L 4 KR 169/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KR 143/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 169/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20. März 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem nach dem 22.07.2001 arbeitsunfähigen Kläger Krankengeld mangels ausreichender Versicherung verweigern darf.

Der 1980 geborene Kläger nahm am 01.02.2001 eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Kraftfahrer bei der Transportfirma A. B. in R. auf. Von dieser wurde er zum 22.07.2001 bei der Beklagten abgemeldet, einhergehend mit fristloser Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen des Vorwurfs von Diebstahl und Unterschlagung von Frachtgut. Danach hat der Kläger in der Firma nicht mehr gearbeitet. Am 31.07. 2001 erlitt er in Österreich einen Verkehrsunfall und wurde wegen der daraus resultierenden Lendenwirbelfraktur zunächst im Krankenhaus C. , dann in der Universitätsklinik R. stationär bis 10.08.2001 behandelt. Dr.H. stellte anschließend das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit fest. Vom 23.08. 2001 an unterzog sich der Kläger zu Lasten der LVA Niederbayern/Oberpfalz einer stationären Rehabilitation. Dort wurde er am 19.09.2001 als arbeitsunfähig entlassen. Auch der MDK erachtete den Kläger am 11.01.2002 auf unabsehbare Zeit für arbeitsunfähig als Kraftfahrer.

Auf Anfrage teilte der Kläger der Beklagten, die ihn inzwischen als Familienangehörigen versicherte, Ende September 2001 mit, er habe wegen der zum 23.07.2001 erfolgten Kündigung keinen Lohnfortzahlungsanspruch geltend gemacht. Wegen der Kündigung habe er bei seinem Rechtsanwalt vorgesprochen. Dieser legte am 29.08.2001 namens des Klägers, dem am 14.08.2001 telefonisch mitgeteilt worden war, dass das Krankengeld nur bis 22.08.2001 gezahlt werden könne, Kündigungsschutzklage (2 Ca 1430/01 C) beim Arbeitsgericht Weiden ein und führte dazu u.a. aus, dass der Kläger wegen des Verkehrsunfalls weiterhin arbeitsunfähig krank sei, "so daß durch die ungerechtfertigte Kündigung der Kläger auch Nachteile bei der Krankengeldzahlung hat." Am 19.10.2001 schloss der Kläger mit seinem vormaligen Arbeitgeber einen Vergleich dahin, dass das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 31.08.2001 aufgelöst werde und der Kläger keine Ver- gütungsansprüche gegen seinen vormaligen Arbeitgeber geltend mache. Dieser korrigierte im Februar 2002 die Abmeldung auf den 31.08.2001, meldete die Zahlung eines Arbeitssentgelts vom 3.097,00 DM und ließ daraus die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge abbuchen.

Die Beklagte lehnte es mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 15.01.2002 ab, trotz Anerkennung länger dauernder Arbeitsunfähigkeit über den 22.08.2001 Krankengeld zu bezahlen, weil der Kläger nur einen nachgehenden Anspruch von einem Monat nach Beendigung der Versicherung habe. Dieser Zeitpunkt sei der 23.07.2001 gewesen, unabhängig von dem arbeitsgerichtlichen Vergleich. Der Widerspruch, damit begründet, dass ein Arbeitsverhältnis tatsächlich bis 31.08.2001 vorgelegen habe, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.06.2002). Die dagegen am 24.06.2002 zum Sozialgericht Regensburg erhobene Klage ist damit begründet worden, dass das Beschäftigungsverhältnis fortbestanden habe, denn der Kläger sei dienstbereit für dessen Fortsetzung gewesen. Mangels rechtsgültiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses habe dieses bis zum 31.08.2001 fortbestanden mit den sich daraus ergebenden Ansprüchen auf das Krankengeld. Der Kläger habe auf das Arbeitsentgelt verzichtet wegen eines vorhandenen Schadensersatzanspruches der Arbeitgeberin, mit dem aufgerechnet worden sei. Die Beklagte dagegen hielt daran fest, dass ein wirkliches Beschäftigungsverhältnis nach dem 23.07. 2001 nicht mehr bestanden habe und sich eher der Verdacht aufdränge, dass der arbeitsgerichtliche Vergleich als eine Abmachung zu ihren Lasten geschlossen worden sei. Dem hat sich das Sozialgericht im klageabweisenden Urteil vom 20.03.2003 im Wesentlichen angeschlossen und in den Gründen dazu ausgeführt, dass mangels Mitgliedschaft bei der Beklagten über den 23.07. hinaus lediglich der von der Beklagten bis 22.08.2001 anerkannte Krankengeldanspruch bestanden habe. Nach dem 23.07.2001 habe der Kläger weder eine Arbeitsleistung erbracht noch vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit diese dem Arbeitgeber angeboten, der seinerseits kein Arbeitsentgelt gezahlt habe, mithin habe ein Versicherungsverhältnis nicht mehr bestanden.

Die gegen das am 25.07.2003 zugestellte Urteil am 31.07.2003 eingelegte Berufung wird damit begründet, dass das Arbeitsverhältnis fortbestanden habe, denn es sei vor dem 31.08.2001 nicht rechtsgültig zu Ende gegangen und die Arbeitgeberin habe bis dahin auch Beiträge an die Beklagte abgeführt. "Die Begründung und die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ist immer noch Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu überlassen, die Krankenkasse oder der Sozialversicherungsträger kann wohl nicht von sich aus in ein Vertragsverhältnis von zwei anderen Personen eingreifen und für sich dies als beendet betrachten." Dazu legt der Kläger Kopie einer Bescheinigung gegenüber dem Arbeitsamt vor, wonach er im Monat Juli 2001 3.638,00 DM brutto Arbeits- entgelt erhalten habe und im darauf folgenden Monat 2.400,00 DM.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.03.2003 und den zu Grunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 15.01. 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06. 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 22.08.2001 hinaus für insgesamt 78 Wochen Krankengeld zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Regensburg sei inhaltlich zutreffend.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die den vorgeschriebenen Beschwerdewert übersteigt (§§ 144, 145, 151 SGG), ist zulässig. Der Senat hat auch mündlich verhandeln und entscheiden können, ohne den vormaligen Arbeitgeber an dem Verfahren zu beteiligen (so Ulmer in Hennig SGG § 75 Rz.61 unter Bezug auf BSG vom 06.02.1992 SozR 3-1500 § 54 Nr.9, S.27). Gleichgültig wie der Rechtsstreit ausgehen würde, war er durch das Ergebnis nicht beschwert, da er der - fäschlichen - Abbuchung der Beträge nicht widersprochen hatte.

In der Sache selbst ist die Berufung unbegründet. Die dazu gemachten klägerischen Ausführungen sind bereits in sich wider- sprüchlich. Einerseits verlangt er Krankengeld bereits ab 23.08. 2001 und behauptet gleichzeitig (allerdings nicht glaubhaft), Arbeitsentgelt sei bis 31.08.2001 gezahlt worden. Im Übrigen hat er auch eine unbestimmte Summe der gegnerischen Haftpflichtversicherung für Verdienstausfall erhalten.

Darauf kommt es aber nicht mehr an, denn für die geltend gemachte Forderung auf Krankengeld aus der dafür allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 44 SGB V fehlt es an der Erfüllung des Tatbestandes dieser Norm, da der Kläger in der streitigen Zeit nicht "versichert" im Sinne von § 44 Abs.1 Satz 1 SGB V gewesen ist. Nach dessen Satz 2 hatte er als familienversicherter Angehöriger nach § 10 SGB V keinen Krankengeldanspruch. Der Kläger war deswegen nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert, weil seine bisherige Versicherung gemäß § 190 Abs.2 SGB V geendet hatte. Durch den am 19.10.2001 (zunächst widerruflich) geschlossenen arbeitsgerichtlichen Vergleich ist diese Versicherteneigenschaft weder fortgesetzt noch neu begründet worden. Ein dazu notwendiges Beschäftigungsverhältnis nach § 5 Abs.1 Nr.1 SGB V hat nach dem 23.07.2001 nicht mehr bestanden. Dessen Vorliegen richtet sich - anders als der Klägervertreter meint - nicht wie bei einem Arbeitsverhältnis vordringlich nach dem Willen der Vertragsparteien, sondern nach objektiven Kriterien. Diese Voraussetzungen sind einmal die Zahlung von bzw. der Anspruch auf Arbeitsentgelt und zum anderen das Ausüben einer Beschäftigung. Zu Recht hat das Sozialgericht das Fehlen beider festgestellt. Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV ist nicht geflossen, auch keine Lohnfortzahlung nach dem 31.07.2001. Die angebliche Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen ist in keiner Weise substantiiert vorgetragen oder gar belegt worden. Damit fehlt eine wesentliche Voraussetzung, die den Krankengeldanspruch nicht entstehen lässt. Hinzu kommt, dass es nach dem 23.07.2001 am Bestehen einer Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV gefehlt hat. Es mag zwar Fallgestaltungen geben, in denen das Anbieten einer geschuldeten(!) Arbeitskraft bereits ausreicht, das Bestehen einer Beschäftigung zu fingieren (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar § 7 Rz.13 mit Hinweis auf die vielfältige Rechtsprechung). Es fehlt hier aber an jeglichem Hinweis auf ein derartiges Anbieten der Arbeitskraft, wann und wo dies vor Erhebung der Klage vor dem Arbeitsgericht der Fall gewesen sein soll. Vielmehr deutet alles darauf hin, dass sich der Kläger, wie er ja auch selbst vorgetragen hat, mit der anscheinend nicht unberechtigten Kündigung zum 23.07.2001 abgefunden hatte. Er besaß nicht einmal mehr den Willen zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses. Ob dieser dann im Zustand der Arbeitsunfähigkeit wieder neu entstanden sein mag, ist unerheblich. Auch dass er nach dem 23.07.2001 seine Arbeitskraft seiner vormaligen Arbeitgeberin geschuldet haben könnte, ist nicht anzunehmen.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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