L 13 AL 4509/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 13/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 4509/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 3. September 2015 wird zurückgewiesen.

Die hilfsweise erhobene Klage bezüglich der Erstattung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Arbeitslosenversicherung wird als unzulässig abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger ab dem 1. Oktober 2014 Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Der Kläger hat am 1. Oktober 2012 ein Studium der Humanmedizin an der Universität H. aufgenommen. Vom 15. Oktober 2011 bis 30. September 2014 war er im Umfang von 20 Wochenstunden beim Olympiastützpunkt xxx als Sportpädagoge beschäftigt und erzielte ein monatliches Festgehalt in Höhe von 1.132,12 EUR, von dem Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abgeführt wurden. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung des Arbeitgebers vom 25. August 2014; für die Zeit bis 31. Dezember 2014 erfolgten Lohnnachberechnungen. Am 2. Juli 2014 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitssuchend und am 24. September 2014 meldete er sich zum 1. Oktober 2014 arbeitslos. Der ausgefüllte Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) ging am 5. November 2014 bei der Beklagten ein. Im Antragsformular gab der Kläger auf dem Zusatzblatt "Schüler und Studenten" an, sein Studium beinhalte ohne Vor- und Nachbereitungszeiten wöchentlich 25 Unterrichtsstunden. Im laufenden Semester nehme das Studium mit Vorlesungen, Seminaren und Praktika sowie Kursen (Propädeutik und Blockpraktika) die Zeit von 8 bis 18 Uhr in Anspruch und er könne die angestrebte Beschäftigung nur an Wochenenden, Abend- und Nachtstunden oder sonstigen vorlesungsfreien bzw. unterrichtsfreien Zeiten ausüben (wochentags in der Zeit von 18 Uhr bis 8 Uhr). Mit Bescheid vom 6. November 2014 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger wegen seines Studiums nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könne und deshalb nicht arbeitslos sei und keinen Leistungsanspruch habe. In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, er sei in seiner zuletzt seit 15. Oktober 2011 (richtig: 15. November 2011) ausgeübten Beschäftigung versicherungspflichtig gewesen und habe wie jeder andere Arbeitnehmer Beiträge in die Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung gezahlt. Er studiere seit September 2012 Medizin und habe den ersten Teil seines Studiums im September mit "gut" abgeschlossen. Er könne also eine versicherungspflichtige Beschäftigung problemlos mit seinem Studium vereinbaren. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit habe nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, wer u.a. arbeitslos sei. Arbeitslos sei nach § 138 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SGB III u.a. wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehe und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehe. Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit stehe zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben könne und dürfe (§ 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III). Bei Schülerinnen, Schülern, Studentinnen oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte werde gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 SGB III vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen (§ 27 Abs. 4 SGB III) ausüben könnten. Diese Vermutung sei widerlegt, wenn die Schülerin, der Schüler, die Studentin oder Student darlegten und nachwiesen, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulasse. Der Kläger, der seit 2012 an einer Hochschule Humanmedizin studiere, habe nicht nachgewiesen, dass er neben dem Studium noch eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben könne, weil er nur mit Einschränkungen für solche Beschäftigungen zur Verfügung stehe, die den Erfordernissen des Studiums angepasst seien. Eine Beschäftigung während der Dauer eines Studiums sei aber nach § 27 Abs. 4 SGB III versicherungsfrei, wenn sie nur die Nebensache und das Studium die Hauptsache sei. Während der allgemeinen Vorlesungszeiten könne der Kläger neben seiner Ausbildung nur eine Beschäftigung bis zu maximal 20 Stunden in der Woche aufnehmen. Eine Beschränkung auf Beschäftigungen von nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich sei in der Regel anzunehmen, wenn die zeitliche Belastung durch das Studium 11 oder mehr Unterrichtsstunden ergebe. Auch die Abführung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung ändere nichts an dieser Feststellung. Unter Hinzurechnung der erfahrungsgemäß erforderlichen Vor- und Nachbereitungszeiten von jeweils einer Stunde pro Unterrichtsstunde überwiege dann - ausgehend von einer üblichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden - die zeitliche Inanspruchnahme durch das Studium. Nach den Angaben des Klägers im Zusatzfragebogen betrügen die Vorlesungszeiten 25 Stunden wöchentlich. Zusammen mit den Vor- und Nachbereitungszeiten überwiege die zeitliche Belastung durch das Studium. Damit bleibe das Studium die Hauptsache, die Beschäftigung nur Nebensache, weil sie den Erfordernissen des Studiums angepasst und untergeordnet sei. Der Kläger könne nur an Wochenenden, in Abend- und Nachtstunden oder sonstigen vorlesungsfreien Zeiten eine Beschäftigung ausüben. Er habe deshalb keine Möglichkeit, neben der Ausbildung noch eine versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben. Folgerichtig stehe er den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung und sei damit nicht arbeitslos im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 SGB III und habe deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dagegen hat der Kläger am 3. Januar 2015 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Die Vermutung des § 139 Abs. 2 Satz 1 SGB III sei widerlegt, da er nachgewiesen habe, dass er während des Studiums eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit von mehr als 15 Stunden ausüben könne, was der Beklagten auch bekannt sei. Er habe mehr als drei Jahre während des Studiums beim gleichen Arbeitgeber eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit 20 Wochenstunden ausgeübt. Er habe in dieser Zeit auch keineswegs sein Studium vernachlässigt oder sei nur pro forma eingeschrieben gewesen, sondern habe ordnungsgemäß die in den Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen seines Medizinstudiums erfüllt, insbesondere in dieser Zeit sein Physikum absolviert. Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten, dass der Kläger die gesetzliche Vermutung des § 139 Abs. 2 SGB III nicht widerlegen könne. Er sei unter Berücksichtigung seines Studiums auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar gewesen. Zu den Ausführungen des Klägers im Erörterungstermin am 4. August 2015 hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass es nicht in erster Linie von Bedeutung sei, ob der Kläger neben seinem Studium arbeiten könne und ob solche Stellen tatsächlich vorhanden seien, sondern ausschlaggebend sei allein, ob die dem Kläger möglichen Tätigkeiten versicherungspflichtig im Sinne der §§ 24, 25 SGB III oder versicherungsfrei nach § 27 Abs. 4 Nr. 2 SGB III seien und ob der Kläger nach seinem Erscheinungsbild eher Student oder eher sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer sei. Er sei als Vollzeitstudent immatrikuliert und gebe selbst an, dass er mit Vor- und Nacharbeit täglich von 8.00 Uhr bis 18 Uhr (50 Stunden wöchentlich) durch sein Studium in Anspruch genommen werde. Er könne ausschließlich an den Wochenenden und nachts bis zu 20 Stunden in der Woche arbeiten. Die mögliche Arbeitszeit sei damit dem Studium untergeordnet. Der Kläger sei und bleibe daher seinem Erscheinungsbild nach Student. Nach § 27 Abs. 4 Nr. 2 SGB III seien Studenten, die während der Dauer ihres Studiums eine Beschäftigung ausübten, versicherungsfrei. Mit Urteil vom 3. September 2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da er als ordentlicher Student der Humanmedizin an der Universität H. nicht den Vermittlungsbemühungen der Beklagten im geforderten Umfang zur Verfügung stehe. Er habe die Vermutung, dass er neben dem Studium lediglich versicherungsfreie Tätigkeiten ausüben könne, nicht widerlegen können. Gegen das ihm nach Angaben des Prozessbevollmächtigen des Klägers am 28. September 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. Oktober 2015 eingelegte Berufung des Klägers. Er hat an seiner Rechtsauffassung festgehalten und in dem am 26. September 2016 durchgeführten Erörterungstermin des Senats vorgebracht, er sei seit Januar 2016 wieder in Rufbereitschaft im Umfang von 26,6 Wochenstunden beschäftigt. Der Rufdienst beginne unter der Woche um 15.30 Uhr und dauere bis 7.00 Uhr des Folgetags bzw. an den Wochenenden um 9.00 Uhr und ende um 9.00 Uhr bzw. um 7.00 Uhr (Montags). Bei der jetzigen Tätigkeit handele es sich - wie schon bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit – um typische Arbeitsverhältnisse, die von jungen Ärzten nach dem Medizinstudium ausgeübt würden und die von ihm ausgeübte Tätigkeit unterscheide sich von diesen Tätigkeiten in keiner Weise, so dass hier auf jeden Fall Sozialversicherungspflicht bestehen müsse.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 3. September 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 6. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Dezember 2014 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld ab dem 1. Oktober 2014 in gesetzlicher Höhe zu gewähren, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die für die Zeit vom 15. November 2011 bis 31. Dezember 2014 eingenommenen Arbeitnehmerbeiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die hilfsweise erhobene Klage abzuweisen.

Sie hält die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld weiterhin nicht für erfüllt.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 1. Oktober 2014 hat.

Die für die Alg-Bewilligung nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) erforderliche Arbeitslosigkeit ist bei dem Kläger nicht gegeben. Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer im Sinne des § 138 Abs. 1 SGB III dann, wenn er (Nr. 1) nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), (Nr. 2) sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und (Nr. 3) den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Durch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses beim Olympiastützpunkt Rhein-Neckar wurde das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2014 beendet, so dass der Kläger bei der Arbeitslosmeldung bzw. der Antragstellung von Alg am 1. Oktober 2014 in keinem Beschäftigungsverhältnis stand und deshalb Beschäftigungslosigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 1 SGB III gegeben ist. Der Kläger stand jedoch den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 5 SGB III nicht zur Verfügung. Nach § 138 Abs. 5 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung, wer (Nr. 1) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkts ausüben konnte und durfte, (Nr. 2) Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, (Nr. 3) bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben und (Nr. 4) bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung ist gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III grundsätzlich jede Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt oder zur Berufsausbildung. Jedoch sind nach § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB III Personen, die während der Dauer ihrer Ausbildung an einer allgemeinbildenden Schule (Nr. 1) oder ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule (Nr. 2) eine Beschäftigung ausüben, versicherungsfrei. Die objektive Verfügbarkeit im Sinne von § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 Nr. 1 SGB III besteht bei den genannten Personen nur, wenn ihnen über eine versicherungsfreie Beschäftigung nach § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB III hinaus eine versicherungspflichtige Beschäftigung rechtlich und tatsächlich möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 1998 – B 7 AL 44/97 R – juris). Gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 SGB III wird bei Schülern oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte vermutet, dass sie nur (im Sinne von § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB III) versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können und deshalb nicht im Sinne von § 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III verfügbar sind (vgl. Öndül, jurisPK-SGB III, § 139 Rn. 32). Diese Vermutung kann gemäß § 139 Abs. 2 Satz 2 SGB III nur widerlegt werden, wenn der Schüler oder Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt. Das SG hat in den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung ausführlich die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger nach Maßgabe des § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 Nr. 1 SGB III objektiv nicht verfügbar und deshalb nicht arbeitslos war, weil das Studium seine Zeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch genommen hat und damit die Hauptsache darstellte, während die von ihm bis September 2014 ausgeübte Beschäftigung lediglich als Nebensache anzusehen war und er auch nach dem Verlust dieser Beschäftigung lediglich eine Beschäftigung in den Abend- und Nachtstunden sowie an den Wochenenden anstrebte und somit die Vermutung des § 139 Abs. 2 Satz 1 SGB III nicht widerlegen konnte. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren. Insbesondere ergibt sich keine andere Beurteilung durch den Umstand, dass der Kläger zum 1. Januar 2016 eine Beschäftigung im Umfang von durchschnittlich 26,6 Wochenstunden aufgenommen hat. Denn auch dadurch kann die Vermutung gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 SGB III nicht widerlegt werden. Zwar hat das BSG bei einer während des Semesters ausgeübten Tätigkeit in einem Umfang von mehr als 20 Wochenstunden ein wesentliches Beweisanzeichen für Versicherungspflicht im Rahmen einer Beschäftigung gesehen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Februar 1980 – 12 RK 34/79 - juris). Indes gilt diese Indizwirkung nicht, wenn die Gesamtdauer der Erwerbstätigkeit unter dem für ein ordnungsgemäßes Studium notwendigen Zeitaufwand liegt und die einzelnen Zeiten der Erwerbstätigkeit den Erfordernissen des Studiums angepasst sind, so dass das Studium trotz Arbeitnehmertätigkeit gleichwohl die prägende Bedeutung behält (vgl. BSGE a.a.O.). Für die prägende Bedeutung einer Arbeitnehmertätigkeit kommt es neben der Dauer der wöchentlichen Arbeitsbelastung auch darauf an, inwieweit der Arbeitslose zu üblichen Arbeitszeiten und damit nicht nur dem Studium angepassten Zeiten wie den Abend- oder Nachtstunden oder an Wochenenden für eine Beschäftigung zur Verfügung steht (BSGE a.a.O.; Urteil vom 21. April 1993 - 11 RAr 79/92, Urt. v. 30. März 1994, Az.: 11 RAr 67/93). Gemessen hieran ergibt sich, dass das Studium weiterhin die Hauptsache und die aufgenommene Beschäftigung die Nebensache darstellt, da der Kläger, der nach wie vor als Vollzeitstudent an der Universität H. eingeschrieben ist, die Arbeitszeiten weiterhin an die Erfordernisse des Studiums angepasst hat und lediglich zu Zeiten arbeitet (nachmittags ab 15.30 Uhr, nachts, am Wochenende [vgl. die eigenen Angaben des Klägers im Erörterungstermin am 26. September 2016]), in denen er nicht durch sein Studium in Anspruch genommen wird. Es kann aber letztlich dahinstehen, ob es sich bei der ab Januar 2016 aufgenommenen Beschäftigung um eine versicherungspflichtige Tätigkeit handelt, da selbst dann, wenn ab diesem Zeitpunkt die Vermutungsregelung des § 139 Abs. 2 Satz 1 SGB III widerlegt werden könnte, eine weitere Voraussetzung für einen Anspruch auf Alg ab dem 1. Oktober 2014 nicht erfüllt wäre. Denn der Kläger müsste auch die Anwartschaftszeit gemäß § 142 SGB III erfüllen (§ 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist (des § 143 SGB III) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beläuft sich nach § 143 Abs. 1 SGB III auf zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstiger Voraussetzungen des Alg-Anspruchs. Im Fall des Klägers beginnt die Rahmenfrist daher am 30. September 2014 und läuft rückwärts bis zum 1. Oktober 2012. In dieser Rahmenfrist liegen keine versicherungspflichtigen Zeiten im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB III vor, da es sich – wie oben bereits erwähnt und vom SG ausführlich dargelegt - bei der vom Kläger beim Olympiastützpunkt Rhein-Neckar bis Oktober 2014 im Umfang von 20 Stunden wöchentlich ausgeübten Tätigkeit um keine versicherungspflichtige Beschäftigung gehandelt hat.

Da das SG demnach zu Recht die Klage abgewiesen hat, war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren hilfsweise die Erstattung der an die Beklagte abgeführten Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosenversicherung geltend gemacht hat, ist eine rechtsmittelfähige Entscheidung des SG, über die der Senat im Rahmen der Berufung zu befinden hätte, nicht ergangen. Die im Wege der Klageerweiterung im Berufungsverfahren hilfsweise erhobene Klage, deren Zulässigkeit sich nach § 99 SGG beurteilt, war bereits als unzulässig abzuweisen. Eine Klageänderung ist gemäß § 99 Abs. 1 SGG nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Eine Einwilligung der Beklagten ist nicht erteilt worden. Das Gericht entscheidet nach Ermessen, ob eine Klageänderung sachdienlich ist. Eine Klageänderung kann sachdienlich sein, wenn dies z.B. aus prozessökonomischen Gründen sinnvoll erscheint (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 99 Rn. 10f.). Dies ist hier gerade nicht der Fall. Denn bezüglich der geltend gemachten Erstattung von zu Unrecht gezahlten Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung (§ 351 SGB III) fehlt es an der Durchführung des gemäß § 78 SGG vorgeschriebenen Vorverfahrens, da der Kläger noch keinen Erstattungsantrag an die Beklagte bzw. die zuständige Einzugsstelle (vgl. § 351 Abs. 2 Nr. 3 SGB III i.V.m. § 28 i SGB IV) gerichtet hat und daher noch keine Entscheidung im Verwaltungsverfahren über die Erstattung von zu Unrecht gezahlten Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung getroffen wurde. Da diesbezüglich also noch keine Entscheidungsreife vorliegt, ist eine Klageänderung aus prozessökonomischen Gründen nicht sinnvoll.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8 erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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