Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 1 RA 3033/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 RA 15/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Februar 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung einer Beitragszeit vom 1. Mai 1940 bis 30. September 1942.
Die 1919 in Lodz geborene Klägerin wanderte 1949 nach Israel aus, dessen Staatsangehörigkeit sie seither besitzt. Sie ist Verfolgte der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Im November 1989 beantragte sie bei der Beklagten die Anerkennung von Versicherungszeiten nach dem
Fremdrentengesetz - FRG - sowie die Nachentrichtung von Beiträgen und stellte im Folgenden einen Rentenantrag, in dem sie angab, es seien für sie von September 1935 bis September 1939 Beiträge zur polnischen Sozialversicherung wegen einer Angestelltentätigkeit in einem Betrieb für Textilien entrichtet worden. Danach habe sie Verfolgung erlitten. Weitere Beitrags- oder Beschäftigungszeiten wurden von der Klägerin nicht geltend gemacht.
Der polnische Sozialversicherungsträger teilte auf Anfrage der Beklagten mit, über die geltend gemachten Zeiten hätten Unterlagen nicht ermittelt werden können. Nach Beiziehung der Entschädigungsakten der Klägerin, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin anlässlich einer Sprachprüfung 1967 angegeben hatte, sie sei von 1935 bis 1939 im väterlichen Geschäft tätig gewesen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Dezember 1990 und Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 1991 die Anerkennung der geltend gemachten Zeiten ab.
Ein dagegen gerichtetes Klage- (SG Berlin S 8 An 4196/91) und Berufungsverfahren (LSG Berlin L 2 An 66/92) blieb für die Klägerin ohne Erfolg. Während dieses Verfahrens hatte die Klägerin in einer "wahrheitsgemäßen Erklärung" angegeben: "Im Ghetto Lodz dann arbeitete ich anfangs im Krankenhaus als Pflegerin. Ich war beim Arbeitsamt gefragt worden, wo ich arbeiten wolle, gab mir Liste von Arbeitsplätzen und ich entschloss mich für das Krankenhaus, da ich gerne Kranken helfen wollte. Da ich keine Vorbildung dafür besaß, hatte ich anfangs Bettschüssel zu bringen, wegzutragen, bei Nachoperierten zu sitzen, aufzupassen, ihnen was zum Trinken zu geben, später zeigte man mir, wie man Betten machte, kleine Verbände wechselte. Ich erhielt die Bezahlung in Ghetto-Mark und man sagte uns, wir wären versichert. Das war von 5.1940/9.1942." Zudem hatte sie Erklärungen der Zeuginnen G vom 16. Dezember 1991 und Z vom 7. November 1993 eingereicht, die u.a. angaben, die Klägerin habe von Mai 1940 bis September 1942 im Krankenhaus im Ghetto Lodz in der Lagewieckastraße gearbeitet. Bei der auf Veranlassung des Berufungsgerichtes durchgeführten richterlichen Vernehmung gab die Zeugin G an, sie wisse, dass die Klägerin wie sie selber ins Ghetto gekommen sei und an einem besonderen für die Juden bestimmten Arbeitsplatz gearbeitet habe. Da jeder mit dem täglichen Unterhalt befasst gewesen sei, habe sie die Klägerin im Ghetto kaum gesehen. Sie wisse, dass die Klägerin gearbeitet habe, könne aber nicht sagen, wo und ob die Klägerin dafür Lohn erhalten habe. Für die Arbeiten habe sie - die Zeugin - keinen Lohn, sondern von Zeit zu Zeit eine beschränkte Lebensmittelration erhalten. Die Zeugin Z erklärte, die Klägerin sei wie sie im Januar 1940 bis zur Deportation 1944 ins Ghetto eingesperrt worden. Die Klägerin sei zur Arbeit in ein Krankenhaus geschickt worden. "Für die Arbeit pflegten die Deutschen in besonderem Ghetto-Geld zu zahlen."
Mit Bescheid vom 27. Juli 1995 und Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 1998 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Zeit vom 1. Mai 1940 bis 30. September 1942 ab, da ein Beschäftigungsverhältnis weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht worden sei.
Mit der am 14. Juli 1998 erhobenen Klage hat die Klägerin Erklärungen der Zeugen G und R vom 23. bzw. 26. Juli 1998 eingereicht. Der Zeuge G gab an, er könne bestätigen, dass die Klägerin ab ca. Mai 1940 bis September 1942 im Krankenhaus in der Lagewieckastraße gearbeitet habe. Im Ghetto hätten alle acht bis neun Stunden täglich arbeiten müssen und seien jeden Freitag mit Ghetto-Mark entlohnt worden. Der Zeuge R gab an, er habe die Klägerin im Ghetto kennengelernt, da er ihr einen Ofen mit Rohr für den Winter habe beschaffen können. Er sei Hauptmagaziner im Metall-Ressort gewesen. Bei einer Razzia im Jahre 1942 in den Straßen des Ghettos habe die Klägerin ihn im Krankenhaus versteckt. Er könne deshalb bestätigen, dass die Klägerin im Krankenhaus von Mai 1940 bis September 1942 acht bis neun Stunden täglich gearbeitet habe. Ein Entgelt, von dem verschiedene Abzüge vorgenommen worden seien, habe sie in Form von Ghetto-Mark bekommen.
Das Sozialgericht hat den Zeugen R im Wege der Rechtshilfe durch das zuständige israelische Gericht vernehmen lassen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 7. Juli 1999 verwiesen. Die Vernehmung des Zeugen G konnte nicht durchgeführt werden, da eine Terminsladung nicht zugestellt werden konnte. Zudem war von dem Zeugen R gegenüber dem Gericht angegeben worden, der Zeuge G sei auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht in der Lage, vor Gericht zu erscheinen. Seine Angaben bei der gerichtlichen Vernehmung hat der Zeuge R in einer "wahrheitsgemäßen Erklärung" vom 1. Juni 2000 und in einer weiteren Stellungnahme vom 5. November 2001 ergänzt.
Die Klägerin hat zudem Erklärungen der Zeugen S und R vorgelegt, in denen es heißt, die Klägerin habe im Ghetto Lodz im Krankenhaus von Mai 1940 bis September 1942 gearbeitet. Eine Vernehmung dieser Zeugen konnte nicht erfolgen. Bei dem ersuchten Gericht war ein von einem Arzt, gekennzeichnet mit dem Buchstaben "A", ausgestelltes Attest eingegangen, nach dem der Zeuge S wegen einer "schweren Krankheit" nicht in der Lage sei, das Gericht aufzusuchen. An die Zeugin R konnte eine Vorladung trotz Ermittlungen des ersuchten Gerichts nicht zugestellt werden. Nach Angaben des Klägerbevollmächtigten ist auch sie aus Krankheitsgründen nicht mehr in der Lage, an einer Vernehmung teilzunehmen.
Mit Urteil vom 14. Februar 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei nicht glaubhaft, dass die Klägerin während der fraglichen Zeit ein auf freiem Entschluss beruhendes beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausgeübt habe. Die jetzigen Angaben der Klägerin, sie habe die Arbeit im Krankenhaus auf Grund einer Anfrage im Arbeitsamt erhalten, stehe im Widerspruch zu ihren früheren und zeitnäheren Angaben im Entschädigungsverfahren, wonach sie unter Zwang dort gearbeitet habe. Welche der nicht in Übereinstimmung zu bringenden Angaben der Wahrheit entsprächen, könne nicht festgestellt werden. Die eingereichten Zeugenerklärungen änderten daran nichts. Die Zeugen G und Z hätten bei ihrer Vernehmung gegenüber den vorherigen schriftlichen Erklärungen anderslautende und für eine Glaubhaftmachung nicht ausreichende Angaben gemacht. Die Erklärungen des Zeugen R seien u.a. deshalb nicht glaubhaft, weil er in einer Vielzahl von Verfahren eingehende Angaben zur Tätigkeit der jeweiligen klagenden Parteien gemacht habe. Zudem habe er zur eigenen Tätigkeit im Ghetto angegeben, als Verantwortlicher für das Eisenwaren- und Metallmagazin gearbeitet zu haben. Eine solche Position sei auf Grund seines damaligen Alters (16 bis 17 Jahre) wenig wahrscheinlich. Die schriftlichen Erklärungen der übrigen Zeugen seien nicht überzeugend, da es sich nicht um anlässlich einer gerichtlichen Vernehmung gemachte Angaben handele.
Gegen das ihr am 21. März 2002 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 26. März 2002 eingelegten Berufung. Zu deren Begründung macht sie geltend, die Tätigkeit im Ghetto Lodz als Zwangsarbeit einzustufen, beruhe auf einer überholten Rechtsansicht und entspreche nicht den historisch gesicherten Erkenntnissen. Sie habe sich nachweislich zwischen 1940 und 1944 im Ghetto aufgehalten. Mit der Schließung des Ghettos und der Einrichtung von Produktionsbetrieben habe sich dort ein geregelter Arbeitsmarkt gebildet, auf den die Bewohner angewiesen gewesen seien, da sie anderenfalls deportiert worden oder verhungert wären. Auf ihrer KZ-Häftlingskarte werde sie als "Pflegerin" bezeichnet. Mangels Berufsausbildung in der Vorkriegszeit müsse sie diesen Beruf im Ghetto erlernt haben. Die Angaben des Zeugen Rseien nicht unglaubhaft. Es sei kein Geheimnis, dass der Zeuge in der Kanzlei des Korrespondenzanwaltes G arbeite. Durch seine herausragende Stellung im Ghetto und sein Engagement in der Nachkriegszeit sei er bei ehemals Verfolgten sehr bekannt und deshalb geradezu prädestiniert, derartige Fälle zu bearbeiten. Hinsichtlich der Aussage der Zeugin Z müsse beachtet werden, dass diese nicht zum Zustandekommen des fraglichen Arbeitsverhältnisses befragt worden sei.
In einer eidesstattlichen Versicherung vom 20. Oktober 2002, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die Klägerin die Arbeit im Krankenhaus und die Umstände der Arbeitsaufnahme beschrieben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Februar 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 1998 aufzuheben und diese zu verurteilen, die Zeit vom 1. Mai 1940 bis 1. September 1942 als Beitragszeit anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Dieses habe unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Einzelnen geprüft, ob ein Beschäftigungsverhältnis bestanden habe und gerade nicht lediglich pauschal auf die Angaben der Klägerin im Entschädigungsverfahren verwiesen.
Mit Bescheid vom 16. April 2002 und Widerspruchsbescheid vom 28. August 2002 hat die Beklagte die Anerkennung einer Beitragszeit vom 2. September 1942 bis 31. August 1944 für eine Tätigkeit als Arbeiterin im Strohressort wegen Unzuständigkeit abgelehnt.
Die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin - , die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Entschädigungsakten des Amtes für Wiedergutmachung in Saarburg - 514857 - haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer Beitragszeit vom 1. Mai 1940 bis 1. September 1942.
Das Sozialgericht hat zutreffend dargestellt, dass für die Prüfung, ob ein Anspruch auf Anerkennung des geltend gemachten Zeitraums als Beitragszeit besteht, auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen abzustellen ist. Für den Zeitraum bis 31. Dezember 1941 ist dies § 17 Abs. 1 b FRG in der am 31. Dezember 1991 außer Kraft getretenen Fassung des Rentenreformgesetzes 1992. Danach fand § 15 FRG auch Anwendung auf Personen, die nicht zu dem Personenkreis des § 1 Buchstaben a bis d FRG gehörten, wenn die Beiträge an einen nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet waren und ein deutscher Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen sie bei Eintritt des Versicherungsfalles wie nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze entrichtete Beiträge zu behandeln hatte; dies galt auch für Beiträge von Personen, deren Ansprüche nach der Verordnung über die Einführung der Reichsversicherung in den eingegliederten Ostgebieten vom 22. Dezember 1941 (RGBl I S. 777 - OGVO -) ausgeschlossen waren. Für die Zeit vom 1. Januar 1942 an waren durch die OGVO im Gebiet von Lodz die reichsgesetzlichen Vorschriften über die Rentenversicherung eingeführt worden, so dass für die geltend gemachte Beitragszeit § 27 Abs. 1 Buchst. a Angestelltenversicherungsgesetz - AVG - die Rechtsgrundlage darstellt. Für den Gesamtzeitraum ist ein Nachweis der geltend gemachten Versicherungszeiten nicht erforderlich, sondern ausreichend ist deren Glaubhaftmachung (vgl. § 4 FRG, § 1 Versicherungsunterlagen-Verordnung bzw. § 286 a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch). Eine Tatsache ist glaubhaft, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. § 4 Abs. 1 S. 2 FRG).
Es ist weder nachgewiesen noch überwiegend wahrscheinlich im o.g. Sinne, dass die Klägerin im geltend gemachten Zeitraum in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Nachweise über ein solches Beschäftigungsverhältnis liegen nicht vor. Es ist auch keine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen gelungen.
Die Tatsache, dass eine Beschäftigung im Ghetto Lodz geltend gemacht wird, steht einer Anerkennung als Beitragszeit allerdings nicht grundsätzlich entgegen. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, konnte auch unter den besonderen Verhältnissen in einem Ghetto ein rentenversicherungsrechtlich relevantes Beschäftigungsverhältnis begründet werden. Denn unerheblich sind die Beweggründe, die jemanden zur Aufnahme einer Beschäftigung veranlassen, und es kommt auch nicht auf die sonstigen Lebensumstände an, unter denen der Beschäftigte leben musste. Vielmehr ist das Beschäftigungsverhältnis selbst daraufhin zu untersuchen, ob es auf einem aus eigenem Antrieb begründeten Vertragsschluss mit einem Arbeitgeber beruht (vgl. BSG 5 RJ 66/95). Die Ausübung irgendeiner Arbeit reicht jedoch nicht aus. Insbesondere führen Zwangsarbeiten nicht zur Begründung eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses (vgl. BSG B 5 RJ 46/98 R). Voraussetzung für die Anerkennung von Beitragszeiten ist, dass eine zumindest dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt wurde. Dies setzt u.a. voraus, dass das Arbeitsentgelt, das in Geld oder Sachleistungen erbracht werden kann, einen gewissen Mindestumfang erreicht, damit Versicherungspflicht entsteht (vgl. bspw. § 4 Abs. 1 Nr. 5 1. Halbsatz AVG).
Unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens hält es der Senat zwar für überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin während ihres Aufenthaltes im Ghetto Lodz irgendwann einmal eine Tätigkeit im Krankenhaus ausgeübt hat, es bestehen aber schon gewichtige Zweifel, ob die Arbeitsaufnahme auf einer freien Vereinbarung der Klägerin mit einem Arbeitgeber beruhte. Bereits das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Entschädigungsverfahren, belegt durch Zeugenaussagen, angegeben hatte, sie habe unter Zwang im Krankenhaus gearbeitet. Auch die Zeugin Z sagte bei ihrer gerichtlichen Vernehmung im Rentenverfahren aus, die Klägerin sei zur Arbeit ins Krankenhaus geschickt und später in eine Werkstatt für Bastarbeiten versetzt worden. Die Verwendung der Worte "geschickt" und "versetzt" spricht eher gegen eine freie Beschäftigung auf Grund einer Vereinbarung zwischen Arbeitsvertragsparteien, zumal hier nicht eine Bestimmung des Arbeitnehmers auf Grund des Direktionsrechts des Arbeitgebers in Rede steht. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, es handele sich generell um eine vollkommen überholte Rechtsansicht, wenn ein freies Arbeitsverhältnis bei einer Ghettotätigkeit in Zweifel gezogen werde. Denn es sind die konkreten Umstände eines jeden Einzelfalles zu berücksichtigen. Dies wird auch aus dem von der Klägerin benannten Schreiben der Geschäftsführung der Beklagten deutlich, in dem es heißt, derartige Angaben - über Zwangsarbeit - seien seit einiger Zeit kein Grund mehr, Beitragszeiten generell abzulehnen. Zudem kann der gesetzlich vorgegebene Maßstab der Glaubhaftmachung von Tatsachen nicht durch Ansichten der Verwaltungsbehörden geändert werden.
Eine Glaubhaftmachung ist auch deshalb nicht gelungen, weil keine überzeugenden Angaben über Beginn, Ende und Art der Tätigkeit sowie die Entlohnung vorliegen. Nach ihren zeitnahen Angaben im Entschädigungsverfahren verrichtete die Klägerin bis 1943 Säuberungsarbeiten im Krankenhaus. Nähere Angaben zu Beginn und Ende der Tätigkeit hat sie nicht gemacht. Bei der Rentenantragstellung waren die fraglichen Versicherungszeiten von ihr nicht angegeben worden. Erstmals benannt wurde der Zeitraum Mai 1940 bis September 1942 von den Zeugen G und Z in ihren schriftlichen Erklärungen. Bei ihrer gerichtlichen Vernehmung machten die Zeugen aber weder konkrete Angaben zum Zeitraum der Beschäftigung noch über ein gewährtes Entgelt. Die Zeugin G gab an, sie wisse nicht, ob die Klägerin Lohn für ihre Arbeit erhalten habe. Sie selber habe keinen Lohn, sondern von Zeit zu Zeit eine beschränkte Lebensmittelration erhalten. Die Zeugin Z sagte aus: " Für die Arbeit pflegten die Deutschen in besonderem Ghetto-Geld zu zahlen." Damit gibt sie nur allgemeine Erkenntnisse, nicht aber ein konkretes Wissen über eine von der Klägerin bezogene Entlohnung und deren Höhe an.
Die Zeugin G, S und R konnten nicht gerichtlich vernommen werden. Dies hält der Senat aber für erforderlich, um verlässliche Angaben zu erhalten. Die beträchtlichen Unterschiede zwischen ihren schriftlichen Angaben und den Aussagen bei der nur kurze Zeit später erfolgten Vernehmung der Zeugen Z und G belegen, dass kurze schriftliche Erklärungen häufig keine verlässlichen Mittel zur Aufklärung des Sachverhaltes sind.
Den Angaben des Zeugen R vermochte auch das Berufungsgericht nicht zu folgen. Während die Klägerin angibt, im Krankenhaus Säuberungsarbeiten (so im Entschädigungsverfahren) bzw. Hilfsarbeiten (so in ihrer Erklärung vom 20. Oktober 2002) ausgeführt zu haben, sagte der Zeuge aus, er erinnere sich genau daran, dass die Klägerin als Krankenschwester gearbeitet habe und die für diese Tätigkeit typischen Arbeiten verrichtet habe. Wenn dem Zeugen, der die Klägerin nach seinen Angaben einmal im Krankenhaus gesehen hat, deren Arbeit aus eigener Anschauung nicht genau bekannt sein konnte, dann erscheint es auch wenig glaubhaft, dass ihm auf Grund eigenen Wissens noch Angaben darüber möglich sind, in welchem Umfang die Arbeit verrichtet wurde, wie sie der Klägerin vermittelt wurde und wann der Klägerin ein Gehalt ausgezahlt wurde.
Auf Grund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sieht der Senat die eigenen Erklärungen der Klägerin nicht als ausreichend für eine Glaubhaftmachung der fraglichen Tatsachen an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, da ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben ist.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung einer Beitragszeit vom 1. Mai 1940 bis 30. September 1942.
Die 1919 in Lodz geborene Klägerin wanderte 1949 nach Israel aus, dessen Staatsangehörigkeit sie seither besitzt. Sie ist Verfolgte der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Im November 1989 beantragte sie bei der Beklagten die Anerkennung von Versicherungszeiten nach dem
Fremdrentengesetz - FRG - sowie die Nachentrichtung von Beiträgen und stellte im Folgenden einen Rentenantrag, in dem sie angab, es seien für sie von September 1935 bis September 1939 Beiträge zur polnischen Sozialversicherung wegen einer Angestelltentätigkeit in einem Betrieb für Textilien entrichtet worden. Danach habe sie Verfolgung erlitten. Weitere Beitrags- oder Beschäftigungszeiten wurden von der Klägerin nicht geltend gemacht.
Der polnische Sozialversicherungsträger teilte auf Anfrage der Beklagten mit, über die geltend gemachten Zeiten hätten Unterlagen nicht ermittelt werden können. Nach Beiziehung der Entschädigungsakten der Klägerin, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin anlässlich einer Sprachprüfung 1967 angegeben hatte, sie sei von 1935 bis 1939 im väterlichen Geschäft tätig gewesen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Dezember 1990 und Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 1991 die Anerkennung der geltend gemachten Zeiten ab.
Ein dagegen gerichtetes Klage- (SG Berlin S 8 An 4196/91) und Berufungsverfahren (LSG Berlin L 2 An 66/92) blieb für die Klägerin ohne Erfolg. Während dieses Verfahrens hatte die Klägerin in einer "wahrheitsgemäßen Erklärung" angegeben: "Im Ghetto Lodz dann arbeitete ich anfangs im Krankenhaus als Pflegerin. Ich war beim Arbeitsamt gefragt worden, wo ich arbeiten wolle, gab mir Liste von Arbeitsplätzen und ich entschloss mich für das Krankenhaus, da ich gerne Kranken helfen wollte. Da ich keine Vorbildung dafür besaß, hatte ich anfangs Bettschüssel zu bringen, wegzutragen, bei Nachoperierten zu sitzen, aufzupassen, ihnen was zum Trinken zu geben, später zeigte man mir, wie man Betten machte, kleine Verbände wechselte. Ich erhielt die Bezahlung in Ghetto-Mark und man sagte uns, wir wären versichert. Das war von 5.1940/9.1942." Zudem hatte sie Erklärungen der Zeuginnen G vom 16. Dezember 1991 und Z vom 7. November 1993 eingereicht, die u.a. angaben, die Klägerin habe von Mai 1940 bis September 1942 im Krankenhaus im Ghetto Lodz in der Lagewieckastraße gearbeitet. Bei der auf Veranlassung des Berufungsgerichtes durchgeführten richterlichen Vernehmung gab die Zeugin G an, sie wisse, dass die Klägerin wie sie selber ins Ghetto gekommen sei und an einem besonderen für die Juden bestimmten Arbeitsplatz gearbeitet habe. Da jeder mit dem täglichen Unterhalt befasst gewesen sei, habe sie die Klägerin im Ghetto kaum gesehen. Sie wisse, dass die Klägerin gearbeitet habe, könne aber nicht sagen, wo und ob die Klägerin dafür Lohn erhalten habe. Für die Arbeiten habe sie - die Zeugin - keinen Lohn, sondern von Zeit zu Zeit eine beschränkte Lebensmittelration erhalten. Die Zeugin Z erklärte, die Klägerin sei wie sie im Januar 1940 bis zur Deportation 1944 ins Ghetto eingesperrt worden. Die Klägerin sei zur Arbeit in ein Krankenhaus geschickt worden. "Für die Arbeit pflegten die Deutschen in besonderem Ghetto-Geld zu zahlen."
Mit Bescheid vom 27. Juli 1995 und Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 1998 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Zeit vom 1. Mai 1940 bis 30. September 1942 ab, da ein Beschäftigungsverhältnis weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht worden sei.
Mit der am 14. Juli 1998 erhobenen Klage hat die Klägerin Erklärungen der Zeugen G und R vom 23. bzw. 26. Juli 1998 eingereicht. Der Zeuge G gab an, er könne bestätigen, dass die Klägerin ab ca. Mai 1940 bis September 1942 im Krankenhaus in der Lagewieckastraße gearbeitet habe. Im Ghetto hätten alle acht bis neun Stunden täglich arbeiten müssen und seien jeden Freitag mit Ghetto-Mark entlohnt worden. Der Zeuge R gab an, er habe die Klägerin im Ghetto kennengelernt, da er ihr einen Ofen mit Rohr für den Winter habe beschaffen können. Er sei Hauptmagaziner im Metall-Ressort gewesen. Bei einer Razzia im Jahre 1942 in den Straßen des Ghettos habe die Klägerin ihn im Krankenhaus versteckt. Er könne deshalb bestätigen, dass die Klägerin im Krankenhaus von Mai 1940 bis September 1942 acht bis neun Stunden täglich gearbeitet habe. Ein Entgelt, von dem verschiedene Abzüge vorgenommen worden seien, habe sie in Form von Ghetto-Mark bekommen.
Das Sozialgericht hat den Zeugen R im Wege der Rechtshilfe durch das zuständige israelische Gericht vernehmen lassen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 7. Juli 1999 verwiesen. Die Vernehmung des Zeugen G konnte nicht durchgeführt werden, da eine Terminsladung nicht zugestellt werden konnte. Zudem war von dem Zeugen R gegenüber dem Gericht angegeben worden, der Zeuge G sei auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht in der Lage, vor Gericht zu erscheinen. Seine Angaben bei der gerichtlichen Vernehmung hat der Zeuge R in einer "wahrheitsgemäßen Erklärung" vom 1. Juni 2000 und in einer weiteren Stellungnahme vom 5. November 2001 ergänzt.
Die Klägerin hat zudem Erklärungen der Zeugen S und R vorgelegt, in denen es heißt, die Klägerin habe im Ghetto Lodz im Krankenhaus von Mai 1940 bis September 1942 gearbeitet. Eine Vernehmung dieser Zeugen konnte nicht erfolgen. Bei dem ersuchten Gericht war ein von einem Arzt, gekennzeichnet mit dem Buchstaben "A", ausgestelltes Attest eingegangen, nach dem der Zeuge S wegen einer "schweren Krankheit" nicht in der Lage sei, das Gericht aufzusuchen. An die Zeugin R konnte eine Vorladung trotz Ermittlungen des ersuchten Gerichts nicht zugestellt werden. Nach Angaben des Klägerbevollmächtigten ist auch sie aus Krankheitsgründen nicht mehr in der Lage, an einer Vernehmung teilzunehmen.
Mit Urteil vom 14. Februar 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei nicht glaubhaft, dass die Klägerin während der fraglichen Zeit ein auf freiem Entschluss beruhendes beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausgeübt habe. Die jetzigen Angaben der Klägerin, sie habe die Arbeit im Krankenhaus auf Grund einer Anfrage im Arbeitsamt erhalten, stehe im Widerspruch zu ihren früheren und zeitnäheren Angaben im Entschädigungsverfahren, wonach sie unter Zwang dort gearbeitet habe. Welche der nicht in Übereinstimmung zu bringenden Angaben der Wahrheit entsprächen, könne nicht festgestellt werden. Die eingereichten Zeugenerklärungen änderten daran nichts. Die Zeugen G und Z hätten bei ihrer Vernehmung gegenüber den vorherigen schriftlichen Erklärungen anderslautende und für eine Glaubhaftmachung nicht ausreichende Angaben gemacht. Die Erklärungen des Zeugen R seien u.a. deshalb nicht glaubhaft, weil er in einer Vielzahl von Verfahren eingehende Angaben zur Tätigkeit der jeweiligen klagenden Parteien gemacht habe. Zudem habe er zur eigenen Tätigkeit im Ghetto angegeben, als Verantwortlicher für das Eisenwaren- und Metallmagazin gearbeitet zu haben. Eine solche Position sei auf Grund seines damaligen Alters (16 bis 17 Jahre) wenig wahrscheinlich. Die schriftlichen Erklärungen der übrigen Zeugen seien nicht überzeugend, da es sich nicht um anlässlich einer gerichtlichen Vernehmung gemachte Angaben handele.
Gegen das ihr am 21. März 2002 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 26. März 2002 eingelegten Berufung. Zu deren Begründung macht sie geltend, die Tätigkeit im Ghetto Lodz als Zwangsarbeit einzustufen, beruhe auf einer überholten Rechtsansicht und entspreche nicht den historisch gesicherten Erkenntnissen. Sie habe sich nachweislich zwischen 1940 und 1944 im Ghetto aufgehalten. Mit der Schließung des Ghettos und der Einrichtung von Produktionsbetrieben habe sich dort ein geregelter Arbeitsmarkt gebildet, auf den die Bewohner angewiesen gewesen seien, da sie anderenfalls deportiert worden oder verhungert wären. Auf ihrer KZ-Häftlingskarte werde sie als "Pflegerin" bezeichnet. Mangels Berufsausbildung in der Vorkriegszeit müsse sie diesen Beruf im Ghetto erlernt haben. Die Angaben des Zeugen Rseien nicht unglaubhaft. Es sei kein Geheimnis, dass der Zeuge in der Kanzlei des Korrespondenzanwaltes G arbeite. Durch seine herausragende Stellung im Ghetto und sein Engagement in der Nachkriegszeit sei er bei ehemals Verfolgten sehr bekannt und deshalb geradezu prädestiniert, derartige Fälle zu bearbeiten. Hinsichtlich der Aussage der Zeugin Z müsse beachtet werden, dass diese nicht zum Zustandekommen des fraglichen Arbeitsverhältnisses befragt worden sei.
In einer eidesstattlichen Versicherung vom 20. Oktober 2002, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die Klägerin die Arbeit im Krankenhaus und die Umstände der Arbeitsaufnahme beschrieben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Februar 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 1998 aufzuheben und diese zu verurteilen, die Zeit vom 1. Mai 1940 bis 1. September 1942 als Beitragszeit anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Dieses habe unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Einzelnen geprüft, ob ein Beschäftigungsverhältnis bestanden habe und gerade nicht lediglich pauschal auf die Angaben der Klägerin im Entschädigungsverfahren verwiesen.
Mit Bescheid vom 16. April 2002 und Widerspruchsbescheid vom 28. August 2002 hat die Beklagte die Anerkennung einer Beitragszeit vom 2. September 1942 bis 31. August 1944 für eine Tätigkeit als Arbeiterin im Strohressort wegen Unzuständigkeit abgelehnt.
Die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin - , die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Entschädigungsakten des Amtes für Wiedergutmachung in Saarburg - 514857 - haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer Beitragszeit vom 1. Mai 1940 bis 1. September 1942.
Das Sozialgericht hat zutreffend dargestellt, dass für die Prüfung, ob ein Anspruch auf Anerkennung des geltend gemachten Zeitraums als Beitragszeit besteht, auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen abzustellen ist. Für den Zeitraum bis 31. Dezember 1941 ist dies § 17 Abs. 1 b FRG in der am 31. Dezember 1991 außer Kraft getretenen Fassung des Rentenreformgesetzes 1992. Danach fand § 15 FRG auch Anwendung auf Personen, die nicht zu dem Personenkreis des § 1 Buchstaben a bis d FRG gehörten, wenn die Beiträge an einen nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet waren und ein deutscher Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen sie bei Eintritt des Versicherungsfalles wie nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze entrichtete Beiträge zu behandeln hatte; dies galt auch für Beiträge von Personen, deren Ansprüche nach der Verordnung über die Einführung der Reichsversicherung in den eingegliederten Ostgebieten vom 22. Dezember 1941 (RGBl I S. 777 - OGVO -) ausgeschlossen waren. Für die Zeit vom 1. Januar 1942 an waren durch die OGVO im Gebiet von Lodz die reichsgesetzlichen Vorschriften über die Rentenversicherung eingeführt worden, so dass für die geltend gemachte Beitragszeit § 27 Abs. 1 Buchst. a Angestelltenversicherungsgesetz - AVG - die Rechtsgrundlage darstellt. Für den Gesamtzeitraum ist ein Nachweis der geltend gemachten Versicherungszeiten nicht erforderlich, sondern ausreichend ist deren Glaubhaftmachung (vgl. § 4 FRG, § 1 Versicherungsunterlagen-Verordnung bzw. § 286 a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch). Eine Tatsache ist glaubhaft, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. § 4 Abs. 1 S. 2 FRG).
Es ist weder nachgewiesen noch überwiegend wahrscheinlich im o.g. Sinne, dass die Klägerin im geltend gemachten Zeitraum in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Nachweise über ein solches Beschäftigungsverhältnis liegen nicht vor. Es ist auch keine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen gelungen.
Die Tatsache, dass eine Beschäftigung im Ghetto Lodz geltend gemacht wird, steht einer Anerkennung als Beitragszeit allerdings nicht grundsätzlich entgegen. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, konnte auch unter den besonderen Verhältnissen in einem Ghetto ein rentenversicherungsrechtlich relevantes Beschäftigungsverhältnis begründet werden. Denn unerheblich sind die Beweggründe, die jemanden zur Aufnahme einer Beschäftigung veranlassen, und es kommt auch nicht auf die sonstigen Lebensumstände an, unter denen der Beschäftigte leben musste. Vielmehr ist das Beschäftigungsverhältnis selbst daraufhin zu untersuchen, ob es auf einem aus eigenem Antrieb begründeten Vertragsschluss mit einem Arbeitgeber beruht (vgl. BSG 5 RJ 66/95). Die Ausübung irgendeiner Arbeit reicht jedoch nicht aus. Insbesondere führen Zwangsarbeiten nicht zur Begründung eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses (vgl. BSG B 5 RJ 46/98 R). Voraussetzung für die Anerkennung von Beitragszeiten ist, dass eine zumindest dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt wurde. Dies setzt u.a. voraus, dass das Arbeitsentgelt, das in Geld oder Sachleistungen erbracht werden kann, einen gewissen Mindestumfang erreicht, damit Versicherungspflicht entsteht (vgl. bspw. § 4 Abs. 1 Nr. 5 1. Halbsatz AVG).
Unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens hält es der Senat zwar für überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin während ihres Aufenthaltes im Ghetto Lodz irgendwann einmal eine Tätigkeit im Krankenhaus ausgeübt hat, es bestehen aber schon gewichtige Zweifel, ob die Arbeitsaufnahme auf einer freien Vereinbarung der Klägerin mit einem Arbeitgeber beruhte. Bereits das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Entschädigungsverfahren, belegt durch Zeugenaussagen, angegeben hatte, sie habe unter Zwang im Krankenhaus gearbeitet. Auch die Zeugin Z sagte bei ihrer gerichtlichen Vernehmung im Rentenverfahren aus, die Klägerin sei zur Arbeit ins Krankenhaus geschickt und später in eine Werkstatt für Bastarbeiten versetzt worden. Die Verwendung der Worte "geschickt" und "versetzt" spricht eher gegen eine freie Beschäftigung auf Grund einer Vereinbarung zwischen Arbeitsvertragsparteien, zumal hier nicht eine Bestimmung des Arbeitnehmers auf Grund des Direktionsrechts des Arbeitgebers in Rede steht. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, es handele sich generell um eine vollkommen überholte Rechtsansicht, wenn ein freies Arbeitsverhältnis bei einer Ghettotätigkeit in Zweifel gezogen werde. Denn es sind die konkreten Umstände eines jeden Einzelfalles zu berücksichtigen. Dies wird auch aus dem von der Klägerin benannten Schreiben der Geschäftsführung der Beklagten deutlich, in dem es heißt, derartige Angaben - über Zwangsarbeit - seien seit einiger Zeit kein Grund mehr, Beitragszeiten generell abzulehnen. Zudem kann der gesetzlich vorgegebene Maßstab der Glaubhaftmachung von Tatsachen nicht durch Ansichten der Verwaltungsbehörden geändert werden.
Eine Glaubhaftmachung ist auch deshalb nicht gelungen, weil keine überzeugenden Angaben über Beginn, Ende und Art der Tätigkeit sowie die Entlohnung vorliegen. Nach ihren zeitnahen Angaben im Entschädigungsverfahren verrichtete die Klägerin bis 1943 Säuberungsarbeiten im Krankenhaus. Nähere Angaben zu Beginn und Ende der Tätigkeit hat sie nicht gemacht. Bei der Rentenantragstellung waren die fraglichen Versicherungszeiten von ihr nicht angegeben worden. Erstmals benannt wurde der Zeitraum Mai 1940 bis September 1942 von den Zeugen G und Z in ihren schriftlichen Erklärungen. Bei ihrer gerichtlichen Vernehmung machten die Zeugen aber weder konkrete Angaben zum Zeitraum der Beschäftigung noch über ein gewährtes Entgelt. Die Zeugin G gab an, sie wisse nicht, ob die Klägerin Lohn für ihre Arbeit erhalten habe. Sie selber habe keinen Lohn, sondern von Zeit zu Zeit eine beschränkte Lebensmittelration erhalten. Die Zeugin Z sagte aus: " Für die Arbeit pflegten die Deutschen in besonderem Ghetto-Geld zu zahlen." Damit gibt sie nur allgemeine Erkenntnisse, nicht aber ein konkretes Wissen über eine von der Klägerin bezogene Entlohnung und deren Höhe an.
Die Zeugin G, S und R konnten nicht gerichtlich vernommen werden. Dies hält der Senat aber für erforderlich, um verlässliche Angaben zu erhalten. Die beträchtlichen Unterschiede zwischen ihren schriftlichen Angaben und den Aussagen bei der nur kurze Zeit später erfolgten Vernehmung der Zeugen Z und G belegen, dass kurze schriftliche Erklärungen häufig keine verlässlichen Mittel zur Aufklärung des Sachverhaltes sind.
Den Angaben des Zeugen R vermochte auch das Berufungsgericht nicht zu folgen. Während die Klägerin angibt, im Krankenhaus Säuberungsarbeiten (so im Entschädigungsverfahren) bzw. Hilfsarbeiten (so in ihrer Erklärung vom 20. Oktober 2002) ausgeführt zu haben, sagte der Zeuge aus, er erinnere sich genau daran, dass die Klägerin als Krankenschwester gearbeitet habe und die für diese Tätigkeit typischen Arbeiten verrichtet habe. Wenn dem Zeugen, der die Klägerin nach seinen Angaben einmal im Krankenhaus gesehen hat, deren Arbeit aus eigener Anschauung nicht genau bekannt sein konnte, dann erscheint es auch wenig glaubhaft, dass ihm auf Grund eigenen Wissens noch Angaben darüber möglich sind, in welchem Umfang die Arbeit verrichtet wurde, wie sie der Klägerin vermittelt wurde und wann der Klägerin ein Gehalt ausgezahlt wurde.
Auf Grund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sieht der Senat die eigenen Erklärungen der Klägerin nicht als ausreichend für eine Glaubhaftmachung der fraglichen Tatsachen an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, da ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben ist.
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