Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 1 U 20/01
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 U 152/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 24. Oktober 2002 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Hinterbliebenenrente.
Die Kläger sind die Witwe und die drei Kinder des am 1937 geborenen und durch Beschluss des Amtsgerichts Meldorf vom 8. September 2000 &8211; Az.: 46 II 59/99 - zum 27. September 2000, 24:00 Uhr für tot erklärten Claus S (nachfolgend: S.). Dieser war zuletzt Kapitän der der Reederei Hamburg-Südamerikanische Dampfschifffahrtsgesellschaft E & A gehörenden "CAP POLONIO", eines 29.390 BRT großen, 200,23 m langen und 32,20 m breiten Containerschiffs mit 21 Besatzungsmitgliedern unterschiedlicher Nationalität.
Am 26./27. September 1999 befand sich das Schiff auf der Überfahrt von Nordbrasilien nach Rotterdam. Es war mit 1500 Containern verschiedenen Inhalts sowie einigen Leercontainern beladen. Zwischen dem 26. September 1999, 18:00 Uhr und dem 27. September 1999, 11:30 Uhr befuhr es den Weg von der Biskaya vor Nordspanien bis zum Westausgang des englischen Kanals zwischen Ushant und Guernsey. Seither fehlt von S. jede Spur.
Ausweislich des von der Beklagten veranlassten amtlichen Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes vom 3. Dezember 1999 wurde die Schiffsroute in der Zeit vom 26. September 1999, 18:OO Uhr bis zum 27. September 1999, 0:00 Uhr von West nach Ost von einer Kaltfront überquert. Vor dieser wehte ein Südwestwind mit 5 Bft mittlerer Stärke. Mit der Passage der Front drehte der Wind auf Westsüdwest bis West und frischte auf mittlere Stärken von 7 bis 8, in Böen 9 Bft auf. Auf der Rückseite der Front (am 27. September 1999, 6:00 Ortszeit) flaute der Wind auf eine mittlere Stärke von 6 bis 7, in Böen 8 bis 9 Bft ab. Sechs Stunden später hatten bei mittleren Windstärken von 5 bis 6 Bft auch die Böen auf 7 bis 8 Bft abgenommen. Vor der Kaltfront betrugen die Wellenhöhen der Windsee 2 m mit Perioden um 5 s. Gleichzeitig lief aus Westsüdwest eine 1,5 - 2 m hohe Dünung mit Perioden von 7 &8211; 8 s. Hinter der Kaltfront stiegen die Wellenhöhen der Windsee auf 3 bis 3,5 m und Perioden um 7 Sek. an. Die weiterhin aus Westsüdwest laufende Dünung erreichte Höhen um 3 m bei Perioden um 10 s.
Die Schiffsbewegungen werden in den Logbucheintragungen für den
26./27. September 1999, 16:00 bis 4:00 Uhr mit "Vessel is rolling and pitching easily" und für den 27. September 1999, 8:00 bis 12:00 Uhr mit "Vessel is rolling moderately in swell from port side" beschrieben.
In dem Eingangs- und Ermittlungsbericht des LKA Hamburg vom 29. September 1999 ist die Vernehmung des Reederei-Mitarbeiters D wie folgt wiedergegeben: &8222;Herrn D ist nicht bekannt, dass Herr S unter ernsthaften Erkrankungen litt. Ca. am 22. 09. 1999 hatte der Kapitän jedoch ggü. seinem 1. Offizier angegeben, dass er unter starken Kreislaufstörungen leidet und in Rotterdam evtl. einen Arzt aufsuchen will&8220;.
Nach den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurde S. zuletzt am 26. September 1999 gegen 18:00 Uhr vom Schiffskoch in der Arbeitsmesse gesehen. In der Nacht zum 27. September 1999 wurde von dem Matrosen T während des Wachgangs festgestellt, dass die Tür zur Kapitänskajüte offen stand und darin Licht brannte. Am 27. September 1999 um 9:30 Uhr fand der Steward das Bett des S. unbenutzt vor. Beides erschien zunächst nicht auffällig, weil es häufiger vorkam, dass S. nachts Bordabrechnungen erledigte. Zwischen 11:00 Uhr und 11:30 Uhr wurde S. sowohl von dem 1. Offizier G , als auch von dem 1. Ingenieur H gesucht. Nachdem die Suche erfolglos verlaufen war, wurde zweimal Generalalarm ausgelöst und das gesamte Schiff anhand der Deckspläne gründlich durchsucht. Dabei wurde kein Raum ausgelassen. Die Suche blieb jedoch erfolglos. Gefunden wurde lediglich eine Salzkristallanhaftungen aufweisende Brille des S., welche an dem im Heckbereich ca. 8 m von der seitlichen Außenbordbandwand und ca. 5,5 m vom Heck entfernt gelegenen Außenpool auf dem 2. Aufbaudeck lag. Die Bordkasse mit Inhalt (10.000 USD und 10.000 DM) und ein Umschlag mit Geld befanden sich noch an ihrem Platz im Safe bzw. in der Schreibtischschublade. Medikamente aus der Bordapotheke fehlten ebenfalls nicht. Die Schränke waren sauber und ordentlich. Auf dem Schreibtisch des S. lagen geöffnete Unterlagen für die Abrechnung sowie ein Filzstift mit abgezogener Verschlusskappe und ein Taschenrechner. Ein Abschiedsbrief war nicht vorhanden. Spuren einer gewaltsamen Auseinandersetzung wurden weder am Brillenfundort, noch in der Kabine des S. entdeckt. Auf Anordnung der Reederei wurde das Schiff daraufhin auf Gegenkurs gelegt und fuhr den im Zeitraum vom 26. bis 27. September 1999 zurückgelegten Weg erneut ab. Ferner wurde über die französische Rettungsstelle "Etel Atlantic" eine Suche in dem betreffenden Seeraum organisiert, zu welcher auch Flugzeuge und andere Schiffe eingesetzt wurden. S. wurde jedoch nicht gefunden.
Die Suche wurde in zwei "Statements of facts" vom 28. und 29. September 1999 dokumentiert. Ferner wurde ein von allen 20 Besatzungsmitgliedern unterzeichnetes "Protocol of Crew Members statements" aufgenommen. Darin wird erklärt, dass irgendeine ungewöhnliche Verhaltensweise, Äußerung oder Anordnung des S. nicht aufgefallen und von irgendeiner Auseinandersetzung mit einem Besatzungsmitglied nichts bekannt sei.
Nach der Ankunft in Rotterdam wurde das Schiff auf Amtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hamburg am 30. September 1999 von der Bezirkspolizei Rotterdam-Rheinmündungsgebiet abermals durchsucht. Dabei kamen auch zwei Spürhunde sowie eine technische Ermittlungsgruppe zum Einsatz, welche u. a. mit UV-Licht nach verwischten Spuren suchte. Auch diese Suche verlief erfolglos. An der Außenseite des Rahmens der Kabinentür des S. fand sich ein Blutstropfen ungeklärter Herkunft. Hinweise auf eine Straftat ergaben sich nicht.
Ferner wurde von der Bezirkspolizei Rotterdam-Rheinmündungsgebiet der 1. Offizier G , der 2. Offizier P , der 1. Ingenieur H , dessen als Fahrgast mitfahrende Ehefrau sowie der Offiziersanwärter V vernommen.
Der 1. Offizier G sagte aus: S. habe bis zum 4. Oktober 1999 auf der "CAP POLONIO" fahren und die Zeit bis zur nächsten Reise wie üblich an Land verbringen wollen. Er sei öfter für einige Tage in der Kabine geblieben, ohne dass jemand von der Besatzung Kontakt zu ihm gehabt habe. Es sei auch regelmäßig vorgekommen, dass er nicht zum Frühstück oder zu anderen Mahlzeiten erschienen sei. Nach Aussage anderer Besatzungsmitglieder habe er sich so schon jahrelang verhalten. S. habe manchmal einen zu hohen Blutdruck gehabt und deswegen Medikamente genommen. Der Kontakt zwischen S. und der Mannschaft sei ohne Zweifel gut gewesen. Es habe sich um einen sozial eingestellten Menschen gehandelt, der bei Problemen stets nach diplomatischen Lösungen gesucht habe. Ernsthafte Vorkommnisse oder Disziplinarstrafen habe es nicht gegeben. Polizeiliche Ermittlungen gegen die "CAP POLONIO" oder die Besatzung wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz hätten zu keiner Zeit stattgefunden. Als er S. zuletzt gesehen habe, sei ihm nichts Besonderes aufgefallen. S. habe geäußert, dass er noch viel Zeit für die End-abrechnung benötigen werde. Bei der späteren Untersuchung habe seine Kabine so ausgesehen, als ob er nur eben zur Toilette gegangen sei.
Der 2. Offizier P sagte aus: Soweit er wisse, habe S. an hohem Blutdruck gelitten, sei aber ansonsten gesund gewesen. Es habe sich um einen ruhigen Mann gehandelt, der sich viel in seiner Kabine und fast nie an Deck aufgehalten habe, außer auf dem Achterdeck in der Nähe des Schwimmbades. Manchmal habe er die Mahlzeiten zusammen mit der Besatzung eingenommen. Er sei ein guter Kapitän gewesen, der mit niemandem im Streit gelebt und keine Feinde gehabt habe.
Der 1. Ingenieur H sagte aus: Er habe fünf Jahre mit S. zusammengearbeitet und guten Kontakt zu ihm gehabt. Manchmal habe S. sich zwei oder drei Tage in seiner Kabine eingeschlossen. Soweit er wisse, habe S. dann unter Depressionen gelitten. Auch wisse er, dass S. Medikamente gegen seinen hohen Blutdruck genommen habe. Seine Brille habe S. immer getragen. Ohne Brille habe er nur an seinem Schreibtisch gearbeitet. Zuletzt habe er S. am Mittag des 26. September 1999 gesehen. S. habe ihn in seiner Kabine aufgesucht, um einen Videofilm zu tauschen. Dabei habe S. einen normalen Eindruck gemacht. Er sei der einzige gewesen, mit dem S. auch über sein Privatleben gesprochen habe. Hinweise darauf, dass er Probleme gehabt habe, hätten sich dabei nie ergeben. S. sei stolz auf seine Ehefrau und seine drei kleinen Kinder gewesen. Auch mit Besatzungsmitgliedern habe es keine Probleme gegeben.
Frau H sagte aus: S. sei ein witziger Mann gewesen. Er habe sich aber auch manchmal drei oder vier Tage in seiner Kabine eingeschlossen und mit niemandem Kontakt gehabt. Anschließend habe er sich dann wieder normal benommen. Zuletzt habe sie S. zusammen mit ihrem Mann gesehen. Er habe normal gewirkt.
Der Offiziersanwärter V sagte aus: Er habe S. als sehr ruhige Person empfunden, die wenig Kontakt mit der Besatzung gehabt habe und oft in der Kabine geblieben sei. S. sei immer gut gelaunt gewesen. Er habe nichts darüber gehört, dass S. mit jemandem Streit gehabt habe. Nach der Abfahrt aus Brasilien habe ihm der 1. Offizier G erzählt, dass S. erkrankt sei.
Die seeamtlichen Untersuchungen wurden im April 2000 eingestellt. Ein Seeamtsspruch erfolgte nicht. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurden gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung ebenfalls eingestellt.
Auf die unter Beifügung eidesstattlicher Erklärungen des 1. Offiziers G und des 1. Ingenieurs H erstattete Unfallanzeige der Reederei vom 4. Oktober 1999 und den Antrag der Kläger vom 26. November 1999 auf Hinterbliebenenleistungen nahm die Beklagte weitere Sachverhaltsermittlungen auf. Sie zog die vorhandenen ärztlichen Unterlagen über S. bei und holte eine Auskunft der See-Krankenkasse vom 29. Dezember 1999 ein, in welcher mitgeteilt wird, dass keine bedeutsamen Vorerkrankungen bekannt seien. Ferner veranlasste sie eine Stellungnahme ihrer Schiffssicherheitsabteilung vom 11. Mai 2000, in welcher es heißt: Bei den herrschenden Wind- und Seegangsbedingungen könne nicht ausgeschlossen werden, dass S. bei einem plötzlichen starken Überholen des Schiffs den Halt verloren habe und über Bord gefallen sei. Andererseits seien aber auch keine Anhaltspunkte für einen solchen Ablauf zu erkennen, zumal die Brille am Fundort bereits längere Zeit gelegen haben könne.
Mit vier Bescheiden vom 24. Mai 2000 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: S. sei seit dem 27. September 1999, 12:36 Uhr vermisst. Zu diesem Zeitpunkt habe eine Windstärke von 5 - 6 geherrscht und das Schiff habe mit einer leichten Rollbewegung reagiert. Bei der Durchsuchung sei die Brille des S. auf dem zweiten Aufbaudeck gefunden worden. Weitere Auffälligkeiten hätten nicht festgestellt werden können. Die Untersuchung der niederländischen Polizei habe keine Hinweise auf Gewaltanwendung durch Dritte oder Anhaltspunkte dafür ergeben, dass S. infolge schiffseigentümlicher Gefahren über Bord gefallen sei. Die Ursache für das Verschwinden sei ungeklärt. In der Sozialversicherung gelte der Grundsatz der objektiven Beweislast. Danach hätten die Kläger die Beweislast dafür, dass der Tod des S. infolge eines Arbeitsunfalls eingetreten sei.
Auf die deswegen erhobenen Widersprüche holte die Beklagte zwei weitere Stellungnahmen ihrer Schiffssicherheitsabteilung vom und 31. Oktober 2000 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2001 wies sie die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Nach den umfangreichen Feststellungen der niederländischen Ermittlungsbehörden im Auftrage der Staatsanwaltschaft Hamburg habe die Ursache für das Verschwinden des S. von Bord nicht aufgeklärt werden können. Auch der Fundort der Brille auf dem 2. Aufbaudeck im Bereich des Außenpools und des Freifall-Rettungsbootes liefere keinen sicheren Anhaltspunkt dafür, dass S. an dieser Stelle durch Schaukelbewegungen über Bord gegangen sei. Abgesehen davon, dass die Brille auch schon Tage zuvor verloren gegangen sein könne, sprächen die örtlichen Verhältnisse gegen einen solchen Hergang. Das 2. Aufbaudeck reiche nur an seiner Steuerbordseite mit einem Teil bis auf Höhe der Außenhaut nach außen. Dieser Teil sei zur Seite und nach achtern mit einer geschlossenen Verschanzung abgesichert, vor der eine große Kunststoffkiste mit Rettungswesten stehe. Nach vorn bestehe eine Absicherung mit einem Schott bis zur Höhe des nächsten Decks. Sollte S. in diesem Bereich ausgerutscht sein und das Gleichgewicht verloren haben, so hätte ihn die Rettungswestenkiste mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgefangen. Er müsse schon auf der Kiste gestanden haben, um außenbords zu gehen. Die Aufstellung des Freifall-Rettungsboots sei nach innen versetzt. Der Eingang des Freifall-Rettungsboots sei über eine kleine Treppe, die bis zur Plattform führe, vom 2. Aufbaudeck aus zu erreichen. Treppe und Plattform seien mit einer vorschriftsmäßigen Reling mit Durchzügen gesichert. Zum Bootseingang (auf das Schiff bezogen achteraus) sei die Plattform mit einer zweiflügeligen Pforte versehen. Stürze man über die Steuerbord-Reling der Plattform, so falle man auf das darunter liegende Deck, da bis außenbords noch rund 2,25 m Raum sei. Erst bei einer Krängung von ungefähr 20° nach steuerbord befinde sich dieser Bereich der Plattform über der Verschanzung des Poopdecks. Laut Tagebucheintragung habe das Schiff mäßig bis schwer gerollt bei Kursen von 31° bzw. 49° in der achterlichen Windsee und der von backbord quereinlaufenden Dünung. Ein außergewöhnlich starkes Überholen in der fraglichen Zeit sei nicht belegt. Damit stehe im Einklang, dass der 1. Offizier G die Verschlusskappe des Filzstiftes und den Taschenrechner des S. noch auf dem Tisch vorgefunden habe. Ein Überbordgehen an dem Brillenfundort sei deshalb unwahrscheinlich. Es bestehe zwar die Möglichkeit, dass sich die Geschehnisse an Bord wie von den Klägern geschildert abgespielt hätten. Jedoch handele es sich um reine Vermutungen, welche sich unter Berücksichtigung der schiffbaulichen Verhältnisse nicht mit der erforderlichen Gewissheit verdichten ließen, weil es auch Hinweise für alternative Geschehensabläufe gebe, die nicht mit der versicherten Tätigkeit, sondern mit persönlichen Dispositionen im Zusammenhang stehen könnten. S. habe unter hohem Blutdruck und nach Angaben des 1. Ingenieurs H zeitweilig unter Depressionen gelitten. Er habe an Mahlzeiten nicht teilgenommen und sei manchmal tagelang in seiner Kabine geblieben, ohne mit der Besatzung zu sprechen. An der Kabinentür seien Blutstropfen gefunden worden. Es könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass als einzige Ursache ein Versicherungsfall in Betracht komme.
Mit ihrer deswegen am 28. Februar 2001 bei dem Sozialgericht (SG) Itzehoe erhobenen Klage haben die Kläger ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung haben sie eine schriftliche Erklärung des 1. Ingenieurs H vom 23. Juli 2001 sowie ein Attest des praktischen Arztes Pa vom 19. September 2001 zu den Akten gereicht und im Wesentlichen vorgetragen: Die angefochtenen Bescheide gingen zu Unrecht davon aus, dass zum Zeitpunkt des Verschwindens des S. eine Windstärke von gleichbleibend 5 - 6 Bft geherrscht und sich das Schiff in einer leichten Rollbewegung befunden habe. Laut Eintragungen im Logbuch und den &8222;Statements of facts&8220; hätten in der Nacht auf den 27. September 1999 Windstärken von 5 - 7 Bft geherrscht. Am Morgen des 27. September 1999 sei eine Zunahme der Dünung und der Rollbewegung des Schiffes dokumentiert. Der Brillenfundort werde täglich alle zwei bis drei Stunden von Mannschaftsmitgliedern betreten. Niemand habe die Brille des S. dort zuvor gesehen. Überdies sei es für einen Brillenträger unvorstellbar, eine verlorene Brille einfach liegen zu lassen und eine andere aufzusetzen. S. könne seine Brille deshalb nur durch eine tätlichen Angriff oder infolge eines Unfalls verloren haben. Der Bereich des Brillenfundortes gehöre zu den größten Gefahrenstellen an Bord. Es handele sich um eine der wenigen Stellen, an denen ein Mensch über Bord gehen könne. Wenn etwa der Kapitän das Freifall-Rettungsboot inspiziere, müsse er über eine kleine Treppe auf eine Art Plattform steigen. Der Zugang zum Freifall-Rettungsboot sei durch eine Kette gesichert. Es sei ohne weiteres möglich, dort infolge einer entsprechender Krängung des Schiffes auszurutschen, das Gleichgewicht zu verlieren und unter der Kette hindurch direkt an der Bordwand entlang ins Meer zu fallen. Das sei zwar sehr ungewöhnlich, jedoch nicht ausgeschlossen. Dafür spreche, dass die "CAP POLONIO" am Morgen des 27. September 1999 schwer in der Dünung gerollt habe und das Deck infolge der Gischt äußerst rutschig gewesen sei. Bei dem geschilderten Unfallhergang habe S. mit Wahrscheinlichkeit auch die Brille verloren. Denkbar sei aber auch, dass dies durch einen heftigen Windstoß geschehen sei und S. bei dem Versuch, die Brille festzuhalten, ausgerutscht und dann über Bord gefallen sei. Für die Variante eines Suizids seien hingegen überhaupt keine Hinweise vorhanden, so dass diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. S. sei am 26. September 1999 noch von mehreren Personen gesehen worden, zuletzt um 18:00 Uhr vom Koch in der Arbeitsmesse, wo er eine Mahlzeit zu sich genommen habe. Er habe keinerlei Auffälligkeiten gezeigt und völlig normal gewirkt. Er habe auch nicht unter Depressionen gelitten. Der 1. Ingenieur H könne sich ausweislich seiner Erklärung vom 23. Juli 2001 nicht daran erinnern, diesen Ausdruck verwendet zu haben. Zumindest habe er ihn nicht im Sinne einer medizinischen Diagnose gebraucht. Selbst wenn man Depressionen unterstelle, so heiße dies nicht, dass S. selbstmordgefährdet gewesen sei. Richtig sei, dass S. altersbedingt einen erhöhten Blutdruck gehabt habe. Hiergegen habe er jedoch Medikamente genommen, die dazu geführt hätten, dass seine körperliche und geistige Leistungsfähigkeit uneingeschränkt gewesen sei. Nach Angaben seines Hausarztes Pa sei der Blutdruck seit langer Zeit medikamentös gut eingestellt gewesen und habe zu keinen weiteren Beschwerden geführt. Die in dem polizeilichen Ermittlungsbericht vom 29. September 1999 enthaltene Angabe des Reederei Mitarbeiters D , S. habe gegenüber dem 1. Offizier G über starke Kreislaufstörungen geklagt und die Absicht geäußert, in Rotterdam einen Arzt aufzusuchen, werde mit Nichtwissen bestritten. Seiner Ehefrau habe S. von entsprechenden Beschwerden nicht berichtet. Die auf Tod abgeschlossene Unfallversicherung des S. bei der Signal Iduna habe ihre Eintrittspflicht anerkannt.
Die Kläger haben beantragt,
1. die Bescheide der Beklagten vom 24. Mai 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2001 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, den Klägern zu 1) bis 4) Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie hat sich auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen bezogen und ergänzend vorgetragen: Die Gegenseite halte daran fest, dass der Fundort der Brille auf dem 2. Aufbaudeck im Bereich des Außenpools und des Freifall-Rettungsbootes auch der Unglücksort sei und konstruiere daraus einen als "wahrscheinlich" bezeichneten Geschehensablauf. Nach Auskunft mehrerer Besatzungsmitglieder könne aber die Brille schon mehrere Tage am Fundort gelegen haben, wofür auch die Salzkristallanhaftungen sprächen. Die Beklagte sehe im Einvernehmen mit dem nautischen Sachverständigen ihrer Schiffssicherheitsabteilung ein Überbordgehen an dieser Stelle aus den im Widerspruchsbescheid dargelegten Gründen als unwahrscheinlich an. Sie halte ferner daran fest, dass es alternativen Geschehensabläufe gebe. S. habe durchaus gesundheitliche Auffälligkeiten gezeigt. So habe er gegenüber dem 1. Offizier G schon am 22. September 1999 angegeben, er leide unter starken Kreislaufstörungen und wolle in Rotterdam einen Arzt aufsuchen. Der Zeuge H habe, auch wenn er sich jetzt nicht mehr erinnern könne, anlässlich seiner Vernehmung durch die niederländische Polizei angegeben, dass sich S. manchmal zwei oder drei Tage in seiner Kabine eingeschlossen und dann soweit er wisse unter Depressionen gelitten habe.
Mit Urteil vom 24. Oktober 2002 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, den Klägern Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
In den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach Überzeugung der Kammer sei der Tod des S. auf einen Sturz über Bord der "CAP POLONIO" zurückzuführen. Zwar sei der konkrete Geschehensablauf nicht belegt. Tatsache sei jedoch, dass S. auf hoher See von Bord verschwunden sei. Ursächlich hierfür könne lediglich ein Unfallereignis, ein Freitod oder ein Gewaltverbrechen sein. Für die letztgenannten Alternativen bestünden jedoch keine Anhaltspunkte. Die kriminaltechnischen Ermittlungen der niederländischen Polizei hätten keine Hinweise auf ein Gewaltverbrechen erbracht. Auch die Zeugen hätten übereinstimmend ausgesagt, dass es an Bord keine Streitigkeiten gegeben habe. Anzeichen für einen Freitod bestünden ebenfalls nicht. S. sei als lebensfroher Mensch, sein Familienleben als harmonisch geschildert worden. Es lasse sich nicht feststellen, dass er unter Depressionen gelitten habe. Die Angaben der Eheleute H reichten entgegen der Auffassung der Beklagten als Bestätigung hierfür nicht aus. Der praktische Arzt Pa habe bescheinigt, dass S. weder über Lebensüberdruss, noch über Symptome einer Depression geklagt habe. Auch sein Blutdruckleiden deute, wenn es sich auf der letzten Fahrt auch verschlimmert haben möge, nicht auf einen Freitod hin. Seine Absicht, in Rotterdam einen Arzt aufzusuchen, zeige gerade, dass S. eine Besserung seines Gesundheitszustandes angestrebt habe. Da mithin begründete Anhaltspunkte für ein Gewaltverbrechen oder einen Selbstmord nicht ersichtlich seien, müsse S. unfreiwillig von Bord gestürzt sein. Es stehe für die Kammer außer Zweifel, dass er dabei unter Versicherungsschutz gestanden habe. Zwar lasse sich nicht aufklären, welche konkrete Tätigkeit er ausgeübt habe. Wegen der Eigenart der Schifffahrtsberufe sei der Versicherungsschutz nicht auf die unmittelbare Ausübung betrieblicher Tätigkeiten beschränkt, sondern erstrecke sich im Falle der Einwirkung einer dem Schifffahrtsbetrieb eigentümlichen Gefahr auf Verhaltensweisen, welche sonst dem privaten Lebensbereich zuzurechnen seien. Selbst wenn daher in Betracht zu ziehen sei, dass S. wegen seines Bluthochdrucks zu Fall gekommen sei, so sei die schiffseigentümliche Gefahr wesentliche Ursache für den Sturz über Bord.
Gegen dieses am 21. November 2002 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, welche am 13. Dezember 2002 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Die Beklagte reicht 20 Fotos der "CAP POLONIO" zu den Akten und trägt vor: Das SG habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten. Es habe keinerlei begründete Anhaltspunkte für alternative Geschehensabläufe gesehen und hieraus gefolgert, dass ein Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten sei. Diese Schlussfolgerung lasse sich aber nur treffen, wenn alle denkbaren Unfallverläufe und Zusammenhänge zu dem Ergebnis führten, dass Versicherungsschutz zu bejahen sei, weil die versicherte Tätigkeit in jedem denkbaren Falle eine rechtlich wesentliche Ursache für den Unfall gewesen sei. Diese Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Es seien die im Widerspruchsbescheid und in erster Instanz skizzierten unversicherten Alternativläufe denkbar. Wenn das SG diese nicht gelten lassen wolle, so müsse es offen legen, welcher konkrete Verlauf bzw. welche dem Schiffsbetrieb eigentümliche Gefahr denn die Ursache für das Verschwinden des S. von Bord gewesen sein solle. Ein unfallartiges Überbordgehen auf Grund der schiffbaulichen Gegebenheiten und den herrschenden Witterungsverhältnissen sei aus den bereits dargelegten Gründen jedenfalls unwahrscheinlich. Dies gelte insbesondere für den Fundort der Brille. In der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2003 hat der technische Aufsichtsbeamte Schreiber anhand des Fotos auf Bl. 272, 274 R der Gerichtsakte demonstriert, dass es auf der Backbordseite des 1. Aufbaudecks der "CAP POLONIO" eine weitere gefährliche Stelle gebe. Trete man hinter die das Bereitschaftsboot umgebenden Absperrungen, so könne man theoretisch direkt an der Bordwand entlang ins Wasser fallen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 24. Oktober 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und wiederholen ihre erstinstanzlichen Ausführungen. Ergänzend tragen sie vor: Es gehe ihnen ausschließlich um Hinterbliebenenrente. In dem zu prüfenden Zeitraum von etwa 14 Stunden sei S. nach Aussage aller Zeugen mit der Abrechnung befasst gewesen. Zum Zeitpunkt der Entdeckung seines Verschwindens sei die Arbeit auch noch nicht abgeschlossen gewesen. Danach könne es nur so gewesen sein, dass er seine Tätigkeit für einen kurzen Kontrollgang über die Decks unterbrochen habe. Selbst wenn er nur an die frische Luft habe gehen wollen, so sei dies in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit geschehen. Die Beklagte habe keinerlei glaubhafte und plausible Alternativen für das Verschwinden des S. dargelegt. Hinweise auf ein Gewaltverbrechen lägen nicht vor. Die Feststellung von Blutstropfen an der Kabinentür besage nichts. Weitere Spuren seien nicht gefunden worden. Ernsthafte Anhaltspunkte für einen Freitod seien ebenfalls nicht zu erkennen. Es sei auch völlig unplausibel, dass er im Falle eines Freitodes vor dem Überbordspringen seine Brille auf das Deck geworfen hätte.
Die S. betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hamburg 2 UJs 6499/99 sowie die Akten der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest haben dem Senat vorgelegen und sind Gegen stand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Auf ihren Inhalt wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (vgl. § 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und bedarf keiner Zulassung, weil sie laufende Rentenleistungen für mehr als ein Jahr betrifft (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Frist und Form (vgl. § 151 Abs. 1 und 3 SGG) sind gewahrt.
II. Die Berufung ist aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil hält einer Überprüfung stand. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das SG die Bescheide vom 24. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2001 aufgehoben und die Beklagte zur Gewährung von Hinterbliebenenrente an die Kläger verurteilt.
Der geltend gemachte Anspruch beurteilt sich nach den Vorschriften des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII), weil ein Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1996 geltend gemacht wird (vgl. Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes; § 212 SGB VII).
Die Anspruchsgrundlage ergibt sich aus § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 SGB VII. Nach diesen Vorschriften haben Hinterbliebene eines Versicherten Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist. Voraussetzungen eines Entschädigungsverhältnisses zwischen den Klägern und der Beklagten sind mithin die Versicherteneigenschaft (nachfolgend unter 1.) und der Tod (nachfolgend unter 2.) des S., der Eintritt eines Versicherungsfalls (nachfolgend unter 3.) und dessen Ursächlichkeit für den Tod (nachfolgend unter 4). Alle Voraussetzungen liegen vor.
1. S. war &8211; wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig ist - am 26./27. September 1999 gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert.
2. Er ist am 27. September 1999 um 24:00 Uhr verstorben. Das ergibt sich aus der Todeserklärung des Amtsgerichts Meldorf vom 8. September 2000. Diese wirkt für und gegen jedermann. Sie bindet folglich auch die Beklagte und den Senat. Eines Rückgriffs auf die Fiktion des § 63 Abs. 4 SGB VII bedarf es daher nicht (vgl. BSGE 12, 139 = SozR Nr. 3 zu § 1260 a. F. RVO; Ziegler, in LPK-SGB VII, § 63 Rz 24; Kater, in Kater/Leube, SGB VII, § 63 Rz 18).
3. Es ist auch ein Versicherungsfall eingetreten. Was hierunter zu verstehen ist, wird in § 7 Abs. 1 SGB VII definiert (zu der Ergänzung durch § 10 Abs. 1 SGB VII siehe weiter unten). Nach dieser Vorschrift sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Der Tod selbst stellt keinen eigenen Versicherungsfall dar, sondern ist lediglich dessen ultimativer Folge- und Spätschaden (vgl. BSGE 88, 226 = SozR 3-2700 § 63 Nr. 1 m. w. N.).
Im vorliegenden Falle kommt nur ein Arbeitsunfall in Betracht.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Dazu ist erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (std. Rspr., vgl. BSG SozR 3-2200 § 548 Nrn. 19 und 26 m. w. N.; SozR 3-2700 § 8 Nr. 3 m. w. N.). Tatbestandsmerkmale eines Arbeitsunfalls sind danach die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, das Vorliegen eines Unfalls und ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang (Kausalzusammenhang) zwischen der für den Unfallzeitpunkt feststehenden versicherten Tätigkeit und dem Unfallgeschehen (sog. haftungsbegründende Kausalität).
Grundsätzlich bedürfen im Unfallversicherungsrecht alle anspruchsbegründenden Tatsachen des vollen Beweises. Ausgenommen sind nur die kausalen Zwischenglieder, also diejenigen Tatsachen, die den Ursachenzusammenhang ergeben. Für sie genügt ein geringerer Grad richterlicher Überzeugungsbildung, nämlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 45, 285 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSGE 58, 76 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Voll bewiesen sein müssen hingegen die Ursache selbst und der ihr zuzurechnende Erfolg. Der Vollbeweis ist daher insbesondere erforderlich hinsichtlich der Verrichtung einer versicherten Tätigkeit und des Unfallereignisses. Er verlangt die volle Überzeugung. Notwendig ist ein der Gewissheit nahe kommender Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist danach bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grades an Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (vgl. BSGE 45, 285 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSGE 58, 80 = SozR 2200 § 555a Nr. 1; BSG SozR 3 3900 § 15 Nr. 3 m. w. N.; Meyer-Ladewig, SGG, § 103 Rz 6a zu und § 118 Rz 5 m. w. N.). Den Nachteil aus der tatsächlichen Unaufklärbarkeit anspruchsbegründender Tatsachen hat der Verletzte nach den Regeln der objektiven Beweislast zu tragen, wonach die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache demjenigen Beteiligten zur Last fallen, der aus der Tatsache ein Recht herleiten will (std. Rspr., siehe etwa BSG SozR 2200 § 551 Nr. 1). An diesen Grundsätzen ändert sich auch dann nichts, wenn sich der Unfallversicherungsträger auf Sachverhaltsgestaltungen beruft, bei deren Vorliegen die anspruchsbegründende Tatsache fehlt (z. B. Einwand der Selbsttötung, eigenwirtschaftlicher Betätigung). Auch insoweit obliegt der Nachweis (des Nichtvorliegens) dem Verletzten. Den Unfallversicherungsträger trifft die Beweislast allein hinsichtlich rechtsvernichtender oder rechtshindernder Tatsachen aus Gegennormen. Um solche handelt es sich aber nicht, wenn er die von dem Verletzten zu beweisenden Tatsachen lediglich anzweifelt und hierzu hypothetische Alternativverläufe aufzeigt (h. M., vgl. Ricke, in KassKomm, § 8 SGB VII Rz 261). Ob eine Tatsache bewiesen ist oder nicht, unterliegt der grundsätzlich im Ermessen des Tatsachengerichts stehenden freien Beweiswürdigung. Hierbei darf es nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen und hat das Gesamtergebnis des Verfahrens zu berücksichtigen (vgl. BSG vom 6. April 1989 - 2 RU 69/87; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 19 m. w. N.; BSG vom 18. April 2000 - B 2 U 7/99 R m. w. N.). Jedoch darf es Beweisschwierigkeiten Rechnung tragen und tatsächliche bzw. natürliche Vermutungen sowie Anscheinsbeweise einbeziehen (vgl. BSGE 19, 52; BSG vom 18. April 2000 - B 2 U 7/99 R m. w. N.; BSG vom 4. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R; Ricke, in KassKomm, § 8 SGB VII Rz 259 m.w.N.).
In Anwendung dieser Grundsätze sieht der Senat sämtliche Tatbestandmerkmale eines Arbeitsunfalls als erwiesen an.
a) S. hat eine versicherte Tätigkeit verrichtet. Hierzu bedarf es einer sachlichen Verbindung, des sogenannten inneren Zusammenhangs zwischen dem Verhalten des Versicherten mit der Betriebstätigkeit und dem Beschäftigungsverhältnis (vgl. dazu BSG a. a. O. m. w. N.). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, auch Überlegungen nach dem Zweck seines Handelns mit im Vordergrund. Bei der Beurteilung, ob eine Tätigkeit dem Unternehmen zu dienen bestimmt ist, ist bedeutsam, ob sich der Versicherte wie auch bei den sonstigen versicherten Tätigkeiten in seiner Zielsetzung sozial- und arbeitsrechtlich norm- bzw. vertragsgerecht verhält (vgl. BSG a. a. O. m. w. N.).
Das zu seinem Verschwinden führende Verhalten des S. am 26./27. September 1999 stand danach unzweifelhaft in einem inneren Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit, soweit er seiner Arbeit als Kapitän nachgegangen ist.
Ob letzteres tatsächlich der Fall war, ist allerdings nicht mehr zu klären. Jedoch kommt es hierauf auch nicht entscheidend an. Denn in der See-Unfallversicherung gilt die Besonderheit des sogenannten Betriebsbanns. Das kommt auch in § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zum Ausdruck, welcher bestimmt, dass in der Seeschifffahrt auch Unfälle infolge von Elementarereignissen Versicherungsfälle sind. Angesichts der Eigenart der Schifffahrtsberufe ist der Versicherungsschutz nicht allein auf die unmittelbare Ausübung betrieblicher Tätigkeiten beschränkt, sondern er erstreckt sich im Falle der Einwirkung einer dem Seeschifffahrtsbetrieb eigentümlichen Gefahr auch auf Verhaltensweisen, welche sonst allgemein dem privaten Lebensbereich des Beschäftigten zugerechnet werden (z. B. Angeln von Bord, Zubereitung und Verzehr der gefangenen Fische, Baden im Meer; Suche nach einer Möglichkeit zum Fußballspielen). Schifffahrtsberufe sind dadurch gekennzeichnet, dass das Schiff für die Besatzung aus betrieblichen Notwendigkeiten zugleich die Arbeitsstätte und die Unterkunft bildet und das Besatzungsmitglied an Bord in der Regel einer ständigen Arbeitsbereitschaft unterliegt. Jeder einzelne dieser Umstände lässt es als nicht vertretbar erscheinen, ein Besatzungsmitglied, welches seine Freizeit an Bord mit Schlafen, Essen oder privatem Zeitvertreib verbringt, als unversichert anzusehen. Die beabsichtigte Freizeitgestaltung erhält ihr rechtliches Gepräge als eine dem Betrieb zuzurechnende versicherte Tätigkeit durch die besondere Gestaltung der Wohnverhältnisse und dem sich daraus ergebenden Bedarf an Zeitvertreib auf der Arbeitsstätte (bordbedingte Umstände), zugleich aber auch durch die Einwirkung der dem Schiffsbetrieb eigentümlichen Gefahr. Der Versicherungsschutz durch Betriebsbann beschränkt sich auch nicht auf solche Unfälle, die während der Ausübung des privaten Zeitvertreibs durch Einwirkungen von schiffseigentümlichen Gefahren in Bereichen eingetreten sind, wo unter Berücksichtigung von Unfallverhütungsvorschriften mit dem Aufenthalt von Seeleuten nicht zu rechnen ist (Freizeitflächen, üblicherweise benutzte Räumlichkeiten), sondern gilt gleichermaßen bei unbefugtem Betreten eines Bereiches. Er entfällt ferner nicht deswegen, weil der Versicherte sich bewusst, leichtsinnig oder unbedacht einer erhöhten Gefahr ausgesetzt hat (vgl. BSGE 14, 197; BSGE 42, 129; BSG vom 18. April 2000, Az: B 2 U 7/99 R). Das Verhalten des S. hat deswegen auch dann in dem erforderlichen inneren Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit gestanden, wenn er nicht seiner Arbeit als Kapitän, sondern einer eigenwirtschaftlichen Betätigung nachgegangen sein sollte. Das gilt auch dann, wenn er dabei &8211; wie von der Beklagten diskutiert - einen auf sein Blutdruckleiden zurückzuführenden Zusammenbruch erlitten hat.
Der innere Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit eines Seemanns fehlt erst dann, wenn dieser sich so extrem sorglos und unvernünftig verhält, dass die selbstgeschaffene Gefahr die rechtlich allein wesentliche Unfallursache ist (vgl. BSGE 14, 197; BSGE 42, 129; BSG vom 18. April 2000, Az: B 2 U 7/99 R) bzw. dann, wenn die schiffstypischen Gefahren keine rechtlich wesentliche Unfallursache darstellen. In solchen Ausnahmefällen sind eigenwirtschaftliche Tätigkeiten auch an Bord unversichert (vgl. Ricke, in KassKomm, § 10 SGB VII Rz 4 f.). Für die Annahme eines solchen Sachverhalts besteht jedoch nach Auffassung des Senats hier keinerlei Anhaltspunkt.
Schlichte Sorglosigkeit oder Unvernunft hält der Senat für ausgeschlossen. S. war nicht nur Kapitän mit Verantwortung für ein großes Containerschiff samt 21 Besatzungsmitgliedern und Ladung, sondern auch Familienvater. Er hatte deshalb sowohl ein berufliches, als auch ein privates Interesse daran, sich keinem unnötigen Risiko auszusetzen. Dank seiner vierzigjährigen seemännischen Berufserfahrung müssen ihm die latenten schiffseigentümlichen Gefahren, insbesondere bei den am 26./27. September 1999 herrschenden Wind- und Seegangsbedingungen, genauestens bekannt gewesen sein. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass er ihnen nicht mit Professionalität begegnete.
Hinweise auf eine den inneren Zusammenhang ausschließende Auseinandersetzung aus privaten Motiven, insbesondere persönliche Feindschaft oder ähnliche betriebsfremde Beziehungen, z. B. aus kriminellen Handlungen (vgl. dazu BSGE 78, 65 = SozR 3-2200 § 548 Nr. 28) bestehen ebenfalls nicht. Weder die Befragung der Besatzung der "CAP POLONIO", noch die zweimalige Untersuchung des Schiffs auf See, noch die Spurensuche der Bezirkspolizei Rotterdam-Rheinmündungsgebiet haben den geringsten Verdacht hierfür ergeben. Nach den übereinstimmenden Bekundungen des 1. Offiziers G , des 2. Offiziers P , des 1. Ingenieurs H und des Offiziersanwärters V sowie der übrigen Besatzungsmitglieder in dem "Protocol of Crew Members statements" hatte S. an Bord keine Feinde und befand sich mit keinem Besatzungsmitglied im Streit. Polizeiliche Ermittlungen gegen die "CAP POLONIO" oder die Besatzung wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz hat es nicht gegeben. Es fehlt daher an jeglichem Motiv für eine dem Privatbereich zuzuordnende Gewalttat. Äußere Anzeichen hierfür wurden ebenfalls nicht gefunden. Der an der Kabinentür entdeckte Blutstropfen lässt - sollte er überhaupt von S. stammen - nicht auf eine gewaltbedingte Verletzung schließen. Er muss auch nicht erst am 26./27. September 1999 dorthin gelangt sein.
Anhaltspunkte für einen den inneren Zusammenhang ausschließenden Alkohol- oder Drogenkonsum des S. haben sich ebenfalls nicht ergeben.
In Betracht zu ziehen bleibt schließlich noch die von der Beklagten erwogene Alternative, dass S. die Einwirkung einer schiffseigentümlichen Gefahr absichtlich in Selbsttötungsabsicht ermöglicht hat. Auch in diesem Falle würde es an dem erforderlichen inneren Zusammenhang mit den Eigenarten der Schifffahrtsberufe fehlen. Jedoch liegen für einen Selbstmord keinerlei Indizien vor. Zwar hatte S. nach übereinstimmender Aussage mehrerer Besatzungsmitglieder die Angewohnheit, des Öfteren für einige Tage in seiner Kabine zu bleiben und auch zu den Mahlzeiten nicht zu erscheinen. Diese Eigenart hatte er aber nach Angaben des 1. Offiziers G nicht erst während der letzten Fahrt, sondern schon vor Jahren entwickelt, ohne dass dies zu besonderen Vorkommnissen geführt hätte. Erkenntnisse dafür, dass es sich um Begleiterscheinungen einer Depression gehandelt hat, sind in den Akten nicht dokumentiert. Ob sich der 1. Ingenieur H ursprünglich so geäußert hat, kann dahinstehen. Denn dieser ist kein Arzt und deshalb zu einer beweiskräftigen medizinischen Diagnose nicht in der Lage. Sonstige Hinweise auf eine depressive Erkrankung des S. bestehen nicht. In den von der Beklagten beigezogenen ärztlichen Befundunterlagen wird sie nicht andeutungsweise erwähnt. Hingegen bescheinigt der praktische Arzt Pa mit Attest vom 19. September 2001 ausdrücklich, dass S. zu keinem Zeitpunkt über Lebensüberdruss oder als Depression zu deutende Symptome geklagt habe. Selbst wenn man gleichwohl depressive Episoden annähme, so ergäbe sich daraus noch nicht zwingend eine Suizidgefährdung. Die Lebensverhältnisse des S. bieten hierfür keinerlei Anhaltspunkt. Schwierigkeiten dienstlicher oder privater Art sind von allen Befragten verneint worden. S. war gut zu seiner Besatzung und sowohl von dieser, als auch von seinen Vorgesetzten fachlich wie menschlich anerkannt. Nach Angaben des 1. Ingenieurs H war er stolz auf seine Ehefrau und eine drei Kinder. Er stand nur wenige Tage vor einem Wiedersehen mit seiner Familie nach siebenwöchiger Abwesenheit und hatte dem 1. Offiziers G bereits seine Absicht mitgeteilt, die Zeit bis zur nächsten Reise an Land verbringen zu wollen. Letztlich sprechen auch die Umstände seines Verschwindens deutlich dagegen, dass S. freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Noch am Mittag des 26. September 1999 hat er bei dem 1. Ingenieur H einen Videofilm getauscht. Dabei hat er auf diesen und seine Ehefrau ebenso wie auf alle anderen Befragten einen völlig normalen Eindruck gemacht. Seine Kabine hat er mitten in der Abrechnungsarbeit verlassen. Die Abrechnungsunterlagen, sein Taschenrechner und die Verschlusskappe seines Filzstiftes lagen auf dem Tisch. Nach dem Eindruck des 1. Offiziers G sah es so aus, als ob S. nur kurz fortgegangen sei, um beispielsweise die Toilette aufzusuchen. Ein Abschiedsbrief wurde nicht vorgefunden.
Nach alledem ist der Senat bei freier Beweiswürdigung davon überzeugt, dass ein ausnahmsweise zum Ausschluss des Versicherungsschutzes durch Betriebsbann führender Sachverhalt im vorliegenden Falle nicht gegeben ist. Zwar können die Kläger hierzu keinen Vollbeweis in dem oben beschriebenen Sinne führen. Der Senat hält es aber für gerechtfertigt, im vorliegenden Falle weniger strenge Anforderungen zu stellen. Er trägt dabei nicht nur dem durch die Eigentümlichkeiten der Seefahrt bedingten Beweisnotstand der Kläger Rechnung (vgl. dazu BSGE 19,52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG vom 4. Mai 1999 &8211; B 2 U 18/98 R), sondern berücksichtigt entscheidend, dass - im Gegensatz zu allen denkbaren Alternativen &8211; nur für den angenommenen Geschehensablauf eine hohe Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. BSG vom 14. November 1984 - 9b RU 68/83; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 1).
b) S. hat auch einen Unfall erlitten. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden führen.
Nach Auffassung des Senats besteht kein vernünftiger Zweifel, dass S. über Bord gegangen ist. Bei dem danach feststehenden Hergang hat auch ein zeitlich begrenztes Ereignis von außen auf den Körper des S. eingewirkt (vgl. z. B. BG 1965, 72; BSG vom 29. Januar 1986 - 9b RU 66/84; BSG vom 30. August 1984 - 2 RU 61/83; vgl. auch BSG 18. April 2000 - B 2 U 7/99 R m. w. N.).
Allerdings ist - wie auch die Kläger einräumen - nicht zu verkennen, dass angesichts der baulichen Gegebenheiten auf der "CAP POLONIO" und der am 26./27. September 1999 herrschenden Wind- und Seegangsverhältnisse nur eine geringe Wahrscheinlichkeit für ein solches Geschehen bestand. Gleichwohl steht aber zur Überzeugung des Senats fest, dass es dazu gekommen ist. Die einzig denkbare Alternative, dass S. sich an Bord versteckt oder das Schiff auf andere Weise verlassen hat, kann nach dem Ergebnis der Durchsuchungen und der Spurensuche mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
Abgesehen davon bleibt der vorliegende Sachverhalt jedoch durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass die Ermittlungen keinerlei Anhaltspunkte dafür erbracht haben, wann und unter welchen genauen Umständen S. verunglückt ist, dass also der konkrete Unfallverlauf ungeklärt bleibt und naturgemäß mehrere theoretische Möglichkeiten dafür offen stehen. Das ist jedoch unschädlich, weil alle noch in Betracht zu ziehenden Verläufe und Zusammenhänge - eine Selbsttötung oder eine Gewalttat aus privaten Gründen wurden bereits ausgeschlossen - zur Annahme eines Unfalls führen. Einer bis ins Einzelne gehenden Sachaufklärung zum Unfallhergang bedarf es deshalb nicht (vgl. BSGE 61, 127; BSG 31. Mai 1996 - 2 RU 24/95).
Sollte S. einer nicht privat motivierten, sondern durch die betrieblichen Verhältnisse ermöglichten oder begünstigten Gewalttat (z. B. eines bei kriminellen Handlungen überraschten Besatzungsmitglieds oder blinden Passagiers) zum Opfer gefallen sein, so würde dies am Tatbestand eines Unfalls nichts ändern (vgl. dazu BSGE 78, 65 = SozR 3-2200 § 548 Nr. 28). Im Übrigen gibt es - wie bereits ausgeführt - nach den kriminaltechnischen Ermittlungen keinen Hinweis auf ein solches Geschehen.
Auch wenn S. vor dem Überbordgehen einen auf sein Blutdruckleiden zurückzuführenden Zusammenbruch erlitten haben und dadurch an Gegenmaßnahmen (Festhalten, Rückzug an sicheren Ort) gehindert gewesen sein sollte, wäre von einem Unfall auszugehen (vgl. BSGE 87, 194 = SozR 3-3200 § 81 Nr. 18; BSG 4. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R). Anhaltspunkte dafür fehlen allerdings ebenfalls völlig. Zwar ist in dem Eingangs- und Ermittlungsbericht des LKA Hamburg vom 29. September 1999 die Angabe des Reederei-Mitarbeiters D wiedergegeben, S. habe ca. am 22. September 1999 über starke Kreislaufbeschwerden geklagt. Die Schlussfolgerung der Beklagten, es habe sich um Symptome des Blutdruckleidens des S. gehandelt, ist jedoch rein spekulativ. Dagegen spricht, dass nach Auskunft des praktischen Arztes Pa vom 19. September 2001 der Blutdruck gut eingestellt war. Auch dass die Beschwerden vier Tage später noch vorhanden waren, ist nirgends belegt. Kein Besatzungsmitglied hat zeitnah zu seinem Verschwinden besondere gesundheitliche Probleme bei S. bemerkt. Der 1. Offizier G und der 1. Ingenieur H haben zwar auf seinen medikamentenbedürftigen Bluthochdruck hingewiesen, aber weder eine Verschlimmerung, noch eine neu hinzugetretene Erkrankung erwähnt.
3.
Der Unfall war auch ein Arbeitsunfall. Die für die Annahme eines Arbeitsunfalls erforderliche haftungsbegründende Kausalität zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis ist gegeben, weil außer dem - hier als erwiesenen anzusehenden kausalen Anknüpfungspunkt keine anderen Tatsachen feststellbar sind, die als Konkurrenzursachen wirksam geworden sein könnten. Ist aber eine in Betracht zu ziehende Konkurrenzursache in ihrer Grundvoraussetzung nicht festzustellen, so scheidet sie bereits im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne als Ursache aus und kann daher im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität keine Berücksichtigung finden (vgl. BSG SozR 3 2200 § 548 Nr. 11).
Abgesehen davon ist aber die haftungsbegründende Kausalität auch dann nicht zu verneinen, wenn &8211; wie die Beklagte für möglich hält - das Blutdruckleiden des S. für das Überbordgehen mitursächlich war. Auch in diesem Falle stellen die schiffseigentümlichen Umstände nicht lediglich eine unwesentliche Gelegenheitsursache, sondern zumindest eine gleichwertige Mitursache für die Unfallfolge dar. Hat eine dem persönlichen Bereich zugehörende und daher unfallversicherungsrechtlich unerhebliche innere Ursache zu dem Schadensereignis beigetragen hat, so setzt der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Unfall voraus, das zwischen der Beschaffenheit der Unfallstelle und der Körpereinwirkung oder ihrer Schwere ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang besteht (vgl. BSG SozR § 548 RVO Nr. 28). Das ist hier, wenn man einen Zusammenbruch des S. aus innerer Ursache unterstellt, anzunehmen. Denn dessen Folgen waren nur deshalb so schwerwiegend, weil sich S. an Bord eines Schiffes auf See befand und gefährliche Wind- und Seegangsbedingungen herrschten.
4. Der gemäß Beschluss des Amtsgerichts Meldorf vom 8. September 2000 bindend feststehende Tod des S. ist schließlich auch infolge des Versicherungsfalls eingetreten. Von diesem Kausalzusammenhang ist der Senat überzeugt. Auch insoweit bleibt zwar der genaue Hergang unaufklärbar. Es ist jedoch unzweifelhaft, dass S. infolge des Sturzes von Bord der "CAP POLONIO" ins Wasser verstorben (mutmaßlich ertrunken) ist.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
IV. Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen. Dass einem durch die Eigentümlichkeiten der Seefahrt bedingten Beweisnotstand von Hinterbliebenen im Rahmen der freien Beweiswürdigung Rechnung getragen werden darf, ist wie zitiert &8211; bereits höchstrichterlich entschieden.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Hinterbliebenenrente.
Die Kläger sind die Witwe und die drei Kinder des am 1937 geborenen und durch Beschluss des Amtsgerichts Meldorf vom 8. September 2000 &8211; Az.: 46 II 59/99 - zum 27. September 2000, 24:00 Uhr für tot erklärten Claus S (nachfolgend: S.). Dieser war zuletzt Kapitän der der Reederei Hamburg-Südamerikanische Dampfschifffahrtsgesellschaft E & A gehörenden "CAP POLONIO", eines 29.390 BRT großen, 200,23 m langen und 32,20 m breiten Containerschiffs mit 21 Besatzungsmitgliedern unterschiedlicher Nationalität.
Am 26./27. September 1999 befand sich das Schiff auf der Überfahrt von Nordbrasilien nach Rotterdam. Es war mit 1500 Containern verschiedenen Inhalts sowie einigen Leercontainern beladen. Zwischen dem 26. September 1999, 18:00 Uhr und dem 27. September 1999, 11:30 Uhr befuhr es den Weg von der Biskaya vor Nordspanien bis zum Westausgang des englischen Kanals zwischen Ushant und Guernsey. Seither fehlt von S. jede Spur.
Ausweislich des von der Beklagten veranlassten amtlichen Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes vom 3. Dezember 1999 wurde die Schiffsroute in der Zeit vom 26. September 1999, 18:OO Uhr bis zum 27. September 1999, 0:00 Uhr von West nach Ost von einer Kaltfront überquert. Vor dieser wehte ein Südwestwind mit 5 Bft mittlerer Stärke. Mit der Passage der Front drehte der Wind auf Westsüdwest bis West und frischte auf mittlere Stärken von 7 bis 8, in Böen 9 Bft auf. Auf der Rückseite der Front (am 27. September 1999, 6:00 Ortszeit) flaute der Wind auf eine mittlere Stärke von 6 bis 7, in Böen 8 bis 9 Bft ab. Sechs Stunden später hatten bei mittleren Windstärken von 5 bis 6 Bft auch die Böen auf 7 bis 8 Bft abgenommen. Vor der Kaltfront betrugen die Wellenhöhen der Windsee 2 m mit Perioden um 5 s. Gleichzeitig lief aus Westsüdwest eine 1,5 - 2 m hohe Dünung mit Perioden von 7 &8211; 8 s. Hinter der Kaltfront stiegen die Wellenhöhen der Windsee auf 3 bis 3,5 m und Perioden um 7 Sek. an. Die weiterhin aus Westsüdwest laufende Dünung erreichte Höhen um 3 m bei Perioden um 10 s.
Die Schiffsbewegungen werden in den Logbucheintragungen für den
26./27. September 1999, 16:00 bis 4:00 Uhr mit "Vessel is rolling and pitching easily" und für den 27. September 1999, 8:00 bis 12:00 Uhr mit "Vessel is rolling moderately in swell from port side" beschrieben.
In dem Eingangs- und Ermittlungsbericht des LKA Hamburg vom 29. September 1999 ist die Vernehmung des Reederei-Mitarbeiters D wie folgt wiedergegeben: &8222;Herrn D ist nicht bekannt, dass Herr S unter ernsthaften Erkrankungen litt. Ca. am 22. 09. 1999 hatte der Kapitän jedoch ggü. seinem 1. Offizier angegeben, dass er unter starken Kreislaufstörungen leidet und in Rotterdam evtl. einen Arzt aufsuchen will&8220;.
Nach den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurde S. zuletzt am 26. September 1999 gegen 18:00 Uhr vom Schiffskoch in der Arbeitsmesse gesehen. In der Nacht zum 27. September 1999 wurde von dem Matrosen T während des Wachgangs festgestellt, dass die Tür zur Kapitänskajüte offen stand und darin Licht brannte. Am 27. September 1999 um 9:30 Uhr fand der Steward das Bett des S. unbenutzt vor. Beides erschien zunächst nicht auffällig, weil es häufiger vorkam, dass S. nachts Bordabrechnungen erledigte. Zwischen 11:00 Uhr und 11:30 Uhr wurde S. sowohl von dem 1. Offizier G , als auch von dem 1. Ingenieur H gesucht. Nachdem die Suche erfolglos verlaufen war, wurde zweimal Generalalarm ausgelöst und das gesamte Schiff anhand der Deckspläne gründlich durchsucht. Dabei wurde kein Raum ausgelassen. Die Suche blieb jedoch erfolglos. Gefunden wurde lediglich eine Salzkristallanhaftungen aufweisende Brille des S., welche an dem im Heckbereich ca. 8 m von der seitlichen Außenbordbandwand und ca. 5,5 m vom Heck entfernt gelegenen Außenpool auf dem 2. Aufbaudeck lag. Die Bordkasse mit Inhalt (10.000 USD und 10.000 DM) und ein Umschlag mit Geld befanden sich noch an ihrem Platz im Safe bzw. in der Schreibtischschublade. Medikamente aus der Bordapotheke fehlten ebenfalls nicht. Die Schränke waren sauber und ordentlich. Auf dem Schreibtisch des S. lagen geöffnete Unterlagen für die Abrechnung sowie ein Filzstift mit abgezogener Verschlusskappe und ein Taschenrechner. Ein Abschiedsbrief war nicht vorhanden. Spuren einer gewaltsamen Auseinandersetzung wurden weder am Brillenfundort, noch in der Kabine des S. entdeckt. Auf Anordnung der Reederei wurde das Schiff daraufhin auf Gegenkurs gelegt und fuhr den im Zeitraum vom 26. bis 27. September 1999 zurückgelegten Weg erneut ab. Ferner wurde über die französische Rettungsstelle "Etel Atlantic" eine Suche in dem betreffenden Seeraum organisiert, zu welcher auch Flugzeuge und andere Schiffe eingesetzt wurden. S. wurde jedoch nicht gefunden.
Die Suche wurde in zwei "Statements of facts" vom 28. und 29. September 1999 dokumentiert. Ferner wurde ein von allen 20 Besatzungsmitgliedern unterzeichnetes "Protocol of Crew Members statements" aufgenommen. Darin wird erklärt, dass irgendeine ungewöhnliche Verhaltensweise, Äußerung oder Anordnung des S. nicht aufgefallen und von irgendeiner Auseinandersetzung mit einem Besatzungsmitglied nichts bekannt sei.
Nach der Ankunft in Rotterdam wurde das Schiff auf Amtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hamburg am 30. September 1999 von der Bezirkspolizei Rotterdam-Rheinmündungsgebiet abermals durchsucht. Dabei kamen auch zwei Spürhunde sowie eine technische Ermittlungsgruppe zum Einsatz, welche u. a. mit UV-Licht nach verwischten Spuren suchte. Auch diese Suche verlief erfolglos. An der Außenseite des Rahmens der Kabinentür des S. fand sich ein Blutstropfen ungeklärter Herkunft. Hinweise auf eine Straftat ergaben sich nicht.
Ferner wurde von der Bezirkspolizei Rotterdam-Rheinmündungsgebiet der 1. Offizier G , der 2. Offizier P , der 1. Ingenieur H , dessen als Fahrgast mitfahrende Ehefrau sowie der Offiziersanwärter V vernommen.
Der 1. Offizier G sagte aus: S. habe bis zum 4. Oktober 1999 auf der "CAP POLONIO" fahren und die Zeit bis zur nächsten Reise wie üblich an Land verbringen wollen. Er sei öfter für einige Tage in der Kabine geblieben, ohne dass jemand von der Besatzung Kontakt zu ihm gehabt habe. Es sei auch regelmäßig vorgekommen, dass er nicht zum Frühstück oder zu anderen Mahlzeiten erschienen sei. Nach Aussage anderer Besatzungsmitglieder habe er sich so schon jahrelang verhalten. S. habe manchmal einen zu hohen Blutdruck gehabt und deswegen Medikamente genommen. Der Kontakt zwischen S. und der Mannschaft sei ohne Zweifel gut gewesen. Es habe sich um einen sozial eingestellten Menschen gehandelt, der bei Problemen stets nach diplomatischen Lösungen gesucht habe. Ernsthafte Vorkommnisse oder Disziplinarstrafen habe es nicht gegeben. Polizeiliche Ermittlungen gegen die "CAP POLONIO" oder die Besatzung wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz hätten zu keiner Zeit stattgefunden. Als er S. zuletzt gesehen habe, sei ihm nichts Besonderes aufgefallen. S. habe geäußert, dass er noch viel Zeit für die End-abrechnung benötigen werde. Bei der späteren Untersuchung habe seine Kabine so ausgesehen, als ob er nur eben zur Toilette gegangen sei.
Der 2. Offizier P sagte aus: Soweit er wisse, habe S. an hohem Blutdruck gelitten, sei aber ansonsten gesund gewesen. Es habe sich um einen ruhigen Mann gehandelt, der sich viel in seiner Kabine und fast nie an Deck aufgehalten habe, außer auf dem Achterdeck in der Nähe des Schwimmbades. Manchmal habe er die Mahlzeiten zusammen mit der Besatzung eingenommen. Er sei ein guter Kapitän gewesen, der mit niemandem im Streit gelebt und keine Feinde gehabt habe.
Der 1. Ingenieur H sagte aus: Er habe fünf Jahre mit S. zusammengearbeitet und guten Kontakt zu ihm gehabt. Manchmal habe S. sich zwei oder drei Tage in seiner Kabine eingeschlossen. Soweit er wisse, habe S. dann unter Depressionen gelitten. Auch wisse er, dass S. Medikamente gegen seinen hohen Blutdruck genommen habe. Seine Brille habe S. immer getragen. Ohne Brille habe er nur an seinem Schreibtisch gearbeitet. Zuletzt habe er S. am Mittag des 26. September 1999 gesehen. S. habe ihn in seiner Kabine aufgesucht, um einen Videofilm zu tauschen. Dabei habe S. einen normalen Eindruck gemacht. Er sei der einzige gewesen, mit dem S. auch über sein Privatleben gesprochen habe. Hinweise darauf, dass er Probleme gehabt habe, hätten sich dabei nie ergeben. S. sei stolz auf seine Ehefrau und seine drei kleinen Kinder gewesen. Auch mit Besatzungsmitgliedern habe es keine Probleme gegeben.
Frau H sagte aus: S. sei ein witziger Mann gewesen. Er habe sich aber auch manchmal drei oder vier Tage in seiner Kabine eingeschlossen und mit niemandem Kontakt gehabt. Anschließend habe er sich dann wieder normal benommen. Zuletzt habe sie S. zusammen mit ihrem Mann gesehen. Er habe normal gewirkt.
Der Offiziersanwärter V sagte aus: Er habe S. als sehr ruhige Person empfunden, die wenig Kontakt mit der Besatzung gehabt habe und oft in der Kabine geblieben sei. S. sei immer gut gelaunt gewesen. Er habe nichts darüber gehört, dass S. mit jemandem Streit gehabt habe. Nach der Abfahrt aus Brasilien habe ihm der 1. Offizier G erzählt, dass S. erkrankt sei.
Die seeamtlichen Untersuchungen wurden im April 2000 eingestellt. Ein Seeamtsspruch erfolgte nicht. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurden gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung ebenfalls eingestellt.
Auf die unter Beifügung eidesstattlicher Erklärungen des 1. Offiziers G und des 1. Ingenieurs H erstattete Unfallanzeige der Reederei vom 4. Oktober 1999 und den Antrag der Kläger vom 26. November 1999 auf Hinterbliebenenleistungen nahm die Beklagte weitere Sachverhaltsermittlungen auf. Sie zog die vorhandenen ärztlichen Unterlagen über S. bei und holte eine Auskunft der See-Krankenkasse vom 29. Dezember 1999 ein, in welcher mitgeteilt wird, dass keine bedeutsamen Vorerkrankungen bekannt seien. Ferner veranlasste sie eine Stellungnahme ihrer Schiffssicherheitsabteilung vom 11. Mai 2000, in welcher es heißt: Bei den herrschenden Wind- und Seegangsbedingungen könne nicht ausgeschlossen werden, dass S. bei einem plötzlichen starken Überholen des Schiffs den Halt verloren habe und über Bord gefallen sei. Andererseits seien aber auch keine Anhaltspunkte für einen solchen Ablauf zu erkennen, zumal die Brille am Fundort bereits längere Zeit gelegen haben könne.
Mit vier Bescheiden vom 24. Mai 2000 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: S. sei seit dem 27. September 1999, 12:36 Uhr vermisst. Zu diesem Zeitpunkt habe eine Windstärke von 5 - 6 geherrscht und das Schiff habe mit einer leichten Rollbewegung reagiert. Bei der Durchsuchung sei die Brille des S. auf dem zweiten Aufbaudeck gefunden worden. Weitere Auffälligkeiten hätten nicht festgestellt werden können. Die Untersuchung der niederländischen Polizei habe keine Hinweise auf Gewaltanwendung durch Dritte oder Anhaltspunkte dafür ergeben, dass S. infolge schiffseigentümlicher Gefahren über Bord gefallen sei. Die Ursache für das Verschwinden sei ungeklärt. In der Sozialversicherung gelte der Grundsatz der objektiven Beweislast. Danach hätten die Kläger die Beweislast dafür, dass der Tod des S. infolge eines Arbeitsunfalls eingetreten sei.
Auf die deswegen erhobenen Widersprüche holte die Beklagte zwei weitere Stellungnahmen ihrer Schiffssicherheitsabteilung vom und 31. Oktober 2000 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2001 wies sie die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Nach den umfangreichen Feststellungen der niederländischen Ermittlungsbehörden im Auftrage der Staatsanwaltschaft Hamburg habe die Ursache für das Verschwinden des S. von Bord nicht aufgeklärt werden können. Auch der Fundort der Brille auf dem 2. Aufbaudeck im Bereich des Außenpools und des Freifall-Rettungsbootes liefere keinen sicheren Anhaltspunkt dafür, dass S. an dieser Stelle durch Schaukelbewegungen über Bord gegangen sei. Abgesehen davon, dass die Brille auch schon Tage zuvor verloren gegangen sein könne, sprächen die örtlichen Verhältnisse gegen einen solchen Hergang. Das 2. Aufbaudeck reiche nur an seiner Steuerbordseite mit einem Teil bis auf Höhe der Außenhaut nach außen. Dieser Teil sei zur Seite und nach achtern mit einer geschlossenen Verschanzung abgesichert, vor der eine große Kunststoffkiste mit Rettungswesten stehe. Nach vorn bestehe eine Absicherung mit einem Schott bis zur Höhe des nächsten Decks. Sollte S. in diesem Bereich ausgerutscht sein und das Gleichgewicht verloren haben, so hätte ihn die Rettungswestenkiste mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgefangen. Er müsse schon auf der Kiste gestanden haben, um außenbords zu gehen. Die Aufstellung des Freifall-Rettungsboots sei nach innen versetzt. Der Eingang des Freifall-Rettungsboots sei über eine kleine Treppe, die bis zur Plattform führe, vom 2. Aufbaudeck aus zu erreichen. Treppe und Plattform seien mit einer vorschriftsmäßigen Reling mit Durchzügen gesichert. Zum Bootseingang (auf das Schiff bezogen achteraus) sei die Plattform mit einer zweiflügeligen Pforte versehen. Stürze man über die Steuerbord-Reling der Plattform, so falle man auf das darunter liegende Deck, da bis außenbords noch rund 2,25 m Raum sei. Erst bei einer Krängung von ungefähr 20° nach steuerbord befinde sich dieser Bereich der Plattform über der Verschanzung des Poopdecks. Laut Tagebucheintragung habe das Schiff mäßig bis schwer gerollt bei Kursen von 31° bzw. 49° in der achterlichen Windsee und der von backbord quereinlaufenden Dünung. Ein außergewöhnlich starkes Überholen in der fraglichen Zeit sei nicht belegt. Damit stehe im Einklang, dass der 1. Offizier G die Verschlusskappe des Filzstiftes und den Taschenrechner des S. noch auf dem Tisch vorgefunden habe. Ein Überbordgehen an dem Brillenfundort sei deshalb unwahrscheinlich. Es bestehe zwar die Möglichkeit, dass sich die Geschehnisse an Bord wie von den Klägern geschildert abgespielt hätten. Jedoch handele es sich um reine Vermutungen, welche sich unter Berücksichtigung der schiffbaulichen Verhältnisse nicht mit der erforderlichen Gewissheit verdichten ließen, weil es auch Hinweise für alternative Geschehensabläufe gebe, die nicht mit der versicherten Tätigkeit, sondern mit persönlichen Dispositionen im Zusammenhang stehen könnten. S. habe unter hohem Blutdruck und nach Angaben des 1. Ingenieurs H zeitweilig unter Depressionen gelitten. Er habe an Mahlzeiten nicht teilgenommen und sei manchmal tagelang in seiner Kabine geblieben, ohne mit der Besatzung zu sprechen. An der Kabinentür seien Blutstropfen gefunden worden. Es könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass als einzige Ursache ein Versicherungsfall in Betracht komme.
Mit ihrer deswegen am 28. Februar 2001 bei dem Sozialgericht (SG) Itzehoe erhobenen Klage haben die Kläger ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung haben sie eine schriftliche Erklärung des 1. Ingenieurs H vom 23. Juli 2001 sowie ein Attest des praktischen Arztes Pa vom 19. September 2001 zu den Akten gereicht und im Wesentlichen vorgetragen: Die angefochtenen Bescheide gingen zu Unrecht davon aus, dass zum Zeitpunkt des Verschwindens des S. eine Windstärke von gleichbleibend 5 - 6 Bft geherrscht und sich das Schiff in einer leichten Rollbewegung befunden habe. Laut Eintragungen im Logbuch und den &8222;Statements of facts&8220; hätten in der Nacht auf den 27. September 1999 Windstärken von 5 - 7 Bft geherrscht. Am Morgen des 27. September 1999 sei eine Zunahme der Dünung und der Rollbewegung des Schiffes dokumentiert. Der Brillenfundort werde täglich alle zwei bis drei Stunden von Mannschaftsmitgliedern betreten. Niemand habe die Brille des S. dort zuvor gesehen. Überdies sei es für einen Brillenträger unvorstellbar, eine verlorene Brille einfach liegen zu lassen und eine andere aufzusetzen. S. könne seine Brille deshalb nur durch eine tätlichen Angriff oder infolge eines Unfalls verloren haben. Der Bereich des Brillenfundortes gehöre zu den größten Gefahrenstellen an Bord. Es handele sich um eine der wenigen Stellen, an denen ein Mensch über Bord gehen könne. Wenn etwa der Kapitän das Freifall-Rettungsboot inspiziere, müsse er über eine kleine Treppe auf eine Art Plattform steigen. Der Zugang zum Freifall-Rettungsboot sei durch eine Kette gesichert. Es sei ohne weiteres möglich, dort infolge einer entsprechender Krängung des Schiffes auszurutschen, das Gleichgewicht zu verlieren und unter der Kette hindurch direkt an der Bordwand entlang ins Meer zu fallen. Das sei zwar sehr ungewöhnlich, jedoch nicht ausgeschlossen. Dafür spreche, dass die "CAP POLONIO" am Morgen des 27. September 1999 schwer in der Dünung gerollt habe und das Deck infolge der Gischt äußerst rutschig gewesen sei. Bei dem geschilderten Unfallhergang habe S. mit Wahrscheinlichkeit auch die Brille verloren. Denkbar sei aber auch, dass dies durch einen heftigen Windstoß geschehen sei und S. bei dem Versuch, die Brille festzuhalten, ausgerutscht und dann über Bord gefallen sei. Für die Variante eines Suizids seien hingegen überhaupt keine Hinweise vorhanden, so dass diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. S. sei am 26. September 1999 noch von mehreren Personen gesehen worden, zuletzt um 18:00 Uhr vom Koch in der Arbeitsmesse, wo er eine Mahlzeit zu sich genommen habe. Er habe keinerlei Auffälligkeiten gezeigt und völlig normal gewirkt. Er habe auch nicht unter Depressionen gelitten. Der 1. Ingenieur H könne sich ausweislich seiner Erklärung vom 23. Juli 2001 nicht daran erinnern, diesen Ausdruck verwendet zu haben. Zumindest habe er ihn nicht im Sinne einer medizinischen Diagnose gebraucht. Selbst wenn man Depressionen unterstelle, so heiße dies nicht, dass S. selbstmordgefährdet gewesen sei. Richtig sei, dass S. altersbedingt einen erhöhten Blutdruck gehabt habe. Hiergegen habe er jedoch Medikamente genommen, die dazu geführt hätten, dass seine körperliche und geistige Leistungsfähigkeit uneingeschränkt gewesen sei. Nach Angaben seines Hausarztes Pa sei der Blutdruck seit langer Zeit medikamentös gut eingestellt gewesen und habe zu keinen weiteren Beschwerden geführt. Die in dem polizeilichen Ermittlungsbericht vom 29. September 1999 enthaltene Angabe des Reederei Mitarbeiters D , S. habe gegenüber dem 1. Offizier G über starke Kreislaufstörungen geklagt und die Absicht geäußert, in Rotterdam einen Arzt aufzusuchen, werde mit Nichtwissen bestritten. Seiner Ehefrau habe S. von entsprechenden Beschwerden nicht berichtet. Die auf Tod abgeschlossene Unfallversicherung des S. bei der Signal Iduna habe ihre Eintrittspflicht anerkannt.
Die Kläger haben beantragt,
1. die Bescheide der Beklagten vom 24. Mai 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2001 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, den Klägern zu 1) bis 4) Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie hat sich auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen bezogen und ergänzend vorgetragen: Die Gegenseite halte daran fest, dass der Fundort der Brille auf dem 2. Aufbaudeck im Bereich des Außenpools und des Freifall-Rettungsbootes auch der Unglücksort sei und konstruiere daraus einen als "wahrscheinlich" bezeichneten Geschehensablauf. Nach Auskunft mehrerer Besatzungsmitglieder könne aber die Brille schon mehrere Tage am Fundort gelegen haben, wofür auch die Salzkristallanhaftungen sprächen. Die Beklagte sehe im Einvernehmen mit dem nautischen Sachverständigen ihrer Schiffssicherheitsabteilung ein Überbordgehen an dieser Stelle aus den im Widerspruchsbescheid dargelegten Gründen als unwahrscheinlich an. Sie halte ferner daran fest, dass es alternativen Geschehensabläufe gebe. S. habe durchaus gesundheitliche Auffälligkeiten gezeigt. So habe er gegenüber dem 1. Offizier G schon am 22. September 1999 angegeben, er leide unter starken Kreislaufstörungen und wolle in Rotterdam einen Arzt aufsuchen. Der Zeuge H habe, auch wenn er sich jetzt nicht mehr erinnern könne, anlässlich seiner Vernehmung durch die niederländische Polizei angegeben, dass sich S. manchmal zwei oder drei Tage in seiner Kabine eingeschlossen und dann soweit er wisse unter Depressionen gelitten habe.
Mit Urteil vom 24. Oktober 2002 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, den Klägern Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
In den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach Überzeugung der Kammer sei der Tod des S. auf einen Sturz über Bord der "CAP POLONIO" zurückzuführen. Zwar sei der konkrete Geschehensablauf nicht belegt. Tatsache sei jedoch, dass S. auf hoher See von Bord verschwunden sei. Ursächlich hierfür könne lediglich ein Unfallereignis, ein Freitod oder ein Gewaltverbrechen sein. Für die letztgenannten Alternativen bestünden jedoch keine Anhaltspunkte. Die kriminaltechnischen Ermittlungen der niederländischen Polizei hätten keine Hinweise auf ein Gewaltverbrechen erbracht. Auch die Zeugen hätten übereinstimmend ausgesagt, dass es an Bord keine Streitigkeiten gegeben habe. Anzeichen für einen Freitod bestünden ebenfalls nicht. S. sei als lebensfroher Mensch, sein Familienleben als harmonisch geschildert worden. Es lasse sich nicht feststellen, dass er unter Depressionen gelitten habe. Die Angaben der Eheleute H reichten entgegen der Auffassung der Beklagten als Bestätigung hierfür nicht aus. Der praktische Arzt Pa habe bescheinigt, dass S. weder über Lebensüberdruss, noch über Symptome einer Depression geklagt habe. Auch sein Blutdruckleiden deute, wenn es sich auf der letzten Fahrt auch verschlimmert haben möge, nicht auf einen Freitod hin. Seine Absicht, in Rotterdam einen Arzt aufzusuchen, zeige gerade, dass S. eine Besserung seines Gesundheitszustandes angestrebt habe. Da mithin begründete Anhaltspunkte für ein Gewaltverbrechen oder einen Selbstmord nicht ersichtlich seien, müsse S. unfreiwillig von Bord gestürzt sein. Es stehe für die Kammer außer Zweifel, dass er dabei unter Versicherungsschutz gestanden habe. Zwar lasse sich nicht aufklären, welche konkrete Tätigkeit er ausgeübt habe. Wegen der Eigenart der Schifffahrtsberufe sei der Versicherungsschutz nicht auf die unmittelbare Ausübung betrieblicher Tätigkeiten beschränkt, sondern erstrecke sich im Falle der Einwirkung einer dem Schifffahrtsbetrieb eigentümlichen Gefahr auf Verhaltensweisen, welche sonst dem privaten Lebensbereich zuzurechnen seien. Selbst wenn daher in Betracht zu ziehen sei, dass S. wegen seines Bluthochdrucks zu Fall gekommen sei, so sei die schiffseigentümliche Gefahr wesentliche Ursache für den Sturz über Bord.
Gegen dieses am 21. November 2002 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, welche am 13. Dezember 2002 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Die Beklagte reicht 20 Fotos der "CAP POLONIO" zu den Akten und trägt vor: Das SG habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten. Es habe keinerlei begründete Anhaltspunkte für alternative Geschehensabläufe gesehen und hieraus gefolgert, dass ein Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten sei. Diese Schlussfolgerung lasse sich aber nur treffen, wenn alle denkbaren Unfallverläufe und Zusammenhänge zu dem Ergebnis führten, dass Versicherungsschutz zu bejahen sei, weil die versicherte Tätigkeit in jedem denkbaren Falle eine rechtlich wesentliche Ursache für den Unfall gewesen sei. Diese Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Es seien die im Widerspruchsbescheid und in erster Instanz skizzierten unversicherten Alternativläufe denkbar. Wenn das SG diese nicht gelten lassen wolle, so müsse es offen legen, welcher konkrete Verlauf bzw. welche dem Schiffsbetrieb eigentümliche Gefahr denn die Ursache für das Verschwinden des S. von Bord gewesen sein solle. Ein unfallartiges Überbordgehen auf Grund der schiffbaulichen Gegebenheiten und den herrschenden Witterungsverhältnissen sei aus den bereits dargelegten Gründen jedenfalls unwahrscheinlich. Dies gelte insbesondere für den Fundort der Brille. In der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2003 hat der technische Aufsichtsbeamte Schreiber anhand des Fotos auf Bl. 272, 274 R der Gerichtsakte demonstriert, dass es auf der Backbordseite des 1. Aufbaudecks der "CAP POLONIO" eine weitere gefährliche Stelle gebe. Trete man hinter die das Bereitschaftsboot umgebenden Absperrungen, so könne man theoretisch direkt an der Bordwand entlang ins Wasser fallen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 24. Oktober 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und wiederholen ihre erstinstanzlichen Ausführungen. Ergänzend tragen sie vor: Es gehe ihnen ausschließlich um Hinterbliebenenrente. In dem zu prüfenden Zeitraum von etwa 14 Stunden sei S. nach Aussage aller Zeugen mit der Abrechnung befasst gewesen. Zum Zeitpunkt der Entdeckung seines Verschwindens sei die Arbeit auch noch nicht abgeschlossen gewesen. Danach könne es nur so gewesen sein, dass er seine Tätigkeit für einen kurzen Kontrollgang über die Decks unterbrochen habe. Selbst wenn er nur an die frische Luft habe gehen wollen, so sei dies in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit geschehen. Die Beklagte habe keinerlei glaubhafte und plausible Alternativen für das Verschwinden des S. dargelegt. Hinweise auf ein Gewaltverbrechen lägen nicht vor. Die Feststellung von Blutstropfen an der Kabinentür besage nichts. Weitere Spuren seien nicht gefunden worden. Ernsthafte Anhaltspunkte für einen Freitod seien ebenfalls nicht zu erkennen. Es sei auch völlig unplausibel, dass er im Falle eines Freitodes vor dem Überbordspringen seine Brille auf das Deck geworfen hätte.
Die S. betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hamburg 2 UJs 6499/99 sowie die Akten der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest haben dem Senat vorgelegen und sind Gegen stand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Auf ihren Inhalt wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (vgl. § 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und bedarf keiner Zulassung, weil sie laufende Rentenleistungen für mehr als ein Jahr betrifft (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Frist und Form (vgl. § 151 Abs. 1 und 3 SGG) sind gewahrt.
II. Die Berufung ist aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil hält einer Überprüfung stand. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das SG die Bescheide vom 24. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2001 aufgehoben und die Beklagte zur Gewährung von Hinterbliebenenrente an die Kläger verurteilt.
Der geltend gemachte Anspruch beurteilt sich nach den Vorschriften des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII), weil ein Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1996 geltend gemacht wird (vgl. Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes; § 212 SGB VII).
Die Anspruchsgrundlage ergibt sich aus § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 SGB VII. Nach diesen Vorschriften haben Hinterbliebene eines Versicherten Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist. Voraussetzungen eines Entschädigungsverhältnisses zwischen den Klägern und der Beklagten sind mithin die Versicherteneigenschaft (nachfolgend unter 1.) und der Tod (nachfolgend unter 2.) des S., der Eintritt eines Versicherungsfalls (nachfolgend unter 3.) und dessen Ursächlichkeit für den Tod (nachfolgend unter 4). Alle Voraussetzungen liegen vor.
1. S. war &8211; wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig ist - am 26./27. September 1999 gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert.
2. Er ist am 27. September 1999 um 24:00 Uhr verstorben. Das ergibt sich aus der Todeserklärung des Amtsgerichts Meldorf vom 8. September 2000. Diese wirkt für und gegen jedermann. Sie bindet folglich auch die Beklagte und den Senat. Eines Rückgriffs auf die Fiktion des § 63 Abs. 4 SGB VII bedarf es daher nicht (vgl. BSGE 12, 139 = SozR Nr. 3 zu § 1260 a. F. RVO; Ziegler, in LPK-SGB VII, § 63 Rz 24; Kater, in Kater/Leube, SGB VII, § 63 Rz 18).
3. Es ist auch ein Versicherungsfall eingetreten. Was hierunter zu verstehen ist, wird in § 7 Abs. 1 SGB VII definiert (zu der Ergänzung durch § 10 Abs. 1 SGB VII siehe weiter unten). Nach dieser Vorschrift sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Der Tod selbst stellt keinen eigenen Versicherungsfall dar, sondern ist lediglich dessen ultimativer Folge- und Spätschaden (vgl. BSGE 88, 226 = SozR 3-2700 § 63 Nr. 1 m. w. N.).
Im vorliegenden Falle kommt nur ein Arbeitsunfall in Betracht.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Dazu ist erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (std. Rspr., vgl. BSG SozR 3-2200 § 548 Nrn. 19 und 26 m. w. N.; SozR 3-2700 § 8 Nr. 3 m. w. N.). Tatbestandsmerkmale eines Arbeitsunfalls sind danach die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, das Vorliegen eines Unfalls und ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang (Kausalzusammenhang) zwischen der für den Unfallzeitpunkt feststehenden versicherten Tätigkeit und dem Unfallgeschehen (sog. haftungsbegründende Kausalität).
Grundsätzlich bedürfen im Unfallversicherungsrecht alle anspruchsbegründenden Tatsachen des vollen Beweises. Ausgenommen sind nur die kausalen Zwischenglieder, also diejenigen Tatsachen, die den Ursachenzusammenhang ergeben. Für sie genügt ein geringerer Grad richterlicher Überzeugungsbildung, nämlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 45, 285 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSGE 58, 76 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Voll bewiesen sein müssen hingegen die Ursache selbst und der ihr zuzurechnende Erfolg. Der Vollbeweis ist daher insbesondere erforderlich hinsichtlich der Verrichtung einer versicherten Tätigkeit und des Unfallereignisses. Er verlangt die volle Überzeugung. Notwendig ist ein der Gewissheit nahe kommender Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist danach bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grades an Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (vgl. BSGE 45, 285 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSGE 58, 80 = SozR 2200 § 555a Nr. 1; BSG SozR 3 3900 § 15 Nr. 3 m. w. N.; Meyer-Ladewig, SGG, § 103 Rz 6a zu und § 118 Rz 5 m. w. N.). Den Nachteil aus der tatsächlichen Unaufklärbarkeit anspruchsbegründender Tatsachen hat der Verletzte nach den Regeln der objektiven Beweislast zu tragen, wonach die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache demjenigen Beteiligten zur Last fallen, der aus der Tatsache ein Recht herleiten will (std. Rspr., siehe etwa BSG SozR 2200 § 551 Nr. 1). An diesen Grundsätzen ändert sich auch dann nichts, wenn sich der Unfallversicherungsträger auf Sachverhaltsgestaltungen beruft, bei deren Vorliegen die anspruchsbegründende Tatsache fehlt (z. B. Einwand der Selbsttötung, eigenwirtschaftlicher Betätigung). Auch insoweit obliegt der Nachweis (des Nichtvorliegens) dem Verletzten. Den Unfallversicherungsträger trifft die Beweislast allein hinsichtlich rechtsvernichtender oder rechtshindernder Tatsachen aus Gegennormen. Um solche handelt es sich aber nicht, wenn er die von dem Verletzten zu beweisenden Tatsachen lediglich anzweifelt und hierzu hypothetische Alternativverläufe aufzeigt (h. M., vgl. Ricke, in KassKomm, § 8 SGB VII Rz 261). Ob eine Tatsache bewiesen ist oder nicht, unterliegt der grundsätzlich im Ermessen des Tatsachengerichts stehenden freien Beweiswürdigung. Hierbei darf es nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen und hat das Gesamtergebnis des Verfahrens zu berücksichtigen (vgl. BSG vom 6. April 1989 - 2 RU 69/87; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 19 m. w. N.; BSG vom 18. April 2000 - B 2 U 7/99 R m. w. N.). Jedoch darf es Beweisschwierigkeiten Rechnung tragen und tatsächliche bzw. natürliche Vermutungen sowie Anscheinsbeweise einbeziehen (vgl. BSGE 19, 52; BSG vom 18. April 2000 - B 2 U 7/99 R m. w. N.; BSG vom 4. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R; Ricke, in KassKomm, § 8 SGB VII Rz 259 m.w.N.).
In Anwendung dieser Grundsätze sieht der Senat sämtliche Tatbestandmerkmale eines Arbeitsunfalls als erwiesen an.
a) S. hat eine versicherte Tätigkeit verrichtet. Hierzu bedarf es einer sachlichen Verbindung, des sogenannten inneren Zusammenhangs zwischen dem Verhalten des Versicherten mit der Betriebstätigkeit und dem Beschäftigungsverhältnis (vgl. dazu BSG a. a. O. m. w. N.). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, auch Überlegungen nach dem Zweck seines Handelns mit im Vordergrund. Bei der Beurteilung, ob eine Tätigkeit dem Unternehmen zu dienen bestimmt ist, ist bedeutsam, ob sich der Versicherte wie auch bei den sonstigen versicherten Tätigkeiten in seiner Zielsetzung sozial- und arbeitsrechtlich norm- bzw. vertragsgerecht verhält (vgl. BSG a. a. O. m. w. N.).
Das zu seinem Verschwinden führende Verhalten des S. am 26./27. September 1999 stand danach unzweifelhaft in einem inneren Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit, soweit er seiner Arbeit als Kapitän nachgegangen ist.
Ob letzteres tatsächlich der Fall war, ist allerdings nicht mehr zu klären. Jedoch kommt es hierauf auch nicht entscheidend an. Denn in der See-Unfallversicherung gilt die Besonderheit des sogenannten Betriebsbanns. Das kommt auch in § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zum Ausdruck, welcher bestimmt, dass in der Seeschifffahrt auch Unfälle infolge von Elementarereignissen Versicherungsfälle sind. Angesichts der Eigenart der Schifffahrtsberufe ist der Versicherungsschutz nicht allein auf die unmittelbare Ausübung betrieblicher Tätigkeiten beschränkt, sondern er erstreckt sich im Falle der Einwirkung einer dem Seeschifffahrtsbetrieb eigentümlichen Gefahr auch auf Verhaltensweisen, welche sonst allgemein dem privaten Lebensbereich des Beschäftigten zugerechnet werden (z. B. Angeln von Bord, Zubereitung und Verzehr der gefangenen Fische, Baden im Meer; Suche nach einer Möglichkeit zum Fußballspielen). Schifffahrtsberufe sind dadurch gekennzeichnet, dass das Schiff für die Besatzung aus betrieblichen Notwendigkeiten zugleich die Arbeitsstätte und die Unterkunft bildet und das Besatzungsmitglied an Bord in der Regel einer ständigen Arbeitsbereitschaft unterliegt. Jeder einzelne dieser Umstände lässt es als nicht vertretbar erscheinen, ein Besatzungsmitglied, welches seine Freizeit an Bord mit Schlafen, Essen oder privatem Zeitvertreib verbringt, als unversichert anzusehen. Die beabsichtigte Freizeitgestaltung erhält ihr rechtliches Gepräge als eine dem Betrieb zuzurechnende versicherte Tätigkeit durch die besondere Gestaltung der Wohnverhältnisse und dem sich daraus ergebenden Bedarf an Zeitvertreib auf der Arbeitsstätte (bordbedingte Umstände), zugleich aber auch durch die Einwirkung der dem Schiffsbetrieb eigentümlichen Gefahr. Der Versicherungsschutz durch Betriebsbann beschränkt sich auch nicht auf solche Unfälle, die während der Ausübung des privaten Zeitvertreibs durch Einwirkungen von schiffseigentümlichen Gefahren in Bereichen eingetreten sind, wo unter Berücksichtigung von Unfallverhütungsvorschriften mit dem Aufenthalt von Seeleuten nicht zu rechnen ist (Freizeitflächen, üblicherweise benutzte Räumlichkeiten), sondern gilt gleichermaßen bei unbefugtem Betreten eines Bereiches. Er entfällt ferner nicht deswegen, weil der Versicherte sich bewusst, leichtsinnig oder unbedacht einer erhöhten Gefahr ausgesetzt hat (vgl. BSGE 14, 197; BSGE 42, 129; BSG vom 18. April 2000, Az: B 2 U 7/99 R). Das Verhalten des S. hat deswegen auch dann in dem erforderlichen inneren Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit gestanden, wenn er nicht seiner Arbeit als Kapitän, sondern einer eigenwirtschaftlichen Betätigung nachgegangen sein sollte. Das gilt auch dann, wenn er dabei &8211; wie von der Beklagten diskutiert - einen auf sein Blutdruckleiden zurückzuführenden Zusammenbruch erlitten hat.
Der innere Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit eines Seemanns fehlt erst dann, wenn dieser sich so extrem sorglos und unvernünftig verhält, dass die selbstgeschaffene Gefahr die rechtlich allein wesentliche Unfallursache ist (vgl. BSGE 14, 197; BSGE 42, 129; BSG vom 18. April 2000, Az: B 2 U 7/99 R) bzw. dann, wenn die schiffstypischen Gefahren keine rechtlich wesentliche Unfallursache darstellen. In solchen Ausnahmefällen sind eigenwirtschaftliche Tätigkeiten auch an Bord unversichert (vgl. Ricke, in KassKomm, § 10 SGB VII Rz 4 f.). Für die Annahme eines solchen Sachverhalts besteht jedoch nach Auffassung des Senats hier keinerlei Anhaltspunkt.
Schlichte Sorglosigkeit oder Unvernunft hält der Senat für ausgeschlossen. S. war nicht nur Kapitän mit Verantwortung für ein großes Containerschiff samt 21 Besatzungsmitgliedern und Ladung, sondern auch Familienvater. Er hatte deshalb sowohl ein berufliches, als auch ein privates Interesse daran, sich keinem unnötigen Risiko auszusetzen. Dank seiner vierzigjährigen seemännischen Berufserfahrung müssen ihm die latenten schiffseigentümlichen Gefahren, insbesondere bei den am 26./27. September 1999 herrschenden Wind- und Seegangsbedingungen, genauestens bekannt gewesen sein. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass er ihnen nicht mit Professionalität begegnete.
Hinweise auf eine den inneren Zusammenhang ausschließende Auseinandersetzung aus privaten Motiven, insbesondere persönliche Feindschaft oder ähnliche betriebsfremde Beziehungen, z. B. aus kriminellen Handlungen (vgl. dazu BSGE 78, 65 = SozR 3-2200 § 548 Nr. 28) bestehen ebenfalls nicht. Weder die Befragung der Besatzung der "CAP POLONIO", noch die zweimalige Untersuchung des Schiffs auf See, noch die Spurensuche der Bezirkspolizei Rotterdam-Rheinmündungsgebiet haben den geringsten Verdacht hierfür ergeben. Nach den übereinstimmenden Bekundungen des 1. Offiziers G , des 2. Offiziers P , des 1. Ingenieurs H und des Offiziersanwärters V sowie der übrigen Besatzungsmitglieder in dem "Protocol of Crew Members statements" hatte S. an Bord keine Feinde und befand sich mit keinem Besatzungsmitglied im Streit. Polizeiliche Ermittlungen gegen die "CAP POLONIO" oder die Besatzung wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz hat es nicht gegeben. Es fehlt daher an jeglichem Motiv für eine dem Privatbereich zuzuordnende Gewalttat. Äußere Anzeichen hierfür wurden ebenfalls nicht gefunden. Der an der Kabinentür entdeckte Blutstropfen lässt - sollte er überhaupt von S. stammen - nicht auf eine gewaltbedingte Verletzung schließen. Er muss auch nicht erst am 26./27. September 1999 dorthin gelangt sein.
Anhaltspunkte für einen den inneren Zusammenhang ausschließenden Alkohol- oder Drogenkonsum des S. haben sich ebenfalls nicht ergeben.
In Betracht zu ziehen bleibt schließlich noch die von der Beklagten erwogene Alternative, dass S. die Einwirkung einer schiffseigentümlichen Gefahr absichtlich in Selbsttötungsabsicht ermöglicht hat. Auch in diesem Falle würde es an dem erforderlichen inneren Zusammenhang mit den Eigenarten der Schifffahrtsberufe fehlen. Jedoch liegen für einen Selbstmord keinerlei Indizien vor. Zwar hatte S. nach übereinstimmender Aussage mehrerer Besatzungsmitglieder die Angewohnheit, des Öfteren für einige Tage in seiner Kabine zu bleiben und auch zu den Mahlzeiten nicht zu erscheinen. Diese Eigenart hatte er aber nach Angaben des 1. Offiziers G nicht erst während der letzten Fahrt, sondern schon vor Jahren entwickelt, ohne dass dies zu besonderen Vorkommnissen geführt hätte. Erkenntnisse dafür, dass es sich um Begleiterscheinungen einer Depression gehandelt hat, sind in den Akten nicht dokumentiert. Ob sich der 1. Ingenieur H ursprünglich so geäußert hat, kann dahinstehen. Denn dieser ist kein Arzt und deshalb zu einer beweiskräftigen medizinischen Diagnose nicht in der Lage. Sonstige Hinweise auf eine depressive Erkrankung des S. bestehen nicht. In den von der Beklagten beigezogenen ärztlichen Befundunterlagen wird sie nicht andeutungsweise erwähnt. Hingegen bescheinigt der praktische Arzt Pa mit Attest vom 19. September 2001 ausdrücklich, dass S. zu keinem Zeitpunkt über Lebensüberdruss oder als Depression zu deutende Symptome geklagt habe. Selbst wenn man gleichwohl depressive Episoden annähme, so ergäbe sich daraus noch nicht zwingend eine Suizidgefährdung. Die Lebensverhältnisse des S. bieten hierfür keinerlei Anhaltspunkt. Schwierigkeiten dienstlicher oder privater Art sind von allen Befragten verneint worden. S. war gut zu seiner Besatzung und sowohl von dieser, als auch von seinen Vorgesetzten fachlich wie menschlich anerkannt. Nach Angaben des 1. Ingenieurs H war er stolz auf seine Ehefrau und eine drei Kinder. Er stand nur wenige Tage vor einem Wiedersehen mit seiner Familie nach siebenwöchiger Abwesenheit und hatte dem 1. Offiziers G bereits seine Absicht mitgeteilt, die Zeit bis zur nächsten Reise an Land verbringen zu wollen. Letztlich sprechen auch die Umstände seines Verschwindens deutlich dagegen, dass S. freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Noch am Mittag des 26. September 1999 hat er bei dem 1. Ingenieur H einen Videofilm getauscht. Dabei hat er auf diesen und seine Ehefrau ebenso wie auf alle anderen Befragten einen völlig normalen Eindruck gemacht. Seine Kabine hat er mitten in der Abrechnungsarbeit verlassen. Die Abrechnungsunterlagen, sein Taschenrechner und die Verschlusskappe seines Filzstiftes lagen auf dem Tisch. Nach dem Eindruck des 1. Offiziers G sah es so aus, als ob S. nur kurz fortgegangen sei, um beispielsweise die Toilette aufzusuchen. Ein Abschiedsbrief wurde nicht vorgefunden.
Nach alledem ist der Senat bei freier Beweiswürdigung davon überzeugt, dass ein ausnahmsweise zum Ausschluss des Versicherungsschutzes durch Betriebsbann führender Sachverhalt im vorliegenden Falle nicht gegeben ist. Zwar können die Kläger hierzu keinen Vollbeweis in dem oben beschriebenen Sinne führen. Der Senat hält es aber für gerechtfertigt, im vorliegenden Falle weniger strenge Anforderungen zu stellen. Er trägt dabei nicht nur dem durch die Eigentümlichkeiten der Seefahrt bedingten Beweisnotstand der Kläger Rechnung (vgl. dazu BSGE 19,52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG vom 4. Mai 1999 &8211; B 2 U 18/98 R), sondern berücksichtigt entscheidend, dass - im Gegensatz zu allen denkbaren Alternativen &8211; nur für den angenommenen Geschehensablauf eine hohe Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. BSG vom 14. November 1984 - 9b RU 68/83; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 1).
b) S. hat auch einen Unfall erlitten. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden führen.
Nach Auffassung des Senats besteht kein vernünftiger Zweifel, dass S. über Bord gegangen ist. Bei dem danach feststehenden Hergang hat auch ein zeitlich begrenztes Ereignis von außen auf den Körper des S. eingewirkt (vgl. z. B. BG 1965, 72; BSG vom 29. Januar 1986 - 9b RU 66/84; BSG vom 30. August 1984 - 2 RU 61/83; vgl. auch BSG 18. April 2000 - B 2 U 7/99 R m. w. N.).
Allerdings ist - wie auch die Kläger einräumen - nicht zu verkennen, dass angesichts der baulichen Gegebenheiten auf der "CAP POLONIO" und der am 26./27. September 1999 herrschenden Wind- und Seegangsverhältnisse nur eine geringe Wahrscheinlichkeit für ein solches Geschehen bestand. Gleichwohl steht aber zur Überzeugung des Senats fest, dass es dazu gekommen ist. Die einzig denkbare Alternative, dass S. sich an Bord versteckt oder das Schiff auf andere Weise verlassen hat, kann nach dem Ergebnis der Durchsuchungen und der Spurensuche mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
Abgesehen davon bleibt der vorliegende Sachverhalt jedoch durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass die Ermittlungen keinerlei Anhaltspunkte dafür erbracht haben, wann und unter welchen genauen Umständen S. verunglückt ist, dass also der konkrete Unfallverlauf ungeklärt bleibt und naturgemäß mehrere theoretische Möglichkeiten dafür offen stehen. Das ist jedoch unschädlich, weil alle noch in Betracht zu ziehenden Verläufe und Zusammenhänge - eine Selbsttötung oder eine Gewalttat aus privaten Gründen wurden bereits ausgeschlossen - zur Annahme eines Unfalls führen. Einer bis ins Einzelne gehenden Sachaufklärung zum Unfallhergang bedarf es deshalb nicht (vgl. BSGE 61, 127; BSG 31. Mai 1996 - 2 RU 24/95).
Sollte S. einer nicht privat motivierten, sondern durch die betrieblichen Verhältnisse ermöglichten oder begünstigten Gewalttat (z. B. eines bei kriminellen Handlungen überraschten Besatzungsmitglieds oder blinden Passagiers) zum Opfer gefallen sein, so würde dies am Tatbestand eines Unfalls nichts ändern (vgl. dazu BSGE 78, 65 = SozR 3-2200 § 548 Nr. 28). Im Übrigen gibt es - wie bereits ausgeführt - nach den kriminaltechnischen Ermittlungen keinen Hinweis auf ein solches Geschehen.
Auch wenn S. vor dem Überbordgehen einen auf sein Blutdruckleiden zurückzuführenden Zusammenbruch erlitten haben und dadurch an Gegenmaßnahmen (Festhalten, Rückzug an sicheren Ort) gehindert gewesen sein sollte, wäre von einem Unfall auszugehen (vgl. BSGE 87, 194 = SozR 3-3200 § 81 Nr. 18; BSG 4. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R). Anhaltspunkte dafür fehlen allerdings ebenfalls völlig. Zwar ist in dem Eingangs- und Ermittlungsbericht des LKA Hamburg vom 29. September 1999 die Angabe des Reederei-Mitarbeiters D wiedergegeben, S. habe ca. am 22. September 1999 über starke Kreislaufbeschwerden geklagt. Die Schlussfolgerung der Beklagten, es habe sich um Symptome des Blutdruckleidens des S. gehandelt, ist jedoch rein spekulativ. Dagegen spricht, dass nach Auskunft des praktischen Arztes Pa vom 19. September 2001 der Blutdruck gut eingestellt war. Auch dass die Beschwerden vier Tage später noch vorhanden waren, ist nirgends belegt. Kein Besatzungsmitglied hat zeitnah zu seinem Verschwinden besondere gesundheitliche Probleme bei S. bemerkt. Der 1. Offizier G und der 1. Ingenieur H haben zwar auf seinen medikamentenbedürftigen Bluthochdruck hingewiesen, aber weder eine Verschlimmerung, noch eine neu hinzugetretene Erkrankung erwähnt.
3.
Der Unfall war auch ein Arbeitsunfall. Die für die Annahme eines Arbeitsunfalls erforderliche haftungsbegründende Kausalität zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis ist gegeben, weil außer dem - hier als erwiesenen anzusehenden kausalen Anknüpfungspunkt keine anderen Tatsachen feststellbar sind, die als Konkurrenzursachen wirksam geworden sein könnten. Ist aber eine in Betracht zu ziehende Konkurrenzursache in ihrer Grundvoraussetzung nicht festzustellen, so scheidet sie bereits im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne als Ursache aus und kann daher im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität keine Berücksichtigung finden (vgl. BSG SozR 3 2200 § 548 Nr. 11).
Abgesehen davon ist aber die haftungsbegründende Kausalität auch dann nicht zu verneinen, wenn &8211; wie die Beklagte für möglich hält - das Blutdruckleiden des S. für das Überbordgehen mitursächlich war. Auch in diesem Falle stellen die schiffseigentümlichen Umstände nicht lediglich eine unwesentliche Gelegenheitsursache, sondern zumindest eine gleichwertige Mitursache für die Unfallfolge dar. Hat eine dem persönlichen Bereich zugehörende und daher unfallversicherungsrechtlich unerhebliche innere Ursache zu dem Schadensereignis beigetragen hat, so setzt der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Unfall voraus, das zwischen der Beschaffenheit der Unfallstelle und der Körpereinwirkung oder ihrer Schwere ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang besteht (vgl. BSG SozR § 548 RVO Nr. 28). Das ist hier, wenn man einen Zusammenbruch des S. aus innerer Ursache unterstellt, anzunehmen. Denn dessen Folgen waren nur deshalb so schwerwiegend, weil sich S. an Bord eines Schiffes auf See befand und gefährliche Wind- und Seegangsbedingungen herrschten.
4. Der gemäß Beschluss des Amtsgerichts Meldorf vom 8. September 2000 bindend feststehende Tod des S. ist schließlich auch infolge des Versicherungsfalls eingetreten. Von diesem Kausalzusammenhang ist der Senat überzeugt. Auch insoweit bleibt zwar der genaue Hergang unaufklärbar. Es ist jedoch unzweifelhaft, dass S. infolge des Sturzes von Bord der "CAP POLONIO" ins Wasser verstorben (mutmaßlich ertrunken) ist.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
IV. Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen. Dass einem durch die Eigentümlichkeiten der Seefahrt bedingten Beweisnotstand von Hinterbliebenen im Rahmen der freien Beweiswürdigung Rechnung getragen werden darf, ist wie zitiert &8211; bereits höchstrichterlich entschieden.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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