S 13 KR 393/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 393/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 711/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beigeladene wird verurteilt, der Klägerin 9.009,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 18.12.2015 zu zahlen. Im Übrigen – soweit sie sich gegen die Beklagte richtet – wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beigeladene Der Streitwert wird auf 9.018,49 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung in Höhe von 9.009,99 Euro.

Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort wurde vom 22.03.2013 bis 30.04.2013 die brasilianische Staatsangehörige K.N.O.P. (im Folgenden: Patientin) behandelt (Verdacht auf polymorphe psychotische Störung). Die Aufnahme erfolgte aufgrund einer Einweisung nach dem PsychKG in Begleitung von Polizei und Notarzt, nachdem die Patientin versucht hatte, sich aus dem Fenster zu stürzen. Für die Behandlung entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von 9.009,99 Euro.

Die Patientin ist mit dem italienischen Staatsangehörigen E.N. (im Folgenden: Ehemann) verheiratet. Bei ihrer Aufnahme gab sie unter Vorlage einer Versichertenkarte (Vers-Nr.: 4035891006) die Beigeladene als ihre zuständige Krankenkasse an. Sie war bei dieser aufgrund sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen vom 25.02.2010 bis 28.02.2010, vom 01.06.2010 bis 15.09.2010, vom 06.02.2011 bis 13.04.2011, vom 02.05.2011 bis 30.09.2011 und vom 03.05.2012 bis 31.08.2012 krankenversichert gewesen. Ihr Ehemann war ebenfalls versicherungspflichtiges Mitglied der Beigeladenen gewesen und zwar aufgrund sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen vom 25.02.2010 bis 15.09.2010, vom 06.02.2011 bis 13.04.2011, vom 02.05.2011 bis 30.09.2011 und vom 03.05.2012 bis 31.08.2012, danach aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II vom 10.04.2013 bis 31.07.2013.

Die Beigeladene lehnte die Vergütung der Krankenhausbehandlung ab mit dem Hinweis, die Patientin sei dort zuletzt vom 03.05.2012 bis 31.08.2012 als Saisonarbeiterin versichert gewesen, nicht jedoch für die Zeit der stationären Behandlung im Jahr 2013.

Von der Deutschen Rentenversicherung (DRV Rheinland) erhielt die Klägerin in der Folgezeit die Mitteilung, die Patientin sei bis 24.03.2013 bei der Beklagten und ab dem 23.07.2013 bei der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) versichert gewesen.

Daraufhin wandte sich die Klägerin mit ihrer Vergütungsforderung an die Beklagte; diese erklärte per Datenübermittlungssatz vom 26.11.2015 eine Kostenübernahme für die Zeit vom 22.03.2013 bis 24.03.2013 unter dem Vorbehalt, dass diese "nur bei Mitgliedschaft" gelte. Die Klägerin stellte der Beklagten am 27.11.2015 für die Krankenhausbehandlung der Patientin 9.009,99 Euro in Rechnung. Die Beklagte lehnte eine – auch nur anteilige – Begleichung der Rechnung ab mit dem Hinweis, die Mitgliedschaft der Patientin habe zum 24.03.2013 geendet.

Mit ihrer am 18.12.2015 erhobenen Klage nimmt die Klägerin die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene, auf Zahlung von 9.009,99 Euro in Anspruch (nachdem sie zunächst in der Klageschrift ihre Forderung mit 9.018,49 Euro beziffert hat).

Auf Anfragen des Gerichts, der Klägerin, der Beklagten und/oder der Beigeladenen haben u.a. mitgeteilt

- dass Ausländeramt der Stadt N., dass die Patientin ausweislich einer Meldung vom 31.03.2010 erstmals am 01.03.2010 in das Bundesgebiet eingereist sei, dass ihr am 04.06.2010 eine bis 03.06.2015 befristete "Aufenthaltserlaubnis/EU" (Angehörige von EU-/EWR-Bürgern) erteilt worden sei, dass diese Aufenthaltserlaubnis/ EU nach § 3 Freizügigkeitsgesetz/EU erteilt worden sei, dass die Patientin am 05.02.2011 erneut aus dem Ausland zugezogen sei, - die Stadt Schwabach, dass die Patientin dorthin am 05.02.2011 aus Brasilien kommend zugezogen und seit 25.05.2013 nach Aachen verzogen sei, - der Bürgerservice der Stadt N., dass die Patientin dort am 15.01.2015 von Amts wegen nach "unbekannt" abgemeldet worden sei, - das Eiscafe "E.O." in B., dass die Patientin dort – erstmals – vom 14.03.2013 bis 24.03.2013 beschäftigt gewesen sei, dass sie sich dort am 13.03.2013 vorgestellt habe, dass sie nur wenige Tage (ohne schriftlichen Vertrag) zur Probe gearbeitet habe und dass sie bei der Aufnahme der Arbeit keine Krankenkasse, bei der sie früher versichert war, benannt habe und der Arbeitgeber sie mangels anderer Angaben bei der AOK Rheinland/Hamburg angemeldet habe.

Die Klägerin trägt vor, nach Angaben einer portugiesisch sprechenden Mitarbeiterin des Caritas-Verbandes Aachen, die die Patientin und ihren Ehemann von März bis Juli 2013 in Aachen betreut habe, hätten die beiden zuletzt im Saarland in einer Eisdiele gearbeitet, seien danach "umhergetingelt", zeitweilig bei Bekannten, u.a. in Neuss bzw. Dortmund untergekommen und von diesen finanziert worden, bis sie schließlich im März 2013 beide einen Job in der Eisdiele in B. gefunden hätten. Über einen zwischenzeitlichen Aufenthalt in Brasilien bzw. eine Rückkehr von dort hätten sie der Caritas-Mitarbeiterin nichts berichtet; während der gesamten mehrere Monate dauernden Betreuung hätten sie nie erwähnt, nach dem Aufenthalt im Saarland nach Brasilien zurückgekehrt und wieder eingereist zu sein. Die Caritas-Mitarbeiterin habe der Klägerin mitgeteilt, dass für eine entsprechende Ein- bzw. Ausreise keinesfalls die finanziellen Mittel vorhanden gewesen wären; auch die Familie in Brasilien sei als mittellos beschrieben worden. Die Klägerin meint, entweder die Beklagte oder die Beigeladene seien die für den Krankenhausaufenthalt der Patientin zuständige Krankenkasse und dementsprechend ihr gegenüber vergütungspflichtig.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, ihr 9.009,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 18.12.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die gegen sie gerichtete Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass, auch wenn der damalige Arbeitgeber, das Eiscafe "E.O." in B., die Patientin für die Zeit vom 14.03.2013 bis 24.03.2013 bei ihr aufgrund einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als versicherungspflichtig angemeldet habe, nicht sie, sondern die Beigeladene die für die streitige Krankenhausbehandlung zuständige Krankenkasse gewesen sei. Denn bei dieser sei die Patientin zuletzt vor der Krankenhausbehandlung aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung bis 31.08.2012 versichert gewesen; da sie sich anschließend jedenfalls vor dem 14.03.2013 (wieder) in Deutschland aufgehalten habe, sei mangels anderweitiger Absicherung im Krankheitsfall eine Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) – sog. Auffangversicherung – durchzuführen gewesen; dafür sei als letzte Krankenkasse die Beigeladene zuständig gewesen. Aufgrund der sich aus § 175 SGB V ergebenden Bindungswirkung sei es auch durch die Aufnahme der Beschäftigung am 14.03.2013 und der dadurch begründeten Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht zu einer Unterbrechung der Mitgliedschaft bei der Beigeladenen gekommen; daher sei diese auch für die Versicherung der Patientin in der Zeit vom 14.03.2013 bis 24.03.2013 und danach zuständig. Die Beklagte meint, eine Durchführung der Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei nicht aufgrund der Regelung des § 5 Abs. 11 SGB V ausgeschlossen.

Die Beigeladene beantragt,

die gegen sie gerichtete Klage abzuweisen.

Sie hält sich nicht für die zuständige Krankenkasse, die für die streitbefangene Krankenhausbehandlung der Patientin Krankenversicherungsschutz zu gewähren hat. Ausgehend davon, dass die Patientin nach der zuletzt bei ihr vom 03.05.2012 bis 31.08.2012 bestehenden Mitgliedschaft "aller Voraussicht nach" wieder nach Brasilien gereist sei, habe sie bei ihrer Rückkehr die Wahl der Beklagten als neue Krankenversicherung treffen können. Die Beigeladene meint, die Bindungswirkung des § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V sei nicht auf Versicherte anwendbar, bei denen die Mitgliedschaft durch Ausreise geendet habe. Unabhängig davon habe keine Versicherungspflicht nach § 5 Satz 1 Nr. 13 SGB V bestanden, da diese nach § 5 Abs. 11 SGB V ausgeschlossen gewesen sei. Dabei unterstellt die Beigeladene, dass Voraussetzung für die der Patientin erteilten Aufenthaltserlaubnis gewesen sei, dass sie über ausreichende Existenzmittel und einen Krankenversicherungsschutz verfügt habe. Des Weiteren ist die Beigeladene der Auffassung, dass die von der Beklagten abgegebenen Kostenübernahmeerklärung, die vorbehaltslos erteilt worden sei, eine Zahlungspflicht der Beklagten für die Behandlung begründe und die Beklagte mit späteren Einwendungen ausgeschlossen sei. Zu einer eventuellen Familienversicherung der Patientin aufgrund der am 10.04.2013 (aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II) bestehenden Versicherungspflicht ihres Ehemannes und dessen Mitgliedschaft bei der Beigeladenen hat sich die Beigeladene nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Erstattung überzahlter Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhaus gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R = BSGE 86,166 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

Die Klage, soweit sie sich gegen die Beigeladen richtet, ist auch begründet; soweit sie sich gegen die Beklagte richtet, ist sie unbegründet.

I. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 SGB V i.V.m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch der Versicherten. Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung der Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesverbänden der Krankenkassen andererseits geschlossenen Verträgen nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der zwar gekündigte, aber in der Übergangszeit bis zum Abschluss eines neuen Vertrages offensichtlich weiter angewandte Vertrag über "Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung" (KBV) und der Vertrag zur "Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung" (KÜV).

II. Gem. § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V umfasst die Krankenbehandlung der Versicherten auch die Krankenhausbehandlung. Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung (§ 39 Abs. 1 SGB V). Das Krankenhaus der Klägerin ist unstreitig ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 108 i.V.m. § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V, denn bei Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften als Abschluss des Versorgungsvertrages (§ 109 Abs. 1 Satz 2). III. Ein Vergütungsanspruch gegen die beklagte oder die beigeladene Krankenkasse kann jedoch nur insoweit bestehen, als die Patientin im streitigen Zeitraum, also vom 22.03. bis 30.04.2013 bei der beklagten oder der beigeladenen Krankenkasse auch tatsächlich versichert war. Dies trifft auf die Beigeladene zu; die Patientin war während des gesamten streitgegenständlichen Krankenhausbehandlungszeitraums deren Versicherte. 1. Vor der Behandlung bestand für die Patientin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung bis 31.08.2012 und ab 14.03.2013 jeweils gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Sie war bis 31.08.2012 im Eiscafe "M. H. " in Saarlouis und ab 14.03.2013 im Eiscafe "E.O." in B. gegen Arbeitsentgelt beschäftigt. 2. a) Die vom Gericht und Beteiligten durchgeführten Ermittlungen haben ergeben, dass die Patientin vom 01.09.2012 bis 13.03.2013, soweit sie sich in Deutschland aufgehalten hat und deshalb für sie die Vorschriften über die Versicherungspflicht und -berechtigung gelten (vgl. § 3 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IV), keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V hatte. Es bestand daher, da sie zuletzt (bis 31.08.2012) gesetzlich krankenversichert war, gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sind Personen versicherungspflichtig, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Abs. 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. b) Für die Beurteilung der für den Krankenhausbehandlungszeitraum zuständigen Krankenkasse kann dahinstehen, ob – wie die Beigeladene ohne belastbares Datenmaterial, allein gestützt auf Äußerungen Dritter, vermutet – die Patientin in der Zeit nach dem 31.08.2012 im Ausland (Brasilien) war oder ob sie sich – wie die Klägerin, gestützt auf Angaben einer Caritas-Mitarbeiterin, die die Patientin und deren Ehemann seinerzeit über mehrere Monate betreut hat, vermutet – in der gesamten Zeit vom 01.09.2012 bis 13.03.2013 in Deutschland aufgehalten hat. Denn es steht aufgrund des Ergebnisses der Ermittlungen fest, dass die Patientin jedenfalls am 13.03.2013, dem Tag vor Beginn der Beschäftigung im Eiscafe "E.O." (B.) in Deutschland war. An diesem Tag hatte sie sich dort vorgestellt und mit dem Arbeitgeber die Beschäftigung ab dem Folgetag vereinbart. c) aa) Die (zumindest) am 13.03.2013 bestehende Versicherungspflicht der Patientin nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bestand auch unter Berücksichtigung der für Ausländer geltenden Sonderregelungen des § 5 Abs. 11 Satz 1 und Satz 2 SGB V (Satz 3 der Vorschriften betrifft Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, zu denen die Patientin nicht gehörte). Gemäß § 5 Abs. 11 SGB V werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union (EU), Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder Staatsangehörige der Schweiz sind, von der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) besitzen und für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besteht (Satz 1). Angehörige eines anderen Mitgliedsstaates der EU, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den EWR oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzungen für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU – FreizügG/EU – ist (Satz 2). bb) Ausgehend vom Wortlaut sind weder Satz 1 noch Satz 2 des § 5 Abs. 11 SGB V auf den Fall der Patientin anwendbar. Sie gehört zwar als brasilianische Staatsangehörige zum Personenkreis des Satz 1 und war seinerzeit auch im Besitz einer auf fünf Jahre (vom 04.06.2010 bis 03.06.2015) befristeten Aufenthaltserlaubnis, für deren Erteilung keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich Krankenversicherungsschutz bestand (siehe dazu nachstehend unter dd)). Jedoch war die erteilte Aufenthaltserlaubnis keine nach dem AufenthG; denn dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Ausländer, deren Rechtsstellung vom FreizügG/EU geregelt ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG). Dies trifft auf die Patientin als Ehefrau eines italienischen Unionsbürgers zu. Satz 2 des § 5 Abs. 11 SGB V bezieht sich auf EU-Bürger, EWR-Bürger und Schweizer, zu denen die Patientin nicht gehört; sie ist als Ehefrau eines italienischen Staatsangehörigen "Familienangehörige" eines EU-Bürgers. Als solche war ihr, wie vom Ausländeramt der Stadt N. mitgeteilt und belegt worden ist, eine "Aufenthaltserlaubnis/EU" (für Angehörige von EU-/EWR-Bürgern erteilt worden. cc) Über diese Aufenthatserlaubnis/EU ist der Patientin eine Aufenthaltskarte gemäß § 5 Abs. 1 FreizügG/EU ausgestellt worden, die die Klägerin in Kopie als Anlage zur Klageschrift vorgelegt hat. dd) Auch wenn sich der Aufenthaltserlaubnisbescheinigung nicht entnehmen lässt, aufgrund welcher Vorschriften des FreizügG/EU genau die Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist, ergibt sich aus den bei ihrer Erteilung bestehenden Verhältnissen der Patientin und ihres Ehemanns, dass die Aufenthaltserlaubnis/EU nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU ausgestellt worden ist, ohne dass die Vorgaben nach § 3 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 4 FreizügG/EU zu erfüllen waren. Denn nur für Familienangehörige von "nichterwerbstätigen Unionsbürgern" (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU) verlangt § 3 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Maßgabe des (auch in § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V angesprochenen) § 4 FreizügG/EU. Diese Vorschrift lautet: "Nicht erwerbstätige Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, haben das Recht nach § 2 Abs. 1, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Hält sich der Unionsbürger als Student im Bundesgebiet auf, haben dieses Recht nur sein Ehegatte, Lebenspartner und seine Kinder, denen Unterhalt gewährt wird." Der Ehemann der Klägerin war bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnis/EU an die Patientin am 04.06.2010 erwerbstätig; er stand vom 25.02.2010 bis 15.09.2010 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, gehörte also nicht zu der Personengruppe des § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU. ee) Der Umstand, dass die Ausländerregelung des § 5 Abs. 11 SGB V augenscheinlich nicht auf die Klägerin "passt", kann nach Auffassung der Kammer nicht dazu führen, dass sie hier gänzlich unbeachtlich bleibt. Vielmehr ist die Patientin nach dem Sinn und Zweck der Regelung der Personengruppe des § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V zuzuordnen. Da für ihre Wohnortnahme, d.h. das Recht auf Einreise/Aufenthalt nach/in Deutschland gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU (wie unter dd) dargelegt) nicht die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 FreizügG/EU Voraussetzung war, wird sie von § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V nicht erfasst und unterlag deshalb (zumindest) am 13.03.2013 der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. d) Diese (auch zumindest) am 13.03.2013 bestehende Versicherungspflicht der Patientin nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V begründete gemäß § 174 Abs. 5 SGB V eine Mitgliedschaft bei der Beigeladenen. Denn bei dieser war die Patientin zuletzt versichert gewesen. 3. Für den sich daraus ab 14.03.2013 anschließenden Krankenversicherungsschutz der Patientin aufgrund der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V war nicht die Beklagte, sondern weiterhin die Beigeladene zuständig. Dass die Patientin von ihrem Arbeitgeber (Eiscafe "E.O.") bei der Beklagten angemeldet wurde, beruhte allein auf dem Umstand, dass sie diesem weder eine Mitgliedsbescheinigung einer Krankenkasse vorgelegt, noch Angaben zu der Krankenkasse, bei der zuletzt eine Versicherung bestand (vgl. § 175 Abs. 3 Satz 2, erster Halbsatz SGB V), also der Beigeladenen, gemacht hatte. Für den Arbeitgeber als zur Meldung verpflichteten Stelle (§ 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV) blieb in dieser Situation nichts anderes übrig, als die Patientin in erweiternder Anwendung von § 275 Abs. 3 Satz 2, zweiter Halbsatz SGB V "bei einer nach § 173 wählbaren Krankenkasse anzumelden", obwohl nach dem Wortlaut der Vorschrift diese Möglichkeit nur eröffnet ist, wenn vor Eintritt der Versicherungspflicht keine Versicherung bestand. Da die Beklagte zum Zeitpunkt der Anmeldung nichts über die Patientin und ihre (versicherungsrechtliche) Vergangenheit wusste, hatte sie auch zunächst keine Veranlassung, an der Korrektheit der Anmeldung zu zweifeln. Da nunmehr aber feststeht, dass vor Eintritt der Versicherungspflicht gemäß § 5 Satz 1 Nr. 1 SGB V ab 14.03.2013 eine Versicherung bei der Beigeladenen bestand, war die Patientin mangels Vorlage der Mitgliedsbescheinigung einer anderen Krankenkasse gemäß § 175 Abs. 3 Satz 2, erster Halbsatz SGB V bei der Beigeladenen als Krankenkasse anzumelden gewesen. Schon allein deshalb war die Beigeladene für die Krankenversicherung der Klägerin ab 14.03.2013 die zuständige Krankenkasse. Sie war dies unabhängig davon aber auch deshalb, weil zu diesem Datum der 18-monatige Bindungszeitraum nach § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V ("Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte sind an die Wahl der Krankenkasse mindestens 18 Monate gebunden".) noch nicht abgelaufen war. Ausgehend davon, dass die Patientin zuletzt ab 03.05.2012, dem Beginn ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Eiscafe "M.H." in Saarlouis, gemäß § 173 SGB V die Beigeladene als ihre Krankenkasse gewählt hatte, war sie an diese Wahl 18 Monate, also bis 02.11.203 gebunden. Soweit die Beigeladene meint, die Bindungswirkung des § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V sei nicht auf Versicherte anzuwenden, bei denen die Mitgliedschaft durch Ausreise geendet habe, findet dies – unabhängig davon, dass eine Ausreise der Patientin zwischen dem 31.12.2012 und dem 14.03.2013 nicht nachgewiesen und eher unwahrscheinlich ist, – im Gesetz keine Stütze. 4. Da die Patientin nach dem Ende der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V aufgrund der Beschäftigung im Eiscafe "E." zum 24.03.2013 ab 25.03.2013 wiederum keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatte, trat ab diesem Datum wieder die Auffangversicherungspflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V mit (weiterbestehender) Mitgliedschaft bei der dafür gemäß § 174 Abs. 5 SGB V zuständigen Beigeladenen ein. Dieser Versicherungspflichttatbestand galt (zumindest) bis 09.04.2013. 5. Ab 10.04.2013 (und jedenfalls bis 30.04.2013) war die Patientin – davon ist nach allen bekannt gewordenen Umständen auszugehen – gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V über ihren Ehemann bei der Beigeladenen familienversichert. Denn ab diesem Datum (und über den 30.04.2013 hinaus) war der Ehemann als Bezieher von Arbeitslosengeld II gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V versicherungspflichtiges Mitglied bei der Beigeladenen. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist u.a. der Ehegatte eines Mitgliedes (fami-lien)versichert, wenn dieser Familienangehörige die weiteren Voraussetzungen nach Nr. 1 bis 5 erfüllt. Dies war bei der Patientin ab 10.04.2013 offensichtlich der Fall; insbesondere kann als sicher unterstellt werden, dass sie damals kein Gesamteinkommen hatte, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (ab 01.01.2013: 385,00 EUR) überschritten hat (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, erster Halbsatz SGB V). Sie hatte seit dem 14.03.2013 nur wenige Tage gearbeitet und lag seit dem 22.03.2013 im Krankenhaus. Selbst wenn ab 10.04.2013 keine Familienversicherung der Patientin bei der Beigeladenen bestanden hätte, wäre die Patientin weiterhin im Rahmen der Auffangversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Mitglied der Beigeladenen gewesen. 4. Steht nach alledem fest, dass die Patientin im streitbefangenen Krankenhausbehandlungszeitraum vom 22.03.2013 bis 30.04.2013 bei der Beigeladenen krankenversichert war, so hat diese den Vergütungsanspruch der Klägerin, der sachlich und rechnerisch richtig ist und insoweit zu keiner Zeit von irgendeinem Beteiligten in Zweifel gezogen worden ist, in Höhe von 9.009,99 EUR zu erstatten.

Soweit die Beigeladene zuletzt noch auf die gegenüber der Klägerin am 26.11.2015 nachträglich abgegebenen Kostenübernahmeerklärung hingewiesen hat und daraus unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 12.06.2008 (B 3 KR 19/07 R) folgert, die Beklagte sei daran gebunden, verkennt sie, dass die Kostenübernahmeerklärung nur auf die Zeit vom 22.03.2013 bis 24.03.2013 begrenzt war und im Übrigen – wie das BSG dargelegt hat – allenfalls eine vorbehaltlose Kostenübernahmeerklärung die Anerkennung einer Zahlungspflicht begründen kann. Die Kostenübernahmeerklärung der Beklagten stand aber ausdrücklich unter dem Vorbehalt "nur bei Mitgliedschaft". Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. §§ 193, 288, 291 Satz 1 BGB und § 15 Abs. 1 Satz 4 KBV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 40, 52 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 2 GKG. Dabei war zu berücksichtigen, dass die ursprüngliche Klageforderung mit 9.018,49 EUR beziffert und erst in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin korrigiert worden ist.
Rechtskraft
Aus
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