L 8 U 119/02

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 2 U 94/00
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 8 U 119/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 18. April 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Der Kläger hat Gerichtshaltungskosten in Höhe von 600,00 EUR zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Veranlagung des Klägers zum Gefahrtarif des Beklagten für den Zeitraum vom 1. Dezember 1998 bis zum 31. Dezember 2000.

Der Kläger ist ein in das Vereinsregister eingetragener Verein, der sich als Schutzverband aller Steuerzahler versteht. Er vertritt die Interessen der Mitglieder auf politischer Ebene und im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, zeigt die Verschwendung von Steuergeldern auf und nimmt Stellung zu Steuergesetzen.

Mit Bescheid vom 31. März 1998 veranlagte die Beklagte den Kläger ab dem 1. Januar 1998 nach dem Gefahrtarif 1998 mit der Gefahrstelle 16 der Unternehmensart "Kammer, Verband, Organisation der freien Berufe und der gewerblichen Wirtschaft" und der Gefahrklasse 0,70. Ausweislich eines internen Vermerks der Beklagten vom November 1998 zeigte sich eine nicht einheitliche Veranlagung der Landesverbände der Bünde der Steuerzahler. Die Veranlagung war danach zum Teil nach der Gefahrtarifstelle 20 ("Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen") und zum Teil nach der Gefahrtarifstelle 16 erfolgt. Die Veranlagung sei nunmehr einheitlich nach der Gefahrtarifstelle 20 vorzunehmen.

Mit Schreiben vom 13. November 1998 teilte die Beklagte dem Kläger die Feststellung der Zuordnung zu einer ihrer Ansicht nach falschen Gefahrtarifstelle mit. Nach Art und Gegenstand sei der Kläger auf Grund der Wahrnehmung und Förderung der gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder ab 1. Dezember 1998 neu zu veranlagen. Mit Bescheid vom 13. November 1998 veranlagte die Beklagte den Kläger dann ab 1. Dezember 1998 nach der Gefahrtarifstelle 20 der Unternehmensart "Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen" mit der Gefahrklasse 1,14.

Hiergegen legte der Kläger am 24. November 1998 Widerspruch ein. Die Entscheidung sei ohne Begründung für ihn nicht nachvollziehbar. Er sei bis 1997 mit den Verbänden der freien Berufe, der gewerblichen Wirtschaft und der Arbeitgeber in einer Gefahrtarifstelle einheitlich veranlagt worden. Auch weiterhin bestünde zwischen ihnen Vergleichbarkeit. Eine abweichende Veranlagung nach der Gefahrtarifstelle 20 sei auch angesichts von Art und Struktur seiner Tätigkeit nicht richtig.

Mit Bescheid vom 27. April 1999 setzte die Beklagte den Beitrag für das Kalenderjahr 1998 fest, gegen den der Kläger am 11. Mai 1999 Widerspruch einlegte.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 1999 erläuterte die Beklagte dem Kläger die Neuveranlagung: Der Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen sei ein Oberbegriff. Hier sei eine Vielzahl kleinerer Unternehmensgruppen erfasst, deren Gegenstand die Wahrnehmung und Förderung gemeinsamer Interessen ihrer Mitglieder sei und deren Aktivität sich u. a. auf die Vertretung der gemeinsamen Interessen in der Öffentlichkeit und gegenüber anderen Institutionen, die Durchführung geeigneter Veranstaltungen zur Erreichung der Ziele und die Beratung der Mitglieder erstreckt. Hierbei sei die Rechtsform unerheblich. Hingegen erfasse die Gruppe der Kammern, Verbände und Organisationen der freien Berufe und der gewerblichen Wirtschaft entsprechend dem Wortlaut nur diejenigen der freien Berufe und der gewerblichen Wirtschaft. Dies sei auch auf Kammern und Verbände bezogen. Alle anderen Vereinigungen seien unter dem Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen zu fassen. Maßgeblich sei nicht die Tätigkeit, sondern die Struktur eines Unternehmensgegenstands.

Mit Schreiben vom 5. April 2000 hörte die Beklagte den Kläger zur Änderung der Veranlagung an. Hierzu nahm der Kläger Stellung. Gefahrgemeinschaften müssten mit Unternehmen vergleichbarer Gefährdungsrisiken gebildet werden. Bei ihm sei das Gefährdungsrisiko nicht höher als bei der Gefahrtarifstelle 16 und auch nicht höher gegenüber den Jahren zuvor. Die Art der Tätigkeit bestimme das Gefährdungsrisiko.

Mit Bescheid vom 25. April 2000 setzte die Beklagte den Beitrag für das Kalenderjahr 1999 fest. Am 11. Mai 2000 legte der Kläger auch hiergegen Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2000 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Veranlagung ab dem 1. Dezember 1998 sowie gegen die Erhebung der Beiträge für die Kalenderjahre 1998 und 1999 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die unrichtige Veranlagung nach § 160 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) zu korrigieren sei. Die Gefahrtarifstelle 16 erfasse Unternehmen, deren Gegenstand die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen durch selbstverwaltende Organe der freien Berufe und der gewerblichen Wirtschaft sei. Hierbei handele es sich überwiegend um Unternehmen, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts fungierten, wie z. B. Innungen und Kreishandwerkerschaften. Die Bildung und Aufgaben dieser Unternehmen seien überwiegend gesetzlich vorgeschrieben, und von ihnen würden auch öffentliche Aufgaben wahrgenommen. Darüber hinaus bestünde eine öffentlich-rechtliche Pflichtmitgliedschaft. Dagegen seien die in der Gruppe des Zusammenschlusses der Verfolgung gemeinsamer Interessen zusammengefassten Unternehmen auf Initiative von Privatpersonen entstanden. Es handele sich um Vereinigungen auf privat-rechtlicher Basis ohne Pflichtmitgliedschaft.

Hiergegen hat der Kläger am 23. Juni 2000 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben. Er hat sein bisheriges Vorbringen vertieft und ergänzend darauf hingewiesen, dass nach seiner Einschätzung die Veranlagung bereits formell rechtswidrig sei. § 157 SGB VII sei keine wirksame Ermächtigungsgrundlage für den Gefahrtarif. Insbesondere sei gegen das Bestimmtheitsgebot verstoßen worden. Darüber hinaus sei die Begründung für die Veranlagung nicht hinreichend. Zudem sei die Veranlagung auch materiell rechtswidrig. Die Bestimmung von Gefährdungsgraden und Unfallwahrscheinlichkeit sei nur unter Berücksichtigung der Tätigkeitsstrukturen möglich. Weiterhin bestünde Übereinstimmung von Art und Struktur des Klägers mit den Verbänden der freien Berufe und der gewerblichen Wirtschaft. Art und Gegenstand der Unternehmen seien maßgeblich. Die Aufspaltung in die Gefahrtarifstellen 16 und 20 sei rechtswidrig. Das Gefährdungsrisiko dieser Gruppen sei vergleichbar. Die rechtliche Ausgestaltung sei nicht maßgeblich. Es sei die Bildung einer eigenen Gruppe der Bünde der Steuerzahler möglich. Die zunächst auch gegen die Beitragsberechnung erhobenen Einwände hat der Kläger nicht mehr geltend gemacht.

Die Beklagte hat mit weiterem Bescheid vom 25. April 2001 den Beitrag für das Kalenderjahr 2000 festgesetzt und darauf hingewiesen, da zwischenzeitlich mehrere Sozialgerichte in anderen Bundesländern die dortige Veranlagung des Bundes der Steuerzahler zur Gefahrtarifstelle 20 bestätigt hätten. Eine eigene Gefahrtarifstelle des Bundes der Steuerzahler sei nicht allein tragfähig. Hierbei handele es sich um eine zu kleine Gruppe.

Mit Urteil vom 18. Februar 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine geänderte Veranlagung.

Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17. September 2002 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung, die am 1. Oktober 2002 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Zur Begründung wiederholt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 18. April 2002 und den Veranlagungsbescheid der Beklagten vom 13. November 1998 sowie den Beitragsbescheid vom 27. April 1999 für das Kalenderjahr 1998 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. April 2001 sowie den Beitragsbescheid vom 25. April 2000 für das Kalenderjahr 1999, jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2000, sowie den Beitragsbescheid vom 25. April 2001 für das Kalenderjahr 2000 aufzuheben, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihn der Gefahrtarifstelle 16 zuzuordnen, hilfsweise, eine ähnlich hohe Gefahrklasse wie die Gefahrtarifstelle 16 für die Bünde der Steuerzahler zu schaffen und ihn dieser neu geschaffenen Gefahrklasse zuzuordnen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese haben dem Senat vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, in der vom Senat darauf hingewiesen wurde, dass die Fortführung des Verfahrens als mutwillig angesehen werde. Für den Fall, dass der Kläger weiterhin eine gerichtliche Entscheidung begehre, würden ihm Kosten in Höhe von 600,00 EUR als Gerichtshaltungskosten auferlegt. Der Kläger hat gleichwohl an seinen Anträgen festgehalten.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die vom Kläger angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Die Gliederung des Gefahrtarifs der Beklagten ist nicht zu beanstanden und der Kläger wurde zutreffend in die Gefahrtarifstelle 20 eingeordnet. Ein Anspruch auf Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 16 besteht ebenso wenig wie ein Anspruch auf Schaffung einer eigenen Gefahrklasse für die Bünde der Steuerzahler.

Streitgegenstand des Verfahrens sind neben den Veranlagungsbescheiden auch die Beitragsbescheide, da diese für die Kalenderjahre 1998 und 1999 Eingang in den hier angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2000 gefunden haben (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Juni 2003 - B 2 U 21/02 R -). Der nach Klageerhebung ergangene Beitragsbescheid vom 25. April 2001 für das Kalenderjahr 2000 ist gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. In der Sache sind die Beitragsbescheide jedoch nicht zu beanstanden. Mit Klageerhebung geltend gemachte Einwände gegen die Beitragsberechnung werden vom Kläger auch nicht mehr erhoben (s. Schriftsatz vom 19. März 2001).

Die vom Kläger angefochtenen Veranlagungsbescheide sind nicht rechtswidrig.

Rechtsgrundlage für die Veranlagungsbescheide ist § 159 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebentes Buch (SGB VII), nach dem der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt.

Zu den Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Gefahrtarifs und zu dessen eingeschränkter gerichtlicher Überprüfbarkeit hat das Bundessozialgericht in dem o. g. Urteil vom 24. Juni 2003 zuletzt Folgendes ausgeführt:

"Der Gefahrtarif ist vom Unfallversicherungsträger als autonomes Recht festzusetzen und in ihm sind zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen (§ 157 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB VII). Der Gefahrtarif wird nach Gefahrtarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII). Bei der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch als SGB VII ist keine grundlegende Neuregelung des Beitragsrechts erfolgt. Es ist vielmehr im Wesentlichen das zuvor geltende Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) übernommen worden (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT Drucks 13/2204, S 73, 110 ff.y). Neu ist jedoch die Vorschrift über die Bildung der Gefahrtarifstellen in § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, zu der in der Gesetzesbegründung (BT Drucks 13/2204, S 111) ausgeführt wird, dass diese die Kriterien benennt, nach denen der Gefahrtarif aufzustellen ist, und dies im Übrigen der bisherigen Praxis der BGen entspreche, womit diese Praxis ebenso wie bei der Gefahrklassenberechnung in § 157 Abs. 3 SGB VII übernommen und kodifiziert werde.

Angesichts der vom Gesetzgeber gewollten Kontinuität ist die Rechtsprechung zur Bildung von Gefahrtarifen nach der RVO auf die Bildung von Gefahrtarifen nach dem SGB VII dem Grunde nach zu übertragen und von Folgendem auszugehen: Der Gefahrtarif ist unabhängig von der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (vgl. § 158 SGB VII) durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit überprüfbar. Als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. § 157 SGB VII, §§ 33 ff. SGB IV) ist der Gefahrtarif nur daraufhin überprüfbar, ob er mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, also dem SGB VII, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich rechtlichen Körperschaften als Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung, somit auch den Trägern der Sozialversicherung, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen (BSGE 13, 189 = SozR Nr. 2 zu § 915 RVO; BSGE 27, 237, 240 = SozR Nr. 1 zu § 730 RVO; BSG SozR Nr. 4 zu § 725 RVO; BSG SozR 2200 § 725 Nr. 10; SozR 2200 § 734 Nr. 5; BSG Urteil vom 21. August 1991 - 2 RU 54/90 - NZA 1992, 335 f; BSG Urteil vom 18. Oktober 1994 - 2 RU 6/94 - SGb 1995, 253, 255). Als gesetzliche Vorgaben sind die in §§ 152 f, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen und Wertentscheidungen sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten (vgl. BSGE 55, 26, 27 = SozR 2200 § 734 Nr. 3; BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2; BSG Urteile vom 21. August 1991 und 18. Oktober 1994, a.a.O.). Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte (BSG SozR 2200, § 731 Nr. 2; BSG Urteile vom 21. August 1991 und 18. Oktober 1994, a.a.O.); die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt dem Unfallversicherungsträger (BSG SozR 3 2200 § 809 Nr. 1). Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihm ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen (BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2; SozR 3 2200 § 809 Nr. 1; BSG Urteil vom 21. August 1991, a.a.O.; BVerfGE33, 171, 189, 80 1, 26). Aufgrund dieser eingeschränkten Überprüfungsbefugnis kann nicht jeder Fehler Beachtung finden. Die Bildung des Gefahrtarifs muss aber auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG Urteil vom 18. Oktober 1994 - 2 RU 6/94 - SGb 1995, 253)."

Hiervon ausgehend ist der Senat zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gliederung des Gefahrtarifs 1998 der Beklagten mit den Gefahrtarifstellen 16 und 20 rechtlich nicht zu beanstanden ist (so bereits Urteil des erkennenden Senats vom 10. September 2003 - L 8 U 117/02; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10. April 2003 - L 5 U 55/01 betr. den Bund der Steuerzahler Mecklenburg-Vorpommern e. V.).

Die neue Regelung in § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, Gefahrgemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs zu bilden, kann entsprechend der bisherigen Praxis der Unfallversicherungsträger und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSGE 55, 26 ff.) nur so verstanden werden, dass danach bei einem nach Gewerbezweigen gegliederten Gefahrtarif Gewerbezweige und bei einem nach Tätigkeiten gegliederten Gefahrtarif Tätigkeiten mit annähernd gleichem Risiko zu Tarifstellen zusammengefasst werden sollen, weil sonst die Bildung nach den Gefährdungsrisiken keinen Sinn ergibt. Mittlerweile haben wohl alle gewerblichen Berufsgenossenschaften wegen dessen einfacherer Handhabung und geringeren Fehleranfälligkeit auf einen sogenannten Gewerbezweigtarif umgestellt. Dies trifft auch auf die hier strittigen Gefahrtarife zu. Bei einem Unternehmensarten bzw. Gewerbezweiggefahrtarif wird nicht auf die konkreten Tätigkeiten der Beschäftigten, sondern auf die Art des Unternehmens/Gewerbes abgestellt. Gefahrklassen werden nicht für einzelne Unternehmen, sondern für Gefahrgemeinschaften (Gefahrtarifstellen) festgestellt, in denen Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art und gleicher oder ähnlicher Gefährdungsrisiken zusammengefasst sind. Sinn dieses Gefahrtarifs ist es, dass möglichst jede Unternehmensart entsprechend der für sie eigentümlichen Unfallgefahr belastet wird. Es kommt bei der Anwendung des Tarifs nicht auf die Tätigkeiten an, die die Arbeitnehmer ausüben. Entscheidend ist allein Art und Gegenstand des Unternehmens, in denen Beschäftigte tätig werden.

Der Kläger ist ein in das Vereinsregister eingetragener Verein und versteht sich als Schutzverband aller Steuerzahler. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, beratend, gestaltend und kontrollierend auf die öffentliche Finanzwirtschaft und auf die Finanzpolitik einzuwirken sowie die Steuerzahler über die Grundzüge des Abgabenrechts aufzuklären. Der Verein ist unabhängig und parteipolitisch neutral. Sein Zweck ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet. Er verfolgt unmittelbar und ausschließlich gemeinnützige Zwecke im Sinne des geltenden Steuerrechts.

Nach dem ab 1. Januar 1998 geltenden Gefahrtarif werden der Unternehmensart "Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen" (Gefahrtarifstelle 20) alle der Beklagten zugehörigen Unternehmen veranlagt, deren Gegenstand/Zweck in der Wahrnehmung und Förderung gemeinsamer Interessen ihrer Mitglieder besteht. Die Aktivitäten dieser Unternehmen erstrecken sich zumeist auf die Vertretung der gemeinsamen Interessen in der Öffentlichkeit und gegenüber anderen Institutionen und Organisationen wie z. B. politischen Organen, Behörden, anderen Verbänden, die Durchführung geeigneter Veranstaltungen zur Erreichung der Ziele, die Beratung der Mitglieder. Es handelt sich in aller Regel um Interessengemeinschaften, die auf Initiative von Privatpersonen oder auch von Unternehmen auf privat-rechtlicher Basis entstehen. Der Unternehmensart "Kammer, Verband, Organisation der freien Berufe und der gewerblichen Wirtschaft" (Gefahrtarifstelle 16) hingegen werden Unternehmen zugeordnet, deren Gegenstand die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen durch selbstverwaltende Organe der freien Berufe und der gewerblichen Wirtschaft ist. Gemeint sind damit in erster Linie die Unternehmen, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts fungieren, z. B. Innungen, Kreishandwerkerschaften, Kammerinnungsverbände. Die Bildung und die Aufgaben dieser Unternehmen wie z. B. Handwerkskammern und Handwerksinnungen sind gesetzlich vorgegeben. Dabei werden nicht nur gemeinsame Interessen gefördert, sondern auch sog. öffentliche Aufgaben wahrgenommen, z. B. Regelung von Prüfungsordnungen, Abnahme von Prüfungen. Es handelt sich also überwiegend um öffentlich-rechtliche Institutionen auf der Grundlage gesetzlicher Vorgaben, bei denen oftmals eine Mitgliedschaft für bestimmte Unternehmen vorgeschrieben ist. Dies macht den Unterschied zur Gefahrtarifstelle 20 aus. Danach kann der Kläger nicht beanspruchen, der spezielleren Gefahrtarifstelle 16 im Gegensatz zur allgemeineren Gefahrtarifstelle 20 zugeordnet zu werden. Sein Unternehmen entspricht nicht der Definition dieser Gefahrtarifstelle, wohl aber derjenigen der Gefahrtarifstelle 20. Der Kläger ist keine Organisation der gewerblichen Wirtschaft und schon gar nicht der freien Berufe. Mitglieder des Klägers sind Privatpersonen, ohne dass sie ein Gewerbe betreiben (müssen). Dass in Teilen ähnliche Tätigkeiten verrichtet werden wie durch Organisationen, die der Gefahrtarifstelle 16 zugeordnet sind, wäre nur bei einem nach Tätigkeiten gegliederten Gefahrtarif von Belang, nicht aber bei einem nach Gewerbezweigen gegliederten. Bei einem nach Gewerbezweigen gegliederten Gefahrtarif bedarf es keiner zusätzlichen Begründung dafür, dass für die in die Gefahrtarifstelle einzuordnenden Unternehmen eine gemeinsame gewerbetypische Gefahr vorliegt. Dass die für die Gefahrtarifstelle ergebende Gefahrklasse sich von denen anderer Gefahrtarifstellen überhaupt oder signifikant unterscheiden müsste, ist rechtlich nicht geboten (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 9. Oktober 2002, HVBG-Info 2003, 454; LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O.). Auch bedarf es keiner weiteren Begründung dafür, dass die den verschiedenen Gefahrtarifstellen zugeordneten Gefahrklassen eine unterschiedliche Höhe aufweisen. Selbst wenn die Behauptung des Klägers zutreffen sollte, dass die bei ihm ausgeübte Tätigkeit nicht gefahrgeneigter sei als die von Unternehmensarten anderer Gefahrtarifstellen, könnte sich daraus kein Grund für die Einordnung des Klägers in eine andere Gefahrtarifstelle ergeben. Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, dass sein Unternehmen einer Gefahrtarifstelle zugeordnet sei, welche nicht dem Risiko seines Betriebs entspreche. Es trifft zwar zu, dass eine Gefahrklasse Gewerbezweige mit annähernd gleichen Unfallrisiken zusammenzufassen hat. Der Kläger greift hier jedoch nicht die Zuteilung einer bestimmten Art von Unternehmen zu einem Gefahrtarif an, vielmehr geht es ihm um eine andere Zuordnung allein des eigenen Unternehmens. Die Tätigkeiten, die beim Kläger ausgeführt werden, sind jedoch für die Bildung der Gefahrklasse und die Zuordnung des Unternehmens gerade nicht maßgebend. Soweit die Beiträge sich nach dem Grad der Unfallgefahr richten, ist hierfür nicht die Gefahr des jeweiligen Arbeitsplatzes oder bestimmter Verrichtungen oder Arbeitsvorgänge innerhalb eines Unternehmens maßgeblich. Eine derart weitgehende Differenzierung der Unfallgefahr verlangt das Gesetz nicht (BSG, Urteil vom 21. August 1991, HVBG-Info 1991, 2159). Das Unfallversicherungsrecht hat nicht zum Ziel, einzelne Unternehmen - evtl. verschiedener Gewerbezweige mit derselben Unfallgefahr zusammenzufassen (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 19. Juni 2002, Breith. 2003, 129). Die Bildung von Gefahrtarifstellen und Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip kann dazu führen, dass eine für dieses Einzelunternehmen anzunehmende Unfallgefahr auf Grund der bei ihm ausgeführten Tätigkeiten zu verschiedenen Zeitpunkten die in der Gefahrklasse ausgedrückte Unfallgefahr für den gesamten Gewerbezweig über- oder unterschreitet. Dies ist dem Einzelunternehmen jedoch zumutbar, weil das Ziel einer individuellen Beitragsgerechtigkeit durch Untergliederung der Gefahrklassen nur begrenzt erreichbar ist. Der Unfallversicherungsträger ist nicht gehindert, durch Typisierungen den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung zu tragen. Dabei auftretende Härten im Einzelfall sind bei einer generalisierten Regelung unvermeidlich und nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 4. März 1982, SozR 2200, § 734 Nr. 2).

Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, eine Gefahrtarifstelle allein für den Kläger oder die in den anderen Bundesländern gebildeten Steuerzahlervereine zu bilden (so auch Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O.). Zwar würde eine solche Gefahrgemeinschaft äußert homogen erscheinen; dabei bliebe aber unberücksichtigt, dass die Zusammenfassung von Unternehmen zu einem Gefahrtarif im Spannungsfeld von solidarischem Ausgleich und individueller Beitragsgerechtigkeit zu erfolgen hat (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 1985, SozR 2200, § 731 Nr. 2). Um dem Versicherungsprinzip zu entsprechen und eine angemessene Differenzierung zur möglichst weitgehenden Verwirklichung des Prinzips der Beitragsgerechtigkeit aufzuweisen, bedarf es der Bildung ausreichend großer Gruppen (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 3. April 2002, HVBG-Info 2002, 2100). Die Beklagte hat ihre Regelungsautonomie mit Bildung der Gefahrtarifstelle 20 im Sinne des Versicherungsprinzips ausgeübt. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Bildung einer Gefahrtarifstelle nur für Betriebe des Bundes der Steuerzahler nicht bereits deshalb außer Betracht zu bleiben hat, weil die dann gebildete Gruppe weitaus zu klein wäre, um eine Gefahrgemeinschaft zu bilden (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. Juli 2002, HVBG-Info 2003, 461), wenngleich eine solche Annahme nahe läge bei einem zu Grunde liegenden Bruttoarbeitsentgelt von nicht einmal 150.000,00 EUR jährlich.

Es begegnet auch keinen Bedenken, dass die Beklagte die Veranlagung des Klägers ab 1. Dezember 1998 geändert hat. Insofern verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts.

Aus diesen Gründen hat die Berufung keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Der Senat hat dem Kläger Gerichtskosten in Höhe von 600,00 EUR auf der Grundlage von § 192 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGG in der Fassung des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 auferlegt. Hiernach kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Den Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter (§ 192 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Geschäftsführer und der Prozessbevollmächtigte des Klägers waren ausweislich des Sitzungsprotokolls vom Vorsitzenden auf die Aussichtslosigkeit einer Fortsetzung der Berufung wie auch auf die für den Fall ihrer Fortsetzung ins Auge gefasste Anwendung des § 192 SGG hingewiesen worden und hatten den Rechtsstreit dennoch fortgeführt.

Die Voraussetzung der Missbräuchlichkeit ist gleichfalls erfüllt, denn der Geschäftsführer und der Prozessbevollmächtigte des Klägers handelten objektiv rechtsmissbräuchlich, indem sie bei objektiv rechtlich klarer Rechtslage innerhalb des SGB VII auch nach den Hinweisen des Vorsitzenden den Rechtsstreit fortgesetzt haben. Die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung ergibt sich daraus, dass die Bünde der Steuerzahler in keinem Bundesland vor den Sozialgerichten Erfolg hatten (LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., SG Potsdam, Urteil vom 1. August 2000 - S 3 U 121/99; SG Gotha, Urteil vom 22. Februar 2002 - S 17 U 2232/01; SG Hannover, Urteil vom 12. September 2002 - S 36 U 319/99) und auch der erkennende Senat bereits in einem vergleichbaren Fall betreffend den Haus- und Grundstückseigentümerverband (Urteil vom 11. September 2003 - L 8 U 117/02) ebenso entschieden hatte.

Auf gleichermaßen subjektiv vorliegenden Mutwillen schließt der Senat daraus, dass sowohl der Geschäftsführer des Klägers als auch dessen Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht haben, dass sie die Berufung wegen übergeordneter politischer Ziele des Vereins, zu denen die Abschaffung der Berufsgenossenschaften gehöre, nicht zurücknehmen wollten. Auch darauf angesprochen, dass sich die Verschwendung von Steuergeldern wegen aussichtslosen Prozessierens bei einem jährlichen Streitwert von nur ca. 600,00 EUR schwerlich mit den Vereinszielen in Einklang bringen lasse, blieben sie bei ihrer Auffassung.

Die Höhe der festgesetzten Kostenbeteiligung hat der Senat unter Wahrung der gesetzlichen Mindesthöhe bzw. oberhalb dieser durch Schätzung des letztlich von den Steuerzahlern zu tragenden Kostenaufwandes für das Berufungsverfahren festgesetzt. Als verursachter Kostenbetrag gilt nach § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz, vor dem Landessozialgericht also derzeit 225,00 EUR. Dieser Betrag reicht zur Deckung der durch den Mutwillen des Klägers entstandenen Kosten bei weitem nicht aus. Zur vollen Deckung der Kosten wäre auch eine deutlich höhere als die festgesetzte Kostenbeteiligung von 600,00 EUR möglich gewesen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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