Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 3385/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1259/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.01.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Kostenübernahme für eine Versorgung des Klägers mit einem Collagenmeniskusimplantat (CMI).
Der im Jahr 1973 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert.
Mit (undatiertem) Schreiben der Orthopädische Klinik St.-B. beantragte der Kläger die Kosten für ein CMI in Höhe von 2.086,50 EUR zu übernehmen. Als Diagnose wurde hierbei ein "St. n. Außenminiskusentfernung 1996" angegeben. Eine partielle Entfernung von Meniskusgewebe begünstige eine Arthrose im Kniegelenk. Dies könne durch ein CMI vermieden werden.
Die Beklagte veranlasste darauf eine Direktberatung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Dr. T., Arzt für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin, gab am 04.03.2013 an, dass die Behandlungsmethode nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten sei. Es läge auch keine lebensbedrohliche Erkrankung sowie Studien zu den Vorteilen der Behandlungen vor. Eine vertragsärztliche Behandlung sei möglich.
Mit Bescheid vom 14.03.2013 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme für eine Versorgung mittels CMI ab. Die Behandlungsmethode sei nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten. Falls die Voraussetzungen im Rahmen der integrierten Versorgung nach §140a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vorlägen, wäre eine Kostenübernahme der erforderlichen Arthroskopie in der Gemeinschaftspraxis Dr. B. möglich gewesen. Jedoch habe dieser Vertrag zum 31.12.2012 geendet und sei von der genannten Praxis bisher nicht verlängert worden.
Dagegen legte der Kläger am 10.04.2013 Widerspruch ein und begründete diesen mit der Notwendigkeit der Operation. Alternativen, die gleichviel Erfolg versprächen und preisgünstiger seien, existierten nicht und seien von der Beklagten auch nicht aufgezeigt worden. Dementsprechend gehe die Beklagte auch davon aus, dass grundsätzlich eine Behandlung gemäß § 140a SGB V in Betracht käme. Der Hinweis, dass Dr. B. hier nicht mehr zur Verfügung stehe, sei allerdings wenig hilfreich. Es wäre angezeigt gewesen, hier einen anderen Arzt zu benennen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zwar habe der Kläger aufgrund der Diagnose "St. n. Außenmeniskusentfernung 1996" Anspruch auf Krankenbehandlung. Jedoch handele es sich bei der beantragten Versorgung mit einem CMI nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V dürften Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der Methode abgegeben hätte. Der GBA habe für die Versorgung mit einem CMI bisher keine befürwortende Stellungnahme abgegeben, somit könne eine Zuordnung zum Leistungskatalog der gesetzlichen KV nicht vorgenommen werden. Damit liege ein Gesetzesverbot zur Kostenübernahme vor, welches den gesetzlichen Krankenkassen keinen Raum für Einzelfallentscheidungen lasse. Dementsprechend habe der MDK in seiner Stellungnahme vom 04.03.2013 bestätigt, dass die beantragte Leistung keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung sei. Des Weiteren liege eine akut lebensbedrohliche, notstandsähnliche Situation hier nicht vor. Es stünden auch schulvertragsmedizinische Therapien zur Verfügung.
Hiergegen richtete sich die am 18.06.2013 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Zu Unrecht meine die Beklagte, dass die beim Kläger medizinisch indizierte und erforderliche Behandlung durch ein CMI von ihr nicht zur Verfügung gestellt werden könne und auch keine Kostenübernahme möglich sei, weil es sich nicht um eine Leistung der gesetzlichen KV handele, was aber nicht zutreffe. Insbesondere greife § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V hier nicht ein. Insoweit werde bestritten, dass es sich überhaupt um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode (NUB) im Sinne dieser Vorschrift handele und diesbezüglich keine Empfehlung vorliege. Anders sei nicht zu verstehen, dass die Beklagte bisher die Versorgung mittels CMI für ihre Mitglieder erbracht habe, z. B. durch die Behandlung in der Gemeinschaftspraxis Dr. B., mit dem die Beklagte bis zum 31.12.2012 nach ihren eigenen Angaben einen Vertrag gehabt habe. Danach gebe es allerdings ganz offenbar auch andere Ärzte, mit denen die Beklagte Verträge habe. Daher sei es ihr ohne weiteres möglich, wenn nicht durch Dr. B., dann durch einen anderen Arzt die Behandlung durch ein CMI zur Verfügung zu stellen. Wäre dies nicht der Fall, müsse sie die Kosten tragen, da die Durchführung der Maßnahme medizinisch erforderlich sei und es auch keine Alternative gebe, schon gar nicht eine kostengünstigere. Im Übrigen würden die Kosten einer Versorgung mittels CMI bei einer stationären Behandlung übernommen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Versorgung mit einem CMI sei eine NUB und nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen enthalten. Die Einlassung des Klägers, Dr. B. habe bereits ein CMI implantiert, sei der Beklagten nicht bekannt. Mit der Orthopädischen Klinik in B. habe bis zum 31.12.2012 ein Vertrag zur integrierten Versorgung bestanden, der den Ärzten die Therapiefreiheit ermöglicht habe, im Rahmen der für die Indikation zugelassenen Abrechnungsziffer (DRG) z. B. ein CMI einzusetzen. Dies habe im Ermessen des Behandlungsvertrages gelegen und habe keiner Genehmigung durch die Beklagte bedurft, ein Zusatzentgelt für das Implantat sei im Vertrag nicht vorgesehen gewesen und sei auch nicht bezahlt worden. Der integrierte Versorgungsvertrag ab dem 01.01.2013 sehe für Eingriffe den DRG plus obligate OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel) vor. Die Erstattung erfolge in Pauschalen. Das CMI sei in diesem Vertrag nicht enthalten und könne somit auf Kassenkosten nicht abgerechnet werden. Inwieweit die A. Klinik Pf. im Rahmen ihrer pauschalen Abrechnungsmöglichkeit ein CMI einsetze sei der Beklagten nicht bekannt. Nach Rücksprache mit der Vertragsabteilung sei schließlich mitzuteilen, dass es im Speziellen aktuell keine vertraglichen Regelungen für die Versorgung mit einem CMI im Rahmen von DRG oder OPS gebe. Der Beklagten sei jedoch bekannt, dass Kollagenmenisken im M. oder im K.-O.-H. in den letzten Jahren eingesetzt worden seien. Unter welchen Voraussetzungen entziehe sich jedoch der Kenntnis der Beklagten.
Auf Anfrage des SG wurde seitens der B.-Klinik Orthopädie unter dem 09.02.2015 mitgeteilt, dass dort in den letzten acht Jahren keine CMI-Operationen durchgeführt worden sei. Seitens des M. St. wurde unter dem 16.02.2015 ausgeführt, dass dort prinzipiell keine Versorgung mit einem CMI erfolge.
Mit Urteil vom 22.01.2016 wies das SG die Klage ab. Die vom Kläger begehrte Versorgung mit einem CMI sei nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten, weshalb eine Kostenübernahme ausscheide. Zwar könnten die Krankenkassen gemäß § 140a Abs. 1 Satz 1 SGB V Verträge mit den in Abs. 3 genannten Leistungserbringern über eine besondere Versorgung der Versicherten abschließen, nachdem die bestandenen Verträge aber zum 31.12. 2012 geendet hätten, war die Leistungserbringung dort nicht mehr möglich. Soweit der Kläger in seinem Widerspruch vorgetragen habe, die von ihm begehrte CMI-Operation sei notwendig, sei darauf hinzuweisen, dass diese Operation nicht alternativlos ist. Der Kläger habe bislang keinerlei Versuche unternommen, eine vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung umfasste Krankenbehandlung abzurufen, sein Beharren auf der Versorgung mit einem CMI sei nicht zielführend. Nachdem die Beklagte im Übrigen im Widerspruchsbescheid vom 05.06.2013 die Sach- und Rechtslage zutreffend und umfassend dargestellt habe, und insbesondere auf die Bindungswirkung der Richtlinien des GBA hingewiesen habe, verwies das SG auf die dortigen Ausführungen (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Das Vorbringen des Klägers in seiner Klagebegründung vermöge keine andere Entscheidung in der Sache herbeizuführen. Der Kläger sei der irrigen Auffassung, dass allein aufgrund der Tatsache, dass ein entsprechender Behandlungsvertrag mit der Gemeinschaftspraxis Dr. B. bestanden habe, er auch über die Vertragsbeendigung hinaus Anspruch auf Kostenübernahme habe. Der Kläger übersehe hier den Ausnahmecharakter des § 140a SGB V. Dass es sich bei der Versorgung mittels CMI um keine anerkannte Behandlungsmethode, sondern um eine NUB-Leistung handele, ergebe sich zur Überzeugung der Kammer auch aus den Auskünften der B.-Klinik vom 09.02.2015 bzw. des M. St. vom 16.02.2015. Allein dass dort (in den letzten acht Jahren) keine Versorgung mit einem CMI durchgeführt wurde, bestätige die Tatsache, dass es sich bei der vom Kläger begehrten Maßnahme um eine NUB handelt, sie würde sonst mit Sicherheit in den dortigen Kliniken regelmäßig angewandt werden.
Das Urteil wurde dem Klägervertreter am 14.03.2016 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 01.04.2016 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhobene Berufung des Klägers. Die Versorgung mit einem CMI unterfalle als Krankenbehandlung § 27 SGB V. Darüber hinaus habe die Beklagte auch in der Vergangenheit mit Leistungserbringern Verträge geschlossen. Es sei unglaubhaft, dass keine Verträge mehr existieren würden. Die Versorgung mit einem CMI sei für den Kläger alternativlos. In Betracht käme lediglich die vollständige Entfernung des Meniskus. Dies hätte jedoch zur Folge, dass in Kürze eine Gonarthrose auftreten würde. Dies sei ihm, dem Kläger, nicht zumutbar.
Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.01.2006 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2013 zu verurteilen, die Kosten für die Versorgung mit einem CMI zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten im Erörterungstermin am 03.08.2016 informiert, dass der Senat beabsichtige, über die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter zu entscheiden. Den Beteiligten ist bis 02.09.2016 Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1 SGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegt worden und damit zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne die Beteiligung ehrenamtlicher Richter gem. § 153 Abs. 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, 1. Alt, Abs 4 SGG) ist der die Kostenübernahme für eine Versorgung mit einem CMI ablehnende Bescheid der Beklagten vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2013. Dem Antrag des Klägers kann dabei keine Beschränkung auf eine ambulante Maßnahme entnommen werden. Bereits der Antrag im Verwaltungsverfahren enthält keine entsprechende Beschränkung. Auch die im Rahmen des Klageverfahrens geführte Diskussion zeigt, dass der Kläger im Anspruchsfall auch auf eine stationäre Maßnahme zurückgreifen würde. Dementsprechend lässt auch der Bescheid der Beklagten sowie der Widerspruchsbescheid eine Begrenzung der Entscheidung auf eine ambulante Maßnahme nicht erkennen. Zwar befasst sich die Begründung im Wesentlichen mit den Rechtsvorschriften zu ambulanten Maßnahmen. Die Entscheidungen lassen jedoch erkennen, dass die im Antrag genannten Mehrkosten für ein CMI auch nicht im Rahmen einer stationären Maßnahme übernommen werden.
Die ablehnenden Bescheide sind freilich rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf ambulante (hierzu 2.) oder stationäre (hierzu 3.) Versorgung mittels einer CMI.
2. Die von dem Kläger begehrte Behandlung ist vom Leistungskatalog des SGB V in der ambulanten Versorgung nicht umfasst.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V auch die Krankenhausbehandlung. Krankheit im Sinne dieser Norm ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (stRspr, Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 28.02.2008, - B 1 KR 19/07 R -; BSG, Urteil vom 30.09.1999, - B 8 KN 9/98 KR R -; BSG, Urteil vom 10.02.1993, - 1 RK 14/92 -, alle in juris). Dabei kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert zu. Eine Krankheit liegt insoweit nur dann vor, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (BSG, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 3/03 R -, in juris).
Vorliegend wurde der Außenmeniskus des Klägers im Jahr 1996 entfernt. Insoweit ist bereits fraglich, ob nach der Entfernung aktuell noch eine Erkrankung vorliegt, die der Krankenbehandlung bedarf. Der Kläger selbst hat aktuelle Beschwerden nicht vorgetragen und lediglich auf ein seines Erachtens ggf. erhöhtes Arthroserisiko im Kniegelenk hingewiesen. Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, da die vom Kläger begehrte Behandlungsmethode vom Leistungskatalog des SGB V in der ambulanten Versorgung nicht umfasst ist.
Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei NUB in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) NUB zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -, in juris mwN). "Neu" ist eine Methode, wenn sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (vgl BSG, Urteil vom 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -, in juris17 mwN). Die Versorgung mittels CMI ist nicht als abrechenbare Leistung im EBM enthalten und daher eine NUB. Eine positive Empfehlung des GBA zu dieser Methode liegt nicht vor.
Ein Ausnahmefall, nachdem es nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -, in juris) einer positiven Empfehlung des GBA nicht bedarf (Seltenheitsfall oder ein Systemversagen) ist nicht ersichtlich. Ein Ausnahmefall, in dem es keiner positiven Empfehlung des GBA bedarf, vor. Ein Seltenheitsfall, bei dem eine Ausnahme von diesem Erfordernis erwogen werden könnte (vgl dazu BSG, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -, in juris) oder ein Systemversagen wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode (vgl. dazu BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -, in juris) sind nicht ersichtlich.
Ein Kostenerstattungs- bzw. Kostenübernahmeanspruch kann nach den Grundsätzen des sogenannten Systemversagens dann in Betracht kommen, wenn das Verfahren vor dem GBA trotz Vorliegens der für die Prüfung erforderlichen Voraussetzungen willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wird (BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R, Urteil vom 27.09.2005 - B 1 KR 28/03 R; Urteil vom 03.04.2010 - B 1 KR 22/00 R, alle in juris). Wenn der GBA eine neue Behandlungsmethode geprüft und den nicht anerkannten Methoden zugeordnet hat, ist hierdurch ein Systemversagen ausgeschlossen (vgl. LSG Brandenburg, Urteil vom 26.02.2003, - L 4 KR 6/02 -, in juris zur hyperbaren Sauerstofftherapie bei Hörsturz und Tinnitus). Vorliegend fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der GBA ein Prüfverfahren trotz Vorliegens der für die Prüfung erforderlichen Voraussetzungen willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt hat. Ein Seltenheitsfall liegt gleichfalls nicht vor.
Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf den in Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (BverfG, Urteil vom 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -; BSG; Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -, in juris) eingeführten § 2 Abs 1a SGB V stützen. Der Gesetzgeber hat den vom BverfG formulierten Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf neue Behandlungsmethoden im Fall einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, mit dem am 01.01.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V (Gesetz vom 22.12.2011, BGBl I 2983) Rechnung getragen. Eine Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine neue ärztliche Behandlungsmethode sei ausgeschlossen, weil der GBA diese nicht anerkannt habe, verstößt dann gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vor; 2. bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und 3. bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist nach der Rechtsprechung des BSG eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des sog Off-Label-Use (vgl dazu BSG, Urteil vom 19.03.2002, - B 1 KR 37/00 R -, in juris) formuliert ist. Das BSG hat das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit und eine Gleichstellung mit solchen notstandsähnlichen Situation auch in dem Fall verneint, in dem dies dem Betroffenen das Ausscheiden aus dem Beruf und den Bezug von Rente bewirkt hatte (BSG, Urteil vom 04.04.2006, - B 1 KR 12/04 R -, in juris). Eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung ist vorliegend nicht ersichtlich. Auch bestehen vertragsärztliche Behandlungsmethoden. Schließlich fehlen "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Kostenübernahme aufgrund eines gem. § 140a SGB V bestehenden Vertrages.
Gem. § 140a SGB V können die Krankenkassen Verträge mit den in Absatz 3 genannten Leistungserbringern über eine besondere Versorgung der Versicherten abschließen. Soweit der Kläger auf einen mit Dr. B. bestehenden Vertrag zur Ausführung der CMI verweist, wurde dieser zur Überzeugung des Senats aber zum 31.12.2012 beendet. Dies bestätigt auch der Kläger, wenn er vorträgt, dass Dr. B. diese Operation nicht mehr durchführe. Weitere Vertragsabschlüsse sind für den Senat nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen. Allein die pauschale Behauptung des Klägers, dass der Abschluss und die Beendigung des Vertrags zum 31.12.2012 überrasche und für den Kläger nicht hilfreich sei, vermag die Auskunft der Beklagten nicht in Zweifel zu ziehen.
Auch ein Anspruch auf eine stationär durchgeführte Versorgung mit einer CMI steht dem Kläger nicht zu. Allein der Umstand, dass eine Behandlung mittels CMI im ambulanten Bereich nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, genügt nicht, um diese nunmehr stationär zu erbringen. Es ist in jedem Falle zu prüfen, ob Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht (vgl BSG, Urteil vom 16.12.2008, - B 1 KR 11/08 R -, in juris). Eine solche wurde weder im Antrag noch im Vortrag des Klägers im verwaltungs- bzw. gerichtlichen Verfahren behauptet. Sie lässt sich auch den Akten nicht entnehmen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Versorgung mittels einer CMI aufgrund der früher bestehenden Vereinbarung mit der Praxis Dr. B. grundsätzlich ambulant erbracht werden kann. Im Übrigen geht hiervon auch der für den Kläger eingereichte Antrag der Orthopädischen Klinik St.-B. aus, der von einer wahlweisen Erbringung ambulant oder stationär ausgeht.
Das Urteil des SG ist daher nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Kostenübernahme für eine Versorgung des Klägers mit einem Collagenmeniskusimplantat (CMI).
Der im Jahr 1973 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert.
Mit (undatiertem) Schreiben der Orthopädische Klinik St.-B. beantragte der Kläger die Kosten für ein CMI in Höhe von 2.086,50 EUR zu übernehmen. Als Diagnose wurde hierbei ein "St. n. Außenminiskusentfernung 1996" angegeben. Eine partielle Entfernung von Meniskusgewebe begünstige eine Arthrose im Kniegelenk. Dies könne durch ein CMI vermieden werden.
Die Beklagte veranlasste darauf eine Direktberatung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Dr. T., Arzt für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin, gab am 04.03.2013 an, dass die Behandlungsmethode nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten sei. Es läge auch keine lebensbedrohliche Erkrankung sowie Studien zu den Vorteilen der Behandlungen vor. Eine vertragsärztliche Behandlung sei möglich.
Mit Bescheid vom 14.03.2013 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme für eine Versorgung mittels CMI ab. Die Behandlungsmethode sei nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten. Falls die Voraussetzungen im Rahmen der integrierten Versorgung nach §140a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vorlägen, wäre eine Kostenübernahme der erforderlichen Arthroskopie in der Gemeinschaftspraxis Dr. B. möglich gewesen. Jedoch habe dieser Vertrag zum 31.12.2012 geendet und sei von der genannten Praxis bisher nicht verlängert worden.
Dagegen legte der Kläger am 10.04.2013 Widerspruch ein und begründete diesen mit der Notwendigkeit der Operation. Alternativen, die gleichviel Erfolg versprächen und preisgünstiger seien, existierten nicht und seien von der Beklagten auch nicht aufgezeigt worden. Dementsprechend gehe die Beklagte auch davon aus, dass grundsätzlich eine Behandlung gemäß § 140a SGB V in Betracht käme. Der Hinweis, dass Dr. B. hier nicht mehr zur Verfügung stehe, sei allerdings wenig hilfreich. Es wäre angezeigt gewesen, hier einen anderen Arzt zu benennen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zwar habe der Kläger aufgrund der Diagnose "St. n. Außenmeniskusentfernung 1996" Anspruch auf Krankenbehandlung. Jedoch handele es sich bei der beantragten Versorgung mit einem CMI nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V dürften Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der Methode abgegeben hätte. Der GBA habe für die Versorgung mit einem CMI bisher keine befürwortende Stellungnahme abgegeben, somit könne eine Zuordnung zum Leistungskatalog der gesetzlichen KV nicht vorgenommen werden. Damit liege ein Gesetzesverbot zur Kostenübernahme vor, welches den gesetzlichen Krankenkassen keinen Raum für Einzelfallentscheidungen lasse. Dementsprechend habe der MDK in seiner Stellungnahme vom 04.03.2013 bestätigt, dass die beantragte Leistung keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung sei. Des Weiteren liege eine akut lebensbedrohliche, notstandsähnliche Situation hier nicht vor. Es stünden auch schulvertragsmedizinische Therapien zur Verfügung.
Hiergegen richtete sich die am 18.06.2013 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Zu Unrecht meine die Beklagte, dass die beim Kläger medizinisch indizierte und erforderliche Behandlung durch ein CMI von ihr nicht zur Verfügung gestellt werden könne und auch keine Kostenübernahme möglich sei, weil es sich nicht um eine Leistung der gesetzlichen KV handele, was aber nicht zutreffe. Insbesondere greife § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V hier nicht ein. Insoweit werde bestritten, dass es sich überhaupt um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode (NUB) im Sinne dieser Vorschrift handele und diesbezüglich keine Empfehlung vorliege. Anders sei nicht zu verstehen, dass die Beklagte bisher die Versorgung mittels CMI für ihre Mitglieder erbracht habe, z. B. durch die Behandlung in der Gemeinschaftspraxis Dr. B., mit dem die Beklagte bis zum 31.12.2012 nach ihren eigenen Angaben einen Vertrag gehabt habe. Danach gebe es allerdings ganz offenbar auch andere Ärzte, mit denen die Beklagte Verträge habe. Daher sei es ihr ohne weiteres möglich, wenn nicht durch Dr. B., dann durch einen anderen Arzt die Behandlung durch ein CMI zur Verfügung zu stellen. Wäre dies nicht der Fall, müsse sie die Kosten tragen, da die Durchführung der Maßnahme medizinisch erforderlich sei und es auch keine Alternative gebe, schon gar nicht eine kostengünstigere. Im Übrigen würden die Kosten einer Versorgung mittels CMI bei einer stationären Behandlung übernommen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Versorgung mit einem CMI sei eine NUB und nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen enthalten. Die Einlassung des Klägers, Dr. B. habe bereits ein CMI implantiert, sei der Beklagten nicht bekannt. Mit der Orthopädischen Klinik in B. habe bis zum 31.12.2012 ein Vertrag zur integrierten Versorgung bestanden, der den Ärzten die Therapiefreiheit ermöglicht habe, im Rahmen der für die Indikation zugelassenen Abrechnungsziffer (DRG) z. B. ein CMI einzusetzen. Dies habe im Ermessen des Behandlungsvertrages gelegen und habe keiner Genehmigung durch die Beklagte bedurft, ein Zusatzentgelt für das Implantat sei im Vertrag nicht vorgesehen gewesen und sei auch nicht bezahlt worden. Der integrierte Versorgungsvertrag ab dem 01.01.2013 sehe für Eingriffe den DRG plus obligate OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel) vor. Die Erstattung erfolge in Pauschalen. Das CMI sei in diesem Vertrag nicht enthalten und könne somit auf Kassenkosten nicht abgerechnet werden. Inwieweit die A. Klinik Pf. im Rahmen ihrer pauschalen Abrechnungsmöglichkeit ein CMI einsetze sei der Beklagten nicht bekannt. Nach Rücksprache mit der Vertragsabteilung sei schließlich mitzuteilen, dass es im Speziellen aktuell keine vertraglichen Regelungen für die Versorgung mit einem CMI im Rahmen von DRG oder OPS gebe. Der Beklagten sei jedoch bekannt, dass Kollagenmenisken im M. oder im K.-O.-H. in den letzten Jahren eingesetzt worden seien. Unter welchen Voraussetzungen entziehe sich jedoch der Kenntnis der Beklagten.
Auf Anfrage des SG wurde seitens der B.-Klinik Orthopädie unter dem 09.02.2015 mitgeteilt, dass dort in den letzten acht Jahren keine CMI-Operationen durchgeführt worden sei. Seitens des M. St. wurde unter dem 16.02.2015 ausgeführt, dass dort prinzipiell keine Versorgung mit einem CMI erfolge.
Mit Urteil vom 22.01.2016 wies das SG die Klage ab. Die vom Kläger begehrte Versorgung mit einem CMI sei nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten, weshalb eine Kostenübernahme ausscheide. Zwar könnten die Krankenkassen gemäß § 140a Abs. 1 Satz 1 SGB V Verträge mit den in Abs. 3 genannten Leistungserbringern über eine besondere Versorgung der Versicherten abschließen, nachdem die bestandenen Verträge aber zum 31.12. 2012 geendet hätten, war die Leistungserbringung dort nicht mehr möglich. Soweit der Kläger in seinem Widerspruch vorgetragen habe, die von ihm begehrte CMI-Operation sei notwendig, sei darauf hinzuweisen, dass diese Operation nicht alternativlos ist. Der Kläger habe bislang keinerlei Versuche unternommen, eine vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung umfasste Krankenbehandlung abzurufen, sein Beharren auf der Versorgung mit einem CMI sei nicht zielführend. Nachdem die Beklagte im Übrigen im Widerspruchsbescheid vom 05.06.2013 die Sach- und Rechtslage zutreffend und umfassend dargestellt habe, und insbesondere auf die Bindungswirkung der Richtlinien des GBA hingewiesen habe, verwies das SG auf die dortigen Ausführungen (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Das Vorbringen des Klägers in seiner Klagebegründung vermöge keine andere Entscheidung in der Sache herbeizuführen. Der Kläger sei der irrigen Auffassung, dass allein aufgrund der Tatsache, dass ein entsprechender Behandlungsvertrag mit der Gemeinschaftspraxis Dr. B. bestanden habe, er auch über die Vertragsbeendigung hinaus Anspruch auf Kostenübernahme habe. Der Kläger übersehe hier den Ausnahmecharakter des § 140a SGB V. Dass es sich bei der Versorgung mittels CMI um keine anerkannte Behandlungsmethode, sondern um eine NUB-Leistung handele, ergebe sich zur Überzeugung der Kammer auch aus den Auskünften der B.-Klinik vom 09.02.2015 bzw. des M. St. vom 16.02.2015. Allein dass dort (in den letzten acht Jahren) keine Versorgung mit einem CMI durchgeführt wurde, bestätige die Tatsache, dass es sich bei der vom Kläger begehrten Maßnahme um eine NUB handelt, sie würde sonst mit Sicherheit in den dortigen Kliniken regelmäßig angewandt werden.
Das Urteil wurde dem Klägervertreter am 14.03.2016 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 01.04.2016 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhobene Berufung des Klägers. Die Versorgung mit einem CMI unterfalle als Krankenbehandlung § 27 SGB V. Darüber hinaus habe die Beklagte auch in der Vergangenheit mit Leistungserbringern Verträge geschlossen. Es sei unglaubhaft, dass keine Verträge mehr existieren würden. Die Versorgung mit einem CMI sei für den Kläger alternativlos. In Betracht käme lediglich die vollständige Entfernung des Meniskus. Dies hätte jedoch zur Folge, dass in Kürze eine Gonarthrose auftreten würde. Dies sei ihm, dem Kläger, nicht zumutbar.
Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.01.2006 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2013 zu verurteilen, die Kosten für die Versorgung mit einem CMI zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten im Erörterungstermin am 03.08.2016 informiert, dass der Senat beabsichtige, über die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter zu entscheiden. Den Beteiligten ist bis 02.09.2016 Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1 SGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegt worden und damit zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne die Beteiligung ehrenamtlicher Richter gem. § 153 Abs. 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, 1. Alt, Abs 4 SGG) ist der die Kostenübernahme für eine Versorgung mit einem CMI ablehnende Bescheid der Beklagten vom 14.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2013. Dem Antrag des Klägers kann dabei keine Beschränkung auf eine ambulante Maßnahme entnommen werden. Bereits der Antrag im Verwaltungsverfahren enthält keine entsprechende Beschränkung. Auch die im Rahmen des Klageverfahrens geführte Diskussion zeigt, dass der Kläger im Anspruchsfall auch auf eine stationäre Maßnahme zurückgreifen würde. Dementsprechend lässt auch der Bescheid der Beklagten sowie der Widerspruchsbescheid eine Begrenzung der Entscheidung auf eine ambulante Maßnahme nicht erkennen. Zwar befasst sich die Begründung im Wesentlichen mit den Rechtsvorschriften zu ambulanten Maßnahmen. Die Entscheidungen lassen jedoch erkennen, dass die im Antrag genannten Mehrkosten für ein CMI auch nicht im Rahmen einer stationären Maßnahme übernommen werden.
Die ablehnenden Bescheide sind freilich rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf ambulante (hierzu 2.) oder stationäre (hierzu 3.) Versorgung mittels einer CMI.
2. Die von dem Kläger begehrte Behandlung ist vom Leistungskatalog des SGB V in der ambulanten Versorgung nicht umfasst.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V auch die Krankenhausbehandlung. Krankheit im Sinne dieser Norm ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (stRspr, Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 28.02.2008, - B 1 KR 19/07 R -; BSG, Urteil vom 30.09.1999, - B 8 KN 9/98 KR R -; BSG, Urteil vom 10.02.1993, - 1 RK 14/92 -, alle in juris). Dabei kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert zu. Eine Krankheit liegt insoweit nur dann vor, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (BSG, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 3/03 R -, in juris).
Vorliegend wurde der Außenmeniskus des Klägers im Jahr 1996 entfernt. Insoweit ist bereits fraglich, ob nach der Entfernung aktuell noch eine Erkrankung vorliegt, die der Krankenbehandlung bedarf. Der Kläger selbst hat aktuelle Beschwerden nicht vorgetragen und lediglich auf ein seines Erachtens ggf. erhöhtes Arthroserisiko im Kniegelenk hingewiesen. Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, da die vom Kläger begehrte Behandlungsmethode vom Leistungskatalog des SGB V in der ambulanten Versorgung nicht umfasst ist.
Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei NUB in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) NUB zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -, in juris mwN). "Neu" ist eine Methode, wenn sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (vgl BSG, Urteil vom 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -, in juris17 mwN). Die Versorgung mittels CMI ist nicht als abrechenbare Leistung im EBM enthalten und daher eine NUB. Eine positive Empfehlung des GBA zu dieser Methode liegt nicht vor.
Ein Ausnahmefall, nachdem es nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -, in juris) einer positiven Empfehlung des GBA nicht bedarf (Seltenheitsfall oder ein Systemversagen) ist nicht ersichtlich. Ein Ausnahmefall, in dem es keiner positiven Empfehlung des GBA bedarf, vor. Ein Seltenheitsfall, bei dem eine Ausnahme von diesem Erfordernis erwogen werden könnte (vgl dazu BSG, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -, in juris) oder ein Systemversagen wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode (vgl. dazu BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -, in juris) sind nicht ersichtlich.
Ein Kostenerstattungs- bzw. Kostenübernahmeanspruch kann nach den Grundsätzen des sogenannten Systemversagens dann in Betracht kommen, wenn das Verfahren vor dem GBA trotz Vorliegens der für die Prüfung erforderlichen Voraussetzungen willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wird (BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R, Urteil vom 27.09.2005 - B 1 KR 28/03 R; Urteil vom 03.04.2010 - B 1 KR 22/00 R, alle in juris). Wenn der GBA eine neue Behandlungsmethode geprüft und den nicht anerkannten Methoden zugeordnet hat, ist hierdurch ein Systemversagen ausgeschlossen (vgl. LSG Brandenburg, Urteil vom 26.02.2003, - L 4 KR 6/02 -, in juris zur hyperbaren Sauerstofftherapie bei Hörsturz und Tinnitus). Vorliegend fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der GBA ein Prüfverfahren trotz Vorliegens der für die Prüfung erforderlichen Voraussetzungen willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt hat. Ein Seltenheitsfall liegt gleichfalls nicht vor.
Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf den in Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (BverfG, Urteil vom 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -; BSG; Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -, in juris) eingeführten § 2 Abs 1a SGB V stützen. Der Gesetzgeber hat den vom BverfG formulierten Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf neue Behandlungsmethoden im Fall einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, mit dem am 01.01.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V (Gesetz vom 22.12.2011, BGBl I 2983) Rechnung getragen. Eine Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine neue ärztliche Behandlungsmethode sei ausgeschlossen, weil der GBA diese nicht anerkannt habe, verstößt dann gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vor; 2. bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und 3. bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist nach der Rechtsprechung des BSG eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des sog Off-Label-Use (vgl dazu BSG, Urteil vom 19.03.2002, - B 1 KR 37/00 R -, in juris) formuliert ist. Das BSG hat das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit und eine Gleichstellung mit solchen notstandsähnlichen Situation auch in dem Fall verneint, in dem dies dem Betroffenen das Ausscheiden aus dem Beruf und den Bezug von Rente bewirkt hatte (BSG, Urteil vom 04.04.2006, - B 1 KR 12/04 R -, in juris). Eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung ist vorliegend nicht ersichtlich. Auch bestehen vertragsärztliche Behandlungsmethoden. Schließlich fehlen "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Kostenübernahme aufgrund eines gem. § 140a SGB V bestehenden Vertrages.
Gem. § 140a SGB V können die Krankenkassen Verträge mit den in Absatz 3 genannten Leistungserbringern über eine besondere Versorgung der Versicherten abschließen. Soweit der Kläger auf einen mit Dr. B. bestehenden Vertrag zur Ausführung der CMI verweist, wurde dieser zur Überzeugung des Senats aber zum 31.12.2012 beendet. Dies bestätigt auch der Kläger, wenn er vorträgt, dass Dr. B. diese Operation nicht mehr durchführe. Weitere Vertragsabschlüsse sind für den Senat nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen. Allein die pauschale Behauptung des Klägers, dass der Abschluss und die Beendigung des Vertrags zum 31.12.2012 überrasche und für den Kläger nicht hilfreich sei, vermag die Auskunft der Beklagten nicht in Zweifel zu ziehen.
Auch ein Anspruch auf eine stationär durchgeführte Versorgung mit einer CMI steht dem Kläger nicht zu. Allein der Umstand, dass eine Behandlung mittels CMI im ambulanten Bereich nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, genügt nicht, um diese nunmehr stationär zu erbringen. Es ist in jedem Falle zu prüfen, ob Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht (vgl BSG, Urteil vom 16.12.2008, - B 1 KR 11/08 R -, in juris). Eine solche wurde weder im Antrag noch im Vortrag des Klägers im verwaltungs- bzw. gerichtlichen Verfahren behauptet. Sie lässt sich auch den Akten nicht entnehmen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Versorgung mittels einer CMI aufgrund der früher bestehenden Vereinbarung mit der Praxis Dr. B. grundsätzlich ambulant erbracht werden kann. Im Übrigen geht hiervon auch der für den Kläger eingereichte Antrag der Orthopädischen Klinik St.-B. aus, der von einer wahlweisen Erbringung ambulant oder stationär ausgeht.
Das Urteil des SG ist daher nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved