S 7 KR 127/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KR 127/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 40.157,40 EURO zuzüglich 2 % Zinsen über den Basissatz seit dem 10.02.1998 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Streitig ist die Bezahlung von Krankenhausbehandlungskosten.

Die Klägerin ist ein nach § 108 des 5. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) zugelassenes Krankenhaus. Dort befand sich der bei der Beklagten Versicherte L in der Zeit vom 16.03.1997 bis 31.03.1997 in stationärer Behandlung. Auf Grund einer posthepatitischen Leberzirrhose und chronischer Hepatitis C wurde am 16.03.1997 eine Lebertransplantation vorgenommen. In der Folge kam es zu einem Versagen des Transplantats, so dass am 29.03.1997 eine erneute Transplantation mit einer weiteren Leber vorgenommen werden musste. Nach dieser zweiten Operation konnte der Versicherte nicht mehr ausreichend stabilisiert werden und verstarb am 31.03.1997 an einem Multiorganversagen.

Mit Datum vom 30.04.1997 stellte die Klägerin der Beklagten einen Betrag von 307.883,78 DM in Rechnung. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus der Vergütung für die Fallpauschale (FP) 12.11 (229.342,73 DM) und dem Sonderentgelt (SE) 12.24 (78.541,05 DM) nach Maßgabe des damals gültigen bundesweiten Fallpauschalen- Sonderentgeltkataloges (Anlage 1 und 2 zur Bundespflgesatzverordnung (BPflV)). Das SE 12.24 wurde für die zweite Transplantation am 29.03.1997 in Rechnung gestellt. Die Beklagte beglich den gesamten Rechnungsbetrag am 26.05.1997. Parallel dazu schaltete sie zur Überprüfung der Abrechnung den medizinischen Dienst (MDK) ein, der im Januar 1998 in einer Stellungnahme nach Aktenlage die Auffassung vertrat, dass das SE 12.24 neben der hier zutreffend angesetzten FP 12.11 nicht abgerechnet werden könne, weil das Organversagen eine typische Komplikation in der Transplantationsmedizin sei. Solche typischen Komplikationen seien jedoch bereits mit der FP 12.11 abgegolten. Mit Schreiben vom 21.01.1998 teilte die Beklagte der Klägerin die Rechtsauffassung des MDK mit und kündigte an, den als überzahlt festgestellten Betrag in Höhe von 78.541,05 DM von einer der nächsten Rechnungen abzusetzen. Im Februar 1998 wurde eine von der Klägerin bei der Beklagten eingereichte Rechnung von der Beklagten wie angekündigt um den o.g. Betrag gekürzt.

Mit Schreiben vom 21.05.2001 forderte die Klägerin die Beklagte auf, den im Februar 1998 gekürzten Betrag bis spätestens zum 06.06.2001 anzuweisen. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nicht nach.

Am 27.08.2001 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Duisburg Klage erhoben, mit der sie ihren Zahlungsanspruch nebst Zinsen weiterverfolgt. Dabei hat sie zunächst den Betrag aus der ursprünglichen Rechnung vom 30.04.1997 geltend gemacht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie klargestellt, dass es ihr um die vollständige Bezahlung der Rechnung geht, von der die Beklagte im Februar 1998 den Betrag von 78.541,05 DM einbehalten hat.

Nach ihrer Auffassung muss hinsichtlich des Begriffes der Komplikation im Rahmen der FP 12.11 in der hier maßgeblichen Fassung differenziert werden zwischen solchen Komplikationen, die bei gehöriger Anwendung der medizinischen Kunst hätten vermieden werden können (z.B. technischer Defekt des Materials o.ä.) und dem Versagen des transplantierten Organs selbst. Letzteres habe mit den "üblichen" Komplikationen, die nach allen Operationen auftreten könnten, nichts zu tun, sondern entstehe durch den Risikofaktor Transplantat selbst. Ein Implantatversagen könne auch deswegen nicht als Komplikation des Ersteingriffes bezeichnet werden, weil dies nicht der Grundlage der Kalkulation der FP 12.11 entspreche, sondern speziell für diesen Fall der Retransplantation ein gesondertes SE ausgewiesen wurde.

Die Klägerin beantragt,

Die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag von 40.157,40 EURO zuzüglich 2 Prozent Zinsen über den Basissatz seit dem 10.02.1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich darauf, dass gem. § 14 Abs. 6 Nr. 1 b BPflV in der Fassung der 4. Änderungsverordnung ein SE zusätzlich zu einer FP nur bei einer Rezidiv-Operation und damit bei Wiederkehr der ursprünglichen Grunderkrankung während des selben Krankenhausaufenthaltes, abgerechnet werden dürfe. Eine solche Rezidivoperation liege hier nicht vor, weil die erste Transplantation wegen der Leberzirrhose bei chronischer Hepatitis C und die weitere Transplantation wegen des Verdachts des Verschlusses der Lebergefäße erfolgte. Ein Organversagen nach der Transplantation sei eine typische Komplikation wobei es, nicht darauf ankomme, ob das Transplantatversagen von den Ärzten schuldhaft oder nicht schuldhaft verursacht worden sei. Auch bei der Kalkulation der FP seien die Fälle des Transplantatversagens ursprünglich berücksichtigt worden. Die dargestellte Rechtsauffassung werde auch in einer Entscheidung des Sozialgerichts Detmold vom 25.06.2003 Az.: S 5 (7,16) KR 69/00 vertreten. Schließlich beruft sich die Beklagte auch auf die Einrede der Verjährung.

Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes ein Gutachten durch den geschäftsführenden Direktor des Institutes für Medizinmanagment und Gesundheitswissenschaften der Universität C, Prof. Dr. O eingeholt. Hinsichtlich des Inhalts dieses Gutachtens wird auf Blatt 57 bis 72 der Gerichtsakte Bezug genommen. Bezüglich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie den Inhalt der von der Klägerin vorgelegten Patientendokumentation, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig.

Der Zulässigkeit steht § 99 SGG nicht entgegen. Zwar hat die Klägerin ihren Anspruch im Rahmen der Klagebegründungsschrift zunächst auf die vollständige Bezahlung der Rechnung vom 30.04.1997 gestützt. Dies war nicht erfolgversprechend, weil die sich daraus ergebende Forderung durch Erfüllung (vgl. § 362 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)) bereits erloschen war. Die vor diesem Hintergrund im Termin zur mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung, dass sich die Forderung aus der Anfang 1998 übersandten Rechnung ergäbe stellt keine Klageänderung im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG dar. Denn zum Einen ergibt sich bereits aus dem auf Blatt 2 der Klageschrift angekündigten Antrag, dass sich die Forderung aus der "widerrechtlichen Verrechnung" vom 10.02.1998 ergeben soll. Zum Anderen handelt es sich bei der Klarstellung im Termin zur mündlichen Verhandlung um eine Berichtigung der rechtlichen Ausführungen im Sinne von § 99 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Doch selbst wenn man die Auffassung vertreten sollte, dass es sich um eine Klageänderung handelte, wäre diese sachdienlich und damit zulässig im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG. Ferner hat sich die Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung nach der Klarstellung des Klägerbevollmächtigten weiter eingelassen, so dass die Voraussetzungen des § 99 Abs. 2 SGG ebenfalls vorliegen.

Die Klage ist sowohl hinsichtlich der Hauptforderung als auch hinsichtlich des Zinsanspruches in vollem Umfang begründet.

Der Anspruch auf Zahlung von 40.157,40 EURO (=78.541,05 DM) ergibt sich aus § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V in Verbindung mit dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Anspruch der betroffenen Versicherten, deren Behandlung der Anfang 1998 der Beklagten vorgelegten Rechnung zugrunde liegt. Die Vergütungspflicht der Krankenkassen für Krankenhausbehandlungen entsteht unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherten (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27.03.2003 Az.: L 5 KR 141/01). Es steht der Begründetheit der Hauptforderung nicht entgegen, dass nicht mehr genau zu ermitteln war, um was für eine Rechnung bzw. um welche Art von Krankenhausbehandlung es sich genau handelte. Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sich aus der Rechnung, die Anfang des Jahres 1998 vorgelegt wurde ein solcher Anspruch ergab.

Streitig ist lediglich, ob die Beklagte berechtigt war, die fragliche Rechnung um einen Betrag von 78.541,05 DM zu kürzen. Bei dieser Rechnungskürzung handelt es sich um eine Aufrechnung im Sinne von § 387 ff BGB. Die Grundsätze sind im öffentlich rechtlichen Bereich entsprechend anzuwenden (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7. Auflage 2002, § 51 Rz. 39 m.w.N.).

Diese Aufrechnung war nicht rechtmäßig. Dabei kann es dahinstehen, ob § 15 Abs. 4 Satz 2 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Nordrhein-Westfalen ein Aufrechnungsverbot (vgl. dazu Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen a.a.O.) bezogen auf die hier vorgenommene Rechnungskürzung enthält. Denn die Voraussetzungen für eine Aufrechung liegen auch aus anderen Gründen nicht vor. Durch das Schreiben vom 10.02.1998 ist die Erlöschenswirkung des § 389 BGB in Höhe eines Betrages von 78.541,05 DM jedenfalls deswegen nicht eingetreten, weil keine Aufrechungslage bestand (vgl. § 387 BGB). Im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung stand der Beklagten gegenüber der Klägerin keine fällige und durchsetzbare Gegenforderung zu. Die einzige in Betracht zu ziehende Anspruchsgrundlage ist insoweit der öffentlichrechtliche Erstattungsanspruch (vgl. dazu: Meyer-Ladewig a.a.O. Rz. 66 ff.). Im Hinblick auf die hier streitige Frage der Abrechnung des SE 12.24 für die Lebertransplantation am 29.03.1997 bestünde ein solcher Erstattungsanspruch der Beklagten nur dann, wenn die Klägerin der Beklagten das genannte SE zuvor zu Unrecht in Rechnung gestellt hätte; d.h. also wenn die Beklagte insoweit auf die Rechnung vom 30.04.1997 ohne Rechtsgrund geleistet hätte. Dies ist zur Überzeugung der Kammer aber nicht der Fall.

Die Beantwortung der Frage, ob die Klägerin das streitige SE 12.24 für die Transplantation am 29.03.1997 in Rechnung stellen durfte oder nicht, richtet sich nach den Vorschriften der §§ 11 Abs. 2, 14 Abs. 3 und 6 BPflV in der Fassung der 4. Änderungsverordnung in Verbindung mit dem damals gültigen Sonderentgeltkatalog.

Nach § 14 Abs. 6 Nr. 1 BPflV a.F. kann neben einer Fallpauschale - die Abrechung der FP 12.11 ist im vorliegenden Fall zutreffend erfolgt, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist - ein SE u.a. dann abgerechnet werden, wenn es sich um eine Rezidiv-Operation während des selben Krankenhausaufenthaltes handelt. Entscheidend ist deswegen für die Rechtfertigung der Abrechnung des SE 12.24, wie der Begriff der Rezidiv-Operation im Sinne des § 14 Abs. 6 Nr. 1b BPflV a.F. zu verstehen ist. Nach Überzeugung der Kammer lag hier unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Vorschrift sowie der Kalkulationsgrundlagen für die fragliche FP eine Rezidiv-Operation im Sinne der Verordnung vor.

Es mag zwar sein, dass nach streng wortlautgemäßer Auslegung eine Rezidiv-Operation nur dann vorliegt, wenn die zugrunde liegende Grunderkrankung an dem entsprechenden Organ erneut auftritt. Diese Auslegung ist nach Auffassung der Kammer hier aber in jedem Fall zu eng. Denn die Auslegung würde dazu führen, dass streng genommen jedenfalls in allen Fällen der Retransplantation (speziell der Leberretransplantation) eine Anwendung des Sonderentgeltes 12.24 nie zum Tragen kommen könnte, weil durch die vollständige Entnahme des Organs logischerweise die Grunderkrankung (an dem ursprünglichen Organ) in keinem Fall erneut auftreten kann, weil das gesamte Organ entfernt wurde. Zu einem Wiederauftreten der selben Erkrankung könnte es also allenfalls dann kommen, wenn eine zirrhotische Leber implantiert würde. Dies kann jedoch als ausgeschlossen betrachtet werden. Schon insofern erscheint es daher angezeigt, wie dies von dem Sachverständigen Dr. O auf Seite 10 seines Gutachtens auch vertreten wurde, als "ursprüngliche Erkrankung" generell das Leberversagen anzunehmen. Bei einem solchen erweiternden Verständnis des Begriffs der Rezidiv-Operation kann man hier auch die zweite Transplantation am 29.03.1997 unter den Wortlaut der Verordnung subsumieren. Denn die zweite Transplantation wurde aufgrund einer Fehlfunktion der Leber bzw. der die Leber versorgenden Gefäße erforderlich. Gegen ein erweitertes Verständnis des Begriffs der Rezidiv-Operation spricht auch nicht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 13.12.2001, B 3 KR 1/01 R), wonach Abrechnungsbestimmungen im Bereich von Krankenhausleistungen streng nach ihrem Wortlaut anzuwenden sind. Denn hier geht es nicht um die Auslegung einer Abrechnungsbestimmung, sondern um die Auslegung des Verordnungstextes selber.

Auch der Sinn und Zweck der Einführung des Sonderentgeltes 12.24 spricht dafür, dass hier am 29.03.1997 eine Rezidiv-Operation im Sinne der Verordnung durchgeführt wurde. Insofern hat der Sachverständige Prof. Dr. O, der im Jahre 1995 selbst an den Verhandlungen über die Abgrenzungen von FP und SE in der Transplantationsmedizin teilgenommen hat, für die Kammer überzeugend ausgeführt, dass damals auch intensiv über die Frage der Indikation zur akuten Retransplantation während des selben stationären Aufenthaltes und einer entsprechenden Vergütung diskutiert wurde. Ursprünglich war hier eine gesonderte FP vorgesehen, die die zusätzlichen Kosten für diesen Eingriff mit abdecken sollte. In der damaligen Diskussion wurde allerdings dem gegenüber die Einführung eines SE favorisiert, um die Spender Explantation und die operative Phase zu entlohnen. Die mehr konservative, intensivmedizinische und allgemeine stationäre Phase sollte durch die Grenzverweildauer der FP geregelt werden. Besonderer Klärungsbedarf im Rahmen der Gespräche bestand deswegen, weil die Befürchtung im Raum stand, dass der Kostenrahmen eine akute Retransplantation in aller Regel auch die kumulativen Kalkulationen der Transplantationsfallpauschalen sprengen würde. Vor diesem Hintergrund wurde damals entschieden, das SE 12.24 für die Retransplantation auch gerade deshalb einzuführen, weil ansonsten eine Selektion von Patienten auf Grund ihrer potentiellen, der jeweiligen Erkrankung zugrundeliegenden Komplikationsträchtigkeit befürchtet wurde. Um eine entsprechende Entwicklung zu vermeiden, wurde die Einführung des Retransplantationssonderentgeltes beschlossen. Damit wird die Auffassung der Beklagten gestützt, dass gerade der hier vorliegende Fall der Leberretransplantation auf Grund eines Transplantatversagens nicht von der Fallpauschale 12.11 sondern von dem Sonderentgelt 12.24 abgedeckt sein sollte.

Dies wird erhärtet, durch die Kalkulationsgrundlagen der FP 12.11 (vgl. Kalkulationen von Fallpauschalen und Sonderentgelten für die Bundespflegesatzverordnung 1995, Bd. 45 der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit, 1995). Den dort (vgl. VI, 28, (e)) sehr ausführlich dargelegten Grundlagen für die Kalkulation der Fallpauschalen ist zu entnehmen, dass die Kosten für eine Retransplantation während des selben Krankenhausaufenthaltes keinen Eingang in die Vergütung der Fallpauschale 12.11 gefunden haben.

Die vorgebrachten Einwände der Beklagten überzeugen die Kammer nicht. Der von ihr genannte Begriff der Komplikation des Ersteingriffs als Abgrenzung zum Begriff der Rezidiv-Operation ist im Wortlaut des § 14 Abs. 6 BPflV a.F. nicht enthalten. Der genannten Begriff findet sich erst in den Abrechnungbestimmungen des Sonderentgeltkataloges zur BPflV in der Fassung der 5. Änderungsverordnung mit Geltung ab dem 01.01.1998; also nach dem hier fraglichen Zeitpunkt (vgl. dort Ziff 3. 3. Spiegelstrich: "Rezidiv-Operation (Wiederkehren der ursprünglichen Erkrankung; nicht bei Komplikationen) während des selben Krankenhausaufenthaltes"). Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellt, dass die 5. Änderungsverordnung insofern nur eine Klarstellung gebracht hat, würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn wie sich aus der oben dargestellten Entstehungsgeschichte der FP 12.11 bzw. des SE 12.24 ergibt, stellt eine Retransplantation auf Grund eines Transplantatversagens keine Komplikation des Ersteingriffs dar.

Schließlich vermag auch der Verweis der Beklagten auf das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 25.06.003 nicht zu überzeugen. Die genannte Entscheidung befasste sich mit der doppelten Abrechnung des SE 9.27 im Bereich der Herzchirurgie. Einzelheiten zu der Kalkulation dieses Sonderentgelts bzw. der entsprechenden Fallpauschale sind der Kammer nicht bekannt. Sie sind für diesen Fall auch nicht von Bedeutung. Insofern könnten durchaus andere Gesichtspunkte zum Tragen kommen. Ferner wurde oben bereits ausführlich dargelegt, dass die von dem Sozialgericht Detmold auf Seite 7 des Urteils vertretene Auffassung, es handele sich um eine typische Komplikation, die bereits im Fallmix der Fallpauschalenkalkulation berücksichtigt sei, jedenfalls hinsichtlich der Kalkulation der FP 12.11 und der Retransplantation bei Organversagen im Rahmen einer Lebertransplantation nicht haltbar ist.

Dem entsprechend hat die Klägerin der Beklagten in der Rechnung vom 30.04.1997 das SE 12.24 nicht zu Unrecht in Rechnung gestellt. Ein entsprechender Rückforderungsanspruch der Beklagten, mit dem sie hätte aufrechnen können, bestand damit im Februar 1998 nicht, so dass die Erlöschenswirkung des § 389 BGB nicht eingetreten ist.

Die Hauptforderung ist auch nicht verjährt. Nach den aktenkundigen Informationen kann davon ausgegangen werden, dass die Anfang 1998 in Rechnung gestellten Beträge solche Behandlungen betreffen, die spätestens im Jahre 1997 statt fanden. Diese Forderungen verjähren entsprechend der "alten" vierjährigen Verjährungsfrist des § 45 Abs. 1 des ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) (vgl. zur Anwendung des § 45 Abs. 1 SGB I auf die Verjährung von Krankenhausforderungen: Urteil des Bundessozialgerichts vom 17.06.1999 Az.: B 3 KR 6/99 R) 4 Jahre nach dem Ende des Jahres, in dem die Behandlung durchgeführt wurde und damit Ende des Jahres 2001. Die (nachträgliche) Einführung des § 69 SGB V zum 01.01.2000, der nunmehr im Unterschied zu der alten Rechtslage zwingend eine Anwendung der Vorschriften des BGB vorschreibt, ändert daran nach Auffassung der Kammer nichts. Denn insoweit ist § 169 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) anzuwenden, wonach hier die kürzere zweijährige Verjährungsfrist frühestens ab dem 01.01.2000 Anwendung finden könnte. Danach würde die Verjährung ebenfalls erst am 31.12.2001 eingetreten sein. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist § 169 EGBGB zumindest entsprechend auf Fälle der vorliegenden Art anzuwenden, auch wenn die Vorschrift nach Ihrem Wortlaut eine Gesetzesänderung verlangen (vgl. dazu auch: Heinze Das Krankenhaus ´01, 607 ff. (609) m.w.N.).

Der Zinsanspruch folgt aus § 15 Abs. 1 des Vertrages nach § 112 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Danach ist die Forderung mit 2 Prozent über den Basissatz 15 Kalendertage nach Eingang der entsprechenden Rechnung nach Maßgabe der §§ 284, 285, 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen. Die Voraussetzung des Verzuges lagen hier jedenfalls seit dem 10.02.1998 vor, weil die Beklagte die Forderung aus der Rechnung als solches ja anerkannt hatte und die Zahlung lediglich verweigerte, weil sie sich nur zur Aufrechnung für berechtigt hielt. Nach Auffassung der Kammer war eine Mahnung der Klägerin bei dieser Konstellation entbehrlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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