Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 16 RA 673/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 RA 4/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Dezember 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Anerkennung von Fremdbeitragszeiten, auf Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Nr. 8 a des Schlussprotokolls - SP - zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über soziale Sicherheit - DASVA - und auf Altersrente.
Der am 1919 in E/Ungarn geborene Kläger musste als Jude während des Zweiten Weltkrieges in einer ungarischen Arbeitsbrigade Zwangsarbeit leisten. Im Dezember 1949 wanderte er in die USA aus, deren Staatsangehörigkeit er seit 1955 besitzt. Seit 1950 entrichtete der Kläger Beiträge zur US-amerikanischen Sozialversicherung. Einen Antrag auf Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz hat er nicht gestellt.
Im Oktober 1980 beantragte der Kläger erstmals bei der Beklagten u.a. die Nachentrichtung von Beiträgen und gab dabei an, er gehöre dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) an. Nach dem Besuch der Volks-, Bürger- und Rabbinatsschule von 1925 bis 1936 habe er von Januar 1937 bis Oktober 1942 in Eger als Verkäufer bei der Textilgroßhandlung F P gearbeitet. Nach Aufenthalt im Zwangsarbeitslager von 1942 bis 1945 habe er seitdem bis 1949 als Angestellter in dem Lastwagenspeditionsunternehmen M in Eger gearbeitet.
Der Antrag wurde seinerzeit wegen mangelnder Mitwirkung des Klägers abgelehnt; eine dagegen erhobene Klage hatte er später für erledigt erklärt. In jenem Verfahren hatte die Direktion der Sozialversicherung für Budapest und Komitat Pest auf eine Anfrage der Beklagten im Oktober 1985 mitgeteilt, es lägen keine Hinweise über die Beschäftigungszeit des Klägers vor.
Über das ungarische Konsulat in New York hatte der Kläger ferner eine Geburtsurkunde beantragt und gleichzeitig angegeben, er bitte um eine Bescheinigung über seine Beschäftigungszeit im Zeitraum von 1936 bis 1944 bei der Textilfirma F P in Eger als Angestellter und Buchhalter. Außer einer Geburtsurkunde sind keine Beschäftigungsunterlagen übersandt worden.
Im Juli 1996 beantragte der Kläger bei der Beklagten u.a. die Gewährung von Rente, die Anerkennung von Fremdbeitragszeiten nach § 17 a des Fremdrentengesetzes (FRG) und die Nachentrichtung von Beiträgen nach Nr. 8 a SP/DASVA. Er gab darin an, er sei in einem deutschsprachigen Elternhaus aufgewachsen und habe die Handelsschule von 1932 bis 1935 besucht. Anschließend habe er bis 1941 bei der Firma F P im Verkauf und in der Buchführung gearbeitet und dabei 200 Pengö wöchentlich verdient. Er sei bei der O versichert gewesen. Von 1941 bis 1945 habe er Verfolgung erlitten. Danach habe er bis 1949 in der Transportgesellschaft M Holzschneidearbeiten im Wald überwacht und LKW gefahren. Dabei habe er 1500 Forint wöchentlich verdient und Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet.
Der Kläger hat eine eidesstattliche Erklärung seines Bruders G K vom 28. Oktober 1996 vorgelegt, in der es heißt:
"Ich weiss dass mein Bruder von 1935-1941 bei der Firma F P und Co., in Eger, Kosuth Ter. 4 volltaegig angestellt war. Dies war eine Textil-Waren Firma und mein Bruder hat dort als Buchfuehrer gearbeitet.
Ebenso weiss ich, dass mein Bruder nach Rueckkehr aus der Verfolgung, ungarische Arbeitslager, von 1945 bis 1949 in der Firma M, Transport Gesellschaft volltaegig angestellt war. Dies war eine die sich mit Transport der Holzwaren die im Walde geschnitten wurden beschaeftigte. Mein Bruder hat dort die Holzschneidearbeiten ueberwacht und ist dann mit den Lastwagen-Transporten in die Stadt gefahren.
Mein Bruder wurde in beiden Firmen mit einem festen Gehalt bezahlt und ich weiss, dass ihm Abzuege vom Gehalt gemacht wurden, die an die O-Versicherung abgefuehrt wurden. Er hat mir dies selbst gesagt und ich weiss auch von allen andern Arbeitern und Angestellten, dass es obligatorisch war, Pflicht-Versicherungsbetraege vom Gehalt abzuziehen und an die Versicherung abzufuehren.
In unserem Elternhause wurde ausschliesslich deutsch gesprochen. Eger gehoerte zu Oesterreich Ungarn bis 1918 und unsere Eltern als alte Oesterreicher sprachen ausschliesslich deutsch."
Mit Bescheid vom 27. März 1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mangels Erfüllung der Wartezeit ab, da keine Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung zu berücksichtigen seien. Die geltend gemachte Fremdrentenzeit sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Deshalb sei der Kläger auch nicht zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge berechtigt.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, ohne ihn zu begründen. Während des Widerspruchsverfahrens wurde der Kläger vom Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Miami zur Zugehörigkeit zum dSK angehört. Darin hat er ausweislich des Protokolls vom 14. April 1997 u.a. angegeben, er sei in deutscher Muttersprache aufgewachsen. In Eger habe er von 1931 bis 1938 erst die Grundschule, dann die Handelsschule in ungarischer Sprache besucht. Von 1938 bis 1941 habe er als Buchhalter gearbeitet. Von 1941 bis 1944 habe er Militärdienst geleistet, zunächst sei er zur ungarischen Armee eingezogen und dann als Jude entlassen sowie in eine unbewaffnete Arbeitseinheit versetzt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 1998 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 11. Februar 1998 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben. Das Sozialgericht hat die LVA Freie und Hansestadt Hamburg beigeladen und den Bruder des Klägers im Wege der Rechtshilfe durch das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Miami vernehmen lassen. Auf den Beweisbeschluss vom 29. März 1999 und das Vernehmungsprotokoll vom 2. November 2000 wird Bezug genommen.
Im sozialgerichtlichen Verfahren hat die Beigeladene erklärt, sie gehe nunmehr von einer Zugehörigkeit des Klägers zum dSK im Zeitpunkt der Erstreckung des nationalsozialistischen Einflusses auf sein Heimatgebiet aus.
Mit Urteil vom 12. Dezember 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch des Klägers auf Rente sei nicht gegeben, da keine auf die Wartezeit anrechenbaren Versicherungszeiten vorlägen. Die streitigen Fremdrentenzeiten seien nicht zu berücksichtigen, da sie weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht seien. Versicherungsunter- lagen seien vom ungarischen Versicherungsträger nicht übermittelt worden. Die Angaben des Klägers zu den behaupteten Beschäftigungsverhältnissen seien widersprüchlich und die des Zeugen unzuverlässig. Mangels Berücksichtigung von Fremdrentenzeiten sei der Kläger auch nicht zur Nachentrichtung von Beiträgen berechtigt.
Gegen das ihm am 30. Januar 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Februar 2002 Berufung eingelegt und geltend gemacht, es hätte nach Inkrafttreten des deutsch-ungarischen Sozialversicherungsabkommens eine erneute Anfrage beim ungarischen Sozialversicherungsträger gestellt werden müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Dezember 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 27. März 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 1998 aufzuheben und die Beigeladene zu verurteilen, Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten nach dem FRG vom 1. Dezember 1937 bis 31. Januar 1942 und vom 1. Dezember 1945 bis 31. Januar 1949 anzuerkennen, ihn zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge nach Nr. 8 a SP/DASVA zuzulassen und ihm nach erfolgter Nachentrichtung Altersrente seit dem 1. Juli 1996 zu gewähren, hilfsweise eine weitere Auskunft beim ungarischen Versicherungsträger über die streitigen Zeiträume einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beklagte hat eine Kopie der Mitteilung des ungarischen Sozialversicherungsträgers überreicht, aus der sich ergibt, dass ein vom Kläger gestellter Antrag auf Altersrente aus der ungarischen Rentenversicherung mit Bescheid vom 25. Februar 2003 abgelehnt worden ist.
Die den Kläger betreffenden Rentenakten der Beklagten Az. 53 041219 K 123 und die Prozessakten des Sozialgerichts Berlin S 16 RA 673/98 haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend die angefochtenen Bescheide der Beklagten bestätigt. Der Kläger hat mangels Erfüllung der Wartezeit keinen Anspruch auf Zahlung einer Regelaltersrente (§§ 35, 50 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch - SGB VI -). Er hat keine in der deutschen Rentenversicherung anrechenbaren Versicherungszeiten zurückgelegt. Er kann die Wartezeit auch nicht durch eine Nachentrichtung von Beiträgen nach Nr. 8 a SP/DASVA erfüllen, denn für ihn sind nicht erstmals durch die Anwendung des § 17 a FRG Beitrags- oder Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen. Es ist weder nachgewiesen noch glaubhaft im Sinne von § 4 Abs. 1 FRG, dass der Kläger während der streitigen Zeiträume in versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gestanden hat. Unterlagen über die Beschäftigungen sind weder vom Kläger beigebracht noch vom ungarischen Sozialversicherungsträger übermittelt worden. Nach § 4 Abs. 1 FRG ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht bereits dann erfüllt, wenn eine Tatsache nur möglicherweise gegeben ist; erforderlich ist ein die bloße Möglichkeit übersteigender Grad an Gewissheit, der erst erreicht ist, wenn nach einer Gesamtschau des ermittelten Sachverhalts mehr für die behauptete Tatsache als gegen sie spricht. Die Glaubhaftmachung ist somit nur gelungen, wenn es im Sinne eines Überwiegens "gut möglich" ist, dass sich ein bestimmtes Geschehen so und nicht anders zugetragen hat. Dieser Maßstab gilt auch für einen Verfolgten des Nationalsozialismus (BSGE 40, 40).
Die behaupteten Beschäftigungsverhältnisse sind nicht glaubhaft gemacht. Gegen eine Glaubhaftmachung in Bezug auf die Vorkriegsbeschäftigung spricht bereits, dass der zeitliche Umfang dieses Beschäftigungsverhältnisses nicht genügend gesichert ist. Der Kläger hat hierzu widersprüchliche Angaben gemacht, die sich im Einzelnen aus dem Tatbestand ergeben. Den Beginn der Beschäftigung gibt er zumeist mit 1937 an, mitunter auch 1935 bzw. 1938, wie im Sprachprüfungsprotokoll wiedergegeben. Das Ende verlegt er zumeist auf 1941 bzw. 1942 oder 1944. Dies steht im deutlichen Widerspruch zu seiner Schilderung im Antrag bei der C C, wonach er von April 1940 bis November 1944 Mitglied einer Arbeitsbrigade war (Bl. 22 RA).
Auch die Bekundungen des als Zeuge vernommenen Bruders des Klägers überzeugen nicht. Dieser hat ausgesagt, der Kläger sei "so etwa 1935 ins Berufsleben eingetreten". Er habe bei einer Textilfirma als Buchhalter gearbeitet, zunächst als Lehrling, später als Angestellter mit festen Bezügen, und zwar bis 1941, als der Kläger in den Arbeitsdienst eingezogen worden sei. Diese Schilderung deckt sich nicht mit den erwähnten Angaben des Klägers.
Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen spricht auch, dass er in seiner eidesstattlichen Erklärung vom 28. Oktober 1996 die Anschrift der Firma P angeben konnte, hierzu bei seiner Vernehmung jedoch nicht in der Lage war. Auch ist seine Zuverlässigkeit deshalb zu bezweifeln, weil er in dieser Erklärung auch in Bezug auf die Nachkriegsbeschäftigung behauptet hat, der Kläger sei bei der Firma M mit einem festen Gehalt volltägig angestellt gewesen, und es seien Abzüge vom Gehalt gemacht worden. In krassem Widerspruch hierzu steht seine Bekundung beim Generalkonsulat, dass der Kläger nach seiner Rückkehr aus dem Arbeitsdienst 1945 ein eigenes Fuhrunternehmen mit zwei Lastwagen gegründet habe. Wegen dieser miteinander unvereinbaren Darstellungen erscheint dem Senat die Aussage des Zeugen insgesamt als unglaubhaft.
Der Senat hat davon abgesehen, eine erneute Anfrage an den ungarischen Versicherungsträger zu richten. Dieser hat bereits im Oktober 1985 der Beklagten mitgeteilt, dass keine Unterlagen über die Beschäftigungszeit des Klägers aufgefunden worden seien. Es sind keine Hinweise dafür ersichtlich, dass diese Auskunft unrichtig gewesen sein könnte. Es spricht nichts dafür, dass sich an dieser Sachlage im Falle des Klägers durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn über Soziale Sicherheit vom 2. Mai 1998 (BGBl. 1999 II, S 902) etwas geändert haben könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Anerkennung von Fremdbeitragszeiten, auf Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach Nr. 8 a des Schlussprotokolls - SP - zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über soziale Sicherheit - DASVA - und auf Altersrente.
Der am 1919 in E/Ungarn geborene Kläger musste als Jude während des Zweiten Weltkrieges in einer ungarischen Arbeitsbrigade Zwangsarbeit leisten. Im Dezember 1949 wanderte er in die USA aus, deren Staatsangehörigkeit er seit 1955 besitzt. Seit 1950 entrichtete der Kläger Beiträge zur US-amerikanischen Sozialversicherung. Einen Antrag auf Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz hat er nicht gestellt.
Im Oktober 1980 beantragte der Kläger erstmals bei der Beklagten u.a. die Nachentrichtung von Beiträgen und gab dabei an, er gehöre dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) an. Nach dem Besuch der Volks-, Bürger- und Rabbinatsschule von 1925 bis 1936 habe er von Januar 1937 bis Oktober 1942 in Eger als Verkäufer bei der Textilgroßhandlung F P gearbeitet. Nach Aufenthalt im Zwangsarbeitslager von 1942 bis 1945 habe er seitdem bis 1949 als Angestellter in dem Lastwagenspeditionsunternehmen M in Eger gearbeitet.
Der Antrag wurde seinerzeit wegen mangelnder Mitwirkung des Klägers abgelehnt; eine dagegen erhobene Klage hatte er später für erledigt erklärt. In jenem Verfahren hatte die Direktion der Sozialversicherung für Budapest und Komitat Pest auf eine Anfrage der Beklagten im Oktober 1985 mitgeteilt, es lägen keine Hinweise über die Beschäftigungszeit des Klägers vor.
Über das ungarische Konsulat in New York hatte der Kläger ferner eine Geburtsurkunde beantragt und gleichzeitig angegeben, er bitte um eine Bescheinigung über seine Beschäftigungszeit im Zeitraum von 1936 bis 1944 bei der Textilfirma F P in Eger als Angestellter und Buchhalter. Außer einer Geburtsurkunde sind keine Beschäftigungsunterlagen übersandt worden.
Im Juli 1996 beantragte der Kläger bei der Beklagten u.a. die Gewährung von Rente, die Anerkennung von Fremdbeitragszeiten nach § 17 a des Fremdrentengesetzes (FRG) und die Nachentrichtung von Beiträgen nach Nr. 8 a SP/DASVA. Er gab darin an, er sei in einem deutschsprachigen Elternhaus aufgewachsen und habe die Handelsschule von 1932 bis 1935 besucht. Anschließend habe er bis 1941 bei der Firma F P im Verkauf und in der Buchführung gearbeitet und dabei 200 Pengö wöchentlich verdient. Er sei bei der O versichert gewesen. Von 1941 bis 1945 habe er Verfolgung erlitten. Danach habe er bis 1949 in der Transportgesellschaft M Holzschneidearbeiten im Wald überwacht und LKW gefahren. Dabei habe er 1500 Forint wöchentlich verdient und Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet.
Der Kläger hat eine eidesstattliche Erklärung seines Bruders G K vom 28. Oktober 1996 vorgelegt, in der es heißt:
"Ich weiss dass mein Bruder von 1935-1941 bei der Firma F P und Co., in Eger, Kosuth Ter. 4 volltaegig angestellt war. Dies war eine Textil-Waren Firma und mein Bruder hat dort als Buchfuehrer gearbeitet.
Ebenso weiss ich, dass mein Bruder nach Rueckkehr aus der Verfolgung, ungarische Arbeitslager, von 1945 bis 1949 in der Firma M, Transport Gesellschaft volltaegig angestellt war. Dies war eine die sich mit Transport der Holzwaren die im Walde geschnitten wurden beschaeftigte. Mein Bruder hat dort die Holzschneidearbeiten ueberwacht und ist dann mit den Lastwagen-Transporten in die Stadt gefahren.
Mein Bruder wurde in beiden Firmen mit einem festen Gehalt bezahlt und ich weiss, dass ihm Abzuege vom Gehalt gemacht wurden, die an die O-Versicherung abgefuehrt wurden. Er hat mir dies selbst gesagt und ich weiss auch von allen andern Arbeitern und Angestellten, dass es obligatorisch war, Pflicht-Versicherungsbetraege vom Gehalt abzuziehen und an die Versicherung abzufuehren.
In unserem Elternhause wurde ausschliesslich deutsch gesprochen. Eger gehoerte zu Oesterreich Ungarn bis 1918 und unsere Eltern als alte Oesterreicher sprachen ausschliesslich deutsch."
Mit Bescheid vom 27. März 1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mangels Erfüllung der Wartezeit ab, da keine Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung zu berücksichtigen seien. Die geltend gemachte Fremdrentenzeit sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Deshalb sei der Kläger auch nicht zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge berechtigt.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, ohne ihn zu begründen. Während des Widerspruchsverfahrens wurde der Kläger vom Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Miami zur Zugehörigkeit zum dSK angehört. Darin hat er ausweislich des Protokolls vom 14. April 1997 u.a. angegeben, er sei in deutscher Muttersprache aufgewachsen. In Eger habe er von 1931 bis 1938 erst die Grundschule, dann die Handelsschule in ungarischer Sprache besucht. Von 1938 bis 1941 habe er als Buchhalter gearbeitet. Von 1941 bis 1944 habe er Militärdienst geleistet, zunächst sei er zur ungarischen Armee eingezogen und dann als Jude entlassen sowie in eine unbewaffnete Arbeitseinheit versetzt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 1998 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 11. Februar 1998 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben. Das Sozialgericht hat die LVA Freie und Hansestadt Hamburg beigeladen und den Bruder des Klägers im Wege der Rechtshilfe durch das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Miami vernehmen lassen. Auf den Beweisbeschluss vom 29. März 1999 und das Vernehmungsprotokoll vom 2. November 2000 wird Bezug genommen.
Im sozialgerichtlichen Verfahren hat die Beigeladene erklärt, sie gehe nunmehr von einer Zugehörigkeit des Klägers zum dSK im Zeitpunkt der Erstreckung des nationalsozialistischen Einflusses auf sein Heimatgebiet aus.
Mit Urteil vom 12. Dezember 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch des Klägers auf Rente sei nicht gegeben, da keine auf die Wartezeit anrechenbaren Versicherungszeiten vorlägen. Die streitigen Fremdrentenzeiten seien nicht zu berücksichtigen, da sie weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht seien. Versicherungsunter- lagen seien vom ungarischen Versicherungsträger nicht übermittelt worden. Die Angaben des Klägers zu den behaupteten Beschäftigungsverhältnissen seien widersprüchlich und die des Zeugen unzuverlässig. Mangels Berücksichtigung von Fremdrentenzeiten sei der Kläger auch nicht zur Nachentrichtung von Beiträgen berechtigt.
Gegen das ihm am 30. Januar 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Februar 2002 Berufung eingelegt und geltend gemacht, es hätte nach Inkrafttreten des deutsch-ungarischen Sozialversicherungsabkommens eine erneute Anfrage beim ungarischen Sozialversicherungsträger gestellt werden müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Dezember 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 27. März 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 1998 aufzuheben und die Beigeladene zu verurteilen, Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten nach dem FRG vom 1. Dezember 1937 bis 31. Januar 1942 und vom 1. Dezember 1945 bis 31. Januar 1949 anzuerkennen, ihn zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge nach Nr. 8 a SP/DASVA zuzulassen und ihm nach erfolgter Nachentrichtung Altersrente seit dem 1. Juli 1996 zu gewähren, hilfsweise eine weitere Auskunft beim ungarischen Versicherungsträger über die streitigen Zeiträume einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beklagte hat eine Kopie der Mitteilung des ungarischen Sozialversicherungsträgers überreicht, aus der sich ergibt, dass ein vom Kläger gestellter Antrag auf Altersrente aus der ungarischen Rentenversicherung mit Bescheid vom 25. Februar 2003 abgelehnt worden ist.
Die den Kläger betreffenden Rentenakten der Beklagten Az. 53 041219 K 123 und die Prozessakten des Sozialgerichts Berlin S 16 RA 673/98 haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend die angefochtenen Bescheide der Beklagten bestätigt. Der Kläger hat mangels Erfüllung der Wartezeit keinen Anspruch auf Zahlung einer Regelaltersrente (§§ 35, 50 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch - SGB VI -). Er hat keine in der deutschen Rentenversicherung anrechenbaren Versicherungszeiten zurückgelegt. Er kann die Wartezeit auch nicht durch eine Nachentrichtung von Beiträgen nach Nr. 8 a SP/DASVA erfüllen, denn für ihn sind nicht erstmals durch die Anwendung des § 17 a FRG Beitrags- oder Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen. Es ist weder nachgewiesen noch glaubhaft im Sinne von § 4 Abs. 1 FRG, dass der Kläger während der streitigen Zeiträume in versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gestanden hat. Unterlagen über die Beschäftigungen sind weder vom Kläger beigebracht noch vom ungarischen Sozialversicherungsträger übermittelt worden. Nach § 4 Abs. 1 FRG ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht bereits dann erfüllt, wenn eine Tatsache nur möglicherweise gegeben ist; erforderlich ist ein die bloße Möglichkeit übersteigender Grad an Gewissheit, der erst erreicht ist, wenn nach einer Gesamtschau des ermittelten Sachverhalts mehr für die behauptete Tatsache als gegen sie spricht. Die Glaubhaftmachung ist somit nur gelungen, wenn es im Sinne eines Überwiegens "gut möglich" ist, dass sich ein bestimmtes Geschehen so und nicht anders zugetragen hat. Dieser Maßstab gilt auch für einen Verfolgten des Nationalsozialismus (BSGE 40, 40).
Die behaupteten Beschäftigungsverhältnisse sind nicht glaubhaft gemacht. Gegen eine Glaubhaftmachung in Bezug auf die Vorkriegsbeschäftigung spricht bereits, dass der zeitliche Umfang dieses Beschäftigungsverhältnisses nicht genügend gesichert ist. Der Kläger hat hierzu widersprüchliche Angaben gemacht, die sich im Einzelnen aus dem Tatbestand ergeben. Den Beginn der Beschäftigung gibt er zumeist mit 1937 an, mitunter auch 1935 bzw. 1938, wie im Sprachprüfungsprotokoll wiedergegeben. Das Ende verlegt er zumeist auf 1941 bzw. 1942 oder 1944. Dies steht im deutlichen Widerspruch zu seiner Schilderung im Antrag bei der C C, wonach er von April 1940 bis November 1944 Mitglied einer Arbeitsbrigade war (Bl. 22 RA).
Auch die Bekundungen des als Zeuge vernommenen Bruders des Klägers überzeugen nicht. Dieser hat ausgesagt, der Kläger sei "so etwa 1935 ins Berufsleben eingetreten". Er habe bei einer Textilfirma als Buchhalter gearbeitet, zunächst als Lehrling, später als Angestellter mit festen Bezügen, und zwar bis 1941, als der Kläger in den Arbeitsdienst eingezogen worden sei. Diese Schilderung deckt sich nicht mit den erwähnten Angaben des Klägers.
Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen spricht auch, dass er in seiner eidesstattlichen Erklärung vom 28. Oktober 1996 die Anschrift der Firma P angeben konnte, hierzu bei seiner Vernehmung jedoch nicht in der Lage war. Auch ist seine Zuverlässigkeit deshalb zu bezweifeln, weil er in dieser Erklärung auch in Bezug auf die Nachkriegsbeschäftigung behauptet hat, der Kläger sei bei der Firma M mit einem festen Gehalt volltägig angestellt gewesen, und es seien Abzüge vom Gehalt gemacht worden. In krassem Widerspruch hierzu steht seine Bekundung beim Generalkonsulat, dass der Kläger nach seiner Rückkehr aus dem Arbeitsdienst 1945 ein eigenes Fuhrunternehmen mit zwei Lastwagen gegründet habe. Wegen dieser miteinander unvereinbaren Darstellungen erscheint dem Senat die Aussage des Zeugen insgesamt als unglaubhaft.
Der Senat hat davon abgesehen, eine erneute Anfrage an den ungarischen Versicherungsträger zu richten. Dieser hat bereits im Oktober 1985 der Beklagten mitgeteilt, dass keine Unterlagen über die Beschäftigungszeit des Klägers aufgefunden worden seien. Es sind keine Hinweise dafür ersichtlich, dass diese Auskunft unrichtig gewesen sein könnte. Es spricht nichts dafür, dass sich an dieser Sachlage im Falle des Klägers durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn über Soziale Sicherheit vom 2. Mai 1998 (BGBl. 1999 II, S 902) etwas geändert haben könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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