Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
18
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 V 48/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 V 13/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.06.1999 und der Bescheid des Beklagten vom 13.03.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.04.1996 aufgehoben.
II. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Versorgungskrankengeld in Höhe der Kosten einer fiktiven Ersatzkraft für die Zeit vom 19.10.1995 bis 04.12.1995 zu gewähren.
III. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger der Höhe nach Anspruch auf Versorgungskrankengeld nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) für die Zeit vom 19.10. bis 04.12.1995 hat.
Bei dem 1921 geborenen Kläger sind mit Bescheid vom 12.01.1994 als Schädigungsfolgen anerkannt: 1. Schmerzhafte, unvollständige Versteifung der linken Hüfte in Fehlstellung, Teilversteifung linkes Kniegelenk und linkes Sprunggelenk, Beinverkürzung links 2. chronisch rezidivierende Nasen-Nebenhöhlenentzündung 3. Stecksplitter im Kinn sowie traumatischer Verlust des ersten Schneidezahnes links oben 4. Bewegungseinschränkung des rechten Kleinfingers nach Streck sehnenabriss, Funktionseinschränkung des linken Zeigefingers nach Gelenkkapselbeschädigung 5. Narbe an der rechten Rückenseite nach Schnittverletzung 6. Fehlstatik und umbauende Veränderungen der Wirbelsäule 7. Coxarthrose rechts 8. Prellung der Lendenwirbelsäule mit Vorderkantenabbruch des 2. Lendenwirbelkörpers und Abbruch des linken Querfortsatzes des 3. Lendenwirbelkörpers. Die Schädigungsfolgen zu 1 bis 5 und 8 sind im Sinne der Entstehung, die Schädigungsfolgen 6 und 7 im Sinne der Verschlimmerung anerkannt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist mit 100 vH bewertet.
Der Kläger - von Beruf selbstständiger Zahnarzt - beantragte am 13.10.1995 die Gewährung von Versorgungskrankengeld wegen einer stationären Behandlung vom 19.10. bis 13.11.1995 und eine Arbeitsunfähigkeit vom 14.11. bis 04.12.1995. Er begehrte die Berechnung des Versorgungskrankengeldes unter Zugrundelegung des Wertes der eigenen Arbeitsleistung in Höhe von 3.125,00 DM pro Monat gemäß des Bescheides vom 27.01.1988 über die Berechnung von Berufschadensausgleich. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 vom 14.03.1995 wies einen Verlust aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 4.693,00 DM auf. Während der Arbeitsunfähigkeit war die Praxis des Klägers nicht von einem Vertreter weitergeführt worden.
Mit Bescheid vom 13.03.1996 lehnte der Beklagte die Gewährung von Versorgungskrankengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 19.10. bis 04.12.1995 ab. Zur Begründung führte er an, es bestehe zwar dem Grunde nach für diesen Zeitraum ein Anspruch auf Versorgungskrankengeld, beim Kläger als selbstständig Tätigen sei jedoch der Gewinn aus Gewerbebetrieb heranzuziehen, der der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Kalenderjahr 1993 zugrunde gelegt worden sei. Da der Steuerbescheid des Klägers für das Kalenderjahr 1993 aber einen Verlust aus selbstständiger Tätigkeit ausweise, könne sich nach Sinn und Zweck dieser Leistung kein Versorgungskrankengeld errechnen. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23.04.1996).
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg hat der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 13.03.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.04.1996 und die Gewährung von Versorgungskrankengeld der Höhe nach für die Zeit vom 19.10. bis 04.12.1995 begehrt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.06.1999 abgewiesen und einen Anspruch auf Versorgungskrankengeld der Höhe nach verneint, da der Kläger laut Steuerbescheid für das Jahr 1993 einen Verlust aus selbstständiger Tätigkeit erzielt habe. Zwar mache das Gesetz die Zahlung von Versorgungskrankengeld an Selbstständige nicht ausnahmslos davon abhängig, dass vor der schädigungsbedingten Arbeitsunfähigkeit ein positiver Gewinn nachgewiesen sei, wenn die Arbeitsunfähigkeit in das Aufbaustadium einer selbstständigen Existenz oder in Zeiten langfristiger Vorhaben falle. Ein solcher Ausnahmefall liege jedoch nicht vor, da der Kläger im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit am 19.10.1995 bereits im 75. Lebensjahr gestanden habe und sich seine selbstständige Tätigkeit als Zahnarzt somit nicht mehr im Aufbaustadium, sondern vielmehr im Auslaufstadium befunden habe. Zudem ergebe sich aus den Einkommensteuerbescheiden für die Kalenderjahre 1993, 1994 und 1995, dass der Kläger auch ohne langfristig zu erwartenden Gewinn aus selbstständiger Arbeit seine Tätigkeit als Zahnarzt ausübe, da er seit 1993 ausschließlich Verluste aus selbstständiger Tätigkeit erzielt habe (4.693,00 DM im Kalenderjahr 1993, 1.606,00 DM im Kalenderjahr 1994 und 2.414,00 DM im Kalenderjahr 1995).
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und weiterhin die Gewährung von Versorgungskrankengeld für die Zeit vom 19.10.1995 bis 04.12.1995 begehrt. Er verlangt, der Berechnung des Versorgungskrankengeldes den Wert der eigenen Arbeitsleistung zugrunde zu legen, den der Beklagte bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs mit Bescheid vom 27.01.1988 zugrunde gelegt habe. Es könne ihm nicht angelastet werden, dass er bei der noch immer ausgeübten Tätigkeit als Zahnarzt einen schädigungsbedingten Einkommensverlust in den letzten Jahren habe hinnehmen müssen und dies zusätzlich noch dazu führe, dass der Anspruch auf Gewährung von Versorgungskrankengeld deswegen versagt werde.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.06.1999 und den Bescheid des Beklagten vom 13.03.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.04.1996 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Versorgungskrankengeld für die Zeit vom 19.10.1995 bis 04.12.1995 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.06.1999 zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Akten des Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren durch den Berichterstatter, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 2, 155 Abs 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz ).
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht rechtmäßig und beschweren den Kläger im Sinne des § 54 Abs 2 SGG. Der Kläger habe einen Anspruch auf Versorgungskrankengeld für die Zeit vom 19.10.1995 bis 04.12.1995 in der Höhe einer fiktiven Ersatzkraft.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass ein Anspruch auf Versorgungskrankengeld dem Grunde nach für die Zeit vom 19.10.1995 bis 04.12.1995 besteht.
§ 16 b BVG regelt die Berechnung des Versorgungskrankengeldes u.a. für Berechtigte, die unmittelbar vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Einkünfte aus selbsständiger Tätigkeit erzielt haben. Während für abhängig Beschäftigte nach § 16 a BVG das Lohnfortzahlungsprinzip maßgebend ist, wird bei der Berechnung des Versorgungskrankengeldes nach § 16 b BVG eine steuerliche Einkommensfeststellung angeknüpft. Das Bundessozialgericht (BSG) hat an seiner Rechtsprechung, dass der bindende Einkommensteuerbescheid (eines Gewerbetreibenden) aus dem Jahr vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in jedem Fall verbindlich sei und die Gewährung von Versorgungskrankengeld ausschließlich, wenn er einen Verlust ausweise, nicht festgehalten (vgl BSG Urteil vom 04.07.1989 Breithaupt 1990 Seite 928).
Die Regelung des § 16 b Abs 1 BVG macht die Zahlung von Versorgungskrankengeld an Selbstständige nicht ausnahmslos davon abhängig, dass vor der schädigungsbedingten Arbeitsunfähigkeit ein positiver Gewinn nachgewiesen ist. Das Gesetz erlaubt es nur aus dem Nachweis der Gewinne vor der Arbeitsunfähigkeit auf den entgangenen und daher grundsätzlich entschädigungspflichtigen Gewinn in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit zu schließen. Daraus folgt aber nicht, dass aus dem Misslingen dieses Nachweises immer geschlossen werden müsste, es sei dem Selbstständigen auch in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit nichts entgangen, was durch das Versorgungskrankengeld ausgeglichen werden müsste (BSG Breithaupt 1990, 754). Ein solcher Schluss würde nicht nur der Wirklichkeit, sondern vor allem auch dem Willen des Gesetzes widersprechen, wie er an anderer Stelle deutlich zum Ausdruck kommt (vgl aaO). So kann gemäß § 16 b Abs 5 BVG auch nicht erwerbstätigen Beschädigten eine Entschädigung nicht versagt werden, wenn der wirtschaftliche Schaden nicht bezifferbar ist, weil sie durch die schädigungsbedingte Arbeitsunfähigkeit davon abgehalten worden sind, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Dazu müssen auch Personen gerechnet werden, die eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen hätten, vor der Aufnahme also typischerweise keinen Gewinn erzielt hatten. Es besteht kein einleuchtender Grund abweichend von der Regelung des § 16 b Abs 5 BVG Versorgungskrankengeld dann zu versagen, wenn der Berechtigte zwar vor der Arbeitsunfähigkeit als Selbstständiger Einnahmen erzielt hat, aber keinen Gewinn nachweisen kann (so auch aaO). Es genügt, dass eine Einnahmequelle aus selbstständiger Arbeit vorhanden war (Rohr/Strässer Kommentar zum BVG § 16 b - K2).
Das BSG hat als geeignetes Mittel zum Nachweis des Einkommensverlustes den erforderlichen Aufwand für einen während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit eingestellten Vertreter angesehen. Wenn es um eine Entschädigung für die vorübergehend ausgefallene Arbeitskraft eines Selbstständigen geht, kann es nicht entscheidend sein, ob der Selbstständige zur Aufrechterhaltung seines Betriebes einen Vertreter einstellt oder nicht (BSG Breithaupt 1990, 928 (933)). Die Kosten eines Vertreters dienen nämlich nur als Berechnungsgröße für den Regellohn eines Selbstständigen. Wird eine Ersatzkraft tatsächlich nicht eingestellt, sind deshalb - wenn es vergleichbare Tätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt gibt - die Kosten einer fiktiven Ersatzkraft zu ermitteln und ist danach der Regellohn festzustellen (aaO).
Ausgehend von diesen Grundsätzen können vorliegend als Kosten einer Ersatzkraft die Tariflöhne oder Durchschnittslöhne für angestellte Zahnärzte in Betracht kommen. Dabei wird bei der Berechnung des Regellohns eines Selbstständigen entsprechend § 16 a BVG die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers zu ermitteln sein.
Das Sozialgericht hat die Ablehnung des Anspruches damit begründet, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit bereits im 75. Lebensjahr gestanden und sich seine selbstständige Tätigkeit als Zahnarzt somit nicht mehr im Aufbaustadium sondern im Auslaufstadium befunden habe. Für eine solche Argumentation gibt es keine gesetzliche Handhabe. Das BSG hat im Urteil vom 04.07.1989 (aaO) lediglich darauf hingewiesen, dass bei einem Unternehmen in der Aufbauphase sich eine Berechnung des Versorgungskrankengeldes nach dem steuerlich ausgewiesenen Gewinn als praktisch undurchführbar erweise und deswegen die fiktiven Kosten eines Vertreters des Selbstständigen für die Berechnung des Krankengeldes heranzuziehen seien. Hieraus kann nicht geschlossen werden, dass bei einem 75-jährigen Selbstständigen der Ausfall der Arbeitskraft nicht mehr entschädigt werden müsste. Nach der Rechtsprechung des BSG aaO kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich ein Erwerbseinkommen erzielt worden ist. Der Hinweis des Gesetzes auf die Gewinnermittlungsvorschriften des Steuerrechts führt nicht zu einem eigenen Schadensbegriff bei der Berechnung des Versorgungskrankengeldes, sondern zeigt lediglich in geeigneten Fällen einen praktikablen Schätzungsmaßstab auf. Es ist daher bei der Berechnung des Versorgungskrankengeldes nicht darauf abzustellen, ob der Versorgungsberechtigte ohne langfristig zu erwartenden Gewinn im Sinne des Steuerrechts arbeitet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Versorgungskrankengeld in Höhe der Kosten einer fiktiven Ersatzkraft für die Zeit vom 19.10.1995 bis 04.12.1995 zu gewähren.
III. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger der Höhe nach Anspruch auf Versorgungskrankengeld nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) für die Zeit vom 19.10. bis 04.12.1995 hat.
Bei dem 1921 geborenen Kläger sind mit Bescheid vom 12.01.1994 als Schädigungsfolgen anerkannt: 1. Schmerzhafte, unvollständige Versteifung der linken Hüfte in Fehlstellung, Teilversteifung linkes Kniegelenk und linkes Sprunggelenk, Beinverkürzung links 2. chronisch rezidivierende Nasen-Nebenhöhlenentzündung 3. Stecksplitter im Kinn sowie traumatischer Verlust des ersten Schneidezahnes links oben 4. Bewegungseinschränkung des rechten Kleinfingers nach Streck sehnenabriss, Funktionseinschränkung des linken Zeigefingers nach Gelenkkapselbeschädigung 5. Narbe an der rechten Rückenseite nach Schnittverletzung 6. Fehlstatik und umbauende Veränderungen der Wirbelsäule 7. Coxarthrose rechts 8. Prellung der Lendenwirbelsäule mit Vorderkantenabbruch des 2. Lendenwirbelkörpers und Abbruch des linken Querfortsatzes des 3. Lendenwirbelkörpers. Die Schädigungsfolgen zu 1 bis 5 und 8 sind im Sinne der Entstehung, die Schädigungsfolgen 6 und 7 im Sinne der Verschlimmerung anerkannt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist mit 100 vH bewertet.
Der Kläger - von Beruf selbstständiger Zahnarzt - beantragte am 13.10.1995 die Gewährung von Versorgungskrankengeld wegen einer stationären Behandlung vom 19.10. bis 13.11.1995 und eine Arbeitsunfähigkeit vom 14.11. bis 04.12.1995. Er begehrte die Berechnung des Versorgungskrankengeldes unter Zugrundelegung des Wertes der eigenen Arbeitsleistung in Höhe von 3.125,00 DM pro Monat gemäß des Bescheides vom 27.01.1988 über die Berechnung von Berufschadensausgleich. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 vom 14.03.1995 wies einen Verlust aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 4.693,00 DM auf. Während der Arbeitsunfähigkeit war die Praxis des Klägers nicht von einem Vertreter weitergeführt worden.
Mit Bescheid vom 13.03.1996 lehnte der Beklagte die Gewährung von Versorgungskrankengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 19.10. bis 04.12.1995 ab. Zur Begründung führte er an, es bestehe zwar dem Grunde nach für diesen Zeitraum ein Anspruch auf Versorgungskrankengeld, beim Kläger als selbstständig Tätigen sei jedoch der Gewinn aus Gewerbebetrieb heranzuziehen, der der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Kalenderjahr 1993 zugrunde gelegt worden sei. Da der Steuerbescheid des Klägers für das Kalenderjahr 1993 aber einen Verlust aus selbstständiger Tätigkeit ausweise, könne sich nach Sinn und Zweck dieser Leistung kein Versorgungskrankengeld errechnen. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23.04.1996).
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg hat der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 13.03.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.04.1996 und die Gewährung von Versorgungskrankengeld der Höhe nach für die Zeit vom 19.10. bis 04.12.1995 begehrt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.06.1999 abgewiesen und einen Anspruch auf Versorgungskrankengeld der Höhe nach verneint, da der Kläger laut Steuerbescheid für das Jahr 1993 einen Verlust aus selbstständiger Tätigkeit erzielt habe. Zwar mache das Gesetz die Zahlung von Versorgungskrankengeld an Selbstständige nicht ausnahmslos davon abhängig, dass vor der schädigungsbedingten Arbeitsunfähigkeit ein positiver Gewinn nachgewiesen sei, wenn die Arbeitsunfähigkeit in das Aufbaustadium einer selbstständigen Existenz oder in Zeiten langfristiger Vorhaben falle. Ein solcher Ausnahmefall liege jedoch nicht vor, da der Kläger im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit am 19.10.1995 bereits im 75. Lebensjahr gestanden habe und sich seine selbstständige Tätigkeit als Zahnarzt somit nicht mehr im Aufbaustadium, sondern vielmehr im Auslaufstadium befunden habe. Zudem ergebe sich aus den Einkommensteuerbescheiden für die Kalenderjahre 1993, 1994 und 1995, dass der Kläger auch ohne langfristig zu erwartenden Gewinn aus selbstständiger Arbeit seine Tätigkeit als Zahnarzt ausübe, da er seit 1993 ausschließlich Verluste aus selbstständiger Tätigkeit erzielt habe (4.693,00 DM im Kalenderjahr 1993, 1.606,00 DM im Kalenderjahr 1994 und 2.414,00 DM im Kalenderjahr 1995).
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und weiterhin die Gewährung von Versorgungskrankengeld für die Zeit vom 19.10.1995 bis 04.12.1995 begehrt. Er verlangt, der Berechnung des Versorgungskrankengeldes den Wert der eigenen Arbeitsleistung zugrunde zu legen, den der Beklagte bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs mit Bescheid vom 27.01.1988 zugrunde gelegt habe. Es könne ihm nicht angelastet werden, dass er bei der noch immer ausgeübten Tätigkeit als Zahnarzt einen schädigungsbedingten Einkommensverlust in den letzten Jahren habe hinnehmen müssen und dies zusätzlich noch dazu führe, dass der Anspruch auf Gewährung von Versorgungskrankengeld deswegen versagt werde.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.06.1999 und den Bescheid des Beklagten vom 13.03.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.04.1996 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Versorgungskrankengeld für die Zeit vom 19.10.1995 bis 04.12.1995 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.06.1999 zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Akten des Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren durch den Berichterstatter, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 2, 155 Abs 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz ).
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht rechtmäßig und beschweren den Kläger im Sinne des § 54 Abs 2 SGG. Der Kläger habe einen Anspruch auf Versorgungskrankengeld für die Zeit vom 19.10.1995 bis 04.12.1995 in der Höhe einer fiktiven Ersatzkraft.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass ein Anspruch auf Versorgungskrankengeld dem Grunde nach für die Zeit vom 19.10.1995 bis 04.12.1995 besteht.
§ 16 b BVG regelt die Berechnung des Versorgungskrankengeldes u.a. für Berechtigte, die unmittelbar vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Einkünfte aus selbsständiger Tätigkeit erzielt haben. Während für abhängig Beschäftigte nach § 16 a BVG das Lohnfortzahlungsprinzip maßgebend ist, wird bei der Berechnung des Versorgungskrankengeldes nach § 16 b BVG eine steuerliche Einkommensfeststellung angeknüpft. Das Bundessozialgericht (BSG) hat an seiner Rechtsprechung, dass der bindende Einkommensteuerbescheid (eines Gewerbetreibenden) aus dem Jahr vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in jedem Fall verbindlich sei und die Gewährung von Versorgungskrankengeld ausschließlich, wenn er einen Verlust ausweise, nicht festgehalten (vgl BSG Urteil vom 04.07.1989 Breithaupt 1990 Seite 928).
Die Regelung des § 16 b Abs 1 BVG macht die Zahlung von Versorgungskrankengeld an Selbstständige nicht ausnahmslos davon abhängig, dass vor der schädigungsbedingten Arbeitsunfähigkeit ein positiver Gewinn nachgewiesen ist. Das Gesetz erlaubt es nur aus dem Nachweis der Gewinne vor der Arbeitsunfähigkeit auf den entgangenen und daher grundsätzlich entschädigungspflichtigen Gewinn in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit zu schließen. Daraus folgt aber nicht, dass aus dem Misslingen dieses Nachweises immer geschlossen werden müsste, es sei dem Selbstständigen auch in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit nichts entgangen, was durch das Versorgungskrankengeld ausgeglichen werden müsste (BSG Breithaupt 1990, 754). Ein solcher Schluss würde nicht nur der Wirklichkeit, sondern vor allem auch dem Willen des Gesetzes widersprechen, wie er an anderer Stelle deutlich zum Ausdruck kommt (vgl aaO). So kann gemäß § 16 b Abs 5 BVG auch nicht erwerbstätigen Beschädigten eine Entschädigung nicht versagt werden, wenn der wirtschaftliche Schaden nicht bezifferbar ist, weil sie durch die schädigungsbedingte Arbeitsunfähigkeit davon abgehalten worden sind, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Dazu müssen auch Personen gerechnet werden, die eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen hätten, vor der Aufnahme also typischerweise keinen Gewinn erzielt hatten. Es besteht kein einleuchtender Grund abweichend von der Regelung des § 16 b Abs 5 BVG Versorgungskrankengeld dann zu versagen, wenn der Berechtigte zwar vor der Arbeitsunfähigkeit als Selbstständiger Einnahmen erzielt hat, aber keinen Gewinn nachweisen kann (so auch aaO). Es genügt, dass eine Einnahmequelle aus selbstständiger Arbeit vorhanden war (Rohr/Strässer Kommentar zum BVG § 16 b - K2).
Das BSG hat als geeignetes Mittel zum Nachweis des Einkommensverlustes den erforderlichen Aufwand für einen während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit eingestellten Vertreter angesehen. Wenn es um eine Entschädigung für die vorübergehend ausgefallene Arbeitskraft eines Selbstständigen geht, kann es nicht entscheidend sein, ob der Selbstständige zur Aufrechterhaltung seines Betriebes einen Vertreter einstellt oder nicht (BSG Breithaupt 1990, 928 (933)). Die Kosten eines Vertreters dienen nämlich nur als Berechnungsgröße für den Regellohn eines Selbstständigen. Wird eine Ersatzkraft tatsächlich nicht eingestellt, sind deshalb - wenn es vergleichbare Tätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt gibt - die Kosten einer fiktiven Ersatzkraft zu ermitteln und ist danach der Regellohn festzustellen (aaO).
Ausgehend von diesen Grundsätzen können vorliegend als Kosten einer Ersatzkraft die Tariflöhne oder Durchschnittslöhne für angestellte Zahnärzte in Betracht kommen. Dabei wird bei der Berechnung des Regellohns eines Selbstständigen entsprechend § 16 a BVG die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers zu ermitteln sein.
Das Sozialgericht hat die Ablehnung des Anspruches damit begründet, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit bereits im 75. Lebensjahr gestanden und sich seine selbstständige Tätigkeit als Zahnarzt somit nicht mehr im Aufbaustadium sondern im Auslaufstadium befunden habe. Für eine solche Argumentation gibt es keine gesetzliche Handhabe. Das BSG hat im Urteil vom 04.07.1989 (aaO) lediglich darauf hingewiesen, dass bei einem Unternehmen in der Aufbauphase sich eine Berechnung des Versorgungskrankengeldes nach dem steuerlich ausgewiesenen Gewinn als praktisch undurchführbar erweise und deswegen die fiktiven Kosten eines Vertreters des Selbstständigen für die Berechnung des Krankengeldes heranzuziehen seien. Hieraus kann nicht geschlossen werden, dass bei einem 75-jährigen Selbstständigen der Ausfall der Arbeitskraft nicht mehr entschädigt werden müsste. Nach der Rechtsprechung des BSG aaO kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich ein Erwerbseinkommen erzielt worden ist. Der Hinweis des Gesetzes auf die Gewinnermittlungsvorschriften des Steuerrechts führt nicht zu einem eigenen Schadensbegriff bei der Berechnung des Versorgungskrankengeldes, sondern zeigt lediglich in geeigneten Fällen einen praktikablen Schätzungsmaßstab auf. Es ist daher bei der Berechnung des Versorgungskrankengeldes nicht darauf abzustellen, ob der Versorgungsberechtigte ohne langfristig zu erwartenden Gewinn im Sinne des Steuerrechts arbeitet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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