L 10 AL 30/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AL 69/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 30/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.11.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Arbeitnehmer der Klägerin eine von der Klägerin hergestellte Tribünenanlage in der Sporthalle N. (N.) ohne Erteilung einer Arbeitserlaubnis (AE) montieren durften.

Die Klägerin ist ein Metallbauunternehmen mit Sitz in Tschechien. Sie stellt falt- und kippbare Tribünensysteme her, die aus einem Tragwerk, Sitz- und Treppeneinheiten bestehen und in bestehende Hallen eingebaut werden können, wobei sie mittels einer Verankerung mit der Hallenwand bzw. dem Hallenboden verbunden sind. Zum Ein- und Ausfahren der Tribünenanlage wird ein elektrischer Antrieb verwendet, der nicht von der Klägerin hergestellt und geliefert wird.

Für den Einbau entsprechender Anlagen stellte die Beklagte mehrfach die AE-Freiheit fest, klärte jedoch die Klägerin mit Hinweis im Bescheid vom 05.01.1998 darüber auf, dass diese Feststellung nicht mehr getroffen werden könne, da die Tätigkeit arbeitserlaubnispflichtig sei. Im Rahmen des Vertrauensschutzes werde letztmals eine Feststellung der AE-Freiheit für eine konkrete Montage mit Bescheid vom 05.01.1998 erteilt.

Mit Schreiben vom 12.02.1998 beantragte die Klägerin erneut die Feststellung der Befreiung von der AE-Pflicht für den Einbau eines Tribünensystems in die Sporthalle N. auf Grund eines Werklieferungsvertrages zwischen der Klägerin und der Firma G. GmbH mit Sitz in W ...

Auf Grund einer Stellungnahme des technischen Beraters des Arbeitsamtes München lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09.04.1998 die Feststellung der AE-Freiheit für die Montage in der Sporthalle in N. ab. Es handele sich nicht um eine technische, sondern nach DIN 276 um eine bauliche Anlage.

Der hiergegen eingelegte und auf die bisher erteilten Feststellungen der AE-Freiheit gestützte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 30.10.1998).

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Sie begehrt, nachdem der Einbau der Tribünenanlage abgeschlossen war, die Feststellung, dass die Montage der Tribünenanlage für den Sport- und Freizeitkomplexes N. gem. § 9 Nr.3 a Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) arbeitserlaubnisfrei war. Bei dem Tribünensystem handele es sich um eine eigenständige, verwendungsfertige technische Anlage, die nur aus Verkehrssicherungsgründen mit der Halle punktuell verbunden sei. Die DIN 276 sei nicht einschlägig, eine bauliche Anlage liege nicht vor. Die Tribünenanlage könne auch mobil eingesetzt werden, wobei deren Anschaffung allerdings teuerer sei. Die Tribünenanlage diene in den Sporthallen auch gewerblichen Zwecken (Durchführung von Sportveranstaltungen gegen Entgelt). Die Klägerin könne sich im Übrigen auf Vertrauensschutz berufen. Derzeit würden die Tribünenanlagen durch deutsche Arbeitskräfte erstellt werden, man wolle jedoch wieder tschechische Arbeitnehmer hierfür einsetzen, so dass ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehe. Bei elektrisch betriebenen Tribünenanlagen werde der Elektroantrieb bei der Firma G. in W. als Subunternehmerin bestellt und geliefert.

Das SG hat eine Auskunft der Stadtverwaltung N., der Stadt D. und vom Bürgermeisteramt H. eingeholt. Diese erklären, die dort mit entsprechenden Tribünenanlagen ausgestatteten Hallen würden durch Schulen und Vereine genutzt werden. Letztere würden Eintrittsgelder verlangen.

Das SG hat mit Urteil vom 29.11.2000 die Klage abgewiesen. Die Feststellung der AE-Freiheit für die in N. montierte Tribünenanlage scheitere bereits daran, dass diese nicht gewerblichen Zwecken diene. Sie werde im Wesentlichen von Schulen und Vereinen genutzt, eine Amortisierung der Tribünenanlage durch zahlende Zuschauer erfolge aber nicht. Für kulturelle Veranstaltungen würde die Tribüne nicht benützt werden.

Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt die Klägerin vor: Es handle sich um eine § 9 Nr.3 a AEVO entsprechende Anlage, die gewerblich genützt werde. Hierzu sei es nicht erforderlich, dass sie ausschließlich gewerblichen Zwecken zur Verfügung stehe und eine vollständige Amortisiertung stattfinde. Indirekte Zahlungen von Zuschauern an Vereine würden genügen. In die Tribünenanlagen eingebaute Elektromotoren würden von der Klägerin bei der Firma G. GmbH Raumtragwerke in L. zugekauft werden und vor Ort von ihren Monteuren eingebaut werden.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Nürnberg, Aktenzeichen S 15 AL 69/99, vom 29.11.2000 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 09.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.1998 aufzuheben ist, weil rechtswidrig und festzustellen war, dass die Montage der Tribünenanlage für den Sport- und Freizeitkomplex N. gem. § 9 Nr.3 a Arbeitserlaubnisverordnung arbeitserlaubnisfrei war.

Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 29.11.2000 - S 15 AL 69/99 - als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält die Ausführungen im Urteil des SG für zutreffend.

Der Senat hat Auskünfte der Stadtverwaltung N., der Gemeinde H. und der Stadt D. eingeholt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der erteilten Auskünfte sowie auf den Inhalt der Beklagtenakte und der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Die Beklagten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG)

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Ablehnung der von der Klägerin begehrten Feststellung mit Bescheid vom 09.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.1998 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Das Feststellungsbegehren der Klägerin ist im Rahmen einer sogenannten Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs.1 Satz 3 SGG) zulässig. Die Klägerin hat die streitgegenständliche Tribünenanlage in N. bereits fertig montiert. Damit hat sich der Bescheid vom 09.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.1998 durch Zeitablauf erledigt. Die Klägerin hat jedoch ein sogenanntes Fortsetzungsfeststellungsinteresse, denn es besteht im Hinblick auf den Zweck des klägerischen Unternehmens ausreichend konkret die Gefahr der Wiederholung eines ablehnenden Verwaltungsaktes bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen (BSGE 40, 196; 42, 270; 44, 88; Meyer-Ladewig, SGG, 7.Aufl., § 131 Rd.Nr.10 b), d.h. bei in Hallen eingebauten und mit Elektromotoren ausgestatteten Anlagen.

Die Montage der Tribünenanlage mit Elektroantrieb in N. - allein um diese Art der Tribünenanlage und deren Art der Nutzung geht es im vorliegenden Rechtsstreit - durch die Monteure der Klägerin war nicht arbeitserlaubnisfrei gem. § 9 Nr.3 a AEVO in der vom 10.10.1996 bis 24.09.1998 geltenden Fassung. Die Anlage in N. ist nach Auskunft der Klägerin vom 28.06.2000 seit zwei Jahren erstellt und in Betrieb, der Antrag datiert vom Februar 1998. Somit ist diese Fassung der AEVO hier einschlägig.

Gemäß § 9 Nr.3 a AEVO bedürfen im Gegensatz zur sonst bestehenden AE-Pflicht gem. § 284 Abs.1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) keiner AE Personen, die unter Beibehaltung ihres gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland von ihrem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland in den Geltungsbereich dieser Verordnung entsandt werden, um Montage- und Instandhaltungsarbeiten oder Reparaturen an gelieferten, verwendungsfertigen Anlagen oder Maschinen auszuführen, die gewerblichen Zwecken dienen, sofern die Dauer der Beschäftigung drei Monate nicht übersteigt.

Vorliegend scheitert eine arbeitserlaubnisfreie Tätigkeit der Monteure der Klägerin bereits daran, dass keine Anlage geliefert wurde, die gewerblichen Zwecken dient. Laut der erneuten Auskunft der Stadtverwaltung N. gegenüber dem Senat wird für die Tribünennutzung kein Entgelt erhoben. Die Tribüne werde für Sportveranstaltungen genutzt (Sitzplätze für Mannschaften und Zuschauer). Mit diesen Angaben bestätigt die Stadtverwaltung N. ihre gegenüber dem SG gemachten Angaben. Im Übrigen wird hier auf die Ausführungen des SG verwiesen (§ 153 Abs.2 SGG). Ergänzend ist allein anzumerken, dass die Eintrittsgelder, die die Vereine auf Grund ihrer Satzungen und Regelungen erheben, nicht an die Stadtverwaltung abgegeben werden, sondern bei den Vereinen verbleiben. Ein Entgelt für die Nutzung der Tribünenanlage erhält die Stadtverwaltung N. nicht. Diese Anlage - und allein auf diese ist die begehrte Feststellung gerichtet - dient daher nicht gewerblichen Zwecken, eine Gewinnerzielungsabsicht des Bestellers liegt nicht vor; vielmehr wird die Tribüne zur Erfüllung schulischer und gemeindlicher Aufgaben (dem Allgemeinwohl dienende Versorgung mit entsprechenden Einrichtungen) genutzt.

Ob allein das Kriterium der gewerblichen Nutzung eine unterschiedliche rechtliche Bewertung rechtfertigt, kann offenbleiben, denn die Feststellung der AE-Freiheit scheitert auch daran, dass es sich lediglich um einen unselbstständigen Teil einer (baulichen) Anlage handelt, nämlich um einen Teil der Sporthalle insgesamt, auch wenn die Tribünenanlage nur punktuell mit dieser verbunden bzw. verschraubt ist. Nach Auskunft der Klägerin handelt es sich nicht um eine mobile Anlage. Ob eine mobile Tribünenanlage ggf. arbeitserlaubnisfrei montiert werden könnte, ist nicht Gegenstand des Rechtsstreites (vgl. oben). Unter dem Begriff der "Anlage" im Sinne des § 9 Nr.3 a AEVO ist zwar auch eine bauliche Anlage zu verstehen, denn sonst hätte es des weiteren Begriffes der "Maschinen" nicht bedurft. Dass bauliche Anlagen hier auch von der Regelung des § 9 Nr.3 a AEVO erfasst sind, ergibt sich aus der Dienstanweisung der Beklagten DA AER 2.9.316. Als solche bauliche Anlage ist die zum Einbau vorgesehene Tribünenanlage anzusehen. Dann aber handelt es sich nicht um eine selbstständige technische Einheit, denn eine zum Einbau bestimmte Tribünenanlage erfüllt ihren Zweck nur im Zusammenhang mit der Sporthalle bzw. im Zusammenhang mit dem Gebäude, in das sie eingebaut wird.

Zudem hat die Klägerin auch keine verwendungsfertige Anlage im Sinne einer selbstständigen technischen Einheit hergestellt und geliefert. Vielmehr wurden für die Sporthalle N. Elektromotoren eingebaut, die nicht von der Klägerin hergestellt und geliefert wurden. Erst mit deren Einbau aber wurde die Anlage verwendungsfertig. Ob Tribünenanlagen auch ohne Elektromotor eingebaut werden könnten, kann hier offen bleiben, denn solche Anlagen sind nicht streitgegenständlich.

Um eine "Maschine" i.S.d. § 9 Nr.3 a AEVO handelt es sich bei der Tribünenanlage nicht, mit dieser wird nichts hergestellt.

Nach alledem war der Bescheid vom 09.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.1998 rechtmäßig. Die Monteure der Klägerin durften nicht gem. § 9 Nr.3 a AEVO arbeitserlaubnisfrei die Tribünenanlage in N. montieren. Die Berufung der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gerichtskosten fallen nicht an, die Klage ist vor dem 02.01.2002 erhoben worden (§ 183 SGG a.F. i.V.m. Art.17 Abs.1 Satz 2 des 6. Gesetzes zur Änderung des SGG vom 17.08.2001 - BGBl I S.2144).

Gründe, die Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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