L 20 RJ 360/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 17 RJ 700/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 360/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 6/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.04.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung weiterer Beitragszeiten vom 01.03.1956 bis 13.04.1960 in der Rentenversicherung.

Die 1938 geborene Klägerin ist am 21.07.1989 aus dem Gebiet der ehemaligen DDR in die Bundesrepublik übergesiedelt. Sie hatte bereits vorher von 1956 bis 1961 in Bayern (Landkreis T.) gelebt und gearbeitet. Am 20.04.1960 hat sie geheiratet. Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens erteilte die Beklagte den Feststellungsbescheid vom 19.01.2001 gemäß § 149 Abs 5 SGB VI, in dem u.a. die Anerkennung einer Beitragszeit vom 01.03.1956 bis 30.04.1960 abgelehnt wird, da für diese Zeit die Beiträge erstattet worden seien. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und brachte vor, ihr sei von einer Erstattung nichts bekannt; sie habe weder einen entsprechenden Antrag gestellt noch einen Erstattungsbetrag erhalten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 28.06.2001 zurück. Die Beiträge vom 01.03.1956 bis 13.04.1960 zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung seien gemäß § 1304 RVO in damals geltenden Fassung (Heiratserstattung) von der LVA Niederbayern-Oberpfalz mit Bescheid vom 07.06.1961 erstattet worden. Die Erstattung schließe alle weiteren Ansprüche aus den bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten aus. Die durchgeführte Erstattung ergebe sich aus dem Inhalt der Versicherungskarte Nr 1, der der Klägerin bekanntgegeben worden sei.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 03.08.2001 Klage beim Sozialgericht Nürnberg erhoben. Sie hat geltend gemacht, sie habe sich zu keiner Zeit die Beiträge erstatten lassen. Die Beklagte könne auch nicht ausreichend nachweisen, dass eine Erstattung tatsächlich erfolgt sei. Dem Gericht hat insbesondere vorgelegen die Versicherungskarte Nr 1 der Klägerin ausgestellt von der Gemeinde F. am 25.06.1956 mit Entgelteintragungen für die Zeit vom 01.03.1956 bis 13.04.1960. Die Entgelte sind mit dem Stempel "ungültig" versehen; die Karte enthält zudem den Stempel-Vermerk "Beiträge ab 01.03.1956 erstattet - § 1304 RVO - Landshut, den 07.06.1961". Mit Urteil vom 17.04.2002 hat das SG die - auf Anerkennung einer Beitragszeit vom 01.03.1956 bis 13.04.1960 gerichtete - Klage abgewiesen. Die Beweislast für die Erfüllung eines Beitragserstattungsanspruches trage zwar der Versicherungsträger; die vorliegende Beweislage spreche aber dafür, dass eine Beitragserstattung erfolgt sei und die Klägerin den Erstattungsbetrag auch erhalten habe. Der Inhalt der Versicherungskarte Nr 1 ergebe einen Beweis des ersten Anscheins. Es entspreche einem typischen Lebenssachverhalt, dass der Rentenversicherungsträger, der das Erlöschen eines Versicherungsverhältnisses und eine Beitragserstattung aktenkundig gemacht habe, diese auch ausbezahlt habe (Hinweis auf Rechtsprechung des LSG Nordrhein-Westfalen). Umstände, die diese Schlussfolgerung erschüttern könnten, habe die Klägerin nicht vorgebracht.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 12.07.2002 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Es sei letztlich nicht erwiesen, dass eine Beitragserstattung tatsächlich stattgefunden habe. Sie, die Klägerin, wisse, dass sie weder einen Antrag auf Erstattung von Beiträgen gestellt habe noch dass sie jemals einen entsprechenden Bescheid oder eine Zahlung erhalten habe. Mit Bescheid vom 08.04.2003 hat die Beklagte der Klägerin Regelaltersrente bewilligt ab 01.04.2003, (in Höhe von 756,20 EUR monatlich). In der Rentenberechnung ist die streitige Zeit nicht enthalten.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.04.2002 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.01.2001 idF des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2001 sowie des Bescheides vom 08.04.2003 zu verpflichten, die Zeit vom 01.03.1956 bis 13.04.1960 als Beitragszeit anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten, mit Aktenteil der LVA Niederbayern-Oberpfalz, und die Prozessakte des SG Nürnberg vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Die Beteiligten streiten im Ergebnis um die Anerkennung weiterer Beitragszeiten, nicht um die Auszahlung oder Höhe eines Erstattungsbetrages.

Das Rechtsmittel der Klägerin erweist sich als nicht begründet.

Die streitigen Beitragszeiten sind durch Beitragserstattung untergegangen. Das SG Nürnberg hat zutreffend in der Beweiswürdigung auf den Inhalt der Versicherungskarte Nr 1 der LVA Niederbayern-Oberpfalz abgestellt. Diese Karte enthält nicht nur den Vermerk, dass die Entgelteintragungen für die streitige Zeit ungültig gestempelt wurden, sondern auch den Zusatz, dass die Erstattung der Beiträge (Heiratserstattung) am 07.06.1961 erfolgt ist. Dieser Anscheinsbeweis wird nicht dadurch entkräftet, dass die Klägerin nunmehr, nach einem Zeitraum von ca 40 Jahren, geltend macht, sie habe eine Erstattung nicht beantragt, keinen Erstattungsbetrag erhalten und wisse von dem Vorgang nichts. Möglicherweise ist das Erinnerungsvermögen der Klägerin nach so langer Zeit auch verblasst; die Klägerin ist 1961 in die DDR zurückgekehrt, hat dort eine Arbeit aufgenommen und ihren Lebensunterhalt bestritten. Die Beiträge aus der Bundesrepublik hatten für sie aus damaliger Sicht wohl keine Bedeutung mehr. Es erscheint deshalb geradezu naheliegend, dass sie von der Erstattungsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat, auch wenn der Erstattungsbetrag gering gewesen sein dürfte (Gesamt-Bruttoentgelt ca 6.500,00 DM). Bei der LVA Niederbayern-Oberpfalz sind keine weiteren Unterlagen vorhanden. Wie das SG ist auch der Senat der Auffassung, dass der Inhalt der Versicherungskarte Nr 1 den tatsächlichen Geschehensablauf wiedergibt; es besteht auch nicht der Verdacht, dass die Eintragungen in der Karte, einschließlich der Stempelaufdrucke und Vermerke, in irgendeiner Weise gefälscht oder verfälscht sein könnten. Dies bedeutet zur Überzeugung des Senats, dass die Beitragserstattung stattgefunden hat wie in der Karte bestätigt; dies gilt auch dann, wenn die Klägerin keine Erinnerung mehr an die gesamten Vorgänge hat.

Die Berufung der Klägerin war demnach zurückzuweisen mit der Folge, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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