Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 14/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten, die dem bei der Beklagten versicherten Kläger durch einen chirurgischen Eingriff zur Verkleinerung des Magens entstanden sind.
Der 49 Jahre alte Kläger war hochgradig übergewichtig. Bei einer Körpergröße von 176 cm wog er mehr als 150 kg. Der in der Medizin zur Klassifizierung des Körpergewichts verwendete Body Mass Index (BMI = Quotient aus Körpergewicht in Kilogramm und Körpergröße in Metern zum Quadrat) lag bei 49 (Normalgewicht: BMI 25). Auf ärztlichen Rat beantragte der Kläger Anfang 1999 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer chirurgischen Behandlung seiner Adipositas durch Implantation eines anpassbaren Magenbandes (engl: Gastric Banding) mit dem Ziel, durch eine künstliche Verkleinerung des Magenvolumens eine Änderung des Essverhaltens herbeizuführen. Die Beklagte lehnte dies nach Anhörung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ab (Bescheid vom 25. Februar 1999; Widerspruchsbescheid vom 12. April 2000). Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat der Kläger die Operation im Februar 2001 in der Universitätsklinik Mainz auf eigene Kosten durchführen lassen.
Die Klage auf Erstattung der für den Eingriff aufgewendeten Kosten in Höhe von 3.170,01 Euro ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat darauf verwiesen, dass das extreme Übergewicht nicht auf eine Funktionsstörung des Magens, sondern allein auf das krankhafte Essverhalten des Patienten zurückzuführen gewesen sei, das vorwiegend seelische Ursachen habe. Mit der operativen Applikation eines Magenbandes sei in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert worden. Eine solche mittelbare Behandlung bedürfe wegen der damit verbundenen Nachteile und Risiken stets einer speziellen Rechtfertigung, die hier nicht gegeben sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die chirurgische Therapie der Adipositas heute bereits dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Denn es existierten weder definierte Behandlungsstandards in Gestalt von Richtlinien oder Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften, noch gebe es ausreichende Erkenntnisse über den langfristigen Erfolg einer derartigen Behandlung.
Mit der Revision rügt der Kläger eine unzureichende Sachaufklärung und eine fehlerhafte Beweiswürdigung sowie in materieller Hinsicht eine Verletzung des § 27 Abs 1 und des § 39 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die operative Magenverkleinerung habe in seinem Fall die einzig realistische Möglichkeit einer wirksamen Behandlung dargestellt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei die Methode auch hinreichend standardisiert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 2002 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mainz vom 9. Mai 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 zu verurteilen, die Kosten der Magenbandoperation in Höhe von 3.170,01 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Das angefochtene Urteil verletzt materielles Bundesrecht. Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar und muss deshalb aufgehoben werden. Ob der Kläger Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten hat, vermag der Senat wegen fehlender Tatsachenfeststellungen nicht selbst zu entscheiden.
Aufwendungen für eine Leistung, die sich der Versicherte abweichend vom vorgesehenen Weg selbst beschafft, werden nach § 13 Abs 3 SGB V erstattet, wenn die Leistung unaufschiebbar war und von der Krankenkasse nicht rechtzeitig erbracht werden konnte oder was hier allein in Betracht kommt - wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Ob die umstrittene Behandlung als Sachleistung hätte gewährt werden müssen und ob die Ablehnung demzufolge rechtswidrig war, beurteilt sich nach § 27 Abs 1, § 28 Abs 1 und § 39 Abs 1 SGB V. Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Das Berufungsgericht hat in dem massiven Übergewicht des Klägers zu Recht eine Krankheit im Sinne dieser Vorschrift gesehen. Die Rechtsprechung versteht darunter einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit ärztlicher Heilbehandlung oder - zugleich oder allein - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig wird ein Zustand angesehen, der von der Norm, also vom Leitbild des gesunden Menschen, abweicht (siehe dazu mwN: Senatsurteil vom 10. Februar 1993 - BSGE 72, 96, 98 = SozR 32200 § 182 Nr 14 S 64).
In der Medizin selber ist umstritten, ob bereits der Adipositas als solcher Krankheitswert zukommt. Einigkeit besteht aber darüber, dass bei starkem Übergewicht (im Allgemeinen ab einem BMI 30) eine Behandlung mit dem Ziel der Gewichtsreduktion erforderlich ist, weil andernfalls ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Begleit- und Folgeerkrankungen, wie Stoffwechselkrankheiten, Herz- und Kreislauferkrankungen, Atemwegserkrankungen, gastrointestinalen Erkrankungen, Krankheiten des Bewegungsapparates und bösartigen Neubildungen, besteht (vgl Després et al, Treatment of obesity, in: British Medical Journal 2001, 716; Wechsler et al, Therapie der Adipositas, in: DÄ 1996, A-2214 mit weiterführender Diskussion in: DÄ 1997, A-600 ff). Ob dabei das krankhaft erhöhte Körpergewicht ein Risikofaktor für das Erleiden anderer schwer wiegender Erkrankungen oder "lediglich" ein Promotor oder Risikofaktor für die Entstehung weiterer Risikofaktoren ist (so Martin, DÄ 1997, A-601), ist für die rechtliche Bewertung ohne Belang. Erfordert die Adipositas eine ärztliche Behandlung, so belegt das zugleich die Regelwidrigkeit des bestehenden Zustandes und damit das Vorliegen einer Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne.
Die Leistungspflicht der Krankenversicherung für eine chirurgische Therapie dieser Krankheit kann nicht mit der Erwägung verneint werden, dass für das Übergewicht das krankhafte Essverhalten des Patienten und nicht eine Funktionsstörung des Magens verantwortlich ist. Es trifft zwar zu, dass die operative Verkleinerung des Magens keine kausale Behandlung darstellt, sondern die Verhaltensstörung des Klägers durch eine zwangsweise Begrenzung der Nahrungsmenge lediglich indirekt beeinflussen soll (vgl Husemann, Die chirurgische Therapie der extremen Adipositas, in: DÄ 1997, A-2132). Eine solche mittelbare Therapie wird jedoch vom Leistungsanspruch grundsätzlich mit umfasst, wenn sie ansonsten die in § 2 Abs 1 Satz 3 und § 12 Abs 1 SGB V aufgestellten Anforderungen erfüllt, also ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist sowie dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. Für chirurgische Eingriffe hat der Senat diesen Grundsatz allerdings eingeschränkt: Wird durch eine solche Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, wie das bei der Applikation eines Magenbandes geschieht, bedarf die mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (BSGE 85, 56, 60 = SozR 32500 § 28 Nr 4 S 18). Angesichts der unsicheren Prognose lässt sich eine Leistungsgewährung durch die Krankenkasse regelmäßig nicht rechtfertigen, wenn der operative Eingriff zur Behandlung einer psychischen Störung dienen soll (BSGE 72, 96 = SozR 32200 § 182 Nr 14; BSGE 82, 158, 163 f = SozR 32500 § 39 Nr 5 S 29 f). Darum geht es hier indessen nicht, denn die behandlungsbedürftige Adipositas hat zwar möglicherweise seelische Ursachen, ist aber selbst keine psychische Krankheit.
Entgegen der Auffassung des LSG kann dem Kläger auch nicht entgegengehalten werden, die chirurgische Therapie der Adipositas sei generell keine Leistung der Krankenversicherung, weil sie (noch) nicht ausreichend erprobt sei und es weder definierte Behandlungsstandards noch ausreichende Erkenntnisse über den langfristigen Erfolg einer derartigen Behandlung gebe. Freilich müssen auch Behandlungen im Krankenhaus den in § 2 Abs 1 Satz 3, § 12 Abs 1 und § 28 Abs 1 SGB V für die gesamte Krankenversicherung festgelegten Qualitätskriterien genügen (BSGE 81, 182, 187 = SozR 32500 § 109 Nr 5 S 187; BSG SozR 32500 § 92 Nr 12 S 71). Die Prüfung und Entscheidung darüber, ob eine im Krankenhaus angewandte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse als wirksam und zweckmäßig einzuschätzen ist und damit dem geforderten Versorgungsstandard entspricht, obliegt aber nicht der Krankenkasse oder den Gerichten, sondern dem dafür nach § 137c SGB V eingerichteten Ausschuss Krankenhaus. Dieses mit Vertretern der Ärzteschaft, der Krankenhäuser und der Krankenkassen sachkundig besetzte Gremium soll - ähnlich wie im Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen - bei Bedarf die Frage der Zugehörigkeit einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode zum Leistungskatalog der Krankenversicherung für Leistungsanbieter, Kostenträger und Versicherte verbindlich klären.
Die Rechtslage hat sich in diesem Punkt durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKVRefG 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626) entscheidend geändert. Vorher waren in den §§ 137 bis 137b SGB V zwar Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der stationären Versorgung vorgesehen, die sich auf die Qualität der Behandlung, der Versorgungsabläufe und der Behandlungsergebnisse zu erstrecken hatten. Es gab aber - anders als für vertragsärztliche Leistungen - keine Regelung, die eine für Krankenhäuser, Kassen und Versicherte verbindliche Entscheidung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer im Krankenhaus praktizierten Untersuchungs- oder Behandlungsmethode und damit über deren Zugehörigkeit zum Leistungsspektrum der Krankenversicherung ermöglichte. Im Streitfall hatten deshalb die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der jeweiligen Behandlungsweise zu befinden, indem sie ermittelten, ob hierüber in den ärztlichen Fachkreisen ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens bestand (Senatsurteil vom 19. Februar 2002 - B 1 KR 16/00 R - SozR 32500 § 92 Nr 12 S 71 f - Colon-Hydro-Therapie; Urteil des 3. Senats des BSG vom 19. November 1997 - 3 RK 6/96 - BSGE 81, 182, 187 = SozR 32500 § 109 Nr 5 S 187 - Hyperthermiebehandlung).
Der seit 1. Januar 2000 geltende § 137c SGB V bestimmt nunmehr, dass der von der Bundesärztekammer, den Bundesverbänden der Krankenkassen, der Bundesknappschaft, den Verbänden der Ersatzkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft gebildete Ausschuss Krankenhaus, dem als "neutrales" Mitglied kraft Gesetzes der unparteiische Vorsitzende des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen angehört, auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin überprüft, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode den genannten Kriterien nicht entspricht, darf sie im Rahmen einer Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkassen nicht erbracht werden.
Erklärte Absicht des Gesetzgebers war es, mit dieser Regelung auch für den Krankenhausbereich ein Verfahren zur verbindlichen Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch die an der Leistungserbringung beteiligten Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen zu etablieren. Vergleichbar dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sollte ein Gremium geschaffen werden, das Art und Qualität der in der Krankenhausbehandlung erbrachten Leistungen nach den Maßstäben und Kriterien evidenz-basierter Medizin daraufhin prüft, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (BTDrucks 14/1245 S 90). Die Prüfung und Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch den Ausschuss Krankenhaus soll die Qualität der medizinischen Versorgung sichern und verhindern, dass fragwürdige Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Stellt der Ausschuss fest, dass Wirksamkeit und Nutzen einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nicht hinreichend belegt sind und die Methode deshalb nicht, noch nicht oder nicht mehr dem aktuellen medizinischen Standard entspricht, hat das nach § 137c Abs 1 Satz 2 SGB V zur Folge, dass ihre Anwendung bei Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen ist. Dem Votum des Ausschusses Krankenhaus kommt danach in gleicher Weise wie dem Ergebnis der Überprüfung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 135 Abs 1 Satz 2 SGB V normative Wirkung zu, ohne dass an dieser Stelle zu untersuchen ist, welche Rechtsqualität die Entschließungen des Ausschusses haben und wie die vom Gesetzgeber gewählte Konstruktion verfassungsrechtlich zu bewerten ist.
Im Unterschied zur Rechtslage in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung verzichtet das Gesetz bei Krankenhausleistungen allerdings auf einen Erlaubnisvorbehalt für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit der Konsequenz, dass im klinischen Bereich neuartige Verfahren vor einem Einsatz in der Krankenversicherung nicht automatisch einer Überprüfung und Bewertung im Hinblick auf die Erfüllung der geforderten Versorgungsstandards unterzogen werden. Das ändert aber nichts daran, dass nach dem gesetzgeberischen Konzept die Frage des medizinischen Nutzens und der wissenschaftlichen Akzeptanz von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auch im Krankenhausbereich durch einen sachverständigen Ausschuss abschließend und verbindlich geklärt und nicht von Fall zu Fall einer Entscheidung durch die Krankenkasse oder das Gericht überlassen werden soll. Die Regelung in § 137c SGB V orientiert sich am Vorbild des § 135 Abs 1 SGB V. Nach der Begründung zum Fraktionsentwurf des GKVRefG 2000 sollte das aus der ambulanten Versorgung bekannte Verfahren der Überprüfung und Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in abgewandelter Form auf den stationären Bereich übertragen werden, um so auch die Qualität der Leistungserbringung im Krankenhaus zu sichern (BTDrucks 14/1245 S 90). Mit der Angleichung der Entscheidungsstrukturen korrespondiert die Verpflichtung der Beteiligten zur Koordination der Entscheidungsinhalte durch die in § 135 Abs 1 Satz 4 und § 137c Abs 1 Satz 3 SGB V vorgeschriebene Abstimmung der Arbeitspläne und Bewertungsergebnisse zwischen dem Ausschuss Krankenhaus und dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sowie die Möglichkeit sektorenübergreifender Empfehlungen durch den Koordinierungsausschuss nach § 137e Abs 4 SGB V.
Dass § 137c SGB V ebenso wie § 135 Abs 1 iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine abschließende Zuständigkeit für die Bewertung der Qualität von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden begründen will, folgt letztlich aus der im Kern übereinstimmenden Zielsetzung beider Vorschriften. Die Gründe für die Schaffung des Ausschusses Krankenhaus sind dieselben, die für die Übertragung der Richtlinienbefugnisse auf den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung angeführt worden sind: Über die Zugehörigkeit einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode zum Leistungskatalog der Krankenversicherung kann nicht in jedem Einzelfall neu, womöglich mit unterschiedlichen Ergebnissen, entschieden werden. Es bedarf vielmehr einer einheitlichen Festlegung, die den Leistungsumfang für die Betroffenen (Leistungsanbieter, Kostenträger, Versicherte) verbindlich regelt. Die Entscheidungszuständigkeit soll bei einem sachverständigen Gremium aus dem Bereich der Betroffenenselbstverwaltung bzw aus dem Kreis der am Leistungsgeschehen unmittelbar beteiligten Leistungserbringer und Kostenträger liegen, damit einerseits die nötige Flexibilität gewährleistet und zeitnahe, sachgerechte Entscheidungen ermöglicht und zum anderen Details der medizinischen Versorgung unmittelbar auf Expertenebene geregelt werden.
Das Fehlen eines Erlaubnisvorbehalts in § 137c SGB V hat zur Folge, dass im Krankenhaus grundsätzlich auch neuartige Verfahren keiner vorherigen Zulassung bedürfen, sondern zu Lasten der Krankenversicherung angewendet werden können, solange der Ausschuss Krankenhaus sie nicht ausgeschlossen hat. Die Gefahr, dass deshalb zweifelhafte oder unwirksame Maßnahmen zum Einsatz kommen, ist im Krankenhaus schon wegen der internen Kontrollmechanismen und der anderen Vergütungsstrukturen geringer als bei der Behandlung durch einzelne niedergelassene Ärzte. Neue, noch nicht ausreichend gesicherte Diagnose- und Behandlungsmethoden können im Krankenhaus im Rahmen klinischer Studien erprobt werden, die in § 137c Abs 1 Satz 2 SGB V vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Bei Zweifeln am medizinischen Nutzen einer neuen Behandlung hat die Krankenkasse - wie im Übrigen bei allen etablierten Methoden, die weder im ambulanten noch im stationären Bereich einer automatischen Überprüfung unterliegen - die Möglichkeit, über ihren Spitzenverband eine Beurteilung durch den Ausschuss Krankenhaus zu veranlassen und gegebenenfalls auf diesem Wege eine Ausgrenzung zu erreichen.
Wenn eine chirurgische Behandlung der extremen Adipositas nach alledem auch nicht von vornherein als Kassenleistung ausscheidet, so ist doch im Einzelfall zu prüfen, ob bei dem jeweiligen Patienten die Indikation für eine solche Therapie gegeben ist. Im Fall des Klägers sind dazu weitere Ermittlungen erforderlich, die das LSG - von seinem Standpunkt zu Recht - bisher nicht durchgeführt hat.
Da das Behandlungsziel einer Gewichtsreduktion auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann, ist zunächst zu prüfen, ob eine vollstationäre chirurgische Behandlung unter Berücksichtigung der Behandlungsalternativen (diätetische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie) notwendig und wirtschaftlich war (§ 12 Abs 1, § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V). Sodann muss untersucht werden, ob nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für eine chirurgische Intervention gegeben waren. Nach den vorliegenden Leitlinien der Fachgesellschaften (Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, Stand: November 1998; Leitlinie zur Behandlung der Adipositas in Deutschland des Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universität Köln, Autoren: Lauterbach et al, Stand: Juli 1998; Consensus Statement der Nationalen Gesundheitsbehörden der USA vom März 1991) und den einschlägigen Literaturbeiträgen (Wechsler et al, Therapie der Adipositas, DÄ 1996, A-2214; Husemann, Die chirurgische Therapie der extremen Adipositas, DÄ 1997, A-2132; Kunath et al, Erfolg und Misserfolg beim laparoskopischen "Gastric Banding", Der Chirurg 1998, 180) kommt die Implantation eines Magenbandes nur als Ultima Ratio und nur bei Patienten in Betracht, die eine Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung erfüllen (BMI 40 oder 35 mit erheblichen Begleiterkrankungen; Erschöpfung konservativer Behandlungsmöglichkeiten; tolerables Operationsrisiko; ausreichende Motivation, keine manifeste psychiatrische Erkrankung; Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung ua). Das LSG wird - ggf mit sachverständiger Hilfe - zu ermitteln haben, ob diese Voraussetzungen beim Kläger gegeben waren und ob der Eingriff nach dem Ergebnis der für mittelbare Behandlungen geforderten speziellen Güterabwägung gerechtfertigt war.
In der abschließenden Entscheidung ist auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten, die dem bei der Beklagten versicherten Kläger durch einen chirurgischen Eingriff zur Verkleinerung des Magens entstanden sind.
Der 49 Jahre alte Kläger war hochgradig übergewichtig. Bei einer Körpergröße von 176 cm wog er mehr als 150 kg. Der in der Medizin zur Klassifizierung des Körpergewichts verwendete Body Mass Index (BMI = Quotient aus Körpergewicht in Kilogramm und Körpergröße in Metern zum Quadrat) lag bei 49 (Normalgewicht: BMI 25). Auf ärztlichen Rat beantragte der Kläger Anfang 1999 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer chirurgischen Behandlung seiner Adipositas durch Implantation eines anpassbaren Magenbandes (engl: Gastric Banding) mit dem Ziel, durch eine künstliche Verkleinerung des Magenvolumens eine Änderung des Essverhaltens herbeizuführen. Die Beklagte lehnte dies nach Anhörung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ab (Bescheid vom 25. Februar 1999; Widerspruchsbescheid vom 12. April 2000). Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat der Kläger die Operation im Februar 2001 in der Universitätsklinik Mainz auf eigene Kosten durchführen lassen.
Die Klage auf Erstattung der für den Eingriff aufgewendeten Kosten in Höhe von 3.170,01 Euro ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat darauf verwiesen, dass das extreme Übergewicht nicht auf eine Funktionsstörung des Magens, sondern allein auf das krankhafte Essverhalten des Patienten zurückzuführen gewesen sei, das vorwiegend seelische Ursachen habe. Mit der operativen Applikation eines Magenbandes sei in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert worden. Eine solche mittelbare Behandlung bedürfe wegen der damit verbundenen Nachteile und Risiken stets einer speziellen Rechtfertigung, die hier nicht gegeben sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die chirurgische Therapie der Adipositas heute bereits dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Denn es existierten weder definierte Behandlungsstandards in Gestalt von Richtlinien oder Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften, noch gebe es ausreichende Erkenntnisse über den langfristigen Erfolg einer derartigen Behandlung.
Mit der Revision rügt der Kläger eine unzureichende Sachaufklärung und eine fehlerhafte Beweiswürdigung sowie in materieller Hinsicht eine Verletzung des § 27 Abs 1 und des § 39 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die operative Magenverkleinerung habe in seinem Fall die einzig realistische Möglichkeit einer wirksamen Behandlung dargestellt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei die Methode auch hinreichend standardisiert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 2002 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mainz vom 9. Mai 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 zu verurteilen, die Kosten der Magenbandoperation in Höhe von 3.170,01 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Das angefochtene Urteil verletzt materielles Bundesrecht. Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar und muss deshalb aufgehoben werden. Ob der Kläger Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten hat, vermag der Senat wegen fehlender Tatsachenfeststellungen nicht selbst zu entscheiden.
Aufwendungen für eine Leistung, die sich der Versicherte abweichend vom vorgesehenen Weg selbst beschafft, werden nach § 13 Abs 3 SGB V erstattet, wenn die Leistung unaufschiebbar war und von der Krankenkasse nicht rechtzeitig erbracht werden konnte oder was hier allein in Betracht kommt - wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Ob die umstrittene Behandlung als Sachleistung hätte gewährt werden müssen und ob die Ablehnung demzufolge rechtswidrig war, beurteilt sich nach § 27 Abs 1, § 28 Abs 1 und § 39 Abs 1 SGB V. Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Das Berufungsgericht hat in dem massiven Übergewicht des Klägers zu Recht eine Krankheit im Sinne dieser Vorschrift gesehen. Die Rechtsprechung versteht darunter einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit ärztlicher Heilbehandlung oder - zugleich oder allein - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig wird ein Zustand angesehen, der von der Norm, also vom Leitbild des gesunden Menschen, abweicht (siehe dazu mwN: Senatsurteil vom 10. Februar 1993 - BSGE 72, 96, 98 = SozR 32200 § 182 Nr 14 S 64).
In der Medizin selber ist umstritten, ob bereits der Adipositas als solcher Krankheitswert zukommt. Einigkeit besteht aber darüber, dass bei starkem Übergewicht (im Allgemeinen ab einem BMI 30) eine Behandlung mit dem Ziel der Gewichtsreduktion erforderlich ist, weil andernfalls ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Begleit- und Folgeerkrankungen, wie Stoffwechselkrankheiten, Herz- und Kreislauferkrankungen, Atemwegserkrankungen, gastrointestinalen Erkrankungen, Krankheiten des Bewegungsapparates und bösartigen Neubildungen, besteht (vgl Després et al, Treatment of obesity, in: British Medical Journal 2001, 716; Wechsler et al, Therapie der Adipositas, in: DÄ 1996, A-2214 mit weiterführender Diskussion in: DÄ 1997, A-600 ff). Ob dabei das krankhaft erhöhte Körpergewicht ein Risikofaktor für das Erleiden anderer schwer wiegender Erkrankungen oder "lediglich" ein Promotor oder Risikofaktor für die Entstehung weiterer Risikofaktoren ist (so Martin, DÄ 1997, A-601), ist für die rechtliche Bewertung ohne Belang. Erfordert die Adipositas eine ärztliche Behandlung, so belegt das zugleich die Regelwidrigkeit des bestehenden Zustandes und damit das Vorliegen einer Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne.
Die Leistungspflicht der Krankenversicherung für eine chirurgische Therapie dieser Krankheit kann nicht mit der Erwägung verneint werden, dass für das Übergewicht das krankhafte Essverhalten des Patienten und nicht eine Funktionsstörung des Magens verantwortlich ist. Es trifft zwar zu, dass die operative Verkleinerung des Magens keine kausale Behandlung darstellt, sondern die Verhaltensstörung des Klägers durch eine zwangsweise Begrenzung der Nahrungsmenge lediglich indirekt beeinflussen soll (vgl Husemann, Die chirurgische Therapie der extremen Adipositas, in: DÄ 1997, A-2132). Eine solche mittelbare Therapie wird jedoch vom Leistungsanspruch grundsätzlich mit umfasst, wenn sie ansonsten die in § 2 Abs 1 Satz 3 und § 12 Abs 1 SGB V aufgestellten Anforderungen erfüllt, also ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist sowie dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. Für chirurgische Eingriffe hat der Senat diesen Grundsatz allerdings eingeschränkt: Wird durch eine solche Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, wie das bei der Applikation eines Magenbandes geschieht, bedarf die mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (BSGE 85, 56, 60 = SozR 32500 § 28 Nr 4 S 18). Angesichts der unsicheren Prognose lässt sich eine Leistungsgewährung durch die Krankenkasse regelmäßig nicht rechtfertigen, wenn der operative Eingriff zur Behandlung einer psychischen Störung dienen soll (BSGE 72, 96 = SozR 32200 § 182 Nr 14; BSGE 82, 158, 163 f = SozR 32500 § 39 Nr 5 S 29 f). Darum geht es hier indessen nicht, denn die behandlungsbedürftige Adipositas hat zwar möglicherweise seelische Ursachen, ist aber selbst keine psychische Krankheit.
Entgegen der Auffassung des LSG kann dem Kläger auch nicht entgegengehalten werden, die chirurgische Therapie der Adipositas sei generell keine Leistung der Krankenversicherung, weil sie (noch) nicht ausreichend erprobt sei und es weder definierte Behandlungsstandards noch ausreichende Erkenntnisse über den langfristigen Erfolg einer derartigen Behandlung gebe. Freilich müssen auch Behandlungen im Krankenhaus den in § 2 Abs 1 Satz 3, § 12 Abs 1 und § 28 Abs 1 SGB V für die gesamte Krankenversicherung festgelegten Qualitätskriterien genügen (BSGE 81, 182, 187 = SozR 32500 § 109 Nr 5 S 187; BSG SozR 32500 § 92 Nr 12 S 71). Die Prüfung und Entscheidung darüber, ob eine im Krankenhaus angewandte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse als wirksam und zweckmäßig einzuschätzen ist und damit dem geforderten Versorgungsstandard entspricht, obliegt aber nicht der Krankenkasse oder den Gerichten, sondern dem dafür nach § 137c SGB V eingerichteten Ausschuss Krankenhaus. Dieses mit Vertretern der Ärzteschaft, der Krankenhäuser und der Krankenkassen sachkundig besetzte Gremium soll - ähnlich wie im Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen - bei Bedarf die Frage der Zugehörigkeit einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode zum Leistungskatalog der Krankenversicherung für Leistungsanbieter, Kostenträger und Versicherte verbindlich klären.
Die Rechtslage hat sich in diesem Punkt durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKVRefG 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626) entscheidend geändert. Vorher waren in den §§ 137 bis 137b SGB V zwar Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der stationären Versorgung vorgesehen, die sich auf die Qualität der Behandlung, der Versorgungsabläufe und der Behandlungsergebnisse zu erstrecken hatten. Es gab aber - anders als für vertragsärztliche Leistungen - keine Regelung, die eine für Krankenhäuser, Kassen und Versicherte verbindliche Entscheidung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer im Krankenhaus praktizierten Untersuchungs- oder Behandlungsmethode und damit über deren Zugehörigkeit zum Leistungsspektrum der Krankenversicherung ermöglichte. Im Streitfall hatten deshalb die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der jeweiligen Behandlungsweise zu befinden, indem sie ermittelten, ob hierüber in den ärztlichen Fachkreisen ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens bestand (Senatsurteil vom 19. Februar 2002 - B 1 KR 16/00 R - SozR 32500 § 92 Nr 12 S 71 f - Colon-Hydro-Therapie; Urteil des 3. Senats des BSG vom 19. November 1997 - 3 RK 6/96 - BSGE 81, 182, 187 = SozR 32500 § 109 Nr 5 S 187 - Hyperthermiebehandlung).
Der seit 1. Januar 2000 geltende § 137c SGB V bestimmt nunmehr, dass der von der Bundesärztekammer, den Bundesverbänden der Krankenkassen, der Bundesknappschaft, den Verbänden der Ersatzkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft gebildete Ausschuss Krankenhaus, dem als "neutrales" Mitglied kraft Gesetzes der unparteiische Vorsitzende des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen angehört, auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin überprüft, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode den genannten Kriterien nicht entspricht, darf sie im Rahmen einer Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkassen nicht erbracht werden.
Erklärte Absicht des Gesetzgebers war es, mit dieser Regelung auch für den Krankenhausbereich ein Verfahren zur verbindlichen Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch die an der Leistungserbringung beteiligten Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen zu etablieren. Vergleichbar dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sollte ein Gremium geschaffen werden, das Art und Qualität der in der Krankenhausbehandlung erbrachten Leistungen nach den Maßstäben und Kriterien evidenz-basierter Medizin daraufhin prüft, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (BTDrucks 14/1245 S 90). Die Prüfung und Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch den Ausschuss Krankenhaus soll die Qualität der medizinischen Versorgung sichern und verhindern, dass fragwürdige Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Stellt der Ausschuss fest, dass Wirksamkeit und Nutzen einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nicht hinreichend belegt sind und die Methode deshalb nicht, noch nicht oder nicht mehr dem aktuellen medizinischen Standard entspricht, hat das nach § 137c Abs 1 Satz 2 SGB V zur Folge, dass ihre Anwendung bei Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen ist. Dem Votum des Ausschusses Krankenhaus kommt danach in gleicher Weise wie dem Ergebnis der Überprüfung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 135 Abs 1 Satz 2 SGB V normative Wirkung zu, ohne dass an dieser Stelle zu untersuchen ist, welche Rechtsqualität die Entschließungen des Ausschusses haben und wie die vom Gesetzgeber gewählte Konstruktion verfassungsrechtlich zu bewerten ist.
Im Unterschied zur Rechtslage in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung verzichtet das Gesetz bei Krankenhausleistungen allerdings auf einen Erlaubnisvorbehalt für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit der Konsequenz, dass im klinischen Bereich neuartige Verfahren vor einem Einsatz in der Krankenversicherung nicht automatisch einer Überprüfung und Bewertung im Hinblick auf die Erfüllung der geforderten Versorgungsstandards unterzogen werden. Das ändert aber nichts daran, dass nach dem gesetzgeberischen Konzept die Frage des medizinischen Nutzens und der wissenschaftlichen Akzeptanz von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auch im Krankenhausbereich durch einen sachverständigen Ausschuss abschließend und verbindlich geklärt und nicht von Fall zu Fall einer Entscheidung durch die Krankenkasse oder das Gericht überlassen werden soll. Die Regelung in § 137c SGB V orientiert sich am Vorbild des § 135 Abs 1 SGB V. Nach der Begründung zum Fraktionsentwurf des GKVRefG 2000 sollte das aus der ambulanten Versorgung bekannte Verfahren der Überprüfung und Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in abgewandelter Form auf den stationären Bereich übertragen werden, um so auch die Qualität der Leistungserbringung im Krankenhaus zu sichern (BTDrucks 14/1245 S 90). Mit der Angleichung der Entscheidungsstrukturen korrespondiert die Verpflichtung der Beteiligten zur Koordination der Entscheidungsinhalte durch die in § 135 Abs 1 Satz 4 und § 137c Abs 1 Satz 3 SGB V vorgeschriebene Abstimmung der Arbeitspläne und Bewertungsergebnisse zwischen dem Ausschuss Krankenhaus und dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sowie die Möglichkeit sektorenübergreifender Empfehlungen durch den Koordinierungsausschuss nach § 137e Abs 4 SGB V.
Dass § 137c SGB V ebenso wie § 135 Abs 1 iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine abschließende Zuständigkeit für die Bewertung der Qualität von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden begründen will, folgt letztlich aus der im Kern übereinstimmenden Zielsetzung beider Vorschriften. Die Gründe für die Schaffung des Ausschusses Krankenhaus sind dieselben, die für die Übertragung der Richtlinienbefugnisse auf den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung angeführt worden sind: Über die Zugehörigkeit einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode zum Leistungskatalog der Krankenversicherung kann nicht in jedem Einzelfall neu, womöglich mit unterschiedlichen Ergebnissen, entschieden werden. Es bedarf vielmehr einer einheitlichen Festlegung, die den Leistungsumfang für die Betroffenen (Leistungsanbieter, Kostenträger, Versicherte) verbindlich regelt. Die Entscheidungszuständigkeit soll bei einem sachverständigen Gremium aus dem Bereich der Betroffenenselbstverwaltung bzw aus dem Kreis der am Leistungsgeschehen unmittelbar beteiligten Leistungserbringer und Kostenträger liegen, damit einerseits die nötige Flexibilität gewährleistet und zeitnahe, sachgerechte Entscheidungen ermöglicht und zum anderen Details der medizinischen Versorgung unmittelbar auf Expertenebene geregelt werden.
Das Fehlen eines Erlaubnisvorbehalts in § 137c SGB V hat zur Folge, dass im Krankenhaus grundsätzlich auch neuartige Verfahren keiner vorherigen Zulassung bedürfen, sondern zu Lasten der Krankenversicherung angewendet werden können, solange der Ausschuss Krankenhaus sie nicht ausgeschlossen hat. Die Gefahr, dass deshalb zweifelhafte oder unwirksame Maßnahmen zum Einsatz kommen, ist im Krankenhaus schon wegen der internen Kontrollmechanismen und der anderen Vergütungsstrukturen geringer als bei der Behandlung durch einzelne niedergelassene Ärzte. Neue, noch nicht ausreichend gesicherte Diagnose- und Behandlungsmethoden können im Krankenhaus im Rahmen klinischer Studien erprobt werden, die in § 137c Abs 1 Satz 2 SGB V vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Bei Zweifeln am medizinischen Nutzen einer neuen Behandlung hat die Krankenkasse - wie im Übrigen bei allen etablierten Methoden, die weder im ambulanten noch im stationären Bereich einer automatischen Überprüfung unterliegen - die Möglichkeit, über ihren Spitzenverband eine Beurteilung durch den Ausschuss Krankenhaus zu veranlassen und gegebenenfalls auf diesem Wege eine Ausgrenzung zu erreichen.
Wenn eine chirurgische Behandlung der extremen Adipositas nach alledem auch nicht von vornherein als Kassenleistung ausscheidet, so ist doch im Einzelfall zu prüfen, ob bei dem jeweiligen Patienten die Indikation für eine solche Therapie gegeben ist. Im Fall des Klägers sind dazu weitere Ermittlungen erforderlich, die das LSG - von seinem Standpunkt zu Recht - bisher nicht durchgeführt hat.
Da das Behandlungsziel einer Gewichtsreduktion auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann, ist zunächst zu prüfen, ob eine vollstationäre chirurgische Behandlung unter Berücksichtigung der Behandlungsalternativen (diätetische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie) notwendig und wirtschaftlich war (§ 12 Abs 1, § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V). Sodann muss untersucht werden, ob nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für eine chirurgische Intervention gegeben waren. Nach den vorliegenden Leitlinien der Fachgesellschaften (Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, Stand: November 1998; Leitlinie zur Behandlung der Adipositas in Deutschland des Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universität Köln, Autoren: Lauterbach et al, Stand: Juli 1998; Consensus Statement der Nationalen Gesundheitsbehörden der USA vom März 1991) und den einschlägigen Literaturbeiträgen (Wechsler et al, Therapie der Adipositas, DÄ 1996, A-2214; Husemann, Die chirurgische Therapie der extremen Adipositas, DÄ 1997, A-2132; Kunath et al, Erfolg und Misserfolg beim laparoskopischen "Gastric Banding", Der Chirurg 1998, 180) kommt die Implantation eines Magenbandes nur als Ultima Ratio und nur bei Patienten in Betracht, die eine Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung erfüllen (BMI 40 oder 35 mit erheblichen Begleiterkrankungen; Erschöpfung konservativer Behandlungsmöglichkeiten; tolerables Operationsrisiko; ausreichende Motivation, keine manifeste psychiatrische Erkrankung; Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung ua). Das LSG wird - ggf mit sachverständiger Hilfe - zu ermitteln haben, ob diese Voraussetzungen beim Kläger gegeben waren und ob der Eingriff nach dem Ergebnis der für mittelbare Behandlungen geforderten speziellen Güterabwägung gerechtfertigt war.
In der abschließenden Entscheidung ist auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.
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