L 10 AL 90/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 1 AL 98/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AL 90/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 18. April 2002 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Kurzarbeitergeld für die Arbeitnehmer G. R., W. A., G. B., T. S., S. S., S. S., G. J., M. S., A. S. und D. F. (im Folgenden: G. R., W. A., G. B., T. S., S. S., S. Sch., G. J., M. Sch., A. Sch. u. D. F.) für den Zeitraum November 1999 bis Dezember 1999.

Der Kläger betrieb bis zum 31. Dezember 1999 eine Fleischerei in S. in Form eines Einzelunternehmens. Eine Gliederung in Betriebsabteilungen war nicht vorgenommen; ein Betriebsrat existierte nicht.

Mit Schreiben vom 16. September 1999 kündigte der Kläger die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer zum 31. Dezember 1999.

Der Kläger zeigte am 25. November 1999 bei dem Arbeitsamt Neuruppin - Dienststelle Oranienburg - Arbeitsausfall für den Gesamtbetrieb an. Die Kurzarbeit sei durch Vereinbarung mit den Arbeitnehmern eingeführt worden. Betroffen von der Kurzarbeit waren 10 Arbeitnehmer. Der Kläger beantragte am 30. November 1999 und 22. Dezember 1999 Kurzarbeitergeld und reichte zugleich die entsprechenden Abrechnungslisten für den Monat November 1999, mit der er für die genannten Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld in Höhe von 1.004,64 DM begehrte, und für den Monat Dezember 1999, mit der er Kurzarbeitergeld in Höhe von 1.131,41 DM begehrte, ein.

Ausweislich eines Aktenvermerks der Mitarbeiterin der Beklagten K. vom 08. Dezember 1999 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, alle Arbeitnehmer seien am 16. September 1999 gekündigt worden und sollten bis zum Jahresende über die Kurzarbeit abgerechnet werden. Er habe in der Nebenstelle Oranienburg von Herrn W. die Auskunft erhalten, dass er trotz der Kündigung der Arbeitnehmer Kurzarbeit beantragen könne.

In einer an "III 41 Frau L." gerichteten Stellungnahme vom 10. Dezember 1999 führte der Geschäftsstellenleiter W. des Arbeitsamtes Oranienburg - Geschäftsstelle des Arbeitsamtes Neuruppin - aus:

"Im Zusammenhang mit der Beratung der Fa. S. habe ich auch die Voraussetzungen der Kug-Gewährung besprochen. Als Grundlage diente neben dem SGB III, wobei ich u. a. § 175 (1) vorgelesen habe, auch das Merkblatt 8 a, das übergeben wurde. Im Gespräch übergab ich mit dem Merkblatt und dem Antrag auch Ihre Telefonnummer mit der Bitte, Einzelheiten vor Antragstellung konkret abzustimmen, um Fehler weitestgehend zu vermeiden. Eine konkrete Förderzusage habe ich, wie allgemein üblich, nicht gegeben.

Es ist nicht auszuschließen, dass Fa. S bei ihrer Betriebsplanung davon ausgegangen ist, dass der Kug-Gewährung nichts im Weg steht, da ja die grundsätzliche Möglichkeit bis zum 31.12.2002 auch bei der Stilllegung des gesamten Betriebes besteht.

Ich bitte zu prüfen, ob im Rahmen des Vertrauensschutzes dem Antrag der Fa. S. entsprochen werden kann."

Mit Bescheid vom 22. Dezember 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Kurzarbeitergeld für die Arbeitnehmer des Klägers für den Zeitraum vom 01. November 1999 bis 31. Dezember 1999 ab. Kurzarbeitergeld könne nicht gewährt können, da durch die Kündigung aller Arbeitsverhältnisse am 16. September 1999 die mit dem Kurzarbeitergeld verfolgte arbeitsmarktpolitische Zielsetzung, die Erhaltung der Beschäftigungsverhältnisse, in dem Betrieb des Klägers nicht verwirklicht worden sei. Auch die Voraussetzungen des § 175 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III), nach denen Kurzarbeitergeld auch für gekündigte Arbeitnehmer gewährt werden könne, lägen nicht vor.

Mit seinem am 24. Januar 2000 eingelegten Widerspruch verwies der Kläger auf das Gespräch mit dem Geschäftsstellenleiter W., der ihm gesagt habe, er habe Anspruch auf Kurzarbeitergeld, da es nicht durch sein Verschulden zur Kurzarbeit gekommen sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2000 im Wesentlichen mit der Begründung des angefochtenen Ablehnungsbescheides vom 22. Dezember 1999 zurück.

Am 07. März 2000 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben. Er habe persönlich bei Herrn W. beim Arbeitsamt Oranienburg vorgesprochen. Zunächst habe dieser erklärt, dass er kein Kurzarbeitergeld bekommen würde, weil die Arbeitnehmer gekündigt worden seien. Dann habe er jedoch die Merkblätter für Kurzarbeitergeld herangezogen und die Sonderbestimmungen zum Kurzarbeitergeld für ihn gekennzeichnet. Allein die Zusicherung eines Mitarbeiters des Arbeitsamtes sei verbindlich, wenn er ihm diese Sondervorschriften zur Kenntnis gebe und darauf verweise, dass diese zutreffend seien für die konkrete Situation. Aus diesem Grund sei es für ihn nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte der Auffassung sei, dass eine Zusicherung von Fördergeldern (Kurzarbeitergeld) nicht erfüllt sei.

Mit Bescheid vom 23. März 2000 hat die Beklagte den weiteren Antrag des Klägers auf Gewährung von Kurzarbeitergeld vom 22. Dezember 1999 für Zeitraum Dezember 1999 aus den Gründen des Bescheides vom 22. Dezember 1999 ebenfalls abgelehnt.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2000 sowie den Bescheid vom 23. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Kurzarbeitergeld für die Zeit vom 01. November bis 31. Dezember 1999 gemäß Antragstellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 18. April 2002 hat das Sozialgericht Neuruppin den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2000 sowie den Bescheid vom 23. März 2000 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Kurzarbeitergeld für die Zeit vom 01. November 1999 bis 31. Dezember 1999 zu zahlen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld lägen vor, denn durch die seit mehreren Jahren andauernden Bauarbeiten auf der B 96 (Ortsdurchfahrt S.) sei es zu gravierenden Absatzeinbrüchen gekommen, so dass der Kläger die Produktionskapazität habe wesentlich mindern müssen. Hinzu sei dann die Sperrung der Havelbrücke ab 18. Oktober 1999 gekommen, die dazu geführt habe, dass der Kläger zur Vermeidung von Entlassungen zunächst Kurzarbeit habe anordnen müssen. Die Zeit der Kurzarbeit vom 01. November bis 31. Dezember 1999 sei auch geeignet gewesen, für die gekündigten Arbeitnehmer den Übergang in eine andere Beschäftigung vorzubereiten. Denn der Kläger habe den Arbeitnehmern bereits am 16. September zum 31. Dezember 1999 die Kündigung ausgesprochen gehabt. Insoweit finde hier die Ausnahmeregelung des § 175 Abs. 3 SGB III Anwendung, wonach das Erfordernis des ungekündigten oder durch Aufhebungsvertrag aufgelösten Beschäftigungsverhältnisses für einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld nicht mehr Voraussetzung sei.

Gegen das der Beklagten am 13. Mai 2002 zugestellte Urteil hat diese am 03. Juni 2002 bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg Berufung eingelegt. Das Sozialgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass hier die Sonderform des Kurzarbeitergeldes des § 175 SGB III Anwendung finde. Eine betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit im Sinne des § 175 Abs. 1 Nr. 2 SGB III sei von dem Kläger nicht gegründet worden. Vielmehr hätten alle Arbeitnehmer mit reduzierter Stundenzahl auf ihrem alten Arbeitsplatz mit altem Arbeitsvertrag in produktiver Hinsicht gearbeitet. Eine eindeutige Trennung zwischen den Arbeitnehmern, die der betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit zugehörten und denjenigen, die im Betrieb verblieben, sei unerlässlich. Eine Gewährung von Kurzarbeitergeld nach den Vorschriften der § 169 ff. SGB III sei nicht möglich, da wegen der bereits im September 1999 ausgesprochenen Kündigungen der Arbeitnehmer zum 31. Dezember 1999 die persönlichen Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 Nr. 2 SGB III nicht erfüllt gewesen seien. Soweit der Kläger einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld aus den Mitteilungen des Mitarbeiters W. herleite, könne es sich allenfalls um eine Zusicherung im Sinne des § 34 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gehandelt haben, welche zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form bedürfe. Eine schriftliche Zusicherung sei jedoch zu keiner Zeit erteilt worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 18. April 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er sei beim Arbeitsamt in Oranienburg, Herrn W., vorstellig geworden und habe seine Situation geschildert. Zunächst habe Herr W. eine Unterstützung abgelehnt, da er seine Arbeitnehmer gekündigt gehabt habe. Trotzdem habe Herr W. eine Lösung zu finden versucht und in seinen Unterlagen danach gesucht. Schließlich habe er auch herausgefunden, dass ihm Kurzarbeitergeld trotz der Kündigungen zustehen würde. Herr W. habe einige Absätze eigenhändig angekreuzt und ihm die Broschüren übergeben. Eine schriftliche Zusage habe Herr W. nicht gemacht. Er sei zum damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen, dass sich Herr W. als Chef des Arbeitsamtes in diesen Dingen auskenne. Somit sei auch eine mündliche Aussage für ihn bindend gewesen. Eine eindeutige Trennung zwischen den Arbeitnehmern, die der betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit zugehörten und denjenigen, die im Betrieb verblieben, sei ihm leider nicht möglich gewesen, da er aus Altersgründen sein Geschäft zum 31. Dezember 1999 aufgeheben habe und somit alle Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt habe kündigen müssen. Alle von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer hätten ihren vollen Lohn bzw. ihr volles Gehalt erhalten. Er habe dieses aus seiner Tasche verauslagt. Die auf den Kopien des Merkblatts Kurzarbeitergeld enthaltenen Kreuze habe Herr W. gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Kug-Stamm-Nr ...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 Euro übersteigt.

Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das Sozialgericht Neuruppin hat den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2000 und auch den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2000 zu Unrecht aufgehoben und die Beklagte zu Unrecht zur Zahlung von Kurzarbeitergeld für die Monate November 1999 und Dezember 1999 verurteilt. Die Klage gegen die genannten Bescheide ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Kläger als Prozessstandschafter ist berechtigt, die Rechte seiner früheren Arbeitnehmer, denen die Ansprüche auf Kurzarbeitergeld materiell zustehen, geltend zu machen (vgl. u.a. BSG SozR 3-4100 § 64 Nr. 4 m.w.N; BSG SozR 3-4100 § 65 Nr. 3 m.w.N.).

Nach § 169 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn

1. ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
2. die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,
3. die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und
4. der Arbeitsausfall dem Arbeitsamt angezeigt worden ist.

Hiernach haben die früheren Arbeitnehmer des Klägers G. R., W. A., G. B., T. S., S. S., S. Sch., G. J., M. Sch., A. Sch. u. D. F., für die der Kläger Kurzarbeitergeld im Wege der Prozessstandschaft geltend macht, keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, da die persönlichen Voraussetzungen im Sinne des § 169 Nr. 3 SGB III nicht erfüllt sind.

Nach § 172 Abs. 1 SGB III sind die persönlichen Voraussetzungen u. a. nur erfüllt, wenn das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist (Nr. 2).

Das ist jedoch vorliegend nicht der Fall, da alle Arbeitsverhältnisse aller hier betroffenen Arbeitnehmer vom Kläger bereits mit Schreiben vom 16. September 1999 zum 31. Dezember 1999 gekündigt waren. Die Möglichkeit, Kurzarbeitergeld auch gekündigten Arbeitnehmern zu bewilligen, ist nach den persönlichen Voraussetzungen des § 172 SGB III, anders als noch § 65 Abs. 1 Satz 3 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) nicht mehr möglich. Die Möglichkeit der Bewilligung von Kurzarbeitergeld an Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis gekündigt ist, ist im § 172 SGB III ersatzlos gestrichen worden (vgl. BSG SozR 3-4300 § 172 Nr. 1 m.w.N.; Estelmann in Hennig u. a., SGB III, § 172 Rz. 48 m.w.N.).

Im Gegensatz zur Auffassung des Sozialgerichts sind auch die Voraussetzungen für die Gewährung von sog. strukturellem Kurzarbeitergeld in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit gemäß § 175 SGB III nicht erfüllt. Zwar besteht ein solcher Anspruch auch für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst worden ist (§ 175 Abs. 3 SGB III), die weiteren Voraussetzungen des § 175 SGB III sind jedoch nicht gegeben.

Nach § 175 Abs. 1 SGB III besteht Anspruch auf das sog. strukturelle Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2002 auch in Fällen eines nicht nur vorübergehenden Arbeitsausfalls, wenn

1. Strukturveränderungen für einen Betrieb mit einer Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen verbunden sind und mit Personalanpassungsmaßnahmen in erheblichem Umfang einhergehen und

2. die von dem Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer zur Vermeidung von Entlassungen einer erheblichen Anzahl von Arbeitnehmern des Betriebes in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit zusammengefasst sind.

Die betroffenen Arbeitnehmer waren jedoch, wie der Kläger selbst ausführt, nicht in einer solchen betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (beE) zusammengefasst. Zwar muss die beE weder die Voraussetzungen des Betriebsbegriffs noch des Betriebsabteilungsbegriffs erfüllen. Voraussetzung ist nur, dass die beE organisatorisch deutlich vom bisherigen Betrieb abgegrenzt ist. Weder ein eigenständiger betrieblicher Arbeitszweck noch eine geschlossene Arbeitsgruppe sind hierfür erforderlich. Die Zusammenfassung z. B. nur zu bestimmten Arbeiten genügt. Betriebsorganisatorische Eigenständigkeit verlangt jedoch ein Mindestmaß an "negativer Betriebsorganisation", was voraussetzt, dass die Arbeitnehmer arbeitsrechtlich nicht mehr ihrem alten oder einem anderen produzierenden Betrieb ihres Arbeitgebers zugerechnet werden können. Es ist eine klare Trennung zu den im Betrieb verbleibenden Arbeitnehmern erforderlich (vgl. Estelmann, in Hennig, u. a., SGB III, § 175 Rz. 60, 61; Roeder, in Niesel, SGB III, 2. Auflage, § 175 Rz. 6; Feckler, in GK-SGB III, § 175 Az. 6; Bieback, in Gagel, SGB III Arbeitsförderung, § 175 Rz. 43 m.w.N.).

Eine derartige Zusammenfassung der hier betroffenen Arbeitnehmer ist seitens des Klägers jedoch, wie von ihm selbst ausgeführt, nicht erfolgt, alle Arbeitnehmer haben unverändert in dem bisherigen Betrieb des Klägers weitergearbeitet.

Der Kläger kann für die Arbeitnehmer G. R., W. A., G. B., T. S., S. S., S. Sch., G. J., M. Sch., A. Sch. u. D. F. Kurzarbeitergeld auch nicht aufgrund einer Zusicherung gemäß § 34 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) geltend machen. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Eine derartige schriftliche Zusage der Beklagten, dem Kläger für die genannten Arbeitgeber Kurzarbeitergeld gemäß §§ 169 ff. SGB III zu gewähren, liegt jedoch nicht vor; die Beklagte hat im Gegenteil mit den hier angefochtenen Bescheiden Kurzarbeitergeld gerade abgelehnt.

Eine Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X liegt auch nicht darin, dass der Mitarbeiter W. des Arbeitsamtes Oranienburg dem Kläger das Merkblatt der Beklagten zum Kurzarbeitergeld übergeben und in diesem Merkblatt die Ziffer 2.3 auf Seite 12 und unter Ziffer 3 auf Seite 19 den Buchstaben c) angekreuzt hat. Durch die Abgabe einer Zusicherung verpflichtet sich nämlich die Verwaltung zu einer bestimmten zukünftigen Sachbehandlung (vgl. u. a. BSG SozR 3-4100 § 97 Nr. 1 m.w.N.). Allein das Ankreuzen bestimmter Passagen eines Merkblattes im Rahmen eines Beratungsgesprächs lässt nicht auf einen entsprechenden Verpflichtungswillen auf Seiten der Beklagten schließen, Leistungen, hier Kurzarbeitergeld, zu gewähren. Die Zusicherung unterscheidet sich nämlich von der Aufklärung, Beratung und Auskunft, die kein Verweisungshandeln zusichern, sondern ggf. auf die Möglichkeit bestimmter unterschiedlicher Verwaltungshandlungen hinweisen (vgl. Krasney in Kasseler Kommentar, § 34 SGB X Rz. 4 m.w.N.). Anders als eine Beratung zu verschiedenen gesetzlichen Möglichkeiten im Hinblick auf die Erbringung von Kurzarbeitergeld durch die Beklagte war das Ankreuzen in dem Merkblatt zum Kurzarbeitergeld auch nicht zu verstehen; dem Kläger hätte klar sein müssen, dass sich die Beklagte hierin nicht etwa verpflichten wollte, Kurzarbeitergeld für seine Arbeitnehmer zu gewähren.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld für seine Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor.

Der Herstellungsanspruch setzt auf seiner Tatbestandsseite voraus, dass der Versicherungsträger eine ihm entweder aufgrund Gesetzes oder aufgrund eines bestehenden Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber obliegende Pflicht insbesondere zur Auskunft und Beratung sowie zu einer dem konkreten Anlass entsprechenden "verständnisvollen Förderung" verletzt und dadurch dem Versicherten einen rechtlichen Nachteil zugefügt hat. Auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger die ihm gegenüber dem Versicherten obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte.

Zum Zeitpunkt, als der Kläger bei dem Geschäftsstellenleiter des Arbeitsamtes Oranienburg W. vorstellig wurde, d. h. im November/Dezember 1999, waren aber alle Arbeitnehmer bereits gekündigt, so dass die Voraussetzungen der §§ 169 ff. SGB III für die Gewährung von Kurzarbeitergeld, wie ausgeführt, nicht vorlagen und, selbst wenn Beratungsfehler vorlägen, was hier offen bleiben kann, durch eine rechtmäßige Amtshandlung nicht hätten erfüllt werden können. Das Gleiche gilt im Hinblick auf die Gewährung von so genanntem strukturellem Kurzarbeitergeld nach § 175 Abs. 1 SGG III; auch hierfür liegen die Voraussetzungen, wie ausgeführt, nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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