L 9 U 10/15

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 12 U 210/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 U 10/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 31. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Hinterbliebenenleistungen nach dem Tod ihres Ehemannes (Versicherter).

Der 1938 geborene Versicherte wurde am 27. April 2009 durch den Rettungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in die Notaufnahme des Gesundheits- und Pflegezentrums Rüsselsheim (GPR) eingeliefert. Vorangegangen war eine schriftliche Einweisung des Versicherten zur stationären Behandlung durch die Hausärztin Dr. E. Die Einweisungsdiagnose lautete: Abhängigkeitssyndrom bei Alkoholgebrauch, verweigert seit 12 Tagen die Nahrungsaufnahme, apathisch. Im Einsatzprotokoll des Rettungsassistenten F. des DRK war verzeichnet, dass der Versicherte die letzten vier Tage von seiner Ehefrau, der Klägerin, mit Schnaps versorgt worden sei und ca. einen Liter Wodka pro Tag ohne Nahrung zu sich genommen habe. Die Bewusstseinslage sei getrübt und der Versicherte desorientiert.

In der Notaufnahme des Krankenhauses wurde der Versicherte durch die Krankenschwesternschülerin G. und die Krankenschwester H. (damals noch J.) in einem Behandlungszimmer auf eine Untersuchungsliege verbracht. In dem Zimmer befand sich eine weitere Untersuchungsliege, die durch einen Sichtschutz (eine so genannte spanische Wand) von der Liege des Versicherten abgetrennt war. Diese weitere Liege war von der Ehefrau des Zeugen C. belegt, welcher seine Frau begleitete.

Der Zeuge C. informierte kurze Zeit später das Pflegepersonal, dass der Versicherte gestürzt sei. Der Versicherte wurde von der die internistische Notaufnahme leitenden Ärztin Dr. K. auf der Seite der spanischen Wand mit dem Gesicht auf dem Boden parallel neben der Liege liegend aufgefunden. Bei der sich anschließenden Computertomographie (CT) wurde ein frontotemporales, epidurales und subdurales Hämatom links, 5 mm breit und 6 cm lang diagnostiziert, so dass der Versicherte umgehend vom Notarzt in die Neurochirurgische Klinik der Universitätsklinik Mainz verlegt wurde.

Am frühen Morgen des 29. April 2009 kam es sodann bei dem Versicherten zu einer hypertensiven Entgleisung und akuten Bewusstseinsminderung. Ein sofort durchgeführtes CT zeigte eine massive Nachblutung des Subduralhämatoms mit massiver Mittellinienverlagerung und beginnender Einklemmung. Trotz sofort durchgeführter Notoperation erlitt der Versicherte in der Folge schwere Hirninfarkte und ein diffuses Hirnödem. Er verstarb schließlich am xx. xxx 2009.

Mit Durchgangsarztbericht vom 5. Mai 2009 meldete das GPR Klinikum Rüsselsheim der Beklagten den Unfall vom 27. April 2009. In dem Bericht gab Prof. Dr. L. u. a. an, dass der Versicherte bei der Aufnahme nach Alkohol gerochen habe, die Sprache verwaschen und etwas lallend gewesen sei und ein torkelndes Gangbild bestanden habe. Zum Unfallhergang gab er an, dass der Versicherte in betrunkenem Zustand beim Miktionsversuch in die Urinflasche frontal nach vorne auf das Gesicht gefallen sei. Der Unfallhergang sei aber nicht sicher nachzuvollziehen, da keine Augenzeugen existierten. In einem Fragebogen der Beklagten gab Prof. Dr. L. am 9. Juni 2009 an, dass der gemessene Wert der Blutalkoholkonzentration (BAK-Wert) bei 3,46 ‰ gelegen habe. Es habe ein chronischer Alkoholabusus vorgelegen. Zudem gab er an, dass der Versicherte sich in der Untersuchungskabine unerlaubterweise vor die Untersuchungsliege gestellt habe.

Die Neurochirurgische Klinik der Universitätsklinik Mainz teilte am 16. Juni 2009 auf einem Fragebogen der Beklagten mit, dass erst die Nachblutung des Subduralhämatoms ursächlich für den Tod des Versicherten gewesen sei. Dr. K. gab zudem am 12. Mai 2009 eine schriftliche Stellungnahme ab, wonach der Versicherte in der Notaufnahme zunächst im Rollstuhl sitzend auf dem Flur ca. 10 min habe warten müssen, bis ein Behandlungsplatz frei gewesen sei. In dieser Zeit habe der Versicherte sich unauffällig verhalten und sei ruhig sitzen geblieben. Nach dem Transfer auf die Behandlungsliege habe der Versicherte sodann von der Krankenpflegeschülerin eine Urinflasche erhalten, da er angegeben habe, urinieren zu müssen. Aufgrund des bis dahin unauffälligen Verhaltens des Versicherten sei man davon ausgegangen, dass er selbstständig und ohne weitere Hilfe in der Lage sei zu urinieren. Um die Intimsphäre des Versicherten zu wahren, habe die Krankenpflegeschülerin den Raum deshalb verlassen. Im Hinblick auf den Unfall sei anzunehmen, dass der Versicherte entgegen der entsprechenden Aufforderung aufgestanden und daraufhin hingefallen sei.

Mit Bescheid vom 26. August 2009 lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin Ansprüche auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Ereignisses vom 27. April 2009 ab. Zur Begründung führte sie an, dass während der Verrichtung der Notdurft kein Unfallversicherungsschutz bestehe, da es sich um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit handle. Zwar könne auch Versicherungsschutz während einer privaten Verrichtung bestehen, wenn unabhängig von der privaten Verrichtung eine besondere betriebliche Gefahr im räumlich-zeitlichen Bereich des Arbeitsplatzes (hier: des Klinikums) mitursächlich für den Unfall gewesen sei und diesen wesentlich bedingt habe. Es sei vorliegend aber trotz Nutzung aller Ermittlungsmöglichkeiten ein solches Mitwirken einer besonderen Betriebsgefahr nicht mit Vollbeweis nachgewiesen. Der Versicherte sei zum Unfallzeitpunkt allein gewesen. Ob er während oder nach dem Urinieren von der Liege gefallen sei, zum Urinieren habe aufstehen oder die Urinflasche habe wegstellen wollen und dann aufgrund seiner schwerwiegenden körperlichen Disposition das Gleichgewicht verloren habe, lasse sich nicht feststellen. Damit sei nicht erwiesen, dass ein Versicherungsfall vorliege, so dass Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zu erbringen seien.

Gegen den Bescheid legte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 18. September 2009 Widerspruch ein. Der Versicherte sei von der Untersuchungsliege gestürzt, so dass sich ein krankenhausspezifisches Risiko verwirklicht habe. Eine Krankenhausliege sei mindestens 1 m hoch und sehr schmal. Dies habe für den Versicherten, der geschwächt und deshalb nur eingeschränkt in der Lage gewesen sei, sein Gleichgewicht zu halten, ein besonderes Risiko dargestellt. Es sei deshalb unerheblich, ob der Versicherte während oder nach dem Urinieren von der Liege gefallen sei, denn in der häuslichen Umgebung wäre das Urinieren nicht mit derartigen Gefahren verbunden gewesen.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens forderte die Beklagte erneut eine Stellungnahme des GPR Klinikums Rüsselsheim an. Dieses übermittelte daraufhin neben einer Stellungnahme am 17. Februar 2010 eine Skizze von dem Untersuchungsraum, in welcher eingezeichnet war, dass der Versicherte auf der linken Seite der Liege zum Urinieren gesessen habe und er schließlich parallel auf der rechten Seite der Liege auf dem Boden liegend aufgefunden worden sei.

Die Beklagte forderte zudem die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Darmstadt zur Einsicht an. In dem dort enthaltenen Sektionsprotokoll vom 14. Mai 2009 gaben Prof. Dr. M., Dr. N. und Prof. Dr. Dr. D. vom Institut für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz u.a. an, dass Todesursache bei dem Versicherten eine zentrale Regulationsstörung gewesen sei, wobei der Hauptbefund eine ausgedehnte Blutung auf der harten Hirnhaut sei. Diese finde sich häufig nach Verletzung der dort verlaufenden Schläfenschlagader und sei zwanglos als Folge des Sturzes zu erklären.

In dem nach Durchführung der Gehirnsektion angefertigten Gutachten vom 26. August 2009 führten Prof. Dr. M., Dr. N. und Prof. Dr. Dr. D. u.a. aus, dass der Sturz des Versicherten im Krankenhaus Rüsselsheim durch eine erhebliche Alkoholisierung begünstigt gewesen sei. Es sei hierbei zu berücksichtigen, dass Blutalkoholkonzentrationen in Krankenhauslaboren in der Regel keine Umrechnung von Serum zu Blut enthielten, so dass wahrscheinlich von einer Blutalkoholkonzentration bei dem Versicherten von nur etwa 2,9 ‰ auszugehen sei. Vergleichbare Blutalkoholkonzentrationen habe der Versicherte bereits in der Vorzeit erreicht. Das Ausmaß der Blutung sei wahrscheinlich durch eine verzögerte Blutgerinnung bei alkoholtoxischem Leberschaden begünstigt gewesen. Die Nachblutung am 29. April 2009 dürfte zudem durch den hohen Blutdruck des Versicherten begünstigt worden sein. Der Sturz auf das Gesicht spreche für eine fehlende Abstützreaktion des Versicherten.

In einem Ermittlungsbericht des Kriminaloberkommissars (KOK) O. von der Polizeidirektion O-Stadt vom 2. März 2010 hielt dieser bezüglich eines Gespräch mit den Zeuginnen Dr. K. und H. vom 1. März 2010 fest, dass der Versicherte seitens des Pflegepersonals nicht zur Abgabe einer Urinprobe aufgefordert worden sei, sondern der Versicherte aus eigenem Anlass habe urinieren müssen. Zudem vernahm KOK O. den Rettungsassistenten des DRK F., der den Versicherten am Unfalltag zusammen mit einer Kollegin in das GPR Klinikum gebracht hatte, als Zeugen. Wegen der Aussage wird auf den Inhalt des Vernehmungsprotokolls vom 17. März 2010 verwiesen.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte das GPR Klinikum Rüsselsheim mit Schreiben vom 4. November 2009 mit, dass der Versicherte am Unfalltag aufgrund des bestehenden Krankheitsbildes, unabhängig von dem erlittenen Sturz, stationär aufgenommen werden sollte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Für einen Sturz von der Untersuchungsliege habe der Vollbeweis nicht erbracht werden können, so dass die Verwirklichung einer krankenhausspezifischen Gefahr nicht nachgewiesen sei.

Die Klägerin hat am 15. Dezember 2009 beim Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass der Versicherte durch ein krankenhaustypisches Risiko zu Tode gekommen sei. Die diensthabende Ärztin Dr. K. habe den Sohn des Versicherten am Abend des 27. April 2009 angerufen und erklärt, dass der Versicherte von der Liege auf den Boden gestürzt sei. Auch in einem persönlichen Gespräch am 28. April 2009 habe die Ärztin diesen Sachverhalt geschildert und sich entschuldigt. Soweit die Ärztin in einer späteren Stellungnahme erläutert habe, dass der Versicherte habe urinieren müssen, stehe dies in auffälligem Widerspruch zu der ersten Schilderung. Im Hinblick auf die aufgestellte Vermutung, der Versicherte sei aufgestanden und um die Liege herumgelaufen, sei anzumerken, dass dieser am Unfalltag derart geschwächt gewesen sei, dass ihm dies gar nicht möglich gewesen sei. Der Versicherte habe weder sitzen, geschweige denn laufen können.

Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2013 hat das Sozialgericht den Sohn des Versicherten, die Ärztin Dr. K. und die Krankenschwester H. als Zeugen vernommen. Zudem wurde die Klägerin persönlich angehört. In einer weiteren mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 2014 hat das Sozialgericht die damalige Krankenschwesternschülerin G. als Zeugin vernommen. Wegen des Inhalts der Zeugenaussagen sowie der Erklärung der Klägerin wird auf die Sitzungsniederschriften des Sozialgerichts verwiesen. Auf Anforderung des Sozialgerichts hat zudem das GPR Klinikum Rüsselsheim Fotos von den damals in der Notaufnahme vorhandenen Untersuchungsliegen sowie u.a. die Verfahrensanweisung "Sturzprophylaxe" übersandt.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 31. Oktober 2014 abgewiesen. Der Versicherte habe zwar gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 15a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) zum Zeitpunkt des Unfalls zum versicherten Personenkreis nach dem SGB VII gehört. Jedoch liege kein Versicherungsfall im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII vor, da der Versicherte weder im Rahmen der Mitwirkung an der medizinischen Behandlung noch bei einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit verunfallt sei, bei welcher sich eine so genannte krankenhausspezifische Gefahr verwirklicht habe. Eine solche krankenhausspezifische Gefahr käme lediglich (bei einem Sturz von der Liege) aufgrund der Höhe der Untersuchungsliege und deren Beschaffenheit infrage, ein Sturz von der Untersuchungsliege sei aber nicht im Vollbeweis nachgewiesen. Es gebe für das Sturzereignis keinerlei Augenzeugen, so dass sich die Kammer insbesondere auf die glaubhaften Angaben der Zeuginnen Dr. K. und G. stütze. Anhaltspunkte dafür, dass die Aussage der Zeugin Dr. K. aus Angst vor einer strafrechtlichen Verfolgung nicht der Wahrheit entsprochen habe, bestünden nicht. Die Angaben der Zeugin Dr. K. zum Zustand des Versicherten deckten sich mit der Aussage der Zeuginnen G. und H. Die Zeugin Dr. K. habe den Versicherten als rumpfstabil bezeichnet und ausgesagt, dass er ihrer Einschätzung nach in der Lage gewesen sei, aufrecht zu sitzen. Dies decke sich mit der Aussage der Zeugin H., die berichtet habe, dass der Versicherte auf der Liege gesessen habe. Dies habe auch die Zeugin G. ausgesagt. Es sei deshalb nicht davon auszugehen, dass es dem Versicherten vollkommen unmöglich gewesen sei, von der Untersuchungsliege aufzustehen und um sie herum zu gehen. Auch aus dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll vom 17. März 2010 über die Vernehmung des Rettungsassistenten F. gehe hervor, dass der Versicherte zwar merklich unter Alkoholeinfluss gestanden, aber ansprechbar gewesen sei und auch selbstständig habe laufen können. Für die Variante, dass der Versicherte aufgestanden und um die Liege herum gegangen sei, bevor es zum Sturz gekommen sei, spreche auch, dass die Zeugin G. ausgesagt habe, dass das Bettgitter auf der Seite zur spanischen Wand hoch geklappt gewesen sein müsse. Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage habe die Kammer nicht. Im Ergebnis könne ein bestimmter Hergang des Ereignisses nicht nachgewiesen werden. Zu Gunsten der Klägerin bestünden damit Beweisschwierigkeiten, welche im Rahmen der Beweiswürdigung im Sinne einer Beweiserleichterung berücksichtigt werden könnten. Dies führe jedoch nicht dazu, dass vorliegend von einem so genannten Anscheinsbeweis zu Gunsten der Klägerin ausgegangen werden könne. Eine Vermutung, dass geschwächte Patienten aufgrund der typischen Beschaffenheit einer klinischen Untersuchungsliege von dieser hinunter stürzten, existiere nicht, so dass bei dem vorliegenden Ereignis ein typischer Geschehensablauf nicht angenommen werden könne. In Abwägung aller Umstände und unter Berücksichtigung des Beweisergebnisses bestünden erhebliche Zweifel daran, dass der Versicherte von der Untersuchungsliege gestürzt sei.

Gegen die der Klägerin am 19. Dezember 2014 zugestellte Entscheidung hat sie am 12. Januar 2015 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht angebracht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der Versicherte durch ein krankenhaustypisches Risiko ums Leben gekommen sei. Todesursache sei der Sturz von der Behandlungsliege im Krankenhaus Rüsselsheim gewesen. Allein der Umstand, dass sich der Versicherte sitzend oder liegend auf einer schmalen und hohen Untersuchungsliege befunden habe, bringe dieses besondere Risiko mit sich, welches in häuslicher Umgebung nicht bestanden habe. Zu einem selbstständigen Sitzen sei der Versicherte zudem nicht in der Lage gewesen, da er aufgrund der 12-tägigen Nahrungsabstinenz kraftlos gewesen sei. Das Sozialgericht habe dabei eine Höhe der Liege von weniger als 1 m unterstellt, wofür es jedoch keinerlei Nachweis gebe. Auch sei zu beachten, dass eine Untersuchungsliege deutlich schmaler sei als das häusliche Bett. Dies mache das Liegen besonders gefährlich. Die Zeugin H. habe dabei ausdrücklich erklärt, dass der Versicherte gelegen habe, bevor sie das Zimmer verlassen hätte. Auch habe die Zeugin Dr. K. gerade nicht ausgesagt, dass der Versicherte in der Lage gewesen sei zu sitzen. Sie habe vielmehr ausgesagt, dass sie dies für möglich halte, es aber auch möglich sei, dass er hierzu nicht in der Lage gewesen sei. Tatsächlich sei der Versicherte nicht in der Lage gewesen, sich selbstständig auf die Liege zu begeben. Auch für ein selbstständiges Aufstehen und Herumgehen um die Liege habe der Versicherte keine Kraft gehabt. Dies habe auch der Sohn des Versicherten in seiner Zeugenaussage und die Klägerin in ihrer persönlichen Anhörung vor Gericht bestätigt. Auch sei zu beachten, dass nicht von eigener Haftung betroffene Bedienstete des Krankenhauses der Beklagten den Unfall umgehend angezeigt und somit erkannt hätten, dass der Versicherte bei einem krankenhaustypischen Risiko verunfallt sei. Auch könne nicht allein anhand der Aussage der Zeugin G. davon ausgegangen werden, dass das Bettgitter auf der Seite zur spanischen Wand hoch geklappt gewesen sei. Die Zeugin habe insoweit angegeben, sich an den Unfalltag nicht mehr detailliert erinnern zu können. Schließlich habe das Gericht die Beweisschwierigkeiten der Klägerin nicht ausreichend gewürdigt. Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass der Versicherte auf der Liege gelegen und sich so bewegt habe, wie er das im heimischen Bett auch getan hätte. Da die Liege jedoch viel schmaler als ein normales Bett gewesen sei, sei er auf den harten Boden gestürzt. Das Verbringen auf die Untersuchungsliege sei damit wesentliche Ursache für den Tod des Versicherten gewesen, so dass die Klägerin Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung habe.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 31. Oktober 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen aufgrund des Versicherungsfalles ihres Ehemannes P. A. (geboren 1938, gestorben am xx.xx.2009) vom 27. April 2009 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Vorliegen eines versicherten Unfallereignisses habe nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden können.

Im Rahmen der Sachermittlungen von Amts wegen hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. M. und Prof. Dr. Dr. D. vom Institut für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz eingeholt. In der Stellungnahme vom 15. Juli 2015 haben die Gutachter unter anderem ausgeführt, dass der Sturz des Versicherten eine wesentliche Ursache für die zum Tod führende Gehirnblutung gewesen sei. Das Fortschreiten der Blutung sei dabei wohl durch den vorbestehenden Bluthochdruck sowie die vorbestehenden Blutgerinnungsstörungen begünstigt worden. Verstorben sei der Ehemann der Klägerin an einer Regulationsstörung in Folge einer Blutung vorwiegend auf der harten Hirnhaut (epidurales Hämatom). Die Entstehung eines solchen epiduralen Hämatoms sei praktisch immer mit einer äußeren Gewalteinwirkung verbunden.

Zudem hat der Senat zunächst eine schriftliche Aussage des Zeugen C. eingeholt und diesen sodann in der mündlichen Verhandlung vom 2. September 2016 vernommen. Wegen des Inhalts der Zeugenaussage wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte der Beklagten sowie die beigezogene Akte der Staatsanwaltschaft Darmstadt verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG -) der Klägerin ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, da der Tod des Versicherten nicht infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.

Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Hinterbliebene Anspruch auf Sterbegeld (Nr. 1), Erstattung der Kosten der Überführung an den Ort der Bestattung (Nr. 2), Hinterbliebenenrenten (Nr. 3) und Beihilfe (Nr. 4). Nach Satz 2 der Vorschrift besteht der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 dabei nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.

Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt somit voraus, dass die Verrichtung des Verletzten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), dass diese versicherte Verrichtung ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität - (std. Rspr.: BSG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - B 2 U 13/13 R; Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 4/13 R; Urteil vom 14. November 2013 - B 2 U 15/12 R; Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 10/12 R; Urteil vom 13. November 2012 - B 2 U 19/11 R; Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R und Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 16/11 R).

Die den Versicherungsschutz begründende Verrichtung, die (möglicherweise dadurch verursachte) Einwirkung und der (möglicherweise dadurch bedingte) Erstschaden müssen im Überzeugungsgrad des Vollbeweises feststehen (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R). Demgegenüber genügt für den Nachweis der Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2013 - B 2 U 11/12 R -; Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -; Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 31/11 R -; Urteil vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -; Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R - und Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -).

Vorliegend war der Versicherte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 15a) SGB VII zum Zeitpunkt des Unfalls kraft Gesetzes versichert. Nach dieser Vorschrift sind u. a. Personen kraft Gesetzes versichert, die auf Kosten einer Krankenkasse stationäre oder teilstationäre Behandlung erhalten. Der Versicherte wurde am 27. April 2009 aufgrund einer Einweisung seiner Hausärztin zur stationären Behandlung durch einen Rettungswagen des DRK in die Notaufnahme des GPR Klinikums Rüsselsheim gebracht. Das Klinikum teilte der Beklagten in diesem Zusammenhang mit Schreiben vom 4. November 2009 mit, dass der Versicherte am Unfalltag aufgrund des bestehenden Krankheitsbildes, unabhängig von dem erlittenen Sturz, stationär hätte aufgenommen werden sollen. Bei der Behandlung in der Notaufnahme handelte es sich somit bereits um eine stationäre Behandlung zu Lasten der Krankenkasse des Versicherten.

Der Versicherte hat auch einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erlitten, da es sich bei dem Sturz um ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis gehandelt hat. Der Tod des Versicherten am 5. Mai 2009 ist zudem rechtlich wesentlich auf den Sturz in der Notaufnahme des GPR Klinikums Rüsselsheim zurückzuführen.

Prof. Dr. M. und Prof. Dr. Dr. D. vom Institut für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz haben in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 15. Juli 2015 mitgeteilt, dass zwar die Nachblutung des Subduralhämatoms durch den vorbestehenden Bluthochdruck sowie die vorbestehenden Blutgerinnungsstörungen des Versicherten begünstigt worden sei. Verstorben sei der Versicherte aber an einer Regulationsstörung in Folge einer Blutung vorwiegend auf der harten Hirnhaut (epidurales Hämatom). Die Entstehung eines solchen epiduralen Hämatoms sei praktisch immer mit einer äußeren Gewalteinwirkung verbunden, so dass der Sturz des Versicherten eine wesentliche Ursache für die zum Tod führende Gehirnblutung gewesen sei.

Der Sturz des Versicherten ist damit zum einen ursächlich im Sinne der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jeder Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Er ist aber auch wesentlich für den Tod des Versicherten, da es ohne den Sturz zu keinem epiduralen Hämatom gekommen wäre, in dessen Folge der Versicherte letztlich zu Tode kam (zur Bedingungstheorie und Wesentlichkeit der Verursachung vgl. Urteil des Senats vom 20. Juli 2015 - L 9 U 5/15 - m.w.N.).

Nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten ist jedoch zur Überzeugung des Senats nicht im Vollbeweis nachgewiesen, dass die Verrichtung des Versicherten zum Zeitpunkt des Unfalls in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, hier der stationären Behandlung im Krankenhaus, stand.

Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. November 2015 - L 17 U 325/13 -). Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten (BSG, Urteil vom 21. August 1991 - 2 RU 62/90 -; Urteil vom 24. März 1998 - B 2 U 4/97 R -), so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis zu erbringen; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 24/84 -). Lässt sich nicht feststellen, ob der Versicherte bei einer Verrichtung verunglückt ist, die wenn feststellbar - in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden hätte, trifft die objektive Beweislast für das Vorliegen dieser Verrichtung den Versicherten (zu allem BSG, Urteil vom 26. Juni 2001 - B 2 U 30/00 - m.w.N.).

Die Versicherung kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 15a) SGB VII dient dem Zweck, Versicherte gegen drohende Gesundheitsgefahren aus der Behandlung, an der mitzuwirken sie verpflichtet sind (§§ 60 ff SGB I), zu schützen. Die versicherte Tätigkeit im Sinne der Vorschrift umfasst damit das Entgegennehmen der stationären/teilstationären Behandlung sowie die Handlungen, die Versicherte vornehmen, um die Behandlung entweder zu erhalten oder an ihrer Durchführung mitzuwirken, soweit sie sich dabei im Rahmen der ärztlichen Anordnung halten. Ein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit ist danach gegeben, wenn Versicherte sich in der Einrichtung zu den angeordneten Behandlungen begeben (Wege) oder Handlungen vornehmen, die vom Behandelnden angeordnet werden oder für die Durchführung der Behandlung oder Rehabilitation notwendig sind. Der innere Zusammenhang ist daher auch gegeben, wenn der Versicherte im Unfallzeitpunkt eine Handlung vornimmt, die unmittelbar dem versicherten Erhalten der Behandlung dient (zu allem BSG, Urteil vom 27. April 2010 - B 2 U 11/09 R - m.w.N.).

Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Versicherte zum Zeitpunkt des Sturzes an einer ärztlich angeordneten Behandlung mitgewirkt hat. Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob der Versicherte beim Urinieren oder bei dem entsprechenden Versuch stürzte, da die Miktion nicht auf ärztliche Veranlassung zum Erhalt einer Urinprobe geschehen sollte, sondern aus eigenem Antrieb des Versicherten. Dies ergibt sich aus den Aussagen der Zeuginnen H. und G. vor dem Sozialgericht sowie auch aus dem Ermittlungsbericht des KOK O. vom 2. März 2010. Bei dem Urinieren bzw. dessen Versuch handelte es sich somit um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit des Versicherten, die nicht im Zusammenhang mit der ärztlichen Behandlung stand. Ebenfalls kann an dieser Stelle dahinstehen, ob der Versicherte von der Untersuchungsliege aufgestanden und um die Liege herumgegangen ist. Denn mit diesem Verhalten hätte sich der Versicherte jedenfalls nicht im Rahmen der ärztlichen Anordnung bewegt, die nach Aussage der Zeugin H. dahin ging, sich hinzulegen. Ein Sturz im Zusammenhang mit einer angeordneten ärztlichen Behandlung ist damit nicht erwiesen.

Der Sturz des Versicherten wurde zudem auch nicht rechtlich wesentlich durch eine krankenhausspezifische Gefahr bewirkt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 15a) SGB VII sollen die Versicherten gegen die Gefahren geschützt sein, die entstehen, weil sie sich in eine besondere Einrichtung begeben müssen und dort überwiegend anderen Risiken ausgesetzt sind als zu Hause (BSG, Urteil vom 27. Juni 1978 - 2 RU 20/78 -; Urteil vom 23. Februar 1983 - 2 RU 3/82 -; Urteil vom 1. Februar 1979 - 2 RU 85/78 -). Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht demnach auch bei grundsätzlich eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten, wenn sich hierbei spezielle, mit dem Krankenhausaufenthalt verbundene Gefahren realisieren (BSG, Urteil vom 29. Oktober 1980 - 2 RU 41/78 -; Urteil vom 15. Dezember 1981 - 2 RU 79/80 -). Die Gefahr muss sich dabei entweder durch den Krankenhausaufenthalt erhöht haben oder es muss sich um eine Gefahr gehandelt haben, wie sie im privaten und häuslichen Bereich nicht vorkommt (Riebel in: Hauck/Noftz, SGB, 04/14, § 2 SGB VII, Rn. 233).

Ob das Urinieren in eine Urinflasche als eine solche Gefahr angesehen werden kann, muss vorliegend nicht entschieden werden. Denn dass der Versicherte beim Miktionsversuch in die Urinflasche gestürzt ist, ist nicht erwiesen. Für einen Sturz beim Urinieren spricht zwar, dass der Versicherte nach übereinstimmenden Aussagen der Zeuginnen H. und G. zum Urinieren auf der der Hauswand zugewandten Seite der Liege gesessen habe, und der Zeuge C. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgesagt hat, den Versicherten auf eben dieser Seite der Liege auf dem Boden gefunden zu haben. Gegen einen derartigen Geschehensablauf spricht jedoch, dass die Zeuginnen H., G. und Dr. K. übereinstimmend ausgesagt haben, der Versicherten habe nach dem Sturz auf der anderen Seite der Untersuchungsliege (zur spanischen Wand hin) am Boden gelegen. Da auch der Verbleib der Urinflasche im Rahmen der Zeugenvernehmung nicht geklärt werden konnte, ist somit ein Sturz beim Miktionsversuch nicht nachgewiesen.

Eine gegenüber der häuslichen Umgebung erhöhte Gefahr, aus dem Bett zu fallen, könnte vorliegend dadurch angenommen werden, dass die Untersuchungsliege des Versicherten schmaler und eventuell auch höher als sein heimisches Bett gewesen ist. Die dem Sozialgericht vom GPR Klinikum Rüsselsheim übersandten Fotos legen nahe, dass die zum Zeitpunkt des Unfalls in der Notaufnahme vorhandenen Liegen nicht die übliche Breite eines Einzelbettes hatten. Ob die Liege des Versicherten darüber hinaus auch höher war als sein heimisches Bett, kann der Senat nicht beurteilen, da nach den Zeugenaussagen weder exakt feststellbar ist, in welcher Höhe die Liege damals eingestellt war noch bekannt ist, wie hoch das heimische Bett des Versicherten war. Weitere Ermittlungen in diese Richtung waren jedoch nicht erforderlich, da es hierauf im Ergebnis nicht ankommt. Denn es steht nicht im Vollbeweis fest, dass der Versicherte von der Untersuchungsliege gestürzt ist.

Einen Augenzeugen für den Sturz des Versicherten gibt es nicht. Der Zeuge C. hat insoweit vor dem Senat ausgesagt, dass er zunächst den Aufschlag des Versicherten auf dem Boden gehört habe und erst anschließend um den Sichtschutz herum gegangen sei. Auch die Auffindesituation des Versicherten belegt nicht zweifelsfrei, dass dieser von der Liege gefallen ist. Zwar wurde der Versicherte parallel zur Untersuchungsliege auf dem Boden liegend gefunden. Auf diese Stelle könnte der Versicherte aber ebenso gestürzt sein, wenn er aufgestanden und ggf. um die Liege herumgegangen wäre.

Nach Vernehmung der Zeugen ist dabei bereits nicht sicher geklärt, wo der Versicherte exakt gestürzt ist. Während die Zeuginnen H., G. und Dr. K. ausgesagt haben, den Versicherten auf der Seite zur spanischen Wand hin auf dem Boden gefunden zu haben, hat der Zeuge C. erklärt, der Versicherte habe auf der anderen Seite der Liege gelegen. Die Exaktheit der Erinnerung des Zeugen C. wird dabei zwar dadurch erschüttert, dass er auch das Behandlungszimmer vollkommen anders beschrieben hat (nämlich mit drei Behandlungsplätzen und einer anderen Lage der Eingangstür), als dies nach der vom Krankenhaus übersandten Skizze der Fall war. Weitere Ermittlungen im Hinblick auf die tatsächlichen örtlichen Begebenheiten musste der Senat jedoch nicht anstellen, da beide möglichen Auffindeorte einen Sturz von der Liege nicht zweifelsfrei belegen.

Sofern der Versicherte auf der Seite zur Hauswand hin gestürzt wäre, spräche gegen einen Sturz nach rechts von der Liege, dass die Verletzung des Versicherten sich auf der linken Seite des Kopfes befunden haben. Zudem wäre ein Sturz an dieser Stelle ebenso denkbar, wenn der Versicherte - entgegen der ärztlichen Anweisung - von der Liege aufgestanden wäre.

Gleiches gilt für einen Sturz auf der anderen Seite der Liege zur spanischen Wand hin. Dafür, dass der Versicherte - wie die Klägerin meint - objektiv nicht in der Lage war, selbst aufzustehen und um die Liege herum zu gehen, gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte. So hat der Rettungsassistent F. im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung ausgesagt, dass der Versicherte am Unfalltag zwar merklich unter Alkoholeinfluss gestanden habe, aber selbstständig habe laufen können. Der Versicherte sei allein / eingehakt von ihm zum Rettungswagen gelaufen. Auch die Zeugin Dr. K. hat vor dem Sozialgericht ausgesagt, dass der körperliche Zustand des Versicherten ihrer Einschätzung nach nicht so schlecht gewesen sei, dass ein selbstständiges Aufstehen des Versicherten ausgeschlossen gewesen sei. Man habe den Versicherten schließlich am Unfalltag von der Liege des Rettungsdienstes in den Rollstuhl und von dem Rollstuhl auf die Untersuchungsliege setzen können, wobei der Versicherte bei diesen Vorgängen gestützt worden sei. Auch die Zeugin H. hat ausgesagt, dass der Versicherte nach ihrem persönlichen Eindruck zu dem Zeitpunkt, als sie und die Zeugin G. ihn auf der Liege allein gelassen hätten, noch dazu in der Lage gewesen sei, aufzustehen und ein paar Schritte zu gehen. Er sei zwar nicht mehr in der Lage gewesen, frei um die Liege herum zu gehen, aber wenn ihn jemand gestützt oder er sich dabei an der Liege festgehalten hätte, sei er wohl in der Lage gewesen, um die Liege herum zu gehen. Die Zeugin G. hat vor dem Sozialgericht ausgesagt, dass sie den Eindruck gehabt habe, dass der Versicherte alkoholisiert und auch nicht mehr in der Lage gewesen sei, richtig alleine zu laufen. Die Klägerin selbst hat bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Sozialgericht erklärt, dass sie es für unmöglich halte, dass der Versicherte am Unfalltag selbstständig habe laufen können. Er sei sehr geschwächt gewesen, weil er 12 Tage keine Nahrung zu sich genommen habe. Auch zu Hause habe sie ihn zur Toilette geführt. Auch der Sohn des Versicherten gab in seiner Zeugenaussage vor dem Sozialgericht an, dass sein Vater am Vormittag des Unfalltages nicht den Eindruck auf ihn gemacht habe, als ob er von der Liege aufstehen und ein paar Schritte gehen könnte.

In Auswertung aller Zeugenaussagen sowie der Erklärung der Klägerin und des Vernehmungsprotokolls des Rettungsassistenten F. ist damit im Ergebnis nicht bewiesen, dass es dem Versicherten objektiv unmöglich war, selbstständig aufzustehen und - ggf. sich an der Liege festhaltend - um diese herum zu gehen. Denn nach den Zeugenaussagen und auch der Aussage der Klägerin selbst steht fest, dass der Versicherte am Unfalltag in der Lage war, selbstständig zu laufen, auch wenn er sich hierbei hat abstützen müssen. Infolgedessen ist es auch nicht ausgeschlossen, dass der Sturz des Versicherten bei einem Gang um die Liege herum erfolgte, welcher eigenwirtschaftlich und nicht von einer krankenhausspezifischen Gefahr gedeckt gewesen wäre.

Der Auffindeort des Versicherten belegt damit in beiden denkbaren Varianten nicht zwangsläufig einen Sturz von der Untersuchungsliege. Ein solcher Sturz, in dem sich aufgrund der gegenüber normalen Betten verringerten Breite der Liege möglicherweise eine speziell mit dem Krankenhausaufenthalt verbundene Gefahr realisiert haben könnte, ist damit nicht im Vollbeweis belegt. Da der Sturz von der Liege eine anspruchsbegründende Tatsache darstellt, geht deren Beweislosigkeit nach den allgemeinen Regeln objektiver Beweislast zu Lasten der Klägerin.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch bei der Annahme eines Sturzes von der Untersuchungsliege ein innerer Zusammenhang mit der nach § 2 Abs. 1 Nr. 15a) SGB VII versicherten Tätigkeit nicht gegeben wäre.

Vom Umfang des Versicherungsschutzes des § 2 Abs. 1 Nr. 15a) SGB VII sind die mit der Entwicklung und dem Verlauf der die stationäre Behandlung bedingten Erkrankung selbst verbundenen Risiken nicht umfasst, auch wenn sie zu einem Unfall führen (BSG, Urteil vom 1. Februar 1979 - 2 RU 85/78 -; Urteil vom 30. September 1980 - 2 RU 13/80 - jeweils noch zur Vorgängervorschrift § 539 Abs. 1 Nr. 17a) Reichsversicherungsordnung - RVO -; Schmitt, SGB VII, § 2, Rn. 10). Ebenso fällt das Risiko der ärztlichen Behandlung sowie die Folgen falscher oder unterlassener Maßnahmen des Pflegepersonals nicht unter den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 15a) SGB VII (BSG, Urteil vom 24. Juni 1981 - 2 RU 83/79 -; Urteil vom 27. November 1986 - 2 RU 10/86 - ebenfalls zu § 539 Abs. 1 Nr. 17a) RVO; Schwerdtfeger in: Lauterbach, SGB VII, 4. Auflage März 2002, § 2, Rn. 543 f.).

Soweit demnach die Klägerin vermutet, dass das Bettgitter auf der Seite zur spanischen Wand hin nicht hochgeklappt war (was jedoch nicht bewiesen ist), wäre der Sturz Folge einer falschen bzw. unterlassenen Maßnahme des Pflegepersonals, da die Zeugin G. vor dem Sozialgericht ausgesagt hat, dass gerade bei sturzgefährdeten Patienten, wie etwa Demenzkranken oder auch alkoholisierten Patienten, die Anweisung bestanden habe, die Bettgitter hochzuklappen. Diese Handlungsanweisung kann auch der vom GPR Klinikum Rüsselsheim an das Sozialgericht übersandten "Verfahrensanweisung Sturzprophylaxe" entnommen werden, wonach vor allem Funktionsbeeinträchtigungen und Beeinträchtigungen der Kognition als Risikofaktoren eines Sturzes und im Rahmen der prophylaktischen Maßnahmen der Einsatz von Bettseitenteilen genannt werden.

Im Übrigen wäre der (unterstellte) Sturz von der Untersuchungsliege jedoch auch rechtlich wesentlich auf die mit der Erkrankung des Versicherten verbundenen Risiken zurückzuführen, so dass auch insoweit kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 15a) SGB VII bestünde.

Bei dem Versicherten wurde am Unfalltag im GPR Klinikum Rüsselsheim ein BAK-Wert von 3,46 ‰ gemessen. Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen von Prof. Dr. M., Dr. N. und Prof. Dr. Dr. D. in ihrem Gutachten vom 26. August 2009, dass Blutalkoholkonzentrationen in Krankenhauslaboren in der Regel keine Umrechnung von Serum zu Blut enthielten, so dass wahrscheinlich von einer Blutalkoholkonzentration bei dem Versicherten von nur etwa 2,9 ‰ auszugehen sei, war der Versicherte am Unfalltag erheblich alkoholisiert. Dies haben auch der Rettungsassistent F. im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung und die Zeugin G. zu Protokoll gegeben. Die Bewusstseinslage des Versicherten hat der Rettungsassistent F. im Einsatzprotokoll des DRK mit "getrübt" angegeben, die Reaktion als "desorientiert". Im Durchgangsarztbericht des GPR Klinikums gab Prof. Dr. L. u. a. an, dass der Versicherte bei der Aufnahme nach Alkohol gerochen habe, die Sprache verwaschen und etwas lallend gewesen sei und ein torkelndes Gangbild bestanden habe. Auch die gehörten Zeugen haben - wie oben bereits dargestellt - weitgehend übereinstimmend ausgesagt, dass der Versicherte alkoholbedingt unter funktionellen Einschränkungen gelitten habe (er musste gestützt werden, konnte nicht alleine gehen). Der (unterstellte) Sturz von der Untersuchungsliege wäre demnach wesentlich darauf zurückzuführen, dass der Versicherte alkoholbedingt unter einer Desorientierung bzw. unter körperlichen Funktionseinschränkungen, vor allem den Gleichgewichtssinn betreffend, gelitten hat.

Ebenfalls außerhalb des Versicherungsumfangs des § 2 Abs. 1 Nr. 15a) SGB VII läge der Fall, wenn man als Ursache für den (unterstellten) Sturz von der Untersuchungsliege die durch die 12-tägige Nahrungskarenz hervorgerufene körperliche Schwächung des Versicherten annehmen würde, da auch insoweit die Erkrankung des Versicherten die wesentliche Ursache für den Sturz darstellen würde.

Im Ergebnis wäre somit auch ein (unterstellter) Sturz des Versicherten von der Liege nicht rechtlich wesentlich auf ein krankenhausspezifisches Risiko, sondern maßgeblich auf die der stationären Behandlung zugrunde liegende Erkrankung des Versicherten zurückzuführen.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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