dieser überzeugenden Ausführungen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg keine Gründe, nach denen die Entscheidung des BSG zur Skat-Therapie (B 8 KN 9/98 KR/R) nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar sein könnte.
Dem stehen auch nicht die von der Beklagten geltend gemachten Wirtschaftlichkeitserwägungen entgegen. Wenn die Beklagte "Missbrauch" dieses Medikaments durch unwirtschaftliche Anwendung verhindern will, so kann sie dies, wie vom Sozialgericht zutreffend erkannt, durch Zuzahlungsregelung, unter Umständen sozial gestaffelt, durch Mengenbegrenzungen oder durch die Begrenzung einer bestimmten Höchstanzahl von Verschreibungen für einen bestimmten Zeitraum regeln. Dass die Beklagte dies nicht getan hat, sondern statt dessen einen vollständigen Ausschluss vornehmen will, kann dem Kläger nicht entgegengehalten werden. Für eine etwaige unwirtschaftliche Inanspruchnahme trägt nämlich bei diesem Sachverhalt nicht der Kläger, sondern die Beklagte die Verantwortung.
Die Berufung der Beklagten war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von über 226,28 EUR hinausgehenden Kosten für das von ihm zunächst selbst bezahlte Arzneimittel "Viagra".
Der im Jahre 1945 geborene Kläger leidet seit vielen Jahren an einem chronischen Zervikalsyndrom, seit 1983 an arterieller Hypertonie, seit 1996 an Hypercholesterinämie und seit 1997 an insulinpflichtigem Diabetes mellitus Typ II b. Seit Juli 1997 befindet er sich wegen erektiver Dysfunktion - ED - in urologischer Behandlung bei Dr. D. in F. (O.). Dieser Arzt ist der Auffassung, die ED sei organischen Ursprungs, nämlich bedingt durch den Diabetes mellitus und die Hypertonie. Diese Auffassung des behandelnden Arztes teilte der MDK (Dipl.-Med. S. im Vermerk vom 20. April 2000). Dr. D. behandelte die ED erfolgreich mit "Viagra". Den Antrag des Klägers am 27. Dezember 1999, die Kosten für dieses Medikament zu übernehmen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Juni 2000 ab. An diesem Tage war das am 08. Juni 2000 ausgestellte Privatrezept des Dr. D. über acht Tabletten "Viagra" 100 mg und die Quittung über den Kauf in Höhe von 215,20 DM bei ihr eingegangen. Sie begründete dies damit, die Behandlungsmethode sei nicht ausreichend erprobt, so dass eine Kostenübernahme nicht erfolgen dürfe.
Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2000 zurück und verwies hierbei auf Abschnitt F Ziffer 17.1 (1) f. der Arzneimittelrichtlinien in der Fassung vom 03. August 1998 (Bundesanzeiger Nr. 182), wonach Mittel zur Behandlung der ED und Mittel, die der Anreizung und Steigerung der sexuellen Potenz dienen, nicht zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden dürften. Auch wenn "Viagra" im Falle des Klägers zur Behandlung von ED diene, so sei es doch ein Mittel, das auch zur Steigerung der sexuellen Potenz diene und daher nicht verordnungsfähig sei. Die Richtlinie sei ausdrücklich neu gefasst worden, um "Viagra" von der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung auszuschließen.
Gegen diesen am 27. Oktober 2001 abgesandten Bescheid hat der Kläger am 23. November 2000 Klage beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhoben und vorgetragen, nach den §§ 27, 31 und 34 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) könne das Medikament nicht vollständig von der Kostenübernahme durch die Gesetzliche Krankenversicherung ausgenommen werden, so dass der Ausschuss durch die Arzneimittelrichtlinie, die eine untergesetzliche Norm sei, rechtswidrig sei.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagte vom 15. Juni 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die nachgewiesenen Kosten für die Selbstbeschaffung des Arzneimittels "Viagra" für den Zeitraum vom 02. Oktober 2000 bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu erstatten, soweit die Kosten den Betrag von 226,28 EUR übersteigen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat dargelegt, sie bestreite nicht, dass die ED eine behandlungsbedürftige Krankheit gemäß § 27 SGB V sei, die Behandlung mit "Viagra" entspreche jedoch nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot der §§ 12 ff. SGB V. Es sei nicht geprüft worden, ob eine Hilfsmittelversorgung mit einem Erektionsring oder einer Vakuumpumpe in Frage käme.
Das Sozialgericht hat medizinischen Beweis erhoben und Befundberichte des behandelnden Urologen Dr. D. und der Allgemeinmedizinerin Dr. W. eingeholt. Auch diese Ärztin hat die Auffassung vertreten, die zunehmenden Erektionsstörungen seien Folgeschäden des Diabetes. Sodann hat das Sozialgericht mit Beweisanordnung vom 11. September 2002 den Urologen Dipl.-Med. R. in E. zum Sachverständigen ernannt. Der Sachverständige gelangt in dem am 18. April 2003 erstatteten Gutachten zu der Auffassung, die Ursache der ED dürfte in der Summe der Diagnosen, die insbesondere der Hypertonie, der Hypercholesterinämie und des Diabetes mellitus Typ II b, mit den daraus resultierenden Medikamenten bestehen. Diese ED sei im Rahmen eines Lebensqualitätsanspruchs behandlungsbedürftig und aufgrund der Adipositas des Klägers und des eingeschränkten Handlings bei grenzwertiger Organgröße sei eine medikamentöse Therapie am aussichtsreichsten. Zuvor seien alle gängigen Methoden, wie Skat, Vakuumpumpe, MUSE und verschiedene Medikamente, versucht worden. Die Anwendung einer Vakuumpumpe sei bei leichter suprasymphysrer Fettschürze (Penis im Stehen erschwert einsehbar) und etwas "eingegrabenem Penis" beim Kläger wenig effektiv und damit die Verordnung auch wirtschaftlich kaum sinnvoll. Daher sei die Nichtakzeptanz des Pumpenhandlings auch urologisch nachvollziehbar. Die Skattherapie sei ohne ausreichenden Erfolg versucht worden. Auch hier gälten ähnliche "Erschwernisgründe" wie bei der Vakuumpumpe. Zu beachten seien auch die von der behandelnden Allgemeinmedizinerin W. mitgeteilten depressiven Episoden. Die orale medikamentöse Therapie scheine, wie bereits vom behandelnden Urologen herausgearbeitet, den besten Effekt zu erzielen.
Mit Urteil vom 27. Juni 2003 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, die dem Kläger entstandenen nachgewiesenen Kosten für die Selbstbeschaffung des Präparats "Viagra" aufgrund der im Zeitraum vom 02. Oktober 2000 bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ergangenen ärztlichen Verordnungen hierüber zu erstatten, soweit 226,28 EUR überschritten werden.
Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, ED gehöre zu den behandlungsbedürftigen Krankheiten, der Kläger habe als Versicherter gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, zu denen auch "Viagra" gehöre. Weder durch § 34 SGB V noch durch § 33 a SGB V sei dies ausgeschlossen, zu letzterem sei eine entsprechende Verordnung noch nicht ergangen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Verordnung indiziert sei, da erhebliche Zweifel an der Geeignetheit der Pumpe bestünden. Gegen die behandlungsbedürftige und bei der Beklagte versicherte Erkrankung ED sei das verordnete Arzneimittel wirksam und die Ausschlussregelung der Ziffer 17.1 f. der Arzneimittelrichtlinie verbiete sich bei einer der Ermächtigungsnorm konformen Auslegung. Der behandelnde Arzt hätte daher anstelle des Privatrezepts ein Kassenrezept ausstellen müssen, dies könne jedoch nicht dazu führen, dass der Kläger nunmehr die Kosten für die Privatrezepte nicht erstattet bekomme. Bei der Verweigerung der Sachleistung, wie sie der Kläger beantragt habe, handele es sich daher um einen Fall des Systemversagens der Gesetzlichen Krankenversicherung, da der Kläger deshalb gezwungen gewesen sei, sich die ihm von der Beklagten als Sachleistung geschuldete Versorgung mit Arzneimitteln über den Weg eines Privatrezepts zu beschaffen. Die Anwendung des von der Beklagten als Alternative dargelegten Hilfsmittels Vakuumpumpe scheide dann aus, wenn es erheblich aufwendiger ist und den Versicherten in seiner Selbstbestimmung wesentlich stärker beeinträchtige und in der Anwendung selbst belaste als die Einnahme eines apothekenpflichtigen Arzneimittels. In solchen Fällen könne nicht allein aus Kostengründen auf die Hilfsmittelversorgung verwiesen werden. Den von der Beklagten dargelegten Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit könne - etwa durch eine Kostenbegrenzung oder einen höheren Eigenanteil der Versicherten - Rechnung getragen werden. Auch eine solche Kostenbegrenzung jedoch sei unterlassen worden und die unterlassene Überarbeitung der Arzneimittelrichtlinie mit dem ausnahmslosen Ausschluss von "Viagra" stelle insofern ein Systemversagen dar. Daher liege ein Fall des § 13 Abs. 3 2. Alternative SGB V vor, da die Krankenkasse eine zustehende Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Allerdings gelte dies nicht für das Privatrezept vom 08. Juni 2000, da der Kläger bei dessen Einlösung die Entscheidung der Beklagten vom 15. Juni 2000 noch nicht gekannt habe.
Gegen dieses der Beklagten am 21. Juli 2003 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 25. Juli 2003, die sie nicht begründet hat.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Juni 2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten zum hier streitigen Sachverhalt verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet: Der Kläger hat, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, einen Anspruch auf Versorgung mit dem Arzneimittel "Viagra" als Sachleistung durch die Beklagte, so dass, nachdem diese ihm dies rechtswidrig verweigert hatte, sie die Kosten der selbstbeschafften Medikamente zu erstatten hat.
Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative SGB V. Danach sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung von der Krankenkasse zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war und die Krankenkasse sie zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Weigerung der Beklagten, dem Kläger die begehrte Kostenübernahme für "Viagra" zuzusagen, war auch ab 15. Juni 2000 ursächlich für die Selbstbeschaffung dieses Medikaments durch den Kläger, so dass die dadurch entstandenen Kosten nach dem 15. Juni 2000 zu erstatten sind; diese Kosten sind erst nach Ablehnung durch die Krankenkassen entstanden (BSG vom 15. April 1997 in NZS 97, 569). Der Kläger hat sich vor der Therapieentscheidung in zumutbarem Umfang um die Gewährung der Behandlung als Sachleistung bemüht.
Die Leistung "Sachmittelbezug von ‚Viagra‘" ist zu Unrecht abgelehnt worden, da ein Rechtsanspruch des Klägers hierauf besteht.
Gemäß § 27 Abs. 1 Ziffer 3 in Verbindung mit § 31 SGB V hat der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Zu diesen gehört - wie zwischen den Beteiligten unstreitig - das für ED zugelassene Medikament "Viagra". Dass die ED eine Erkrankung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V darstellt, wird mittlerweile, insbesondere nach dem Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30. September 1999, B 8 KN 9/98 KR/R, auch von der Beklagten anerkannt. Ein derartiges Leiden liegt beim Kläger, wie sich aus den Diagnosen der behandelnden Ärzte und aus dem Gutachten des Sachverständigen R. ergibt, vor. Dies wird von der Beklagten auch nicht bestritten. Die Wirksamkeit des Medikaments beim Kläger ergibt sich - ebenso wie die mangelnde Geeignetheit der Vakuumpumpe in seinem Fall - ebenfalls aus den Darlegungen des Sachverständigen R., an denen zu zweifeln keine Veranlassung besteht. Demgegenüber, nämlich dass eine behandlungsbedürftige und in den Leistungsbereich der Beklagten fallende Erkrankung vorliegt und dass diese wirksam mit einem zugelassenen Arzneimittel behandelt wird, das grundsätzlich zum Leistungsumfang der Beklagten zählt, kann diese sich nicht auf die Ausschlussregelung der Ziffer 17 f. 1 der Arzneimittelrichtlinie berufen. Der Senat folgt insofern der Auffassung des BSG (a. a. O.), wonach ungeachtet der Diskussion über die Rechtsnatur dieser Richtlinien auch der vorliegende Fall bereits vom Wortlaut nicht erfasst wird.
Wenn die Richtlinien Mittel ausschließen, bei denen der sexuelle Anreiz und die Steigerung der sexuellen Potenz Ziel der Behandlung sind, so trifft dies auf den Fall des Klägers nicht zu. Bei ihm geht es vielmehr darum, die nicht mehr vorhandene Erektionsfähigkeit bei bestehender Libido wiederherzustellen, so dass der Ausschlussgrund nicht vorliegt. Im Übrigen ermächtigt § 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V nicht dazu, im Rahmen der AMRL die Behandlung bestimmter Krankheiten oder Krankheitssymptome zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung gänzlich auszuschließen (BSG, a. a. O.).
Das SG hat zutreffend entschieden, dass dem Anspruch des Klägers auf Kostenübernahme von Viagra auch nicht die Regelung der Nr. 17.1 Buchstabe f der auf der Grundlage des § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V geschlossenen AMRL in der ab 30. September 1998 geltenden Fassung des Beschlusses des BA vom 03. August 1998, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 03. Juli 2000, Bundesanzeiger Nr. 179 S. 18864, entgegensteht. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Stuttgart (Urteil vom 31. August 2001 - L 4 KR 4350/00) an, wenn dieses ausführt:
"Der BA war nicht berechtigt, unterschiedslos und ohne eine Differenzierung jegliche notwendige Behandlung einer erektilen Dysfunktion mit Arzneimitteln, also auch mittels Viagra, auszuschließen. Die Rechtfertigung für die weitgehende Beschlussregelung in den AMRI lässt sich nicht damit begründen, dass sich der Beigeladene, wie er selbst vorträgt, nicht in der Lage gesehen hat, eine differenzierte Lösung des von ihm bei der Viagra-Medikation in den Vordergrund gerückten Problems der Wirtschaftlichkeit ärztlicher Verordnung zu finden. Auch das BSG hat - entgegen der Ansicht des Beigeladenen - unter eingehender Würdigung der vom SG gleichfalls beigezogenen Materialien zum Beschluss des BA vom 03. August 1998 entschieden, dass dem BA die von ihm beanspruchte Kompetenz für den generellen Ausschluss der Behandlung einer erektilen Dysfunktion mittels Arzneimitteln gefehlt hat. Es obliegt nämlich danach derzeit nur dem Gesetzgeber zu entscheiden, ob er die Behandlung von Gesundheitsstörungen, die nach der herkömmlichen Begriffsbestimmung als "Krankheit" im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V zu verstehen sind, auf Kosten der solidarisch haftenden Versichertengemeinschaft deshalb untersagen will, weil die Wirtschaftlichkeit der Verordnung nicht überprüfbar ist. Damit hätte es auch bezüglich Viagra dem Gesetzgeber oblegen, die finanziellen Auswirkungen der Verordnung von Viagra bei Vorliegen einer erektilen Dysfunktion als Sachleistung, denen hier aufgrund des Vortrags des Klägers und des Beigeladenen nicht weiter nachzugehen war, ins Blickfeld zu nehmen. Dieser Ansicht hat sich im Übrigen auch das SG Lüneburg in den rechtskräftig gewordenen Urteilen vom 28. Februar 2000 (S 9 KR 94/99 und S 9 KR 77/99) angeschlossen, wobei die Rechtskraft des zuletzt genannten Urteils eingetreten ist, nachdem die dortige Beklagte die beim BSG unter dem Aktenzeichen B 1 KR 19/00 R anhängig gewesene Revision zurückgenommen hat. Der Senat vermag auch der Ansicht der BA, die von ihm beanspruchte Kompetenz, Viagra als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung auszuschließen, nicht etwa daraus herzuleiten, dass der Text des § 31 Abs. 1 SGB V durch das Gesetz vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626) geändert worden ist. § 31 Abs. 1 SGB V in der bis zur Neufassung durch das Gesetz vom 22. Dezember 1999 maßgebenden Fassung lautet: Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht durch § 34 SGB V ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandsmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Durch das Gesetz vom 22. Dezember 1999 erhielt Abs. 1 der genannten Vorschrift zwar folgende Fassung: Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel in der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähig sind, und auf Versorgung mit Verbandsmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der BA hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondernahrung ausnahmsweise in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen werden. Damit soll klargestellt werden, dass nach In-Kraft-Treten der Neuregelung nach § 33 a SGB V grundsätzlich nur noch die in dieser Rechtsverordnung enthaltenen Arzneimittel zu Lasten der GKV verordnet werden dürfen (vgl. BT-Drucksache 14/1245 S. 34 b zu Nr. 17 [§ 31]). Aus dieser Gesetzesänderung vermag der Senat, abgesehen davon, dass die für das In-Kraft-Treten des § 31 Abs. 1 Satz 1 SB V n. F. maßgebende Verknüpfung der Rechtsverordnung zu § 33 a Abs. 1 SGB V bisher noch nicht erfolgt ist, nicht zu entnehmen, dass nunmehr der BA die Kompetenz hat, die Behandlung einer erektilen Dysfunktion mit Viagra auf Kosten der Versichertengemeinschaft deshalb generell zu untersagen, weil die Wirtschaftlichkeit der Verordnung nicht zu überprüfen sei."
Auch der erkennende Senat sieht angesichts dieser überzeugenden Ausführungen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg keine Gründe, nach denen die Entscheidung des BSG zur Skat-Therapie (B 8 KN 9/98 KR/R) nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar sein könnte.
Dem stehen auch nicht die von der Beklagten geltend gemachten Wirtschaftlichkeitserwägungen entgegen. Wenn die Beklagte "Missbrauch" dieses Medikaments durch unwirtschaftliche Anwendung verhindern will, so kann sie dies, wie vom Sozialgericht zutreffend erkannt, durch Zuzahlungsregelung, unter Umständen sozial gestaffelt, durch Mengenbegrenzungen oder durch die Begrenzung einer bestimmten Höchstanzahl von Verschreibungen für einen bestimmten Zeitraum regeln. Dass die Beklagte dies nicht getan hat, sondern statt dessen einen vollständigen Ausschluss vornehmen will, kann dem Kläger nicht entgegengehalten werden. Für eine etwaige unwirtschaftliche Inanspruchnahme trägt nämlich bei diesem Sachverhalt nicht der Kläger, sondern die Beklagte die Verantwortung.
Die Berufung der Beklagten war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
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